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MMB 1898 – 1902 Nur kurz Zeit bestand die Motorfahr- zeug- und Motorenfabrik Berlin, Actiengesellschaft (kurz: MMB), Ma- rienfelde bei Berlin (heute: Berlin-Ma- rienfelde). Auf Betreiben der Daimler- aktionäre Max von Duttenhofer und Wilhelm Lorenz (> Daimler) wurde 1897 die Allgemeine Motorwagen-Ge- sellschaft m.b.H., Berlin, Luisen- straße 37, als Patentverwertungs-, Motor wagenverkaufsgesellschaft und Motorwagenverleih gegründet. Ziel war die Übernahme der Moto- ren- und Maschinenfabrik Ad. > Alt- mann & Comp. G.m.b.H., Berlin, um nach Daimler-Patenten Fahrzeuge zu bauen, ohne Gottlieb Daimler eine Ver- gütung zu zahlen. Am 3. November 1898 erfolgte mit einem Grundkapital von stolzen 2 Millionen Mark unter der Beteiligung der Deutschen Waffen- und Munitionsfabrik A.-G., Berlin, von Isi- dor Loewe und der Ludwig Loewe & Co., Berlin, die Umwandlung des Alt- mannschen Betriebs in die Motorfahr- zeug- und Motorenfabrik Berlin, Ma- rienfelde bei Berlin, wo eine neue Fabrik entstand. Die Verwaltung residierte in Berlin NW, Doro theen straße 43/44. Am 1. Februar 1899 nahm man die Pro- duktion in Marienfelde auf, Chefinge- nieur wurde Adolph Altmann (1850 – 1905). Bereits im September zur 1. Interna- tionalen Motorwagen-Ausstellung in Berlin stellte die MMB eine breite Pro- duktpalette vor. Das kleinste Nutz- fahrzeug, ein Benzin-Geschäftsdreirad, fand keinen Nachhall, der Fahrer saß über dem 2-PS-Einzylinderaggregat hinter einem nach beiden Seiten zu öff- nenden Kasten (0,3 t Nutzlast). Es stammte aus dem Pope-Konzern (Pope Manufacturing Company, Hartford, Conn./USA) und war kurz zuvor in Pa- ris auf der Ausstellung als Columbia Motor Carrier zu sehen gewesen. Grö- ßeres Interesse fanden die MMB-Ben- zinwagen, Pkw, Jagd-, Gesellschafts- und Geschäftswagen mit 3,5-PS-Zwei- 1 MMB 1899 1899: Der MMB-5-t-Fassbierwagen des Böhmischen Brauhauses Berlin 1 Kastenbierwagen des Böhmisches Brauhauses Berlin im Jahr 1900 1 22.11.1898 – 35 940 1899 Lkw Patent Probe fürs Militär 1 1899: Columbia Motor Carrier von Pope 1

MMB - Archiv Axel Oskar Mathieu

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MMB1898 – 1902

Nur kurz Zeit bestand die Motorfahr-zeug- und Motorenfabrik Berlin,Actiengesellschaft (kurz: MMB), Ma-rienfelde bei Berlin (heute: Berlin-Ma-rienfelde). Auf Betreiben der Daimler-aktionäre Max von Duttenhofer undWilhelm Lorenz (> Daimler) wurde1897 die Allgemeine Motorwagen-Ge-sellschaft m.b.H., Berlin, Luisen-straße 37, als Patentverwertungs-,Motor wagenverkaufsgesellschaft undMotorwagenverleih gegründet.Ziel war die Übernahme der Moto-

ren- und Maschinenfabrik Ad. > Alt-mann & Comp. G.m.b.H., Berlin, umnach Daimler-Patenten Fahrzeuge zubauen, ohne Gottlieb Daimler eine Ver-gütung zu zahlen. Am 3. November1898 erfolgte mit einem Grundkapitalvon stolzen 2 Millionen Mark unter derBeteiligung der Deutschen Waffen- und

Munitionsfabrik A.-G., Berlin, von Isi-dor Loewe und der Ludwig Loewe &Co., Berlin, die Umwandlung des Alt-mannschen Betriebs in die Motorfahr-zeug- und Motorenfabrik Berlin, Ma-rienfelde bei Berlin, wo eine neue Fabrikentstand. Die Verwaltung residierte inBerlin NW, Doro theen straße 43/44. Am1. Februar 1899 nahm man die Pro-

duktion in Marienfelde auf, Chefinge-nieur wurde Adolph Altmann (1850 –1905).Bereits im September zur 1. Interna-

tionalen Motorwagen-Ausstellung inBerlin stellte die MMB eine breite Pro-duktpalette vor. Das kleinste Nutz-fahrzeug, ein Benzin-Geschäftsdreirad,fand keinen Nachhall, der Fahrer saßüber dem 2-PS-Einzylinderaggregathinter einem nach beiden Seiten zu öff-nenden Kasten (0,3 t Nutzlast). Esstammte aus dem Pope-Konzern (PopeManufacturing Company, Hartford,Conn./USA) und war kurz zuvor in Pa-ris auf der Ausstellung als ColumbiaMotor Carrier zu sehen gewesen. Grö-ßeres Interesse fanden die MMB-Ben-zinwagen, Pkw, Jagd-, Gesellschafts-und Geschäftswagen mit 3,5-PS-Zwei-

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1899

1899: Der MMB-5-t-Fassbierwagen des Böhmischen Brauhauses Berlin 1

Kastenbierwagen des Böhmisches Brauhauses Berlin im Jahr 1900 1

22.11.1898 – 35 940

1899 Lkw Patent Probe fürs Militär 1

1899: Columbia Motor Carrier von Pope 1

zylindermotoren, sowie der ersteMMB-Lkw, ein Fassbierwagen (2,5 tNutzlast, 10-PS-Zweizylinder), derbeim Böhmischen Brauhaus in Berlin

eingesetzt wurde. Diese Brauerei be-trieb auch einen MMB-Flaschenbier-wagen für 50 Ztr. Nutzlast mit 6-PS-Zweizylinder (IFGW).

Waren die Marienfelder Motoren imwesentlichen den Canstatter Daimler-Typen (Phoenix) gleich, so unterschie-den sich die Fahrzeuge insbesondere beider Einrichtung zum Rückwärtsfahren,der Bauart des Gestells, der Anbrin-gung des Benzinbehälters sowie der An-ordnung der Hebel und Handgriffe.Das Getriebe hatte Kegelräder statt wiebei Daimler Stirnräder. Noch 1899 er-schien ein erster MMB-Omnibus(12 Sitze, 6 – 10 PS), der nach Flensburgging, und ein erster 5-t-Lkw (10-PS-Zweizylinder).Zur Unterstützung der heimischen

Industrie und um im Kriegsfalle unab-hängig zu sein, begannen 1901 Versu-che mit einzylindrigen Spiritusmotoren(6 PS) und Verdampfungskühlern Sys-tem Altmann in einem Spiritus-5-t-Lkw. Im Ausland machte man den

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Elektrischer Beleuchtungswagen für die Berliner Feuerwehr 1899 1 Elektro-Feuerwehrwagen der Hannoveraner Feuerwehr 1900 1

Elektrischer MMB-Kasten-Lieferwagen 1899 1 Elektrischer Hotelomnibus 1899 1

Benzinbetriebener MMB-5-t-Fassbierwagen 1900

Schwaben ebenfalls Konkurrenz. Ei-nen spektakulären Erfolg (Gold-Me-daille und Verdienstdiplom) errangenzwei der an George F. Milnes & Co.Ltd., London, gelieferte Fahrzeuge,die mit der Kennung „A I“ und „A II“(1,5 – 2 t Nutzlast, 10-PS-Zweizylinder)im Juni 1901an der Liverpooler Last-wagen-Konkurrenz teilnahmen. Milnesbezog von nun an Chassis aus Berlin

und karossierte sie, bevor man zum Li-zenzbau überging. Erst mit Beginn desErsten Weltkriegs 1914 wurde die Ko-operation des Marienfelder Werkes mitEngland eingestellt.1901 ging MMB zu vierzylindrigen

Benzinmotoren (12 PS) über, die inPkw und Lkw Eingang fanden, 1902erreichte die Leistung die 20-PS-Marke.

Daneben produzierte MMB Elektro-Fahrzeuge nach dem US-amerikani-schen Patent der Columbia and Elect-ric Vehicle Company, Hartford/Con-necticut, einer Tochtergesellschaft imKonzern von Colonel Albert Pope (wei-tere Marken: Pope-Toledo und Pope-Tribune). Das US-Patent teilte sichMMB mit der 1899 mitgegründeten> Gesellschaft für Verkehrsunterneh-

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… 1901 vom Militär in Kronneuburg als Schienen-Wagen erprobt 1Ein Versuchswagen für schlechte Straßen von 1900 wird …

Werbung 1902 1

Dieser MMB-Omnibus von 1901 fuhr in Flensburg 1MMB mit Spiritusantrieb 1901

mungen (GfV), in Frankreich mit denFirmen Société l’Electromotion undA. Clement, Levallois bei Paris (> Ad-ler). Bekannt wurden außer den damalsüblichen Elektro-Pkw-Ausführungenspezielle Elektro-Geschäftswagen(3,35 PS) für 0,5 t Nutzlast. Sie besaßenelektrische Fahrzeug-Scheinwerfer. Daserste Feuerwehr-Automobil Berlinsstammte ebenfalls von MMB, denMannschaftswagen Typ U 120 (zwei3-PS-Elektromotoren) für 9 Mann miteiner speziellen „Scheinwerfer“-Anlagezur Beleuchtung am Brandort erhieltdie Hauptwache Lindenstraße 41 An-fang Oktober 1899.Im April 1900 wurde die GfV voll-

ständig (für 1 800 000 M) übernommenund das Grundkapital auf 5 MillionenMark erhöht. Die nun in größerenStückzahlen vor allem als Geschäfts-wagen bis 1 t Nutzlast gefertigten Elek-trofahrzeuge besaßen die Chassis-Kon-struktion der GfV. Für die Wagenkas-ten besaß die Wagenbauanstalt undWaggonfabrik für elektrische Bahnenvorm. W.C.F. > Busch, Hamburg undBautzen, die sowohl an der GfV alsauch an MMB beteiligt war, einen10-jährigen Liefervertrag. Spektakulärwar der erste automobile Löschzug derStadt Hannover, darunter ein vonMMB gebauter xxx, der ebenfalls einEinzelstück blieb.Infolge vieler Versuche war in Ma -

rienfelde eine kontinuierliche Produk-tion nicht in Gang gekommen, lediglichdie Petroleumlokomobilen und -moto-ren nach dem „System Altmann“ hat-ten in Lokomobilen einen nennenswer-ten Umsatz erbracht. Als es 1901 insbesondere bei den

Elektromobilen zu Absatzschwierig-

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Altmann-Locomobile 1902 1

MMB-Lkw für das russische Militär in St. Petersburg 1902

MMB-Lkw für Milnes in London 1902

Auf MMB-Chassis von Milnes gefertigter Versuchs-Lkw fürs englische Militär 1902

keiten kam, machten sich auch die Ver-luste durch die Übernahme der Allge-meinen Motorwagen-Gesellschaft (am30. November 1899 als Motorwagen-Gesellschaft Berlin G.m.b.H.) und derGfV bemerkbar. Die MMB musste sa-niert werden. Zwar zeigte die > AEG,die gerade erst die > NAG gegründethatte, Interesse, doch da GottliebDaimler bereits 1900 gestorben warund somit den Aktionären eine Kon-kurrenz nicht mehr notwendig erschien,übernahmen die Cannstatter am29. Juli 1902 den Berliner Betrieb undtrugen ihn als Daimler Motoren-Ge-sellschaft, Zweigniederlassung Berlin-Marienfelde, ins Handelsregister ein.Der komplette Elektrofahrzeug- und

Benzin-Personenwagenbau wurde zu-gunsten schwerer Nutzfahrzeuge ein-gestellt. Das somit erste ausschließlichauf die Lkw- und Omnibusfertigungausgerichtete Werk Europas schrieb je-doch noch jahrelang rote Zahlen. 1902verließ Altmann das Unternehmen undwechselte zur J. E. > Christoph A.-G.

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