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Prof. Dr.-Ing. et Dr. phil. habil. Alfred Kirpal Technische Universität Ilmenau Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft Fachgebiet: Technik- und Wirtschaftsgeschichte Seminar: Interkulturelles in der Technik- und Wirtschaftskommunikation Wintersemester 2005/06
Modelle der Werbewirkungsforschung am Beispiel der Handywerbung
vorgelegt von:
Christoph Gawlik Manuel Löffelholz Jan Torben Redlefsen
Oehrenstöcker Str. 18 Am Helmholtzring 3 Kopernikusstraße 12
98693 Ilmenau 98693 Ilmenau 98693 Ilmenau
ilmenau.de
Matrikelnummer: 35588 Matrikelnummer: 35884 Matrikelnummer: 35638
Ilmenau, den 31.03.2006
Inhaltsverzeichnis
1. Einblick ............................................................................................................................. 1
2. Funktionen der Werbewirkungs-Modelle...................................................................... 1
3. Stufen-Modelle der Werbewirkung................................................................................ 2 3.1. AIDA-Modell ............................................................................................................. 2
3.2. S-(O)-R-Modelle ........................................................................................................ 3
3.3. Kritik an den Stufen-Modellen................................................................................... 5
4. Relationale Modelle der Werbewirkung ........................................................................ 6 4.1. Modell der Konsonanz / Dissonanz ........................................................................... 7
4.2. Elaboration Likelihood Model ................................................................................... 8
4.3. Das Modell der Wirkungspfade ............................................................................... 12
4.4. Kritik an den relationalen Modellen......................................................................... 19
5. Die Wirkungskette der Werbewirkung........................................................................ 22
6. Fazit ................................................................................................................................. 25
7. Literaturverzeichnis....................................................................................................... 27
8. Anhang ............................................................................................................................ 30 Anhang 1: Grafik: Netto Werbeeinnahmen erfassbarer Werbeträger in Deutschland... 30
Anhang 2: Grafik: Zusammenhang zwischen Werbespendings und Markenanteil ....... 30
Anhang 3: Grafik: TV steigert Werbeerinnerung und Markenbekanntheit ................... 31
Anhang 4: Print-Werbung Siemens M75....................................................................... 32
Anhang 5: Print-Werbung Samsung SGH-D500 ........................................................... 33
Anhang 6: Print-Werbung Nokia 7710: „informative Werbung“.................................. 34
Anhang 7: Print-Werbung Nokia 8800: „emotionale Werbung“................................... 35
Anhang 8: Print-Werbung Nokia 6680: „gemischte Werbung“ .................................... 36
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: AIDA-Modell ...……………………………………………………… 3
Abbildung 2: S-R-Modell ………………………………………………………….. 3
Abbildung 3: Print-Werbung für das Siemens M75 ………………………………. 4
Abbildung 4: S-O-R Modell ……………………………………………………….. 5
Abbildung 5: Aisschnitte aus der TV-Werbung für das Nokia 6230i ……………… 7
Abbildung 6: Vergleich High und Low-Involvement ……………………………… 9
Abbildung 7: Print-Werbung für das Samsung SGH-D500 ……………………… 11
Abbildung 8: Wirkungskomponenten der Werbung ……………………………….. 13
Abbildung 9: Bedingungen der Werbewirkung ……………………………………. 15
Abbildung 10: Print-Werbung für das Nokia 7710 ………………………………….. 15
Abbildung 11: Print-Werbung für das Nokia 8800 ………………………………...... 15
Abbildung 12: Print-Werbung für das Nokia 6800 ………………………………….. 16
Abbildung 13: Wirkungspfad der informativen Werbung bei involvierten
Konsumenten ……………………………….……………………….. 17
Abbildung 14: Wirkungspfad der informativen Werbung bei wenig involvierten
Konsumenten ……………………………………………………….. 18
Abbildung 15: Wirkungskette der Werbewirkung ………………………………….. 22
Abbildung 16: Wirkungsebenen und ihre Beschreibungen …………………………. 23
Abbildung 17: Wirkungsebenen und ihre Indikatoren ………………………………. 24
Abbildung 18: Wirkungsindikatoren und ihre Wirkungsmaße ……………………… 24
1
1. Einblick
„Ich weiß, daß die Hälfte des Geldes, das ich für Reklame ausgebe, hinausge-
schmissen ist. Die Frage ist nur: welche Hälfte?“ Diesen Satz soll vor über 50
Jahren der amerikanische Warenhausunternehmer John Wanamaker (teilweise
wird dieses Zitat auch Henry Ford zugeschrieben) gesagt haben (vgl. Bongard
2002, S.11). Wenn man sich die Summe der Netto-Werbeeinnahmen in Deutsch-
land von über 19 Mrd. Euro im Jahre 2004 ansieht (siehe Anhang 1), erscheint das
Thema „Werbewirkung“ hoch brisant. Doch was kann unter Werbewirkung ver-
standen werden? Einer Definition von Ulrich Lachmann, Werbeforscher, gemäß
ist „Werbewirkung […] das Erreichen einer beabsichtigten Reaktion durch Wer-
beaktivitäten bei der Zielgruppe“ (zit. nach Burst 2002, S. 08). Häufig wird Wer-
bewirkung jedoch mit der Steigerung von Abverkäufen gleich gesetzt, da dies
vielfach das primäre Ziel aus Sicht der Werbetreibenden ist. Als ebenso wichtige
Ziele können beispielsweise Imagebildung, Sympathiegewinn oder Bekanntheits-
steigerung genannt werden. Interessant ist zudem, dass insbesondere von den
Werbeunternehmen ein monokausaler Zusammenhang zwischen Werbung und
Umsatz- bzw. Gewinnsteigerung propagiert wird (siehe Anhang 2), wodurch es
bei Unwissenheit der Auftraggeber leicht zu nicht unterschätzenden Fehlinvestiti-
onen kommen kann.
Angesichts der riesigen Werbeausgaben, der zahlreichen Fachliteratur, der ständi-
gen Strukturveränderungen des Werbemarktes bzw. Mediamixes, den umstritte-
nen Modellen bzw. Werbewirkungstheorien (nachfolgend erläutert) sowie den
empirischen Forschungen und dem Kosten- und Renditedruck der Unternehmen
scheint die Diskussion über die Wirkung der Werbung brandaktuell zu sein Dabei
sind die bisherigen Ergebnisse nicht als unverrückbar einzustufen.
Diese Arbeit soll einen Einblick in die komplexe Werbewirkungsforschung er-
möglichen, um das Phänomen Werbung besser zu verstehen.
2. Funktionen der Werbewirkungs-Modelle
Unter Zuhilfenahme von Modellen wird versucht, das Phänomen „Werbewir-
kung“ erklärbar zu machen. Die Aufgabe eines Modells ist, ein auf die wesentli-
2
chen Grundzüge reduziertes Abbild der Wirklichkeit zu liefern und somit die
Komplexität und Vielfältigkeit der Wirklichkeit zu vereinfachen und verständlich
zu machen (vgl. Scharpe 2003, S. 9). Dies kann ebenfalls auf die Werbewirkung
übertragen werden. Die Fokussierung auf wenige Wirkungsfaktoren war jedoch
im Zuge der Forschung unzulänglich, da zahlreiche neue Wirkungsfaktoren ge-
funden wurden, die sich nicht ignorieren ließen. Eine Einbindung in alte Modelle
war meist nicht ohne weiteres möglich, so dass neue Modelle entstanden und heu-
te eine Vielzahl von Modellen nebeneinander existieren. Im Folgenden werden
einige der wichtigsten Modelle vorgestellt, die sich global in Stufen-Modelle und
relationale Modelle untergliedern lassen.
3. Stufen-Modelle der Werbewirkung
Stufen-Modelle laufen, wie der Name schon andeutet, hierarchisch ab. Beim Re-
zipienten müssen verschiedene Stufen durchlaufen werden, um zu einer Wirkung
zu gelangen. Die Stufen müssen der Reihe nach durchlaufen werden, wobei mit
dem Erreichen einer Stufe die Wahrscheinlichkeit des Erreichens der nächsthöhe-
ren steigt. Voraussetzung für die Wirkung ist immer zuerst die Wahrnehmung
bzw. Aufmerksamkeit, danach folgen weitere Stufen. Im Folgenden werden die
Stufen-Modelle „AIDA-Modell“, „S-R-Modell“ und S-O-R-Modell“ in ihrer
Entwicklung betrachtet, deren Anfänge sich mit dem AIDA-Modell von Lewis
aus dem Jahr 1898 (vgl. Bongard 2002, S. 8 ff und Burst 2002, S. 10 -11) begrün-
den.
3.1. AIDA-Modell
Das AIDA-Modell spiegelt exakt die Definitionen eines klassischen Stufen-
Modells wieder. Am Anfang der vier Stufen steht die Wahrnehmung eines Objek-
tes beispielsweise durch ein Handy in einem Werbespot (Attention). Das Interesse
(Interest) wird an jenem gesteigert, wodurch ein Verlangen (Desire), was letztend-
lich zu einer Handlung, möglicherweise dem klassischen Kaufakt, (Action) führt.
Die Stufen müssen, damit es letztendlich zu einer Handlung kommt, hierarchisch
durchlaufen werden und können in kognitive, affektive und intentionale Stufen
aufgegliedert werden (vgl. Bongard 2002, S. 8 und Scharpe 2003, S. 11). Dabei ist
die Wirkungsebene die dem AIDA-Modell zu Grunde liegt, die Aufmerksamkeit.
3
Abbildung 1: AIDA-Modell (eigene Darstellung)
3.2. S-(O)-R-Modelle
Die Medienwirkungsforschung in den 1920/30er Jahren ging vom behavioristi-
schen Bild des vom Instinkt beherrschten Menschen aus, der passiv auf Reize mit
fixierten Verhaltensmustern reagiert. Somit entstand ein unidirektional-kausales
Wirkungsmodell, welches Stimulus-Response-Modell (kurz S-R-Modell) genannt
wurde (vgl. Bongard 2002, S. 171-174 und Scharpe 2003, S. 10-11).
Abbildung 2: S-R-Modell (Bongard 2002, S. 174, nach Kloss 1998, S. 49)
Wie in Abbildung 2 ersichtlich, ist das Verhalten des Rezipienten, z.B. der Kauf
eines neuen Handys (Response) Folge eines bestimmten Reizes oder einer Reiz-
konstellation, z.B. Werbespot für das Handy (Stimulus). Soziologisch wurde diese
Theorie der uniformen Reaktion durch die Isolierung des Einzelnen in der Mas-
sengesellschaft gestützt, wodurch aufgrund des Funktionsverlustes der Familie die
Botschaften der Massenmedien stärkeren Einfluss gehabt hätten (vgl. Bongard
2002, S. 172). Insgesamt kann von einer Theorie der starken Medienwirkung aus-
Stimulus (unabhän-gige Variable)
Werbemaßnahme
Response (abhängige Variable)
- Kauf eines Produktes - Inanspruchnahme einer
Dienstleistung - Übernahme einer Idee …
4
Abbildung 3: Print-Werbung für das Siemens M75 (vgl. Spiegel 2005/39, S. 4)
gegangen werden, die durch Begriffe wie „hypodermic needle“ oder „magic bul-
let“ beschreibbar ist: Der Rezipient hat keine Chance, sich der Medienwirkung zu
entziehen, sie wird ihm förmlich „eininjiziert“ und löst entsprechend Reaktionen
aus. Die zentrale Frage ist jedoch: Welche Vorgänge auf der Inputseite lösen Re-
aktionen auf der Outputseite aus? Welcher Stimulus verursacht welche Response?
Da der Rezipient in diesem Modell als Black Box angesehen wird, kann die Frage
nicht beantwortet werden. Kognitive und affektive Stufen wie im AIDA-Modell
(siehe 3.1.) fehlen komplett.
Bei Betrachtung der nebenstehenden Abbildung 3
(siehe auch Anhang 4) wird der Reiz „Das M75
ist extrem stabil, vergleichbar mit Steinen und
somit das ideale Outdoor-Handy“ ausgesandt,
sowohl textlich als auch visuell. Entsprechend des
S-R-Modells könnte dann als Response z.B. der
„gesteigerte (Ver)Kauf des Handys“ klassifiziert
werden aber ebenso auch die „gesteigerte Reputa-
tion des M75 als Outdoor-Handy“.
Gemäß dem S-R-Modell lassen sich folgende
Aussagen formulieren:
- Die Wirkung des Reizes hat auf jeden Fall Erfolg.
- Die Response ist aufgrund der Black Box „Rezipient“ nicht eindeutig dem
Reiz zuschreibbar.
Beide Folgerungen lassen die praktische Anwendbarkeit des S-R-Modells als ü-
beraus fragwürdig erscheinen. Als Wirkungsebene des S-R-Modells wurde die
„Aufmerksamkeit“ identifiziert. Um jene messbar zu machen, wurden anfangs
Recognition-Tests für die Wiedererkennung und später Recall-Tests für die Wie-
dererinnerung benutzt (vgl. Koeppler 2000, S. 50-57). Die Ergebnisse der Tests
spiegeln allerdings nicht die Aufmerksamkeitsleistung sondern die Gedächtnis-
leistung der Messpersonen wieder. Trotzdem werden die Tests noch heutzutage
vielerorts angewandt (vgl. Scharpe 2003, S. 10; siehe Anhang 3).
In den 1940/50er Jahren wurde aufgrund neuer Ansätze in der psychologischen
Forschung die Instinkttheorie in Frage gestellt, was Auswirkungen auf die Wer-
5
bewirkungsforschung hatte. Der bis dahin geltende S-R-Ansatz wurde zum Stimu-
lus-Organism-Response-Modell (kurz S-O-R-Modell) erweitert.
Abbildung 4: S-O-R Modell (nach Katz/Maurer/Kalusch/Grahn/Isenbart/Breinker 2004, S. 8)
Der Rezipient stellt keine Black Box mehr dar, sondern rückt als entscheidender
und wirkungsrelevanter Faktor in den Mittelpunkt. „Die individuelle psychische
Disposition des Rezipienten mit seinem Repertoire an so genannten intervenie-
renden Variablen wurde neuer Untersuchungsgegenstand der Werbewirkungsfor-
schung“ (zit. nach Scharpe 2003, S. 11). Es reicht also nicht mehr, lediglich Sti-
muli auszusenden, sondern es ist notwendig, die Einstellungen des Rezipienten zu
berücksichtigen und zu ändern. Die Verarbeitungsleistung des Rezipienten, die
aus aktivierenden und kognitiven Komponenten besteht, rückt in den Vordergrund
zur bereits bekannten Wirkungsebene der Aufmerksamkeitsleistung (vgl. Scharpe
2003, S. 11). Aus Sicht der Werbetreibenden reicht es also nicht mehr aus, ledig-
lich simple Stimuli auszusenden, sondern es ist vonnöten, einen Lernprozess im
Rezipienten auszulösen und seine Einstellungen unter Berücksichtigung der ver-
schiedenen Komponenten zu ändern. Diese Komponente könnte beispielhaft die
Beachtung und dementsprechend „Beseitigung“ einer kognitiven oder auch emo-
tionalen Technikfeindlichkeit bzw. Mobilfunkaversion sein.
3.3. Kritik an den Stufen-Modellen
Aufgrund ihrer Eingängigkeit und der Möglichkeit der proportionalen Darstellung
des Erfolgs von Werbemaßnahmen bzw. von Werbewirkung, wie im Fall Werbe-
6
ausgaben und Umsatz, erfreuen sich Stufen-Modelle in der Werbewirtschaft einer
großen Beliebtheit (vgl. Bongard 2002, S. 181-182). Jedoch gibt es eine ganze
Reihe von Kritikpunkten, die die Aussagekraft von Stufen-Modellen stark relati-
vieren und jene heutzutage als überholt darstellen.
Die unidirektionale Reihenfolge der Stufen mehr als fragwürdig. Ein Interesse für
ein neues Produkt kann Folge der Aufmerksamkeit sein, umgekehrt aber auch die
Bedingung für jene (aufgrund des Interesses an einem neuen Handy lenke ich
meine Aufmerksamkeit z.B. auf Werbespots für neue Handys).
Des Weiteren wird heute davon ausgegangen, dass Werbung nicht auf alle Rezi-
pienten gleich wirkt, diese also nicht nur die passive Rolle innehaben (vgl. Burst
2002, S. 11 und Scharpe 2003, S. 15). Wie in 3.2. bereits angedeutet, ist es sehr
fraglich, ob das Auffallen von Werbung. bereits die Wirkung oder nur die not-
wendige Voraussetzung für eine Wirkung ist. Obwohl die erste Möglichkeit eher
unwahrscheinlich ist, werden häufig lediglich Merkmale wie Markenbekanntheit
und Werbeerinnerung erhoben, die dann für „Wirkungszuwächse“ herangezogen
werden (vgl. Wintrich 2002, S. 1; Anhang 3). Ebenso wie an den erwähnten Re-
call-Tests wird auch an apparativen Testverfahren, z.B. Blickverlaufsuntersu-
chungen, heutzutage noch festgehalten.
Ein weiteres Beispiel für das Ignorieren der methodischen Bedenken ist das eben-
falls noch heute benutzte Kontakt-Modell (Werbe-Response-Modell), welches den
Werbewirkungsverlauf der Werbung in Abhängigkeit der Zahl der Kontakte ab-
bildet und als Stimulus-Response-Modell klassifiziert werden kann (vgl. Bongard
2002, S. 175-176).
4. Relationale Modelle der Werbewirkung
Im Unterschied zu den Stufen-Modellen leiten relationale Modelle Werbewirkun-
gen aus den Beziehungen zwischen Informationsangebot, dem internen Kontext
des Rezipienten und den externen Kontext ab. Rezipienten werden in Relation
zum Kommunikationsangebot gesetzt und Wirkungen als Ergebnis dieser Bezie-
hungen definiert. Somit werden die in den S-R-Modellen kritisierten proportiona-
len Zusammenhänge von Stimulus und Wirkung ausgeschlossen (vgl. Bongard
2002, S. 9).
7
Abbildung 5: Ausschnitte aus der TV-Werbung für das Nokia 6230i (eigen gewählte Aus-schnitte nach Nokia 2006)
In diesem Kapitel werden ausgewählte relationale Modelle der Werbewirkungs-
forschung vorgestellt und anschließend kritisch hinterfragt.
4.1. Modell der Konsonanz / Dissonanz
Ausgehend von der Einstellungsforschung wurde das Modell der Konsonanz bzw.
Dissonanz entwickelt, welches davon ausgeht, dass der Mensch nach Harmonie
und seelischer Balance strebt (vgl. Scharpe 2003, S. 12). Um das kognitive
Gleichgewicht aufrecht zu erhalten, würden störende Spannungszustände vermie-
den oder beseitigt werden. Leon Festinger hat in seiner Theorie von der kogniti-
ven Dissonanz aus dem Jahre 1957 die oben beschriebene Prämisse auch für das
Kommunikationsverhalten festgestellt. Zur Vermeidung einer kognitiven Disso-
nanz würde ein selektives Informations- und Wahrnehmungsverhalten angewandt
werden. Diese Theorie rückte die Aufmerksamkeitsleistung als relevante Größe
für Werbewirkung wieder in den Mittelpunkt, da gemäß Festingers Theorie der
Selektionsfilter des Rezipienten überwunden werden musste (vgl. Scharpe 2003,
S. 12). Die Wirkungsebene des Konsonanz / Dissonanz Modells ist die physische
Aktivierung des Rezipienten; beispielsweise das Lachen des Zuschauer eines
Werbespots.
Dieses Modell soll anhand zweier Ausschnitten (Abbildung 5) aus einem TV-
Werbespot des Nokia 6230i praktisch erläutert werden:
Insofern der Rezipient konsonant, also positiv, gegenüber der Handywerbung von
Nokia eingestellt ist, wird diese von ihm rezipiert bzw. aufgenommen. Bei disso-
nanten Rezipienten gilt es jedoch, deren Selektionsfilter durch Aufmerksamkeits-
8
steigerung zu überwinden, was in dieser Werbung beispielsweise durch die attrak-
tive Frau erreicht werden soll, die im rechten TV-Ausschnitt durch das Bild läuft
und für eine ungewöhnliche Situation sorg, weil die Männer ihren Blick nicht
vom Handy wenden.
4.2. Elaboration Likelihood Model
Das Elaboration Likelihood Modell (ELM) wurde 1983 von Richard E. Petty und
John T. Cacioppo als Modell veröffentlicht, das die Einstellungsänderung unter
den Gesichtpunkten der Sozialpsychologie betrachten sollte. Wenige Jahre später
folgte die Übertragung in die Werbewirkungsforschung, in der es bis heute trotz
mancher Kritik breite Anerkennung gefunden hat (vgl. Wiltinger 2002, S. 93).
Das Modell schildert die allgemeinen Einstellungsänderungen von Personen, die
Werbung rezipieren. Der Grundgedanke dieses Modells ist die Verknüpfung zwi-
schen menschlicher Informationsverarbeitung von Werbung und bereits bestehen-
dem themenspezifischen Wissen (vgl. Scharpe 2003, S. 18). Wichtig zu erwähnen
ist, dass das Elaboration Likelihood Modell (Verarbeitsungs-Wahrscheinlichkeits-
Modell) nur Wirkungsverläufe und keine Wirkungsstärken untersucht. Diese sind
in Abhängigkeit der kognitiven Aktivitäten auf Seiten des Rezipienten fundiert.
Wirkungsverläufe
Das Modell unterscheidet zwei grundsätzliche Wirkungswege in Bezug auf den
Rezipienten. Den
- zentralen Weg der Beeinflussung („Central Route to Persuasion“) und den
- periphere Weg der Beeinflussung („Periphal Route to Persuasion“).
Beide Wege sind abhängig vom Grad der Informationsverarbeitung der Rezipien-
ten. Die Informationsverarbeitung wiederum basiert auf dem von Krugman im
Jahre 1965 eingeführten Involvement-Konstrukt.
Exkurs Involvement
Trommsdorff definiert Involvement folgendermaßen: „Aktivierungsgrad bzw.
Motivationsstärke zur objektgerichteten Informationssuche, -aufnahmen, -
verarbeitung und -speicherung“ (zit. nach Wiltinger 2002, S. 79-80 nach Tromms-
9
dorff 1993, S. 48). Insofern beschreibt Involvement die persönliche Wichtigkeit
eines Stimulus für ein Individuum, welches die erwähnte Informationsverarbei-
tung von Werbung beeinflussen kann. Somit kann dem zentralen Weg der Beein-
flussung ein hohes Involvement und damit eine hohe kognitive Verarbeitungs-
wahrscheinlichkeit zugeordnet werden. Dem peripheren Weg der Beeinflussung
werden ein niedriges Involvement und damit eine niedrige Verarbeitungswahr-
scheinlichkeit zugeordnet.
Um die Unterschiede zwischen hohem und niedrigem Involvement zu verdeutli-
chen, werden in der folgenden Tabelle typische Merkmalsausprägungen vergli-
chen:
High-Involvement Low-Involvement
Art der Informati-onsverarbeitung
sorgfältige Abwägung, Vergleich vieler Alternati-ven, Verwendung vieler Informationen
oberflächliche Informati-onsverarbeitung, Ver-wendung weniger Infor-mationen
Art der Informati-onsaufnahme
gezielte Suche nach Infor-mationen
eher zufällige Aufnahme von Informationen
Auswahl eines Pro-duktes
Entscheidung für das beste Produkt
Entscheidung für ein ak-zeptables Produkt
Beziehung zu Per-sönlichkeit und Lebensstil des Kon-sumenten
stark schwach
Abbildung 6: Vergleich High und Low-Involvement (in Anlehnung an Schwaiger 1997, S. 28
nach Kuß 1993, S. 173)
Für die Werbewirkungsforschung sind vor allem die Art der Informationsverar-
beitung und die Art der Informationsaufnahme entscheidend, denn dadurch kann
Werbung spezifisch gestaltet werden, um (noch) besser auf die Rezipienten bzw.
Konsumenten einzuwirken.
Die Folge: Das Elaboration Likelihood Modell ist kein einheitlich wirkendes Mo-
dell. Es erfordert eine grundsätzliche Unterscheidung zwischen beiden Involve-
10
mentstärken. Wie schon erwähnt, begründet sich dies in der Verarbeitungswahr-
scheinlichkeit des Rezipienten.
Verarbeitungstiefe und Konsequenz
Auch die Verarbeitungstiefe ist abhängig von der Verarbeitungswahrscheinlich-
keit und letztendlich von der Involvementstärke.
Prinzipiell stellt das Elaboration Likelihood Modell fest, dass sich ein hohes In-
volvement in der Verarbeitungstiefe stärker bemerkbar macht, als ein niedriges
Involvement:
- Der Rezipient der Werbung schenkt der Botschaft mehr Aufmerksamkeit.
- Der Rezipient der Werbung versucht die aufgenommenen relevanten In-
formationen mit bereits existierenden Informationen zu verknüpfen.
- Der Rezipient prüft die Argumente der Werbebotschaft mit seinen bereits
vorhandenen Informationen.
Die Rezipienten mit niedrigem Involvement orientieren sich hingegen nicht allein
auf argumentative Informationen sondern auch auf die so genannten „Peripheral
Cues“, die situationsgebundenen bzw. peripheren Signale (vgl. Bongard 2002, S.
328-329). Beispielhaft anzuführen sind hier: Aufmachung der Werbung, Glaub-
haftigkeit des Kommunikators und Emotionalität der Werbung.
Die unterschiedlichen Verarbeitungsprozesse haben nach dem Elaboration Likeli-
hood Modell Einfluss auf ist eine Einstellung des Rezipienten. Der Rezipient wird
in seiner Einstellung bezüglich des Produktes gestärkt, geschwächt oder bleibt
unverändert (vgl. Wiltinger 2002, S. 94).
Voraussetzungen des Elaboration Likelihood Modell
Damit das Modell von Cacioppo und Petty gelten kann und somit die Verarbei-
tung des Rezipienten beginnt, sind zwei Faktoren notwendig (vgl. Bongard 2002,
S. 330 nach Cacioppo/Petty 1984, S. 673):
1. die Motivation zur Informationsverarbeitung
2. die Fähigkeit zur Elaboration (Informationsverarbeitung) des Rezipienten
Die Motivation zur Informationsverarbeitung des Rezipienten ist abhängig von
der persönlichen Relevanz für den Rezipienten, welche gleichbedeutend mit dem
11
Abbildung 7: Print-Werbung für das Samsung SGH-D500 (vgl. Spiegel 2005/2, S. 9)
oben beschriebenen Involvement des Rezipienten ist. Weiterhin ist nach Caciop-
po/Petty die Anzahl der Quellen, die auf einen Rezipienten wirken, verantwortlich
für das Einsetzen der Informationsverarbeitung, da eine hohe Anzahl an Quellen
auf höhere Glaubwürdigkeit hindeutet. Und letztendlich wirkt das Informations-
bedürfnis des Rezipienten auf die Motivation zu Informationsverarbeitung (vgl.
Bongard 2002, S. 332-333 nach Cacioppo/Petty), denn das eigene Verlangen nach
Information ist der Faktor mit der größten Motivation.
Die Fähigkeit zur Elaboration des Rezipienten wird nach Cacioppo/Petty ebenfalls
mit drei Faktoren erklärt. Eine Ablenkung in der Kommunikationssituation
schränkt die Informationsverarbeitung stark ein. Für eine optimale Fähigkeit zur
Rezeption sollte der Empfänger bei der Aufnahme von Werbung möglichst wenig
Ablenkungen ausgesetzt sein. Weiterhin wirkt das Vorwissen des Rezipienten
stark auf die Fähigkeit zur Elaboration, denn mit gesteigertem themenspezifischen
Vorwissen steigt auch die Wirkungsrelevanz der Rezipienten. Der dritte Faktor
für die Fähigkeit zur Elaboration ist die Wiederholung des Informationsangebotes.
Denn nach den Autoren des Elaboration Likelihood Modells lässt die Penetration
mit Werbung eine größere Auseinandersetzung mit den Inhalten zu (vgl. Bongard
2002, S. 332-333 nach Cacioppo/Petty).
Beispiel an der Handywerbung
Die nebenstehende Zeitschriftenwerbung (Abbil-
dung 7) des Mobiltelefons für den Geschäftsbe-
reich, Samsung SGH-D500, lässt sich für ein prak-
tisches Beispiel des Elaboration Likelihood Mo-
dells sehr gut verwenden.
Stellen wir uns eine typische Frau (Stereotyp) vor.
Aufgrund ihrer Tätigkeit in einem Nicht-Business
Bereich, beispielsweise als Krankenschwester,
wird sie höchstwahrscheinlich diese Reklame der
Firma Samsung in der Zeitschrift Spiegel nicht
wirklich interessieren. Ihr Involvement für diese
Produktwerbung ist damit sehr schwach. Diese niedrige Involviertheit führt nach
Cacioppo/Petty zu einer nur niedrigen Verarbeitungswahrscheinlichkeit. Das Ela-
12
boration Likelihood Modell versucht eine mögliche Einstellungsänderung zu er-
klären. In diesem Beispiel ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Werbung zu ei-
ner Einstellungsänderung führt durch das niedrige Involvement und die damit
geringe Verarbeitungswahrscheinlichkeit kaum denkbar. Letztendlich könnte die
niedrige Kaufwahrscheinlichkeit mit dem Elaboration Likelihood Model begrün-
det werden.
Im umgekehrten Fall des hohen Involvements, d.h. bei einem Geschäftsmann
(Stereotyp) könnte die Zeitschriftenwerbung eine hohe Verarbeitungswahrschein-
lichkeit auslösen. Der Mann würde die technischen Argumente für das Handy mit
seinem bisherigen Wissen vergleichen und eventuell zu dem Schluss kommen,
dass das neue Mobiltelefon von Samsung, ganz im Gegensatz zu den Vorgängern,
ein sehr gutes Gerät ist. Vielleicht würde es sogar zu einer positiven Kaufent-
scheidung kommen. Das Elaboration Likelihood Modell ist ein Modell, das die
Einstellungsänderung des Rezipienten zum Mobiltelefon erklären kann. Einen
Anspruch auf Alleingültigkeit gibt es jedoch nicht.
4.3. Das Modell der Wirkungspfade
Das Modell der Wirkungspfade ist ein weiterer Versuch, Werbewirkungen mit
Hilfe einer Modellvorstellung erklären und beschreiben zu können. Dieses Modell
baut auf dem schon vorgestellten Involvement- Modell auf und geht auf seinen
Schöpfer Werner Kroeber-Riel zurück. Kroeber-Riels Modell ist gekennzeichnet
durch eine Dreiteilung des Gegenstandsbereiches in:
- Wirkungskomponenten
- Wirkungsdeterminanten
- Wirkungsmuster (vgl. Kroeber-Riel 1999, S. 587)
Wirkungskomponenten
Unter dem ersten Gegenstandsbereich, der Wirkungskomponenten, versteht Kroe-
ber-Riel „psychische Reaktionen der Umworbenen auf die Werbung und das da-
von bestimmte Kaufverhalten“ (zit. nach Kroeber-Riel 1999, S. 587). Beispielhaft
ist hier die kognitive Beschäftigung mit dem beworbenen Mobilfunkgerät, die
Erinnerung an technische Details oder etwa Form oder Markenname des Gerätes.
13
Ferner bezeichnet er Wirkungskomponenten als die „in Frage kommenden Bau-
steine der gesamten Werbewirkung“ (zit. nach Kroeber-Riel 1999, S. 587).
Als Wirkungsmuster der Werbung bezeichnet Kroeber-Riel Werbewirkungen der
Wirkungskomponenten, die unter den verschiedenen Bedingungen der Determi-
nanten zu erwarten sind. Beispielsweise kann bei der Rezeption informativer Mo-
bilfunk-Werbung und einer hohen Aufmerksamkeit des Rezipienten, das Muster
aus der weiter unten stehenden Abbildung 13 angewendet werden.
Die folgende Abbildung 8 beschreibt das Grundmodell der Wirkungskomponen-
ten und wird im nachfolgenden Abschnitt erläutert.
Abbildung 8: Wirkungskomponenten der Werbung (nach Kroeber-
Riel 1999, S. 588)
Im Folgenden wird nun auf die Wirkungskomponenten, die sich durch aktivie-
rende, emotionale und kognitive Vorgänge beschreiben lassen, und als Folge die
Einstellung und Kaufabsicht des Rezipienten determinieren, näher eingegangen.
Emotionale Prozesse beschreiben Wirkungen der Werbung auf Emotion und Mo-
tivation des Rezipienten.
Kognitive Prozesse repräsentieren die Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung
der Werbeinformationen (vgl. Kroeber-Riel 1999, S. 588).
Werbekontakt
Starke Aufmerksamkeit
Schwache Aufmerksamkeit
kognitiver Vorgang
emotionaler Vorgang
Einstellung
Kaufabsicht
Verhalten
14
Einstellung, Kaufabsicht können als Vorentscheidungen der Konsumenten ver-
standen werden, die durch das Zusammenwirken von emotionalen und kognitiven
Wirkungen entstehen und wesentlich für die Kaufentscheidung verantwortlich
sind.
Die Aufmerksamkeit wird nach Kroeber-Riel nur teilweise von der Werbung
beeinflusst und in erheblichem Ausmaß vom Involvement des Empfängers be-
stimmt. Von der Aufmerksamkeit hängt die mehr oder weniger aktive Wahrneh-
mung der Werbung ab, welche in Kroeber-Riels Modell der Wirkungspfade in
zwei Intensitätsstufen betrachtet wird.
Den Rahmen des Modells bilden, wie in der Abbildung 8 ersichtlich ist, der Wer-
bekontakt und das (Kauf-)Verhalten.
Als Werbekontakt werden die durch Sinnesorgane des Rezipienten aufgenom-
menen Reize der Werbebotschaft verstanden. Ohne Belang ist hierbei, ob die Rei-
ze bewusst oder unbewusst, mit oder ohne Aufmerksamkeit des Rezipienten auf-
genommen werden (vgl. Kroeber-Riel 1999, S. 589).
Die angestrebte Wirkung der Werbung ist das (Kauf-)Verhalten.
In diesem Modell wird das Verhalten als unmittelbare Folge von psychischen
Wirkungen verstanden und somit die zeitliche Dimension vernachlässigt.
Wirkungskomponenten
Der zweite Gegenstandsbereich, die Wirkungsdeterminanten, sind nach Kroeber-
Riel Bestimmungsgrößen der Werbewirkung, mit Ihnen werden Bedingungen
angegeben, die zu bestimmten Werbewirkungen führen. Als Wirkungsdetermi-
nanten werden zwei Stellgrößen betrachtet:
- Art der Werbung (informativ, emotional)
- Involvement des Konsumenten (low, high)
Zur Anwendung dieses Modells sind die Wirkungsdeterminanten genauer aufzu-
schlüsseln. Die Wirkungsdeterminanten sind als Indikatoren der Werbesituation
zu sehen und lassen einen Schluss auf bestimmte Wirkmuster zu. Kroeber-Riel’s
Modell stellt „die Art der Werbung“ (emotional, informativ oder gemischt) und
„das Involvement der Konsumenten“ (geringes oder hohes Involvement) als die
beiden wichtigsten Determinanten heraus (vgl. Kroeber-Riel 1999, S. 590).
15
Abbildung 11: Print-Werbung für das Nokia 8800 (vgl. Spiegel 2005/24, S. 39)
Abbildung 10: Print-Werbung für das Nokia 7710 (vgl. Spiegel 2005/39, S. 176)
In der Kombination der beiden Determinanten kann man sechs mögliche Konstel-
lationen herausstellen, die in der folgenden Abbildung 9 aufgezeigt werden.
stark involvierte
Konsumenten
schwach involvierte
Konsumenten
informative Werbung 1 2
emotionale Werbung 3 4
gemischte Werbung 5 6
Abbildung 9: Bedingungen der Werbewirkung (nach Kroeber-Riel 1999, S. 594)
Konkrete Beispiele
Bei der Betrachtung der Art der
Werbung wird als informative
Werbung im Modell eine sachliche
Informationsvermittlung verstanden.
Nebenstehend (Abbildung 10) befindet
sich ein Beispiel für informative
Werbung (siehe auch Anhang 6).
Emotionale Werbung (Abbildung 11) zielt darauf
ab, den Konsumenten mit emotionalen Reizen
anzusprechen und ein Bedürfnis in Ihm zu we-
cken. (siehe auch Anhang 7).
16
Abbildung 12: Print-Werbung für das Nokia 6800 (vgl. Spiegel 2005/46, S. 84)
Bei der gemischten Werbung wird versucht mit
der Mischung von informativen und emotionalen
Elementen die Aufmerksamkeit der Konsumenten
zu erreichen (vgl. Abbildung 12; auch Anhang 8).
Die zweite Determinante in diesem Modell neben der beschriebenen „Art der
Werbung“ ist das Involvement, das in Kapitel 4.2 bereits beschrieben wurde.
Kroeber-Riel definiert es als „Engagement oder als Ich-Beteiligung der Konsu-
menten“ (zit. nach Kroeber-Riel 1999, S. 594). Er leitet nun die Ausprägungen der
Aufmerksamkeit vom Involvement wie folgt ab:
„Geringe Aufmerksamkeit zeigt an, dass die Werbung auf passive, wenig invol-
vierte Konsumenten trifft. Starke Aufmerksamkeit weist auf involvierte Empfän-
ger hin“ (zit. nach Kroeber-Riel 1999, S. 594).
Wirkungsmuster
Nachdem die Wirkungskomponenten und Wirkungsdeterminanten definiert wur-
den, versucht Kroeber-Riel diese in einem komplexen Zusammenhang als Wir-
kungsmuster darzustellen. Dabei stellt er eine Besonderheit der Werbewirkung bei
wenig involvierten Konsumenten heraus: die Wiederholrate einer Werbung muss
bei wenig involvierten Konsumenten deutlich höher sein, damit eine Wirkung
eintritt (vgl. Kroeber-Riel 1999, S. 595).
Im Folgenden betrachten wir nun exemplarisch zwei Beispiele, mit denen Kroe-
ber-Riel versucht, die Kaufentscheidung bei vorheriger Rezeption von informati-
ver Werbung zu erklären.
17
Die Abbildung 13 beschreibt den Wirkungspfad bei informativer Werbung und
involvierten Konsumenten.
Die Involviertheit bewirkt nach diesem Modell eine starke Aufmerksamkeit, wel-
che kognitive Prozesse im Rezipienten hervorruft und mehr oder weniger starke
emotionale Begleitreaktionen.
Bezogen auf Mobiltelefon-Werbung heißt das, dass ein interessierter Rezipient,
der z.B. die Anschaffung eines Mobiltelefons plant, die Werbebotschaft mit hoher
Aufmerksamkeit wahrnimmt und sich Produkteigenschaften wie technische De-
tails merkt. Emotionale Begleitreaktionen können sich z.B. im ansprechenden
Design des Mobilfunkgerätes zeigen oder durch eine Assoziation mit einem
Wunschzustand oder einem Vorbild auftreten. Man kann hier als Beispiel Teste-
monials ins Feld führen, bei denen eine prominente Person für ein Mobilfunkgerät
wirbt. Kroeber-Riel geht davon aus, dass bei hohem Involvement durch die ver-
mittelten Informationen im Konsumenten bereits vorhandene Bedürfnisse ange-
Werbekontakt
Starke Aufmerksamkeit
Schwache Aufmerksamkeit
kognitiver Vorgang
emotionaler Vorgang
Einstellung
Kaufabsicht
Verhalten
Abbildung 13: Wirkungspfad der informativen Werbung bei involvierten Konsu-
menten (nach Kroeber-Riel 1999, S. 596)
18
sprochen werden. Die vorhandenen Bedürfnisse lassen sich aus dem Interesse an
dem beworbenen Gegenstand ableiten, welches sich wiederum im Involvement
manifestiert.
Die emotionalen Begleitreaktionen wirken zusätzlich auf die Kaufabsicht. Sie
„sorgen für eine effiziente Verarbeitung und Speicherung der Informationen“ (zit.
nach Kroeber-Riel 1999, S. 596).
Die kognitiven Wirkungen betreffen das Verständnis und die Verarbeitung der
dargebotenen Informationen. Eine Bewertung der Informationen oder der Pro-
dukteigenschaften führt dann zu einer Einstellung gegenüber dem beworbenen
Gegenstand.
Aus dieser Einstellung ergeben sich unter bestimmten Bedingungen die Kaufab-
sicht und das Kaufverhalten eines Konsumenten.
In Abbildung 14 wird nun der Wirkungspfad bei informativer Werbung und we-
nig involvierten Rezipienten beschrieben und anschließend erläutert.
Abbildung 14: Wirkungspfad der informativen Werbung bei wenig
involvierten Konsumenten (nach Kroeber-Riel 1999,
S. 598)
Werbekontakt
Starke Aufmerksamkeit
Schwache Aufmerksamkeit
kognitiver Vorgang
emotionaler Vorgang
Einstellung
Kaufabsicht
Verhalten
19
Bei einem wenig involvierten Empfänger ist eine umfassende Informationsver-
mittlung auf Basis von kognitiven Prozessen nicht möglich. Hier kommt es, wenn
überhaupt, nur zu einer Informationsvermittlung von sehr wenigen, leicht ver-
ständlichen und merkbaren Informationen (siehe Abbildung 14). Kroeber-Riel
geht davon aus, dass sich wenig involvierte Konsumenten nach einigen Wiederho-
lungen wenigstens den Markennamen und vielleicht noch ein paar Produkteigen-
schaften einprägen. Bei einer Kaufsituation, in der der Konsument dann zwischen
mehreren Produkten wählen kann, reicht dann die Erinnerung an den Markenna-
men aus, um den Kaufprozess zugunsten des erinnerten Markenproduktes zu be-
einflussen.
Bei dieser Art des Wirkungspfades lernt der Konsument das Produkt/die Marke
erst nach dem Kauf näher kennen und bewertet bzw. bildet sich dann erst eine
Einstellung zu der Marke oder dem Produkt.
In dieser Weise definiert Kroeber-Riel auch Wirkungspfade für emotionale und
gemischte Werbung (vgl. Kroeber-Riel 1999, S. 599 ff), auf die hier aber nicht
weiter eingegangen wird.
Der Unterschied zum vorher beschriebenen Elaboration Likelihood Modell be-
steht in den Wirkungskomponenten genauer gesagt in der Differenzierung zwi-
schen „Involvement“ und „Art der Werbung“ von Kroeber-Riel. Unter diesem
Blickwinkel k könnte das Modell der Wirkungspfade als Erweiterung des Elabo-
ration Likelihood Models gesehen werden.
4.4. Kritik an den relationalen Modellen
Konsonanz-Dissonanz Modell
Das Konsonanz-Dissonanz-Modell, welches auf Leon Festingers „Theorie der
Kognitiven Dissonanz“ zurückgreift, ist ein Ansatz, der einen gewissen Zustand
bzw. eine gewisse Einstellung beim Rezipienten bereits vor dem Werbestimulus
voraussetzt. Dieser Ansatz vernachlässigt sowohl eine neutrale Haltung gegenüber
einem Stimulus, wenn beispielsweise kaum Interesse an dem Produkt besteht und
der Rezipient im Zeitpunkt der Werberezeption noch keine Einstellung/Meinung
gegenüber dem Mobilfunkgerät hat, als auch die Veränderung von Einstellungen
20
wie etwa durch äußere Einflüsse aus dem direkten Umfeld des Rezipienten. Nicht
unerheblich sind bei der Wahl von Mobilfunktelefonen Meinungen aus dem priva-
ten Umfeld. Bekannte etwa, die bereits Erfahrungen mit dem Gerät gemacht ha-
ben und es folglich empfehlen oder vom Kauf abraten.
Des Weiteren erklärt das Modell lediglich, dass die Aufmerksamkeit eines Rezi-
pienten bei konsonanten Stimuli steigt. In unserem Beispiel im Kapitel 4.1. wird
an der Werbung für das Nokia 6230i deutlich, dass auf stereotypes Verhalten ge-
setzt und versucht wird, auf Konsonanz im männlichen Publikum zu stoßen.
Durch eine gesteigerte Aufmerksamkeit bei der Rezeption ist zwar gewährleistet,
dass kognitive Prozesse in erhöhtem Maße stattfinden können, allerdings impli-
ziert dies keine Auswirkungen auf den Kaufentscheidungsprozess. Die Kaufent-
scheidung ist mit diesem Modell nicht zu erklären.
Elaboration Likelihood Modell
Obwohl das Elaboration Likelihood Modell in der Literatur hohe Anerkennung
findet, gibt es auch an diesem Modell einige Kritikpunkte.
Zu einem wesentlichen Kritikpunkt zählt die starke kognitive Ausrichtung des
Modells. Nach dem Modell kann derer Rezipient kann ausschließlich durch die
Werbung beeinflusst werden, in dem er den zentralen Weg der Beeinflussung
geht. Das bedeutet eine hohe Verarbeitungsintensität aufweist, die auf das High
Involvement zurückgeht. Emotionen gehen nach dem Elaboration Likelihood
Modell den Weg der peripheren Beeinflussung. Jedoch kann nicht abgestritten
werden, dass die in der heutigen Zeit immer stärker auftretende emotionale Wer-
bung den Rezipienten stark involviert. Somit kann von einem starken Einfluss auf
die Einstellung auch durch den peripheren Weg geschlossen werden. Dieses wur-
de in dem Modell von Cacioppo/Petty bisher nicht berücksichtigt (vgl. Wiltinger
2002, S. 97).
Auch die Autoren Zajonc/Markus stellen fest, dass affektive Reaktionen, in enger
Verbindung zu Emotionen stehend, stabiler sind als kognitive Reaktionen (vgl.
Zajonc/Markus 1982, S. 123).
Weiterhin gehen ganz im Gegensatz zu Cacioppo/Petty nicht alle Kontextinforma-
tionen den peripheren Weg der Beeinflussung. Melodien für Werbespots unter-
stützen zwar das eigentlich beworbene Produkt, doch können diese so starken
21
Wiedererkennungswert haben, dass sie den Rezipienten stark involvieren und da-
mit eigentlich zum zentralen Weg der Beeinflussung gehören (vgl. Wiltinger
2002, S. 97).
Als Vorraussetzung für das Anwenden des Elaboration Likelihood Modells wird
die Motivation zur Informationsverarbeitung angeführt. Hierbei wird jedoch die
Variable der „Stimmung des Rezipienten“ nicht berücksichtigt. Sie bildet aber
eine maßgebliche Einflussgröße auf die Motivation. Ohne in der richtigen Stim-
mung zu sein, werden die kognitiven Verarbeitungsprozesse nur sehr unterpropor-
tional ausgeführt (vgl. Rehnhack 2001, S. 35 nach MacKenzie/Lutz 1989, S. 63).
Zum Schluss lässt sich kritisieren, dass das Elaboration Likelihood Modell die
Beeinflussung der Einstellung durch das Verhalten der Rezipienten nicht ausrei-
chend einbezieht. Damit findet der eigentliche Kaufakt keine Berücksichtigung in
diesem Modell (vgl. Wiltinger 2002, S. 98).
Trotz der vielfältigen Kritik an dem Elaboration Likelihood Modell bleibt die gro-
ße Relevanz für die Werbewirkungsforschung unbestritten (vgl. Bongard 2002, S.
359).
Modell der Wirkungspfade
Das Modell der Wirkungspfade versucht den Prozess, der sich von dem Werbe-
kontakt bis zum Kaufverhalten vollzieht, abzubilden. Es vernachlässigt dabei aber
äußere Einflüsse, die über die Aufmerksamkeit und emotionale und kognitive
Vorgänge im Rezipienten hinausgehen. Einflussfaktoren, wie z.B. persönliches
Befinden/Stimmung und Einstellungen von anderen Individuen, welche zum Teil
im Elaboration Likelihood Modell berücksichtigt werden, werden in dem Modell
der Wirkungspfade vernachlässigt.
Der Empfänger der Werbebotschaft wird zwar in den Prozess der Werbewirkung
in erheblichem Maße mit eingebunden, aber dennoch werden Variablen wie die
persönliche Einstellung oder die situationsabhängige Stimmung ebenso wie inter-
venierende Variablen aus dem Umfeld des Rezipienten nicht berücksichtigt.
Des Weiteren sind die Zusammenhänge zwischen emotionalen und kognitiven
Komponenten noch zu wenig erforscht. Auch mit diesem Modell kann die Kauf-
entscheidung nicht hinreichend erklärt werden, da eine eindeutige Messbarkeit der
22
Abbildung 15: Wirkungskette der Werbewirkung (eigene Darstellung in Anlehnung an Scharpe 2003, S. 21)
Aufmerksamkeit, emotionalen und kognitiven Prozesse, sowie der Einstellung
nicht geleistet werden kann. Wäre solch eine Messung möglich, dann bestünde
dennoch eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich gerade durch die Messung Per-
sonen anders verhalten und die Messdaten unwissentlich verfälschen würden.
Verglichen werden kann dies mit der Theorie des „Kollaps der Wellenfunktion“
aus der Quantenmechanik. Diese besagt, dass in einem quantenmechanischen Sys-
tem gerade die Messung das System in einen definierten Zustand versetzt. Vorher
konnte auch eine Superposition mehrerer Zustände vorliegen. (vgl. Bomfleur
2001)
5. Die Wirkungskette der Werbewirkung
Nach der Vorstellung einzelner Modelle soll im folgenden Abschnitt aufgezeigt
werden, was alle Wirkungsmodelle gemeinsam haben. Die daraus entstehende
Wirkungskette der Werbewirkung soll diese theoretische Arbeit in mögliche prak-
tische Anwendungen überführen. Vorweggenommen wird, dass die praktische
Umsetzung nicht Teil unserer Arbeit ist, denn um auch nur ein einziges Werbe-
wirkungsmodell empirisch anzuwenden, benötigt es einen vielfach größeren Rah-
men, als er in diesem Rahmen gegeben war. als das dieses Seminar bieten kann.
Ausgangspunkt der Wirkungskette aller Werbewirkungsmodelle sind Modelle an
sich. Diese beschreiben Wirkungszusammenhänge, die auf theoretischen Ansät-
zen beruhen. Im Fall der Stufen-Modelle sind dies unidirektional-kausale Zusam-
menhänge und im Fall der relationalen Modelle meist multikausale Zusammen-
hänge. Die behandelten Modelle dieser Arbeit erstrecken sich somit über eine
oder mehrere Wirkungsebenen. Jede Wirkungsebene steht in Verbindung mit un-
terschiedlichen Wirkungsindikatoren, die für eine spätere Messung grundlegend
sind. Jedoch lassen sich diese Indikatoren wiederum in verschiedene Wirkungs-
maße einteilen, die sich anschließend über verschiedene Meßmethoden praktisch
auswerten lassen.
Im Modell stellt sich diese Wirkungskette folgendermaßen dar:
Wirkungs- ebene(n)
Wirkungs- indikatoren
Wirkungs- maße
Mess- ergebnisse
Modell- vorstellung
23
In dieser graphischen Darstellung wird deutlich, dass durch diese Wirkungskette
die Werbewirkung von der komplexen Modellvorstellung bis auf die Messergeb-
nisse reduziert wird.
Wirkungsebene
Die Wirkungsebene auf die die vorgestellten Wirkungsmodelle beruhen, lassen
sich nach Scharpe in fünf Wirkungsebenen zusammenfassen, über die Werbekon-
sumenten zu beeinflussen sind (vgl. Scharpe 2003, S. 22).
Wirkungsebene Beschreibung 1. physische Aktivierung
= körperlicher Zustand der Erregung, von der Auswirkungen auf Emotionen und Kognitio-nen ausgehen und Vorgänge ausgelöst wer-den (vgl Wiltinger 2002, S. 70).
2. Aufmerksamkeitsleistung = zeitlich temporärer Zustand, der die Bereit-schaft einer Person beschreibt (vgl Wiltinger 2002, S. 70).
3. Verarbeitungsleistung = kognitiver Prozess, der auf Einstellung der Person wirkt und stark vom Involvement einer Person abhängig ist.
4. Gedächtnisleistung = Arbeit des Gedächtnisses, die zur Wieder-erkennung von Marken/Produkten führt (vgl Wiltinger 2002, S. 70-71).
5. Verhalten = Auftreten einer Person, das sich in einer körperliche Aktion ausdrückt, die zur Kaufsi-tuation führt.
Abbildung 16: Wirkungsebenen und ihre Beschreibungen (eigene Darstellung in Anlehnung an Scharpe 2003, S. 221)
Bei genauerer Betrachtung wird deutlich, dass ein erfolgreicher Werbewirkungs-
prozess die Gesamtheit der Wirkungsebenen durchläuft, wobei einige vorgestellte
Modelle, wie beispielsweise das Elaboration Likelihood Modell ihren Fokus ver-
stärkt auf eine Ebene, die Verarbeitungsleistung, gelegt haben.
Wirkungsindikatoren
Die Indikatoren beschreiben die jeweiligen Wirkungsebenen. Der Autor Scharpe
resümiert nach seiner Untersuchung, dass jeder einzelne Indikator wirkungsrele-
24
vant ist und sich dadurch Werbewirkungen durch Veränderungen auf allen Ebe-
nen ergeben (zit. nach Scharpe 2003, S. 22).
Wirkungsebene Wirkungsindikatoren
1. physische Aktivierung Physische Reizreaktion
2. Aufmerksamkeitsleistung Aufmerksamkeitsstärke
Anmutung
Prägnanz
3. Verarbeitungsleistung Wissensänderung
Einstellungsänderung
Akzeptanz
Image
4. Gedächtnisleistung Markenbekanntheit
Werbeerinnerung
5. Verhalten Kauf
Abbildung 17: Wirkungsebenen und ihre Indikatoren (eigene Darstellung in Anlehnung an Scharpe 2003, S. 21)
Als Beispiel soll hier kurz die Verarbeitungsleistung genannt werden, die sich als
Wirkungsebene sehr gut im Elaboration Likelihood Modell wieder finden lässt.
Als Indikatoren, die auf die Verarbeitungsleistung wirken, sind Wissensänderung,
Einstellungsänderung, Akzeptanz und Image zu nennen.
Wirkungsmaße
Die Indikatoren der Werbewirkung lassen sich nicht direkt messen. Um Werbe-
wirkung messbar zu machen, müssen passende Wirkungsmaße gefunden werden.
In der folgenden Tabelle sind die wichtigsten Wirkungsmaße zusammengestellt
(vgl. Wiltinger 2002, S. 70-79; Scharpe 2003, S. 21; Schwaiger 1997, S. 43-61).
Wirkungsindikatoren Beispiel Wirkungsmaße
1. Physische Reizreaktion Hautwiederstand
Pupillenbewegung
2. Aufmerksamkeitsstärke
Anmutung
Prägnanz
Wiedererinnerung
Assoziationen
Blickverlauf
3. Wissensänderung
Einstellungsänderung
Kenntnis
Glaubwürdigkeit
25
Akzeptanz
Image
Attraktivität
Sympathie
4. Markenbekanntheit
Werbeerinnerung
Wiedererkennung
Wiedererinnerung
5. Kauf Markenverwendung
Abbildung 18: Wirkungsindikatoren und ihre Wirkungsmaße (eigene Darstellung in Anlehnung an Scharpe 2003, S. 21)
Festzustellen ist, dass es eine große Menge an Indikatoren und damit Wirkungs-
maßen gibt. Ein einfaches Modell der Werbewirkung zu entwickeln (wie Wer-
bung wirkt), bleibt auch in Zukunft sehr unwahrscheinlich.
Messergebnisse
Die Wirkungskette schließt mit dem erhaltenen Messergebnissen ab. Da jedoch
diese Arbeit in ihrem Umfang begrenzt ist, können die vielfältigen Testverfahren
zum Erhalt der Ergebnisse nicht weiter betrachtet werden.
6. Fazit
Die relationalen Modelle der Werbewirkungsforschung sind entgegen den Stufen-
Modellen, die einen eher eindirektionalen Wirkungsverlauf aufweisen, stärker an
dem Rezipienten ausgerichtet. In den relationalen Modellen finden die kognitiven
und aktivierenden Prozesse, die in einem Rezipienten stattfinden, Beachtung. Bei
Arten von Modellen finden in der heutigen Zeit noch Verwendung, wobei in der
gegenwärtigen Forschung die relationalen Modelle aufgrund ihrer Verknüpfung
mit dem Rezipienten bevorzugt werden.
Der sich einem medialen Reiz, wie etwa einer Werbebotschaft, aussetzende Rezi-
pient wird als aktives Subjekt mit einem Vorwissen, einer Einstellung, einer emo-
tionalen Gefühlslage etc. betrachtet. Unter dem Zusammenspiel bestimmter Fak-
toren erzielt der mediale Reiz eine Wirkung im Rezipienten. Diese Annahmen
sind in Abgrenzung zu den Stufen-Modellen eine erheblich wirklichkeitsgetreuere
Sichtweise. Allerdings versuchen die relationalen Modelle lediglich mögliche
Wirkungen von Werbung zu beschreiben, die generalisiert für alle möglichen
Konsumenten gelten. Obgleich der Sinn von Modellen eine Allgemeingültigkeit
26
für einen bestimmten, abgesteckten Betrachtungsraum ist, sollte man sich auf dem
Gebiet der Werbewirkungsforschung vielleicht auf einen weniger großen Betrach-
tungsraum konzentrieren und die Konsumenten in kleinere homogene Segmente
aufteilen, um reliablere1 Modelle zu entwickeln und mit Ihnen validere2 Aussagen
treffen zu können. Ein Schritt in die richtige Richtung ist hierbei das Elaboration
Likelihood Modell, welches sich von einem einheitlichen Wirkungsmodell verab-
schiedet.
Um Modelle valide und reliabel auf einen Gegenstandsbereich anwenden zu kön-
nen, müssen sie zu erst falsifiziert und als gültige Modelle anerkannt werden. Die
Falsifikation der Modelle bedient sich vorzüglich der Techniken der Werbeer-
folgsmessung. Häufig werden Indikatoren verwendet, die unter anderem kognitive
Gedächtnisleistungen prüfen. „Dazu zählen vor allem die spontane und gestützte
Werbeerinnerung/Awareness oder die Markenbekanntheit“ (Burst 2002, S. 9).
Hier liegt ein weiterer Kritikpunkt, der sich bei der Überprüfung von Werbewir-
kungsmodellen manifestiert.
Durch die Multikausalität der menschlichen Handlungsentscheidungen ist mit den
Mitteln der Werbeerfolgsmessung keine reale Erfolgsmessung möglich, wodurch
die uneingeschränkte Gültigkeit eines Modells nicht nachweisbar ist.
So kommt es, dass sich viele verschiedene Modelle entwickeln, die versuchen, die
Wirkung der Werbung zu erklären, letztendlich aber nicht eindeutig ihre Gültig-
keit nachweisen können. Es bleibt im Endeffekt den werbenden Wirtschaftsunter-
nehmen überlassen, welchen Werbewirkungsmodellen sie vertrauen bzw. auf wel-
chen ihre Werbung aufbaut. Ob diese sich nun positiv auf die Kaufentscheidung
des Zielpublikums ausübt, lässt sich nicht eindeutig nachweisen. Eines ist jedoch
sicher: Es gibt kein allgemeingültiges statisches Werbewirkungsmodell, dass die
Werbung und die Komplexität der Reize auf den Menschen vollständig erklärt.
Deshalb muss eine kontinuierliche Anpassung an seine hochdynamischen Variab-
len erfolgen.
1 Reliabilität ist die Verlässlichkeit eines Modells. Gemeint ist hier, dass man bei wiederholter Anwen-dung eines Modells auf den definierten Zielbereich dieselben Ergebnisse erzielt. 2 Validität ist die Gültigkeit eines Modells bzw. einer Aussage. Gültigkeit eines Modells meint, ob das Modell auch wirklich das erklärt, was es erklären soll.
27
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30
8. Anhang
Anhang 1: Grafik: Netto Werbeeinnahmen erfassbarer Werbeträger in Deutschland
Quelle: ZAW 2006
Anhang 2: Grafik: Zusammenhang zwischen Werbespendings und Markenanteil
Quelle: Isenbart / Boecker / Breinker 2005, S. 8
31
Anhang 3: Grafik: TV steigert Werbeerinnerung und Markenbe-kanntheit
Quelle: Isenbart / Boecker / Breinker 2005, S. 6
32
Anhang 4: Print-Werbung Siemens M75
Quelle: Spiegel 2005/2, S. 9
33
Anhang 5: Print-Werbung Samsung SGH-D500
Quelle: Spiegel 2005/2, S. 9
34
Anhang 6: Print-Werbung Nokia 7710: „informative Werbung“
Quelle: Spiegel 2005/39, S. 176
35
Anhang 7: Print-Werbung Nokia 8800: „emotionale Werbung“
Quelle: Spiegel 2005/46, S. 84
36
Anhang 8: Print-Werbung Nokia 6680: „gemischte Werbung“
Quelle: Spiegel 2005/24, S. 39