moonlight prayer 1 - Verlag Herder · Der Schrifttext sind die beiden ersten Verse des Evangeli-ums vom 3. Sonntag im Jahreskreis B. Besonderer Kontext: Der terroristische Anschlag

Erich Hornstein, moonlight prayer • © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2017

moonlight prayer 1 »Kehr um – lebe!«

Das moonlight prayer hat am Sonntag, den 25. Januar 2015, um 21 Uhr in der Pfarrkirche St. Margaret in München-Send-ling stattgefunden.

Der Schrifttext sind die beiden ersten Verse des Evangeli-ums vom 3. Sonntag im Jahreskreis B.

Besonderer Kontext: Der terroristische Anschlag auf »Charlie Hebdo« in Paris am 7. Januar 2015.

Es war das erste moonlight prayer seiner Art. Der geplante Ablauf mit fünf Musikstücken, einem Schrifttext, drei Im-pulsgeschichten, die nur mit einem kurzen musikalischen An-spiel unterbrochen werden, sowie mit dem Gebetsteil am Ende hat sich als gut strukturiert, abwechslungsreich und positiv erwiesen. Dass die Besucher auf Stühlen, die extra bereitge-stellt wurden, und nicht in den Kirchenbänken saßen, schuf eine besondere Atmosphäre, die sehr wertgeschätzt wurde.

Tipp: Da die Kirche im Winter, insbesondere im Januar, sehr kalt ist, wurden einfache Fleecedecken an die Besucher ausgeteilt. Diese wurden sehr gerne und dankbar angenom-men. Zugleich wurde von Anfang an das Gefühl verstärkt, hier in einem besonderen Gottesdienst zu sein.


Vorbereitung

Materialien: � sieben LED-Strahler und Mischpult zur kabellosen Steuerung � Sandschale auf Ständer mit Christuskerze, fünf weitere Ker-

zen, Streichhölzer � Pult mit Bibel, Redepult mit Beleuchtung � zwei Notenpulte mit Beleuchtung für Musiker � Programmblatt für die Besucher � bei Bedarf Fleecedecken für die Besucher

Musikalische Gestaltung: � Saxofon und Gitarre � siehe allgemeine Hinweise zu alternativen musikalischen Ge-

staltungsmöglichkeiten vor Ort (siehe Hinführung) � mit Liedern aus dem Gotteslob und dem Bereich Neues Geist-

liches Liedgut (siehe Anhang)

Durchführung

Musikstück 1Afro Blue von Mongo Santamaria

Begrüßung und HinführungHerzlich willkommen zum moonlight prayer! Es ist das erste Mal, dass so etwas stattfindet hier in (…). Und Sie sind dabei!

Moonlight prayer – Mondschein-Gebet – Gebet im Mond-schein – moonlight prayer. Sie sind vielleicht mit ganz unter-schiedlichen Erwartungen heute Abend hierhergekommen. Was uns gemeinsam ist: dass wir bei Licht, Wort und Jazz hier in der


Kirche versammelt sind. Dadurch geben wir dem Sonntagabend einen besonderen Akzent.

Das Wort »moonlight« löst unterschiedliche Bilder aus. Viel-leicht ein solches: Sandstrand, Palmen im dämmrigen Licht. Es ist spät. Die Sonne ist längst untergegangen. Das Wasser plät-schert rhythmisch in sanften Wellen an meine Füße. Und meine Augen haben den Mond fest im Blick. Der Mond reflektiert das Licht der Sonne, mit warmem, ockerfarbenem Gelb.

»Moonlight.« Angesichts der kühlen Temperatur hier in der Kirche kann dieses Wort »moonlight« vor dem inneren Auge aber auch ein anderes Bild auslösen: Weit oben in den Bergen, schneebedeckt, eine klare Nacht. Es ist klirrend kalt. Trotz der Nacht ist das Bergmassiv vor mir erstaunlich gut zu erkennen. Über den Bergen der Mond, in hellem Licht. Stahlblau reflektiert der Mond das Licht der Sonne. Der Mond an sich ist eigentlich dunkel. Er hat kein eigenes Licht. Trotz der riesigen Entfernung zwischen Sonne und Mond lässt sich der Mond anstrahlen und gibt das Licht weiter, mal ockerfarben, mal stahlblau.

Diese Tage sind von kriegerischen Auseinandersetzungen in (…) und die dadurch ausgelösten Ängste geprägt. »Gewalt im Na-men Gottes«, haben sie gesagt. Wie kann so etwas sein? Wird uns da nicht der Glaube an Gott überhaupt suspekt gemacht? Durch solche Taten, die als Taten im »Namen Gottes« ausgegeben wer-den, kommt mir Gott so unendlich weit entfernt vor. So riesig entfernt wie Sonne und Mond. Und Licht sehe ich da keines.

»Moonlight prayer«: Auf der Suche nach dem Licht, das von Gott kommt, von ganz weit weg. Doch ich spüre in meinem All-tag, manchmal berührt das Licht auch mich:

� in einem freundlichen Lächeln, das mir geschenkt wird, � durch eine helfende Hand, � durch ein Ohr, das meine Sorgen anhört, � durch die Füße des Freundes, der meinen Weg mitgeht.


So spüre ich das Licht, das von Gott kommt. Gebet im Mond-schein. Lassen Sie sich anstrahlen von seinem Licht. Unter sein Licht und seinen Namen stellen wir unser Gebet heute Abend.

Wir beginnen mit dem Kreuzzeichen: Im Namen …

Musikstück 2My ship von Kurt Weill und Ira Gershwin

Lesung aus dem Markusevangelium (Mk 1,14–15): Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!

Die Bibel vom Pult nehmen, aufschlagen und daraus vortragen:

Wir hören einen Abschnitt aus dem Evangelium, wie es uns Mar-kus aufgeschrieben hat:

In den Tagen, als Johannes der Täufer im Gefängnis war,ging Jesus wieder nach Galiläa;er verkündete das Evangelium Gottesund sprach: Die Zeit ist erfüllt,das Reich Gottes ist nahe.Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!

Frohe Botschaft unseres Herrn Jesus Christus.Alle: Lob sei dir, Christus.

Die Bibel wieder aufs Pult zurückstellen.

Musikstück 3My Favorite Things von Richard Rodgers


Impulse

Impuls 1Er hat den Telefonhörer aufge-legt. So lange hatte er nichts mehr von ihm gehört. Es muss mindestens 15 Jahre her sein, als sie sich das letzte Mal unterhalten haben. Aber jetzt war er dran, am Telefon, sein alter Schulfreund. Neun Jahre nebeneinander die Schulbank ge-drückt. Das prägt. So vieles gemeinsam erlebt bis zum Abi ’75. Waren das Zeiten!

Sie haben vereinbart, dass sie sich nächste Woche treffen. Er ist jetzt wieder in die Nähe gezogen, nur 30 Kilometer von hier. Er ist schon gespannt, ob er ihn auf Anhieb noch erkennen wird.

Er fährt zu ihm mit dem Auto. Die Adresse hat er ins Navi ein-gegeben. Er fährt so, wie es ihm angesagt wird. Er hatte erzählt, dass er in dem neuen Wohngebiet am Waldrand wohnt. Er fährt. Die Teerstraße wird schmaler. Jetzt geht der Teer aus, Waldweg. Beharrlich sagt die metallene Stimme aus dem Navi »in 100 Me-tern rechts ab«. Er hält an. Das kann nicht stimmen. Dort ist nur Wald. Kein Wohngebiet, kein Haus weit und breit. Er schaltet sein Navi aus und kehrt um.

Nun fährt er nach Bauchgefühl. Der vereinbarte Zeitpunkt ist schon seit einer halben Stunde um. Da kommen Häuser. Ein Mann steht am Straßenrand und winkt. Er hält an, steigt aus, traut seinen Augen nicht: »Bist du’s?« – »Klar, wer sonst!« Die beiden alten Freunde lachen und staunen. Sie umarmen sich. »Jetzt komm erst mal rein.«


AufrufKehr um, und glaub an das Evangelium.Kehr um, und glaub an die Frohe Botschaft.Kehr um, und glaub daran, dass sich Menschen begegnen kön-nen,so richtig begegnen – mit Bauchgefühl – und Herz,alte Freunde oder Menschen, um dich herum,ohne Umkehr geht da nichts.

Musikstück 4kurzes Anspiel aus Musikstück 4ruhiges / meditatives Musikstück:Naima von John Coltrane

Impuls 2Vor einigen Jahren sagte mir ein junges Paar: »Wir wollen keine Kinder! Wir finden es unverantwortlich, Kinder in diese Welt zu setzen. Es ist doch nur noch eine Frage der Zeit, bis die ganzen Umweltschäden unsere Natur vollends zugrunde richten. Wel-che Zukunft haben da Kinder? Außerdem können wir uns das hier (in München) gar nicht leisten. Unsere kleine Wohnung ist eh schon so teuer. Da ist kein Platz für ein Kinderzimmer.«

Das ist jetzt elf Jahre her. Das junge Paar von damals ist jetzt um die 40. Ihre gemeinsame Tochter ist drei. Sie sind glücklich miteinander.

»Wir haben uns das damals nicht zugetraut mit einem Kind«, sagen sie, »haben umweltpolitische und finanzielle Gründe vorge-schoben. Sind ja auch nicht unerheblich. Aber irgendwann hat es Klick gemacht. Wir haben mit unseren vorgeschobenen Argumen-ten aufgeräumt, haben eine Kehrtwende gemacht, irgendwie so. Vertrauen ist uns da ganz wichtig. Das hatten wir vorher irgend-wie nicht so.«


AufrufKlick gemacht – Kehrtwende – Vertrauen ist uns wichtig.Kehrt um, und glaubt an das Evangelium.Kehrt um, und vertraut der Frohen Botschaft.Kehrt um, und vertraut dem Leben.Kehrt um, und vertraut dem Licht, das Menschen berührt.

Musikstück 4kurzes Anspiel aus Musikstück 4, s. o.

Impuls 3Und nun eine dritte und letzte Umkehrgeschichte: eine gedank-liche Umkehr, vielleicht die entscheidendste Umkehr:

Tomáš Halík ist Psychotherapeut, Priester, Religionsphilo-soph und Professor an der Karls-Universität in Prag. Sommer-semester: Er ist froh, dass er die Vorlesungsreihe gut zum Ab-schluss bringen konnte. Prüfungen vorbei – Studenten zufrie-den – er auch.

Er genießt den Abend in der Nähe der Prager Karlsbrücke. Da kommt ein junger Mann auf ihn zu. Er kennt ihn von der Uni. Der Student fragt ihn: »Darf ich Sie um einen Rat bitten?« Er setzt sich zu ihm.

Nach einer Weile und nur zögerlich spricht er sein Problem aus: »Was mich seit einigen Jahren beschäftigt, und wozu ich mich nicht entschließen kann, ist: Soll ich an Gott glauben oder nicht? Und wenn ich mich doch entschließen sollte, an ihn zu glauben, tue ich es dann in ausreichendem Maße?«

Die beiden tauschen sich aus, wägen Argumente ab. Mal stimmt der eine zu, mal lehnt der andere ab. Sie diskutieren aus-giebig und lange.

Es ist spät geworden. Professor Halík ist zwischenzeitlich etwas ermüdet. Er bringt aber die lange Diskussion nun auf


den Punkt und sagt dem Studenten: »Weißt du, es ist nicht so schrecklich wichtig, die Gewissheit zu haben, dass du an Gott glaubst. Es ist nicht einmal das Wichtigste, ob du an ihn glaubst. Wesentlich ist, dass Gott an dich glaubt. Für diesen Augenblick wird es wohl genügen, dass du davon weißt, dass Gott an dich glaubt.«

Musikstück 4jetzt gesamtes Musikstück spielen, s. o.

FürbittenNach jeder der fünf Bitten wird eine dicke Kerze angezündet und in der Sandschale abgestellt.

Moonlight prayer – Gebet im Mondschein – Gebet im Licht, von ganz weit weg, vielleicht von Gott. Licht, das dir ganz nahe kom-men kann. Licht, das dich berührt.

Wir beten für Menschen um dieses Licht, dass dieses Licht sie anrührt, berührt, vielleicht auch soweit rührt, dass sie umkeh-ren können.

Es werden immer drei Bitten nacheinander gesprochen, dann folgt die gemeinsame Bitte: Rühr sie an mit deinem Licht.

1. für Menschen, die befreundet sind, für alle, die Freundschaft suchen, für jene, deren Freundschaft zerbrochen ist. Alle: Rühr sie an mit deinem Licht.

2. für Terroristen und Gewalttäter, die vorgeben, im Namen Gottes zu handeln,


für Journalisten und Karikaturisten, die sich im Spannungs-feld befinden von Information, Satire und Verletzung religiö-ser Gefühle,

für alle, die im Mainstream mitschwimmen und sich von Hetze mitreißen lassen.

Alle: Rühr sie an …

3. für Menschen, die niedergeschlagen und traurig sind, für alle, die enttäuscht wurden, für jene, die sich nicht trauen, anderen zu vertrauen. Alle: Rühr sie an …

4. für Menschen, die besorgt sind um die Zukunft der Kirche, für alle, die sich mühen, ihr Leben aus dem Glauben zu gestal-

ten, für jene, die von Religion nichts halten. Alle: Rühr sie an …

5. für Menschen, die ihrem Leben eine neue Richtung geben wollen,

für alle, die mutig umkehren, für jene, die sich in einer Sackgasse festgefahren haben. Alle: Rühr sie an …

Guter Gott, mit diesen Bitten und Anliegen kommen wir zu dir. Mache unser Leben hell, lass uns unsere Wege erkennen und gib uns die Kraft, das Licht, das wir von dir erfahren haben, wei-terzugeben. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. Amen.


VaterunserDie Besucher mit Worten oder einem Zeichen bitten, zum Gebet aufzustehen.

Beten wir, wie uns der Herr zu beten gelehrt hat:

Vater unser im Himmel.Geheiligt werde dein Name.Dein Reich komme.Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.Unser tägliches Brot gib uns heute.Und vergib uns unsere Schuld,wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.Und führe uns nicht in Versuchung,sondern erlöse uns von dem Bösen.Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeitin Ewigkeit. Amen.

SegensgebetGuter Gott,gib uns den Mut umzukehren, wo es not-wendig ist, wo es Not wenden kann, wo Vertrauen und Freude wachsen kann.Komm uns mit deinem Licht entgegen, mache unser Leben hell, und lass uns dein Licht weitergeben.So segne uns der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.

Den Besuchern ein Zeichen geben, dass sie sich wieder setzen können.

Musikstück 5Blue Train von John Coltrane

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