576
Müsch Berufskrankheiten

Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

MüschBerufskrankheiten

Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1

Page 2: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 2

Page 3: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Berufskrankheiten

Ein medizinisch-juristisches Nachschlagewerk

Von

MedDir. Dr. F. H. Müsch, Bonn

Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 2

Page 4: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Anschrift des Autors:

MedDir Dr. Franz H. M�schPostfach 41067350866 Kç[email protected]

Zum Titelbild: „Linksverschiebung“ beiBerufskrankheitenAn Hand des Lumbalsyndroms durch Er-sch�tterungen bei Erdbaumaschinenfah-rern (EMF) veranschaulicht das abgebildeteDiagramm ein allgemeing�ltiges Prinzipbei Berufskrankheiten: Im Vergleich (VK)zum Verlauf einer Grunderkrankung ohnezus�tzliche berufliche Belastung wird dasAuftreten von Symptomen (Stadium-0-I-II) einer Berufskrankheit als „fr�her,h�ufiger und ausgepr�gter“ dokumentiert.Die im Altersvergleich erkennbare Vorver-lagerung der Befunde bei Berufskrankhei-ten ist als sog. „Linksverschiebung“ imDiagramm hervorgehoben (M�sch, 1989,1990 und 1991; BK-Nr. 21 10).

Die in diesem Buch erfolgte Wiedergabe von amtlichen Texten erfolgt vorbehaltlich derRechtsg�ltigkeit der offiziellen Verçffentlichungen im Bundesgesetzblatt oder Bundesar-beitsblatt.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 4

Page 5: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 5

Vorwort

„Den Mitgliedstaaten wird…empfohlen,…die aktive Beteiligung der einzelstaatlichen Ge-sundheitssysteme an der Pr�vention von Berufskrankheiten zu fçrdern, insbesondere durcheine st�rkere Sensibilisierung des medizinischen Personals, um die Kenntnisse �berdiese Krankheiten und ihre Diagnose zu verbessern.“(Kommission der Europ�ischen Gemeinschaften, 2003)

Im Zusammenhang mit dem Begriff „Berufskrankheiten" darf ein Hinweis auf die f�r Ar-beitsmediziner im Nachkriegsdeutschland legend�re Knipping-Schule (Universit�t zu Kçln)nicht fehlen (Valentin, 1965; Valentin und Lehnert, 1985; Zerlett, 1994). Der Name Knip-ping steht heute noch f�r epochale wissenschaftliche Leistungen im Bereich der Herz-Kreislauf- und Lungenfunktionsdiagnostik (Spiroergometrie, Hollmann et al., im Druck).

Viele renommierte Arbeitsmediziner (und auch Sportmediziner) haben ihre wissen-schaftliche Laufbahn in der „Knipping’schen Klinik“ begonnen und die Berufskrankheiten-lehre maßgeblich beeinflusst:

Erw�hnt seien zuerst meine Lehrer Bolt (Universit�t zu Kçln) sowie Heinen, Toussaintund Zerlett (Rheinbraun Kçln).

Bezogen auf die systematische Entwicklung der Berufskrankheitenlehre auf nationalerund europ�ischer Ebene steht Valentin (Universit�t Erlangen-N�rnberg) ein Ehrenplatz zu.

Auf Betreiben von Lehnert werden seit 1995 f�r neu zu bezeichnende Berufskrankhei-ten zun�chst wissenschaftliche Begr�ndungen verçffentlicht, bevor sie Bestandteil der Be-rufskrankheiten-Verordnung (BKV) werden kçnnen.

Seit 1991 liegt die Beratung der Bundesregierung bei der Fortentwicklung der medizi-nischen Grundlagen des Berufskrankheitenrechts an verantwortlicher Stelle in den H�ndenvon Woitowitz (Universit�t Gießen).

Die Tradition dieser Knipping-Sch�ler (auch der namentlich nicht aufgef�hrten und in-zwischen auch der „Enkel“), als Kliniker die Berufskrankheitenlehre maßgeblich gestaltetzu haben, soll im vorliegenden Band fortgef�hrt werden. W�hrend wissenschaftliche Be-gr�ndungen und Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten als Widerspiegelung deren Leistun-gen vorgestellt werden, wird zus�tzlich eine neue Sichtweise eingef�hrt, bei der – geordnetnach medizinischen Fachgebieten – die klinische Befundkonstellation den Weg zu den mel-depflichtigen Berufskrankheiten aufzeigt.

„In der Natur der Sache“ liegt es dar�ber hinaus, dass sozialmedizinische und juristischeHintergr�nde – aufgearbeitet in Orientierung am Originaltext des Sozialgesetzbuchs undder entsprechenden Verordnungen – die medizinischen Kapitel erg�nzen.

In den Jahren 2002/2003 wurde eine ressorttechnische Verlagerung der Zust�ndigkeitf�r dieses Regelwerk einschließlich der Berufskrankheiten-Verordnung zum Bundesministe-rium f�r Gesundheit und Sozialordnung (BMGS) vollzogen. Damit erçffnet sich die Perspek-tive, dass zum Wohle der Patienten Berufskrankheiten in Klinik und Praxis vermehrt Beach-tung finden werden und dass �ber die Krankheitskostendiskussion das çffentliche Interessean Pr�vention und Kompensation durch die zust�ndigen Versicherungstr�ger steigen wird.

Page 6: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 6

Dass die Forderung nach Engagement des medizinischen Fachpersonals im Gesundheits-bereich bei Berufskrankheitenangelegenheiten nicht unberechtigt erscheint, wird durchdas oben abgedruckte Zitat aus Artikel 1 der „Empfehlung der Kommission vom 19. Septem-ber 2003 �ber die Europ�ische Liste der Berufskrankheiten“ unterstrichen.

Bisher war das Wissen �ber Berufskrankheiten in Deutschland vorwiegend pr�ventiv ori-entierten Fachkreisen vorbehalten, denn die f�r die gesetzlichen Krankenversicherungen t�-tige �rzteschaft ist bei Fragen zu den Berufskrankheiten in der t�glichen Praxis weitgehendauf sich allein gestellt: F�r das Gebiet „Arbeitsmedizin“ fehlt eine Kassenzulassung und somitdie Mçglichkeit einer Facharzt�berweisung, sodass im Bereich der gesetzlichen Krankenkas-sen auf diesem Wege eine konsiliarische Beratung zu Berufskrankheiten nicht vorgesehen ist.

Andererseits besteht �ber die gesetzliche Unfallversicherung einschließlich der Berufs-krankheitenverordnung eine mehrfache Einbeziehung der �rzteschaft in das Berufskrank-heitenverfahren in Form der Melde- und Auskunftspflicht, als Betroffene (Berufskrankheitenim Gesundheitsbereich) und als Arbeitgeber (Normadressat f�r alle staatlichen Pr�ventions-regelungen), aber auch bei der Behandlung und Begutachtung der Versicherten. Vor diesemHintergrund wird nachvollziehbar, dass die �rzteschaft verpflichtet ist, vermehrt Kom-petenzen in der Berufskrankheitenlehre zu erwerben

Wenn dar�ber hinaus ber�cksichtigt wird, dass sich die Sozialleistungen bei Berufs-krankheiten im Sinne einer „lex specialis“ entlastend auf die von den Krankenkassen getra-genen Praxis- und Krankenhausbudgets auswirken, sollte das �rzte auch aus betriebswirt-schaftlichen Gr�nden interessieren.

Eine „offensive Handhabung“ der Berufskrankheitenanzeigepflicht zur Reduzierung derDunkelziffer ungemeldeter Berufskrankheiten erçffnet weitere gesamtwirtschaftliche Aspek-te: Ausgehend vom Einzelfall kçnnen Pr�ventionsmaßnahmen entwickelt werden, welchedazu beitragen, die Kosten f�r unser Gesundheitswesen durch Beeinflussung der Arbeits-,Berufsunf�higkeits- und Rentenstatistik zu senken.

W�hrend im klinischen Alltag die Finalit�t das Handeln der �rzte leitet, vermittelt dieBerufskrankheitenlehre den Blick auf Kausalit�tsfragen, die auch in der Umweltmedizin ge-stellt werden. Die Erkenntnisse �ber exogene Ursachenanteile bei Erkrankungen, die amBeispiel der Berufskrankheiten vorgestellt werden, sollen nicht nur als Erg�nzung zur Um-weltmedizin verstanden werden, sondern kçnnen auch die Einsicht in die Notwendigkeitund den Nutzen interdisziplin�r verstandener Pr�ventivmedizin vermitteln.

Der Wissenschaftlichen Verlagsgesellschaft (WVG) kommt der Verdienst zu, nebender von den Versicherungstr�gern gepr�gten Berufskrankheitenliteratur mit diesem Buchim Sinne der Empfehlung der Europ�ischen Kommission insbesondere mit Blick auf das Ge-sundheitswesen (Klinik und Praxis) eine Orientierungshilfe zur Begr�ndung des Verdachtsauf das Vorliegen einer Berufskrankheit anzubieten. Die dar�ber hinaus sich ableitende ge-samtgesellschaftliche Bedeutung eines grçßeren çffentlichen Bewusstseins �ber Fragen zuBerufskrankheiten ergibt sich nicht nur aus der Tatsache, dass es sich um meldpflichtigeund entsch�digungspflichtige, sondern vor allem auch um vermeidbare, d. h. nicht schick-salhaft auftretende Erkrankungen handelt.

Kçln, im Herbst 2005Franz H. M�sch

VI Vorwort

Page 7: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Inhaltsverzeichnis

VORWORT V

A EINF�HRUNG 1

B SOZIALGESETZBUCH (SGB) 31 Inhalt des Sozialgesetzbuchs 32 Aufgaben des Sozialgesetzbuchs 33 Aufsicht �ber die Versicherungstr�ger 44 Leistungen der Krankenversicherungen 55 Ermittlungsverfahrensvorschrift 5

C GESETZLICHE UNFALLVERSICHERUNG (SGB VII) 61 Aufgaben, versicherter Personenkreis, Versicherungsfall 7

1.1 Aufgaben der Unfallversicherung 71.2 Versicherter Personenkreis 71.3 Versicherungsfall 71.3.1 Begriff 71.3.1.1 Berufskrankheit 71.3.2 Versicherungsfall einer Leibesfrucht 10

2 Pr�vention 112.1 Grundsatz der Berufskrankheiten – Pr�vention 112.2 �berwachung der Maßnahmen 112.3 Verh�ltnis- und Verhaltenspr�vention 112.4 Unfallverh�tungsbericht der Bundesregierung 12

3 Leistungen nach Eintritt eines Versicherungsfalls 123.1 Heilbehandlung, Rehabilitation und Pflege 123.2 Renten an Versicherte und Leistungen an Hinterbliebene 13

4 Haftung von Unternehmern, Unternehmensangehçrigenund anderen Personen 144.1 Beschr�nkung der Haftung 14

5 Organisation 145.1 Unfallversicherungstr�ger 14

6 Aufbringung der Mittel 146.1 Beitragsrecht 14

7 Zusammenarbeit der Unfallversicherungstr�ger mit anderenLeistungstr�gern und ihre Beziehungen zu Dritten 157.1 Auskunftspflicht der Krankenkassen 157.2 Berufskrankheiten – Anzeigepflicht der Unternehmer 15

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 7

Page 8: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

8 Datenschutz 168.1 Gutachtenauftrag und -zweck 168.2 �rztliche Berufskrankheiten-Anzeigepflicht 178.3 �rztliche Auskunftspflicht 188.4 Forschung zur Bek�mpfung von Berufskrankheiten 18

D BERUFSKRANKHEITEN-VERORDNUNG (BKV) 191 Verf�gender Teil der Berufskrankheiten-Verordnung 192 Anlage der BKV (Berufskrankheitenliste) 23

E UNFALLVERSICHERUNGS – ANZEIGEVERORDNUNG (UVAV) 291 Verf�gender Teil der [Berufskrankheiten- und/d. V.] Unfallver-

sicherungs – Anzeigeverordnung 292 Anlagen 3 und 4 der UVAV (Berufskrankheiten – Anzeigenformulare) 32

F BERUFSKRANKHEITEN NACH FACHGEBIETEN (B�K –Enumeration) 361 Allgemeinmedizin 364 Arbeitsmedizin 365 Augenheilkunde 379 Frauenheilkunde 3710 Hals-Nasen-Ohrenheilkunde 3811 Haut- und Geschlechtskrankheiten 3915 Innere Medizin 40

15.C.1 Angiologie 4115.C.2 Endokrinologie 4115.C.3 Gastroenterologie 4215.C.4 H�matologie 4315.C.5 Kardiologie 4415.C.6 Nephrologie 4415.C.7 Pneumologie 45

17 Kinderheilkunde/Neonatologie 4721 Mikrobiologie/Infektionsepidemiologie 4722 Mund- Kiefer- Gesichtschirurgie 4725 Neurologie 4828 �ffentliches Gesundheitswesen 4929 Orthop�die 4930 Pathologie 5031 Toxikologie 5132 Phoniatrie 5136 Psychiatrie 5141 Urologie 52100 Zahnheilkunde 52

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 8

VIII Inhaltsverzeichnis

Page 9: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

G MERKBL�TTER ZU DEN BERUFSKRANKHEITEN (BKV – Enumeration) 541 Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 5411 Metalle und Metalloide 541101 Erkrankungen durch Blei 551102 Erkrankungen durch Quecksilber 591103 Erkrankungen durch Chrom 621104 Erkrankungen durch Cadmium 661105 Erkrankungen durch Mangan 681106 Erkrankungen durch Thallium 701107 Erkrankungen durch Vanadium 721108 Erkrankungen durch Arsen 741109 Erkrankungen durch Phosphor (anorganisch) 771110 Erkrankungen durch Beryllium 8112 Erstickungsgase 841201 Erkrankungen durch Kohlenmonoxid 851202 Erkrankungen durch Schwefelwasserstoff 8813 Lçsemittel, Sch�dlingsbek�mpfungsmittel (Pestizide)

und sonstige chemische Stoffe 901301 Schleimhautver�nderungen, Krebs oder andere Neubildungen

der Harnwege durch aromatische Amine 911302 Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe 931303 Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder durch Styrol 1011304 Erkrankungen durch Nitro- oder Aminoverbindungen des Benzols 1061305 Erkrankungen durch Schwefelkohlenstoff 1081306 Erkrankungen durch Methanol (Methylalkohol) 1101307 Erkrankungen durch organische Phosphorverbindungen 1131308 Erkrankungen durch Fluor 1171309 Erkrankungen durch Salpeters�ureester 1201310 Erkrankungen durch halogenierte Alkyl-, Aryl-, oder Alkylaryl-

oxide 1221311 Erkrankungen durch halogenierte Alkyl-, Aryl-, oder Alkylaryl-

sulfide 1261312 Erkrankungen der Z�hne durch S�uren 1281313 Hornhautsch�digungen des Auges durch Benzochinon 1311314 Erkrankungen durch para-terti�r-Butylphenol 1331315 Erkrankungen durch Isocyanate 1361316 Erkrankungen der Leber durch Dimethylformamid 1431317 Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische

Lçsungsmittel 1462 Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 15121 Mechanische Einwirkungen 151

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 9

Inhaltsverzeichnis IX

Page 10: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

2101 Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebessowie der Sehnen- oder Muskelans�tze 152

2102 Meniskussch�den 1542103 Erkrankungen durch Ersch�tterung bei Arbeit mit Druckluftwerk-

zeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen 1562104 Vibrationsbedingte Durchblutungsstçrungen an den H�nden 1622105 Chronische Erkrankungen der Schleimbeutel durch st�ndigen

Druck 1652106 Drucksch�digung der Nerven 1662107 Abrißbr�che der Wirbelforts�tze 1732108 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbels�ule

durch langj�hriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oderdurch langj�hrige T�tigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung 175

2109 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbels�ule durchlangj�hriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter 185

2110 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbels�uledurch langj�hrige, vorwiegend vertikale Einwirkung von Ganz-kçrperschwingungen im Sitzen 191

2111 Erhçhte Zahnabrasionen durch mehrj�hrige quarzstaubbelastendeT�tigkeit 203

22 Druckluft 2062201 Erkrankungen durch Arbeit in Druckluft 20723 L�rm 2092301 L�rmschwerhçrigkeit 21024 Strahlen 2142401 Grauer Star durch W�rmestrahlung 2152402 Erkrankungen durch ionisierende Strahlen 2173 Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten

sowie Tropenkrankheiten 2243101 Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheits-

dienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium t�tig… war 225

3102 Von Tieren auf Menschen �bertragbare Krankheiten 2343103 Wurmkrankheiten der Bergleute, verursacht durch Ankylostoma

duodenale oder Strongyloides stercoralis 2523104 Tropenkrankheiten, Fleckfieber 2544 Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und

Bauchfells 27641 Erkrankungen durch anorganische St�ube 2764101 Quarzstaublungenerkrankung (Silikose) 2774102 Quarzstaublungenerkrankung in Verbindung mit aktiver Lungen-

tuberkolose (Siliko-Tuberkolose) 284

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 10

X Inhaltsverzeichnis

Page 11: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

4103 Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) oder durchAsbeststaub verursachte Erkrankung der Pleura 287

4104 Lungenkrebs oder Kehlkopfkrebs 294– in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) 294– in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung

der Pleura 294oder– bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbestfaser-

staub-Dosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren{25 x 106 [(Fasern/m3) x Jahre]} 294

4105 Durch Asbest verursachtes Mesotheliom des Rippenfells, desBauchfells oder des Pericards 303

4106 Erkrankungen der tieferen Atemwege und der Lungen durchAluminium 306

4107 Erkrankungen an Lungenfibrose durch Metallst�ube 3084108 Erkrankungen der tieferen Atemwege und der Lungen durch

Thomasmehl (Thomasphosphat) 3124109 Bçsartige Neubildungen der Atemwege und der Lungen durch

Nickel 3134110 Bçsartige Neubildungen der Atemwege und der Lungen durch

Kokereirohgase 3174111 Chronische obstruktive Bronchitis oder Emphysem von Bergleuten

unter Tage im Steinkohlebergbau bei Nachweis der Einwirkungeiner kumulativen Dosis von in der Regel 100 Feinstaubjahren[(mg/m3) x Jahre] 321

4112 Lungenkrebs durch die Einwirkung von kristallinem Silizium-dioxid (SiO2) bei nachgewiesener Quarzstaublungenerkrankung(Silikose oder Siliko-Tuberkulose) 325

42 Erkrankungen durch organische St�ube 3294201 Exogen-allergische Alveolitis 3304202 Erkrankungen der tieferen Atemwege und der Lungen durch

Rohbaumwoll-, Rohflachs- oder Rohhanfstaub (Byssinose) 3344203 Adenokarzinome der Nasenhaupt- und Nasennebenhçhlen durch

St�ube von Eichen- oder Buchenholz 33743 Obstruktive Atemwegserkrankungen 3394301 Durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegs-

erkrankungen (einschließlich Rhinopathie) 3404302 Durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte

obstruktive Atemwegserkrankungen 3455 Hautkrankheiten 3495101 Schwere oder wiederholt r�ckf�llige Hauterkrankungen 350

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 11

Inhaltsverzeichnis XI

Page 12: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

5102 Hautkrebs oder zur Krebsbildung neigende Hautver�nderungendurch Ruß, Rohparaffin, Teer, Anthrazen, Pech 359

6 Krankheiten sonstiger Ursache 3616101 Augenzittern der Bergleute 362

H WISSENSCHAFTLICHE BEGR�NDUNGEN ZU DEN BERUFSKRANK-HEITEN (BKV – Enumeration) 364

1 Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 36513 Lçsemittel, Sch�dlingsbek�mpfungsmittel (Pestizide) und

sonstige chemische Stoffe 36513 16 Erkrankungen der Leber durch Dimethylformamid 36613 17 Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lçsungs-

mittel 3722 Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 38921 Mechanische Einwirkungen 38921 06 Drucksch�digung der Nerven 3904 Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und

Bauchfells 40541 Erkrankungen durch anorganische St�ube 40541 04 Kehlkopfkrebs 406

– in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose), 406– in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung

der Pleura oder 406– bei Nachweis einer Einwirkung einer kumulativen Asbestfaser-

staub-Dosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren{25 x 10 6 [(Fasern/m�) x Jahre]} 406

41 11 Chronisch obstruktive Bronchitis oder Emphysem von Bergleutenunter Tage im Steinkohlenbergbau bei Nachweis der Einwirkungeiner kumulativen Feinstaubdosis von in der Regel 100 Feinstaub-jahren [(mg/m�) x Jahre] 416

41 12 Lungenkrebs durch die Einwirkung von kristallinem Silizium-dioxid (SiO2) bei nachgewiesener Quarzstaublungenerkrankung(Silikose oder Siliko-Tuberkulose) 437

I WISSENSCHAFTLICHE BEGR�NDUNGEN ZU DEN BERUFSKRANK-HEITEN NACH § 9 ABSATZ 2 SGB VII („Quasi“-Berufskrankheiten) 503

1 Lungenkrebs durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe 5042 (Karpaltunnelsyndrom durch mechanische Belastung) 5283 (Gonarthrose durch mechanische Belastung) 5294 (Nasenkrebs durch Lederstaub) 5305 (Schweißerlungenfibrose) 531

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 12

XII Inhaltsverzeichnis

Page 13: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

J ABK�RZUNGSVERZEICHNIS 532

K LITERATUR 534

L ANHANG 5431 Versicherter Personenkreis (§ 2 SGB VII) 5442 Gewerbliche Berufsgenossenschaften

(Anlage 1 zu § 114 (1) SGB VII) 5473 Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften

(Anlage 2 zu § 114 (1) SGB VII) 5494 Arztdaten f�r die Berufskrankheitenforschung (§ 206 SGB VII) 5505 Landesbehçrden f�r den medizinischen Arbeitsschutz

(Gewerbe�rzte) 551

STICHWORTVERZEICHNIS 554

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 13

Inhaltsverzeichnis XIII

Page 14: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 14

Page 15: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

AEinf�hrung

„Es gibt viele Berufe, die mit mancherlei Gesundheitsgefahrenverbunden sind. Darum ist es besonders wichtig, von vornhereinjeden Kranken nach seinem Beruf zu fragen.“

(HIPPOKRATES von Kos, zit. n. Valentin, 1971)

In Deutschland gelten Berufskrankheiten im Sinne einer „lex specialis“ als Versicherungs-fall der gesetzlichen Unfallversicherung. Das Wort „Berufskrankheit“ kann demnach nichtim herkçmmlichen Sinne verwendet werden, da es sich dabei um einen Rechtsbegriff han-delt. Das Recht sieht vor, dass diese Krankheiten aufgrund ihrer kausalen Beziehungen zumArbeitsplatz nicht von den final ausgerichteten gesetzlichen Kranken-, Renten-, Rehabilita-tions- und Pflegeversicherungen erfasst werden.

Die Besonderheit besteht darin, dass die Anerkennung einer Krankheit als Berufskrank-heit bei Versicherten einer doppelten Kausalit�t gerecht werden muss:

Haftungsbegr�ndende Kausalit�t: Beziehung zwischen „versicherter T�tigkeit“ und„besonderen Einwirkungen“ (- im Vergleich zur „�brigen Bevçlkerung“).

Haftungsausf�llende Kausalit�t: Generelle Geeignetheit der „besonderen Einwirkun-gen“, das klinisch gesicherte Krankheitsbild zu verursachen.

An die Befolgung des Kausalit�tsprinzips bei der Bezeichnung einer Berufskrankheitstellt der Gesetzgeber hohe Anforderungen, deren Erf�llung – z. B. bei „Volkskrankheiten“ –interdisziplin�re wissenschaftliche Anstrengungen erforderlich macht. Dar�ber hinaus f�h-ren naturphilosophische Betrachtungen �ber „Moderne Physik und Grundfragen der Medi-zin“ (Schmahl und Weizs�cker, von, 2000) zu einem �berdenken des Kausalit�tsbegriffs.Schon Kant und Wittgenstein „…haben gezeigt, dass die Ursachenbeziehung …ein Produktmenschlichen Weltverst�ndnisses ist“ (Stevens und Foerster, 2003). W�hrend dem Men-schen Erkenntnisse �ber Verursachungsprinzipien im Mikro- und Makrokosmos dimensions-bedingt nur indirekt zug�nglich bleiben, kann man f�r den Bereich des Mesokosmos den„Schlussfolgerungen f�r die klinische und praktische Medizin und f�r das Versicherungs-wesen“ von Mertz (2003) zustimmen: „Die sich aus der Sicht der modernen Atomphysik ab-leitende Sichtkorrektur unseres Weltbildes darf nicht zu einer Abkehr von den Prinzipien der[Hoch-/d. V.] Schulmedizin missbraucht werden. Das Fundament der wissenschaftlichen Me-dizin ruht auf den f�r terristische Kategorien von Raum, Zeit und Kausalit�t geltenden Re-geln…“ Einen allgemeing�ltig erscheinenden Kausalit�tsbegriff liefert Williamson, indemer schlicht formuliert „…, dass eine Ursache dasjenige Ereignis ist, welches bei seinem Ein-tritt die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmtes anderes Ereignis danach eintritt, er-hçht…Die Ursache tritt als Pr�diktor auf…“ (Stevens und Foerster, 2003).

„F�r den Verordnungsgeber muß die Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen einer be-stimmten sch�digenden Einwirkung und einer bestimmten Krankheit feststehen. Dies folgtdaraus, dass der Ursachenzusammenhang von der medizinischen Wissenschaft als gesichertangesehen werden muß in dem Sinne, dass die angeschuldigte Noxe…generell geeignet

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 15

Page 16: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

sein muß, die Krankheit zu verursachen. F�r die Einzelfallentscheidung des Unfallversiche-rungsrechts hingegen gilt eine eigens f�r diesen Versicherungszweig entwickelte Theorieder „wesentlichen Ursache.“ (Thomas, 1991). Danach ist neben einer Ursachenbeziehungim naturwissenschaftlichen Sinne („conditio sine qua non“) zus�tzlich ein normativ-wer-tender Zusammenhang (Ursachenbewertung) im Sinne einer Risikozuweisung zur Unterneh-mersph�re erforderlich (Goeke, 2003).

Die rechtsphilosophische Sonderstellung der Berufskrankheiten und die historisch ge-wachsene Gleichbehandlung von Berufskrankheiten mit Berufsunf�llen in einem Gesetzes-werk haben zur Folge, dass insbesondere die verfahrenstechnische Handhabung dieserKrankheiten �berwiegend pr�ventiv ausgerichteten Fachkreisen vorbehalten bleibt. Die Er-krankten werden dabei als „Versicherte“, oder in anderen Regelwerken auch als „Mitarbei-ter“ gef�hrt.

Andererseits wird im Rahmen einer Behandlung von (Berufs-)Krankheiten in Klinik undPraxis „der Satz ‚das �rztliche versteht sich immer von selbst‘…“ (Weizs�cker, von, 1992)der Situation nicht hinreichend gerecht, weil außerhalb des persçnlichen Arzt-Patienten-Verh�ltnis liegende formale Konsequenzen zu ber�cksichtigen sind:

Die Forderung von Hippokrates aufgreifend, jeden Patienten nach seinem Beruf zu fra-gen (Arbeitsanamnese), verbindet der Gesetzgeber mit der �rztlichen Anzeigepflicht beibegr�ndetem Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit.

Diese und andere f�r die �rztliche Praxis wichtigen Auflagen aus der gesetzlichen Unfall-versicherung als Siebten Buch (SGB VII) sowie Erg�nzungen aus weiteren B�chern des Sozi-algesetzbuchs (SGB) sind Hauptbestandteil der Kapitel B und C.

Eine Br�cke zwischen juristischen und medizinischen Sachverhalten schl�gt die Berufs-krankheitenverordnung (BKV) einschließlich der als Anhang dazugehçrigen sog. Berufs-krankheitenliste (Kapitel D).

Die [Berufskrankheiten- und/d. V.] Unfallversicherungs-Anzeigeverordnung (UVAV) be-inhaltet lediglich Formalit�ten einschließlich der zu verwendenden Berufskrankheiten-An-zeigeformulare (Kapitel E).

Zur Orientierung zwischen klinischen Befundkonstellationen und infrage kommendenmeldepflichtigen Berufskrankheiten werden in Kapitel F Berufskrankheitsbilder nach Fach-gebieten der �rztlichen Weiterbildungsordnung aufgelistet.

Wissenschaftliche Begr�ndungen und Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten sind in derFassung ihrer amtlichen Bekanntmachung dokumentiert (Kapitel G, H und I).

Kapitel L beinhaltet den Wortlaut von SGB VII – Paragraphen bzw. deren Anh�nge �berversicherte Personen, Forschung und Berufsgenossenschaften sowie die Anschriften der ge-werbe�rztlichen Landesdienststellen.

Auf die selbst in Fachkreisenweitgehendunbekannte Berufskrankheitenliste der Europ�i-schen Union (EU) wird nur indirekt eingegangen: Sie hat den sozialpolitisch unverbindlichenCharakter einer Empfehlung und spricht als „Normadressaten“ lediglich die Regierungen derMitgliedsstaaten an (Kommission der EG, 2003). Gleich gelagert ist die Situation bei der Be-rufskrankheitenliste des Internationalen Arbeitsamtes (IAA, 2001), die nach einer Umfragebei den Mitgliedsl�ndern im Dezember 2005 in Genf neu zusammengestellt werden soll.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 16

2 Einf�hrung

Page 17: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

BSozialgesetzbuch (SGB)

Der vom Staat zu erf�llende soziale Auftrag und damit auch das Sozialrecht leiten sich imSinne einer verfassungsrechtlichen Grundlage vom dem im Grundgesetz verankerten Sozial-staatsprinzip ab (Schulin, 2002). Die sozialen Rechte sind im Sozialgesetzbuch (SGB) nor-miert, auf Sozialleistungen besteht ein Rechtsanspruch (Andr�, 2000).

Laut Schulin (2002) war f�r den Gesamtaufbau des SGB in einer wesentlichen Hinsichtdas B�rgerliche Gesetzbuch (BGB) Vorbild: „Entsprechend dem 1. Buch des BGB zieht auchdas Buch 1 des SGB … diejenigen Bestimmungen „vor die Klammer“ der folgenden B�cher,die f�r alle Sozialleistungsbereiche einheitlich gelten, also „allgemeine“ Bestimmungendarstellen.“ Ferner „…enth�lt das SGB mit Buch IV…noch einen „kleinen“ Allgemeinen Teil(in der �berschrift ist von „Gemeinsamen Vorschriften“ die Rede) der ausschließlich f�r dieSozialversicherung Anwendung findet, also zun�chst f�r die Kranken-, Unfall-, Renten- undPflegeversicherung.“

1 Inhalt des Sozialgesetzbuchs

SGB I Allgemeiner TeilSGB II (nicht belegt)SGB III ArbeitsfçrderungSGB IV Gemeinsame Vorschriften f�r die SozialversicherungSGB V Gesetzliche KrankenversicherungSGB VI Gesetzliche RentenversicherungSGB VII Gesetzliche Unfallversicherung

[Gesetzliche Berufskrankheiten- und Unfallversicherung/d. V.]SGB VIII Kinder- und JugendhilfeSGB IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter MenschenSGB X Sozialverwaltungsverfahren und SozialdatenschutzSGB XI Soziale Pflegeversicherung

2 Aufgaben des Sozialgesetzbuchs

Im SGB I „Allgemeiner Teil“ sind die Aufgaben des Sozialgesetzbuchs dargelegt:

§ 1 Aufgaben des Sozialgesetzbuchs. (Auszug)

(1) Das Recht des Sozialgesetzbuchs soll zur Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit

und sozialer Sicherheit Sozialleistungen einschließlich sozialer und erzieherischer Hil-fen gestalten. Es soll dazu beitragen,

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 17

Page 18: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

ein menschenw�rdiges Dasein zu sichern,gleiche Voraussetzungen f�r die freie Entfaltung der Persçnlichkeit, insbesondereauch f�r junge Menschen, zu schaffen,die Familie zu sch�tzen und zu fçrdern,den Erwerb des Lebensunterhalts durch eine frei gew�hlte T�tigkeit zu ermçgli-chen undbesondere Belastungen des Lebens, auch durch Hilfe zur Selbsthilfe, abzuwendenoder auszugleichen.

3 Aufsicht �ber die Versicherungstr�ger

Im SGB IV „Gemeinsame Vorschriften f�r die Sozialversicherung“ ist festgelegt, dassdie Versicherungstr�ger staatlicher Aufsicht (§ 87) unterliegen:

§ 90 Aufsichtsbehçrden. (Auszug)

(1) Die Aufsicht �ber die Versicherungstr�ger, deren Zust�ndigkeitsbereich sich �berdas Gebiet eines Landes hinaus erstreckt (bundesmittelbare Versicherungstr�ger),f�hrt das Bundesversicherungsamt…

Ferner nehmen auch einzelne Bundesministerien Aufsichtsfunktionen wahr, f�r landes-unmittelbare Versicherungstr�ger sind entsprechende L�nderbehçrden zust�ndig.

W�hrend çffentlich-rechtliche Streitigkeiten im Einzelfall von Sozialgerichten zu ent-scheiden sind, behandeln die staatlichen Aufsichtsbehçrden neben anderen Aufgaben Ver-fahrensangelegenheiten im Sinne einer Rechts- und nicht als Fachaufsicht.

Das Bundesversicherungsamt (BVA) verçffentlicht als selbstst�ndige Bundesoberbehçrdeeinen j�hrlichen T�tigkeitsbericht im Bundesarbeitsblatt mit Themenschwerpunkten wie„Gutachtenqualit�t in der Unfallversicherung“, „Vorschlagsrecht der Gewerbe�rzte im Beruf-krankheitenverfahren“ und „Fusionen von gewerblichen Berufsgenossenschaften“ (Dauben-b�chel, 2000, 2001 und2003).

Die Anschrift dieser Bundesbehçrde lautet:Bundesversicherungsamt (BVA)„Friedrich Ebert“ – Allee 3853113 Bonn

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 18

4 Sozialgesetzbuch

Page 19: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

4 Leistungen der Krankenversicherung

Im SGB V „Gesetzliche Krankenversicherung“ wird in einer „�bersicht �ber die Leistun-gen“ bez�glich Berufskrankheiten auf das SGB VII „Gesetzliche Unfallversicherung“ (Kapi-tel C) verwiesen:

§ 11 Leistungsarten. (Auszug)

(4) Auf Leistungen besteht kein Anspruch, wenn sie als Folge eines Arbeitsunfallsoder einer Berufskrankheit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringensind.

Es entspricht der Logik dieser Regelung, dass Krankenversicherungen bei Krankheiten, dieals Berufskrankheit in den Zust�ndigkeitsbereich eines anderen Kostentr�gers fallen, keineLeistungen erbringen, und dass umgekehrt eine große Dunkelziffer im Berufskrankheiten-bereich wie bei kommunizierenden Rçhren zu einer erheblichen Fehlbelastung auf Seitender nicht zust�ndigen Krankenversicherung f�hrt.

5 Ermittlungsverfahrensvorschrift

Im SGB X „Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz“ wird die Aufkl�rung desSachverhalts geregelt („Amtsermittlungsgrundsatz“):

§ 20 Untersuchungsgrundsatz. (Auszug)

(1) Die Behçrde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art undUmfang der Ermittlungen…

Dieser Grundsatz „…besagt, dass die Behçrde von Amts wegen – d. h. von sich aus – alle Tatsa-chen zu ermitteln hat, die f�r ihre Entscheidung von Bedeutung sind.“ (Haines, 2000).

Literaturhinweis:Sozialgesetzbuch (Beck-Texte, 2002)�bersicht �ber das Sozialrecht (BMGS, 2005)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 19

Leistungen der Krankenversicherung 5

Page 20: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

CGesetzliche Unfallversicherung(SGB VII)

„Mit Wirkung vom 1.1.1997 ist das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung aus der RVO[Reichsversicherungsordnung/d. V.] in das SGB – und zwar in das Buch VII – �berf�hrtworden…Grundlegende �nderungen gegen�ber dem fr�heren Recht der RVO hat das SGBVII nicht gebracht….Der Begriff „Unfallversicherung“ ist insofern zu weit gefasst, als esnur um die Sicherung bei Arbeitsunf�llen (einschließlich der…sog. Wegeunf�lle) und Be-rufskrankheiten geht. Haushalts- und Freizeitunf�lle werden dagegen nicht erfasst…“ (Schu-lin, 2002).

Bei der gesetzlichen Unfallversicherung nach Schulin (2002) handelt es sich um ein Sys-tem der sozialen Vorsorge, bei dem kalkulierbare Risiken einem vorweg geplanten Versiche-rungsschutz unterstellt werden. Ferner stehen die Leistungsanspr�che „…grunds�tzlich un-ter dem verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz. Im �brigen entspricht es einer langenTradition, daß die Sozialversicherung im Wege der sog. Selbstverwaltung (durch die Ver-sicherten und i. d. R. die Arbeitgeber) durchgef�hrt wird.“ (Schulin, 2002). Mitwirkung undMitbeteiligung der Betroffenen in der Selbstverwaltung der Versicherungstr�ger gilt als„Tragendes Prinzip der Sozialversicherung…“ (Lonz, 2000)

Neben dem Recht auf Selbstverwaltung, das den Unfallversicherungstr�gern als Kçrper-schaften des çffentlichen Rechts zur eigenverantwortlichen Erf�llung çffentlicher Aufgabenzusteht, hat dieser Status dar�ber hinaus zur Folge, dass sie unter staatlicher Aufsicht ste-hen.

W�hrend die Unfallversicherung den Versicherungsschutz der Arbeitnehmer gew�hrleis-tet, lçst sie ferner die zivilrechtliche Haftpflicht des Unternehmers ab. „Die Unfallversiche-rung ist insofern eine Haftpflichtversicherung der Unternehmer.“ (Freund und Goeke, 2000):Erkrankte erhalten anstelle eines zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs gegen den Ar-beitgeber einen verschuldensunabh�ngigen Anspruch gegen den Unfallversicherungstr�ger.Die Arbeitgeberhaftpflicht stellt sich als „Randgebiet f�r Zivilrechtler wie f�r Arbeitsrecht-ler“ dar (M�nchener R�ck, 1993).

Die f�r das Verst�ndnis des Berufskrankheitenverfahrens grundlegenden Regelungenwerden – den im SGB VII vorgegebenen Kapiteln folgend – anhand der maßgeblichen Para-graphen gesondert behandelt.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 20

Page 21: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

1 Aufgaben, versicherter Personenkreis,Versicherungsfall

1.1 Aufgaben der Unfallversicherung§ 1 Pr�vention, Rehabilitation, Entsch�digung.

Aufgabe der Unfallversicherung ist es, nach Maßgabe der Vorschriften des Buches1. mit allen geeigneten Mitteln Arbeitsunf�lle oder Berufskrankheiten sowie arbeits-bedingte Gesundheitsgefahren zu verh�ten,2. nach Eintritt von Arbeitsunf�llen oder Berufskrankheiten die Gesundheit und dieLeistungsf�higkeit der Versicherten mit allen geeigneten Mitteln wiederherzustellenund sie oder ihre Hinterbliebenen durch Geldleistungen zu entsch�digen.

1.2 Versicherter PersonenkreisIn § 2 „Versicherung kraft Gesetzes“ (Wortlaut siehe Kapitel L) wird der versicherte Per-sonenkreis geregelt. „Wie in den �brigen Sozialversicherungszweigen sind auch in der Un-fallversicherung in erster Linie die abh�ngig Besch�ftigten…versichert. Hinzu kommenaber noch zahlreiche weitere Personengruppen, die mit dem Arbeitsleben nichts zu tun ha-ben, wie Lebensretter, Blut- und Organspender, Kindergartenkinder, Sch�ler und Studentenu. a. Eine Besonderheit stellt dar, dass sich – anders als in der Krankenversicherung – grund-s�tzlich fast alle Unternehmer freiwillig versichern kçnnen [§ 6 SGB VII/d. V.], soweit sienicht ohnehin bereits pflichtversichert sind.“ (Schulin, 2002).

Obwohl etwa 56 000 000 Personen (ohne Sch�ler) in der Unfallversicherung pflichtver-sichert sind (Freund und Goeke, 2000), stellt Bialas (2003) fest: „Die gesetzliche Unfallver-sicherung ist vielen B�rgern in unserem Lande nicht bekannt.“ Als Begr�ndung sei auf dieBeitragsfreiheit der Besch�ftigten verwiesen (C 6.1).

1.3 Versicherungsfall1.3.1 Begriff

§ 7 Begriff.

(1) Versicherungsf�lle sind Arbeitsunf�lle und Berufskrankheiten.(2) Verbotswidriges Handeln schließt einen Versicherungsfall nicht aus

1.3.1.1 Berufskrankheit§ 9 Berufskrankheit.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsver-

ordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 21

Aufgaben, versicherter Personenkreis, Versicherungsfall 7

Page 22: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begr�ndendenT�tigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird erm�chtigt, in der Rechtsverordnungsolche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen

der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, de-nen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte T�tigkeit in erheblich hçhe-rem Grade als die �brige Bevçlkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daßdie Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch T�tigkeiten in be-stimmten Gef�hrdungsbereichen verursacht worden sind oder wenn sie zur Unterlas-sung aller T�tigkeiten gef�hrt haben, die f�r die Entstehung, die Verschlimmerungoder das Wiederaufleben der Krankheit urs�chlich waren oder sein kçnnen. In derRechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unterneh-men der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der siean Land beurlaubt sind.(2) Die Unfallversicherungstr�ger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsver-ordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vor-liegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeit-punkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaftdie Voraussetzungen f�r eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erf�llt sind.(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versichertenT�tigkeit in erhçhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverord-nung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchenKrankheit und kçnnen Anhaltspunkte f�r eine Verursachung außerhalb der versicher-ten T�tigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicher-ten T�tigkeit verursacht worden ist.(4) Setzt die Anerkennung einer Krankheit als Berufskrankheit die Unterlassung allerT�tigkeiten voraus, die f�r die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederauf-leben der Krankheit urs�chlich waren oder sein kçnnen, haben die Unfallversiche-rungstr�ger vor Unterlassung einer noch verrichteten gef�hrdenden T�tigkeit dar�berzu entscheiden, ob die �brigen Voraussetzungen f�r die Anerkennung einer Berufs-krankheit erf�llt sind.(5) Soweit Vorschriften �ber Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls ab-stellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunf�higkeit oder der Be-

handlungsbed�rftigkeit oder, wenn dies f�r den Versicherten g�nstiger ist, auf den Be-ginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsf�higkeit abzustellen.(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bun-desrates1. Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verh�tung des Entstehens,

der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,2. die Mitwirkung der f�r den medizinischen Arbeitsschutz zust�ndigen Stellen bei

der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2wie Berufskrankheiten zu entsch�digen sind; dabei kann bestimmt werden, daßdie f�r den medizinischen Arbeitsschutz zust�ndigen Stellen berechtigt sind, Zu-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 22

8 Gesetzliche Unfallversicherung

Page 23: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

sammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Ver-sicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungstr�ger andere�rzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,

3. die von den Unfallversicherungstr�gern f�r die T�tigkeit der Stellen nach Nummer2 zu entrichtenden Geb�hren; diese Geb�hren richten sich nach dem f�r die Begut-achtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungstr�ger haben die f�r den medizinischen Arbeitsschutz zu-st�ndige Stelle �ber den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten,soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zust�ndigenStelle abweicht.(8) Die Unfallversicherungstr�ger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wis-senschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankhei-tenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremdenForschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkran-kungsh�ufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitssch�dlichenEinwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten T�tigkeit aufzukl�ren.(9) Die f�r den medizinischen Arbeitsschutz zust�ndigen Stellen d�rfen zur Feststel-lung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufs-krankheiten zu entsch�digen sind, Daten erheben, verarbeiten oder nutzen sowie zurVorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrerMitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie d�rfen diese Daten insbesonderean den zust�ndigen Unfallversicherungstr�ger �bermitteln. Die erhobenen Daten d�r-fen auch zur Verh�tung von Arbeitsunf�llen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingtenGesundheitsgefahren verarbeitet oder genutzt werden. Soweit die in Satz 1 genanntenStellen andere �rzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die�bermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten �rzten zul�s-sig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist

Absatz 1 beinhaltet die gesetzliche Erm�chtigungsgrundlage f�r die in Kapitel D vor-gestellte Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) und liefert gleichzeitig die Legaldefini-tion des Begriffs „Berufskrankheit“. Dabei hat die Aufnahme einer Krankheit in die Anlageder BKV (sog. Berufskrankheitenliste) in erster Linie nach wissenschaftlichen Erkenntnissenzu erfolgen. Die dazu im zweiten Satz genannten Kriterien hat Thomas (1991) als „Die sozi-alrechtlichen Vorgaben f�r die Aufnahme einer Krankheit in die Berufskrankheitenliste“ be-zeichnet. Nachdem der Status einer sog. „Berufskrankheitenreife“ erlangt ist, werden seit1995 auf Betreiben von Lehnert (Universit�t Erlangen-N�rnberg) vom Verordnungsgeberwissenschaftliche Begr�ndungen f�r neue Berufskrankheiten im Bundesarbeitsblatt ver-çffentlicht (vgl. Kapitel H und I). Damit wird der Fachwelt Gelegenheit einger�umt, vorAufnahme der gesetzgeberischen Schritte Kritik an der Einf�hrung einer neuen Berufskrank-heit auszu�ben. Aufgrund der Hintereinanderschaltung von wissenschaftlichem Diskurs unddemokratischen, d. h. parlamentarischen Schritten (einschließlich der Anhçrung der sog.Sozialpartner) bei der Fortentwicklung der medizinischen Grundlagen des Berufskrankhei-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 23

Aufgaben, versicherter Personenkreis, Versicherungsfall 9

Page 24: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

tenrechts nimmt die Berufskrankheitenliste der BKV im inter- und supranationalen Ver-gleich eine Sonderstellung ein.

Absatz 2 regelt im Sinne einer Auffangbestimmung die zeitliche �berbr�ckung f�r Zeit-punkte zwischen dem Inkrafttreten von zwei auf einander folgenden Berufskrankheiten-Verordnungen. Eine Orientierung f�r den Versicherungstr�ger bei diesen sog. „Quasi-Berufs-krankheiten“ liefern die Bekanntmachungen des Verordnungsgebers in Form der o. g.wissenschaftlichen Begr�ndungen f�r neue Berufskrankheiten (vgl. Kapitel H und I). Inwie-weit „neue Erkenntnisse“ auch den der Meldepflicht unterliegenden Unternehmern (§ 193SGB VII) und �rzten (§ 202 SGB VII) bzw. den Versicherten bekannt sein sollten, ist nichtgeregelt.

Absatz 3 dient im Sinne einer Vermutungsannahme durch Normierung des „prima-facie-Beweises“ der Vereinfachung des Verfahrens.

Absatz 4 erleichtert den Erkrankten als medizinischen Laien die Entscheidung �ber eineBerufsaufgabe.

Absatz 5 definiert indirekt den Versicherungsfall durch die Begriffe Arbeitsunf�higkeit,Behandlungsbed�rftigkeit und Minderung der Erwerbsf�higkeit.

Absatz 6 verwendet f�r die Feststellung von Berufskrankheiten durch Gewerbe�rzte(s. u.) den Begriff „Zusammenhangsgutachten“, das von der Erf�llung sowohl der haftungs-begr�ndenden als auch der haftungsausf�llenden Kausalit�t auszugehen hat. Auf die wis-senschaftliche Gesamtschau von arbeitstechnischen Voraussetzungen f�r die Entstehungeiner Berufskrankheit und klinischer Diagnose wird im Zusammenhang mit dem in § 200angesprochenen „Zweck des Gutachtens“ eingegangen (C 8.1).

Absatz 8 begr�ndet f�r den Unfallversicherungstr�ger die Unterhaltung von eigenenForschungseinrichtungen sowie die sog. Drittmittelvergabe an Universit�ten, die derzeitallgemein kritisch verfolgt wird: „Drittmitteleinwerbung – strafbare Dienstpflicht?“ (Tagund Trçger, 2003) sowie „Einwerbung von Drittmitteln“ (Rieser, 2004)

Absatz 6, 7 und 9 sprechen die f�r den medizinischen Arbeitsschutz zust�ndigen Stellenan. Es handelt sich dabei in der Regel um Einrichtungen der Bundesl�nder, z. B. StaatlicherGewerbearzt oder Landesgewerbearzt (Anschriften siehe Kapitel L).

1.3.2 Versicherungsfall einer Leibesfrucht§ 12 Versicherungsfall einer Leibesfrucht.

Versicherungsfall ist auch der Gesundheitsschaden einer Leibesfrucht infolge einesVersicherungsfalls der Mutter w�hrend der Schwangerschaft; die Leibesfrucht stehtinsoweit einem Versicherten gleich. Bei einer Berufskrankheit als Versicherungsfallgen�gt, daß der Gesundheitsschaden der Leibesfrucht durch besondere Einwirkungenverursacht worden ist, die generell geeignet sind, eine Berufskrankheit der Mutter zuverursachen.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 24

10 Gesetzliche Unfallversicherung

Page 25: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Besonderes Gewicht erh�lt diese Regelung bei Sch�den der Leibesfrucht durch m�tterlicheInfektionskrankheiten, die als Berufskrankheiten Nr. 31 01, Nr. 31 02 und Nr. 31 04 AnlageBKV meldepflichtig sind.

2 Pr�vention

2.1 Grundsatz der Berufskrankheiten – Pr�vention§ 14 Grundsatz.

(1) Die Unfallversicherungstr�ger haben mit allen geeigneten Mitteln f�r die Ver-h�tung von Arbeitsunf�llen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheits-gefahren und f�r eine wirksame Erste Hilfe zu sorgen. Sie sollen dabei auch den Ursa-chen von arbeitsbedingten Gefahren f�r Leben und Gesundheit nachgehen.(2) Bei der Verh�tung arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren arbeiten die Unfallver-sicherungstr�ger mit den Krankenkassen zusammen.

Absatz 1 unterstreicht durch Wiederholung der Formulierung „…mit allen geeignetenMitteln…“(§ 1) die umfassende Verantwortung der Unfallversicherungstr�ger f�r die Be-rufskrankheiten – Pr�vention

Absatz 2 korrespondiert mit § 20 „Pr�vention und Selbsthilfe“ im SGB V „Gesetzli-che Krankenversicherung“: In Absatz 2 werden dort ausdr�cklich arbeitsbedingte Gesund-heitsgefahren und Berufskrankheiten angesprochen. F�r die Kl�rung der Kostentr�gerschaftist das Erkennen von Berufskrankheiten von großer wirtschaftlicher Bedeutung, denn eszeigt sich ein „�konomischer Nutzen der Beratung gesetzlicher Krankenkassen in Berufs-krankheitenfragen“ (Lçffler et al., 2003).

2.2 �berwachung der MaßnahmenBei der �berwachung der Durchf�hrung von Pr�ventionsmaßnahmen (§ 17) sind die Unfall-versicherungstr�ger gehalten, mit den L�nderbehçrden (z. B. Staatliche Gewerbeaufsichts-�mter) „eng zusammen“ zu wirken (§ 20).

2.3 Verh�ltnis- und Verhaltenspr�ventionVerh�ltnispr�vention („Verantwortung des Unternehmers“, dem Normadressaten im Deut-schen Arbeitsschutz – Regelwerk) und Verhaltenspr�vention („Mitwirkung des Versicher-ten“) sind in § 21 angesprochen.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 25

Pr�vention 11

Page 26: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

2.4 Unfallverh�tungsbericht der BundesregierungDas Pr�ventionskapitel schließt mit der Verpflichtung der Bundesregierung (§ 25 „Berichtgegen�ber dem Bundestag“), allj�hrlich einen statistischen Bericht bzw. alle vier Jahreeinen umfassenden �berblick �ber Gesundheitsschutz bei der Arbeit einschließlich Berufs-krankheiten- und Unfallgeschehen vorzulegen.

Diese „Unterrichtung durch die Bundesregierung“ weist als „Pr�ventionsdefizit“ fol-gende aktuellen Zahlen (Tabelle 1) zum Berufskrankheiten (BK) -Geschehen auf (DeutscherBundestag, 2003):

BK – Verdachts- BK – Aner- BK –

Anzeigen kennungsf�lle Todesf�lle

2000: 81 542 18 689 1 866

2001: 76 612 18 599 1 904

2002: 71 008 18 352 2 110 (!)

Tab. 1:Berufskrankheiten – Fallzahlen

3 Leistungen nach Eintritt eines Versicherungsfalls

3.1 Heilbehandlung, Rehabilitation und Pflege§ 26 Grundsatz.

(1) Versicherte haben nach Maßgabe der folgenden Vorschriften und unter Beachtungdes Neunten Buches Anspruch auf Heilbehandlung einschließlich Leistungen zur me-dizinischen Rehabilitation, auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und am Le-ben in der Gemeinschaft, auf erg�nzende Leistungen, auf Leistungen bei Pflegebe-

d�rftigkeit sowie auf Geldleistungen.(2) Der Unfallversicherungstr�ger hat mit allen geeigneten Mitteln mçglichst fr�hzei-tig1. den durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschaden zu beseitigen

oder zu bessern, seine Verschlimmerung zu verh�ten und seine Folgen zu mildern,2. den Versicherten einen ihren Neigungen und F�higkeiten entsprechenden Platz im

Arbeitsleben zu sichern,3. Hilfen zur Bew�ltigung der Anforderungen des t�glichen Lebens und zur Teilhabe

am Leben in der Gemeinschaft sowie zur F�hrung eines mçglichst selbst�ndigenLebens unter Ber�cksichtigung von Art und Schwere des Gesundheitsschadens be-reitzustellen,

4. erg�nzende Leistungen zur Heilbehandlung und zu Leistungen zur Teilhabe amArbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft zu erbringen,

5. Leistungen bei Pflegebed�rftigkeit zu erbringen.(3) Die Leistungen zur Heilbehandlung und zur Rehabilitation haben Vorrang vor

Rentenleistungen.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 26

12 Gesetzliche Unfallversicherung

Page 27: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

(4) Qualit�t und Wirksamkeit der Leistungen zur Heilbehandlung und Teilhabe ha-ben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entspre-chen und den medizinischen Fortschritt zu ber�cksichtigen. Sie werden als Dienst-und Sachleistungen zur Verf�gung gestellt, soweit dieses oder das Neunte Buch keineAbweichungen vorsehen.(5) Die Unfallversicherungstr�ger bestimmen im Einzelfall Art, Umfang und Durch-f�hrung der Heilbehandlung und der Leistungen zur Teilhabe sowie die Einrichtun-gen, die diese Leistungen erbringen, nach pflichtgem�ßem Ermessen. Dabei pr�fen sieauch, welche Leistungen geeignet und zumutbar sind, Pflegebed�rftigkeit zu vermei-den, zu �berwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verh�ten.

Sozialmedizinisch bilden die in § 26 „Grundsatz“ zusammengefassten Regelungen desdritten Kapitels die Basis f�r eine Abgrenzung gegen�ber den �brigen Versicherungs- und da-mit Kostentr�gern (SGB V), sodass sie im �rztlichen Praxisalltag als Grundwissen auch be-triebswirtschaftlich zu Buche schlagen kçnnen. So werden Leistungen als „…Maßnahmender Heilbehandlung gew�hrt, die sich weitgehend mit denjenigen der Krankenbehandlungin der gesetzlichen Krankenversicherung decken…Hinzu kommen Pflegeleistungen, die Vor-rang vor Leistungen nach SGB XI haben.“ (Schulin, 2002).

Als Eigenart des Sozialrechts f�llt auf, dass unter Anspruch und Leistungsarten „Schmer-zensgeld“ nicht gesondert behandelt wird: „Schmerzensgeld wird nicht gezahlt.“ (Freundund Goeke, 2000).

Absatz 3 ist unter dem Slogan „Reha vor Rente“ bekannt geworden.

3.2 Renten an Versicherte und Leistungenan Hinterbliebene

„Die wichtigste Form der Entsch�digungsleistungen ist die Rente. Die Rente soll die durchden Versicherungsfall…bedingte dauerhafte Beeintr�chtigung der Versicherten…ausglei-chen und hat dar�ber hinaus eine ‚Schmerzensgeldersatzfunktion‘.“ (Freund und Goeke,2000): Versichertenrenten (§§ 56 ff).

Im Falle von Hinterbliebenenrenten (§§ 63 ff.) werden sowohl Witwen- und Witwerren-ten als auch Waisenrenten gew�hrt.

In Tabelle 2 ist die Rentenentwicklung aller Unfallversicherungstr�ger (Renten – Fall-zahlen der UV-Tr�ger) bei Berufskrankheiten zusammengefasst (BMA, 2002; BMGS, 2003und 2004):

Versicherten- Witwen/r- Waisen- Renten-

Renten Renten Renten Gesamtzahl

2000: 137 992 35 788 1 272 175 058

2001: 135 458 35 976 1 355 172 795

2002: 132 720 36 196 1 262 170 184

Tab. 2:Berufskrankheiten – Renten(Fallzahlen)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 27

Leistungen nach Eintritt eines Versicherungsfalls 13

Page 28: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 28

4 Haftung von Unternehmern, Unternehmens-angehçrigen und anderen Personen

4.1 Beschr�nkung der HaftungBei Berufskrankheiten sind Unternehmer und andere im Betrieb t�tige Personen zum Ersatzdes Personenschadens nur verpflichtet wenn sie den Versicherungsfall vors�tzlich herbei-gef�hrt haben (§ 104, § 105)

5 Organisation

5.1 Unfallversicherungstr�ger§ 114 Unfallversicherungstr�ger. (Auszug)

(1) Tr�ger der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungstr�ger) sind1. die in der Anlage 1 aufgef�hrten gewerblichen Berufsgenossenschaften,2. die in der Anlage 2 aufgef�hrten landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften,3. der Bund,4. die Eisenbahn-Unfallkasse,5. die Unfallkasse Post und Telekom,6. die Unfallkassen der L�nder,7. die Gemeindeunfallversicherungsverb�nde und Unfallkassen der Gemeinden,8. die Feuerwehr-Unfallkassen,9. die gemeinsamen Unfallkassen f�r den Landes- und den kommunalen Bereich.

Anlage 1 „Gewerbliche Berufsgenossenschaften“ und Anlage 2 „Landwirtschaftliche Berufs-genossenschaften“ zu § 114 (1) SGB VII sind im Kapitel L abgedruckt.

Weitere Informationen zu den Unfallversicherungstr�gern bietet das „Dienststellenver-zeichnis Arbeitsschutz“ (BAuA, 2003).

6 Aufbringung der Mittel

6.1 BeitragsrechtDas sechste Kapitel beinhaltet (§ 150 ff.) das Beitragsrecht, das sich grundlegend von demder �brigen Versicherungszweige unterscheidet. „Zum einen werden die Beitr�ge allein vonden Unternehmern getragen. Zum anderen werden Sie nach dem Grad der Unfallgefahren ab-gestuft (sog. Gefahrtarife)…“ (Schulin, 2002).

Die Beitragsfreiheit der Besch�ftigten ist ein Grund f�r die weit verbreitete Unwissenheit(Bialas, 2003) �ber die bestehenden Pflichtversicherungsverh�ltnisse nach § 2 mit ent-sprechenden Nachteilen f�r die Verhaltens- und Verh�ltnispr�vention sowie auch bei derArztwahl (Facharzt f�r Arbeitsmedizin).

14 Gesetzliche Unfallversicherung

Page 29: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Demgegen�ber f�hrt ein hoher Entsch�digungsaufwand f�r Berufskrankheiten zu einerentsprechend hohen Gefahrklasse (Risikobezug). „Im Vergleich zur gesetzlichen Unfallver-sicherung und zur gesetzlichen Rentenversicherung …(werden)…in der Gesetzlichen Kran-kenversicherung… Die Beitr�ge …nicht risikoabh�ngig, sondern einkommensabh�ngigbemessen.“ (Schuler-Harms, 2003). Der fehlende Risikobezug wird dabei in dieser Ver-çffentlichung im Deutschen �rzteblatt als „Knackpunkt“ der GKV-Beitr�ge betrachtet.

7 Zusammenarbeit der Unfallversicherungstr�germit anderen Leistungstr�gern und ihreBeziehungen zu Dritten

7.1 Auskunftspflicht der Krankenkassen§ 188 Auskunftspflicht der Krankenkassen.

Die Unfallversicherungstr�ger kçnnen von den Krankenkassen Auskunft �ber die Be-handlung, den Zustand sowie �ber Erkrankungen und fr�here Erkrankungen des Ver-sicherten verlangen, soweit dies f�r die Feststellung des Versicherungsfalls erforder-lich ist. Sie sollen dabei ihr Auskunftsverlangen auf solche Erkrankungen oder aufsolche Bereiche von Erkrankungen beschr�nken, die mit dem Versicherungsfall in ei-nem urs�chlichen Zusammenhang stehen kçnnen. Der Versicherte kann vom Unfall-versicherungstr�ger verlangen, �ber die von den Krankenkassen �bermittelten Datenunterrichtet zu werden; § 25 Abs. 2 des Zehnten Buches gilt entsprechend. Der Un-fallversicherungstr�ger hat den Versicherten auf das Recht, auf Verlangen �ber dievon den Krankenkassen �bermittelten Daten unterrichtet zu werden, hinzuweisen.

7.2 Berufskrankheiten – Anzeigepflicht der Unternehmer§ 193 Pflicht zur Anzeige eines Versicherungsfalls

durch die Unternehmer. (Auszug)

(2) Haben Unternehmer im Einzelfall Anhaltspunkte, daß bei Versicherten ihrer Un-ternehmen eine Berufskrankheit vorliegen kçnnte, haben sie diese dem Unfallver-sicherungstr�ger anzuzeigen.(4) Die Anzeige ist binnen drei Tagen zu erstatten, nachdem die Unternehmer vondem Unfall oder von den Anhaltspunkten f�r eine Berufskrankheit Kenntnis erlangthaben. Der Versicherte kann vom Unternehmer verlangen, daß ihm eine Kopie derAnzeige �berlassen wird.(5) Die Anzeige ist vom Betriebs- oder Personalrat mit zu unterzeichnen. Der Unter-nehmer hat die Sicherheitsfachkraft und den Betriebsarzt �ber jede Unfall- oder Be-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 29

Zusammenarbeit der Unfallversicherungstr�ger 15

Page 30: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

rufskrankheitenanzeige in Kenntnis zu setzen. Verlangt der Unfallversicherungstr�gerzur Feststellung, ob eine Berufskrankheit vorliegt, Ausk�nfte �ber gef�hrdende T�tig-keiten von Versicherten, haben die Unternehmer den Betriebs- oder Personalrat �berdieses Auskunftsersuchen unverz�glich zu unterrichten.(6) Ist der Bund Unfallversicherungstr�ger, ist die Anzeige an die Ausf�hrungsbehçrdezu richten(7) Bei Unf�llen in Unternehmen, die der allgemeinen Arbeitsschutzaufsicht unterste-hen, hat der Unternehmer eine Durchschrift der Anzeige der f�r den Arbeitsschutz zu-st�ndigen Landesbehçrde zu �bersenden. Bei Unf�llen in Unternehmen, die der berg-behçrdlichen Aufsicht unterstehen, ist die Durchschrift an die zust�ndige untereBergbehçrde zu �bersenden. Wird eine Berufskrankheit angezeigt, �bersendet der Un-fallversicherungstr�ger eine Durchschrift der Anzeige unverz�glich der f�r den medi-zinischen Arbeitsschutz zust�ndigen Landesbehçrde. Wird der f�r den medizinischenArbeitsschutz zust�ndigen Landesbehçrde eine Berufskrankheit angezeigt, �bersendetsie dem Unfallversicherungstr�ger unverz�glich eine Durchschrift der Anzeige.(8) Das Bundesministerium f�r Arbeit und Sozialordnung bestimmt durch Rechtsver-ordnung mit Zustimmung des Bundesrates den f�r Aufgaben der Pr�vention und derEinleitung eines Feststellungsverfahrens erforderlichen Inhalt der Anzeige, ihre Formund die Art und Weise ihrer �bermittlung sowie die Empf�nger, die Anzahl und denInhalt der Durchschriften.

Absatz 2 verlangt vom Unternehmer, „Anhaltspunkte“ f�r das Vorliegen einer Berufskrank-heit anzuzeigen. Wie diese auszulegen sind, kann bei der Ahndung unterlassener Unterneh-meranzeigen im Versicherungsfall juristische Bedeutung erlangen (vgl. Kapitel E)

Absatz 5 verpflichtet Betriebs- oder Personalrat zur Mitunterzeichnung der Unterneh-meranzeige: Betriebs�rzte sollen nach dem Willen des Gesetzgebers �ber den Vorgang ledig-lich in Kenntnis gesetzt werden!

Absatz 8 beinhaltet die Erm�chtigungsgrundlage f�r die in Kapitel E abgedruckte [Be-rufskrankheiten- und/d. V.] Unfallversicherungs-Anzeigeverordnung (UVAV).

8 Datenschutz

8.1 Gutachtenauftrag und –zweck§ 200 Einschr�nkung der �bermittlungsbefugnis.(Auszug)

(2) Vor Erteilung eines Gutachtenauftrages soll der Unfallversicherungstr�ger demVersicherten mehrere Gutachter zur Auswahl benennen; der Betroffene ist außerdem…�ber den Zweck des Gutachtens zu informieren.

Absatz 2 spricht die Gutachtenfrage an, ohne die fachliche Qualifikation des Gutachtersund den Zweck des Gutachtens zu spezifizieren.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 30

16 Gesetzliche Unfallversicherung

Page 31: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Bei Berufskrankheiten besteht die gutachtliche Aufgabe darin, den Zusammenhang zwi-schen arbeitstechnischen Voraussetzungen f�r die Entstehung einer Berufskrankheit undklinischer Diagnose zu beurteilen. Dabei werden einerseits arbeitstechnische Expertisen (inder Regel keine „Gutachten“) im Rahmen der Ermittlungspflicht durch die Unfallversiche-rungstr�ger von Amts wegen erstellt – inwieweit zur Objektivierung des Sachverhaltes dieStaatlichen Gewerbeaufsichts�mter beitragen kçnnten, bleibt ungeregelt. Andererseitskann bei unklarer medizinischer Befundkonstellation eine diagnosesichernde „Teilbegut-achtung“ �rztliche Vorbefunde erg�nzen. Ein die haftungsbegr�ndende und -ausf�llendeKausalit�t ber�cksichtigendes „Zusammenhangsgutachten“ erfordert bei Berufskrankheitenungewçhnlichen Sachverstand: In § 9 (6) wird den f�r den medizinischen Arbeitsschutzzust�ndigen Landesbehçrden (z. B. Staatliche Gewerbe�rzte oder Landesgewerbe�rzte) ein-ger�umt, diese „…Zusammenhangsgutachten zu erstellen…“ Bei der dazu erforderlichenRechtsverordnung f�r deren Mitwirkung handelt es sich um die im Kapitel D vorgestellte Be-rufskrankheiten-Verordnung.

Inwieweit �rzte als Angestellte oder Berater der Unfallversicherungstr�ger im Berufs-krankheitenverfahren medizinische Gutachten �ber Versicherte erstellen kçnnen, bedarfder Abkl�rung in Hinblick auf eine zumindest formal gegebene Interessenskollision.

8.2 �rztliche Berufskrankheiten – Anzeigepflicht§ 202 Anzeigepflicht von �rzten bei Berufskrankheiten.

Haben �rzte oder Zahn�rzte den begr�ndeten Verdacht, daß bei Versicherten eine Be-rufskrankheit besteht, haben sie dies dem Unfallversicherungstr�ger oder der f�r denmedizinischen Arbeitsschutz zust�ndigen Stelle in der f�r die Anzeige von Berufs-krankheiten vorgeschriebenen Form (§ 193 Abs. 8) unverz�glich anzuzeigen. Die�rzte oder Zahn�rzte haben die Versicherten �ber den Inhalt der Anzeige zu unter-richten und ihnen den Unfallversicherungstr�ger und die Stelle zu nennen, denen siedie Anzeige �bersenden. § 193 Abs. 7 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

Auf die in § 193 (8) formulierte Erm�chtigungsgrundlage f�r die in Kapitel E abgedruckte[Berufskrankheiten- und/d. V.] Unfallversicherungs-Anzeigeverordnung (UVAV) wird in-soweit verwiesen, als die �rzte sich an die „…vorgeschriebene Form…“ der Berufskrankhei-ten – Anzeige zu halten haben.

Anzeigekriterien, die sich aus dem Schweregrad bzw. der Stadieneinteilung von Krank-heiten ableiten ließen, werden nicht vorgegeben. Andererseits entbehren die von Seitender Unfallversicherungstr�ger bekannten Verçffentlichungen �ber Berufskrankheiten – Mel-dekriterien aufgrund fehlender Rechtsgrundlage einer Verbindlichkeit: �rzte und Zahn�rzteunterliegen bei der Berufskrankheitenanzeige nach dem Willen des Gesetzgebers nur ihrem�rztlichen Wissen und Gewissen!

Juristisch gesehen handelt es sich bei der Anzeigepflicht um ein hçheres Rechtsgut imVergleich zur �rztlichen Schweigepflicht, wenn Patienten (z. B. aus Gr�nden der Erhaltung

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 31

Datenschutz 17

Page 32: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

des Arbeitsplatzes) eine Berufskrankheitenanzeige ablehnen. Umgekehrt besteht bei nichterfolgter Anzeige einer gesicherten Berufskrankheit f�r Patienten die Mçglichkeit, den Fallals �rztlichen „Kunstfehler“ standesrechtlich zu verfolgen und zivilrechtlich materiellenSchadensausgleich wegen vorenthaltener Versicherungsleistungen einzuklagen.

8.3 �rztliche Auskunftspflicht.§ 203 Auskunftspflicht von �rzten.

(1) �rzte und Zahn�rzte, die nicht an einer Heilbehandlung nach § 34 beteiligt sind,sind verpflichtet, dem Unfallversicherungstr�ger auf Verlangen Auskunft �ber die Be-handlung, den Zustand sowie �ber Erkrankungen und fr�here Erkrankungen des Ver-sicherten zu erteilen, soweit dies f�r die Heilbehandlung und die Erbringung sonstigerLeistungen erforderlich ist. Der Unfallversicherungstr�ger soll Auskunftsverlangenzur Feststellung des Versicherungsfalls auf solche Erkrankungen oder auf solche Be-reiche von Erkrankungen beschr�nken, die mit dem Versicherungsfall in einem ur-s�chlichen Zusammenhang stehen kçnnen. § 98 Abs. 2 Satz 2 des Zehnten Buchesgilt entsprechend.(2) Die Unfallversicherungstr�ger haben den Versicherten auf ein Auskunftsverlangennach Absatz 1 sowie auf das Recht, auf Verlangen �ber die von den �rzten �bermittel-ten Daten unterrichtet zu werden, rechtzeitig hinzuweisen. § 25 Abs. 2 des ZehntenBuches gilt entsprechend.

8.4 Daten f�r die Forschung§ 206 �bermittlung von Daten f�r die Forschung zur

Bek�mpfung von Berufskrankheiten.

Der Wortlaut dieses Paragraphen findet sich als Anhang im Kapitel L.

Literaturhinweis:Kein Monopol der gesetzlichen Unfallversicherung (Seewald, 2004)Die Konformit�t des Unfallversicherungsmonopols mit dem Gemeinschaftsrecht (Fuchs, 2005)Sozialgesetzbuch 7. Buch Unfallversicherung (Meiburg und Goeke, 2005)Fehldarstellungen zum Monopol der Unfallversicherung (Ricke, 2005)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 32

18 Gesetzliche Unfallversicherung

Page 33: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

DBerufskrankheiten-Verordnung (BKV)

Die Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) mit einer enumerativen („Berufs“-) Krankheiten-liste als Anlage ist entsprechend der gesetzlichen Erm�chtigungsgrundlagen (SGB VII) mitZustimmung des Bundesrates am 1. Dezember 1997 in Kraft getreten (BundesgesetzblattTeil I, Nr. 73 vom 5. November 1997).

Infolge der Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts trat am 1. Oktober 2002 dieerste �nderungsverordnung (BKV – �ndV) in Kraft (Bundesgesetzblatt Teil I, Nr. 65 vom13. September 2002).

1 Verf�gender Teilder Berufskrankheiten-Verordnung

Berufskrankheiten-Verordnung

(BKV)

Vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2623)zuletzt ge�ndert durch Artikel 1 der Verordnung vom 5. September 2002

(BGBl. I S. 3541)

Auf Grund des § 9 Abs. 1 und 6 und des § 193 Abs. 8 des Siebten Buches Sozialge-setzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August1996, BGBl. I S. 1254) verordnet die Bundesregierung:

§ 1

Berufskrankheiten

Berufskrankheiten sind die in der Anlage bezeichneten Krankheiten, die Versicherteinfolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 des Siebten Buches So-zialgesetzbuch begr�ndenden T�tigkeit erleiden.

§ 2

Erweiterter Versicherungsschutz

in Unternehmen der Seefahrt

F�r Versicherte in Unternehmen der Seefahrt erstreckt sich die Versicherung gegen Tro-penkrankheiten und Fleckfieber auch auf die Zeit, in der sie an Land beurlaubt sind.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 33

Page 34: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

§ 3

Maßnahmen gegen Berufskrankheiten, �bergangsleistung

(1) Besteht f�r Versicherte die Gefahr, daß eine Berufskrankheit entsteht, wiederauf-lebt oder sich verschlimmert, haben die Unfallversicherungstr�ger dieser Gefahr mit

allen geeigneten Mitteln entgegenzuwirken. Ist die Gefahr gleichwohl nicht zu beseiti-gen, haben die Unfallversicherungstr�ger darauf hinzuwirken, daß die Versichertendie gef�hrdende T�tigkeit unterlassen. Den f�r den medizinischen Arbeitsschutz zu-st�ndigen Stellen ist Gelegenheit zur �ußerung zu geben.(2) Versicherte, die die gef�hrdende T�tigkeit unterlassen, weil die Gefahr fortbesteht,haben zum Ausgleich hierdurch verursachter Minderungen des Verdienstes oder sons-tiger wirtschaftlicher Nachteile gegen den Unfallversicherungstr�ger Anspruch auf�bergangsleistungen. Als �bergangsleistung wird1. ein einmaliger Betrag bis zur Hçhe der Vollrente oder2. eine monatlich wiederkehrende Zahlung bis zur Hçhe eines Zwçlftels der Voll-

rente l�ngstens f�r die Dauer von f�nf Jahrengezahlt. Renten wegen Minderung der Erwerbsf�higkeit sind nicht zu ber�cksichti-gen.

§ 4

Mitwirkung der f�r den medizinischen Arbeitsschutz zust�ndigen Stellen

(1) Die f�r den medizinischen Arbeitsschutz zust�ndigen Stellen wirken bei der Fest-stellung von Berufskrankheiten und von Krankheiten, die nach § 9 Abs. 2 des SiebtenBuches Sozialgesetzbuch wie Berufskrankheiten anzuerkennen sind, nach Maßgabeder Abs�tze 2 bis 4 mit.(2) Die Unfallversicherungstr�ger haben die f�r den medizinischen Arbeitsschutz zu-st�ndigen Stellen �ber die Einleitung eines Feststellungsverfahrens unverz�glichschriftlich zu unterrichten; als Unterrichtung gilt auch die �bersendung der Anzeigenach § 193 Abs. 2 und 7 oder § 202 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch. Die Unfall-versicherungstr�ger beteiligen die f�r den medizinischen Arbeitsschutz zust�ndigenStellen an dem weiteren Feststellungsverfahren; das n�here Verfahren kçnnen die Un-fallversicherungstr�ger mit den f�r den medizinischen Arbeitsschutz zust�ndigen Stel-len durch Vereinbarung regeln.(3) In den F�llen der weiteren Beteiligung nach Absatz 2 Satz 2 haben die Unfallver-sicherungstr�ger vor der abschließenden Entscheidung die f�r den medizinischenArbeitsschutz zust�ndigen Stellen �ber die Ergebnisse ihrer Ermittlungen zu unter-richten. Soweit die Ermittlungsergebnisse aus Sicht der f�r den medizinischen Arbeits-schutz zust�ndigen Stellen nicht vollst�ndig sind, kçnnen sie den Unfallversicherungs-tr�gern erg�nzende Beweiserhebungen vorschlagen; diesen Vorschl�gen haben dieUnfallversicherungstr�ger zu folgen.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 34

20 Berufskrankheiten-Verordnung (BKV)

Page 35: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

(4) Nach Vorliegen aller Ermittlungsergebnisse kçnnen die f�r den medizinischen Ar-beitsschutz zust�ndigen Stellen ein Zusammenhangsgutachten erstellen. Zur Vorberei-tung dieser Gutachten kçnnen sie die Versicherten untersuchen oder andere �rzte aufKosten der Unfallversicherungstr�ger mit Untersuchungen beauftragen.

§ 5

Geb�hren

(1) Erstellen die f�r den medizinischen Arbeitsschutz zust�ndigen Stellen ein Zusam-

menhangsgutachten nach § 4 Abs. 4, erhalten sie von den Unfallversicherungstr�gernjeweils eine Geb�hr in Hçhe von 200 Euro. Mit dieser Geb�hr sind alle Personal- undSachkosten, die bei der Erstellung des Gutachtens entstehen, einschließlich der Kostenf�r die �rztliche Untersuchung von Versicherten durch die f�r den medizinischen Ar-beitsschutz zust�ndigen Stellen abgegolten.(2) Ein Gutachten im Sinne des Absatzes 1 setzt voraus, daß der Gutachter unter W�r-digung1. der Arbeitsanamnese des Versicherten und der festgestellten Einwirkungen am Ar-

beitsplatz,2. der Beschwerden, der vorliegenden Befunde und der Diagnoseeine eigenst�ndig begr�ndete schriftliche Bewertung des Ursachenzusammenhangs

zwischen der Erkrankung und den t�tigkeitsbezogenen Gef�hrdungen unter Ber�ck-sichtigung der besonderen f�r die gesetzliche Unfallversicherung geltenden Bestim-mungen vornimmt.

§ 6

R�ckwirkung

(1) Leidet ein Versicherter am 1. Oktober 2002 an einer Krankheit nachNummer 4112 der Anlage, ist diese auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen,wenn der Versicherungsfall nach dem 30. November 1997 eingetreten ist. Satz 1 giltauch f�r eine Krankheit nach Nummer 2106 der Anlage, wenn diese nicht bereitsnach der Nummer 2106 der Anlage in der am 1. Dezember 1997 in Kraft getretenenFassung als Berufskrankheit anerkannt werden kann.(2) Leidet ein Versicherter am 1. Dezember 1997 an einer Krankheit nach Nummer1316, 1317, 4104 (Kehlkopfkrebs) oder 4111 der Anlage, ist diese auf Antrag als Be-rufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 31. Dezember1992 eingetreten ist.(3) Hat ein Versicherter am 1. Januar 1993 an einer Krankheit gelitten, die erst aufGrund der Zweiten Verordnung zur �nderung der Berufskrankheiten-Verordnungvom 18. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2343) als Berufskrankheit anerkannt werdenkann, ist die Krankheit auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Ver-sicherungsfall nach dem 31. M�rz 1988 eingetreten ist.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 35

Verf�gender Teil der BKV 21

Page 36: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

(4) Hat ein Versicherter am 1. April 1988 an einer Krankheit gelitten, die erst aufGrund der Verordnung zur �nderung der Berufskrankheiten-Verordnung vom22. M�rz 1988 (BGBl. I S. 400) als Berufskrankheit anerkannt werden kann, ist dieKrankheit auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfallnach dem 31. Dezember 1976 eingetreten ist.(5) Bindende Bescheide und rechtskr�ftige Entscheidungen stehen der Anerkennungals Berufskrankheit nach den Abs�tzen 1 bis 4 nicht entgegen. Leistungen werdenr�ckwirkend l�ngstens f�r einen Zeitraum bis zu vier Jahren erbracht; der Zeitraum istvom Beginn des Jahres an zu rechnen, in dem der Antrag gestellt worden ist.

§ 7

Berufskrankheitenanzeige

Aufgehoben mit Wirkung vom 1. August 2002 durch § 6 Abs. 2 der Unfallversiche-rungs-Anzeigeverordnung (BGBl. I S. 554)

§ 8

Inkrafttreten, Außerkrafttreten

(1) Diese Verordnung tritt am 1. Dezember 1997 in Kraft.(2) Gleichzeitig treten außer Kraft:1. die Berufskrankheiten-Verordnung vom 20. Juni 1968 (BGBl. I S. 721), zuletzt

ge�ndert durch Artikel 1 der Verordnung vom 18. Dezember 1992 (BGBl. IS. 2343);

2. Artikel 3 Abs. 2 der Verordnung zur �nderung der Berufskrankheiten-Verord-nung vom 22. M�rz 1988 (BGBl. I S. 400);

3. Artikel 2 Abs. 2 der Zweiten Verordnung zur �nderung der Berufskrankheiten-Verordnung vom 18. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2343).

§ 1 Berufskrankheiten formuliert mit Hinweis auf die BKV-Anlage (der sog. Berufskrank-heitenliste) die generelle Voraussetzung f�r eine Anerkennung von Krankheiten als Ver-sicherungsfall, d. h. als Berufskrankheit.

§ 3 Maßnahmen gegen Berufskrankheiten verlangt von den Unfallversicherungstr�-gern entsprechend der gesetzlichen Vorgaben (§ 1 und § 14 SGB VII) „…mit allen geeig-neten Mitteln…“ vorzugehen.

§ 4 Mitwirkung der f�r den medizinischen Arbeitsschutz zust�ndigen Stellen ge-w�hrleistet die Einbeziehung der L�nderbehçrden (z. B. Staatlicher Gewerbearzt, Landes-gewerbearzt) im Berufskankheitenverfahren. Deren gesetzlich einger�umte Berechtigungzur Erstellung eines Zusammenhangsgutachtens (§ 9 (6) SGB VII) wird in Absatz 4 konkre-tisiert: Der Hinweis auf das „…Vorliegen aller Ermittlungsergebnisse…“ bezieht sich aufdie gesetzliche Ermittlungspflicht des Versicherungstr�gers (§ 20 SGB X) und bedeutet,dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen f�r die Entstehung einer Berufskrankheit do-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 36

22 Berufskrankheiten-Verordnung (BKV)

Page 37: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 37

kumentiert sein m�ssen, und dass eine Krankheitsdiagnose vorliegt, die u. U. durch externe„Untersuchungen“ – und nicht durch externe Begutachtung – zu objektivieren w�re (vgl.§ 9(9) SGB VII). Der in Gesamtschau zu beurteilende Ursachenzusammenhang f�r die Aner-kennung einer angezeigten Krankheit als Berufskrankheit wird im folgenden Paragraphennochmals aufgegriffen.

§ 5 Geb�hren beschreibt das Zusammenhangsgutachten als „…Bewertung des Ursa-chenzusammenhangs zwischen der Erkrankung und den t�tigkeitsbezogenen Gef�hrdun-gen…“ Wie schon der Gesetzestext vermeidet es auch der Verordnungstext, neben den Be-hçrden des Staatlichen Arbeitsschutz weitere Institutionen zu benennen, die in der Lagew�ren, in objektiver Weise zus�tzlich eine „…Ber�cksichtigung der besonderen f�r die ge-setzliche Unfallversicherung geltenden Bestimmungen…“ vorzunehmen (vgl. Kapitel C).

§ 7 Berufskrankheitenanzeige verweist auf die in Kapitel E vorgestellte [Berufskrank-heiten- und/d. V.] Unfallversicherungs – Anzeigeverodnung (UVAV).

2 Anlage der BKV (Berufskrankheitenliste)

Anlage BKV

Nr. Krankheiten

1 Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten

11 Metalle und Metalloide

1101 Erkrankungen durch Blei oder seine Verbindungen1102 Erkrankungen durch Quecksilber oder seine Verbindungen1103 Erkrankungen durch Chrom oder seine Verbindungen1104 Erkrankungen durch Cadmium oder seine Verbindungen1105 Erkrankungen durch Mangan oder seine Verbindungen1106 Erkrankungen durch Thallium oder seine Verbindungen1107 Erkrankungen durch Vanadium oder seine Verbindungen1108 Erkrankungen durch Arsen oder seine Verbindungen1109 Erkrankungen durch Phosphor oder seine anorganischen Verbindungen1110 Erkrankungen durch Beryllium oder seine Verbindungen

12 Erstickungsgase

1201 Erkrankungen durch Kohlenmonoxid1202 Erkrankungen durch Schwefelwasserstoff

13 Lçsemittel, Sch�dlingsbek�mpfungsmittel (Pestizide)

und sonstige chemische Stoffe

1301 Schleimhautver�nderungen, Krebs oder andere Neubildungen der Harn-wege durch aromatische Amine

Anlage der BKV (Berufskrankheitenliste) 23

Page 38: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

1302 Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe1303 Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder durch Styrol1304 Erkrankungen durch Nitro- oder Aminoverbindungen des Benzols oder sei-

ner Homologe oder ihrer Abkçmmlinge1305 Erkrankungen durch Schwefelkohlenstoff1306 Erkrankungen durch Methylalkohol (Methanol)1307 Erkrankungen durch organische Phosphorverbindungen1308 Erkrankungen durch Fluor oder seine Verbindungen1309 Erkrankungen durch Salpeters�ureester1310 Erkrankungen durch halogenierte Alkyl-, Aryl-, oder Alkylaryloxide1311 Erkrankungen durch halogenierte Alkyl-, Aryl-, oder Alkylarylsulfide1312 Erkrankungen der Z�hne durch S�uren1313 Hornhautsch�digungen des Auges durch Benzochinon1314 Erkrankungen durch para-terti�r-Butylphenol1315 Erkrankungen durch Isocyanate, die zur Unterlassung aller T�tigkeiten ge-

zwungen haben, die f�r die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wie-deraufleben der Krankheit urs�chlich waren oder sein kçnnen

1316 Erkrankungen der Leber durch Dimethylformamid1317 Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lçsungsmittel

oder deren Gemische

Zu den Nummern 1101 bis 1110, 1201 und 1202, 1303 bis 1309 und 1315:Ausgenommen sind Hauterkrankungen. Diese gelten als Krankheiten imSinne dieser Anlage nur insoweit, als sie Erscheinungen einer Allgemein-erkrankung sind, die durch Aufnahme der sch�digenden Stoffe in den Kçrperverursacht werden, oder gem�ß Nummer 5101 zu entsch�digen sind.

2 Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten

21 Mechanische Einwirkungen

2101 Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie derSehnen- oder Muskelans�tze, die zur Unterlassung aller T�tigkeiten ge-zwungen haben, die f�r die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wie-deraufleben der Krankheit urs�chlich waren oder sein kçnnen

2102 Meniskussch�den nach mehrj�hrigen andauernden oder h�ufig wiederkeh-renden, die Kniegelenke �berdurchschnittlich belastenden T�tigkeiten

2103 Erkrankungen durch Ersch�tterung bei Arbeit mit Druckluftwerkzeugenoder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen

2104 Vibrationsbedingte Durchblutungsstçrungen an den H�nden, die zur Unter-lassung aller T�tigkeiten gezwungen haben, die f�r die Entstehung, die Ver-schlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit urs�chlich warenoder sein kçnnen

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 38

24 Berufskrankheiten-Verordnung (BKV)

Page 39: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

2105 Chronische Erkrankungen der Schleimbeutel durch st�ndigen Druck2106 Drucksch�digung der Nerven2107 Abrißbr�che der Wirbelforts�tze2108 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbels�ule durch langj�h-

riges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langj�hrige T�tigkeitenin extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller T�tigkeiten ge-zwungen haben, die f�r die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wie-deraufleben der Krankheit urs�chlich waren oder sein kçnnen

2109 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbels�ule durch langj�h-riges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, die zur Unterlassung aller T�-tigkeiten gezwungen haben, die f�r die Entstehung, die Verschlimmerungoder das Wiederaufleben der Krankheit urs�chlich waren oder sein kçnnen

2110 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbels�ule durch lang-j�hrige, vorwiegend vertikale Einwirkung von Ganzkçrperschwingungenim Sitzen, die zur Unterlassung aller T�tigkeiten gezwungen haben, die f�rdie Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krank-heit urs�chlich waren oder sein kçnnen

2111 Erhçhte Zahnabrasionen durch mehrj�hrige quarzstaubbelastende T�tig-keit

22 Druckluft

2201 Erkrankungen durch Arbeit in Druckluft

23 L�rm

2301 L�rmschwerhçrigkeit

24 Strahlen

2401 Grauer Star durch W�rmestrahlung2402 Erkrankungen durch ionisierende Strahlen

3 Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten

sowie Tropenkrankheiten

3101 Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in derWohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium t�tig oder durch eine andereT�tigkeit der Infektionsgefahr in �hnlichem Maße besonders ausgesetztwar

3102 Von Tieren auf Menschen �bertragbare Krankheiten3103 Wurmkrankheiten der Bergleute, verursacht durch Ankylostoma duodenale

oder Strongyloides stercoralis3104 Tropenkrankheiten, Fleckfieber

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 39

Anlage der BKV (Berufskrankheitenliste) 25

Page 40: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

4 Erkrankungen der Atemwege und der Lungen,

des Rippenfells und Bauchfells

41 Erkrankungen durch anorganische St�ube

4101 Quarzstaublungenerkrankung (Silikose)4102 Quarzstaublungenerkrankung in Verbindung mit aktiver Lungentuberku-

lose (Siliko – Tuberkulose)4103 Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) oder durch Asbeststaub ver-

ursachte Erkrankungen der Pleura4104 Lungenkrebs oder Kehlkopfkrebs

– in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose)– in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung der

Pleuraoder– bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaub – Do-

sis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren { 25 x 106 [(Fa-sern/m3) x Jahre]}

4105 Durch Asbest verursachtes Mesotheliom des Rippenfells, des Bauchfellsoder des Perikards

4106 Erkrankungen der tieferen Atemwege und der Lungen durch Aluminiumoder seine Verbindungen

4107 Erkrankungen an Lungenfibrose durch Metallst�ube bei der Herstellungoder Verarbeitung von Hartmetallen

4108 Erkrankungen der tieferen Atemwege und der Lungen durch Thomasmehl(Thomasphosphat)

4109 Bçsartige Neubildungen der Atemwege und der Lungen durch Nickel oderseine Verbindungen

4110 Bçsartige Neubildungen der Atemwege und der Lungen durch Kokereiroh-gase

4111 Chronische obstruktive Bronchitis oder Emphysem von Bergleuten unterTage im Steinkohlebergbau bei Nachweis der Einwirkung einer kumulati-ven Dosis von in der Regel 100 Feinstaubjahren [(mg/m3) x Jahre]

4112 Lungenkrebs durch die Einwirkung von kristallinem Siliziumdioxid (Si02)bei nachgewiesener Quarzstaublungenerkrankung (Silikose oder Siliko-Tu-berkulose)

42 Erkrankungen durch organische St�ube

4201 Exogen – allergische Alveolitis4202 Erkrankungen der tieferen Atemwege und der Lungen durch Rohbaum-

woll-, Rohflachs- oder Rohhanfstaub (Byssinose)4203 Adenokarzinome der Nasenhaupt- und Nasennebenhçhlen durch St�ube

von Eichen- oder Buchenholz

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 40

26 Berufskrankheiten-Verordnung (BKV)

Page 41: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

43 Obstruktive Atemwegserkrankungen

4301 Durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankun-gen (einschließlich Rhinopathie), die zur Unterlassung aller T�tigkeiten ge-zwungen haben, die f�r die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wie-deraufleben der Krankheit urs�chlich waren oder sein kçnnen

4302 Durch chemisch – irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte ob-struktive Atemwegserkrankungen, die zur Unterlassung aller T�tigkeitengezwungen haben, die f�r die Entstehung, die Verschlimmerung oder dasWiederaufleben der Krankheit urs�chlich waren oder sein kçnnen

5 Hautkrankheiten

5101 Schwere oder wiederholt r�ckf�llige Hauterkrankungen, die zur Unterlas-sung aller T�tigkeiten gezwungen haben, die f�r die Entstehung, die Ver-schlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit urs�chlich warenoder sein kçnnen

5102 Hautkrebs oder zur Krebsbildung neigende Hautver�nderungen durchRuß, Rohparaffin, Teer, Anthrazen, Pech oder �hnliche Stoffe

6 Krankheiten sonstiger Ursache

6101 Augenzittern der Bergleute

Juristisch gesehen handelt es sich bei der „Anlage BKV“ um eine Liste von „Versicherungs-f�llen“. Die Systematik dieser Berufskrankheitenliste mit 68 Positionen weist historisch ge-wachsene Besonderheiten auf:

Es gibt Berufskrankheiten ohne Bezeichnung einer klinischen Diagnose („Erkrankungendurch…“), die als sog. „offene Tatbest�nde“ im Berufskrankheitenverfahren große prakti-sche Probleme aufwerfen. Im Aufbau der als Empfehlung an die Mitgliedsstaaten bekanntenEurop�ischen Berufskrankheitenliste (Kommission der EG, 2003) spiegelt sich die gleicheProblematik wider. Der klinische Hintergrund dieser Berufskrankheiten erçffnet sich erstdurch das Studium der dazugehçrigen Merkbl�tter (Kapitel G), die vom Verordnungsgeber inchronologischer Reihenfolge zu jeder Berufskrankheit im Bundesarbeitsblatt verçffentlichtwerden. Zus�tzlich werden in Kapitel F Krankheitsbilder nach medizinischen Fachgebietenaufbereitet, so daß deren Berufskrankheiten – Zuordnung nicht nur bei den „offenen Tat-best�nden“ erleichtert wird.

Weitere Unterschiede der Berufskrankheiten entsprechen gesetzlichen Vorgaben: Die inder Anlage BKV mçglichen Hinweise auf eine Verursachung der Berufskrankheiten durch„…T�tigkeiten in bestimmten Gef�hrdungsbereichen…“ (§ 9 (1) SGB VII) sind in der Berufs-krankheitenliste nicht einheitlich umgesetzt (vgl. BK-Nr. 3101: „Gesundheitsdienst“). Dabeikçnnte diese wertvolle Information bei allen Berufskrankheiten nicht nur zur Aufkl�rung derBetroffenen, sondern auch zum Ergreifen von Pr�ventionsmaßnahmen dienlich sein.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 41

Anlage der BKV (Berufskrankheitenliste) 27

Page 42: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Sozialpolitisch problematisch erscheint die Tatsache, dass die Anerkennungsvorausset-zung „…Unterlassung aller T�tigkeiten…“ (§ 9 (4) SGB VII) zwar unter pr�ventivmedizi-nischen Aspekten sinnvoll erscheint, die Berufsaufgabe aufgrund von Berufskrankheitenaber nur bei neun der 68 enumerierten Krankheiten verlangt wird.

In zwei F�llen sind analog zu den „pack-years“ bei Rauchern Dosis-Wirkungs-Beziehun-gen in Form von (Asbest-) Faserjahren (BK-Nr. 41 04) und (Kohle-/Gesteins-) Feinstaubjah-ren (BK-Nr. 41 11) vorgegeben.

Grunds�tzlich ist erg�nzend zu den einschr�nkenden Entsch�digungsvoraussetzungen(Berufsaufgabe, Dosisgrenzwert) anzumerken, dass auch klinische Fr�hstadien als Berufs-krankheiten „dem Grunde nach“ Pr�ventionsmaßnahmen nach § 3 BKV bedingen.

Literaturhinweis:Empfehlung der Kommission �ber die Europ�ische Liste der Berufskrankheiten (Kommission der EG,

2003)Les maladies professionelles (INRS, 2004)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 42

28 Berufskrankheiten-Verordnung (BKV)

Page 43: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

EUnfallversicherungs-Anzeigeverordnung (UVAV)

Die gesetzliche Anzeigepflicht des Unfallversicherungsfalls „Berufskrankheit“ einschließ-lich der Erm�chtigungsgrundlage f�r die UVAV ist im SGB VII geregelt. Im Grunde handelt essich nicht um die strafrechtliche Anzeige einer Person, sondern um die Meldung eines Sach-verhaltes.

Die UVAV ist mit Zustimmung des Bundesrats am 1. August 2002 in Kraft getreten (BGBl.I S. 554).

Hervorzuheben ist als historische Tatsache, dass die Berufskrankheiten-Anzeigepflichtzum ersten Mal in einer separaten Verordnung geregelt wird. Diese beinhaltet �berwiegendformale Vorgehensweisen, sodass die Definition von Anzeigekriterien einer �nderungsver-ordnung vorbehalten bleibt.

1 Verf�gender Teilder [Berufskrankheiten – und/d. V.]Unfallversicherungs-Anzeigeverordnung

Verordnung �ber die Anzeige von Versicherungsf�llen

in der gesetzlichen Unfallversicherung

(Unfallversicherungs-Anzeigeverordnung – UVAV)

Vom 23. Januar 2002

Auf Grund des § 193 Abs. 8 und des § 202 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetz-buch – Gesetzliche Unfallversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996,BGBl. I S. 1254), von denen § 193 Abs. 8 durch Artikel 1 Nr. 7 des Gesetzes vom17. Juli 2001 (BGBl. I S. 1600) ge�ndert worden ist, verordnet das Bundesministe-rium f�r Arbeit und Sozialordnung:

§ 1

Anwendungsbereich

Die Anzeige von Unf�llen und Berufskrankheiten, die nach den §§ 193 und 202 desSiebten Buches Sozialgesetzbuch zu erstatten ist, richtet sich nach den Bestimmungendieser Verordnung.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 43

Page 44: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

§ 2

Anzeige von Unf�llen

(1) Die Anzeige eines Unfalls nach § 193 Abs. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuchist von den Unternehmern und f�r Versicherte nach § 2 Abs. 1 Nr. 15 Buchstabe ades Siebten Buches Sozialgesetzbuch von den Tr�gern der Einrichtungen auf Vordru-cken nach dem Muster der Anlage 1 zu erstatten.(2) Die Anzeige eines Unfalls f�r Kinder in Tageseinrichtungen, Sch�ler und Studie-rende nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch ist von den Unter-nehmern oder, wenn der Schulhoheitstr�ger nicht Unternehmer ist, von den Schulho-heitstr�gern (§ 193 Abs. 3 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch) aufVordrucken nach dem Muster der Anlage 2 zu erstatten.

§ 3

Anzeige von Berufskrankheiten

(1) Die �rzte und Zahn�rzte haben bei begr�ndetem Verdacht auf das Vorliegen einerBerufskrankheit die Anzeige nach § 202 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuchauf Vordrucken nach dem Muster der Anlage 3 zu erstatten.(2) Die Unternehmer haben bei Anhaltspunkten f�r das Vorliegen einer Berufskrank-

heit die Anzeige nach § 193 Abs. 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch auf Vordru-cken nach dem Muster der Anlage 4 zu erstatten.

§ 4

Gestaltung der Vordrucke, Erl�uterungen, Hinweise

(1) Die Grçße der Vordrucke betr�gt 297 x 210 mm (Format DIN A 4).(2) Die Spitzenverb�nde der Unfallversicherungstr�ger kçnnen im Benehmen mit demBundesministerium f�r Arbeit und Sozialordnung f�r jeden Vordruck nach dem Mus-ter der Anlagen 1 bis 4 bundeseinheitliche Erl�uterungen erstellen.(3) Die anzeigepflichtigen Unternehmer haben die Versicherten auf ihr Recht hin-zuweisen, eine Kopie der Anzeige zu verlangen.

§ 5

Anzeige durch Daten�bertragung

(1) Die Anzeigen nach den §§ 2 und 3 und die Durchschriften kçnnen im Einverneh-men mit dem Anzeigeempf�nger auch im Wege der Daten�bertragung �bermitteltwerden, soweit die Darstellung der Anzeige nach Form und Inhalt dieselben Felderund Texte wie das f�r die entsprechende Anzeige vorgesehene Formular enth�lt.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 44

30 Unfallversicherungs-Anzeigeverordnung (UVAV)

Page 45: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

(2) Wird die Anzeige durch Daten�bertragung erstattet, ist in ihr anzugeben, welchesMitglied des Betriebs- oder Personalrats vor der Absendung von ihr Kenntnis genom-men hat.(3) Bei der Daten�bertragung sind geeignete Maßnahmen zur Sicherstellung von Da-tenschutz und Datensicherheit nach dem jeweiligen Stand der Technik vorzusehen;bei der Nutzung allgemein zug�nglicher Netze sind Verschl�sselungsverfahren anzu-wenden.

§ 6

In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten

(1) Diese Verordnung tritt am 1. August 2002 in Kraft.(2) Gleichzeitig treten § 7 der Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997(BGBl. I S. 2623) und die Allgemeine Verwaltungsvorschrift �ber die Neufassung desMusters f�r Unfallanzeigen vom 31. Juli 1973 (BAnz. Nr. 143 vom 3. August 1973)außer Kraft.

§ 3 Anzeige von Berufskrankheiten wiederholt die gesetzlichen Formulierungen, denenzu Folge „…bei begr�ndetem Verdacht…“ die �rzteschaft, bzw. „…bei Anhaltspunkten…“die Unternehmer…“ der Berufskrankheiten-Anzeigepflicht unterliegen (vgl. Kapitel C). Ob-wohl im SGB VII eine Konkretisierung die Begriffe „Verdacht“ und „Anhaltspunkte“ durchdie Verordnung nicht ausgeschlossen wird, formuliert die UVAV keine Anzeigekriterien. DieBegr�ndung des „Berufskrankheitenverdachts“ bleibt dem �rztlichen Wissen und Gewissen�berlassen! Hilfestellungen finden sich in einigen Merkbl�ttern (Kapitel G), wobei fest-zuhalten ist, dass es sich dabei nicht um rechtsverbindliche Regelwerke handelt. Inwieweitandererseits die Vorgaben von Berufskrankheiten-Anzeigekriterien durch die Unfallver-sicherungstr�ger dem Geist des Gesetzes entsprechen, wird von den Anzeigenden kritischzu w�rdigen sein.

§ 5 Anzeige durch Daten�bertragung spricht die „Anzeigeempf�nger“ nur in abstrak-ter Form an, weil diese bereits im Gesetz (§ 193 (2) und § 202 SGB VII) konkretisiert sind(Kapitel C).

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 45

Verf�gender Teil der UVAV 31

Page 46: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

2 Anlagen 3 und 4 der UVAV(Berufskrankheiten-Anzeigenformulare)

Anlage 3

�rztliche Anzeige bei Verdacht auf eine Berufskrankheit

1 Name und Anschrift des Arztes

2 Empf�nger

3 Name, Vorname des Versicherten 4 Geburtsdatum Tag Monat Jahr

5 Straße, Hausnummer Postleitzahl Ort

6 Geschlecht 7 Staatsangehçrigkeit

& m�nnlich & weiblich

8 Ist der Versicherte verstorben? Tag Monat Jahr

& nein & ja, am

9 Fand eine Leichençffnung statt? Wenn ja, wann und durch wen?

10 Welche Berufskrankheit, Berufskrankheiten kommen in Betracht? (ggf. BK-Nummer)

11 Krankheitserscheinungen, Beschwerden des Versicherten, Ergebnis der Untersuchung

mit Diagnose (Befundunterlagen bitte beif�gen), Angaben zur Behandlungsbed�rftigkeit

12 Wann traten die Beschwerden erstmals auf?

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 46

32 Unfallversicherungs-Anzeigeverordnung (UVAV)

Page 47: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

13 Erkrankungen oder Bereiche von Erkrankungen, die mit dem Untersuchungsergebnis

in einem urs�chlichen Zusammenhang stehen kçnnen

14 Welche gef�hrdenden Einwirkungen und Stoffe am Arbeitsplatz bzw. welche T�tig-

keiten werden f�r die Entstehung der Erkrankung als urs�chlich angesehen? Welche

T�tigkeiten �bt/�bte der Versicherte wie lange aus?

15 Besteht Arbeitsunf�higkeit? Wenn ja, voraussichtlich wie lange?

16 In welchem Unternehmen ist der Versicherte oder war er zuletzt t�tig? In welchem

Unternehmen war er den unter Nummer 14 genannten Einwirkungen und Stoffen

zuletzt ausgesetzt?

17 Krankenkasse des Versicherten (Name, PLZ, Ort)

18 Name und Anschrift des behandelnden Arztes/Krankenhauses (soweit bekannt auch

Telefon- und Faxnummer)

19 Der Unterzeichner best�tigt, den Versicherten �ber den Inhalt der Anzeige und den

Empf�nger (Unfallversicherungstr�ger oder f�r den medizinischen Arbeitsschutz

zust�ndige Landesbehçrde) informiert zu haben.

20 Datum Arzt Telefon-Nr. f�r R�ckfragen (Ansprechpartner)

Bank/Postbank Kontonummer Bankleitzahl

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 47

Anlagen 3 und 4 der UVAV (BK-Anzeigenformulare) 33

Page 48: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Anlage 4

Anzeige des Unternehmers bei Anhaltspunkten f�r eine Berufskrankheit

1 Name und Anschrift des Unternehmens 2 Unternehmensnummerdes Unfallversicherungstr�gers

3 Empf�nger

4 Name, Vorname des Versicherten 5 Geburtsdatum Tag Monat Jahr

6 Straße, Hausnummer Postleitzahl Ort

7 Geschlecht 8 Staatsangehçrigkeit 9 Leiharbeitnehmer

& m�nnlich & weiblich & ja & nein

10 Auszubildender 11 Ist der Versicherte & Unternehmer & Ehegatte des Unternehmers

& ja & nein & mit dem Unternehmer verwandt & Gesellschafter/Gesch�ftsf�hrer

12 Anspruch auf Entgeltfortzahlung 13 Krankenkasse des Versicherten

besteht f�r Wochen (Name, PLZ, Ort)

14 Welche Krankheitserscheinungen liegen vor, die Anhaltspunkte f�r die Anzeige bilden?

Welche Beschwerden �ußert der Versicherte? Auf welche gef�hrdenden Einwirkungen

und Stoffe f�hrt er die Beschwerden zur�ck?

15 Welche gef�hrdenden T�tigkeiten hat der Versicherte ausge�bt? Welchen gef�hrdenden

Einwirkungen und Stoffen war er bei der Arbeit ausgesetzt?

16 Wurden arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen durchgef�hrt? Wenn ja, durch

wen und wann?

17 Wurden die unter Nummer 15 genannten Gef�hrdungsfaktoren am Arbeitsplatz des

Versicherten �berpr�ft (z. B. Gef�hrdungsbeurteilung, Messungen), wenn ja mit

welchem Ergebnis?

18 Datum Unternehmer/Bevollm�chtigter Betriebsrat (Personalrat) Telefon-Nr. f�r R�ckfragen(Ansprechpartner)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 48

34 Unfallversicherungs-Anzeigeverordnung (UVAV)

Page 49: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Sowohl im Formular f�r die �rztliche Anzeige (Anlage 3) als auch in der Unternehmer-anzeige (Anlage 4) sind als „Empf�nger“ laut Gesetz (§ 193 (2) und § 202 SGB VII) dieUnfallversicherungstr�ger (Auflistung siehe Kapitel L) oder bei �rztlichen Berufskrankhei-tenanzeigen alternativ die Landesgewerbe�rzte bzw. Staatlichen Gewerbe�rzte mit Sitz inden jeweiligen Landeshauptst�dten (Auflistung mit Adressen siehe Kapitel L) einzusetzen.

Die nahe liegende Frage nach dem laut Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) von dem Unter-nehmen bestallten Betriebsarzt wird in beiden Formularen nicht gestellt.

Literaturhinweis:Aufzeichnung und Meldung von Arbeitsunf�llen und Berufskrankheiten sowie IAO-Liste der Berufs-

krankheiten (Internationales Arbeitsamt, 2001)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 49

Anlagen 3 und 4 der UVAV (BK-Anzeigenformulare) 35

Page 50: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

FBerufskrankheiten nach Fachgebieten(B�K-Enumeration)

Die verschiedenen Krankheitsbilder der enumerierten Berufskrankheiten sind in diesem Ka-pitel den entsprechenden medizinischen Fachgebieten einschließlich Zahnheilkunde zuge-ordnet. Deren Auswahl (Gebiete und Schwerpunkte) und Nummerierung basieren auf § 2(1) der (Muster-) Weiterbildungsordnung der Bundes�rztekammer (B�K, 1992). Mit separaterNummer ist die Zahnheilkunde beigef�gt.

Die tabellarische Aufstellung dient dem Erkennen einer Berufskrankheit anhand der kli-nischen Befundkonstellation und ferner der Optimierung einer konsiliarischen Zusammen-arbeit unter den verschiedenen Fachdisziplinen.

Aufgrund der systematischen Gliederung – vorgegeben durch die Berufskrankheiten-Ver-ordnung und die Weiterbildungsordnung – wird, von der klinischen Symptomatik ausge-hend, die Orientierung zum Auffinden der dazu gehçrigen Merkbl�tter (Kapitel G) sowie derwissenschaftlichen Begr�ndungen (Kapitel H und I) zu den einzelnen Berufskrankheitenerleichtert.

Literaturhinweis:The use of international classification of diseases (ICD-10) in occupational health (M�sch, 1998)Gebietsgrenzen (Schulenberg, 2003)Anhaltspunkte f�r die �rztliche Gutachtert�tigkeit (BMGS, 2004)

1 Allgemeinmedizin

– Alle Berufskrankheiten –

Literaturhinweis:Allgemeinmediziner und Berufskrankheiten (Kommission der EG, 1993)

4 Arbeitsmedizin

– Alle Berufskrankheiten –

Literaturhinweis:Arbeitsmedizin, Band 2: Berufskrankheiten (Valentin et al., 1985)Encyclopaedia of Occupational Health and Safety (ILO, 1989)Les maladies professionelles (INRS, 2004)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 50

Page 51: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

5 Augenheilkunde

Berufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 03 (Chrom) Konjunktivitis, Hornhautsch�denNr. 11 08 (Arsen) Chemosis, Hornhautulzera, KonjunktivitisNr. 12 01 (Kohlenmonoxyd) ErblindungNr. 12 02 (Schwefelwasserstoff) Konjunktivitis, Hornhautsch�digung,

LidkrampfNr. 13 03 (Benzol/Styrol) NetzhautblutungenNr. 13 07 (Phosphorverbdg., organ.) Akkomodationsstarre, Miosis, Tr�nenflussNr. 13 13 (Benzochinon) Keratektasie, Ulcus serpensNr. 13 15 (Isocyanate) Hornhautsch�digungNr. 24 01 (W�rmestrahlung) Katarakt, „Feuerlamellen“Nr. 24 02 (Ionisierende Strahlung) KataraktNr. 31 01 (Gesundheitsdienst, Labor…) Infektionskrankheiten

– AIDS (Retinopathie),– Zytomegalie (Retinitis)

Nr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen– Leptospirose (Iridozyklitis),– Newcastle-Krankheit, Pasteurellose,

Tular�mie, Yersiniose (Konjunktivitis),– Katzenkratzkrankheit (Erblindung),– Sporotrichose,– Toxoplasmose

Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalt) Tropenkrankheiten, FleckfieberNr. 61 01 (Bergleute) Nystagmus

Literaturhinweis:Auge (Kirchhof und Schrage, 2002)

9 Frauenheilkunde

Berufskrankheit KrankheitsbilderNr. 13 03 (Benzol) Schleimhautblutungen (Uterus-)Nr. 24 02 (Ionisierende Strahlung) Amenorrhç, Sterilit�t, EmbryopathieNr. 31 01 (Gesundheitsdienst, Labor…) Infektionskrankheiten

– Gesundheitssch�den der Leibesfrucht:AIDS, Rçteln, Virushepatitiden A, B, und C,Windpocken, Zytomegalie

Nr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen– Tuberkulose (Genital-)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 51

Augenheilkunde 37

Page 52: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

– Gesundheitssch�den der Leibesfrucht:Campylobacter- Inf., Chlamydiosen,Leptospirosen, Listeriose, Lyme-Borreliose,Choriomeningitis, Toxoplasmose

Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalt) Tropenkrankheiten, Fleckfieber

Literaturhinweis:Reproduktionsorgane – Fertilit�t (Neulen, 2002)Reproduktion und Entwicklung (Jçdicke und Neubert, 2004)

10 Hals-Nasen-Ohrenheilkunde

Berufskrankheit KranheitsbilderNr. 11 02 (Quecksilber) Stomatitis mercurialis (Parotis),

„Quecksilberrachen“Nr. 11 03 (Chrom) Nasenkrebs, SeptumperforationNr. 11 04 (Cadmium) Anosmie, Nasenschleimhaut

-Atrophie/-UlzerationenNr. 11 08 (Arsen) SeptumperforationNr. 13 03 (Benzol) SchleimhautblutungenNr. 13 11 (Alkyl-/Aryl-/Alkylarylsulfide) Atemwegstumoren, Nebenhçhlen-

affektionenNr. 22 01 (Druckluft) Tinnitus, Schwerhçrigkeit,

(M. Meni�re)Nr. 23 01 (L�rm) Schwerhçrigkeit (Innenohr-/

Schallempfindungs-)Nr. 31 01 (Gesundheitsdienst, Labor…) Infektionskrankheiten

– AIDS, Diphtherie, Pertussis, Masern,Mononukleose, Mumps, Scharlach,Virusgrippe

Nr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen– Listeriose (Monozytenangina),– Rattenbisskrankheit

(pharyngolaryngeale Symptome),– Sporotrichose (Schleimhaut),– Streptococc.-equi– Inf. (Pharyngitis),– Streptococc.-suis– Inf. (Taubheit)

Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalt) Tropenkrankheiten, FleckfieberNr. 41 04 (Asbest) LarynxkarzinomNr. 41 09 (Nickel) AtemwegstumorenNr. 41 10 (Kokereirohgase) Atemwegstumoren

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 52

38 Berufskrankheiten nach Fachgebieten

Page 53: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Nr. 42 03 (Eichen-/Buchenholz) Adenokarzinome (nasale ~)Nr. 43 01 (Allergisierende Stoffe) Rhinopathie (allerg.)BK nach § 9 (2) SGB VII (Lederstaub) Nasenkrebs

Literaturhinweis:HNO (Engelke und Westhofen, 2002)Occupational Respiratory Cancer (M�sch, 2005)

11 Haut- und Geschlechtskrankheiten

Berufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 01 (Blei) „Bleikolorit“Nr. 11 02 (Quecksilber) Dermatitis mercurialisNr. 11 03 (Chrom) Ekzeme, „Chromatgeschw�re“Nr. 11 06 (Thallium) Lunulastreifen, HaarausfallNr. 11 07 (Vanadium) EkzemeNr. 11 08 (Arsen) Melanose, Hyperkeratosen (Tumoren), Efflo-

reszenzen, Haarausfall, Mees-Nagelb�nderNr. 11 09 (Phosphor) Hautblutungen, VerbrennungenNr. 11 10 (Beryllium) Granulome, KeloideNr. 13 02 (Halogenkohlenwasserstoffe) Ekzeme, Chlorakne, Pernakrkht., Haarausfall,

PorphyrieNr. 13 03 (Benzol/Styrol) Ekzeme, HautblutungenNr. 13 04 (Nitro-/Aminoverbdg.

d. Benzols) HauterkrankungenNr. 13 05 (Schwefelkohlenstoff) Hautsch�denNr. 13 08 (Fluor) KolliquationsnekrosenNr. 13 10 (Alkyl-/Aryl-/Alkylaryloxide) Chlorakne, Pernakrkht., Nekrosen,

DermatitidenNr. 13 11 (Alkyl-/Aryl-/Alkylarylsulfide) FurunkoloseNr. 13 14 (Butylphenol) Vitiligo, KontaktdermatitisNr. 13 15 (Isocyanate) Urtikaria, Kontaktekzem, DermatitidenNr. 21 04 (Vibration/H�nde) „Weißfingerkrankheit“, Raynaud-SyndromNr. 22 01 (Druckluft) �deme, MarmorierungNr. 24 02 (Ionisierende Strahlung) Rçntgenoderm, Poikilodermie, Epilation,

Warzen, KarzinomeNr. 31 01 (Gesundheitsdienst, Labor…) Infektionskrankheiten

– AIDS (Kaposi-Sarkom), Herpes,Inokulationstuberkulose, Masern,Ringelrçteln, Rçteln, Scharlach, Syphillis,Windpocken

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 53

Haut- und Geschlechtskrankheiten 39

Page 54: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Nr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen– SVD-Virus-Inf. (Bl�schen, Aphthen),– EHEC-Inf. (Purpura/TTP),– Katzenkratzkrankheit. (Exanthem,

general.),– Listeriose, (Papeln, Pusteln),– Lyme-Borreliose (Erythema migr.,

Akrodermatitis chron. atroph.)– Maul- und Klauenseuche,– Melkerknoten,– Mikrosporie (Tinea capitis/corporis),– Milzbrand (Karbunkel),– Pasteurellose (Phlegmone, Abszess),– Rattenbisskrankheit. (�dem, Ulzerationen,

Exanthem),– Erysipeloid,– Sporotrichose,– Pocken (Tier-),– Trichophytie,– Tuberkulose (Haut-/Genital-)– Tular�mie (Ulzera, Knoten)– Yersiniose (Erythema nodosum)

Nr. 31 03 (Bergleute) Wurmkrankheit (Urtikaria, �deme)Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalte) Tropenkrankheiten, FleckfieberNr. 51 01 (Hauterkrankungen) Kontaktekzeme (allerg./degen. – tox.),

�lakne, UrtikariaNr. 51 02 (Ruß, Teer, Pech…) Hautkrebs, Pr�kanzerosen (Teer- und

Pechwarzen)

Literaturhinweis:Das Berufsekzem (M�ller, 1980)Haut (Merk, 2002)Haut (Merk, 2004)

15 Innere Medizin

Die Berufskrankheiten – Zuordnung erfolgt entsprechend der Weiterbildungsordnung (B�K,1992) an Hand der internistischen Schwerpunkte (15.C.):15.C.1 Angiologie15.C.2 Endokrinologie15.C.3 Gastroenterologie

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 54

40 Berufskrankheiten nach Fachgebieten

Page 55: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 55

15.C.4 H�matologie15.C.5 Kardiologie15.C.6 Nephrologie15.C.7 Pneumologie

15.C.1 AngiologieBerufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 08 (Arsen) Gef�ßerkrankungen, Akrozyanose, Gangr�nNr. 11 09 (Phosphor) H�morrhagische DiatheseNr. 12 01 (Kohlenmonoxid) Gef�ßver�nderungen (Durchl�ssigkeit),

Gef�ßl�hmungenNr. 13 02 (Halogenkohlenwasserstoff) H�mangioendothelsarkom (Leber)Nr. 13 03 (Benzol/Styrol) H�morrhagische DiatheseNr. 13 05 (Schwefelkohlenstoff) ArterioskleroseNr. 13 09 (Salpeters�ureester) Blutgef�ßerweiterungNr. 21 04 (Vibration/H�nde) Vasospasmus, DurchblutungsstçrungenNr. 22 01 (Druckluft) Ebullismus: Gasembolien, Gef�ß-

erweiterungenNr. 31 01 (Gesundheitsdienst, Labor…) Infektionskrankheiten

– AIDS (Kaposi-Sarkom)Nr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen

– EHEC-Inf. (Mikroangiopathie/TTP),– Erysipeloid, Sporotrichose

(Lymphangitis),– Streptococc.-equi – Inf., Toxoplasmose

(Lymphadenopathie),– Trichophytie, Tular�mie (Lymphknoten-

schwellung)Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalte) Tropenkrankheiten, Fleckfieber

15.C.2 EndokrinologieBerufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 05 (Mangan) M. BasedowNr. 12 01 (Kohlenmonoxyd) Inkretionsstçrungen (Nebenniere)Nr. 13 05 (Schwefelkohlenstoff) Hormonstçrungen (Nebennierenrinde)Nr. 13 14 (Butylphenol) Struma diffusaNr. 24 02 (Ionisierende Strahlen) Schilddr�senkrebs

Literaturhinweis:Endokrin wirkende Substanzen (Weber et al., 2002)Endokrine Systeme (Thomas et al., 2004)

Innere Medizin 41

Page 56: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

15.C.3 GastroenterologieBerufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 01 (Blei) Gastro-Duodenal-Ulzera,

„Bleikoliken“Nr. 11 02 (Quecksilber) D�nn-Dickdarm-Schleimhautnekrosen,

DiarrhçenNr. 11 03 (Chrom) �sophagitis, GastritisNr. 11 04 (Cadmium) LeberparenchymschadenNr. 11 05 (Mangan) LeberparenchymschadenNr. 11 08 (Arsen) Leberparenchymschaden, Leberschwellung

(Ikterus), LebertumorenNr. 11 09 (Phosphor) Leberdystrophie, LeberzirrhoseNr. 11 10 (Beryllium) LeberparenchymschadenNr. 12 01 (Kohlenmonoxyd) Hepatopathie, VerdauungsstçrungenNr. 13 02 (Halogenkohlenwasserstoff) Lebersarkom, Leber-Milz-Vergrçßerung, �so-

phagusvarizenNr. 13 03 (Benzol, Styrol) Magen-Darm-StçrungenNr. 13 04 (Nitro-/Aminoverbdg.

d. Benzols) HepatopathieNr. 13 05 (Schwefelkohlenstoff) Magen-Darm-StçrungenNr. 13 06 (Methanol) LeberschwellungNr. 13 07 (Phosphorverbdg., organ.) Magen-Darm-Dr�sensekretionssteigerung,

Spasmus, KolikenNr. 13 08 (Fluor) Magen-Darm-Ver�tzungen, Lebersch�denNr. 13 10 (Alkyl-/Aryl-/Alkylaryloxide) Hepatitis (tox.), Leberzellsch�denNr. 13 11 (Alkyl-/Aryl-/Alkylarylsulfide) Magenkrebs, GastroenteritidenNr. 13 14 (Butylphenon) HepatoseNr. 13 16 (Dimethylformamid) LebererkrankungenNr. 31 01 (Gesundheitsdienst, Labor…) Infektionskrankheiten

– Virushepatitis (Hepatomegalie, Leberver-sagen/-zirrhose/-karzinom), Cholera,Dysenterie, Helikobakter-/Rotavirus-Inf.,Salmonellose, Typhus, Zytomegalie

Nr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen– Balantidienruhr,– Brucellose (Milz-/Leber- Granulome),– Campylobacter-Inf. (Gastritis, Kolitis,

Peritonitis, Proktitis),– Echinokokkose (Leber-/Milz-/Peritoneal-

zysten),– EHEC-Inf. (Enteritis),

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 56

42 Berufskrankheiten nach Fachgebieten

Page 57: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

– Giardiasis,– Kryptosporidiose (Enterokolitis),– Leptospirose (Hepatitis),– Listeriose (Leberabszess),– Lyme-Borreliose (Magen-Darm-Symptome),– Milzbrand (D�nndarmkarbunkel,

Peritonitis),– Pasteurellose (Enteritis, Peritonitis),– Q-Fieber (Hepatitis, granulom.),– Toxoplasmose (Leber, Milz),– Tuberkulose (Peritonitis),– Tular�mie (Milzschwellung, Diarrhçen),– Yersiniose (Enteritis, Enterokolitis,

Leberzirrhose)Nr. 31 03 (Bergleute) Wurmkrankheit (Magen-Darm-

Symptomatik, Koliken, Diarrhçen)Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalte) Tropenkrankheiten, FleckfieberNr. 41 05 (Asbest) Mesotheliom (Peritoneal-)

Literaturhinweis:Vinylchlorid und Leber (Lelbach, 1977)Leber-Entgiftung (Marschall und Opfermann, 2002)Magen- und Darmerkrankungen (Nguyen, 2002)Morphologie und Funktion der Leber (Kahl, 2004)

15.C.4 H�matologieBerufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 01 (Blei) An�mie („T�pfelzellen“)Nr. 11 08 (Arsen) An�mie (h�molyt.), Ikterus, LymphopenieNr. 12 01 (Kohlenmonoxyd) Kohlenmonoxydh�moglobin (CO-Hb)Nr. 13 03 (Benzol/Styrol)) H�matopoesesch�digung, Leuk�mie, An�mieNr. 13 04 (Nitro-/Aminoverbdg.

d. Benzols)

Meth�moglobinbildung, An�mie,Heinz-Innenkçrper, Ikterus

Nr. 13 11 (Alkyl-/Aryl-/Alkylarylsulfide) Leukopenie, EosinophilieNr. 24 02 (Ionisierende Strahlung) Leuk�mie, Plasmozytom, Lymphome, An�mieNr. 31 01 (Gesundheitsdienst, Labor…) Infektionskrankheiten

Mononukleose, AIDS, ZytomegalieNr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen

– EHEC-Inf. (TTP/thrombotisch-thrombozyto-penische Purpura),

– Listeriose (Monozyten)Nr. 31 03 (Bergleute) Wurmkrankheit (Eosinophilie, An�mie)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 57

Innere Medizin 43

Page 58: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalte) Tropenkrankheiten, Fleckfieber

Literaturhinweis:Blut bildendes System, Blut (Osieka, 2002)Blut und Blut bildende Organe (Eyer und Klimmek, 2004)

15.C.5 KardiologieBerufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 08 (Arsen) Herz-Kreislauf-StçrungenNr. 12 01 (Kohlenmonoxid) Herz-Kreislauf-StçrungenNr. 13 02 (Halogenkohlenwasserstoff) Reizbildungs-/Reizleitungsstçrung,

Arrhythmie, KreislaufversagenNr. 13 06 (Methanol) HypertonieNr. 13 07 (Phosphorverbdg., organ.) Bradykardie, HypertonieNr. 13 08 (Fluor) Herzsch�denNr. 13 09 (Salpeters�ureester) Kreislaufkollaps, HerzversagenNr. 22 01 (Druckluft) Herzinfarkt (Gasembolie)Nr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen

– Brucellose, Chlamydiose,Listeriose, Q-Fieber, Erysipeloid,Streptococc.-equi-Inf. (Endocarditis),

– Leptospirose (Myokarditis),– Salmonellose (Aortenklappenendo-

karditis),– Tular�mie (Pektangina)

Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalte) Tropenkrankheiten, FleckfieberNr. 41 03 (Asbest) PerikardplaquesNr. 41 05 (Asbest) Perikardmesotheliom

Literaturhinweis:Untersuchung und Beurteilung des Herzkranken (Knipping et al., 1960)Herzinsuffizienz (Erdmann, 2003)Vorhersagbarkeit einer koronaren Herzkrankheit im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Vorsorgeun-

tersuchung (Berghoff, 2004)Kardiotoxizit�t (Zolk und Eschenhagen, 2004)

15.C.6 NephrologieBerufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 01 (Blei) SchrumpfniereNr. 11 02 (Quecksilber) Anurie, Ur�mieNr. 11 04 (Cadmium) Nierensch�den (Proteinurie)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 58

44 Berufskrankheiten nach Fachgebieten

Page 59: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 59

Nr. 11 08 (Arsen) Oligurie, Ur�mieNr. 11 09 (Phosphor) Olig-/Albumin-/H�maturieNr. 13 01 (Amine, aromat.) PyelonephritisNr. 13 02 (Halogenkohlenwasserstoffe) Nierensch�digungNr. 13 06 (Methanol) Anurie, Ur�mieNr. 13 08 (Fluor) Nierensch�digungNr. 13 10 (Alkyl-/Aryl-/Alkylaryloxide) NephroseNr. 31 01 (Gesundheitsdienst, Labor…) Infektionskrankheiten:

– Zytomegalie (Glomerulonephritis)Nr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen

– Chlamydiosen, Streptococc.-equi– Inf.(Glomerulonephritis),

– EHEC-Inf. (Niereninsuffizienz/HUS),– Nephropathia epidemica,– Leptospirose (Nephritis)

Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalte) Tropenkrankheiten, Fleckfieber

Literaturhinweis:Niere (Baldamus und Friederes, 2002)Niere (Cojocel, 2004)

15.C.7 PneumologieBerufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 03 (Chrom) Bronchialkarzinom, Lungenfibrose,

BronchitisNr. 11 04 (Cadmium) Bronchitis, LungenemphysemNr. 11 05 (Mangan) „Manganpneumonie“Nr. 11 07 (Vanadium) Asthma, Bronchitiden, BronchopneumonieNr. 11 08 (Arsen) Bronchialkarzinom, BronchitidenNr. 11 10 (Beryllium) Pneumonie, „Berylliose“Nr. 12 02 (Schwefelwasserstoff) BronchopneumonieNr. 13 07 (Phosphorverbdg., organ.) Bronchospasmus, LungenoedemNr. 13 08 (Fluor) Sch�den am RespirationstraktNr. 13 10 (Alkyl-/Aryl-/Alkylaryloxide) BronchialkarzinomNr. 13 11 (Alkyl-/Aryl-/Alkylarylsulfide) Bronchialkarzinom, Bronchiektasie,

Bronchitis, EmphysemNr. 13 15 (Isocyanate) Alveolitis, Asthma, BronchitisNr. 24 02 (Ionisierende Strahlung) Bronchialkarzinom, LungenfibroseNr. 31 01 (Gesundheitsdienst, Labor…) Infektionskrankheiten

– Tuberkulose, AIDS, Chlamydien-/Mykoplasmen-Inf., Legionellose,Virusgrippe, Zytomegalie

Innere Medizin 45

Page 60: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 60

Nr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen– Chlamydiosen (Pneumonie, interstit.),– Echinokokkose (Lungenzysten),– Hantavirus Pulmonary Syndrome,– Listeriose, Streptococc.-equi-Inf.

(Pleuritis, Pneumonie),– LCM (Bronchitis),– Milzbrand (Bronchopneumonie),– Pasteurellose (Asthma, Bronchitis,

Pneumonie),– Pneumozystose,– Q-Fieber (Pneumonie),– Sporotrichose,– Tuberkulose,– Tular�mie (Pleuritis)

Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalte) Tropenkrankheiten, FleckfieberNr. 41 01 (Quarz) Lungenfibrose („Silikose“)Nr. 41 02 (Quarz) SilikotuberkuloseNr. 41 03 (Asbest) Lungen-/Pleurafibrose („Asbestose“)Nr. 41 04 (Asbest) BronchialkarzinomNr. 41 05 (Asbest) PleuramesotheliomNr. 41 06 (Aluminium) Lungenfibrose/-schrumpfung

(„Aluminose“), SpontanpneumothoraxNr. 41 07 (Hartmetall) LungenfibroseNr. 41 08 (Thomasmehl) Bronchitis, PneumonieNr. 41 09 (Nickel) BronchialkarzinomNr. 41 10 (Kokereirohgase) BronchialkarzinomNr. 41 11 (Steinkohlenbergbau) Bronchitis, LungenemphysemNr. 41 12 (Siliziumdioxid, kristallin) BronchialkarzinomNr. 42 01 (Organische St�ube) Alveolitis, (exogen-allerg.)Nr. 42 02 (Baumwolle, Flachs und Hanf) Pneumokoniose („Byssinose“)Nr. 43 01 (Allergisierende Stoffe) Asthma (allerg.)Nr. 43 02 (Chem.-irritat./tox. Stoffe) Asthma, BronchitisBK nach § 9 (2) SGB VII (PAK) BronchialkarzinomBK nach § 9 (2) SGB VII (Schweißrauch) Schweißerlungenfibrose

Literaturhinweis:Klinik der Lungenkrankheiten (Knipping und Rink, 1964)Occupational Respiratory Diseases (Merchant, 1986)Guidelines for the ILO International Classification of Radiographs of Pneumoconiosis (ILO, 2000)Atemwegs- und Lungenerkrankungen (Breuer und Hanrath, 2002)Respirationstrakt (Muhle und McClellan, 2004)Occupational Respiratory Cancer (M�sch, 2005)Occupational Lung Cancer (Woitowitz und M�sch, 2005)

46 Berufskrankheiten nach Fachgebieten

Page 61: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

17 Kinderheilkunde/Neonatologie

Berufskrankheit KrankheitsbilderNr. 13 08 (Fluor) „Dentalfluorose“ (Zahnschmelz)Nr. 24 0 2 (Ionisierende Strahlung) EmbryopathieNr. 31 01 (Gesundheitsdienst, Labor…) Infektionskrankheiten

– Gesundheitssch�den der Leibesfrucht:AIDS, Rçteln, Virushepatitiden A, B, und C,Windpocken, Zytomegalie

Nr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen– Gesundheitssch�den der Leibesfrucht:

Leptospirosen, Listeriose, Lyme-Borrelliose, Choriomeningitis, lymph.,Toxoplasmose

Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalte) Tropenkrankheiten, Fleckfieber

21 Mikrobiologie/Infektionsepidemiologie

Berufskrankheit KrankheitsbilderNr. 31 01 (Gesundheitsdienst, Labor…) InfektionskrankheitenNr. 31 02 (Tier � Mensch) ZoonosenNr. 31 03 (Bergleute) WurmkrankheitNr. 31 04 (Auslandsaufenthalte) Tropenkrankheiten, FleckfieberNr. 41 02 (Quarz) Silikotuberkulose

Literaturhinweis:Bioaerosole (K�mpfer, 2002)�ffentliches Gesundheitswesen (Exner, 2002)Infektionen in Klinik und Praxis (Vogel und Lebert, 2004)

22 Mund- Kiefer- Gesichtschirurgie

Berufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 09 (Phosphor) Osteomyelitis (Kieferknochen),

„Phosphornekrose“

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 61

Kinderheilkunde/Neonatologie 47

Page 62: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

25 Neurologie

Berufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 01 (Blei) Enzephalopathie, „Bleil�hmung“Nr. 11 02 (Quecksilber) Tremor mercurialis, Polyneuropathie,

EnzephalopathieNr. 11 05 (Mangan) „Manganismus“ (~ Morbus Parkinson)Nr. 11 06 (Thallium) Polyneuritis (Optikusneuritis),

Polyneuropathie (Bulb�rparalyse)Nr. 11 08 (Arsen) Polyneuropathie, NeuritidenNr. 11 10 (Beryllium) Nervenl�hmungenNr. 12 01 (Kohlenmonoxid) EnzephalopathieNr. 13 02 (Halogenkohlenwasserstoffe) Enzephalopathie, Polyneuropathie,

retrobulb�re NeuritisNr. 13 03 (Benzol/Styrol) PolyneuropathieNr. 13 05 (Schwefelkohlenstoff) Enzephalopathie, Polyneuropathie

(N. acusticus, N. opticus), Pyramiden-bahnausf�lle

Nr. 13 06 (Methanol) Enzephalopathie, Polyneuropathie(Gehirnnerven/N. opt.)

Nr. 13 07 (Phosphorverbdg., organ.) Enzephalopathie, MuskelsteifeNr. 13 10 (Alkyl-/Aryl-/Alkylaryloxide) ZNS-Sch�den, PolyneuritidenNr. 13 17 (Lçsungsmittel, organ.) Polyneuropathie, EnzephalopathieNr. 21 04 (Vibration/H�nde) Sensibilit�tsstçrungenNr. 21 06 (Druck) Neurapraxie, Demyelinisierung, Axonotmesis

(Sensibilit�tsstçrungen, Paresen, Paralysen,Dystonie (fokale))

Nr. 21 08 (Lastenhandhabung) Lumbalsyndrom, Lumbago, Wurzel-/Kaudasyndrom

Nr. 21 09 (Schulterlasten) HWS-Syndrom, Zervikobrachiales/-zephales Syndrom

Nr. 21 10 (Vibration/Ganzkçrper) Lumbalsyndrom, Lumbago, Wurzel-/Kaudasyndrom

Nr. 22 01 (Druckluft) Polyneuropathie, Epilepsie,ZNS-Sch�digungen

Nr. 31 01 (Gesundheitsdienst, Labor…) Infektionskrankheiten– Meningealtuberkulose,– AIDS (Enzephalopathie),– Meningokokkeninf.,– Poliomyelitis,– Rçteln, Zytomegalie (Enzephalitis)

Nr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 62

48 Berufskrankheiten nach Fachgebieten

Page 63: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

– Campylobacter-Inf. (Meningitis,Polyneuropathie),

– Echinokokkose (Gehirnzysten),– Brucellose, Listeriose, LCM, Toxoplasmose,

(Meningoenzephalitis),– EHEC-Inf. (ZNS-Herdzeichen/TTP),– Fr�hsommer-Meningoenzephalitis,– Katzenkratzkrankheit. (Enzephalopathie),– Lyme-Borreliose (Meningoradikulitis),– Milzbrand, Streptococc.-equi-/suis- Inf.,

Tuberkulose (Meningitis),– Tollwut,– BSE/TSE (s. Merkblatt – Kap. IV)

Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalte) Tropenkrankheiten, FleckfieberBK nach § 9 (2) SGB VII (mech. Bel.) Karpaltunnelsyndrom

Literaturhinweis:Nervensystem (Podoll und Noth, 2002)Nervensystem (Andreas und Ray, 2004)

28 �ffentliches Gesundheitswesen

Berufskrankheit KrankheitsbilderNr. 31 01 (Gesundheitsdienst, Labor…) InfektionskrankheitenNr. 31 02 (Tier � Mensch) ZoonosenNr. 31 03 (Bergleute) WurmkrankheitNr. 31 04 (Auslandsaufenthalte) Tropenkrankheiten, FleckfieberNr. 41 02 (Quarz) Silikotuberkulose

Literaturhinweis:�ffentliches Gesundheitswesen (Exner, 2002)

29 Orthop�die

Berufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 04 (Cadmium) Milkman-Syndrom: Osteoporose, Tibia-

verdickungen, Knochenfissuren,Nr. 11 09 (Phosphor) Hyperostose, Osteoporose, OsteomyelitisNr. 11 10 (Beryllium) RachitisNr. 12 02 (Halogenkolenwasserstoff) Akroosteolysen

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 63

�ffentliches Gesundheitswesen 49

Page 64: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Nr. 13 08 (Fluor) „Knochenfluorose“ (Polyarthralgie, Band-ansatzverknçcherungen, Osteosklerose/-porose, Exostosen) Bambusstabwirbels�ule,Sehnen-/Gelenkkapselverkalkungen, Kreuz-beinfugenankylosierug

Nr. 21 01 (Mechanische Einwirkg.) Tendovaginitis crepitans/-stenosans,Periostosen (Epikondylitis, Styloiditis)

Nr. 21 02 (Mechanische Einwirkg.) Meniskopathie, Arthrosis deformansNr. 21 03 (Ersch�tterung) Arthrosis deformans, Osteochondrosis

dissecans, Pseudarthrosen, Nekrosen,Erm�dungsbruch

Nr. 21 05 (Druck) Schleimbeutelerkrankungen, HygromeNr. 21 07 (Mechanische Einwirkg.) Dornfortsatzabriss-/Erm�dungsbr�che

(H-BWS)Nr. 21 08 (Lastenhandhabung) Lumbalsyndrom, Osteochondrose,

Spondylose, Diskusprotrusion/-prolapsNr. 21 09 (Schulterlasten) HWS –, Zervikobrachiales/-zephales

Syndrom, Spondylose; Osteochondrose,Diskusprotrusion/-prolaps

Nr. 21 10 (Vibration/Ganzkçrper) Lumbalsyndrom, Osteochondrose,Spondylose, Diskusprotrusion/-prolaps

Nr. 22 01 (Druckluft) Ebullismus: Arthralgien, Gelenksch�denNr. 24 02 (Ionisierende Srahlung) RadioosteonekroseNr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen

– Brucellose (Knochengranulome, Arthritis,Osteomyelitis),

– Campylobacter-Inf., Lyme-Borreliose,Erysepeloid, Streptococc.-equi-Inf.,Yersiniose (Arthritis),

– Pasteurellose (Periostitis, Osteomylitis,Myositis),

– Salmonellose (Osteomyelitis),– Sporotrichose, Tuberkulose (Knochen-/Ge-

lenk-)Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalte) Tropenkrankheiten, FleckfieberBK nach § 9 (2) SGB VII (mech. Bel.) GonarthroseBK nach § 9 (2) SGB VII (mech. Bel.) Karpaltunnelsyndrom

30 Pathologie

– Alle Berufskrankheiten –

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 64

50 Berufskrankheiten nach Fachgebieten

Page 65: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Literaturhinweis:Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie des Menschen (Thews et al.,1999)

31 Toxikologie

Berufskrankheit KrankheitsbilderNrn. 11 01–13 17(Chemische Einwirkg.) VergiftungserscheinungenNrn. 41 01–41 12 (Anorganische

St�ube) Atemwegs-/PeritonealerkrankungenNrn. 42 01–42 03 (Organische St�ube) AtemwegserkrankungenNrn. 43 01–43 02 (Allerg./chem.-irrit./

tox. St.) AtemwegserkrankungenNrn. 51 01–51 02 (Hautsch�d.

Agenzien) Hautkrankheiten

Literaturhinweis:Genetische Disposition bei fremdstoffbedingten Erkrankungen (Hallier, 2001)Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie (Mutschler et al., 2001)Lehrbuch der Umweltmedizin (Dott et al 2002)Genotoxikologie (Brusik und M�sch, 2004)Lehrbuch der Toxikologie (Marquardt und Sch�fer, 2004)

32 Phoniatrie

Berufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 02 (Quecksilber) Psellismus mercurialisNr. 11 05 (Mangan) SprachstçrungenNr. 13 02 (Halogenkohlenwasserstoffe) SprachstçrungenNr. 13 07 (Phosphorverbdg., organ.) SprachstçrungenNr. 22 01 (Druckluft) Aphasie

36 Psychiatrie

Berufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 01 (Blei) Psychosen, EnzephalopathieNr. 11 02 (Quecksilber) Erethismus mercurialis, Enzephalo-/

PsychopathieNr. 11 05 (Mangan) „Manganismus“ (~ Morbus Parkinson)Nr. 11 06 (Thallium) Korsakow-Syndrom, PsychosenNr. 12 01 (Kohlenmonoxid) Enzephalopathie

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 65

Toxikologie 51

Page 66: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Nr. 13 02 (Halogenkohlenwasserstoff) EnzephalopathieNr. 13 03 (Benzol/Styrol) PsychosyndromNr. 13 05 (Schwefelkohlenstoff) Psychotische Zust�ndeNr. 13 10 (Alkyl-/Aryl-/Alkylaryloxide) Erregungszust�ndeNr. 13 11 (Alkyl-/Aryl-/Alkylarylsulfide) DepressionNr. 13 17 (Lçsungsmittel, organ.) Enzephalopathie, Persçnlichkeits-

ver�nderungenNr. 22 01 (Druckluft) Psychische StçrungenNr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen:

Toxoplasmose (Psych. Alterationen)

Literaturhinweis:Wirkungen auf psychische Funktionen– Wirkungen von physikalischen Noxen (Vogt, 2002)– Wirkungen chemischer Noxen (Winneke, 2002)– Befindlichkeitsstçrungen (Bullinger, 2002)Psychosomatische Medizin (Adler et al., 2003)

41 Urologie

Berufskrankheit KrankheitsbilderNr. 13 01 (Amine, aromat.) Harnwegskrebs/-entz�ndungen, PapillomeNr. 13 04 (Nitro-/Aminoverbdg.

d. Benzols) Blasenkrebs/-papillomeNr. 13 11 (Alkyl-/Aryl-/Alkylarylsulfide) BlasenkrebsNr. 24 02 (Ionisierende Strahlung) Oligo-/AzoospermieNr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen

– Campylobacter-Inf., Pasteurellose,Salmonellose (Harnwegsinfektion),

– Chlamydiosen (Orchitis),– Listeriose (Urethritis)– Sporotrichose (Neben-/Hoden)

Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalte) Tropenkrankheiten, Fleckfieber

100 Zahnheilkunde

Berufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 01 (Blei) „Bleisaum“ (Gingiva-)Nr. 11 02 (Quecksilber) Gingivitis (Hg-Saum), Stomatitis mercurialis,

ZahnausfallNr. 11 04 (Cadmium) Zahnhalsgelbf�rbungNr. 11 09 (Phosphor) Osteomyelitis (Kieferknochen)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 66

52 Berufskrankheiten nach Fachgebieten

Page 67: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 67

Nr. 13 03 (Benzol/Styrol) ZahnfleischblutungenNr. 13 08 (Fluor) „Dentalfluorose“ (Zahnschmelz)Nr. 13 11 (Alkyl-/Aryl-/Alkylarylsulfide) ParodontoseNr. 13 12 (S�uren) Zahnschmelzzerstçrung, „Offener Biss“,

Zuckerb�ckerkariesNr. 21 11 (Quarz) Zahnabrasion, Biss-Senkung

Zahnheilkunde 53

Page 68: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

GMerkbl�tter zu den Berufskrankheiten(BKV-Enumeration)

Herausgeber der Berufskrankheitenmerkbl�tter war in der Vergangenheit das Bundesminis-terium f�r Arbeit und Sozialordnung (BMA). Die fr�here Begrenzung auf „…die �rztlicheUntersuchung…“ wurde zwischenzeitlich aufgegeben. Alte Merkbl�tter (Wagner und Zer-lett, 1968) mit Bezug zu den Berufskrankheiten-Verordnungen auf Basis der Reichsversiche-rungsordnung (RVO) wurden inhaltsgleich den gleichnamigen Berufskrankheiten der BKVzugeordnet oder im Einzelfall fachlich aktualisiert. Den in diesem Kapitel im Wortlaut abge-druckten einzelnen Merkbl�ttern sind zur historischen Einordnung neben der aktuellenauch die �berholte BK-Nummer sowie die Literaturstelle vorangestellt.

Nach �bernahme der Zust�ndigkeit f�r die „Sozialordnung“ werden seit dem Jahre 2003die Berufskrankheitenmerkbl�tter von dem Bundesministerium f�r Gesundheit und SozialeSicherheit (BMGS) bekannt gemacht.

Die Merkbl�tter gelten in der Fachwelt als anerkannte Orientierungshilfen, ein rechts-verbindlicher Status kann ihnen wegen fehlender „Erm�chtigungsgrundlage“ (SGB VII,BKV) nicht zugesprochen werden.

Literaturhinweis:Merkbl�tter zu der Berufskrankheitenliste der Europ�ischen Gemeinschaften (Kommission der Euro-

p�ischen Gemeinschaften, 1972)Information notices on diagnosis of occupational diseases (European Commission, 1997)

1 Durch chemische Einwirkungenverursachte Krankheiten

Literaturhinweis:Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie (Mutschler et al., 2001)Lehrbuch der Umweltmedizin (Dott et al., 2002)Lehrbuch der Toxikologie (Marquardt und Sch�fer, 2004)Inhalative Noxen (Nowak, 2004)

11 Metalle und MetalloideMerkbl�tter zu den Berufskrankheiten Nr. 11 01 – Nr. 11 10 Anlage BKV

Literaturhinweis:Metalle und Metalloide (Wilhelm und Idel, 2002)Metalle (Sch�fer et al., 2004)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 68

Page 69: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 69

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 11 01 Anlage BKV

(Nr. 6/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 5/1964, 126–127

Erkrankungen durch Blei

oder seine Verbindungen

Klinische Zuordnung:DermatologieGastroenterologieNeurol./PsychiatrieUro-/NephrologieH�matologieZahnheilkunde

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Blei (Pb), ein weiches, bei 327� C schmelzendes Metall, wird durch Verh�ttung vonErzen, insbesondere Bleiglanz, z. T. von Weiß- oder Vitriolbleierz, gewonnen.

In Staub- oder Dampfform oxydiert es in Luft zu kolloidalem Bleioxyd (PbO);sog. Bleirauch besteht aus Bleioxydteilchen.

Gefahrenquellen sind Arbeitsverfahren, bei denen Blei oder seine Verbindungen,insbesondere in Staub-, Rauch oder Dampfform (metallisches Pb verdampft wahr-nehmbar ab 550� C), auftreten.

Dies kann z. B. zutreffen in Blei- oder Zinkh�tten (Zinkerze enthalten oft Blei-glanz), beim Feilen, S�gen, Fr�sen, trockenen Schleifen oder Polieren von metalli-schem Blei oder Bleilegierungen. Weiterhin beim Mischen und Anreiben bleihaltigerFarben in Pulverform (z. B. Bleiweiß, bleihaltigem Zinkweiß, Mennige, Bleicyana-mid, Chromgelb, Chromrot, Neapelgelb) oder beim Aufspritzen der Farben mittelsSpritzpistole, beim Abb�rsten und Abbrennen von Bleifarbenanstrichen, beim Schnei-den oder Schweißen an mit Mennige oder anderen Bleifarben gestrichenen oder ver-bleiten Teilen (z. B. beim Verschrotten, Abwracken). Auch beim Warmnieten mitMennige gestrichener Eisenteile, Altmetallschmelzen, Homogenverbleien, Bleilçten,bei Arbeiten in Drahth�rtereien, der Herstellung von Lagerschalen aus Bleibronze,von Bleiakkumulatoren, beim Abziehen der Oxydschicht vom Bleibad (z. B. in Paten-tierereien) durch Verst�uben der sog. Kr�tze und beim Gl�tten (B�rsten, Schleifen)von Karosseriefugen u. �., die mit vorwiegend bleihaltigem Lçtzinn behandelt wur-den, bestehen Gesundheitsgefahren. Dies gilt auch f�r die Herstellung bleihaltigerGlasuren (Fritten), Emails, Dekors, Kristallgl�ser und die Verwendung von Bleiver-bindungen als Stabilisatoren und Gleitmittel in der Kunststoffindustrie.

Auch das Reinigen von mit Bleibenzin betriebenen Motoren, in denen Bleioxydoder Bleihalogenide als Verbrennungsr�ckstand vorkommen, kann eine Gefahren-quelle sein.

Die dem Vergaserkraftstoff als „Antiklopfmittel“ in Form des „Ethyl-Fluids“ bei-gef�gten Bleialkyle, wie Bleitetra�thyl (TEL) oder Bleitetramethyl (TML), kçnnenbeim Mischen mit Benzin in Mischanlagen oder beim Reinigen der Bleibenzin-Lager-tanks von Bleischlamm die Gesundheit gef�hrden.

Der Umgang mit metallischem Blei, Bleirohren, Bleilettern, z. B. im graphischemGewerbe, oder mit bleihaltigem Benzin an Tankstellen stellt kaum eine spezifischeGesundheitsgefahr dar.

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 55

Page 70: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

II. Aufnahme und Wirkungsweise

In Staub-, Rauch- oder Dampfform werden Blei oder seine Verbindungen haupts�ch-lich �ber die Atemwege aufgenommen. Aufnahme �ber den Magen-Darm-Trakt istebenfalls mçglich, jedoch in der Regel weniger gef�hrdend. Bleialkyle werden leichtdurch die Haut resorbiert.

Konzentration und Verweildauer im Blut kreisender Bleiverbindungen (sog. Blei-strom) und ihre Lçslichkeit in den Kçrpers�ften sind f�r die Erkrankung maßgebend.Die Bleialkyle haben infolge ihrer Lipoidlçslichkeit eine besondere Affinit�t zum Ge-hirn und anderen lipoidreichen Organen.

Blei sch�digt zellul�re Elemente durch Inaktivierung von Enzymen. Besonderswerden der Porphyrinstoffwechsel, die Blutbildungsst�tten, der Verdauungstrakt, dasGef�ßsystem sowie das zentrale und periphere Nervensystem betroffen.

Blei wird als relativ stabiles Bleiphosphat in Knochen abgelagert (sog. Depotblei)und u. U. dort wieder mobilisiert. Vor�bergehende Anreicherung in Leber, Milz undNieren ist mçglich. Die Ausscheidung erfolgt in Stuhl und Urin.

Erkrankungszeichen treten dann auf, wenn der Organismus nicht mehr f�hig ist,das meistens innerhalb eines l�ngeren Zeitraumes aufgenommene Blei auszuscheidenoder abzulagern.

III. Krankheitsbild und Diagnose

A.

Die akute Erkrankung infolge beruflich bedingter Einwirkung von Blei oder seinenanorganischen Verbindungen ist relativ selten. In der Regel handelt es sich um chro-nische oder subchronische Erkrankungen.

Folgende Entwicklungsstadien, die sich auch �berschneiden kçnnen, kann manunterscheiden:1. Klinisch stummes Vorstadium („Bleitr�ger“),2. kritisches Anfangsstadium („Pr�saturnismus“),3. ausgepr�gte Bleierkrankung („Saturnismus“),4. Sp�tkrankheiten.

Zu 1:Im klinisch stummen Vorstadium kommt es zun�chst zu einer verst�rkten Kopropor-phyrin-(III)-Ausscheidung im Urin. Es folgt eine Vermehrung basophil get�pfelterErythrocyten („T�pfelzellen“) und evtl. ein Absinken des H�moglobins. Der Bleispie-gel im Blut ist meistens erhçht.

Selten zeigt sich schon jetzt im Zahnfleischrand ein schwarzblauer bis schiefer-grauer Saum, der sog. Bleisaum; dabei sind differentialdiagnostisch Paradentose, Me-lanose des Zahnfleisches und Ver�nderungen durch Einwirkung anderer Metallver-bindungen zu erw�gen.

Auch erste Anzeichen des sog. Bleikolorits, wie „schlechtes Aussehen“, �berge-hend in eine charakteristisch graugelbe Verf�rbung, insbesondere der Gesichtshaut,

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 70

56 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 71: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

sind zu erkennen. Herabgesetzter Turgor, subikterische Skleren und blasse Schleim-h�ute kçnnen vorhanden sein.

Zu 2:Zum kritischen Anfangsstadium („Pr�saturnismus“) gehçren allgemeine Abgeschla-genheit, Appetitlosigkeit, Reizbarkeit, Kopfschmerzen in Stirn- und Schl�fengegend,Schwindel, Schw�chegef�hl in den Gliedern sowie Obstipation und andere Magen-Darm-Stçrungen.

Zu 3:Anzeichen der ausgepr�gten Bleierkrankung („Saturnismus“) sind neben den in „zu1“ und „zu 2“ genannten, mit der Schwere der Erkrankung im allgemeinen zuneh-menden Krankheitssymptomen und pathologischen Laboratoriumsbefunden ins-besondere die sog. Bleikoliken. Dabei handelt es sich um heftige, oft tagelang dauern-de, auf- und abschwellende Schmerzattacken, vorwiegend im Oberbauch mitObstipation, Brechreiz oder Erbrechen. H�ufig besteht eine An�mie. Ulcera im Ma-gen oder Zwçlffingerdarm kçnnen gelegentlich auftreten. Differentialdiagnostischsind Ileus, Appendicitis und Chlolecystopathie u. a. in Betracht zu ziehen.

Die L�hmung peripherer, motorischer Nerven (sog. Bleil�hmung) wird heutekaum mehr beobachtet. Es kam dabei zu einer allm�hlich zunehmenden Schw�che,insbesondere der Streckermuskulatur des Unterarmes, und schließlich zur Radialis-

l�hmung. Auch L�hmungen im Bereich der Schulter- oder Beinmuskulatur, in der Re-gel einseitig, sind gelegentlich vorgekommen.

Als Folge einer massiven Exposition kçnnen Anzeichen einer akuten Encephalo-

pathie, wie starke Kopfschmerzen, meningitische Reizerscheinungen, passagere Ver-wirrtheitszust�nde, Gesichtszuckungen und Funktionsstçrungen im Bereich der Hirn-nerven auftreten. Rasche Mobilisation der sog. Bleidepots kann �hnlich wirken.

Zu 4:Sp�tkrankheiten, wie Schrumpfniere oder chronische Encephalopathie, sind beschrie-ben worden. Diese kçnnen aber nur im Zusammenhang mit der Bleieinwirkung gese-hen werden, wenn eine langzeitige und erhebliche Exposition stattgefunden hat, cha-rakteristische Bleierkrankungsmerkmale vorhanden waren und andere Ursachenhierf�r nicht bestehen.

B.

Bei Einwirkungen von organisch gebundenem Blei, insbesondere von Bleialkylen, wieBleitetra�thyl (TEL) oder Bleitetramethyl (TML), kçnnen Zentralnervensystem, Le-ber und Nebennieren gesch�digt werden. Oft ist es eine akute Erkrankung, die einebis zwçlf Stunden nach Einwirkung dieser Stoffe auftritt und unter den Anzeichen ei-ner akuten Psychose in kurzer Zeit tçdlich verl�uft. Bei weniger schwerer Vergiftung

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 71

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 57

Page 72: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

kommt es zu starker Abmagerung und Symptomen wie bei Einwirkung anorganischerBleiverbindungen.

Schlafstçrungen, Schrecktr�ume, Appetitlosigkeit, Kçrperschw�che, Magen-,Darm- und hypotone Kreislauffunktionsstçrungen kçnnen Folgen einer Expositionsein, die nach deren Wegfall wieder abklingen.

IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung

Dem Ergebnis der eingehenden Arbeitsanamnese kommt besondere Bedeutung zu,zumal die „Bleierkrankung“ bei Fehlen charakteristischer Befunde Symptome auf-weist, wie sie bei vielen anderen Erkrankungen ebenfalls vorkommen.

Die Ergebnisse exakter Laboratoriumsuntersuchungen kçnnen besonders wertvollsein, d�rfen aber in ihrer Bedeutung f�r die Diagnostik nicht �bersch�tzt werden, ins-besondere dann nicht, wenn klinische Erkrankungszeichen fehlen.

Auf die Verwendung bleifreier Reagenzgl�ser ist zu achten. Nicht Injektionssprit-zen benutzen, deren Teile mit bleihaltigem Zinn gelçtet sind.

Folgende Untersuchungen kçnnen dabei von Wichtigkeit sein, wobei ihr Ergebnisevtl. mehrfach kontrolliert werden sollte:a) Die mikroskopische Z�hlung der basophil get�pfelten Erythrocyten („T�pfelzel-

len“), gef�rbt nach Manson oder Pappenheim (oberer Grenzwert: 10 grobe „T�p-felzellen“ in 50 Gesichtsfeldern).Es ist zu beachten, daß „T�pfelzellen“ auch bei anderen pathologisch gesteigertenRegenerationsvorg�ngen im Organismus m�ßig vermehrt sein kçnnen.

b) Die (Kopro-)Porphyrinbestimmung im Urin nach einer der Schnellmethoden vonBrugsch, De Langen oder Hoschek.Sie beruhen auf dem Nachweis und der Bewertung der Rotfluoreszenz in ultravio-lettem Licht. Deutliche Rotfluoreszenz spricht f�r gesteigerte Porphyrinausschei-dung. Methodisch bedingte Fehlerbreite und Schwankungen in der Ausscheidungsollten ber�cksichtigt werden, nach Bleieinwirkung sind vor allem die Porphyrin-Vorstufen vermehrt, die erst nach entsprechender Vorbereitung fluoreszieren unddadurch nachweisbar werden.Schwere h�molytische Zust�nde, Lebererkrankungen und die Einwirkung andererchemischer Substanzen kçnnen ebenfalls zu einer Vermehrung des Koprophyrinsim Urin f�hren. Bei den sog. Porphyrinopathien kommt neben anderen Porphyri-nen auch Koproporphyrin im Urin vor.

c) Der Bleigehalt in Blut, Urin und Stuhl, festgestellt in einem hierf�r entsprechendeingerichteten Laboratorium.Sehr hohe Bleiwerte, die nach beruflich bedingter Einwirkung relativ geringer Do-sen oder erst mehrere Monate nach einer beruflichen Exposition festgestellt wer-den, kçnnen durch eine Bleiaufnahme verursacht worden sein, die nicht mit derberuflichen T�tigkeit zusammenh�ngt.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 72

58 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 73: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 11 02 Anlage BKV

(Nr. 15/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 5/1964, 129–130

Erkrankungen durch Quecksilber

oder seine Verbindungen

Klinische Zuordnung:DermatologieGastroenterologieNeurol./PsychiatrieUro-/NephrologiePhoniatrieZahnheilkunde

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

a) Quecksilber (Hg) ist ein silbergl�nzendes, fl�ssiges Metall, das schon bei Zimmer-temperatur verdampft. Es wird aus dem rostbraunen Zinnobererz, aus Hg-haltigen,sulfidischen Zink- oder Silbererzen, bei deren Verh�ttung es als Nebenprodukt anf�llt,sowie aus Flugstaub und Bleikammerschlamm der Schwefels�urefabriken gewonnen.In der Natur kommt es gelegentlich als fl�ssiges, sog. Jungfernquecksilber vor. In Hgwerden viele Metalle zu sog. Amalgamen gelçst. Diese, je nach Gehalt an Hg fl�ssig,plastisch oder fest, geben beim Erhitzen, z. T. auch beim Pressen, Hg in Dampfformbzw. als Fl�ssigkeit wieder ab.

Hg findet Verwendung z. B. zur Herstellung von Thermometern und Barometern,Gleichrichtern, Unterbrechern, Quecksilber-Dampflampem, in Thermostaten, in derHochvakuumtechnik, zur Herstellung von Knallquecksilber, Quecksilberfarben, vonAmalgamen in der Metallurgie, in zahn�rztlichen Praxen und Laboratorien, als Kata-lysator, z. B. bei Azetaldehyd- und Essigs�ureproduktion aus Azetylen, zur Abtren-nung von Natrium bei der elektrolytischen Chlor-Alkaligewinnung sowie zur Herstel-lung von Quecksilberverbindungen.

Gefahrenquellen bestehen bei Gewinnung, R�ckgewinnung, Verarbeitung, Ver-packung, Transport und Verwendung von Hg, insbesondere aber, wenn Hg versch�t-tet und der farb- und geruchlose Hg-Dampf oder Hg-haltige Staub eingeatmet wird.

b) Bedeutsame Hg-Verbindungen, die u. U. auch besondere Gefahrenquellen f�rdie Gesundheit sein kçnnen, sind folgende:

1. A n o r g a n i s c h e Hg-Verbindungen, wieQuecksilber-2-chlorid (Merkurichlorid – Sublimat – HgCl2 –) alsImpr�gnierungsmittel f�r das Konservieren von Holz (sog. Kyanisierung, zum Ver-st�rken photographischer Platten u. a., ferner Quecksilbercyanid (Hg[CN]2) unddas officinell verwendete Quecksilberoxicyanid,Quecksilber-l-nitrat (Merkuronitrat – HgNO3 –) als Beize in Hasenhaarschneide-reien und in der Haarhutindustrie,Quecksilber-2-sulfid (Merkurisulfid – Zinnober –) als h�ufig vorkommendesQuecksilbererz,rotes und gelbes Quecksilberoxyd (Hg0) als Oxydationsmittel und Katalysatorzur Entschwefelung organischer Stoffe, beim Vergolden in der Porzellanmalerei

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 73

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 59

Page 74: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

und als Bestandteil zur Herstellung medizinischer Hg-Pr�parate, Quecksilber-l-chlorid (Merkurichlorid – Kalomel – HgCl-) als Arzneimittel;

2. O r g a n i s c h e Hg-Verbindungen, wieKnallquecksilber (Hg[CNO]2) als Initialsprengstoff zur Herstellung von Z�ndh�t-chen und Sprengkapseln,Quecksilberdialkyle, z. B. das leicht fl�chtige Methyl- oder �thylquecksilber so-wie Phenylquecksilbersalze und Quecksilberoleate als Fungicide, Saatbeiz- oderHolzkonservierungsmittel.

II. Aufnahme und Wirkungsweise

Hg oder seine Verbindungen werden beruflich bedingt vorwiegend in Dampf- oderStaubform eingeatmet; in geringerem Umfang ist auch Aufnahme �ber die Haut oderden Magen-Darm-Trakt mçglich.

Hg ist ein Zell- und Protoplasmagift. Es kann in Leber und Nieren akkumuliertwerden. An Albumine gebunden, wird es unterschiedlich schnell ausgeschieden.

III. Krankheitsbild und Diagnose

a) bei Einwirkung von Quecksilber und seinen anorganischen Verbindungen:Die a k u t e Form der Erkrankung infolge beruflicher T�tigkeit ist selten. Sie kanndurch Einatmen grçßerer Mengen von Quecksilberd�mpfen, gelegentlich auch durchorale Aufnahme von Quecksilberverbindungen, entstehen. Letztere verursacht metal-lischen Geschmack, Salivation, Brennen in der Speiserçhre, Erbrechen, Harnflut undh�ufig Albuminurie sowie evtl. Tenesmen. Die Ausscheidung von Hg durch Schweiß-dr�sen kann zur Dermatitis mercurialis, die durch die Parotis zur Stomatitis mercuria-

lis f�hren. Schwere Krankheitssymptome sind blutige Diarrhoen, Schleimhautnekro-

sen in D�nn- und Dickdarm sowie Nierenfunktionsstçrungen, die schließlich zuAnurie und Ur�mie f�hren kçnnen.

Nach Einatmen grçßerer Mengen kann es zu einer Sch�digung des Zentralnerven-systems sowie zu Reizungen der Atemwege kommen. Die akute Form kann in die sub-chronische und chronische �bergehen.

Die c h r o n i s c h e Form der Erkrankung entsteht in der Regel durch langzeitigeAufnahme kleinster Hg-Mengen. Zun�chst treten unspezifische Allgemeinsymptome,wie Mattigkeit, Kopf- und Gliederschmerzen, auf. Vermehrte Salivation, allm�hlichsich entwickelnde Entz�ndungen des Zahnfleisches und der Mundhçhlenschleim-haut, Lockerung der Z�hne, Zahnausfall, Rçtung des Rachenringes (sog. Quecksil-

berrachen), u. U. auch auffallende Trockenheit der Mundhçhle kçnnen wichtige Hin-weise sein. Seltener werden blau-violetter Hg-Saum am Zahnfleisch und Neigung zuDiarrhoen, Leber- und Nierenfunktionsstçrungen beobachtet.

Die chronische Form ist �berwiegend durch Symptome von seiten des Zentralner-vensystems gekennzeichnet. Hierzu gehçren:

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 74

60 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 75: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Erethismus mercurialis, ein Zustand von �ngstlicher Befangenheit, Empfindlich-keit, Menschenscheu, Schreckhaftigkeit, Stimmungslabilit�t, zeitweise hemmungs-loser Erregung und unmotivierten psychischen Verhaltens.

Tremor mercurialis, oft beginnend mit feinschl�gigem Fingerzittern, allm�hlich�bergehend in Sch�ttelbewegungen der H�nde, der Arme, des Kopfes und der Beine.Mit Zunahme des Tremors ist h�ufig eine Steigerung der Sehnenreflexe zu beobach-ten. Eine Handschriftprobe kann die f�r den „Quecksilberkranken“ oft typische Zit-terschrift erkenntlich machen.

Sensibilit�tsstçrungen, die an Rumpf und Extremit�ten nachweisbar sein kçnnen.Sprachstçrungen mit Stottern, Verwaschensein der Sprache, insbesondere beim

Gebrauch von Zischlauten (sog. Psellismus mercurialis).Gleichzeitig hiermit lassen die Merkf�higkeit und sp�ter auch das Ged�chtnis er-

heblich nach; ein allgemeiner Persçnlichkeitsschwund ist festzustellen.

b) bei Einwirkung organischer Hg-Verbindungen:Die a k u t e bzw. s u b a k t e Form infolge Einwirkung fl�chtiger organischer Verbin-dungen zeigt h�ufig zun�chst das unter IIIa geschilderte Krankheitsbild meist mitleichteren Symptomen. Rasch kçnnen im weiteren Verlauf auf Encephalopathie beru-hende Anzeichen, wie An�sthesien, Par�sthesien, motorische oder sensible L�hmun-

gen, Seh-, Sprachstçrungen, Hçreinbuße o. �. auftreten.Auch die l a n g z e i t i g e Einwirkung geringerer Mengen kann zu einer Sch�di-

gung im Zentralnervensystem f�hren.

IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung

Um das oft uncharakteristische Krankheitsbild richtig beurteilen zu kçnnen, ist dieArbeitsanamnese, insbesondere Art und Weise der Hg-Exposition, von Wichtigkeit.

In Urin und Faeces wird Hg ausgeschieden; auf das Ergebnis exakter Untersuchun-gen in hierf�r geeigneten Laboratorien ist besonders zu achten. Ein deutlich positiverBefund weist in der Regel auf die stattgehabte Exposition hin; eine Erkrankungbraucht jedoch deshalb noch nicht zu bestehen.

Reparabilit�t der durch organische Verbindungen aufgetretenen Sch�den im Ner-

vensystem ist fraglich. Tremor kann noch jahrelang nach Wegfall der Expositionnachweisbar sein.

Auf Sensibilisierung beruhende Dermatitiden sind mçglich; ggf. trifft dannNr. 46*) der Anlage zur 6. Berufskrankheiten-Verordnung zu.

*) entspricht BK-Nr. 51 01 Anlage BKV

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 75

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 61

Page 76: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 11 03 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 4/1981, 54–56

Erkrankungen durch Chrom

oder seine Verbindungen

Klinische Zuordnung:OpthalmologieHNO-HeilkundeDermatologieGastroenterologiePneumologie

Chrom (Cr) ist ein weißlich-graues, hartes und sehr verschleißfestes Metall. Es wirdin der Natur fast nur in Form von Oxiden, vor allem als Chromit (Chromeisenstein,Fe0 – Cr203 angetroffen. In der Industrie wird Chrom f�r Legierungen und in Formseiner Verbindungen verwendet. In seinen Verbindungen tritt Chrom haupts�chlich3- und 6wertig auf. Weniger stabile Verbindungen des 2-, 4- und 5wertigen Chromssind bekannt. Gesundheitssch�den durch metallisches Chrom und seine Legierungen(z. B. Ferrochrom) sind nicht bekannt.

Chrom(III)-Verbindungen, wie z. B. Cr2O3 und Chromsulfate, sind wenig gesund-heitssch�dlich und verursachen im allgemeinen keine akuten oder chronischen Vergif-tungen. F�r eine krebserzeugende Wirkung liegen keine Anhaltspunkte vor. Dermati-tiden sind beschrieben worden.

Erfahrungsberichte �ber sch�digende Wirkungen von 2-, 4- und 5wertigen Chrom-verbindungen beim Menschen liegen nicht vor. Sowohl technisch als arbeitsmedizi-nisch-toxikologisch kommt den Chrom(VI)-Verbindungen die grçßte Bedeutung zu.Im folgenden sind die wichtigsten dieser Verbindungen beispielhaft aufgez�hlt:

Zink-Kalium-Chromat (sog. Zinkchromat, Zinkgelb, 3 ZnCrO4 · K2Cr2O7)Calciumchromat (CaCrO4)Chrom(III)-Chromat (Chrom[III)-Salz der Chroms�ure, CrO3)Strontiumchromat (SrCrOP4)Natriumdichromat (Na2Cr2O7 · 2 H2O)Natriumchromat (Na2CrO4)Chrom(VI)-Oxid, Chromtrioxid (CrO3, dieses Chroms�ureanhydrid wird in der Pra-xis h�ufig als Chroms�ure bezeichnet)Kaliumdichromat (K2Cr2O7)Kaliumchromat (K2CrO4)Bleichromat (PbCrO4)

I. Gefahrenquellen

Haupts�chliche Gefahrenquellen sind:– der Aufschluß von Chromerzen und die Herstellung von 6wertigen Chromverbin-

dungen– die Glanz- und Hartverchromung in der Galvanotechnik (Chrom(VI)-Oxid ist

Ausgangsmaterial)– Anstricharbeiten mit chromhaltigen Korrosionsschutzmitteln in Spritzverfahren

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 76

62 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 77: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 77

– Brennschneiden, Schweißen und Schleifen von Blechen mit chromhaltigen An-strichstoffen

– die Herstellung und Verwendung von Chrom(VI)-Pigmenten, insbesondere Zink-und Bleichromat, in der Lack-, Farben- und Kunststoffindustrie

– die Verwendung von Chrom(VI)-Oxid und Alkalichromaten, z. B. in der Lithogra-phie, der fotografischen Industrie, der Textil- und Teppichindustrie, der Glas- undkeramischen Industrie, bei der Herstellung von Feuerwerkskçrpern und Z�ndhçl-zern sowie von Pflanzenleimen

– die Holzimpr�gnierung– die Herstellung und Verwendung von Schneidçlen– das Gerben von Leder– das Beizen und Reinigen von Metallen sowie in der Glasfabrikation (Chrom-

schwefels�ure)– die Herstellung und Verwendung von gef�rbten Natronlaugen zum Bleichen von

�len, Fetten und Wachsen

Chrom(VI)-Verbindungen werden auch als Oxidationsmittel eingesetzt.In Zement und Bauxit sind kleine Mengen von Verbindungen des 6wertigen

Chroms vorhanden.

II. Pathophysiologie

Chrom oder seine Verbindungen werden vorwiegend �ber den Atemtrakt, zum geringe-ren Teil �ber die Haut und gelegentlich �ber den Magen-Darm-Trakt aufgenommen.Nach heutiger Erkenntnis wird 6wertiges Chrom unmittelbar nach der Aufnahme in die3wertige Stufe umgewandelt. Der grçßte Teil des aufgenommenen Chroms wird relativschnell, und zwar haupts�chlich �ber die Nieren, ausgeschieden.

Verbindungen des 6wertigen Chroms f�hren durch Inhalation zu Reizerscheinun-gen im Bereich der oberen Luftwege. Nekrosen an der unverletzten Haut sind selten;jedoch kçnnen bei Eindringen 6wertiger Chromverbindungen an kleinen Hautverlet-zungen schlecht heilende Ulcera entstehen. Durch Sensibilisierung kommen allergi-sche Kontaktekzeme zustande.

Die toxischen Wirkungen sind im wesentlichen auf die in saurem Milieu stark oxi-dierenden Eigenschaften dieser Substanz und die damit verbundenen zellsch�digen-den Reaktionen zur�ckzuf�hren.

Durch l�nger dauernde Einwirkung von 6wertigen Chromaten kçnnen maligneTumoren der Atemwege entstehen; sie werden bisher �berwiegend in den chromat-herstellenden Betrieben sowie in der Chromatpigmentindustrie beobachtet. Die Inha-lation des dabei anfallenden Chromatstaubs stellt vermutlich die Ursache der Krebs-bildung dar. Die krebserzeugende Wirkung scheint von der Lçslichkeit der jeweiligenChrom(VI)-Verbindung abzuh�ngen. Dabei wird den schwerer lçslichen Verbindun-gen wie Zinkchromat, Calciumchromat, Strontiumchromat und Chrom-III-Chromatdie kanzerogene Wirksamkeit zugeschrieben. Alkalichromate, Bleichromat undChroms�ure sind dagegen wahrscheinlich nicht oder nur schwach kanzerogen.

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 63

Page 78: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

III. Krankheitsbild und Diagnose

Die durch Chrom oder seine Verbindungen verursachten Erkrankungen sind insbeson-dere abh�ngig von der chemischen Wertigkeit der einwirkenden Chromverbindung.

1. Chrommetall und Chrom(III)-VerbindungenBei der Verh�ttung von chromhaltigen Erzen sowie bei der Herstellung vonChromeisenlegierungen sind nach langj�hriger Exposition vereinzelt Lungenfibro-

sen beobachtet worden. Resorptive Sch�den durch metallisches Chrom sind nichtbekannt. Die Salze des 3wertigen Chroms kçnnen Kontaktdermatitiden erzeugen.

2. Chrom(VI)-Verbindungenakute Sch�den:– Auge:

St�ube, Rauche, D�mpfe und Nebel kçnnen Bindehautentz�ndungen mit Tr�-nenfluß sowie Hornhautsch�den verursachen.

– Haut:An Hautstellen, an denen Rhagaden, Fissuren oder dergleichen vorhanden sind,kçnnen typische „Chromatgeschw�re“ entstehen. Sie sind Folge einer direkt �t-zenden Wirkung der Chromate und nicht Zeichen einer Sensibilisierung

– Magen-Darm-Trakt:Grçßere Mengen kçnnen bei oraler oder perkutaner Aufnahme zu �belkeit,Schluckbeschwerden, einer sofortigen Gelbverf�rbung der Mundschleimhaut,Erbrechen und blutigen Durchf�llen f�hren.

– Atemwege:St�ube, Rauche, D�mpfe oder Nebel in hçheren Konzentrationen kçnnen akuteReizzust�nde der oberen Luftwege und Nasennebenhçhlen, ggf. auch der tiefe-ren Luftwege erzeugen. Sch�den im Bereich der Nasenscheidewand sind Fr�h-symptom.

Bei schweren akuten Vergiftungen nach perkutaner Aufnahme ist auch eine Mit-beteiligung von Nieren, Leber, Knochenmark und Zentralnervensystem mçglich.

chronische Sch�den:– Haut:

Neben „Chromatgeschw�ren“ kçnnen durch Sensibilisierung Dermatitiden

(Ekzeme) insbesondere an den H�nden auftreten.– Nase, Mundhçhle, Rachen:

Beim Umgang mit 6wertigen Chromverbindungen treten typische Ver�nderun-gen an der Nasenscheidewand auf (Entz�ndungen, Ulzeration, Perforation). Siekçnnen sich bei entsprechender Exposition schon nach Wochen oder Monatenentwickeln und sind meist schmerzlos. Auch Krebserkrankungen im Nasen-raum sind in der chromatherstellenden und -verarbeitenden Industrie vereinzeltbeobachtet worden.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 78

64 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 79: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

– tiefere Atemwege:F�lle von chronischer Bronchitis infolge inhalativer Chromateinwirkung sindbeschrieben worden. Die Entstehung eines „Chromatlungenkrebses“ infolgelangdauernder Einwirkung von Chromaten (z. B. Zinkchromat) auf die Bron-chialschleimhaut ist mçglich. Meist ist eine langj�hrige Exposition voraus-gegangen. Auch Jahre nach Wegfall der Exposition kann sich noch ein derarti-ger „Chromatlungenkrebs“ entwickeln.

– Magen-Darm-Trakt:�ber Entz�ndungen im Verdauungstrakt wie �sophagitis und Gastritis ist ver-einzelt berichtet worden.

V. Weitere Hinweise

Isoliert auftretende Hauterkrankungen durch �ußere Einwirkung von Chrom oderseinen Verbindungen gelten als Hauterkrankungen nach Nr. 51 01 (s. Anlage 1 BeKV,Anmerkung zu Nrn. 11 01 bis 11 10, 12 01, 12 02 und 13 03 bis 13 09).

VI. LiteraturBarborik, M.:

The Problem of Harmful Exposures to Chromium CompoundsInd. Med. 39, 45 (1970)

Essing, H.-G., Szadkowski, D., Valentin, H.:Die Bedeutung der Valenzstufen von Chromverbindungen in der arbeitsmedizinischen BegutachtungMed. Sachverst�ndige 67, 35 (1971)

Fleischer, Schaller, K.-H.:Analytische Methoden, Bd. 2, Senatskommission zur Pr�fung gesundheitssch�dlicher Arbeitsstoffeder Deutschen Forschungsgemeinschaft Arbeitsgruppe „Analytische Chemie“Verlag Chemie, Weinheim, 3. Lieferung 1978

Kommission der Europ�ischen Gemeinschaften:Merkbl�tter zu der Berufskrankheitenliste der Europ�ischen Gemeinschaften

Mutti, A., Cavatorta, Pedroni, C., Borghi, A., Giaroli, C., Franchini, I.:The Role of Chromium Accumulation in the Relationship between Airborne and Urinary Chromiumin WeldersInternat. Archives Occup. Environ. Health 43, 123–33 (1979)Springer-Verlag 1979

Nise, Gun, M. Sc., Vesterberg, 0.:Direct determination of Chromium in urine by electrothermal atomic absorption spectrometryScand. j. work environ & health (1979) 404–410

Zober, A.:Zur Problematik der Begutachtung von Bronchialcarcinomen nach Exposition gegen�ber Chromver-bindungenInt. Arch. Occup. Environ. Health 43, 107–121 (1979)Springer-Verlag 1979

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 79

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 65

Page 80: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 11 04 Anlage BKV

(Nr. 10/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 11/1963, 281–282

Erkrankungen durch Cadmium

oder seine Verbindungen

Klinische Zuordnung:HNO-HeilkundeGastroenterologiePneumologieOrthop�dieUro-/NephrologieZahnheilkunde

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Kadmium (Cd) ist ein weißes, formbares Metall, das in Zink- und Bleierzen als Sulfidund Karbonat vorkommt sowie bei der Zinkgewinnung als Nebenprodukt anf�llt.Beim Erhitzen verbrennt es unter Bildung eines braunen, �belriechenden Rauches zuKadmiumoxid. Cd findet Verwendung als Zusatz von Legierungen beim galvanischenMetallisieren und in der Akkumulatorenfabrikation. Infolge seines besonders g�ns-tigen Absorptionsquerschnittes f�r Neutronen eignet sich Cd f�r die Herstellung vonKontrollst�ben in Atomreaktoren.

Gefahrenquellen sind das Herstellen von Kadmiumlegierungen, Nickel-Kadmi-um-Akkumulatoren (Stahlakkumulatoren), Kadmium�berz�gen mittels Elektrolysesowie von Kadmiumfarbstoffen, wie Kadmiumgelb und Kadmiumrot. Dies gilt auchf�r das Schweißen, Schmelzen und Schneiden von mit Kadmium �berzogenen, legier-ten sowie verunreinigten Metallen.

II. Aufnahme und Wirkungsweise

�ber die Atemwege und den Magen-Darm-Trakt werden Cd und seine Verbindungenals Staub oder Rauch aufgenommen und �berwiegend in Lunge und Leber gespei-chert. Cd wird im Urin und Stuhl ausgeschieden.

III. Krankheitsbild und Diagnose

a) Akute ErkrankungVorwiegend nach pulmonaler Resorption von Cd kçnnen nach einer Latenzzeit voneinigen Stunden Kopfschmerzen, Schwindel, �belkeit, starkes Durstgef�hl sowie Tro-ckenheit im Hals auftreten. Es entwickeln sich Tracheitis, Bronchitis und Broncho-

pneumonie mit Dyspnoe und Cyanose sowie in schweren F�llen ein evtl. tçdlich ver-laufendes Lungençdem.

Bei der selteneren peroralen Resorption stehen Krankheitssymptome von seitendes Magen-Darm-Traktes, z. B. Erbrechen und Diarrhoen, im Vordergrund.

In leichteren F�llen klingt die akute Erkrankung in ein bis zwei Wochen ab.

b) Chronische ErkrankungDiese wird in der Regel infolge langzeitiger Aufnahme kleinerer Mengen von Cd her-vorgerufen. Dabei kann eine typische Gelbf�rbung der Zahnh�lse, haupts�chlich der

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 80

66 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 81: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Schneide- und Eckz�hne, aber auch an k�nstlichen Z�hnen, auftreten. Entz�ndlicheReizzust�nde im Bereich der oberen Luftwege sowie Atrophie und Ulceration der Na-senschleimhaut mit Anosmie sind mçglich. Letztere kann ein erster Hinweis f�r diechronische Erkrankung sein. Die Anosmie kann sich aber auch erst sp�ter bemerkbarmachen. Proteinurie, oft auch ohne klinisch feststellbare Sch�digung der Nieren, giltbei entsprechender Exposition als ein wichtiger Hinweis.

In fortgeschrittenen F�llen kommt es zu Abmagerung, An�mie und Gangstçrun-gen, letztere infolge von Knochenver�nderungen im Sinne einer Osteoporose, vontransversalen Knochenfissuren und evtl. Tibiaverdickungen (sog. Milkmansches Syn-

drom).Es kann sich ein chronisches Lungenemphysem, auch ohne vorausgegangene

Bronchitis, entwickeln. Evtl. ist ein Nieren- und Leberparenchymschaden nachweis-bar; die Blutsenkungsreaktion ist meist beschleunigt.

IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung

Cd wird nur in geringem Umfang und sehr langsam aus dem Kçrper ausgeschieden.In Blut, Urin und Stuhl ist es chemisch nachweisbar.

Die Ausheilung der chronischen Erkrankung kann sehr langwierig sein.Hautkrankheiten, durch Einwirkung von Cd oder seiner Verbindungen ver-

ursacht, gelten als Nr. 10 der Anlage zur 6. Berufskrankheiten-Verordnung nur inso-weit, als sie Erscheinungen einer Allgemeinerkrankung sind; ggf. trifft Nr. 46*) derAnlage zur 6. Berufskrankheiten-Verordnung zu.

*) entspricht BK-Nr. 51 01 Anlage BKV

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 81

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 67

Page 82: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 11 05 Anlage BKV

(Nr. 12/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 5/1964, 128–129

Erkrankungen durch Mangan

oder seine Verbindungen

Klinische Zuordnung:EndokrinologieGastroenterologiePneumologieNeurol./Psych.Phoniatrie

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Mangan (Mn), ein hartes, sprçdes Metall, kommt in der Natur haupts�chlich inForm oxydischer Minerale, vor allem als Braunstein (MnO2), vor.

Mangan und seine Verbindungen werden u. a. zur Herstellung von Legierungen,wie Ferromangan, Mangankupfer, Manganbronze, Manganzink, ferner in der Eisen-industrie zur Desoxidation und Entschwefelung, in der Glas- und keramischen Indus-trie, in der Farben-, Lack- und Trockenbatteriefabrikation, zur Herstellung von Man-ganchlorid, Kaliumpermanganat, Mangansulfat (D�ngemittel) sowie f�r dieSauerstoff- und Chlorerzeugung als Oxidationsmittel und Katalysator verwendet.

Gefahrenquellen sind Gewinnung, Transport, Verarbeitung und Verwendung vonMangan oder seinen Verbindungen, sofern diese Stoffe als Staub oder Rauch einge-atmet werden. Dies trifft auch f�r das Elektroschweißen mit manganhaltigen, um-mantelten Elektroden zu. Braunsteinm�hlen sind eine besondere Gefahrenquelle.

II. Aufnahme und Wirkungsweise

Mangan oder seine Verbindungen werden �ber die Atemwege aufgenommen. Nachl�ngerer, meist mehrj�hriger Exposition kann �berwiegend das Zentralnervensystemgesch�digt werden. Im besonderen degenerieren dabei Ganglienzellen im Putamen,Nucleus caudatus, Globus pallidus und im Thalamus.

Akute Einwirkung grçßerer Mengen kann zu çrtlichen Reizerscheinungen an denAtemwegen f�hren.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Außer den genannten Reizerscheinungen an den Atemwegen, verursacht durch lokaleSch�digung der Schleimhaut, ist gelegentlich auch eine sog. Manganpneumonie

(kruppçse Pneumonie) mçglich.Uncharakteristische Allgemeinsymptome, wie M�digkeit, Schwindel, Schw�che

und Apathie, kçnnen dem sog. Manganismus, einem dem Morbus Parkinson �hn-lichen Krankheitsbild, das sich allm�hlich entwickelt, vorausgehen. Es kommt dabeizu einem unsicheren und breitbeinigen Gang. Die Fortbewegung ist schließlich nurnoch durch kleine, trippelnde Schritte, h�ufig in Spitzfußstellung („Hahnentritt“,„Steppergang“), mçglich. Gleichzeitig ist auch in Ruhe ein erhçhter Muskeltonus fest-zustellen; die Sehnenreflexe sind gesteigert. Es kommt in fortgeschrittenen F�llen evtl.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 82

68 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 83: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

zu einer Zwangshaltung der Gliedmaßen und einer Motilit�tsstarre. Pro-, Retro-, La-teropulsionen und grobschl�giger Tremor sowie mimische Starre (Maskengesicht),Schluckstçrungen, Speichelfluß und Sprachstçrungen (Stottern) sind typische Symp-tome des ausgepr�gten Krankheitsbildes. Muskelspannungen und Bewegungsstçrun-gen kçnnen eine Mikrographie zur Folge haben. Dabei wird die Schrift groß begonnenund endet schließlich in immer kleiner werdenden, zuletzt unleserlichen Buchstaben.Psychische Ver�nderungen, Zwangslachen und Zwangsweinen kçnnen auftreten. Ver-einzelt wurden Leberparenchymsch�den, Morbus Basedow und Blutbildver�nderun-gen beschrieben.

Differentialdiagnostisch sind Cerebralsklerose, Multiple Sklerose, Paralysis agi-tans, Wilsonsche Pseudosklerose, Status postencephaliticus, spastische Spinalparalyseu. �. in Erw�gung zu ziehen.

IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung

Der Nachweis beruflicher Exposition und ihres Ausmaßes ist von besonderer Wich-tigkeit. Vermehrter Mangangehalt in Blut und Haaren sowie erhçhter Koproporphy-ringehalt im Urin kçnnen evtl. von Bedeutung sein. Es ist zu beachten, daß der Man-gangehalt im Blut auch normalerweise grçßere Schwankungen aufweist.

Die Erkrankung kann u. U. erst mehrere Jahre nach Wegfall der Exposition mani-fest werden. Sie verl�uft meist chronisch und progredient.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 83

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 69

Page 84: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 11 06 Anlage BKV

(Nr. 20/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 6/1962, 134–135

Erkrankungen durch Thallium

oder seine Verbindungen

Klinische Zuordnung:DermatologieGastroenterologieNeurol./Psychiatrie

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Thallium (Tl) kommt in allgemeinen in geringer Konzentration in Blenden und Kiesenals Begleiter von Schwermetallen vor. Es wird aus dem bei der Aufbereitung dieserMineralien anfallenden Flugstaub gewonnen. Tl findet sich auch im Bleikammer-schlamm der Schwefels�urefabrikation.

Tl gehçrt zu den Schwermetallen. Es steht im periodischen System zwischenQuecksilber und Blei. Sein spezifisches Gewicht ist 11,83, der Schmelzpunkt 302,5�;der Siedepunkt liegt etwa bei 1450�.

Tl ist in seinen Verbindungen I- und III-wertig. Die einwertigen Verbindungensind beim Erhitzen verh�ltnism�ßig fl�chtig. Tl-Verbindungen sind zumeist farb-, ge-ruch- und geschmacklos; eine Aufnahme in den menschlichen Organismus kann da-her unbemerkt erfolgen.

Tl oder seine Verbindungen werden vor allem in der Glas-, Farben- und pyrotech-nischen Industrie zu wissenschaftlichen Zwecken und bei der Sch�dlingsbek�mpfungals Tl-III-Sulfat in Form von Pasten, Kçrnern oder w�ßriger Lçsung verwendet. Au-ßerdem waren Tl-Verbindungen in Enthaarungsmitteln enthalten.

Gefahrenquellen kçnnen sowohl bei der Gewinnung von Tl als auch bei der Her-stellung, Verarbeitung und Verwendung von Tl-Verbindungen und thalliumhaltigenPr�paraten gegeben sein.

II. Aufnahme und Wirkungsweise

Tl oder seine Verbindungen werden �ber den Magen-Darm-Kanal (z. B. durch Unsau-berkeit der H�nde), zum Teil auch �ber die Atmungsorgane aufgenommen. Die starkeZellgiftigkeit wird auf die Blockade enzymatischer Vorg�nge oder chemischer Ver-�nderungen bestimmter Fermente zur�ckgef�hrt. Als tçdliche Dosis gilt die Auf-nahme von etwa 1 g Tl-Sulfat.

III. Krankheitsbild und Diagnose

In den ersten Tagen der Erkrankung bestehen h�ufig Brechreiz, Appetitlosigkeit, Obs-tipation, zum Teil starker Durst und Erbrechen. Tachycardie, Blutdrucksteigerungund retrosternale Schmerzen kçnnen auftreten. Entz�ndungen der Conjunktiven, deroberen Luftwege und der Gesichtshaut wurden beobachtet. Es kann sich ein ascendie-rend verlaufendes polyneuritisches Symptomenbild entwickeln. Vor dem Auftreten

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 84

70 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 85: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

von L�hmungen finden sich oft abgeschw�chte Knie- und Achillessehnenreflexe; sp�-ter kçnnen diese fehlen. Die Hypersensibilit�t ist hervorstechend, es gehen ihr Krib-beln und Taubheitsgef�hl in Fingern und Zehenspitzen voraus. Schmerzen in F�ßen(burning feet) kçnnen so stark sein, daß bereits das Ber�hren der Bettdecke als uner-tr�glich empfunden wird.

Nach grçßerer Dosisaufnahme kommt es nach etwa 14 bis 21 Tagen zu einem cha-rakteristischen Haarausfall; die Haare lassen sich b�schelweise schmerzlos ausziehen.Hiervon wird die gesamte Behaarung mit Ausnahme des medialen Anteils der Augen-brauen betroffen. An Finger und Zehenn�geln treten hellweiße Lunulastreifen auf.Außer der peripheren Polyneuritis ist eine zentralmotorische Systemstçrung im Sinneeiner Bulb�rparalyse mçglich. Sind auch die Hirnnerven betroffen, so tritt h�ufig,aber relativ sp�t, eine Opticusneuritis auf. Psychische Ver�nderungen und psycho-

tische Krankheitsbilder bis zum kompletten Korsakow kçnnen sich ergeben.Eine regelm�ßig festzustellende Schlafstçrung ist gegen�ber den �blichen Schlaf-

mitteln therapieresistent.Die chronische, schleichend verlaufende Erkrankung ist durch Appetitlosigkeit,

Anacidit�t, Abmagerung, Sehstçrungen, Schw�che und Schmerzen in Beinen ohneausgepr�gte Polyneuritis gekennzeichnet. Der Haarwuchs ist sowohl regional alsauch tempor�r gestçrt, ohne daß ein Ausfall der gesamten Behaarung eintritt. Merk-f�higkeitsstçrungen, gelegentlich milde verlaufende neuritische Sch�be und die Fest-stellung von Lunulastreifen an Finger und Fußn�geln, kçnnen f�r die Diagnosestel-lung des oft uncharakteristischen Krankheitsverlaufs wertvoll sein.

Im Harn sind oft Eiweiß, Zylinder und Erythrocyten nachzuweisen. Eine ver-mehrte Ausscheidung von Porphyrin ist mçglich. Zur Diagnosestellung ist der Nach-weis von Tl in Urin und Faeces heranzuziehen. Er kann nach einmaliger Giftauf-nahme bis sechs Wochen danach gef�hrt werden. Bei geringer Dosisaufnahme sollteder Urin von drei hintereinander liegenden Tagen auf Tl untersucht werden.

Differentialdiagnostisch bedeutsam kçnnen Metallvergiftungen, wegen der neuri-tischen Symptome auch die Arsenvergiftung, die akute Porphyrie, die polyneuritischeForm der Landry'schen Paralyse sowie andere neurologische Erkrankungen sein.

IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung

Es muß festgestellt werden, in welcher Weise und in welchem Umfang der Erkranktebei der Gewinnung, Herstellung, Verarbeitung oder Verwendung von Tl oder dessenVerbindungen t�tig war. Oft kçnnen die Gefahrenquellen nur durch eine Betriebs-begehung gefunden werden.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 85

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 71

Page 86: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 11 07 Anlage BKV

(Nr. 21/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 6/1962, 135

Erkrankungen durch Vanadium

oder seine Verbindungen

Klinische Zuordnung:HNO-HeilkundeDermatologiePneumologie

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Vanadium (V), auch Vanadin genannt – in Deutschland gibt es kein abbauw�rdigesErzlager –, wird aus vanadinhaltigen Erzen und Mineralien gewonnen. Bei der Ver-h�ttung von Eisen- und Kupfererzen kann neben Thomasschlacke (etwa l% vanadin-haltig) durch vorzeitige Unterbrechung des Frischprozesses eine vanadinreiche Vor-frischschlacke (5 bis 10 % vanadinhaltig) anfallen.

Auch Erdçl enth�lt – je nach seiner Herkunft unterschiedlich – geringe MengenVanadin. In der Tonerdeindustrie fallen vanadinhaltige Materialien als Nebenpro-dukte an.

Aus Eisen- und Kupferschlacke wird Vanadinpentoxyd (V2O5) gewonnen, dasu. a. zur Herstellung von Ferrovanadin und als Katalysator dient.

Vanadin findet haupts�chlich zur Veredelung in der Stahlindustrie, auch f�r kata-lytische Zwecke in der chemischen Industrie, z. B. bei der Herstellung von Schwefel-s�ure, Phthals�ureanhydrid und Perboraten Verwendung.

Gefahrenquellen bestehen bei Gewinnung, Transport und Verarbeitung des Vana-dins, z. B. bei der Aufbereitung von Schlacken, besonders aber bei Reinigungsarbeitenin mit Erdçl geheizten Boilern, �fen und Turbinen. In der Erdçlasche und im Rußvon Erdçlen findet sich auch ein je nach Herkunft verschieden hoher Vanadingehalt.Er schwankt etwa von 15 bis 50 % und mehr. Bei bestimmten Arbeitsvorg�ngen ent-steht eine unterschiedlich starke Staubentwicklung des teilweise sehr feinen pulverfçr-migen V2O5.

II. Aufnahme und Wirkungsweise

Vanadin und seine Verbindungen werden haupts�chlich in Staub- oder Pulverform�ber die Atmungsorgane aufgenommen; auch eine Aufnahme �ber den Magen-Darm-Kanal kann vorkommen.

Im Vordergrund der Wirkungsweise stehen Reizerscheinungen der Schleimh�uteder Augen und Luftwege. Auch Hautreizungen sind beobachtet worden.

Das Ausmaß der Erkrankung h�ngt in der Regel von der Quantit�t und der Teil-chengrçße des einwirkenden Stoffes ab.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 86

72 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 87: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

III. Krankheitsbild und Diagnose

a) A k u t e F o r m:Bereits nach relativ kurzer Einwirkungszeit kann es zu mehr oder weniger starkemAugenbrennen, Niesen, sp�ter zu Trockenheit im Rachen, Schnupfen und Heiserkeit

kommen. Auch gr�n-schw�rzliche Verf�rbungen der Zunge wurden beobachtet.

b) C h r o n i s c h e F o r m:Es ist mçglich, daß Bronchitiden und Bronchopneumonien mit etwaigen Folge-erscheinungen, aber auch bronchialasthma�hnliche Zust�nde, insbesondere nachh�ufiger Einatmung des vanadinhaltigen Staubes, auftreten. Ekzematçse Hautver-

�nderungen kçnnen vorkommen.Isolierte Magen-Darm- bzw. Nierenerkrankungen gehçren nicht zu diesem Krank-

heitsbild.

IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung

Bei beruflicher Exposition und plçtzlichem Auftreten von Schleimhautreizungen undBronchitiden muß an eine akute Vanadineinwirkung gedacht werden.

Nach Wegfall der Exposition klingen diese akut auftretenden Symptome in derRegel in einem Zeitraum von wenigen Tagen bis zu einigen Wochen komplikationslos

ab.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 87

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 73

Page 88: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 11 08 Anlage BKV

(Nr. 2/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 5/1964, 125–126

Erkrankungen durch Arsen

oder seine Verbindungen

Klinische Zuordnung:OphthalmologieHNO-HeilkundeDermatol./H�matol.GastroenterologieKardio-/PneumologieNeurol./PsychiatrieUro-/Nephrologie

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Arsen (As) kommt in verschiedenen Mineralien, wie Arsenkies (FeAsS), und als Be-gleiter anderer Mineralien, wie Zinkblende oder Eisenkies (Schwefelkies), zuweilengediegen als Scherbenkobalt vor.

Arsen ist in seinen Verbindungen drei- oder f�nfwertig. Bedeutsame Verbindungendes dreiwertigen As sind Arsentrioxyd (Arsenik – As2O3 -) und die arsenige S�ure(H3AsO3) mit ihren Salzen (Arsenite), des f�nfwertigen As die Arsens�ure (H3AsO4)und deren Salze, die Arsenate (Arseniate).

Reines elementares Arsen bewirkt keine Gesundheitssch�digung, jedoch oxydiertes leicht an der Luft und bei Kontakt mit Schweiß oder Speichel.

Alle – auch die organischen – Verbindungen des As sind gesundheitsgef�hrdend,ausgenommen die Arsensulfide (z. B. Realgar, Auripigment), sofern diese nicht mitanderen Arsenverbindungen verunreinigt sind.

Gefahrenquellen sind u. a. Verh�ttung und Rçsten arsenhaltiger Mineralien, Her-stellung von Arsenik, arsenhaltigen Farben und Anstrichmitteln (Schiffsboden-anstrich), Verwendung arsenhaltiger Ausgangsstoffe in der Pharmazie, in derchemischen, keramischen und Glasindustrie. Dies gilt auch f�r Gerbereien, K�rschne-reien (Beizmittel), zoologische Handlungen und f�r die vereinzelt noch in der Bundes-republik Deutschland vorkommende Herstellung und Verwendung arsenhaltigerSch�dlingsbek�mpfungsmittel.

Arsenwasserstoff (Arsin-AsH3-) ist in reinem Zustand ein farb- und geruchloses,brennbares, sehr giftiges Gas, das sich bei Einwirkung von Wasser oder S�uren auf Arse-nide (wie Zink-, Calciumarsenid) oder von Wasserstoff in statu nascendi auf Arsenver-bindungen bilden kann. AsH3 riecht infolge Verunreinigung oft wie Knoblauch.

AsH3 tritt beim Beizen von Metallen mit arsenhaltiger Schwefel- oder Salzs�ureund bei Naßbearbeitung von Erzen, Schlacken oder Metallspeisen auf. Auch bei Ein-wirken von Feuchtigkeit auf Ferrosilicium, das mit As und Phosphiden verunreinigtist, kann Arsenwasserstoff neben Phosphorwasserstoff entstehen.

Arsentrichlorid (AsCl3) ist eine farblose, çlige, an der Luft rauchende Fl�ssigkeit,die zum Beizen und Br�nieren von Metallen verwendet wird.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 88

74 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 89: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

II. Aufnahme und Wirkungsweise

As und seine Verbindungen werden haupts�chlich in Form von Staub, Dampf oderGas �ber die Atemwege, aber auch �ber den Magen-Darm-Trakt und u. U. durch dieHaut auf genommen.

Die Ausscheidung geschieht in Harn, Stuhl, Schweiß und �ber die Lunge; in Leber,Nieren, Knochen, Haut, Haaren und N�geln kann eine Anreicherung stattfinden.

Arsenverbindungen bewirken im Organismus eine Stçrung enzymatischer Prozes-se. Es kommt zu Kapillarl�hmungen, zu Sch�den im Blut und in der Blutbildung (Mi-

tosegift), zu fettiger Degeneration, Gewebsmetaplasie, Gewebszerstçrungen und zuVer�nderungen im Zentralnervensystem.

Arsenwasserstoff wird ausschließlich �ber die Atemwege aufgenommen. Diesf�hrt zu einer Meth�moglobinbildung (H�miglobin) und H�molyse, was sich ins-besondere in Zentralnervensvstem, Leber und Nieren auswirkt.

Arsentrichlorid ist vorwiegend ein �tzgift.

III. Krankheitsbild und Diagnose

1. Bei Arsenverbindungen, ausgenommen AsH3 und AsCl3:Die a k u t e Erkrankung kommt beruflich bedingt selten vor. �ber die Atemwege auf-genommen, treten zun�chst Hustenreiz, Atemnot und Brustschmerzen auf. Je nach-dem, ob Durchf�lle, Kopfschmerzen, Verwirrtheitszust�nde, Krampfanf�lle oderBewußtlosigkeit vorherrschend sind, kann man von einer gastroitestinalen, cerebro-

spinalen oder paralytischen Form der Erkrankung sprechen. Herzschw�che undKreislaufkollaps sind mçglich.

Die c h r o n i s c h e Erkrankung �ußert sich in:a) Zeichen einer çrtlichen Reizwirkung, wie Erythem, Follikulitis, Ekzem oder schar-

frandigem �tzgeschw�r an Kontaktstellen der Haut mit evtl. nachfolgender Sen-

sibilisierung. Bindehautentz�ndungen, Nasenscheidewandgeschw�re, evtl. mitPerforation, hartn�ckige Schleimhautreizungen in Nase, Rachen, Kehlkopf, Bron-chien und gelegentlich im Magen-Darm-Trakt sind nach relativ kurzer Expositionmçglich.

b) Zeichen einer resorptiven Wirkung, wie symmetrische, volare oder plantare Hy-

perkeratosen, evtl. mit Warzenbildung, Hautpigmentationen und Melanose, �ber-wiegend an Nacken, Hals, Oberarm und R�cken, Hyperhydrosis, fleckfçrmigeroder diffuser Haarausfall und Ver�nderungen an den N�geln (sog. Meessche Na-

gelb�nder) mit Br�chigkeit.Selten, aber charakteristisch sind sehr schmerzhafte periphere Neuritiden, wobeisowohl sensible als auch motorische Nervenfasern betroffen sein kçnnen. Zentral-

nervçse Stçrungen, in schweren F�llen Paresen, schlaffe L�hmungen sowie Herz-und periphere Kreislauffunktionsstçrungen mit Marmorierung der Haut, Akro-

cyanose bis zur Gangr�n kçnnen vorkommen. Leberparenchymsch�den wurdenvereinzelt beobachtet.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 89

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 75

Page 90: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Das Blutbild kann im Sinne einer hypo- oder hyperchromen An�mie und Lympho-

penie ver�ndert sein. F�lle mit Carcinomen, insbesondere an Atmungsorganen,Leber und Haut, wurden beschrieben.

2. Bei Arsenwasserstoff (AsH3):Die akute Einwirkung geringerer Dosen kann zu Kopfschmerzen, �belkeit, Brechreiz,Leibschmerzen und blutiger Verf�rbung des Urins f�hren. Wenige Tage sp�ter kçnnenh�molytischer Ikterus, Neuralgien und Par�sthesien auftreten.

Die Einwirkung hçherer Dosen verursacht Atemnot, Blausucht sowie Entleerungroten bis schwarz gef�rbten Urins, der Oxyh�moglobin und Meth�moglobin (H�mi-globin) enth�lt. Durch Verstopfung der Nierenkan�lchen mit H�moglobinschollenkann es zu Oligurie und schließlich Ur�mie kommen. In schweren F�llen kçnnen Me-th�moglobinbildung und H�molyse rasch einsetzen und Sauerstoffmangelzust�ndemit oft tçdlichem Ausgang bewirken. Wird die bedrohliche Situation �berwunden, sokann es zu Leberschwellung mit starkem Ikterus und schwerer An�mie kommen. Nie-

renfunktions- und neuritische Stçrungen kçnnen l�ngere Zeit Folgeerscheinungen derErkrankung sein.

3. Arsentrichlorid (AsCl3):AsCl3 und manche organische As-Verbindungen wirken �berwiegend lokal �tzendauf Haut und Schleimh�ute. Dermatitiden und Hautulcera, Konjunktivitiden, Che-

mosis, Hornhaut-Ulzera sowie heftige Bronchitiden wurden beobachtet.

IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung

Bei der akuten Form der Erkrankung ist das Ergebnis chemischer Untersuchungen aufArsen in Urin, Stuhl und evtl. Erbrochenem, bei der chronischen Form in Haar undN�geln von besonderer Bedeutung.

Gef�ßerkrankungen, Tumore und Leberparenchymsch�den kçnnen im allgemei-nen nur dann als Folgeerkrankungen in Betracht gezogen werden, wenn langzeitigeExposition stattgefunden hat oder andere typische Krankheitszeichen, wie Hyper-

keratosen und Melanose, vorgelegen haben. Die Latenzzeit kann u. U. Jahrzehntedauern.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 90

76 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 91: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 11 09 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 4/1981, 56–57

Erkrankungen durch Phosphor

oder seine anorganischen Verbindungen

Klinische Zuordnung:OphthalmologieHNO-HeilkundeDermatologieGastroenterologieKardio-/PneumologieNephrologie/Orthop.

Phosphor kommt in mehreren allotropen Modifikationen vor, die sich in ihren Eigen-schaften stark voneinander unterscheiden. Gegen�ber der weißen (gelben) Modifika-tion des Phosphors sind die anderen Phosphormodifikationen wesentlich weniger re-aktionsf�hig und bei weitem nicht so giftig.

W e i ß e r P h o s p h o r ist eine wasserunlçsliche, jedoch in Fetten und �len leichtlçsliche, farblose bis gelbliche, wachs�hnliche Masse von stechend knoblauch�hn-lichem Geruch. Bereits bei Zimmertemperatur kann er an der Luft unter Bildung vonweißem Rauch (Phosphorpentoxid) oxidiert werden (Autoxidation). Die dabei statt-findende W�rmeentwicklung f�hrt bei ca. 50� C zur Selbstentz�ndung. Wegen dieserEigenschaften muß der weiße Phosphor mit Wasser bedeckt gelagert oder trans-portiert werden. Das sich beim Verbrennen von elementarem Phosphor bildendePhosphorpentoxid verbindet sich mit Wasser (Luftfeuchtigkeit) zu Phosphors�ure(H3PO4). Wird der elementare Phosphor unter Luftabschluß erhitzt, so entsteht ausdem weißen Phosphor roter oder violetter, der sowohl in Wasser als auch in den meis-ten Lçsemitteln unlçslich ist.

R o t e r P h o s p h o r ist ein nicht fl�chtiges, geruch- und geschmackloses Pulver.Er reagiert mit Oxidationsmitteln, z. B. in Gegenwart von Wasser. Er ist explosions-f�hig in Mischung mit brandfçrdernden Verbindungen wie Chloraten, Chromatenund Permanganaten. Roter Phosphor entz�ndet sich an der Luft bei etwa 300� C. Rei-bung oder Schlag gen�gen jedoch, um die Entz�ndung herbeizuf�hren.

Phosphor kommt in der Natur �berwiegend in den Mineralien Phosphorit undApatit sowie in anderen Phosphaten vor. Anorganische Phosphorverbindungen sindu. a.

Phosphoroxichlorid (POCl3)Phosphortrichlorid (PCl3)Phosphorpentachlorid (PCl5)Phosphorsesquisulfid (P4S3)Phosphorwasserstoff (Phosphin 3 PH3)

Letzterer ist ein farbloses Gas mit einem Geruch nach faulendem Fisch, Karbid oderauch Knoblauch.

I. Gefahrenquellen

Gewinnung von elementarem Phosphor, Verwendung in der chemischen und pharma-zeutischen Industrie, Herstellung und Anwendung von Phosphorbronze, Herstellung

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 91

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 77

Page 92: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

von Feuerwerkskçrpern (Pyrotechnik), Waffen (Brandbomben) sowie Herstellungund Verwendung von Sch�dlingsbek�mpfungsmitteln.

Phosphorwasserstoff kann bei der Herstellung von elementarem Phosphor undPhosphiden (anorganische Phosphorverbindungen), bei der Zersetzung von Karbidund bei Einwirkung von Feuchtigkeit auf phosphorhaltiges Ferrosilizium entstehen.Eine Gef�hrdung besteht auch durch phosphorcalziumverunreinigtes Karbid, sofernAcetylen noch aus Calziumkarbid hergestellt wird. Acetylen, wie es z. B. beim Auto-genschweißen verwendet wird, wird heute vorwiegend petrochemisch hergestellt. Die-ses Acetylengas impliziert nicht das Risiko einer Phosphorwasserstoffintoxikation.Eine Gef�hrdung besteht auch bei der Herstellung und Verwendung von Sch�dlings-bek�mpfungsmitteln auf der Basis von Metallphosphiden, speziell Zinkphosphid.

Phosphorchlorverbindungen werden als Chlorierungs- und Phosphorylierungs-mittel in der synthetischen Chemie eingesetzt. Bei betrieblichen Zwischenf�llen kannes zu unerwarteten akuten Expositionen kommen.

Phosphorschwefelverbindungen werden in Reibfl�chen von Streichholzschachtelnverarbeitet, so daß bei deren Herstellung eine Gef�hrdung besteht.

Anorganische Phosphate sind auch in k�nstlichen D�ngemitteln enthalten (Super-phosphat, Nitrophoska). Bei ordnungsgem�ßer Anwendung derartiger D�ngemittelist jedoch eine Gef�hrdung nicht gegeben.

Erkrankungen durch Thomasphosphat, das u. a. als D�ngemittel Verwendung fin-det, sind unter der BK Nr. 41 08 erfaßt.

II. Pathophysiologie

Die Giftwirkung von weißem oder gelbem Phosphor beruht auf dessen langsamerOxidation mit starker Reduktionsaktivit�t und Hemmung enzymatisch gesteuerterStoffwechselvorg�nge (intrazellul�rer Oxidationsvorg�nge) vor allem in der Leber.

Einwirkung von Phosphord�mpfen oder -rauchen verursacht schwere Reizung derNasen- und Rachenschleimh�ute sowie der oberen und tieferen Atemwege und derAugenbindeh�ute sowie der Haut u. a. durch aktiven Sauerstoff. Durch Endothel-sch�digung der Knochengef�ße treten Ver�nderungen am Knochen auf.

Resorption, vor allem durch intakte oder verletzte Haut (Brandwunden) oder beiVerschlucken, f�hrt zu Magendarm-Symptomatik und ggf. schweren Leber- und Nie-rensch�den.

Phosphorwasserstoff als anorganische Phosphorverbindung ist ein starkes Stoff-

wechselgift mit besonderer Affinit�t zum Zentralnervensystem. Die Aufnahme erfolgtdurch Inhalation oder durch die Bildung von Phosphorwasserstoff im Magen-Darm-Kanal, z. B. nach Verschlucken von Metallphosphiden.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Das akute Vergiftungsbild nach Einatmen von Phosphord�mpfen und/oder Phosphor-rauch ist durch Reizerscheinungen an den Schleimh�uten der Augen sowie der oberenund tieferen Atemwege gekennzeichnet: Konjunktivitis mit ungewçhnlicher Licht-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 92

78 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 93: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

empfindlichkeit, Rhinitis, Hustenreiz. In besonders kritischen F�llen kommt es zuKreislaufkollaps und toxischem Lungençdem.

Hautkontakt f�hrt zu starken Schmerzen an den benetzten Hautpartien und bis zuschweren Verbrennungen mit schlechter Heilungstendenz.

Nach oraler Aufnahme kçnnen schwere gastrointestinale Stçrungen mit abdomi-nellen Schmerzen und Erbrechen auftreten. Kreislaufkollaps oder Schock mit tçdli-chem Herz-Kreislauf-Versagen innerhalb von Stunden ist – mçglich. Andere Verl�ufesind durch eine Latenzperiode von 1–3 Tagen mit relativem Wohlbefinden nach erstengastrointestinalen Beschwerden gekennzeichnet. Dann kçnnen Zeichen einer schwe-ren Lebersch�digung (bis zur akuten gelben Leberdystrophie) auftreten mit Leberko-

ma, h�morrhagischer Diathese und Hypoglyk�mie; außerdem sind schwere Beein-

tr�chtigung der Nierenfunktion mit Oligurie, Albuminurie und H�maturie mçglich.Als Dauersch�den sind Lebercirrhosen beobachtet worden.

Die chronische Vergiftung durch elementaren Phosphor ist, außer durch Appetit-stçrungen, M�digkeit, allgemeine Schw�che, Verdauungsstçrungen und Abmagerungsowie Haut- und Schleimhautblutungen, vor allem durch schmerzhafte Knochendege-

nerationsprozesse (Osteoporose) mit gleichzeitiger oder vorhergehender Verdickungdes Periosts und Hyperostosen gekennzeichnet. Bei j�ngeren Personen sind quer-gestreifte Verkalkungen in den Epiphysenlinien beobachtet worden.

Knochen in der N�he von Schleimh�uten (z. B. Kieferknochen) sind infektions-gef�hrdet. Hier treten nicht selten schwere chronische Osteomyelitiden mit Sequester-bildung auf („Phosphornekrosen“).

Nach massiver Inhalation von rotem Phosphorstaub, der Verunreinigungen durchgelben Phosphor enthalten kann, ist eine toxische Pneumonie mçglich. Mit gelbemPhosphor verunreinigter roter Phosphor kann auch das beschriebene Bild der chro-nischen Phosphorvergiftung verursachen.

Die Diagnose l�ßt sich durch eine „Phosphorlumineszenz“ von Urin und Erbro-chenem erh�rten, bei akuten und chronischen Vergiftungen durch Leber- und Nieren-diagnostik sowie durch Nachweis der beschriebenen Knochenver�nderungen imRçntgenbild.

Anorganische Phosphorverbindungen (Phosphorchlorverbindungen und Phos-phorschwefelverbindungen) sind fl�ssige (Dampf) oder feste (Staub) Reizstoffe, die zuentsprechenden Reaktionen an den Schleimh�uten von Augen, Nase oder Mund, aberauch an denen der oberen und tieferen Atemwege f�hren kçnnen. Vor allem auf Phos-phorschwefelverbindungen sind toxische Hautreaktionen bekanntgeworden.

Besonders toxisch ist der gasfçrmige Phosphorwasserstoff. Akute Intoxikationen

mit hohen Dosen sind meist tçdlich (apoplektiformes Vergiftungsbild). In geringerenDosen treten Vergiftungserscheinungen seitens der Atemorgane und des Herz-Kreis-lauf-Systems mit Brustschmerzen, Zyanose, Atemnot und Tachykardie auf. Kopf-schmerzen, Schwitzen, Schweißausbr�che, Ohrensausen, Erregungszust�nde, Mus-kelsteifigkeit, Schwindelerscheinungen, Gangstçrungen und Bewußtlosigkeit kçnnenebenfalls auftreten. Besonders gef�hrlich ist das toxische Lungençdem.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 93

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 79

Page 94: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Wird das akute Vergiftungsstadium �berlebt, so kçnnen nach einer Latenzzeit vonwenigen Tagen auch Leber- und Nierensch�den auftreten.

IV. Weitere Hinweise

Phosgen (COCl2) ist keine Phosphorverbindung, sondern ein chemisch-irritativ odertoxisch wirkendes Gas, das bei der thermischen Zersetzung chlorierter Kohlenwasser-stoffe entstehen kann.

Akute Vergiftungen durch Phosgen sind als Arbeitsunf�lle anzusehen; chronischeSch�den im Sinne obstruktiver Atemwegserkrankungen fallen unter die BKNr. 43 02.

V. LiteraturK�hn, R., Birott, K.:

Merkbl�tter Gef�hrliche ArbeitsstoffeVerlag moderne Industrie, W. Dummer & Co., M�nchen 1979

Ullmann:Encyklop�die der technischen Chemie, 4. AuflageVerlag Chemie, Weinheim, 1979

Rçmpp:ChemielexikonVerlag Chemie, Weinheim, 1979

Valentin, H., Lehnert, G., Petry, H., Weber, G., Wittgens, H., Woitowitz, H. J.:Arbeitsmedizin, Bd. 2: Berufskrankheiten, 2. AuflageVerlag Georg Thieme, Stuttgart, 1979

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 94

80 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 95: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 11 10 Anlage BKV

(Nr. 32/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 11/1963, 285

Erkrankungen durch Beryllium

oder seine Verbindungen

Klinische Zuordnung:DermatologieGastroenterologiePneumologieNeurologieOrthop�die

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Beryllium (Be), ein silberweißes, etwas sprçdes Metall, wird �berwiegend durchSchmelzelektrolyse aus Berylliumchlorid oder durch Reduktion mit Magnesium ausBerylliumfluorid gewonnen. Es kommt in der Natur als Phenakit (BeSiO4), Chrys-oberyll (BeAlO2) und Smaragd vor.

Berylliumoxid wird zur Herstellung hoch-feuerfester Ger�te und Materialien so-wie keramischer Farben verwendet. Berylliumfluorid findet bei der Aluminium-Schweißpulverherstellung und andere Berylliumverbindungen bei der Herstellungvon Spezialporzellan, Gl�hkçrpern und Leuchtstoffen Verwendung; im letzteren Fallbenutzt man jetzt vielfach andere ungiftige Stoffe. Berylliumlegierungen sind wegenihrer praktisch unbegrenzten Haltbarkeit und Berylliumgl�ser wegen ihrer besonde-ren Strahlendurchl�ssigkeit von Bedeutung; auch in der Kernreaktor- und Raketen-technik spielen Beryllium und seine Verbindungen eine wichtige Rolle.

Gefahrenquellen sind insbesondere das Verarbeiten trockener, staubender Berylli-umverbindungen, haupts�chlich das Mahlen und Abpacken, in etwas geringeremMaße das Gewinnen des Berylliums aus seinen Erzen und Zwischenprodukten. Ge-sundheitsgef�hrdend sind auch Arbeitspl�tze, an denen Beryllium oder seine Verbin-dungen in Dampfform auftreten.

II. Aufnahmen und Wirkungsweise

Be und seine Verbindungen werden �berwiegend in Form von St�uben oder D�mpfen�ber die Atemwege aufgenommen. Neben çrtlichen Sch�den, z. B. im Bereich der tie-feren Atemwege, kommt es dabei zu einer allgemeinen Giftwirkung. Erkrankungender Haut und Schleimh�ute infolge resorptiver Einwirkung, aber auch Hautsch�dennach unmittelbarem Kontakt mit diesen Stoffen, sind mçglich. Be wird zum Teildurch die Nieren ausgeschieden, zum anderen Teil in Lunge, Leber und Knochen ab-gelagert.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Durch die Einwirkung von Be oder seiner Verbindungen kçnnen �berwiegend fol-gende Erkrankungen und Sch�den verursacht werden:

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 95

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 81

Page 96: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

a) Akute VerlaufsformIn der Regel handelt es sich hier um eine nur 1 bis 2 Tage dauernde fieberhafte Er-krankung nach Art des sog. Metall-Dampffiebers unter Beteiligung von Haut undSchleimh�uten.

b) Toxische Berylliumpneumonie

Das unter a genannte Krankheitsbild kann vorausgehen. Es treten starke Atemnot,Lippencyanose, Gesichtsbl�sse, qu�lender Husten und auskultatorisch �ber derLunge festzustellende Rasselger�usche hinzu. Im Gegensatz zur kruppçsen Pneumo-nie fehlen jedoch rostbraunes Sputum und Sch�ttelfrost. Rçntgenologisch kçnnensich geringf�gige Tr�bungen in den Mittelfeldern und Fleckelungen, �hnlich denen ei-ner Miliartuberkulose, finden. Mit Beginn der zweiten Krankheitswoche zeigen sichhomogene Verschattungen, die – von den Mittelfeldern ausgehend – auf Ober- undUnterfelder �bergreifen. Hochgradige Cyanose, Nierenreizung mit Eiweißausschei-dung im Urin und Leberschwellung sind Symptome der fortschreitenden Erkrankung,die nach 2 bis 3 Wochen oft infolge L�hmung des Atemzentrums zum Exitus letalisf�hren kann.

G�nstigenfalls bilden sich die Ver�nderungen in der Lunge zur�ck, was charakteris-tischerweise Monate bis Jahre dauern kann. Gelegentlich besteht weiterhin Atemnot.

c) Chronische Verlaufsform – Berylliose –Diese h�ufig vorkommende Verlaufsform kann sich unmittelbar im Anschluß an dietoxische Berylliumpneumonie, h�ufiger aber erst viele Jahre sp�ter, entwickeln.Atemnot, hartn�ckiger, trockener Husten und z. T. betr�chtliche Gewichtsabnahmebei meist normalen Kçrpertemperaturen sind gewisse Anzeichen hierf�r.

Rçntgenologisch findet sich eine mehr oder weniger ausgepr�gte Fleckelung, �hn-lich der bei der Miliartuberkulose bzw. Silikose. Sie fließt stellenweise zu homogenenVerschattungen zusammen und gleicht dann dem Bild der Boeckschen Erkrankungbzw. der sog. Talklunge oder einer Lungenfibrose.

Auch die Berylliose kann unter den Zeichen einer hinzutretenden Herz- und Kreis-laufinsuffizienz tçdlich verlaufen. Ggf. dauert die Erkrankung jahrelang.

d) Sonstige KrankheitserscheinungenInsbesondere bei der akuten Verlaufsform sind evtl. sowohl die Haut in Form einesHauterythems, einer Gesichtsdermatitis, eines vesikopapul�ren Ekzems als auch dieSchleimh�ute des Auges und der oberen Luftwege betroffen. Im Verlauf der toxischenBerylliumpneumonie kçnnen granulomatçse Ver�nderungen, die an Hautsarkoide er-innern, auftreten.

Infolge direkter Einwirkung der sch�digenden Stoffe auf die Haut, z. B. von Beryl-liumsalzen, wie Fluoride, Oxyfluoride und Sulfate, kçnnen ulcerçse Hautprozesse

entstehen. Das Eindringen von Berylliumglassplittern kann zu lokalen Hauterkran-

kungen, wie Granulomen, f�hren, die schließlich unter Keloidbildung abheilen. In

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 96

82 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 97: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Einzelf�llen wurden auch Ver�nderungen im Knochensystem (sog. Berylliumrachitis),Leberparenchymsch�den und Nervenl�hmungen beschrieben.

IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung

Arbeitsanamnese, klinisches und rçntgenologisches Bild und ggf. das positive Ergeb-nis des auf der sensibilisierenden Wirkung des Berylliums beruhenden Berylliumhaut-testes sind f�r die �rztliche Beurteilung bedeutsam.

Die verschiedenen Krankheitsbilder, wie generalisierte Hautgranulome und toxi-sche Berylliumpneumonie, kçnnen erst viele Jahre nach Exposition in Erscheinungtreten. Auch nach einmaliger Exposition wurden Erkrankungen beobachtet. Im Ver-lauf der Berylliose kommen Remissionen vor.

Hautkrankheiten, durch Einwirkung von Beryllium oder seiner Verbindungen ver-ursacht, gelten als Berufskrankheit Nr. 32 der Anlage zur 6. Berufskrankheiten-Ver-ordnung nur insoweit, als sie Erscheinungen einer Allgemeinerkrankung sind; ggf.trifft Nr. 46 *) der Anlage zur 6. Berufskrankheiten-Verordnung zu.

*) entspricht BK-Nr. 51 01 Anlage BKV.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 97

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 83

Page 98: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

12 Erstickungsgase

Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten Nr. 12 01 – Nr. 12 02 Anlage BKV

Literaturhinweis:Anorganische Gase (Hollender und Dott, 2002)Gasfçrmige Verbindungen (Eyer, 2004)Inhalative Noxen (Nowak, 2004)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 98

84 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 99: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 12 01 Anlage BKV

(Nr. 11/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 11/1963, 282–283

Erkrankungen durch Kohlenmonoxid

Klinische Zuordnung:Angio-/KardiologieGastroenterologieNeurol.-/Psychiat.

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Kohlenoxyd (-oxid, -monoxid, CO) ist ein farb-, geruch- und geschmackloses Gasohne Reizwirkung von etwa gleichem spezifischem Gewicht wie die Luft. Es entstehtbei unvollst�ndiger, d. h. unter ungen�gender O2-Zufuhr stattfindender Verbrennungkohlenstoffhaltiger Verbindungen.

CO vermischt sich leicht mit Raumluft und kann festes Material, wie Erdreichund Mauerwerk, unbemerkbar durchdringen.

CO ist im sog. Leuchtgas (Stadtgas) je nach Ausgangsmaterial in einem Anteil vonmeist 8 bis 14 %, im entgifteten Stadtgas von etwa 1 %, im Abgas der Ottomotorenvon etwa 3 % (im Leerlauf von etwa 10 %), im Abgas von Dieselmotoren von etwabis 0,5 %, im Hochofengas von etwa 20 bis 30 %, im Generatorgas und Wassergasvon etwa 30 bis 50 % enthalten. Auch in Brandgasen und in Explosionsschwadenkçnnen sehr hohe Konzentrationen auftreten.

Gefahrenquellen sind insbesondere Arbeiten an defekten oder fehlerhaft betriebe-nen Heizanlagen, an offenen Feuerstellen (z. B. Koksçfen), an defekten Gasleitungen,bei Br�nden und Explosionen – haupts�chlich in geschlossenen R�umen, Tunnelnund Untertagebetrieben – sowie an laufenden Ottomotoren in abzugsbehindertenR�umen („Garagentod“).

Auch Arbeiten in Eisenh�ttenwerken, Gießereien u. �., in Gaswerken, Generato-renanlagen und sonstigen Anlagen, die mit CO-haltigen Gasen betrieben werden,kçnnen eine Gefahrenquelle sein.

II. Aufnahme und Wirkungsweise

CO gelangt ausschließlich �ber die Atemwege in den Blutkreislauf.Da das Bindungsvermçgen des CO an H�moglobin (Hb) etwa 200mal grçßer ist

als das des Sauerstoff (O2), kommt es zu einer Sauerstoffverarmung im Organismus.Hçhe der Konzentration in der Atemluft, Intensit�t der Atmung und Einwirkungs-dauer des CO bestimmen den Grad der O2-Verarmung im Organismus, die letztlichzur inneren Erstickung f�hren kann. Eine lang andauernde Einwirkung kleinerer CO-Dosen kann gesundheitssch�digender sein als eine kurze Einwirkung hçherer CO-Do-sen. Besonders betroffen werden die f�r O2-Mangel empfindlichen Gewebe, wieGehirn, Herz, Leber und Nebenniere. Daneben kommt es zu schweren Kreislaufstç-rungen, wie vermehrter Durchl�ssigkeit der Gef�ße, Gef�ßl�hmungen und Verlang-samung der Blutzirkulation.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 99

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 85

Page 100: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Schon 0,1 Vol.-% CO in der Atemluft kann ein schweres Vergiftungsbild hervor-rufen.

III. Krankheitsbild und Diagnose

a) Die Einwirkung besonders hoher CO-Dosen, die zu Kohlenoxidh�moglobin(COHb) von 50 % und mehr f�hrt, verursacht in k�rzester Zeit Bewußtseinsver-lust, Dyspnoe und Kr�mpfe; der Tod kann sehr rasch eintreten.

b) Die Einwirkung von CO-Dosen, die zu einem COHb-Gehalt von etwa 20 bis50 % f�hren, verursachen Kopfschmerzen, Schwindel, Brechreiz, Benommenheit,Ohrensausen, Herzklopfen sowie evtl. Versagen der Muskelkraft und des zentra-len Antriebs, etwa beim Versuch sich zu retten; Erregungszust�nde, Kr�mpfe undOhnmachtsanf�lle kçnnen vorkommen. Der Puls ist beschleunigt, die Atmungvertieft und unregelm�ßig, die Gesichtsfarbe bisweilen hellrot, elegentlich leichtcyanotisch. Tçdliche Ateml�hmung oder Herzversagen infolge Sch�digung lebens-wichtiger Zentren bzw. des Herzmuskels sowie Stunden oder Tage anhaltende Be-

wußtlosigkeit mit ihren Folgen, wie z. B. die Schluckpneumonie, sind bei Auf-nahme hçherer CO-Mengen mçglich. Auch Gef�hls- und Bewegungsstçrungenkçnnen vorkommen.Nach kurz dauernder, auch schwerer Vergiftung ist bei geeigneten Maßnahmenmeist eine rasche Gesundung zu erwarten.Folgezust�nde und Sp�tsch�den werden fast ausschließlich nach l�ngerer CO-Ein-wirkung beobachtet. Hierbei zeigen sich nervçse und psychische Stçrungen sowiefunktionelle und organische Herz- und Gef�ßver�nderungen. Stçrungen der Ver-

dauungsorgane und der Organe mit innerer Sekretion kçnnen vorkommen. Auchan Morbus Parkinson erinnernde Krankheitsbilder, Erblindungen, akute deliranteZust�nde und cerebrale Ausfallserscheinungen, wie Herabsetzung des Antriebs, derMerkf�higkeit und des sprachlichen Ausdrucksvermçgens, wurden beobachtet.Polyneuritis, Epilepsie, Bluthochdruck und Arteriosklerose sind in der Regel keineSp�tsch�den nach CO-Einwirkung.

c) Eine sog. chronische CO-Erkrankung („Intoxikation lente“) kann durch �ber l�n-gere Zeitr�ume eingeatmete kleinere CO-Mengen, die bei einmaliger Einwirkungkeine subjektiv wahrnehmbaren Sch�den und Folgeerscheinungen hervorrufen,entstehen. Eigentlich handelt es sich hierbei um eine subakute Vergiftung infolgewiederholter leichter „Angiftung“.Klagen �ber M�digkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Schlafstçrungen, Reizbarkeitu. �. kçnnen hierf�r ein Hinweis sein. Die Prognose der chronischen Erkrankungist bei Wegfall der Exposition im allgemeinen g�nstig.

IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung

Hinweise f�r eine CO-Erkrankung, deren Symptome abgesehen von denen der akutenForm – vielfach uncharakteristisch und vielseitig sind, ergeben sich insbesondere auchaus eingehender Arbeitsanamnese und Kenntnis des Arbeitsplatzes (CO-Gehalt der

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 100

86 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 101: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Luft im Arbeitsraum). H�ufig treten gleichzeitig an einem exponierten Arbeitsplatzbei mehreren Personen �hnliche Krankheitszeichen auf.

Der quantitative CO-Nachweis im Blut kann besonders wichtig sein. Deshalb istmçglichst rasch nach der Exposition eine Blutabnahme mittels Ven�le, die einen ge-rinnungshemmenden Zusatz erh�lt, vorzunehmen.

Zur raschen Orientierung kann es dienlich sein, in ein mit Wasser gef�lltes Rea-genzglas einen Tropfen Blut des Erkrankten und in ein zweites mit Wasser gef�lltesReagenzglas einen Tropfen Blut einer nicht der CO-Einwirkung ausgesetzten Personhinzuzugeben. W�hrend normalerweise im zweiten Reagenzglas eine gelbliche F�r-bung eintritt, ist diese im ersten Fall bei einem COHb-Gehalt des Blutes ab 25 % rosa.

Der negative Ausfall einer Blutprobenuntersuchung auf CO ist u. U. kein Beweisgegen das Vorliegen einer akuten CO-Erkrankung, insbesondere dann nicht, wenndas Blut mehrere Stunden nach Einwirkung entnommen wurde, da in dieser Zeit derCOHb-Spiegel, besonders unter Sauerstoffatmung, weitgehend abgesunken ist.

F�r die Beurteilung der sog. chronischen CO-Erkrankung sind wiederholt in daf�reingerichteten Untersuchungsstellen genaue quantitative Bestimmungen des COHBim Blut vorzunehmen. Dabei ist zu ber�cksichtigen, daß ggf. durch außerberuflich be-dingten Aufenthalt in CO-haltiger Luft oder z. B. infolge starken Rauchens von Tabakbereits 5 bis 10 % und mehr COHB im Blut nachweisbar sein kçnnen.

Wiederholte EKG-Untersuchungen und die Festlegung neurologischer Befundesind zusammen mit anderen klinischen Befunden f�r die �rztliche Beurteilung bedeut-sam, da manche organische Ver�nderungen auch erst nach einer gewissen Latenzzeitmanifest werden kçnnen.

Funktionsstçrungen am Herzen treten meistens unmittelbar (innerhalb der erstenTage) nach der Vergiftung auf.

Konstitution, allgemeiner Gesundheitszustand und Lebensalter sind evtl. f�r denAblauf der Erkrankung von wesentlicher Bedeutung.

Diganosestellung und Beurteilung des Krankheitsbildes kçnnen durch die gleich-zeitige Einwirkung anderer Gase, z. B. bei Br�nden, erschwert sein.

Literaturerg�nzung:Berghoff, B. E.:

Vorhersagbarkeit einer koronaren Herzkrankheit im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Vorsor-geuntersuchungMed. Diss., M�nchen 2004

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 101

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 87

Page 102: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 12 02 Anlage BKV

(Nr. 19/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 2/1964, 32

Erkrankungen durch Schwefelwasserstoff

Klinische Zuordnung:OphthalmologieGastroenterologieKardiologiePneumologie

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Schwefelwasserstoff (H2S) ist ein farbloses, brennbares, im Gemisch mit Sauerstoffexplosionsf�higes Gas. Es ist etwas schwerer als Luft und lçst sich in Wasser. In sehrniedriger Konzentration von ca. 0,001 Vol.-%. riecht H2S typisch wie faule Eier. Hç-her konzentriert ist dieses Gas von widerlich s�ßlichem Geruch und f�hrt bereits nachkurzdauernder Exposition zu einer Sch�digung der Geruchsempfindung, so daß H2Snicht mehr wahrgenommen werden kann. Auch die l�ngere Einwirkung niedrigerKonzentrationen kann eine Abnahme der Geruchsempfindung zur Folge haben.

H2S entsteht �berall dort, wo menschliche, tierische oder pflanzliche Materie inF�ulnis �bergeht. In Brunnensch�chten, Jauchegruben und Abwasserkan�len kçnnensich grçßere Mengen ansammeln und insbesondere bei Druck- und Temperatur-schwankungen freiwerden. Auch in Schlammbçden, Faulgruben von Abdeckereienund Gerbereien, Friedhofsgr�ften, in Abw�ssern von Zuckerfabriken, Gelatinefabri-ken sowie in Kohlegruben, Gips- und Schwefelbergwerken kann H2S vorkommen.

In vulkanischen Gegenden entweicht H2S aus dem Boden; ebenso findet es sich imSchlamm vulkanischer Binnenseen (Fango). Das Gas bildet sich bei der Herstellungvon Salz- und Schwefels�ure, Schwefelkohlenstoff, Schwefelfarben und anderen che-mischen Substanzen. Außerdem tritt H2S in Hochçfen, Erdçlraffinerien, in Gaswer-ken, Kokereien sowie insbesondere auch in der Viskoseindustrie (Zellwoll-, Zellglas-,Kunstseideherstellung) auf. In Gasgemischen ist h�ufig H2S zusammen mit CO, CO2,NH3, CH4 und CS2 enthalten.

II. Aufnahme und Wirkungsweise

H2S wird �ber die Atemwege, geringf�gig durch Hautresorption, aufgenommen. BeiKontakt mit Schleimh�uten und Gewebefl�ssigkeit bilden sich Alkalisulfide, diestarke Reizwirkungen, insbesondere an den Augen und Schleimh�uten der Nase unddes Rachens, verursachen. Außerdem bewirkt das �ber die Lunge in grçßeren Men-gen resorbierte H2S – wahrscheinlich �hnlich dem Zyan – eine L�hmung der intrazel-

lul�ren Atmung durch Blockade schwermetallhaltiger Fermente.

Im Organismus wird H2S �berwiegend zu biologisch indifferenten Substanzenoxidiert. Der kleinere, nicht oxidierte Teil kann Sch�den im zentralen und evtl. auchperipheren Nervensystem hervorrufen.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 102

88 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 103: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

III. Krankheitsbild und Diagnose

a) Bei Einwirkung sehr hoher Konzentration kommt es innerhalb weniger Sekunden– �hnlich wie bei der Zyanvergiftung – zum Atemstillstand infolge zentraler Atem-l�hmung. Starke Reizsymptome an Augen und Schleimh�uten der Atemwege,Atemnot und Bewußtseinsverlust kçnnen nach hohen Dosen dem meist tçdlichenAusgang vorausgehen.

b) Die Einwirkung geringerer bis mittlerer H2S-Konzentrationen kann Schwindel,Kopfschmerzen, Schlafstçrungen, �belkeit, Speichelfluß, Brechreiz, Metall-geschmack, Appetitlosigkeit, Diarrhoe und Gewichtsabnahme hervorrufen. Eskçnnen ferner Rçtung und Schwellung der Bindehaut mit Brennen und Tr�nen derAugen sowie oberfl�chliche Ver�nderungen der Hornhaut mit Lichtscheu, Lid-krampf und Nebelsehen auftreten. Ggf. kann der Reiz auf die Atemwege zu bron-

chopneumonischen Prozessen f�hren. Anzeichen einer drohenden Asphyxie,Kr�mpfe und Bewußtlosigkeit sind mçglich.

IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung

Ob unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen, Magenbeschwerden, Nachlassender Merkf�higkeit, M�digkeit, Durchblutungs- und Kreislaufstçrungen sowie einechronische Bronchitis u. �. auf einmalige, wiederholte oder l�nger andauernde Ein-wirkung von H2S zur�ckgef�hrt werden kçnnen, muß sorgf�ltig gepr�ft werden. Aufden Nachweis der Exposition, insbesondere deren Art und Weise, ist Wert zu legen.Evtl. kçnnen �hnliche Erkrankungszeichen bei anderen Personen einen Hinweis ge-ben. Br�ckensymptome m�ssen in der Regel vorhanden sein.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 103

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 89

Page 104: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

13 Lçsemittel, Sch�dlingsbek�mpfungsmittel (Pestizide)und sonstige chemische Stoffe

Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten Nr. 13 01 – Nr. 13 17 Anlage BKV

Literaturhinweis:Aromatische und nicht halogenierte Kohlenwasserstoffe (Hollender et al., 2002)Pestizide (Idel und Leng, 2002)Halogenorganische Verbindungen (Schçler und F�rber, 2002)Halogenierte Kohlenwasserstoffe (Bolt und Thier, 2004)Kohlenwasserstoffe (Koss, 2004)Polychlorierte Dioxine, Furane und Biphenyle (Koss et al., 2004)Aromatische Amine, Nitroaromaten und heterozyklische aromatische Amine (Richter und Pfau, 2004)Biozide und Pflanzenschutzmittel (Solecki und Pfeil, 2004)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 104

90 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 105: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 13 01 Anlage BKV

(Nr. 1/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 6/1963, 129

Schleimhautver�nderungen, Krebs oder andere

Neubildungen der Harnwege durch aromatische Amine

Klinische Zuordnung:NephrologieUrologie

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Wichtige hierhergehçrende chemische Verbindungen, die insbesondere Krebs oderandere Neubildungen der Harnwege hervorrufen kçnnen, sind:

Beta-Naphthylamin (C10H7. NH2),

Benzidin (H2N . C6H4. C6H4

. NH2),4-Aminodiphenyl (Xenylamin).

An den abf�hrenden Harnwegen bewirken Toluidine (o-Toluidin, p-Toluidin), Chlor-toluidin u. a. vorwiegend nur Schleimhautver�nderungen im Sinne einer Reizungoder Entz�ndung. Dichlorbenzidin und Dianisidin kçnnen als Homologe und Substi-tutionsprodukte des Benzidins gleichfalls Ursache der genannten Erkrankungen sein.

Diese Stoffe kommen als Zwischenprodukte in der chemischen Industrie, vor allemin Betrieben der Farbstoffsynthese vor; auch in bestimmten Laboratorien u. a. kçnnensie eine Gefahrenquelle sein. Arbeiten mit dem fertigen Farbstoff und den gebrauchs-fertigen Farben sind ungef�hrlich, falls nicht infolge Zersetzung oder Zerstçrung aro-matische Amine, die die betreffenden Krankheiten verursachen kçnnen, frei werden.

Dem reinen Anilin und reinen Alpha-Naphthylamin wird eine cancerogene Wir-kung abgesprochen; im Einzelfall kçnnen diese – wie auch sonstige Substanzen – mitkrebserzeugenden aromatischen Aminen verunreinigt sein.

II. Aufnahme und Wirkungsweise

Durch berufliche Besch�ftigung kçnnen die genannten Stoffe vorwiegend durch Hau-tresorption, aber auch in Dampf oder Staub �ber die Atemwege aufgenommen wer-den. In den Harnwegen, insbesondere in der Harnblase, seltener in Harnleiter undNierenbecken, wo sie – teilweise nach chemischem Umbau – l�ngere Zeit verweilen,kann es zu den genannten Erkrankungen kommen.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Entz�ndliche Ver�nderungen der Harnwege mit Harndrang, krampfartigen Be-schwerden in der Gegend der Harnblase, h�ufigem Wasserlassen und occulter odersichtbarer H�maturie treten auf. Lokalisiert oder multipel kçnnen sich Papillome bil-den. H�ufige und hartn�ckige Recidive sowie die Entstehung einer Pyelonephritis

sind mçglich.Immer wiederkehrende Blutungen und zunehmende Blasenstçrungen weisen auf

eine Neubildung in der Blasenschleimhaut hin, die sowohl gutartig, papillomatçs als

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 105

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 91

Page 106: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

auch bçsartig, knotig oder infiltrierend sein kann. Die Umwandlung gutartiger Ge-

schw�lste in bçsartige kommt vor.Krebs der Harnwege kann sich auch ohne st�rkere vorausgehende Symptome ent-

wickeln.Die Ver�nderungen finden sich bevorzugt im Blasengrund und in der Umgebung

der Einm�ndung der Harnleiter in die Harnblase, seltener in der Blasenkuppe. Auchim Harnleiter und Nierenbecken kçnnen sie auftreten, hier insbesondere in Verbin-dung mit lang anhaltenden Stauungen im Harnabfluß.

Zur Sicherung der Diagnose sind bei verd�chtigen klinischen Anzeichen Harnsedi-mentuntersuchungen, Blasenspiegelungen und ggf. Entnahme von Geschwulstparti-keln f�r die histologische Untersuchung erforderlich.

IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung

Schleimhautver�nderungen, Krebs oder andere Neubildungen, bedingt durch aroma-tische Amine, sind weder klinisch, histologisch noch nach ihrem Verlauf von solchenErkrankungen anderer Ursachen abzugrenzen; daher ist f�r die �rztliche Beurteilungeine eingehende Arbeitsanamnese von besonderer Wichtigkeit.

Krebs oder andere Neubildungen der Harnwege kçnnen im allgemeinen nachmehrj�hriger, gelegentlich auch mehrmonatiger Exposition mit aromatischen Aminenentstehen; noch Jahrzehnte nach Aufgabe des gesundheitsgef�hrdenden Arbeitsplat-zes kçnnen sie in Erscheinung treten.

Sofern durch Einwirkung aromatischer Amine andere Krankheiten entstandensind, ist zu pr�fen, ob diese unter Nr. 5, Nr. 41 oder Nr. 46 der Anlage zur 6. Berufs-krankheiten-Verordnung fallen.*)

*) entspricht den BK-Nrn. 13 04, 43 01, 43 02 und 51 01 Anlage BKV.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 106

92 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 107: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 13 02 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 6/1985, 55–58

Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe

Klinische Zuordnung:DermatologieGastroenterologieKardio-/NephrologiePhoniatrieNeurol./Psychiatrie

Die Halogenkohlenwasserstoffe (Verbindungen von Kohlenwasserstoffen mit Fluor,Chlor, Brom, Jod) sind eine heterogene Gruppe zahlreicher organischer Verbindungen,die auch in toxikologischer Hinsicht uneinheitlich sind. Halogenkohlenwasserstoffewerden industriell vielseitig verwendet, teilweise auch als Stoffgemische, was die Beur-teilung der gesundheitlichen Gef�hrdung erschwert. Man findet sie auch vielfach alsVerunreinigung technischer Produkte. Der Einsatz halogenierter Kohlenwasserstoffeerfolgt vorrangig als Lçsemittel, ferner in der Landwirtschaft (Pflanzenschutz, Sch�d-lingsbek�mpfung), in der K�hltechnik, als Feuerlçschmittel und im h�uslichen Bereich.Wegen der Vielfalt ihrer Anwendung und der stark unterschiedlichen Toxizit�t einzel-ner Verbindungen kçnnen im folgenden nur Schwerpunkte, erg�nzt durch einige wei-terf�hrende Hinweise, behandelt werden.

I. Gefahrenquellen

Die nachfolgende Gliederung der Halogenkohlenwasserstoffe nach Anwendungs-gebieten soll den praktischen Gegebenheiten Rechnung tragen. Die Anwendungs-bereiche kçnnen sich �berschneiden. Die genannten aliphatischen und cyclischenHalogenkohlenwasserstoffe sind wichtige Beispiele; ihre Aufz�hlung ist nicht als voll-st�ndig anzusehen. Probleme kçnnen sich durch Gemische, Verunreinigungen, Stabi-lisatoren, Weichmacher, H�rter und andere Zuschlagstoffe ergeben.

Gefahrenquellen sind das Herstellen, Abf�llen, Verpacken, Transportieren undAnwenden der nachfolgend genannten chemischen Verbindungen insbesondere als:

1.1 Lçsemittel

– in der Metallindustrie zum Entfetten– in der Textil- und Bekleidungsindustrie zum Reinigen und als Hilfsmittel bei der

Textilveredelung (z. B. Impr�gnierung)– in der Farbenindustrie und beim Aufbringen sowie Abbeizen von Anstrichstoffen– in der Kunststoff- und Gummiindustrie, insbesondere als Ausgangsprodukt f�r

Polymere und als Lçsemittel f�r Klebstoffe– in der Erdçlindustrie zum Trennen von Stoffgruppen aufgrund ihres selektiven Lç-

severmçgens (z. B. f�r Asphalte, �le und aromatische Kohlenwasserstoffe)– als Extraktionsmittel f�r Fette, Wachse und Harze– in Chemischreinigungsbetrieben zum Reinigen und als Detachiermittel– in der Schuhindustrie als Lçsemittel f�r Klebstoffe– in der Druckindustrie und im grafischen Gewerbe

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 107

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 93

Page 108: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Halogenierte Lçsemittel sind in der Mehrzahl leicht fl�chtig, angenehm riechend undschwer entz�ndbar. Ihre D�mpfe sind schwerer als Luft (Anreicherung in Bodenver-tiefungen!).

Zu den heute meistbenutzten Lçsemittel z�hlen das Dichlormethan (Methy-lenchlorid, CH2Cl2), das 1,1,1-Trichlorethan (CCl3CH3), das Trichlorethen(CCl2=CHCl, fr�her Trichlor�thylen, umgangssprachlich „Tri“) und das Tetrachlore-then (CCl2=CCl2, fr�her Tetrachlor�thylen oder Perchlor�thylen, umgangssprachlich„Per“). Seltener sind das hochtoxische 1,1,2-Trichlorethan und das 1,1,2,2-Tetrachlo-rethan. In besonderen Bereichen werden Trichlormethan (Chloroform, CHCl3) undTetrachlormethan (CCl4, Tetrachlorkohlenstoff, umgangssprachlich „Tetra“) einge-setzt. Trotz der unterschiedlichen Toxit�t werden im Sprachgebrauch zuweilen Tetra-chlorkohlenstoff, Tetrachlorethan und Tetrachlorethen mit der Abk�rzung „Tetra“bezeichnet.

Tetrachlorethen ist eines der am h�ufigsten verwendeten Lçsemittel in der Che-mischreinigung. Auch Fluorkohlenwasserstoffe (z. B. R 11 = Trichlorfluormethan,CCl3F und R 113 = 1,1,2-Trichlor-1,2,2-trifluorethan, Cl2FC-CF2Cl) werden dort ge-legentlich eingesetzt.

Einwirkungen sind auch bei anderen T�tigkeiten mçglich, z. B. beim Terrazzo-Schleifen und Fluatieren durch Trichlorethen und Tetrachlorethen.

1.2 Sch�dlingsbek�mpfungsmittel (Pesticide)

Zur Bek�mpfung von Insekten (auch Ameisen), Spinnmilben, W�rmern und Nagetie-ren sowie als Saatbeizmittel werden toxikologisch sehr unterschiedliche Stoffe ver-wendet. Gasfçrmig ist– Brommethan (CH3Br, Methylbromid)

In fester Form liegen vor– Hexachlorcyclohexan (C6H6Cl6, „HCH“), und zwar sein Gamma-Isomer „Lin-

dan“– Chlorbenzole: Chlorbenzol, 1,4-Dichlorbenzol (Mottenbek�mpfungsmittel),

Hexachlorbenzol (nur f�r Weizensaat zugelassen)– Polycyclische Chlorkohlenwasserstoffe, z. B. Aldrin (nur f�r Weinbau zugelassen)– chlorierte Camphene (Toxaphen, nur als Rodenticid im Forstbereich, auf abgeern-

teten Feldern und f�r Blumenzwiebeln zugelassen)– 1,3-Dichlorpropen (CICH=CH-CH2Cl)– Polychlorierte Phenole, z. B. Pentachlorphenol „PCP“ (s. BK Nr. 13 10)Die fr�her h�ufig verwendeten Insekticide Dichlor-Diphenyl-Trichlorethan (DDT),Dieldrin sowie einige halogenierte Propan- und Propenverbindungen sind in der Bun-desrepublik Deutschland nicht mehr zugelassen; ihr Vorkommen ist jedoch nicht aus-zuschließen.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 108

94 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 109: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

1.3 K�ltemittel, Treibgase f�r Aerosole, Trennmittel

Einige chlorierte Fluorkohlenwasserstoffe der Methan- und Ethanreihe werden wegenihres niedrigen Siedepunktes, ihrer relativen Ungiftigkeit und chemischen Wider-standsf�higkeit in Aggregaten f�r die Erzeugung von K�lte sowie als Treibmittel f�r Ae-rosole und Plastiksch�ume verwendet. Zum Trennen von Formen bei der Kunststoff-und Schaumstoffherstellung werden diese Stoffe ebenfalls eingesetzt. Sie sind unterHandelsnamen wie „Frigene“, „Freone“, „Kaltron“, „Arklone“, „Algofrene“, „Fluge-ne“ bekannt. Wichtigste Vertreter (Bezeichnung nach DIN 8962) sind– R 11, Trichlor-fluormethan (CCl3F)– R 12, Dichlor-difluormethan (CCl2F2)– R 114, 1,2-Dichlor-tetrafluorethan (CClF2-CClF2,)Brommethan und Chlormethan sind ungleich toxischer, werden heute aber selten ver-wendet.

1.4 Feuerlçschmittel

Halogenierte Kohlenwasserstoffe werden derzeit als Brom-Chlor-Fluorkohlenwasser-stoffe (z. B. „Halon 1211“, CF2ClBr, Bromchlordifluormethan) und als Bromtrifluor-methan („Halon 1301“, CBrF3) zum Lçschen brennender fl�ssiger oder gasfçrmigerStoffe, auch in elektrischen Anlagen, herangezogen. Der Einsatz von Tetrachlor-methan ist in der Bundesrepublik Deutschland seit dem 1.3.1964, der von Bromchlor-methan seit dem 1.1.1975 verboten.

1.5 Syntheseausgangsstoffe und Zwischenprodukte

in der chemischen Industrie

– 1,2-Dichlorethan (CH2Cl-CH2Cl)– 1,1,2-Trichlorethan (CHCl2-CH2-Cl)– Vinylchlorid (Chlorethen, CH2=CHCl)– Vinylidenchlorid (1,1-Dichlorethen, CH2=CCl2)– Vinylidenfluorid (1,1-Difluorethen, CH2=CF2)– Tetrafluorethen (CF2=CF2)– Chloropren (2-Chlor-1,3-butadien, CH2=CH-CCl=CH2)– Perchlorierte Naphtaline („Perna“, fr�her als Ersatz f�r Kautschuk, Harze, Wachse)– Chlormethan (Methylchlorid, CH3Cl)– Trichlormethan (Chloroform, CHCl3)– Tetrachlormethan („Tetra“, CCl4)– 1,2-Dichlorethan (CH2Cl-CH2Cl)– 1,1,2 Tetrachlorethan (CHC2-CHCl2)

1.6 Isoliermittel in der Elektroindustrie

Isoliermittel, auch in Transformatoren und Kondensatoren– chlorierte Naphtaline– polychlorierte Biphenyle („PCB“, „Clophen“, „Arochlor“ = „Askarele“)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 109

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 95

Page 110: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

1.7 Narkose- und Desinfektionsmittel, vorwiegend im medizinischen

und hygienischen Bereich

Narkosernittel wie– Enfluran(2-Chlor-1,1,2-Trifluor-�thyl-[Difluormethyl]-�ther)– Halothan (2-Brom-2-Chlor-1,1,1-Trifluorethan, CF3CHClBr) Desinfektionsmit-

tel und Mittel zur Geruchsverbesserung („Toilettensteine“)– Dichlorbenzole u. a.– Chlorethan (Ethylchlorid, „Chlorethyl“, CH3-CH2Cl, „Vereisungsmittel“)

II. Pathophysiologie

Die Gesundheitsgef�hrdung wird auch bei den Halogenkohlenwasserstoffen wesent-lich durch deren jeweilige Toxizit�t sowie Intensit�t und Dauer der Exposition be-stimmt. Dabei sind speziell Fl�chtigkeit, Lipoidlçslichkeit, Resorption, Verteilung,Metabolismus und Elimination von Bedeutung. Halogenierte Kohlenwasserstoffewirken durch lokalen Kontakt oder nach erfolgter Resorption unterschiedlich starkgesundheitssch�digend. Insbesondere werden durch eine Reihe von ihnen das Zen-tralnervensystem, Leber und Niere betroffen.

Die Aufnahme erfolgt vorwiegend �ber die Atemwege, z. T. auch �ber die Haut.Bei direkter Einwirkung auf Haut und Schleimh�ute kçnnen lokale Reizwirkungenauftreten, z. B. an den Konjunktiven und im Respirationstrakt. Durch Kontakt mitLçsemitteln wird die Haut entfettet und es kann zu Dermatosen (degenerativen Ekze-

men etc.) kommen.Halogenkohlenwasserstoffe kçnnen zu Stçrungen im Zentralnervensystem f�h-

ren, die alle Stadien einer Narkose (Erregung, Bewußtseinstr�bung und -verlust) bishin zum Tode durchlaufen kçnnen. Die narkotische Wirkung beruht wesentlich aufihrer hohen Lipoidlçslichkeit. Einige Lçsemittel besitzen euphorisierende Wirkung,die mit Suchtgefahr verbunden ist (z. B. „Tri-Sucht“, „Schn�ffler“).

Viele industriell verwendete Fluorkohlenwasserstoffe sind im Organismus außer-ordentlich stabil und werden grçßtenteils unver�ndert wieder abgeatmet. Chlor- undBromverbindungen werden hingegen oxidativ oder reduktiv dehalogeniert. Die ent-stehenden Metabolite entscheiden �ber die Giftigkeit der Ausgangssubstanz. ZweiWirkmechanismen werden diskutiert: Die Bildung von Epoxiden bei halogeniertenOlefinen, ferner die Entstehung freier Radikale nach Abspaltung eines Chloratoms(z. B. bei Tetrachlorkohlenstoff) durch die Monooxygenasen der Leberzelle und wei-tere biochemische Mechanismen reaktiver Metabolite (z. B. metabolische Bildungvon Phosgen aus Chloroform). Als weitere Mçglichkeit kommt die direkte Alkylie-rung im Falle reaktiver Halogenverbindungen (z. B. Allylchlorid, Allylbromid, Brom-methan) in Frage. Es entwickeln sich Ver�nderungen an verschiedenen subzellul�renBestandteilen, die zu Zellsch�digungen (z. B. an Leber, Niere und Nervensystem) f�h-ren kçnnen. Aus Dichlormethan wird metabolisch Kohlenmonoxid gebildet.

Das wenig metabolisierbare 1,1,1-Trichlorethan findet h�ufig anstelle von Tri-und Tetrachlorethen Verwendung. Die Wirkung von zugesetzten Stabilisatoren (s. u.)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 110

96 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 111: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

ist zu ber�cksichtigen. Dem 1,1,1-Trichlorethan gegen�ber ist das 1,1,2-Trichloret-han sehr toxisch, insbesondere f�r Herz, Leber und Niere.

Vinylchlorid wird �ber die Zwischenstufen Chlorethenoxid und Chloracetaldehydzu den �berwiegend im Urin erscheinenden Metaboliten Thiodiessigs�ure und 2-Hy-droxyethylmerkapturs�ure abgebaut. Das Stoffwechselprodukt Chlorethenoxid ver-mag Nukleins�uren zu alkylieren und gilt als nach Vinylchloridexposition ultimalwirkendes Karzinogen. Bei einer Reihe weiterer halogenierter Kohlenwasserstoffe istder Verdacht auf Kanzerogenit�t zu beachten.

Der Abbau von Trichlorethen geht �ber eine Umwandlung in Chloralhydrat, daseinerseits zu Trichloressigs�ure oxidiert und andererseits zu Trichlorethanol reduziertwird. Trichloressigs�ure und das Glukuronid des Trichlorethanols werden als Haupt-metabolite unterschiedlich schnell im Harn ausgeschieden.

Viele, insbesondere als Insekticide verwendete Halogenkohlenwasserstoffe rei-chern sich infolge ihrer guten Lipoidlçslichkeit und hohen Best�ndigkeit gegen�bermetabolisierenden Enzymen im Gewebe an. Noch l�nger als z. B. „DDT“ persistiert(�ber Jahre und Jahrzehnte) sein Metabolit Dichlordiphenyldichlorethen („DDE“).Einige chlorierte Kohlenwasserstoffe zeigen in hohen Gewebskonzentrationen eineF�higkeit zur Enzyminduktion unspezifischer Oxygenasen der Leber, deren pathoge-netische Bedeutung heute noch nicht abgesch�tzt werden kann.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Der Heterogenit�t der Halogenkohlenwasserstoffe entsprechen unterschiedlicheakute und/oder chronische Krankheitsbilder.

Die durch Lçsemittel verursachte Entfettung der Haut beg�nstigt lokale Infektio-

nen und Ekzeme. Nach Benetzung mit direkt alkylierenden Verbindungen kommt esin schweren F�llen zur Blasenbildung. Symptomatische kutane Porphyrien wurdennach Aufnahme von Hexachlorbenzol beobachtet. Chlorphenole und Chlornaphta-line kçnnen an der Haut akne�hnliche Effloreszenzen („Chlorakne“, „Perna-Krank-

heit“) hervorrufen. Auch polychlorierte Biphenyle haben bei akzidentellen akuten In-toxikationen zu �hnlichen Gesundheitsstçrungen („Yusho“) gef�hrt. Heute wirdjedoch zumeist davon ausgegangen, daß die Chlorakne nicht direkt auf die hier ge-nannten Verbindungen zur�ckgeht, sondern auf Verunreinigungen oder sekund�reBildung hochtoxischer Stoffe wie 2,3,7,8-Tetrachlor-dibenzo-para-dioxin („TCDD“)(s. BK Nr. 1310). Bei der Herstellung von Chlorkautschuk kann es durch Einwirkun-gen von Chloropren zu vor�bergehendem Haarausfall kommen.

Typische Anzeichen einer akuten oder subakuten Vergiftung mit Halogenkohlen-wasserstoffen sind Symptome von seiten des Zentralnervensystems wie Benommen-heit, Kopfschmerz, Schwindel, Somnolenz sowie psychische Alterationen. Einzelf�llechronischer Vergiftungserscheinungen in Form peripherer Neuritiden (toxische Neuro-

pathie) oder einer retrobulb�ren Neuritis sind bekanntgeworden. Ausgesprochen neu-rotoxisch wirken die Monohalogenmethane Chlor-, Brom- und Jodmethan. Stark nar-kotisch wirken Tri- und Tetrachlormethan, 1,2-Dichlorethan, Tetrachlorethan sowie

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 111

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 97

Page 112: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Tri- und Tetrachlorethen. Neurologische Symptome stehen auch bei Intoxikationen

mit den insekticid wirkenden chlorierten Kohlenwasserstoffen (z. B. Lindan oder DDT)im Vordergrund: Beschrieben werden in diesen F�llen Unruhe, Par�sthesien im Mund-bereich, Hyper�stesien im Gesicht und an den Extremit�ten, Reizbarkeit, Lichtscheu,Schwindel und �belkeit, Kopfschmerzen, Sprachstçrungen, Verwirrtheit und akute en-

zephalotoxische Reaktionen in Form von Tremor, tonisch-klonischen Kr�mpfen sowiekomatçsen Zwischenperioden. Der Tod kann durch Ateml�hmung, Herzrhythmus-

stçrungen oder zentrales Kreislaufversagen auch noch nach Wochen eintreten. Nach�berlebten schweren Intoxikationen sind Polyneuropathien beobachtet worden.

Die Lebertoxizit�t von Halogenkohlenwasserstoffen mit hepatotoxischer Wir-kung �ußert sich in einer Vergrçßerung des Organs, Anstieg der Transaminasen im Se-rum und in unterschiedlichen histologischen Bildern. Die Lebertoxizit�t steigt etwa inder Reihenfolge Dichlorrnethan (Methylenchlorid) – 1,1,1-Trichlorethan – Trichlore-then („Tri“) – Tetrachlorethen („Per“) – 1,1,2,2-Tetrachlorethan – Trichlormethan(Chloroform) – Dichlorethan – 1,1,2-Trichlorethan Tetrachlormethan („Tetra“). DieAbgrenzung zum aliment�ren Alkoholschaden ist schwierig. Folgezust�nde einer in-fektiçsen Hepatitis sind ebenfalls zu ber�cksichtigen.

Vergiftungen mit Trichlorethen und anderen chlorierten Lçsernitteln kçnnen Reiz-

bildungs- und Reizleitungsstçrungen des Herzens hervorrufen.Einige Halogenkohlenwasserstoffe kçnnen Beeintr�chtigungen der Nierenfunk-

tion verursachen, z. B. Chloroform, 1,1,2-Trichlorethan, Tetrachlorkohlenstoff undDichloracetylen.

Leber- und Nierensch�den kçnnen auch nach langfristiger Exposition gegen�bergeringen Konzentrationen von Halogenkohlenwasserstoffen auftreten.

Vinylchlorid besitzt eine krebserzeugende Wirkung (H�mangioendothelsarkom

der Leber). Außerdem kann es zu einer Raynaud-artigen Symptomatik sowie zu skle-rodermieartigen Hautver�nderungen und zu Akroosteolysen an den Fingern f�hren.Des weiteren wurden Thrombozytopenien, Leberfunktionsstçrungen, Leber- undMilzvergrçßerung sowie portale Fibrose z. T. mit �sophagusvarizen beobachtet.

IV. Weitere Hinweise

Bestimmten Halogenkohlenwasserstoffen werden Stabilisatoren zur Vermeidung derSelbstzersetzung oder chemischer Reaktionen mit Leichtmetallegierungen bei derEntfettung zugesetzt. Besonders beim wenig toxischen 1,1,1-Trichlorethan, das heuteals Ersatz f�r Trichlorethen verwendet wird, kann der Stabilisatoranteil mehrere Pro-zent betragen. W�hrend fr�her h�ufig aliphatische Amine und Phenolderivate (darun-ter auch das allergene Butylhydroxytoluol, „BHT“) eingesetzt worden sind, wurdensp�ter auch Stabilisatorensysteme verwendet, die karzinogene Epoxide enthielten. Be-sonders bei Halogenkohlenwasserstoffen und Redestillaten (Regeneraten) unbekann-ter Herkunft ist auf diese Mçglichkeit zu achten. Der Verdacht, daß Trichlorethen(„Tri“) krebserzeugend sei, hat sich nicht best�tigt.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 112

98 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 113: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Eingehende Untersuchungen zeigten, daß chemisch reines „Tri“ keine kanzero-gene Potenz besitzt, sondern vielmehr bestimmte Stabilisatoren, z. B. Epichlorhydrin.

Unter Einwirkung hoher Temperaturen, beispielsweise in der Schweißflamme, anheißen Oberfl�chen oder in der Zigarettenglut kçnnen hochtoxische Zersetzungspro-dukte von Halogenkohlenwasserstoffen entstehen. Die Halogenkohlenwasserstoffesowie die meisten Kohlenstoffoxihalogenide (S�urehalogenide) wirken stark �tzendauf die Atemwege. Phosgen (Carbonylchlorid, COCl2) ruft nach Einatmung, meistnach mehrst�ndiger Latenz, durch Stçrungen des Zellstoffwechsels ein toxisches Lun-

gençdem hervor (s. BK Nr. 4302).Alkoholkonsum verst�rkt die Giftwirkung der meisten Halogenkohlenwasser-

stoffe.Der Nachweis von Halogenkohlenwasserstoffen und ihren Metaboliten im biolo-

gischen Material erfolgt mit der Gaschromatografie oder der Hochdruckfl�ssigkeits-Chromatografie. F�r eine Reihe dieser Stoffe gibt es BAT-Werte (Biologische Arbeits-stoff-Toleranzwerte).

Erkrankungen durch halogenierte Alkyl-Aryl-Oxide und die entsprechenden -sul-fide sind gesondert unter BK Nr. 13 10 und 13 11 in der Liste der Berufskrankheitenaufgef�hrt.

V. LiteraturBerg, H., A. Claas, C. R. Klimmer, H. Valentin, G. Weber u. a.:

Merkbl�tter zur Berufskrankheitenliste der Europ�ischen Gemeinschaften.Verlag Bundesanzeiger, Kçln, 1972

Borbely, F.:Vergiftungen durch halogenisierte Kohlenwasserstoffe.In: Handbuch der gesamten Arbeitsmedizin, Bd. II, Hrsg.: E. W. Baader.Urban & Schwarzenberg 1961

Clayton, G. D. and F. E. Clayton (eds.):Patty's Industrial Hygiene and Toxicology.John Wiley and Sons, Inc., Vol. 2,1982

Craft, B. F.:Solvents and Related Compounds.In: Rom, W. N.: Environmental and Occupational Medicine.Little, Brown and Company, Boston, 1983

Deutsche Forschungsgemeinschaft:Gesundheitssch�dliche Arbeitsstoffe, Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begr�ndungen von MAK-Werten. Hrsg.: D. HenschlerVerlag Chemie, 1983

Deutsche Forschungsgemeinschaft:Biologische Arbeitsstoff-Toleranzwerte (BAT-Werte). Arbeitsmedizinisch-toxikologische Begr�n-dungen. Hrsg.: D. HenschlerVerlag Chemie, Bd. 1, 1983

Forth, W., D. Henschler und W. Rummel:Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie.Bibliographisches Institut, Mannheim 1983, 669–673, 690–693.

Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften:Berufsgenossenschaftliche Grunds�tze f�r arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen.Gentner Verlag 1981.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 113

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 99

Page 114: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Konietzko, H.:Gesundheitssch�den durch Trichlor�thylen.Fortschr. Med. 97 (1979) 671–674

Moeschlin, S.:Klinik und Therapie der Vergiftungen.Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1980, 293–315, 398–403, 422–428

Marhold, J. V.:Halogenated aliphatic hydrocarbons.In: Parmeggiani (Hrsg.): Encyclopaedia of Occupational Health and Safety, Vol. 1,International Labour Office, Geneva, 1983

Sicherheitsregeln ZH 1/222:CWK-Regeln (f�r den Betrieb), Sicherheitsregeln f�r den Umgang mit aliphatischen Chlorkohlen-wasserstoffen und deren Gemischen

Sicherheitsregeln ZH 1/409;FKW-Merkblatt, Merkblatt f�r den Umgang mit Fluorkohlenwasserstoffen.Carl Heymanns Verlag KG, Kçln

Szadkowski, D. und M. Kçrber:Leberfunktionspr�fungen bei Lçsemittel-exponierten Werkt�gigen in der metallverarbeitenden In-dustrie.Int. Arch. Gewerbepath. Gewerbehyg. 25(1969)323–337

Szadkowski, D., G. Lehnert:Vinylchlorid als Krankheitsursache. Eine Bibliographie.Hrsg.: Verband Kunststofferzeugende Industrie e. V. Frankfurt/Main 1982

Triebig, G.:Neue Aspekte zur Beurteilung einer Einwirkung von Halogenkohlenwasserstoff-Lçsemitteln am Ar-beitsplatz. Eine Literatur�bersicht.Zbl. Bakt. Hyg., I. Abt. Orig. B 173 (1981) 29–44

Triebig, G. und U. Braune:Neurotoxische Arbeitsstoffe: II. Organische Substanzen – Eine �bersicht der Jahre 1970 bis 1982.Zbl. Bakt. Hyg., 1. Abt. Orig. B 178 (1983) 207–258

Valentin, H., G. Lehnert, H. Petry, G. Weber, H. Wittgens, H.-J. Woitowitz:Arbeitsmedizin: Bd. II BerufskrankheitenGeorg Thieme Verlag, Stuttgart, 1979

Wirth, W. und C. Gloxhuber:Toxikologie f�r �rzte, Naturwissenschaftler und Apotheker.Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1981, 167–178

Literaturerg�nzungLelbach, W. K.:

A 25-Year-Follow-Up Study of Heavily Exposed Vinyl Chloride Workers in Germany.Am. J. of Industrial Med., 446–458, 1996

Lelbach, W. K., Marsteller, H. J.:Vinyl Chloride-Associated Disease.In: Ergebnisse der Inneren Medizin und Kinderheilkunde, Bd. 47.Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 1981

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 114

100 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 115: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 13 03 Anlage BKV

(Nr. 4/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 2/1964, 30Bundesarbeitsblatt 10/1994, 140

Erkrankungen durch Benzol,

seine Homologe oder Styrol

Klinische Zuordnung:OphthalmologieGyn�kologieHNO-HeikundeDermatologieAngio-/H�matologieGastroenterologieNeurol./Psychiatrie

Erkrankungen durch Benzol oder seine Homologen

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Benzol (C6H6) und seine technisch besonders bedeutsamen Homologen, wie Toluol(C6H5CH3) und Xylol (C6H4[CH3]2), sind in manchen Rohçlen und daraus her-gestellten Benzin und Petroleum enthalten. In grçßerem Umfange gewinnt man siedurch Destillation von Steinkohlenteer in Kokereien und Gasanstalten. Sie werden alsExtraktions-, Entfettungs-, Reinigungs- und Lçsemittel sowie beim Lackieren imTauch-, Streich- und Spritzverfahren, zur Lack- und Farbentfernung und zum Abbei-zen verwendet; auch bei der Herstellung von Kunststoffen und Putzmitteln, als Lçse-mittel f�r Druckfarben und Gummi, zum Vulkanisieren, zum Kleben, z. B. von Schu-hen und Booten, als Ausgangsmaterial f�r chemische Synthesen sowie in Brenn- undTreibstoffgemischen bençtigt man Benzol oder seine Homologen.

Oft sind diese auch in Mitteln enthalten, deren Bezeichnung (Handelsname) nichthierauf schließen l�ßt.

Benzol als Handelsprodukt (z. B. Lçsungsbenzol) ist fast immer ein Gemisch.H�ufig enthalten die im technischen Bereich verwendeten Homologen des Benzols zu-dem reines Benzol.

Reines Toluol und reines Xylol sind von geringerer Fl�chtigkeit als Benzol undauch bei l�ngerer Einwirkungszeit im Organismus weniger toxisch als dieses. Vinyl-benzol (C6H5-CH-CH2) – Styrol – gehçrt nicht zu den Homologen des Benzols.

II. Aufnahme und Wirkungsweise

Die Aufnahme erfolgt �berwiegend durch Einatmung der D�mpfe; der perkutanenResorption kommt keine wesentliche Bedeutung zu.

Ein großer Teil des aufgenommenen Benzols wird chemisch unver�ndert ausgeat-met, der Rest im Organismus haupts�chlich zu Phenol, aber auch zu Brenzkatechinund Hydrochinon oxydiert und mit Schwefel- oder Glukurons�ure gepaart �ber dieHarnwege ausgeschieden. Den Phenolstufen des Benzolabbaues wird die besondereGiftwirkung zugeschrieben.

Die Homologen des Benzols werden nicht zu Phenolen, sondern zu Phenylalkoho-len oxydiert und nach Paarung, z. B. mit Glyzin als Hippurs�ure, eliminiert.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 115

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 101

Page 116: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Benzol und seine Homologen sind leicht lipoidlçslich. In großen Mengen auf-genommen bewirken sie durch Anreicherung im Gehirn Erregungszust�nde (Benzol-rausch) und schließlich Narkose. Die Einatmung hochkonzentrierter Benzold�mpfekann in wenigen Minuten zum Tode f�hren. Die Einwirkung kleinerer Mengen �bereinen l�ngeren Zeitraum kann zu schwerer Sch�digung des blutbildenden Systems(Knochenmark u. a.) und der Kapillaren f�hren. Dies gilt f�r Benzol, nicht aber f�rdie Homologen des Benzols, was durch den obengenannten andersartigen Abbau imOrganismus zu erkl�ren ist.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Bei der a k u t e n Vergiftung stehen Erregungszust�nde (Benzolrausch) und schließ-lich eine oft lang anhaltende Narkose im Vordergrund des Krankheitsbildes. Muskel-zuckungen, Kr�mpfe, Kreislaufschw�che und Ateml�hmung kçnnen auftreten.

Die langzeitige Einwirkung kleinerer Dosen kann zu einer c h r o n i s c h e n Erkran-kung f�hren. Hierf�r kçnnen Mattigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen und Magen-

Darmstçrungen Leitsymptome sein. Als Ausdruck der Sch�digung des h�matopoeti-

schen Systems sind rote und weiße Blutzellen sowie die Blutpl�ttchen gemeinsam,nacheinander oder isoliert, insbesondere quantitativ, ver�ndert. Isolierte Thrombope-

nie oder Zunahme des Erythrozytenvolumens ist evtl. ein Fr�hzeichen der Erkran-kung. W�hrend eine Leukopenie (Granulozytenabfall) und dadurch bedingt eine rela-tive Lymphozytose schon sehr fr�h nachgewiesen werden kann, treten Anzeichen einerAn�mie erst Wochen bis Monate sp�ter auf. Auch Agranulozytosen, �berschießendeReaktionen und Leuk�mien wurden beobachtet. Es ist eine durch Gef�ßwandsch�di-

gungen bedingte h�morrhagische Diathese vorhanden. Haut- und Schleimhautblutun-

gen, insbesondere aus Nase, Zahnfleisch und Uterus, sowie Blutungen an Augenhin-dergrund sind mçglich. Durch zus�tzliche Belastungen des Organismus, z. B. durchInfektionskrankheiten, Blutverlust, Gravidit�t u. a., ist sowohl die Gefahr des Mani-festwerdens der Erkrankung als auch deren Verschlimmerung gegeben.

Bei langzeitiger Einwirkung der H o m o l o g e n des Benzols in den Organismusfehlen die erw�hnten Sch�digungen der Blutbildungsst�tten. M�digkeit, Kopfschmer-zen, Benommenheit, Brechreiz, allgemeine Abgeschlagenheit sowie Alkoholintole-

ranz kçnnen vorkommen. Diese Symptome klingen jedoch nach Wegfall der Exposi-tion schnell ab.

IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung

Die Diagnose der chronischen Erkrankung durch Benzol st�tzt sich auf Arbeitsanam-nese, klinischen und h�matologischen Befund.

Selbst l�ngere Zeit nach Wegfall der Benzolexposition kçnnen noch Blutbildver-�nderungen auftreten; Sp�trezidive nach scheinbarer Ausheilung sind mçglich.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 116

102 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 117: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Erkrankungen durch Styrol

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Styrol (Styren, Vinylbenzol) ist eine farblose, stark lichtbrechende Fl�ssigkeit mit aro-matischem Geruch. Von �berragender Bedeutung ist sein Einsatz in der Polystyrol-und Polyesterherstellung (ca. 90 %) sowie als Ausgangsstoff f�r die Produktion vonsynthetischem Gummi. Als Lçsungsmittel findet sich Styrol z. B. bei Laminierungsver-fahren.

Der Styrolanteil des am h�ufigsten eingesetzten unges�ttigten Polyesterharzes (UP-Harz) betr�gt je nach Herstellungsart und Verwendungszweck zwischen 30 und50 %. Die UP-Harze sind fl�ssige und feste Stoffe, die durch Polymerisation zu festen,unschmelzbaren Produkten f�hren. �berwiegend wird Polyesterharz zur Herstellungvon Platten und Beh�ltern, aber auch z. B. von Steinimitationen und Fahrzeugteileneingesetzt. Wesentliche Herstellungsverfahren sind die Laminier-, Wickel-, Preß-,Gieß- und Spritztechnik.

Bei Temperaturen von �ber 100ºC kann durch Depolymerisation Styrol wiederfreigesetzt werden. Diese Temperaturen kçnnen sowohl bei Erw�rmung, aber auchschon bei mechanischer Bearbeitung von Polyester- und Polystyrolprodukten erreichtwerden. Bei einer Reihe von Verfahren kann es zu hohen Styrolkonzentrationen mitGrenzwert�berschreitung in der Luft am Arbeitsplatz kommen, z. B. bei der Herstel-lung von Produkten aus glasfaserverst�rkten Polyesterharzen (u. a. Beh�lter, Platten,Sportboote), beim Wickeln im Beh�lterbau, beim Aufbringen von Kunstharzbçdenim Gießverfahren und bei der Oberfl�chenveredlung mittels Spritztechnik.

II. Pathophysiologie

Am Arbeitsplatz kommt der inhalativen Aufnahme die grçßte Bedeutung zu. Aus derAlveolarluft diffundiert Styrol sehr schnell in die Blutbahn. Die perkutane Aufnahmevon D�mpfen ist zu vernachl�ssigen, fl�ssiges Styrol dagegen wird in betr�chtlicherMenge perkutan aufgenommen. Nur 2 bis 3 % des absorbierten Styrols werden un-ver�ndert exhaliert. Der �berwiegende Anteil wird metabolisiert, haupts�chlich inder Leber. In der ersten Stufe des Hauptstoffwechsels wird das sehr reaktionsf�higeStyrol-7,8-oxid (Phenyloxiran) gebildet, katalysiert durch mikrosomale Monooxy-genasen. Styrol-7,8-oxid wird enzymatisch zu Phenylglykol (1-Phenylethan-1,2-diol)hydratisiert. Phenylglykol wird entweder mit Iso-Glucurons�ure konjugiert, oderaber es wird oxidiert zu Mandels�ure und weiter zu Phenylglyoxyls�ure und schließ-lich mit dem Harn ausgeschieden.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Die akute Intoxikation ist durch Reizung der Bindehaut der Augen und der Schleim-haut des oberen Atemtraktes sowie zentralnervçse Stçrungen gekennzeichnet. Anzei-chen sind pr�narkotische Symptome wie �belkeit, Schwindel, Kopfschmerz, Erm�-dung, Konzentrationsschw�che und Verwirrung.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 117

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 103

Page 118: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Fl�ssiges Styrol beg�nstigt durch Entfettung der Haut Entz�ndungen und Ekzeme.Die langzeitige Einwirkung von Styrol kann dosisabh�ngig zu einer Sch�digung des

zentralen und peripheren Nervensystems f�hren. Symptome sind verst�rkte M�dig-keit, Nachlassen von Merkf�higkeit und Initiative, Konzentrationsstçrungen, kçrper-liche Mißempfindungen und Kopfschmerz. Neben diesen subjektiven Beschwerdenkommt es zu einer Leistungsminderung, die sich mit psychodiagnostischen Testverfah-ren dokumentieren l�ßt. Effekte auf die Okulomotorik, Farbsinnstçrungen und Ver-�nderungen im EEG sind mçglich (organisches Psychosyndrom). Infolge der Sch�di-

gung des peripheren Nervensystems kann eine Verlangsamung der sensiblen undmotorischen Nervenleitgeschwindigkeit auftreten. Weiterhin wurden distale Sensibili-t�tsstçrungen �berwiegend der unteren Extremit�ten beschrieben (Polyneuropathie).

IV. Weitere Hinweise

Das Erscheinungsbild der Erkrankung durch Styroleinwirkung ist unspezifisch. Da-her ist f�r die �rztliche Beurteilung die Arbeitsanamnese von besonderer Wichtigkeit.Zur �berpr�fung der beruflichen Exposition sollte neben Messungen der Luftkonzen-tration am Arbeitsplatz ggf. die Ausscheidung der Hauptmetaboliten Mandels�ureund Phenylglyoxyls�ure im Harn herangezogen werden (Biomonitoring).

Alkoholkonsum verst�rkt die Wirkung von Styrol, ver�ndert die Metabolitenkon-zentration und verzçgert deren Ausscheidung.

Bei langj�hriger Einwirkung hoher Styrolkonzentrationen wurden erhçhte Plas-maenzymaktivitit�ten beobachtet (Leberparameter: GOT, GPT, g-GT, OCT, AP). DieAbgrenzung des Einflusses konkurrierender außenberuflicher Faktoren wie Alkohol-konsum oder Stoffwechselstçrungen ist mitunter schwierig, kann aber mit Hilfe desBiomonitoring vollzogen werden. Diese Faktoren m�ssen deshalb alle sorgf�ltig er-mittelt werden.

Bei Styrolexposition ist h�ufig eine gleichzeitige Einwirkung von anderen Lç-sungsmitteln wie z. B. Ethylbenzol und in geringem Maße von Benzol zu ber�cksichti-gen (vorwiegend bei der Herstellung von Polyesterprodukten), zus�tzlich je nachTechnologie auch von Dichlormethan (Methylenchlorid) oder Propanon (Aceton).Das Krankheitsbild kann daher durch die Wirkung anderer Bestandteile der Lçsungs-mittelgemische mitbestimmt sein.

V. LiteraturBond, J. A.:

Review of the toxicology of styrene.CRC Crit. Rev. Toxicol. 19 (1989), 227–249

Bond, G. G., K. M. Bodner, D. W. Olsen, R. R. Cook:Mortality among workers engaged in the developement or manufacture of styren-based products –An update.Scand. J. Work. Environ. Health 18 (1992), 145–154

Cherry, N., D. Gautrin:Neurotoxic effects of styrene: Further evidence.Brit. J. Ind. Med. 47 (1990), 29–37

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 118

104 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 119: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

ECETOC (ed.):Styren toxicology – Investigations on the potential for carcinogenicity.Technical Report No. 52, Br�ssel, 1992

Flodin, U., K. Ekberg, L. Anderson:Neuropsychiatric effects of low exposure to styrene.Brit. J. Ind. Med. 46 (1989), 805–808

Gobba, F., C. Galassi, M. Imbriani, S. Ghittori, S. Candela, A. Cavalleri:Acquired dyschromatopsia among styrene-exposed workers.J. Occup. Med. 33 (1991), 761–765

Guillemin, M. P., M. Berode:Biological monitoring of styrene: A review.Am. Ind. Hyg. Assoc. J. 49 (1988), 497–505

Henschler, D. (ed.):Gesundheitssch�dliche Arbeitsstoffe. Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begr�ndung von MAK-Werten: Styrol v. 10.9.1987.Deutsche Forschungsgemeinschaft, Loseblattsammlung,VCH-Verlag, Weinheim, 1983

Henschler, D., G. Lehnert (ed.):Biologische Arbeitsstoff-Toleranz-Werte (BAT-Werte) und Expositions�quivalente f�r krebserzeu-gende Arbeitsstoffe (EKA). Arbeitsmedizinisch-toxikologische Begr�ndung. Bd. 1: Styrol v. Dezem-ber 1990.Deutsche Forschungsgemeinschaft, Loseblattsammlung,VCH-Verlag, Weinheim, 1983

IARC (ed.):IARC-Monographs on the evaluation of the carcinogenic risk of chemicals to humans. Overall eva-luation of carcinogenicity. An updating.Suppl.7, Lyon, 1987

Lçf, A.:Toxigenetics of styrene. Biotransformation and covalent binding.Arbete och Halsa 6 (1986)

Pethran, A.:Erkrankungen durch Styrol – eine Berufskrankheit.ASU 28 (1993), 534–540

Schmidt, P., J. Gartzke, H. J. Weigmann:Styren.In: Zentralinstitut f�r Arbeitsmedizin der DDR (ed.):Biologische Kontrollmethoden in der Arbeitsmedizin.Verlag Volk und Gesundheit, Berlin, 1988, 411–419

Schriftenreihe BAU. – Gef�hrliche Arbeitsstoffe 34:Verarbeitung von Styrol. Dortmund, 1991

WHO (ed.):International Programme on Chemical Safety (IPCS)Environmental Health Criteria 26. Geneva, 1983

Zinser, D., P. M. Bittighofer, T. M. Fliedner, U. Weitbrecht, A. Tenbaum:Belastung und Beanspruchung von Styrol-exponierten Personen.In: Stalder, K.(ed.): Immunbiologische Aspekte in der Arbeitsmedizin. Medizinische und beruflicheRehabilitation.23. Jahrestagung der DGAM in Gçttingen, 4. 7. Mai 1983.Gentner Verlag, Stuttgart, 1983, 419–422

Literaturerg�nzung:Goergens, H. W.:

Stereochemische Aspekte bei der biologischen �berwachung beruflicher StyrolexpositionMed. Diss., Homburg 1992

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 119

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 105

Page 120: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 120

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 13 04 Anlage BKV

(Nr. 5/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 6/1963, 130

Erkrankungen durch Nitro- oder Aminoverbindungen

des Benzols oder seiner Homologeoder ihrer Abkçmmlinge

Klinische Zuordnung:DermatologieGastroenterologieH�matologieUrologie

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Wichtige hierhergehçrende Nitro- und Aminoverbindungen des Benzols, seiner Ho-mologen oder deren Abkçmmlinge sind beispielsweise:1. Nitrobenzol – C6H5

.NO2 – (Mirbançl), Dinitrobenzol, Di- und Trinitrotoluol,Trinitrophenol (Pikrins�ure) und Dinitroorthokresol;

2. Aminobenzol – C6H5.NH2 – (Anilin), Toluidine und Paraphenylendiamin (z. B.

Ursol);3. Paranitroanilin – NO2

.C6H4.NH2 – und Tetranitromethylanilin (Tetryl).

Gefahrenquellen sind bei der Herstellung, Verarbeitung, Verwendung oder beim Um-gang mit diesen Stoffen gegeben. Demnach kann dies z. B. f�r bestimmte Zweige derchemischen Industrie, insbesondere Farbstoff- und Sprengstoffindustrie, f�r pharma-zeutische Betriebe, f�r die Fertigung fotografischer Produkte, Impr�gnierbetriebe,Pelzf�rbereien, Seifen-, Parf�merie-, Riechstoff und Schuhcremefabriken zutreffen.

Nitrolacke (mit Nitrozellulose hergestellte Lacke) und Nitrosegase (Mischungvon NO, NO2, N2O4 und N2O3) sind keine Nitroverbindungen und fallen daher nichtunter Nr. 5 der Anlage zur 6. Berufskrankheiten-Verordnung.

II. Aufnahme und Wirkungsweise

Die genannten Stoffe kçnnen in Dampf oder Staub �ber die Atemwege oder durchHautresorption, aber auch �ber die Verdauungswege, aufgenommen werden.

Bei einer Reihe dieser Stoffe wird der Blutfarbstoff, das H�moglobin, in H�miglo-bin (auch Meth�moglobin genannt) umgewandelt. Dies geschieht durch Oxydationdes im H�moglobin enthaltenen 2-wertigen Eisens in 3-wertiges Eisen. Dadurch wirddie �bertr�gerfunktion des H�moglobins gestçrt; H�miglobinbildung bewirkt Sauer-

stoffmangel im Gewebe. Nach Einwirkung grçßerer Mengen der genannten Stoffewerden zudem die Erythrozyten gesch�digt. Durch oxydative Spaltung des Porphy-rinringes entstehen Verdoglobine, z. B. Sulfhaemoglobin.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Die a k u t e Einwirkung der Mehrzahl dieser Stoffe f�hrt zu M�digkeit, Schw�che,�belkeit, Kopfschmerzen, Schweißausbr�chen und Dyspnoe. Das in die Hautcapilla-ren gelangende H�miglobin verursacht eine blaugraue (schieferblaue) F�rbung derHaut. Diese findet sich zun�chst an Ohrl�ppchen, Fingern�geln, Lippen, Wangen undNasenspitze. Bei schweren Erkrankungsf�llen tritt neben einer graublauen bzw. inten-

106 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 121: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 121

siven Blauf�rbung aller Schleimh�ute eine Cyanose am ganzen Kçrper auf. Die akuteEinwirkung hoher Dosen kann Bewußtseinstr�bung mit Erregungszust�nden undKr�mpfen, Kreislaufschw�che und evtl. Tod im Coma zur Folge haben.

In der Regel ist die H�miglobinbildung reversibel. Bei vermehrter Aufnahmebestimmter sch�digender Stoffe werden Erythrozyten zerstçrt (An�mie). Verdoglob-inhaltige Erythrozyten sind irreversibel gesch�digt und fallen f�r den Sauerstofftrans-port aus. An den roten Blutkçrperchen treten (insbesondere bei Erkrankungen durcharomatische Mitverbindungen) die sogenannten Heinz’schen Kçrperchen, auch In-nenkçrperchen genannt, auf. Ihr Nachweis erleichtert die Diagnosestellung.

Alkoholgenuß, heiße B�der o. �. kçnnen den Ausbruch und die Intensit�t der Cya-

nose fçrdern.Nitro- aber auch Aminoverbindungen des Benzols kçnnen die Leber sch�digen;

dies gilt vor allem f�r Trinitrobenzol und Trinitrotoluol. Dinitroorthokresol kanndurch Aktivierung des Stoffwechsels zu schwerer Gesundheitssch�digung (z. B. durchW�rmestauung) f�hren.

Pikrins�ure lçst eine Gelbf�rbung der Haut, der Haare und der Skleren aus. Trini-trotoluol bewirkt eine rçtliche Verf�rbung der Haare. Es handelt sich dabei um un-sch�dliche Ver�nderungen, die einen Ikterus vort�uschen kçnnen.

Die c h r o n i s c h e Einwirkung kleinerer Dosen der genannten Stoffe kann u. a.zu An�mie, Hauterkrankungen und Leberfunktionsstçrungen f�hren. Der Nachweisvon H�miglobin gelingt in diesen F�llen selten.

V. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung

Bei Cyanose, die nicht auf einer Herz- oder Lungenerkrankung beruht, muß nebenselteneren Bluterkrankungen an eine Erkrankung durch aromatische Nitro- oderAminoverbindungen des Benzols, seiner Homologen oder deren Abkçmmlinge ge-dacht werden, wenn eine entsprechende Exposition gegeben war. Spektroskopischlassen sich evtl. H�miglobin oder Verdoglobin und im Blutausstrichpr�paratHeinz’sche Kçrperchen nachweisen.

H�moglobinverminderung, h�molytischer Ikterus, Eiweiß und Porphyrinaus-scheidung im Harn kçnnen u. a. auf einen chronisch schleichenden Verlauf dieser Er-krankung hinweisen. Auch nach Arbeitsplatzwechsel ist das Auftreten von Krank-heitssymptomen noch mçglich.

Nach in der Regel mehrj�hriger Einwirkung bestimmter Aminoverbindungen desBenzols kçnnen Schleimhautver�nderungen der Harnwege, Blasenpapillome und Bla-

senkrebs entstehen. Ggf. handelt es sich dann um eine Erkrankung nach Nr. 1*) derAnlage zur 6. Berufskrankheiten-Verordnung.

Bronchialasthma, verursacht durch Paraphenylendiamin (z. B. Ursol), kann eineErkrankung nach Nr. 41**) der Anlage zur 6. Berufskrankheiten-Verordnung sein.Sofern schwere oder wiederholt r�ckf�llige Hauterkrankungen vorliegen, fallen dieseggf. unter Nr. 46***) der Anlage zur 6. Berufskrankheiten-Verordnung.

*) entspricht BK-Nr. 13 01, **) BK-Nr. 43 01 und ***) BK-Nr. 51 01 Anlage BKV.

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 107

Page 122: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 13 05 Anlage BKV

(Nr. 18/6.–7. BK-VO)Arbeitschutz 2/1964, 31–32

Erkrankungen durch Schwefelkohlenstoff

Klinische Zuordnung:DermatologieAngiologieEndokrinologieGastroenterologieNeurol./Psychiatrie

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Schwefelkohlenstoff (CS2) ist eine faulig riechende, bei 46�C siedende, schon bei Zim-mertemperatur fl�chtige, in Lipoiden lçsliche Fl�ssigkeit. In Dampfform ist CS2 leichtbrennbar und explosiv. CS2-Dampf ist 2,6 mal schwerer als Luft; daher sammelt ersich besonders in den zur Einatmung kommenden unteren Luftschichten an.

Gefahrenquellen bestehen bei seiner Herstellung und seiner Weiterverarbeitung zuTetrachlorkohlenstoff, seiner Verwendung (z. B. in der chemischen Industrie) als Lçseund Extraktionsmittel, in der Viskoseindustrie (Kunstseide-, Zellwolle-, Zellglasher-stellung), bei der Kohleveredlung sowie bei der Herstellung und Verwendung be-stimmter Sch�dlingsbek�mpfungsmittel (z. B. W�hlmausmittel).

II. Aufnahme und Wirkungsweise

CS2 wird haupts�chlich �ber die Atemwege, in geringem Umfang auch durch Hautre-sorption aufgenommen. Der grçßere Teil der eingeatmeten Menge wird durch Exha-lation bzw. durch oxydativen Abbau im Blut ziemlich rasch eliminiert, der kleinereTeil resorbiert und nur sehr langsam in Urin, Stuhl und Schweiß ausgeschieden.

Wegen seiner Lipoidlçslichkeit werden die besonders lipoidhaltigen Zellen deszentralen und peripheren Nervensystems gesch�digt. Auch bestimmte hormonale Stç-rungen, z. B. infolge Sch�digung der Lipoidzellen der Nebennierenrinde, kçnnen hier-durch verursacht werden.

III. Krankheitsbild und Diagnose

a) Hautsch�den kçnnen infolge der Lipoidlçslichkeit des CS2 entstehen.b) Die a k u t e Form der Erkrankung ist selten. Sie kann dann auftreten, wenn grç-

ßere Mengen von CS2 in relativ kurzer Zeit eingeatmet werden. In diesen F�llenwirkt CS2 vorwiegend narkotisch. Es kommt zu Gesichtsrçte, Euphorie, Erre-gungszust�nden, Benommenheit mit rasch nachfolgender tiefer Bewußtlosigkeitund evtl. zu Coma und Atemstillstand. Als Folge akuter Einwirkung sind epilepti-forme Kr�mpfe, Reizbarbeit, Schlaflosigkeit, verminderte Merkf�higkeit sowieSehstçrungen durch Hornhautver�nderungen mçglich.

c) die s u b a k u t e Form der Erkrankung ist durch Kopfschmerzen, Erregungs-zust�nde und Schlaflosigkeit gekennzeichnet. Folgeerscheinungen bleiben hierbeiin der Regel nicht zur�ck.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 122

108 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 123: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

d) die c h r o n i s c h e Form der Erkrankung kann sich bei l�ngerer Einwirkungszeitkleinerer CS2-Mengen entwickeln.Das Krankheitsbild ist vielgestaltig und beruht �berwiegend auf zerebralen, poly-

neuritischen und hormonalen Stçrungen. Vorzeitiges Auftreten von Arteriosklero-

se, besonders der Hirngef�ße, wurde beobachtet. Es kçnnen zerebral bedingte An-zeichen, wie leichte Erregbarkeit, Potenzstçrungen, Merkschw�che, dem MorbusParkinson �hnliche Symptome (Salbengesicht, Tremor, Muskelstarre) und psycho-tische Zust�nde meist depressiver Art vorkommen.Pyramidenbahnausf�lle, Sch�den am Sehnerv, Nebelsehen, Akkomodationsstç-

rungen, Skotom, Pupillenstarre, Akustikussch�digung sowie Stçrungen im hormo-

nalen Haushalt sind evtl. festzustellen.Als Ausdruck einer Erkrankung im peripheren Nervensystem treten Sensibilit�ts-

stçrungen, Neuritiden und L�hmungen auf. In schweren F�llen ist die Entstehungeiner Pseudotabes mit herabgesetzten oder erloschenen Sehnenreflexen mçglich.Magen-Darmstçrungen mit Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust sowie Erhç-hung des Serumcholesterins bei gleichzeitigem Abfall der Esterquote kçnnen aufdiese Erkrankung hinweisen.Differentialdiagnostisch sind Neurose, Taboparalyse, Multiple Sklerose und chro-nischer Alkoholismus in Erw�gung zu ziehen.

IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung

F�r die Annahme einer Erkrankung durch CS2 ist das Ergebnis der Arbeitsanamnesemit Nachweis der Giftwirkung von wesentlicher Bedeutung.

Die Empfindlichkeit gegen CS2-Einwirkung ist individuell unterschiedlich; ins-besondere bei j�ngeren Personen kçnnen aufgetretene Sch�den weitgehend abheilen.Aber auch Dauersch�den sind mçglich.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 123

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 109

Page 124: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 13 06 Anlage BKV

(Nr. 13/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 6/1962, 133–134

Erkrankungen durch Methanol (Methylalkohol)

Klinische Zuordnung:GastroenterologieKardiologieNeurologieUro-/Nephrologie

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Methanol (Methylalkohol – CH3OH -) wird vorwiegend synthetisch aus Kohlenoxidund Wasserstoff bzw. aus Erdgas, gelegentlich noch durch trockene Destillation vonHolz (Holzgeist) oder Melasseschlempe gewonnen. In reinem Zustand ist Methanoleine farblose, alkoholisch und leicht stechend riechende Fl�ssigkeit. Geschmacklichist Methanol von (�thyl-)Alkohol nur schwer zu unterscheiden.

Methanol wird haupts�chlich verwendet als Lçse- oder Verd�nnungsmittel f�rFarben, Lacke, Polituren, Klebstoffe, Natur- und Kunstharze, zur Befeuchtung vonNitrozellulose, in Steifungs- und Fleckenreinigungsmitteln. Eine Gefahrenquelle ist inerster Linie bei ungen�gender Bel�ftung und beim Arbeiten im Spritzverfahren gege-ben. Auch in der chemischen Industrie, z. B. als Grundstoff zur Erzeugung von Form-aldehyd, zur Herstellung von Anilinfarben sowie in der pharmazeutischen und kos-metischen Industrie wird Methanol benutzt. Ferner findet es noch Verwendung alsVerg�llungsmittel f�r Brennspiritus.

II. Aufnahme und Wirkungsweise

Methanol wird in Dampfform �ber die Atmungsorgane oder in fl�ssiger Form �berden Magen-Darm-Kanal, aber auch durch Hautresorption (z. B. bei Durchtr�nkungder Kleidung) aufgenommen.

Die Wirkungsweise beruht einerseits auf seiner m�ßig entfettenden, austrocknen-den und lipoidlçslichen Eigenschaft, die zu Reizerscheinungen der Haut und derSchleimh�ute an Augen und Atemwegen f�hrt, andererseits auf den beim Abbau imOrganismus entstehenden Oxidationsprodukten Formaldehyd und Ameisens�ure.Letztere verursachen eine Acidose und blockieren Oxidationsvorg�nge des Stoff-wechsels. Die Giftwirkung wird vor allem auf das in den Kçrperzellen sich bildendeFormaldehyd, das eiweißf�llend und fermenthemmend ist, zur�ckgef�hrt.

Methanol wird im Organismus verh�ltnism�ßig lange retiniert und nur langsamabgebaut. Durch Kumulation kçnnen auch kleine Mengen giftig wirken.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Die perorale Aufnahme des Methanols kann einen akuten, die Aufnahme durch Inha-lation von D�mpfen oder durch die Haut einen chronischen Vergiftungsverlauf zurFolge haben.

W�hrend bei den beruflich verursachten Sch�den das chronische Krankheitsbildvorherrscht, �berwiegt bei Ungl�cksf�llen infolge Trinkens von Methanol das akute.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 124

110 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 125: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

a) A k u t e F o r m:Wird Methanol getrunken, dann kann es nach einer Latenzzeit von wenigen Stundenbis zu zwei Tagen neben Rauschzust�nden, Schwindel, Benommenheit und Kopf-schmerzen zu Brennen in der Speiserçhre, kolikartigen Leibschmerzen, Brechreiz undevtl. Erbrechen kommen. Dar�ber hinaus kann die Aufnahme grçßerer Mengen Zya-nose, Kr�mpfe, Verwirrtheitszust�nde, Kreislaufstçrungen (meist Bradycardie), Seh-stçrungen (Nebelsehen, gestçrtes Farbensehen) bis zur Erblindung bewirken. Schonwenige Stunden nach der Giftaufnahme kann der Tod durch Ateml�hmung, h�ufigerjedoch erst nach einigen Tagen (nur ausnahmsweise l�nger als drei Tage) durch Kreis-

laufinsuffizienz infolge allgemeiner Vasomotorenschw�che bzw. -l�hmung eintreten.�berlebt der Vergiftete das akute Stadium, dann kçnnen sich Sp�tsch�den infolge

der akuten Vergiftung bemerkbar machen, welche auf der nephro-, hepato- und neu-

rotoxischen Wirkung des Methanols beruhen. Es tritt Oligurie, in schweren F�llen vo-r�bergehende Anurie und Ur�mie mit Reststickstoff – und Blutdruckanstieg auf. DerUrin hat ein niedriges spezifisches Gewicht und ist stark sauer. Er kann Eiweiß, mas-senhaft Kalzium-Oxalatkristalle und wenig Zylinder enthalten; Erythrozyten undLeukozyten werden meist nicht gefunden.

Die hepatotoxische Wirkung kann sich in einer Leberschwellung zeigen.Die neurotoxische Wirkung kann zur toxischen Encephalose mit Kopfschmerzen,

Schwindelgef�hl, Benommenheit, Kr�mpfen, Bewußtlosigkeit usw. f�hren. SchwereSehstçrungen bis vçllige Erblindung sind beobachtet worden. Auch Sch�digungen an-

derer Gehirnerven (z. B. des N. facialis, N. akustikus, N. cochlearis) und periphere

Polyneuritis kommen vor.Zur Diagnosestellung kann bei akuten Erkrankungen eine chemische Unter-

suchung des Mageninhalts angebracht sein.

b) C h r o n i s c h e F o r m:Zu beobachten sind Appetitlosigkeit, Schleimhautreizungen der Augen und derAtemwege, Kopfschmerzen, Ohrensausen und Leibschmerzen, Sehstçrungen mit un-terschiedlich weit reichendem zentralem Skotom; neuritische Beschwerden und Le-

berschwellung kçnnen auftreten.Das Krankheitsbild ist ebenso wie die Vertr�glichkeit gegen�ber dem Methanol in-

dividuell verschieden. Frauen, Jugendliche, alte und geschw�chte Menschen sind demMethanol gegen�ber weniger widerstandsf�hig. Eine begrenzte Erhçhung der Wider-standskraft durch Gewçhnung ist ebenso mçglich wie eine Steigerung der Giftemp-findlichkeit bei wiederholter Aufnahme kleiner Mengen. Diese Faktoren kçnnen imEinzelfall den klinischen Verlauf der Erkrankung wesentlich beeinflussen.

Zur Diagnosestellung ist es wichtig, den Nachweis des Methanols im Blut und imUrin zu erbringen; außerdem kann der erhçhte Ameisens�uregehalt im Urin ein wich-tiger �tiologischer Hinweis sein.

Bei Verdacht einer beruflich verursachten Erkrankung ist die Arbeitsanamnese mitFeststellung, ob, wie lange und in welchem Umfang eine Einwirkung von Methanol

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 125

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 111

Page 126: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

oder methanolhaltiger Stoffe stattgefunden hat, von großer Bedeutung, zumal andereLçsemittel �hnliche Krankheitserscheinungen hervorrufen kçnnen.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 126

112 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 127: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 127

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 13 07 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 7–8/1979, 69–70

Erkrankungen durch

organische Phosphorverbindungen

Klinische Zuordnung:Angio-/KardiologiePneumologiePhoniatrieNeurol./PsychiatrieGastroenterologieOphthalmologie

Organische Phosphorverbindungen, auch Organophosphate genannt, sind die Esterund/oder Amide der Phosphors�ure, einige Ester der phosphorigen S�ure (Phosphite)und der Phosphors�ureester (Phosphonate). Außer den eigentlichen Phosphors�urees-tern fallen auch die entsprechenden Thio- und Dithioverbindungen unter diese Grup-pe. Grundstruktur der vorgenannten Verbindungen (Schrader-Formel):

PXR1

R2 O (S)

R1 = Alkoxy-R2 = Alkoxy-, Alkyl-, basische Gruppen

Dialkylamido-X = Phenoxy- (substituiert durch Halogen- oder

Nitrogruppen) u. a.;Alkoxy-, Alkylthio- und substituierteSeitenketten; auch O-Heterocyclen acide Gruppen

I. Gefahrenquellen

Zahlreiche Insektizide sind organische Phosphorverbindungen. Als Beispiele hierf�rseien genannt:

E 605, Parathion, Thiophos:

POH5C2-O

SH5C2-O

NO2

Gusathion, Azinophos-�thyl:

PH5C2-O

SH5C2-O

S-CH2-N

NN

O

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 113

Page 128: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Metasystox, Demeton- S-methyl:

PH3C-O

OH3C-O

S-CH2-CH2-S-C2H5

Insektizide haben in der ganzen Welt grçßte Verbreitung gefunden, und zwar einmalzur Sicherung der Weltern�hrungsbasis, zum anderen zur Bek�mpfung von Krankhei-ten, die durch Insekten �bertragen werden, z. B. Malaria durch die Anopheles-Stech-m�cke, Schlafkrankheit durch die Tsetse-Fliege.

Organophosphate werden auch als Herbizide und Fungizide eingesetzt. Organi-sche Phosphorverbindungen werden dar�ber hinaus in der Herstellung von Kunst-stoffen und Lacken. als Weichmacher, H�rter und Beschleuniger verwendet, ferner alsEmulgatoren, Flammschutz-, Flotations- und Netzmittel, Hydraulilkfl�ssigkeiten,Schmierçladditive, Antiklopfmittel u. a.m. Beispiele hierf�r sind Mono-, Di- und Tri-alkylphosphate wie Di�thyl- und Tributylphosphat, Triarylphosphate, z. B. Trikresyl-phosphat, sowie Alkylarylphosphate.

Hauptgefahrenquelle durch Insektizide auf Phosphors�ureesterbasis bestehen beider industriellen Herstellung, Formulierung und Abf�llung, auch im Rahmen derSch�dlingsbek�mpfung beim Mischen, Verspr�hen oder durch Verdampfen. Ins-besondere gilt dies bei mangelnder Beachtung einschl�giger Sicherheitsbestimmungenund Gebrauchsanweisungen. Weitere Gefahren ergeben sich aus der Wiederverwen-dung leerer Flaschen und Beh�lter, die vorher mit Phosphors�ureestern gef�llt waren.

Tri-Alkylphosphat wird als Extraktionsmittel zur Abtrennung von Uran- und an-deren Metallionen aus w�ßrigen Lçsungen eingesetzt und stellt hierbei eine Gefahren-quelle dar.

II. Pathophysiologie

Bei ann�hernd gleicher Wirkungsweise ist die unterschiedliche Toxizit�t der verschie-denen Substanzen zu beachten. Die Toxizit�t ist unabh�ngig von der Menge der auf-genommenen Substanz und vom Aufnahmeweg. So werden die Organophosphateschnell und vollst�ndig �ber die Lungen und den Magen-Darm-Trakt, verzçgert �berdie Haut aufgenommen. Letztgenannter Aufnahmeweg spielt vor allem bei kçrper-licher Arbeit und Hitze (Schwitzen) eine Rolle. Die Organophosphate verteilen sichgleichm�ßig �ber den Gesamtorganismus und durchdringen leicht die Blut-Liquor-Schranke. Metabolische Prozesse, z. B. in der Leber, kçnnen auf die aktuelle Wirkungerheblichen Einfluß haben: Steigerung der Giftwirkung von Thio-Verbindungen zuOxo-Verbindungen (P = S � P = 0); oder auch andere Stoffwechselvorg�nge, die zueiner Abschw�chung der Giftwirkung f�hren: von Malathion zu Malathions�ure.

F�r die Giftwirkung im Warmbl�terorganismus ist der in der Schrader-Formel mitX bezeichnete nukleophile Rest (leaving-group, sog. acide Gruppe) die wichtigste Vo-raussetzung. Sie ermçglicht die Reaktion der Phosphors�ureester mit bestimmten En-zymen, insbesondere Esterasen. Praktisch m�ssen die insektiziden Phosphors�urees-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 128

114 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 129: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

ter als Hemmstoffe der Cholinesterase gelten. Einige Organophospate, z. B. Tri-or-thokresylphosphat, aber auch einige Insektizide verursachen nach einer Latenz von1–2 Wochen L�hmungen durch irreversible Demyelinisierung motorischer Nervenund der zugehçrigen R�ckenmarksbahnen. Der Wirkungsmechanismus dieser Vergif-

tungsform ist noch unbekannt.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Infolge der charakteristischen Cholinesterasehemmung treten bei Hemmung um ca.50 % und mehr des Normalwertes erste klinische Symptome mit den Zeichen choliner-ger Erregung auf. Das akute Vergiftungsbild ist durch eine vielf�ltige zentralnervçseSymptomatik gekennzeichnet, wie Leibschmerzen, �belkeit, Erbrechen, Kopfschmer-zen, Erregung, Kr�mpfe, Verwirrtheitszust�nde, Halluzinationen, Angst, Beklem-mung, Bewußtlosigkeit, Koma. Der Tod kann durch Herz-Kreislaufversagen und/oderAteml�hmung sowie durch Lungenoedem auftreten.

Im einzelnen kommt es durch Anreicherung von Acetylcholin an den Endungender postganglion�ren cholinergischen Nerven des Auges, der glatten Muskulatur desHerzmuskels und der sekretorischen Dr�sen zu muskarinartigen Wirkungen wie:Tr�nen und Speichelfluß, erhçhte Bronchialsekretion, Bronchospasmus (Dyspnoe),Lungenoedem, erhçhte Magen- und Darmdr�sensekretion, erhçhte Peristaltik undSpasmus mit Koliken, Durchf�lle und Erbrechen, Miosis, Akkomodationsstarre (Seh-

stçrungen), Bradykardie, Gef�ßtonusminderung mit Blutdrucksenkung, Schweißdr�-senstimulierung.

Die Anreicherung von Acetylcholin an den motorischen Nervenendungen (Mus-kelendplatten) verursacht nikotinartige Wirkungen wie: Muskelsteife, besonders imNacken und Gesicht, Tremor, Muskelzuckungen, tonisch-klonische Kr�mpfe, Sprach-

stçrungen, Par�sthesien, neuro-muskul�rer Block mit Adynamie bis zur komplettenParalyse. Bei chronischer Einwirkung wurde eine Reduktion der Nervenleitgeschwin-digkeit in schnellen und langsamen motorischen Nervenfasern beobachtet sowie eineReduktion der EMG-Spannungsamplitude auf einen supramaximalen Reiz.

Diese Ver�nderungen m�ssen nicht unbedingt mit manifesten klinischen Sympto-men oder mit einer gleichzeitigen Reduktion der Cholinesteraseaktivit�t vergesell-schaftet sein. Die beobachteten Ver�nderungen der motorischen Nervenleitgeschwin-digkeit sowie die �nderungen im EMG gehen nach Beendigung der Expositionspontan und langsam zur Norm zur�ck. Ein eigenes Krankheitsbild stellen die L�h-

mungen motorischer Nerven durch Tri-ortho-kresylphosphat – auch nach perkutanerResorption – dar.

IV. Weitere Hinweise

Atemluft und Erbrochenes kçnnen je nach Substanz knoblauchartigen Geruch haben.Die Diagnose wird durch Bestimmung der Cholinesteraseaktivit�t in Erythrozytenoder im Vollblut gesichtet. Klinische Symptome und Grad der Cholinesterasehem-

mung brauchen einander nicht zu entsprechen. Bei ca. 30 % Hemmung und mehr des

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 129

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 115

Page 130: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Normalwertes in Erythrozyten oder Vollblut ist immer eine Gef�hrdung anzunehmen.Dies gilt nicht unbedingt f�r Serumwerte. Entscheidend ist die Esteraseaktivit�t weni-ger im Vollblut als im ZNS. Alkylphosphate dringen leicht in das ZNS. Zur Kontrolledes Therapieverlaufs und zur �berwachung der chronischen Exposition hat sich dieBestimmung der Erythrozyten-Cholinesterase als zuverl�ssig erwiesen. Die Cholines-teraseaktivit�t kann auch mit Teststreifen (z. B. Acholtest, Merckotest) werden.Diese Bestimmungsmethode hat jedoch nur orientierenden Wert.

Weil Organophosphate durch Reaktion mit Cholinesterase oder durch andere me-tabolische Prozesse schnell abgebaut werden, wird meist nur ein sehr kleiner Teil un-ver�ndert im Urin ausgeschieden. Deshalb ist bei positivem Urinbefund nur eine qua-litative Aussage mçglich. Soweit Alkylphosphate eine Nitro-phenoxygruppe (alsacide Gruppe X der Schrader-Formel) enthalten, kann ihre Aufnahme durch denNachweis von p-Nitrophenol im Urin nachgewiesen werden.

V. LiteraturEllmann, G. L. et al:

A new and rapid colorimetric determination of Acetylcholinesterase Activity.Bioch. Pharmacol. Vol. 7 (1961) 88–95

Forth, W.; Henschler, D.; Rummel, W.:Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie.Bibliogr. Institut Mannheim, Wien, Z�rich. 1. Aufl. 1975

Deutsche Forschungsgemeinschaft:Gesundheitssch�dliche Arbeitsstoffe. Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begr�ndung von MAK-Werten.Vlg. Chemie Weinheim 1972 (Loseblattsammlung)

Klimmer, 0. R.:Pflanzenschutz- und Sch�dlingsbek�mpfungsmittel, Abriß einer Toxikologie und Therapie von Ver-giftungen.Hundt-Verlag, Hattingen, 2. Aufl. 1971

Wirth, W.; Hecht, G.; Gloxhuber, Chr.:Toxikologie-Fibel.G. Thieme Verlag, 2. Aufl. 1971

Workshop Biological Monitoring in Exposure to Cholinesterase Inhibitors,Cambridge/England v. 8.–10.9.1975.Int. Arch. Occup. Environmental Health (1976) 65–71

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 130

116 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 131: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 13 08 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 4/1981, 57–58

Erkrankungen durch Fluor

oder seine Verbindungen

Klinische Zuordnung:DermatologieGastroenterologieNephrologieKardio-/PneumologieOrthop�dieZahnheilkunde

Fluor (F) ist ein gr�nlich-gelbes, sehr reaktionsf�higes Gas und schwerer als Luft. Eskommt nicht frei in der Natur vor. Die wichtigsten nat�rlich vorkommenden Fluor-verbindungen sind Flußspat (CaF2), Kryolith (Na3AlF6) und Fluorapatit (3Ca3[P04]2

CaF2).Fluorwasserstoff (HF) siedet bei 20� C. Unterhalb des Siedepunktes handelt es

sich um eine farblose, an feuchter Luft stark rauchende Fl�ssigkeit, die in jedem Ver-h�ltnis mit Wasser zu Flußs�ure mischbar ist. Fluoride sind Salze der Flußs�ure. Unterden organischen Fluorverbindungen sind die aliphatischen Verbindungen sowie derenPolymere in der Praxis bedeutsamer als die aromatischen.

I. Gefahrenquellen

Gefahren bestehen besonders bei gewerblichem Umgang mit Fluor, Fluorwasserstoff,Flußs�ure und lçslichen Fluoriden. Flußs�ure wird u. a. als Ausgangsstoff f�r Fluor-verbindungen, zum Glas�tzen, -mattieren und -polieren, bei der Geb�udereinigung,zum Beizen und Gl�nzen von Edelst�hlen, zur Entkieselung und in der Galvanotech-nik bençtigt.

Gefahren durch Fluoride kçnnen z. B. bei der Anwendung als Fluß- und Tr�bungs-mittel in der Emaille- und Glasindustrie, bei vielen galvanischen Prozessen, beimSchmelzen von Metallen, beim Schweißen und Lçten von Leichtmetallegierungen, inder Farben- und Erdçlindustrie und besonders bei der elektrolytischen Herstellungvon Aluminium auftreten.

Auch bei der Sch�dlingsbek�mpfung und Holzkonservierung sowie beim Wasser-dichtmachen von Kunststeinfußbçden und Zement (Fluatieren) werden Fluorverbin-dungen verwendet.

Den meisten als Treibmittel (Freone), f�r Druckgaspackungen, zur Kunststoffver-sch�umung, als Lçschmittel (Halone), K�ltemittel, als Extraktions-, Lçse-, Reinigungs-und Verd�nnungsmittel verwendeten aliphatischen Fluorverbindungen kommt eine ge-ringere Toxizit�t zu. Bei den meisten in der Arzneimittelindustrie verarbeiteten aroma-tischen Fluorkohlenwasserstoffen kçnnen in hçheren Konzentrationen Reizwirkungenauf die Schleimh�ute auftreten. �hnliches gilt f�r die ordnungsgem�ße Verarbeitunghochwertiger Kunststoffe auf der Basis polymerer Fluorverbindungen (Teflon), beideren �berhitzung allerdings gesundheitssch�dliche D�mpfe auftreten.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 131

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 117

Page 132: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 132

II. Pathophysiologie

Die Aufnahme von Fluorverbindungen kann bei der Arbeit sowohl inhalativ als auchperkutan, seltener auch oral erfolgen. Zwischen der toxischen Wirkung von Fluor, Flu-orwasserstoff, Flußs�ure und lçslichen Fluoriden bestehen nur graduelle Unterschiede.Flußs�ure durchdringt die Haut, zerstçrt tiefere Gewebsschichten und kann resorptivdurch chemische Bindung des F-Ions an Kalzium- oder Magnesiumionen eine Hem-

mung lebenswichtiger Enzyme und akut bedrohliche Stoffwechselstçrungen, z. B. imKalzium- und Kohlehydrathaushalt, bewirken. Langj�hrige hohe Fluoraufnahmekann eine Stçrung des Mineralstoffwechsels verursachen, die zu schweren Knochen-sch�den, meist i. S. einer Osteosklerose (Knochenfluorose) f�hrt. In seltenen F�llenwird nach chronischer Fluoreinwirkung auch Osteoporose beobachtet.

Die Wirkungen einiger �ußerst giftiger organischer Fluorverbindungen, wie derden Zitratzyklus blockierenden Monofluoressigs�ure und einiger zu irreversiblerCholinesteraseblockierung f�hrender Fluorphosphonate, sind atypisch.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Einwirkungen von gas-, nebel-, rauch- oder staubfçrmigen Fluorverbindungen aufSchleimh�ute f�hren zu çrtlichen Reizerscheinungen. Massive Einatmung kann akutzu Lungençdem und chronisch zu bleibenden Sch�den am Respirationstrakt f�hren.

Bei der praktisch bedeutsamen Einwirkung auf die Haut durchdringt das Fluor-Ion rasch die Epidermis und f�hrt unter starken Schmerzen zu tiefen, sich schnell aus-breitenden, schwer heilenden Kolliquationsnekrosen. Gelegentlich wird nach der Ver-

�tzung ein schmerzfreies Intervall beobachtet. Resorptiv kann es zu systemischerWirkung kommen. Bei der gewerblich seltenen oralen Aufnahme von Fluorverbin-dungen werden, neben Ver�tzungen im Magen-Darm-Kanal, Kr�mpfe und akute Le-

ber-, Herz- und Nierensch�den beobachtet.Bei �berhitzung von Kunststoffen auf der Basis von Fluorpolymeren kçnnen nach

kurzer Latenzzeit mehrst�ndige Stçrungen des Allgemeinbefindens mit Fieber auftre-ten. Bei noch hçheren Temperaturen treten Zersetzungsprodukte mit Reiz- und �tz-wirkung auf.

Nach langj�hriger Einwirkung von Fluorwasserstoff oder Fluoridstaub kçnnenrheumatoide Beschwerden auftreten, die ihre Ursache in einer Osteosklerose beson-ders der spongiçsen Knochen wie denen des Beckens, der Wirbels�ule und der Rippenhaben (Knochenfluorose). Erste rçntgenologische Zeichen (in Weichstrahltechnik)sind Verknçcherungen an B�nder- und Sehnenans�tzen, z. B. am Knie- und Ellenbo-gengelenk. Im weiteren Verlauf treten rçntgenologisch in Erscheinung:1. Grobe, unscharfe B�lkchenstruktur an Wirbelkçrpern, Rippen und Becken; ver-

mehrte Knochensklerosierung,2. zunehmende homogene Schattendichte der Knochen; Spangenbildung an der Wir-

bels�ule, Einengung der Markhçhle langer Rçhrenknochen,3. eburnisiertes Bambusstabbild der Wirbels�ule, ausgedehnte Verkalkung der Seh-

nen und Gelenkkapseln. Multiple Periostreaktionen, Exostosen, Ankylosierung

der Kreuzbeinfugen.

118 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 133: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Eine chronische Fluorerkrankung (Fluorose) ist im allgemeinen dann anzunehmen,wenn folgende Hinweise gegeben sind:1. Polyarthralgie

2. Verknçcherte Bandans�tze

3. Erhçhte Fluoridausscheidung im UrinEine Zahnfluorose mit Schmelzver�nderungen tritt im allgemeinen nur w�hrend derAmeloblasten- (Adamantoblasten-)Aktivit�t, also bis etwa zum 14. Lebensjahr auf.

Flußs�ured�mpfe kçnnen einen S�ureschaden der Z�hne verursachen.

IV. Weitere Hinweise

Die Verwendung von Fluorverbindungen hat in den letzten Jahrzehnten zugenom-men.

Die pathophysiologische Wirkung einer Fluorverbindung ist aus der chemischenFormel nicht immer ablesbar. Chemisch nahestehende Fluorverbindungen, wie z. B.Schwefelpentafluorid und Schwefelhexafluorid, kçnnen in ihrer Giftigkeit erheblichdifferieren.

Die Bestimmung der Fluoridkonzentration im Harn (Urin am Ende der Arbeitszeitnach mindestens drei vorangegangenen Expositionstagen) kann zur Fr�hdiagnose ei-ner Fluorose wertvoll sein.

Isoliert auftretende Sch�digungen des Zahnschmelzes durch Flußs�ure fallen unterNr. 1312 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung.

Erkrankungen durch Fluorkohlenwasserstoffe mit vorwiegender Symptomatikam zentralen Nervensystem und Leberparenchym (z. B. Narkosegase wie Halothan)fallen unter Nr. 1302 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung.

V. LiteraturBoillat, M. A., Baud, C. A., Lagier, R., Garcia, J., Rey, P., Bang, S., Boivin, G., Demeurisse, C., Gçssi, M.,

Tochon-Daguy, H. J., V�ry, J. M., Couvoisier, B.:Fluorose industrielleSchweiz. Med. Wschr., Suppl. 8, 109, 5–23 (1979)

Hodge, H. C., Smith, F. A.:Occupational Fluoride ExposureJ. Occup. Med. 19, 1, 12–39 (1977)

Wende, E.:Erkrankungen durch Fluor oder seine Verbindungenin: Handbuch der gesamten Arbeitsmedizin, Hrsg. E. W. Baader, Bd. II/1 S. 296–313Urban und Schwarzenberg, Berlin-M�nchen-Wien 1961

Zober, A., Schaller, K. H.:Fluoridbestimmung im Harn, Analysen im biologischen Material.Kommission zur Pr�fung gesundheitssch�dlicher Arbeitsstoffe der DFG.Verlag Chemie, Weinheim 1976

Zober, A., Geldmacher v. Mallinckrodt, M., Schaller, K. H.:Renal Fluoride Excretion as a Useful Parameter for Monitoring Hydrofluoric Acid-Exposed Persons.Int. Arch. Occup. Environ. Hlth. 40, 13–24 (1977)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 133

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 119

Page 134: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 13 09 Anlage BKV

(Nr. 16/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 11/1963, 283

Erkrankungen durch Salpeters�ureester

Klinische Zuordnung:AngiologieKardiologie

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Salpeters�ureester sind Verbindungen der Salpeters�ure mit ein- und mehrwertigenAlkoholen. Es sind h�ufig çlige, z. T. leicht fl�chtige Fl�ssigkeiten.

Gesundheitsgef�hrdend sind insbesondere Nitroglykol (C2H4[ONO2]2) und Ni-troglyzerin (C3H5[ONO2]3), die f�r die Herstellung von Sprengstoffen verwendetwerden. Gefahrenquellen sind das Nitrieren, Gelatinieren, Mischen und Patronieren.Auch Umgang mit diesen Stoffen in bestimmten Laboratorien sowie Kontakt mit auf-gerissenen, nicht explodierten Sprengstoffpatronen, z. B. bei Abraumarbeiten, kçn-nen gesundheitsgef�hrdend sein. Dies trifft nicht f�r die z. B. in Lackfarben enthalteneNitrozellulose zu.

II. Aufnahme und Wirkungsweise

Die Aufnahme der Salpeters�ureester erfolgt sowohl �ber die Atemwege als auchdurch Hautresorption. Fl�chtigkeit und Hautdurchdringungsvermçgen nehmen vonden einwertigen zu den mehrwertigen Alkohol-Salpeters�ureverbindungen hin ab.

Nitroglykol ist auch aus diesem Grunde st�rker giftig als Nitroglyzerin. Dagegenspielt die im Organismus bei Nitroglykoleinwirkung einsetzende Nitritbildung eineuntergeordnete Rolle.

Infolge Einwirkung von Salpeters�ureestern kommt es zur Blutgef�ßerweiterung

mit Absinken zun�chst des systolischen und bei weiterer Exposition auch des diasto-lischen Blutdruckes. Neben der peripheren Kreislaufwirkung mit ihren Folgen ist evtl.ein durch diese Stoffe bedingter zentraler Effekt mçglich.

Die chronische Einwirkung kleinerer Mengen bewirkt auch als Ausdruck eingetre-tener Gegenregulationen langsam eine Erhçhung des diastolischen Blutdruckes. Da-durch wird die Blutdruckamplitude deutlich kleiner.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Schon nach kurzer Exposition, insbesondere mit Nitroglykol, kçnnen in erster LinieKopfschmerzen, sp�ter auch Schwindel, Gef�hl der Trunkenheit, Brechreiz, Gesichts-rçtung, Hitzegef�hl, Appetitlosigkeit und Schlafstçrungen auftreten. �ber Schmerz-zust�nde in der Herzgegend, die dann �hnlich denen der Angina pectoris sind, kanngeklagt werden. Oft ist der Blutdruck erniedrigt; selten besteht eine Bradykardie.

Nach einer gewissen Zeit der Exposition mit kleineren Dosen tritt oft eine Gewçh-nung ein, die dazu f�hrt, daß die Beschwerden geringer werden und auch schon beiArbeitsunterbrechungen, z. B. am Wochenende, vçllig zur�ckgehen. Bei Wiederauf-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 134

120 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 135: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

nahme der Arbeit, z. B. am folgenden Montag, kann es zu einem R�ckfall der Be-schwerden kommen, weshalb die Erkrankung auch als sog. Montagskrankheit be-zeichnet wird. Vorausgegangene kçrperliche und psychische Belastungen kçnnen sichung�nstig auswirken.

Plçtzliche Todesf�lle nach Kreislaufkollaps und durch akutes Herzversagen sindnach Arbeitspausen – Urlaub, Wochenende (sog. Montagssterbef�lle) – oder Arbeits-platzwechsel beobachtet worden.

Ausschlaggebend f�r den weiteren Krankheitsverlauf ist der Grad der Kreislauf-

regulationsstçrungen. Die innerhalb der Erythrozyten gelegenen sog. HeinzschenKçrperchen sind nur dann festzustellen, wenn gleichzeitig eine Einwirkung von nichtzu den Salpeters�ureestern gehçrenden aromatischen Nitrokçrpern, wie Trinitroto-luol u. �., stattgefunden hat, was f�r Arbeiten in der Sprengstoffherstellung zutreffenkann.

IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung

Arbeitsanamnese, klinischer Befund und evtl. das Ergebnis von Luftanalysen, z. B.auf Nitroglykol- und Nitroglyzeringehalt, sichern die Diagnose.

Abgesehen davon, daß in Einzelf�llen die toxische Kreislaufregulationsstçrung

plçtzlich enden kann, ist im allgemeinen die Prognose, insbesondere nach Wegfall derentsprechenden Exposition, g�nstig. Sp�tsch�den sind kaum zu erwarten.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 135

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 121

Page 136: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 13 10 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 7–8/1979, 70–72

Erkrankungen durch halogenierte

Alkyl-, Aryl- oder Alkylaryloxide

Klinische Zuordnung:DermatologieGastroenterologieNephrologiePneumologieNeurologie

Bei den halogenierten Alkyl-, Aryl- oder Alkylaryloxiden handelt es sich um haloge-nierte Alkohole, halogenierte �ther, halogenierte Epoxide und um halogenierte Phe-nole. Zu diesen Verbindungen z�hlen insbesondere:

– die chlorierten Alkyloxide:Athylenchlorhydrin (2-Chlor-�thanol) ClCH2-CH2-01,2-Dichlorhydrin (2,3-Dichlor-1-propanol) ClCH2-CHCl-CH201,3-Dichlorhydrin (1,3-Dichlor-2-propanol) ClCH2-CH(OH)-CH2ClEpichlorhydrin (1-Chlor-2,3-epoxipropan) O-CH2-CH-CH2ClDichlordimethyl�ther (1,1’-Dichlordimethyl�ther) ClCH2-O-CH2ClMonochlordimethyl�ther (Chlormethyl-methyl�ther) H3C-O-CH2ClDichlordi�thyl�ther (2,2’-Dichlordi�thyl�ther) ClCH2-CH2-O-CH2- CH2Cl

– die chlorierten Aryloxide:Monochlorphenole (2-, 3-, 4-Chlorphenol) C6H4Cl (OH)Dichlorphenole (insbes. 2,4-Dichlorphenol) C6H3Cl2 (OH)Trichlorphenole (insbes. 2,4,5-Trichlorphenolund 2,4,6-Trichlorphenol) C6H2Cl3 (OH)Pentachlorphenol C6H Cl5 (OH)„Dioxin“, TCDD(2,3,7,8-Tetrachlor-dibenzo-p-dioxin)

Cl

Cl Cl

ClO

O

– die chlorierten Alkylaryloxide:Chlorkresole (insbes. 4-Chlor-2-methyl-phenolund 4-Chlor-3-methyl-phenol) C6H3Cl (OH) CH3

I. Gefahrenquellen

Chemische Verbindungen dieser Klasse werden u. a. verwendet:– als Zwischenprodukte in der chemischen Industrie, z. B. f�r Expoxidharze (Epi-

chlorhydrin),– als Chloralkylierungsmittel (Monochlordimethyl�ther, Dichlordi�thyl�ther),

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 136

122 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 137: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

– f�r Pflanzenschutzmittel (Chlorphenole, Chlorkresole),– als Holzkonservierungsmittel (z. B. Pentachlorphenol),– zur Herstellung von Desinfizientien (Chlorphenole).Einige Stoffe dieser Klasse kçnnen als unerw�nschte Nebenprodukte entstehen z. B.Tetrachlordibenzo-p-dioxin bei der Herstellung von Trichlorphenol, Dichlordimethy-l�ther bei der Herstellung von Monochlordimethyl�ther.

II. Pathophysiologie

Die genannten halogenierten organischen Sauerstoffverbindungen f�hren bei lokalerEinwirkung zu mehr oder weniger starken Reizerscheinungen an Haut und Schleim-h�uten. Die Aufnahme erfolgt auch �ber die Atemwege. Bei vielen Substanzen in fes-ter oder fl�ssiger Form, insbesondere beim Athylenchlorhydrin, ist jedoch die per-kutane Resorption von besonderer Bedeutung. Nach Aufnahme in den Organismuskann es zu Stoffwechselstçrungen sowie zu Leber- und Nierensch�digungen kommen.Auch Lungen und Bronchien sowie das Zentralnervensystem kçnnen betroffen sein.

III. Krankheitsbild und Diagnose

1. Chlorierte Alkyloxidea) Chlorhydrine

�thylenchlorhydrinEpichlorhydrin1,2- und 1,3-Dichlorhydrin

Die genannten Stoffe besitzen eine starke lokale Reizwirkung auf Haut und Schleim-h�ute, insbesondere die Schleimh�ute der Augen und des Respirationstraktes; dieseWirkung ist beim Epichlorhydrin besonders stark. Systemische Sch�den kçnnen am

Zentralnervensystem sowie an Leber und Nieren auftreten. Eine massive Expositionkann auch ein Lungenoedem hervorrufen. Das Vergiftungsbild ist gekennzeichnetdurch zentralnervçse Symptome (Somnolenz und Verwirrungszust�nde, ggf. Koma),Stçrungen der Leberfunktion bis zum vollen klinischen Bild der toxischen Hepatitis

(Transaminasenanstieg!), toxische Nephrose mit H�maturie und Albuminurie. Nebender Aufnahme �ber die Atemwege ist die Mçglichkeit der perkutanen Resorption be-sonders zu beachten.

b) Chlorierte �therMonochlordimethyl�therDichlordimethyl�therDichlordi�thyl�ther

Die genannten �ther besitzen eine starke Schleimhautreizwirkung, die von Mono-chlordimethyl�ther �ber die Dichlordimethyl�ther zu Dichlordi�thyl�ther abnimmt.

Die chlorierten �ther entfalten in hçheren Konzentrationen narkotische Wirkun-gen. Dichlordi�thyl�ther kann bei der Inhalation außer Schleimhautreizungen �bel-keit und Brechreiz bewirken. Bleibende Organsch�den sind nicht bekanntgeworden.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 137

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 123

Page 138: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Bei der Herstellung und Verarbeitung von Dichlordimetyl�ther wurde eine H�u-fung von Bronchialkarzinomen mit auffallend geringer Latenzzeit beobachtet. Mono-chlordimethyl�ther erwies sich bislang nicht als eindeutig kanzerogen, jedoch kanntechnischer Monochlordimethyl�ther bis zu 7 % mit Dichlordimethyl�ther verunrei-nigt sein.

2. Chlorierte AryloxideMonochlorphenoleDichlorphenoleTrichlorphenolePentachlorphenol

�hnlich wie Phenol verursachen auch die Chlorphenole nach Hautkontakt eine ge-webssch�digende Wirkung (Haut-, Schleimhautreizungen bis zur Nekrose). NachResorption bewirken die Chlorphenole in entsprechender Konzentration motorischeErregung, Tremor, Kr�mpfe und Koma. Außerdem wurde Hyperpyrexie beobachtet.Mit steigender Chlorierung nimmt die Krampfwirkung ab und die Hemmung der oxi-dativen Phosphorylierung zu.

Monochlorphenol hat also die st�rkste zentralerregende Wirkung, w�hrend siebeim Pentachlorphenol fast vollst�ndig fehlt und hier andere Organwirkungen imVordergrund stehen.

�ber Vergiftungsf�lle durch reines 2,4,5-Trichlorphenol ist in der Literatur nichtsbekannt. Aus 2,4,5-Trichlorphenol kann sich aber bei der Herstellung 2,3,7,8- Tetra-chlordibenzo-p-dioxin (TCDD, „Dioxin“) bilden. Dioxin kann auch als Verunrei-nigung in 2,4,5-Trichlorphenol enthalten sein. Es kann zur Chlorakne (Pernakrank-

heit), aber auch zu systemischen Sch�digungen, wie toxischen Leberzellsch�digungen

und toxischen Polyneuritiden f�hren.Bei Pentachlorphenol wurden neben der Schleimhaut Reizwirkung der D�mpfe

und gelegentlichen Dermatitiden durch Kontakt mit der Fl�ssigkeit auch allgemeineVergiftungszust�nde (Mattigkeit, Schweißausbr�che, Atemnot) durch Einatmung derD�mpfe beobachtet. Chronische Vergiftungen sind bisher wissenschaftlich nicht er-wiesen.

Pentachlorphenol kann als Verunreinigung Octachlordibenzo-p-dioxin enthalten,das im Prinzip �hnlich wirkt wie TCDD, aber deutlich weniger toxisch ist.

3. Chlorierte AlkylaryloxideChlorkresole

�ber die Toxizit�t der Chlorkresole finden sich in der Literatur keine konkreten An-gaben. Es ist jedoch anzunehmen, daß ihre Wirkung �hnlich ist wie die der Chlorphe-nole.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 138

124 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 139: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

IV. LiteraturP. J. Goldmann:

Schwerste akute Chlorakne durch Trichlorphenolzersetzungsprodukte.Arbeitsmedizin, Sozialmedizin, Arbeitshygiene, 7. Jahrgang (1972), 1, S. 12–18

H. T. Hofmann:Neuere Erfahrungen mit hochtoxischen Chlorkohlenwasserstoffen.Arch. exper. Pathologie und Pharmakologie 1 (1957), 232

R. Ludewig, K. Lohs:Akute Vergiftungen.Gustav Fischer Verlag Stuttgart (1974)

S. Moeschlin:Klinik und Therapie der Vergiftungen.Georg Thieme Verlag Stuttgart (1972)

F. A. Patty:Industrial Hygiene and Toxicology. Vol. II.Interscience Publishers (1963)

B. A. Schwetz et al:Toxicology of Chlorinated Dibenzo-p-doxins.Environmental Health Perspectives Exp. Issue 5 (1973) S. 87 ff.

A. M. Thiess, W. Hey, H. Zeller:Zur Toxikologie von Dichlordimethyl�ther – Verdacht auf kanzerogene Wirkung auch beim Men-schen.Zbl. f�r Arbeitsmedizin und Arbeitsschutz, Band 23 (1973) 4, S. 97–102

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 139

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 125

Page 140: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 13 11 Anlage BKV

Arbeitsschutz 8/9/1977, 204

Erkrankungen durch halogenierte

Alkyl-, Aryl- oder Alkylarylsulfide

Klinische Zuordnung:DermatologieGastroenterologieH�matologiePneumologieUrologieHNO-HeilkundeZahnheilkunde

Unter den halogenierten Alkylsulfiden ist fast nur der bis Kriegsende hergestellte undin Versuchsstellen untersuchte Kampfstoff 2,2 Dichlordi�thylsulfid (Schwefellost)von praktischer Bedeutung. Die gelegentlich als Fungizide und Akarizide verwende-ten halogenierten Aryl- und Alkylarylsulfide sind weniger bedeutungsvoll.

I. Gefahrenquellen

2,2 Dichlordi�thylsulfid wird auch heute noch gelegentlich als Fundmunition aus ver-grabenen oder versenkten Best�nden geborgen und vernichtet. Gef�hrdet sind in ers-ter Linie Angehçrige von Munitionsbergungs- und -beseitigungstrupps.

II. Pathophysiologie

2,2 Dichlordi�thylsulfid ist gut lipoidlçslich. Es wird in fl�ssiger oder Dampfform zu-n�chst ohne Reizerscheinungen durch Haut- und Schleimh�ute resorbiert. Als starkes,fermentative Prozesse blockierendes Zellgift f�hrt es neben Allgemeinstçrungen auchzu Organsch�den. Subtoxische Stoffmengen kçnnen nach l�ngerer Einwirkung auchohne manifeste Erscheinungen charakteristische Sp�tsch�den bewirken.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Akute Einwirkung von 2,2 Dichlordi�thylsulfid auf die Haut f�hrt nach einer Latenz-zeit von Stunden zu çdematçser, sulziger Schwellung mit Blasenbildung und schwerheilenden Geschw�ren. Das Auge mit seinen Anhangsgebilden ist besonders gef�hr-det. An den oberen und tieferen Atemwegen entwickeln sich katarrhalische Reiz-erscheinungen bis zu pseudomembrançsen Entz�ndungen, Lungençdem und Bron-

chopneumonie.Gastritiden und Gastroenteritiden wurden beobachtet. Die resorptive Wirkung

kann sich am dritten Tage in einer progredienten Leukopenie mit Stçrung der Kno-chenmarksreifung �ußern. Die allgemeine Widerstandskraft des Organismus ist he-rabgesetzt, sekund�re Infekte sind h�ufig. Die Heilungstendenz solcher Sch�den istauffallend schlecht.

Nach akuten Sch�den durch 2,2 Dichlordi�thylsulfid, aber auch nach l�ngererEinwirkung subtoxischer Dosen kann es nach Jahren zu charakteristischen Sp�tfolgenmit chronischer Bronchitis, Bronchiektasen und Emphysem kommen. Als Ausdruckder resorptiven Wirkung besteht h�ufig starkes Untergewicht mit dem Bilde einer tro-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 140

126 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 141: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

ckenen Dystrophie. Anazide Gastritiden sind nicht selten, Osteoporose wurde beob-achtet. Die Infektionsresistenz ist f�r mehrere Jahre herabgesetzt, so daß Furunkulose

und Parodontose h�ufig sind. Chronische Nebenhçhlenaffektionen gelten als typisch.Die vegetative Regulation von Herz und Kreislauf kann gestçrt sein, Libido und Po-tenz sind h�ufig beeintr�chtigt. Im Blutbild findet sich eine Eosinophilie. Vitalit�ts-minderung und depressive Zust�nde sowie eine Voralterung wurden als Lostsch�denbeschrieben.

2,2 Dichlordi�thylsulfid besitzt als alkylierende Substanz eine kanzerogene Wir-

kung, die f�r die Luftwege und den Magen als gesichert gelten kann. Karzinome der

Harnblase sind wahrscheinlich.

IV. Weitere Hinweise

Entscheidend ist die Vorgeschichte. Es ist zu ber�cksichtigen, daß 2,2 Dichlordi�thyl-sulfid meist mit anderen Stoffen (z. B. organischen Arsenverbindungen) gemischt wur-de.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 141

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 127

Page 142: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 13 12 Anlage BKV

(Nr. 17/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 9/1962, 202–203

Erkrankungen der Z�hne durch S�uren

Klinische Zuordnung:Zahnheilkunde

A. Erkrankungen der Z�hne durch dem Luftstrom

beigemischte anorganische und organische S�uren

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

S�uresch�den der Z�hne durch anorganische S�uren (Minerals�uren) kçnnen bei ih-rer Herstellung oder Verarbeitung entstehen, z. B. bei der Salz-, Schwefel- oder Salpe-ters�urefabrikation, in Metallbeizereien, beim Gelbbrennen, in der Zinkelektrolyseund in den Formierabteilungen der Akkumulatorenfabriken.

Zahnsch�den durch organische S�uren kçnnen insbesondere durch Essig- undAmeisens�ure in Textilfabriken im Stoffdruck, durch Oxals�ure in F�rbereien undchemischen Reinigungen, durch Wein- und Zitronens�ure in pharmazeutischen undN�hrmittelfabriken auftreten.

Eine besondere Gefahrenquelle sind die Minerals�uren, vor allem die Halogen-wasserstoffs�uren und die Salpeters�ure, da diese schon bei normaler Temperaturfl�chtig sind.

II. Aufnahme und Wirkungsweise

S�uren wirken durch den Luftstrom direkt auf die Z�hne zuerst an den Stellen ein, diebei geçffnetem Mund von Weichteilen (Lippen) entblçßt und relativ frei von Speichelsind. Infolgedessen treten zu Beginn Sch�den in der Regel an der Vorderfl�che deroberen mittleren Schneidez�hne in der Gegend der Schneidekanten auf. Die unterenFrontz�hne bleiben zun�chst frei, sp�ter kçnnen Sch�den im Bereich der Schneide-kanten entstehen.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Es wird zun�chst �ber ein Gef�hl des „Stumpfwerdens“ der Z�hne geklagt, das sich,im Gegensatz zur gleichen Empfindung nach Fruchts�uregenuß, nicht wieder verliert.Die Z�hne werden glanzlos und rauh. Beim Fortschreiten dieses Prozesses wird derSchmelz d�nner, es kommt zum Verlust der Kontaktpunkte (Keilform der Z�hne), zuzackigen R�ndern, das Dentin tritt mehr und mehr hervor, wodurch die Z�hne all-m�hlich dunkel werden.

Es kann eine �berempfindlichkeit gegen Temperaturunterschiede und gegen s�ße,salzige und saure Speisen entstehen. In der Regel verliert sich diese bald durch Bildungvon Reizdentin.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 142

128 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 143: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Außer der Zerstçrung des Schmelzes kommt es zus�tzlich zu einem mechanischenZerstçrungsprozeß, der an den Schneidekanten beginnt. Die Z�hne werden k�rzer; esentsteht der „offene Biß“. Das Ende dieses Vorganges sind verf�rbte Zahnstummel.

Zahnfleischerkrankungen sind nicht die Folge der S�ureeinwirkung, sondern dermangelnden Mundpflege.

Die Zahnver�nderungen entwickeln sich im Laufe mehrerer Jahre, kçnnen aller-dings auch schon nach wenigen Monaten auftreten. Hierbei spielen neben der S�ure-konzentration und der Einwirkungsdauer sowie dem Ausmaß der getroffenen Schutz-maßnahmen die Qualit�t des Schmelzes und die persçnliche Hygiene eine Rolle.

Die Diagnose ergibt sich aus der typischen Lokalisation der Substanzverluste inVerbindung mit der Arbeitsanamnese.

Differentialdiagnostisch sind S�uresch�den anderer �tiologie und damit andererLokalisation abzugrenzen, z. B. gegen Sch�den durch jahrelangen Genuß konzentrier-ter Fruchts�fte (Fruchts�uren), durch ungeeignete Mundw�sser und Zahnpflegemit-tel, durch Zerst�uben und Inhalieren von Medikamenten, die geeignet sind, die Z�hneanzugreifen, durch jahrelanges perorales Einnehmen von Salzs�ure, ferner gegen Al-tersabschliff (Abrasio) und gegen die Caries dentium.

B. Erkrankungen der Z�hne durch in der Mundhçhle

sich bildende organische S�uren

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Es handelt sich hier um Sch�digungen der Z�hne durch organische S�uren, die aufGrund von G�rungsprozessen in der Mundhçhle entstehen (Milchs�ure, Butters�ure,Brenztraubens�ure). Diese G�rungsprozesse werden durch gleichzeitige Einwirkungvon Mehl und Zucker, Mehl und Hefe oder besonders durch Einwirkung von Mehl,Zucker und Hefe hervorgerufen. Sch�den werden �berwiegend bei Konditoren, Leb-kuchenb�ckern und bei Arbeitern in der S�ßwarenindustrie beobachtet, selten dage-gen in Brotb�ckereien und M�hlenbetrieben; daher kommt die Bezeichnung „Zucker-b�ckercaries“.

II. Aufnahme und Wirkungsweise

Die Aufnahme erfolgt sowohl durch Mehl- und Zuckerstaub in der Luft, vor allemaber dadurch, dass die Mehl- und Zuckererzeugnisse abgeschmeckt werden m�ssen.Es kçnnen alle Z�hne befallen werden. Zucker und Mehl setzen sich bevorzugt anden Zahnh�lsen ab und beg�nstigen unter Mitwirkung der Hefe diese Erkrankungen.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Die „Zuckerb�ckercaries“ entwickelt sich rasch und bef�llt gleichzeitig mehrere Z�h-ne. Sie beginnt charakteristisch im gingivalen Abschnitt der Z�hne und breitet sichsehr bald auf die Labialfl�chen, besonders der Frontz�hne, aus. Die Seitenfl�chen derZ�hne werden erst sp�ter befallen.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 143

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 129

Page 144: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Wichtig f�r die Diagnose „Zuckerb�ckercaries“ ist neben der Arbeitsanamneseeine Vielzahl oberfl�chlicher ausgedehnter Zahnhalsdefekte, die auf die Labialfl�chen�bergreifen.

Die nicht berufsbedingte Caries beginnt vorwiegend an den Fissuren oder zwi-schen den Z�hnen.

IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung zu A und B

Bei der �rztlichen Beurteilung sind Art, Umfang und Dauer der beruflichen T�tigkeit,ihr zeitlicher Zusammenhang mit der Erkrankung und Art und Lokalisation derZahnsch�den zu beachten.

Die Beurteilung der Erkrankungen der Z�hne durch S�uren kann schwierig sein;ihre Begutachtung sollte durch einen auf diesem Gebiet erfahrenen Zahnarzt vor-genommen werden.

Die unter A genannten Sch�den sind relativ selten.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 144

130 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 145: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 13 13 Anlage BKV

(Nr. 3/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 6/1963, 129–130

Hornhautsch�digungen des Auges durch Benzochinon

Klinische Zuordnung:Ophthalmologie

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Benzochinon (p-Benzochinon) ist u. a. ein Zwischenprodukt bei der Herstellung desHydrochinons sowie ein Umwandlungsprodukt bei der Oxydation des Hydrochi-nons. Benzochinon kristallisiert in gelben Prismen, wird bei offenen Arbeitsverfahrenvom Wasserdampf der Luft aufgenommen, ist fl�chtig und riecht stechend. In alka-lischen Gewebsfl�ssigkeiten wird Hydrochinon zu gelblich-braunem Benzochinonoxydiert.

Gefahrenquellen sind bei der offenen Benzochinon- sowie bei der Hydrochinon-herstellung oder bei Verwendung dieser Stoffe vorhanden, besonders wenn diese inVerbindung mit Wasserdampf oder Staub den Arbeitsplatz verunreinigen.

II. Aufnahme und Wirkungsweise

Benzochinon wird entweder direkt oder nach Umwandlung aus Hydrochinon vomBindehaut- oder Hornhautepithel des Auges resorbiert. Es ist noch nicht hinreichendgekl�rt, ob außer der direkten Einwirkung der sch�digenden Substanz auf die Horn-haut des Auges auch eine indirekte Einwirkung nach Aufnahme �ber die Atemwegeund den Magen-Darm-Trakt mçglich ist.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Benzochinon kann zun�chst zu unspezifischen Reizwirkungen an Bindehaut undHornhaut f�hren. Nach l�ngerer, meist mehrj�hriger Einwirkung dieses Stoffes kannes im Lidspaltenbereich zu Tingierungen kommen. Diese sind vorwiegend gelblich-braun, unter Einwirkung des Lichtes sp�ter sepiafarben oder dunkelbraun. Es bildensich feinere bis grçbere Tr�bungen im Hornhautepithel und -parenchym. Erosionen

kçnnen auftreten, die Hornhaut kann quellen, sich verformen und zu einem irregul�-ren Astigmatismus f�hren, der nicht vçllig auszugleichen ist. Zun�chst fehlen Binde-hauthyper�mie und Hornhautvascularisation. Die Sensibilit�t der Hornhaut ist he-rabgesetzt, ihre Regenerationsf�higkeit vermindert.

H�ufig bleibt eine erhçhte Anf�lligkeit gegen Sekund�rinfektionen bestehen.Auch ohne erneute Einwirkung kçnnen selbst nach jahrelangem Intervall Epithelde-fekte mit hartn�ckigen Geschw�ren bis zum klinischen Bild des Ulcus serpens auftre-ten. Dauersch�den (Tr�bung, Astigmatismus, Keratektasie) sind h�ufig. Verlust desSehvermçgens und des Auges ist mçglich.

Die Prognose der Erkrankung hinsichtlich der Erhaltung des Sehvermçgens istzweifelhaft, da es bereits im Anfangsstadium der Erkrankung zur irreversiblen Sch�-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 145

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 131

Page 146: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

digung der Hornhaut kommen kann. Im g�nstigen Falle ist durch fr�hzeitigen Ar-beitsplatzwechsel und rechtzeitige augen�rztliche Behandlung eine R�ckbildung derHornhauterkrankung mçglich.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 146

132 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 147: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 13 14 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 7–8/1988, 121–122Bundesarbeitsblatt 11/1989, 62

Erkrankungen durch para-terti�r-Butylphenol

Klinische Zuordnung:DermatologieEndokrinologieGastroenterologie

Vitiligoartige Depigementierungen nach Umgang mit paraterti�rem Butylphenol(ptBP) sind in der Literatur wiederholt beschrieben worden. Die Entstehung derHautver�nderungen durch Inhalation der fl�chtigen D�mpfe oder Einatmung vonlungeng�ngigem pt-Phenolharz wird vermutet sowie vermutlich auch auf Ingestionoder Hautresorption zur�ckgef�hrt.

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

1. ptBP dient in der Industrie als Einsatzstoff f�r Lackrohstoffe, Emulgatoren undNetzmittel, Antioxidantien f�r die Kautschukverarbeitung, Mineralçlkonfektio-nierung und anderes mehr. ptBP findet sich vorwiegend in Kristallform oder gelçstvor. ptBP ist bei Normaltemperatur (20� C) eine weiße, kristalline Substanz. Esschmilzt bei 97–98� C und ist in fl�ssigem Zustand eine farblose, klare Fl�ssigkeit.Der Siedepunkt des fl�ssigen ptBP unter Normaldruck (760 Torr) liegt bei237–238� C. ptBP hat einen schwachen phenolischen Geruch, ist in Wasser unlçs-lich, jedoch leicht lçslich in Alkohol, Ethern und Ketonen.

2. Eine Gef�hrdung durch ptBP war bzw. ist gegeben u. a. bei Arbeitnehmern aus derSchuh- und Automobilindustrie (durch Klebstoffe wie z. B. Neoprenkleber – Poly-chloroprenkleber) sowie durch ptBP-Formaldehyd-Kunstharze, durch Kontaktmit ptBP in den Produktionsanlagen von ptBP besonders in Arbeitsbereichen beimProbeentnehmen, Schleudern, Umr�hren und Abf�llen der Substanz.

II. Pathophysiologie

p-t-Butylphenol erzeugt an der �ußeren Haut fleckfçrmige Depigmentierung, die dembekannten Krankheitsbild der Vitiligo �hnelt oder gleicht.

Intramuskul�re, subcutane und orale Verabreichung von ptBP f�hrten im Tierver-such zu systematischen Depigmentierungen. Als morphologisches Substrat findetman in der depigmentierten Haut den vçlligen Mangel an Melaningranula, Vermin-derung der Melanozyten und degenerative Ver�nderungen der restlichen Pigmentzel-len. Der biochemische Mechanismus ist nicht eindeutig aufgekl�rt. Vermutet wird dieStçrung der enzymatischen Oxidation von Tyrosin zu DOPA und eine damit vermin-derte Bildung von Melanin. Die strukturelle �hnlichkeit parast�ndiger Phenole mitTyrosin bzw. DOPA deutet auf eine kompetitive Verdr�ngung an den Enzymen derMelaninsynthese; in vitro kommt es durch ptBP zur kompetitiven Hemmung der Ty-rosinhydroxylierung und der DOPA-Oxidation. Auch an den Melanozyten lassensich destruktive Ver�nderungen nachweisen. Als Metabolit von ptBP wird Hydrochi-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 147

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 133

Page 148: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

non vermutet. Letzteres hemmt nicht nur die Bildung, Melanisierung und den Abbauder Melanosomen, es zerstçrt auch die Membranstruktur der Melanozyten, dieschließlich komplett untergehen kçnnen. Neben Stçrungen der Pigmentbildung in derHaut kann ptBP zu Sch�den der Leber sowie der Schilddr�se (Strumaentwicklung)f�hren. Dabei handelt es sich nach bisherigen Beobachtungen fast ausnahmslos umeine euthyreote Struma.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Das Auftreten von beruflich verursachter Vitiligo ist Folge eines mehrmonatigen Kon-takts (vermutlich auch Inhalation) mit ptBP. Eine vorherige Ver�tzung oder Rçtungder Haut ist nicht erforderlich. Eine gleichzeitige Sensibilisierung ist mçglich. ptBPruft an der Haut nach intensivem Kontakt Rçtung, Schwellung, Brennen und Juckreizhervor (Kontakt-Dermatitis). Dar�ber hinaus kçnnen nach l�ngerer Exposition evtl.auch durch Einatmung der D�mpfe oder von lungeng�ngigen Staubpartikeln beimZerkleinern des Harzes Depigmentierungen in disseminierter Aussaat auftreten. DasVerteilungsmuster der Depigmentierungen ist meist symmetrisch und charakterisiertdurch linsengroße bis m�nzengroße teilweise auch konfluierende „Weißfleckung“ anden Handr�cken und Fingerr�cken, �bergreifend auf die Unterarme, Fußr�cken,Stamm, hier besonders in den Axillen sowie im Genitalbereich. Eine genaue Reihen-folge des Auftretens der „Weißfleckung“ kann nicht angegeben werden. Meistenswird die Depigmentierung nach verst�rkter Sonneneinstrahlung mit Br�unung derumgebenden Haut festgestellt. Makroskopisch und histologisch unterscheiden sichdie Hautver�nderungen nicht von echter Vitiligo, jedoch findet man im Gegensatz zuechter Vitiligo keine Assoziation zu einer Autoimmunkrankheit. Ferner kçnnen be-sonders nach Inhalation von erhitztem ptBP in fl�ssiger Phase Kopfschmerzen, M�-digkeit, Schwindelgef�hl und Erbrechen auftreten.

Die Einwirkung von ptBP kann nicht nur an der Haut (Vitiligo), sondern auch zusystemischen Reaktionen im Organismus f�hren, die sich am Leberparenchym (He-

patose) und in einer Schilddr�sen-Vergrçßerung manifestieren (TRIAS: Vitiligo, He-

patose und Struma diffusa). Nach Beendigung der Exposition gegen�ber ptBP kam esin den meisten F�llen zu einer Besserung der auf eine Funktionsstçrung der Leber hin-weisenden Laborbefunde sowie zur R�ckbildung der Schilddr�senvergrçßerung.

IV. Weitere Hinweise

Welche Bedeutung der inhalativen ptBP-Aufnahme im Verh�ltnis zur Hautresorptionzukommt, wird z. Z. noch untersucht.

Die depigmentierende Eigenschaft von ptBP ist nach Literaturangaben auch vielenanderen Phenolen und Katecholen, wie z. B.– Monobenzylhydrochinon,– Monomethylhydrochinon,– Orthophenylphenol,– Paraphenylphenol,

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 148

134 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 149: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

– Hydrochinon,– Catechol,– 3-Methylcatechol,– 3-Methyl-5 tert. octylcatechol,– 3-Isopropylcatechol,– 3.5-Diisopropylcatechol,– 4-Methylcatechol,– 4-Isopropylcatechol,– 4-tert.-Butylcatechol,– ß-Mercaptoethylamine . HCI,– N-(2-mercaptoethyl)-dimethylamine,– Nonylphenol und– Octylphenoleigen, wobei besonders die para-substituierten Verbindungen st�rker wirksam sindals die meta- und ortho-substituierten Phenole. In der Empfindlichkeit bestehen er-hebliche Speciesunterschiede. Die Reaktion bei exponierten Menschen ist offenbar in-dividuell unterschiedlich.

Bez�glich der para-terti�r-Butylphenol verursachten Hauterkrankungen wird aufdie Nr. 5101 Anl. 1 BeKV verwiesen.

V. LiteraturBritish IndustriaI Biological Research Association – BIBRA:

Para-tertiary-Butylphenol.Febr. 1986

Clayton, G. D., Clayton, F. E.:Patty's Industrial Hygiene and Toxicology. Third revised Edition, Vol. 2 A,John Wiley & Sons, New York, Chichester, Brisbane, Toronto, (1981) 2618–2627

Goldmann, P. J., Thiess, A. M.:Berufsbedingte Vitiligo durch para-terti�r-Butylphenol, eine Trias von Vitiligo, Hepatose und Stru-ma.Hautarzt 26, (1976) 155–159

Henschler, D. (Hrsg.):Toxikologische und arbeitsmedizinische Begr�ndungen des MAK-Wertes von p-tert-Butylphenol.Verlag Chemie, Weinheim, 1.–12. Lieferung 1986/87

Malten, K. E., Seutter, E.:Occupational vitiligo due to p. t. butylphenol and homologues.Trans. St. Johns Hosp. Derm. Soc., 57, (1971) 115–135

Rodermund, 0. E., Wieland, H.:Vitiligoartige Depitmentation durch p-tert-Butylphenol.Z. Hautkr., 49 (1974) 11, 459–465

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 149

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 135

Page 150: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 13 15 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 3/2004, 32–35

Erkrankungen durch Isocyanate, die zur Unterlassungaller T�tigkeiten gezwungen haben, die f�r dieEntstehung, die Verschlimmerung oder das Wieder-aufleben der Krankheit urs�chlich waren odersein kçnnen

Klinische Zuordnung:OphthalmologieDermatologiePneumologie

Isocyanate sind reaktionsfreudige Ester der Isocyans�ure mit einer oder mehrerenO=C=N – Atomgruppen. Di- und Polyisocyanate bilden gemeinsam mit den weit-gehend ungiftigen Polyolen die Grundbausteine der Polyurethan (=PUR)-Chemie undwerden teils in reiner Form, teils mit anderen Zusatzstoffen in Arbeitsprozessen einge-setzt.

F�r Diisocyanate, Phenyl- und Methylisocyanat liegen außerordentlich niedrigeLuftgrenzwerte vor. F�r Isocyans�ure gibt es in Deutschland ebenso wie f�r die heutevorwiegend verwendeten oligo- und pr�polymeren Isocyanate und die Gesamtmengean freien Isocyanatgruppen bisher keinen Luftgrenzwert. F�r Diisocyanattoluol (TDI)wurde der Luftgrenzwert wegen mçglicher kanzerogener Effekte ausgesetzt (krebs-erzeugende Kategorie 3 A).

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Die Stoffgruppe besitzt ein breites Anwendungsfeld f�r die Herstellung von Weich-,Hart-, Integral-, Isolier-Schaumstoffen und anderen Kunststoffen, Lacken und sons-tigen Oberfl�chen-Beschichtungen, Vergussmassen, Elastomeren, Klebern, H�rtern,Pharmazeutika, Pestiziden und anderen Erzeugnissen der chemischen Industrie.Hauptanwendungsbereiche sind die Kraftfahrzeug-, Flugzeug-, Metall-, Mçbel- undholzverarbeitende Industrie, das Baugewerbe, der Bergbau (Gebirgsverfestigung),Gießereien, die Textil- und Bekleidungsherstellung und der Sportbahnbau (TRGS430).

Von besonderer Bedeutung sind Isocyanat-haltige Aerosole, die beim Spritzlackie-ren von Lacken mit Isocyanath�rter entstehen. Mit einer Gesundheitsgef�hrdungmuss beim Verarbeiten von Isocyanat-haltigen 2-Komponenten-Reaktionssystemengerechnet werden. Es gibt auch Isocyanat-haltige 1-Komponenten-Produkte, die mitdem Wasserdampf der Luft aush�rten. Großfl�chig aufgetragen, kçnnen Isocyanatedurch verdunstende Lçsemittel mitgerissen werden. Epoxid-haltige und Alkydharz-Bindemittel werden gelegentlich mit Isocyanaten kombiniert. Das Erhitzen, Ver-schwelen und Verbrennen von Polyurethanen setzt verschiedene Isocyanate frei. Diesgilt v.a. f�r das Schweißen von PUR-lackierten bzw. -beschichteten Metallen, f�r dasEin- oder Abbrennen von PUR-Lackschichten, das Stahl- und Aluminiumgießen inMDI-gefestigte Sandkerne und andere Formen, das Schneiden von Hartschaumplat-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 150

136 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 151: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

ten, die mechanische Bearbeitung unter Hitzeentwicklung von Isocyanat-verleimtenSpanplatten, das Anschleifen von PUR-Anstrichen, Wohnungs- und Autobr�nde.

Auch starkes Erhitzen und Verbrennen von stickstoffhaltigen Materialien, wiePhenol-Formaldehyd-Harnstoff-Harz (Bakelite; u. a. Chip-Platinen) und beschichte-ter Steinwolle, f�hren zur Bildung und Freisetzung von Isocyanaten (Karlsson et al.2000; 2001; 2002).

In der Regel entstehen bei den vorgenannten Prozessen unter hohen Temperaturen(�ber 350� C) großteils niedermolekulare Monoisocyanatverbindungen wie Isocyan-s�ure (HNCO; ICA) und Methylisocyanat (CH2NCO; MIC).

Im Einzelnen sind von besonderer Bedeutung:– Diisocyanattoluol (=Toluylendiisocyanat = TDI; Toluoldiisocyanat; Methylphen-

ylendiisocyanat) einschließlich seiner Polymeren:

CH3

NCO

NCO

OCN

CH3

NCObzw.

Diese Substanz dient zur Herstellung von Polyurethanen, die als Weichschaum-stoffe, Elastomere, Beschichtungen, Klebstoffe und Lackrohstoffe Verwendungfinden. W�hrend der Produktionsprozesse und bei der Anwendung besteht einegesundheitliche Gef�hrdungsmçglichkeit, vorwiegend bei der Herstellung von Po-lyurethanschaum und dem Aufsch�umen zur Polsterung, als Verpackungsausklei-dung und als Isolierschicht. Dies geschieht h�ufig im 2-Komponenten-Verfahren,wobei die eine Komponente aus TDI besteht.

– Diphenylmethan-Diisocyanat (=Methylendi-(phenylisocyanat) = MDI) einschließ-lich seiner Oligo- und Polymeren:

OCN CH2 NCO

Wegen des im Vergleich zu TDI geringen Dampfdrucks ist die gesundheitliche Ge-f�hrdung durch MDI bei Raumtemperatur niedriger einzustufen. Eine Gef�hr-dungsmçglichkeit liegt vor an Arbeitspl�tzen zur exothermen Hartschaumpro-duktion f�r Maschinen- und Karosserieteile, zur Produktion von Automobilteilenund zur Beschichtung von Textilien und Leder. Eine Einwirkung von MDI kannferner auftreten bei der Herstellung von Holzersatz, von Fußbçden und von Sport-artikeln sowie w�hrend seiner Verwendung als Bindemittel f�r den Formsand inMetallgießereien und zur Gesteinsverfestigung im Bergbau.

– Hexamethylen-Diisocyanat (HDI: OCN-CH2-CH2-CH2-CH2-CH2-CH2-NCO)

einschließlich seiner Polyisocyanat-Modifikationen

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 151

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 137

Page 152: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

– Dicyclohexylmethan-4,4'-Diisocyanat (HMDI)

wird vorwiegend Lacken und anderen Beschichtungsmaterialien zugesetzt. Einegesundheitliche Gef�hrdung besteht w�hrend der Oberfl�chenbearbeitung mitdiesen Materialien.

– Naphthylen-Diisocyanat (NDI)

findet f�r die Fabrikation besonderer Kunststoffe (Elastomere) Verwendung.– Isophoron-Diisocyanat (PDI)

wird neuerdings vermehrt f�r die Herstellung von 2-Komponenten-Lacken undanderen Beschichtungsmaterialien, beispielsweise auch f�r die Lederzurichtung,herangezogen. Wegen des im Vergleich zu TDI und HDI niedrigen Dampfdrucksist die gesundheitliche Gef�hrdung durch D�mpfe etwas geringer.

– Phenylisocyanat

besitzt eine Bedeutung als Zwischenprodukt f�r die Synthese von Klebern, Kunst-stoffen, pharmazeutischen Wirkstoffen, Agrochemikalien und Farbstoffen.

– Methylisocyanat

dient als Syntheseausgangssubstanz, beispielsweise zur Herstellung von Pflanzen-schutzmitteln und Fotochemikalien. Es tritt außerdem als Pyrolyseprodukt vonPolyurethanen auf.

– Isocyans�ure

wird bei Temperaturen �ber 200� C als Pyrolyseprodukt gebildet.

II. Pathophysiologie

Die Isocyanate reagieren insbesondere chemisch mit NH2- und OH-Gruppen, so dassZellmembranen im menschlichen Kçrper ver�ndert und zerstçrt werden kçnnen. To-

xische Wirkungen werden auch mit einer in vitro nachgewiesenen Hemmung der Ace-

tylcholinesterase erkl�rt. Die Aufnahme erfolgt vorwiegend durch Inhalation von Iso-cyanat-haltigen Gasen, D�mpfen, Aerosolen und Staubpartikeln. Dies kann zuallgemeinen Reizerscheinungen am Auge und im Respirationstrakt f�hren. Nach tier-experimentellen Befunden mit hohen Dosen verteilen sich Isocyanate bzw. deren Me-tabolite auch im Blut, im Gastrointestinaltrakt und in geringen Mengen in anderenOrganen. Isocyanate rufen gelegentlich eine Sensibilisierung im Sinne einer Typ-I-Al-lergie hervor. Wie alle derartigen allergischen Reaktionen, kann diese schon bei Ein-wirkung sehr geringer Konzentrationen erfolgen. Im Serum von 5–20 % der Expo-nierten sind spezifische IgE- oder/und IgG-Antikçrper nachweisbar. WiederholterHautkontakt kann neben lokalen toxischen und allergischen Reaktionen eine stoff-spezifische bronchiale �berempfindlichkeit hervorrufen (Beck und Leung 2000; Wis-newski et al. 2000; Baur et al. 2003).

Die erw�hnten Mechanismen kçnnen zu einer Bronchialobstruktion mit asth-ma�hnlicher Symptomatik f�hren. Weniger h�ufig kommt es zu einer Sch�digung desAlveolarepithels in den Lungen mit dem klinischen Bild einer Alveolitis, nach schwe-ren Vergiftungen auch zur Entwicklung eines toxischen Lungençdems.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 152

138 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 153: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

III. Krankheitsbild und Diagnose

– Obstruktive Atemwegserkrankung

Sie ist gekennzeichnet durch Reaktionen in den Luftwegen in Form von Husten-reiz, retrosternalem Druckgef�hl, Brennen in der Luftrçhre und asthma�hnlicherAtemnot mit trockenen, giemenden und pfeifenden Begleitger�uschen bei der At-mung. Gelegentlich gehen Reizerscheinungen an den Konjunktiven und an denNasenschleimh�uten voraus. Die Atembeschwerden verst�rken sich bisweilen ersteinige Stunden nach der Exposition.Die Diagnose st�tzt sich auf die Arbeitsanamnsese und die Messung des Atem-wegswiderstandes, hilfsweise auf die Einschr�nkung der Ein-Sekunden-Kapazit�tbei forcierter Ausatmung, auf das Fluß-Volumen-Diagramm oder die Peak-Flow-Messung. Ein arbeitsplatzbezogener inhalativer Expositionstest mit Isocyanatenist zur Sicherung der Diagnose selten erforderlich und kann nur unter ausreichen-den klinischen Sicherheitsvorkehrungen durchgef�hrt werden. Nach chronischeroder akuter, sehr hoher Einwirkung kann sich eine chronische obstruktive Atem-wegserkrankung entwickeln.Es gibt Personen, welche schon auf sehr geringe Isocyanatkonzentrationen (z. B.0,001 ml/m3=ppm) eine starke Bronchialobstruktion erleiden. In leichteren F�llenkommt es nur zu einer bronchialen Hyperreagibilit�t, welche durch unspezifischebronchiale Reagibilit�tstests, z. B. mit Methacholin, nachgewiesen wird. Der nega-tive Ausfall eines unspezifischen bronchialen Reagibilit�tstest schließt – insbeson-dere nach Karenz gegen�ber Isocyanaten – eine arbeitsbedingte Atemwegsobstruk-tion nicht aus. Auch bei einem negativen arbeitsplatzbezogenen inhalativenExpositionstest mit einer bestimmten Isocyanatverbindung kann eine bronchial-obstruktive Reaktion auf Exposition mit einer anderen Isocyanat-Verbindung er-folgen. Das vermehrte Vorhandensein spezifischer IgE- Antikçrper im Serum st�tztdie Diagnose, ist f�r sie jedoch nicht Voraussetzung. Ein routinem�ßig einsetzbaresHauttestverfahren existiert noch nicht.

– Alveolitits

Die Diagnose ergibt sich aus der Kombination von Fieber, Sch�ttelfrost, Dyspnoeund Druckgef�hl im Brustbereich nach mehrst�ndiger Latenzzeit, rçntgenologischsichtbaren Ver�nderungen in der Peripherie der mittleren und unteren Lungenfel-der in Form von interstitieller Zeichnungsvermehrung und/oder (klein-)fleckigen,alveolaren Verdichtungen. Auskultatorisch hçrt man feinblasige Rasselger�usche.Hinzu kommen die weiteren Zeichen einer Lungenparenchymerkrankung, ins-besondere die Abnahme der Vitalkapazit�t und des CO-Transferfaktors (Diffusi-onskapazit�t). Wie bei Alveolitiden anderer Genese werden auch ein Abfall desSauerstoffpartialdruckes im arteriellen Blut nach Belastung und akute systemischeReaktionen, wie Myalgien und ein Anstieg der Leukozyten im peripheren Blut, be-obachtet. Ein �bergang in eine Lungenfibrose wurde bisher nur vereinzelt beob-achtet.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 153

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 139

Page 154: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

IV. Weitere Hinweise

Empfindliche Personen kçnnen auch eine Bronchialobstruktion durch Isocyanateerleiden, wenn sich ihr Arbeitsplatz in grçßerer Entfernung zur Emissionsquelle befin-det oder in der Luftmessung keine Isocyanate festgestellt werden (Cave: Fehlmessun-gen u. a. in Folge Aerosolbildung und Kondensation, z. B. von MDI, NDI, Polyisocya-naten). Nach Beendigung der Exposition bilden sich die respiratorischen Symptomeetwa in der H�lfte der F�lle wieder vçllig zur�ck. F�r MDI gibt es einen BAT-Wert (s.aktuelle MAK- und BAT-Werte-Liste).

Differentialdiagnostisch sind insbesondere allergische Asthmaerkrankungen beiSensibilisierung gegen Pflanzenpollen, Hausstaubmilben, Tierhaare und das im mitt-leren Lebensalter charakteristischerweise nach Bronchialinfekten auftretende undfortbestehende Infekt-Asthma („Intrinsic-Asthma“) abzugrenzen. Eine Bronchial-obstruktion w�hrend des Umganges mit Isocyanaten kann auch anderweitig bedingtsein: z. B. durch terti�re aliphatische Amine, die als Katalysatoren bei der Weich-schaum- sowie bei der Kernsand-Herstellung Verwendung finden; durch Aerosolevon allergisierenden K�hlschmiermitteln oder durch Rizinusçl, das u. a. Gesteinsver-festigern zugesetzt wurde

Bei hoher Luftfeuchte kann ein bedeutender Teil der Isocyanate zu Aminen umge-baut werden (z. B. 2,4-TDI zu 2,4-Toluylendiamin = MAK-Liste III. KrebserzeugendeArbeitsstoffe, Kategorie 2). Ins Auge gelangte Isocyanat-haltige Spritzer kçnnenHornhautsch�digungen verursachen.

Urtikaria, Kontaktekzem und toxische Dermatitis treten insbesondere nach unge-sch�tztem Umgang mit Isocyanaten auf. Isocyanat-induzierte Hauterkrankungen fal-len unter die Nr. 5101 Anlage der BKV.

Die Unterlassung der gef�hrdenden T�tigkeiten ist nicht Voraussetzung f�r dieAnzeige als Berufskrankheit.

V. LiteraturAllard C, Cartier A, Ghezzo H, Malo J-L:

Occupational asthma due to various agents. Absence of clinical and functional improvement at aninterval of four or more years after cessation of exposure.Chest 1989; 96:1046–1049

Banks DE, Butcher BT, Salvaggio JE:lsocyanat-induced respiratory disease.Ann Allergy 1986; 57:389-396

Banks DE, Sastre J, Butcher BT, Ellis E, Rando RJ, Barkman HW Jr, Hammad YY, Glindmeyer HW, WeillH:Role of inhalation challenge testing in the diagnosis of isocyanate-induced asthma.Chest 1989; 95:414-423

Banks DE, Rando RJ, Barkman HW Jr:Persistence of toluene diisocyanate-induced asthma despite negligible workplace exposures.Chest 1990; 97:121-125

Baur X, Latza U, Barbinova L, Yu F:Isocyanat-bedingte Gesundheitsgefahren – eine aktuelle Literatur�bersicht.Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2003; 38(5):270–277

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 154

140 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 155: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Baur X:New aspects of isocyanate asthma.Lung 1990; Suppl 168: 606–613

Baur X, Krombach F, Rçmmelt H, Fruhmann G:Allergic alveolitis in isocyanat workers: Presentation of twelve cases.J Allergy Clin Immunol 1990; Suppl 85:250 (Abstract)

Beck LA, Leung DYM:Allergen sensitization through the skin induces systemic allergic responses.J Allergy Clin Immunol 2000; 106:258–263

Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), ed.:MAK- und BAT-Werte-Liste 2003. Senatskommission zur Pr�fung gesundheitssch�dlicher Arbeits-stoffe, Mitteilung 39.Weinheim: Wiley-VCH 2003

Diem JE, Jones RN, Hendrick DJ, Glindmeyer HW, Dharmarajan V, Butcher BT, Salvaggio JE, Weill H:Five-year longitudinal study of workers employed in a new toluene diisocynate manufacturingplant.Am Rev Respir Dis 1982; 126:420–428

Diller W:Arbeitsmedizinische Gesichtspunkte bei der Begutachtung des „lsocyanat-Asthmas“.Arbeitsmed Sozialmed Pr�ventivmed 1991; 26:393–398

Fruhmann G:Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen von Diisocyanat-Exponierten nach G 27.Arbeitsmed Sozialmed Pr�ventivmed 1987; 22:58–60

Fruhmann G, Baur X, Vogelmeier C, Rçmmelt H, Pfaller A:Inhalative Provokation mit Isocyanaten im Vergleich mit Metacholin und mit dem Hauttest.Arbeitsmed Sozialmed Pr�ventivmed 1987; 22:94–97

Innocenti A, Ciria AM, Pisati G, Mariano A:Cross-reaction between aromatic isocyanates (TDI and MDI): a specific bronchial provocation teststudy.Clin Allergy 1988; 18:323–329

Jost M, Ruegger M, Hofmann M:Isocyanat-bedingte Atemwegserkrankungen in der Schweiz.Schweiz Med Wochenschr 1990; 120:1339–1347

Karlsson D, Dahlin J, Skarping G, Dalene M:Determination of isocyanates, aminoisocyanates and amines in air formed during the thermal de-gradation of polyurethane.J Environ Monit 2002; 4(2):216–222

Karlsson D, Dalene M, Skarping G, Manrad A:Determination of isocyanaic acid in air.J Environ Monit 2001; 3:432–436

Karlsson D, Spanne M, Skarping G:Airborne thermal degradation products of polyurethane coatings in car repair shops.J Environ Monit 2000; 2:462–469

Karol MH:Respiratory effects of inhaled isocyanates.Crit Rev Toxicol 1986; 16(4):349–379

Latza U, Baur X, Malo J-L:Isocyanate-induced health effects.In: Bakke JV, Nor�n JO, Thorud S, Aasen TB, eds.:International consensus report on: Isocyanates – Risk assessment and management, Appendices10.2.1.Gjovik: Norwegian Labour Inspection Authority, 2002:37–51.http://www.arbeidstilsynet.no/publikasjoner/rapporter/pdf/rapport1c.pdf

Liu Y, Sparer J, Woskie SR, Cullen MR, Chung JS, Holm CT, Redlich CA:Qualitative assessment of isocyanate skin exposure in auto body shops: a pilot study.Am J Ind Med 2000; 37:265–274

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 155

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 141

Page 156: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Luo JC, Nelsen KG, Fischbein A:Persistent reactive airway dysfunction syndrome after exposure to toluene diisocyanate.Br J Ind Med 1990; 47:239–241

Mapp CE, Corona PC, de Marzo N, Fabbri L:Persistent asthma due to isocyanates. A follow-up study of subjects with occupational asthma dueto toluene diisocyanate (TDI).Am Rev Respir Dis 1988; 137:1326–1329

Moller DR, McKay RT, Bernstein IL, Brooks SM:Persistent airways disease caused by toluene diisocyanate.Am Rev Respir Dis 1986; 134:175–176

Paggiaro P, Bacci E, Paoletti P, Bernard P, Dente FL, Marchetti G, Talini D, Menconi GF, Giuntini C:Bronchoalveolar lavage and morphology of the airways after cessation of exposure in asthmaticsubjects sensitized to toluene diisocyanate.Chest 1990; 98(3):536–542

Petsonk EL, Wang ML, Lewis DM, Siegel PD, Husberg BJ:Asthma-like symptoms in wood product plant workers exposed to methylene diphenyl diisocyanate.Chest 2000; 18(4):1183–1193

Technische Regeln f�r Gefahrstoffe, TRGS 430 – Isocyanate – Exposition und �berwachung.Bundesarbeitsblatt 2002; 3:45–52

Vogelmeier C, Baur X, Fruhmann G:Isocyanate-induced asthma: Results of inhalation tests with TDI, MDI and methacholine.Int Arch Occup Environ Health 1991; 63:9–13

Walker CL, Grammer LC, Shaughnessy MA, Duffy M, Stoltzfuss VD, Patterson R:Diphenylmethane diisocyanate hypersensitivity pneumonitis: a serologic evaluation.J Occup Med 1989; 31:315–319

Wegmann DH, Musk AW, Main DM, Pagnotto LD:Accelerated loss of FEV-1 in polyurethane production workers: a four-year-prospective study.Am J Ind Med 1982; 3:209–215

Wisnewski AV, Srivastava R, Herrick C, Xu L, Lemus R, Caoin H, Magoski NM, Karol MH, Bottomly K,Redlich CA:Identification of human lung and skin proteins conjugated with hexamethylene diisocyanate, invitro und in vivo.Am J Respir Crit Care Med 2000; 162:2330–2336

Woitowitz H-J, Sost A:Erkrankungen durch Isocyanate – Isocyanat-induced pulmonary disease.Zbl Arbeitsmed 1988; 38:274–278

Working environment study.Swedish Rescue Services Agency, ed. Karlstad: R�ddninsverket 2002

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 156

142 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 157: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 13 16 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 12/1997, 30–31

Erkrankungen der Leber durch Dimethylformamid

Klinische Zuordnung:Gastroenterologie

Dimethylformamid (DMF, Ameisens�uredimethylamid, Formyldimethylamin) ist einLçsemittel, das aufgrund seiner hervorragenden physikochemischen Eigenschaftenbreiten industriellen Einsatz findet. An Arbeitspl�tzen liegt DMF als farblose Fl�ssig-keit vor. Bei einem relativ hohen Dampfdruck von 3,53 mbar bei 20�C gelangt DMFbeim offenen Umgang schnell in die Luft am Arbeitsplatz. Da DMF nur wenig geruchs-intensiv ist, entf�llt eine nennenswerte Warnwirkung bei niedrigen Konzentrationen.

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

DMF ist keine nat�rlich vorkommende Substanz. Es ist mischbar mit Wasser und mitverschiedenen organischen Verbindungen. Aufgrund dieser physikochemischen Ei-genschaften ist es eines der am meisten verwendeten Lçsemittel. Hauptabnehmer f�rDMF ist die Kunstlederproduktion. DMF wird insbesondere aber auch in der Produk-tion von Polyacrylnitrilfasern, von Pflanzenschutzmitteln, von Speziallacken sowiebei der Kunststoffbeschichtung (Polyurethane) verwendet. In diesen Produktions-bereichen wird DMF als Lçsemittel, Apsorptionsmittel f�r Gase und als Synthese-Ausgangstoff eingesetzt Fr�her fand es auch Anwendung zur Herstellung von phar-mazeutischen und kosmetischen Produkten.

Neben der Aufnahme �ber die Atemluft wird DMF auch indirekt aus der Dampf-phase sowie bei direktem Hautkontakt perkutan leicht resorsorbiert.

II. Pathophysiologie

Sowohl bei dermaler als auch bei inhalativer Aufnahme wird DMF rasch im Organis-mus verteilt. Die Metabolisierung von DMF erfolgt durch mikrosomale Enzymsys-teme in der Leber. Als Hauptmetabolit erscheint im Harn N-Hydroxymethyl-N-Me-thylformamid. Der Metabolismus von DMF zeigt Wechselwirkungen mit demEthylalkoholabbau und eine hemmende Wirkung auf die Aldehyddehydrogenase.

Kritisches Zielorgan ist die Leber. Ergebnisse aus tierexperimentellen Untersu-chungen an verschiedenen Spezies best�tigen diese spezielle Organsch�digung unge-achtet des Aufnahmeweges (oral, inhalativ, dermal). Im Tierversuch �ußert sich dieHepatotoxizit�t makroskopisch in herdfçrmigen, �ber alle Leberbereiche verteilten,nekrotischen Ver�nderungen, besonders ausgepr�gt im Bereich der Leberpforte. Mi-kroskopisch imponieren die nekrotischen Areale durch eine Fibrose mit H�mosiderin-und Calziumablagerungen unter Beteiligung von Makrophagen mit scharfer Abgren-zung zu nicht gesch�digtem Gewebe. Die in tierexperimentellen Untersuchungen be-obachteten Myokard- und Nierensch�den sowie zentralnervçse Effekte wurden beimMenschen nicht beobachtet.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 157

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 143

Page 158: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Nach Kontamination grçßerer Hautareale mit fl�ssigem DMF wurde eine rascheinsetzende Irritation mit Hyper�mie beschrieben. Als weitere lokale Wirkungen sindEntfettung. Quellung und vermehrte Schuppung der Haut sowie Reizungen an denAugenbindeh�uten bekannt. Hinweise f�r eine sensibilisierende Potenz von DMF er-gaben sich bislang nicht.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Arbeitsmedizinische Erfahrungen mit DMF, gesammelt insbesondere bei akzidentiellhohen Expositionen (WHO 1991) und in epidemiologischen Studien (Redlich et al.1988, Fleming et al. 1990, Wang et al. 1991), weisen die Leber sowohl nach akuterals auch nach chronischer Einwirkung als kritisches Zielorgan einer DMF-Sch�di-gung aus. Die Leberzellsch�digung f�hrt zu biochemischen Ver�nderungen im Serum(z. B. Erhçhung der g-GT und Transaminasen). Im fortgeschrittenen Stadium kom-men Beschwerden wie �belkeit, Erbrechen, Appetits- und Gewichtsverlust hinzu. Esist schwierig, zwischen alkoholinduzierter und toxischer Hepatopathie andererGenese zu differenzieren. In Leberbiopsien zeigten sich mikrovesikul�re Fetteinlage-rungen und Ver�nderungen des Leberparenchyms ohne ausgepr�gte entz�ndliche In-filtrate. Der feingewebliche Gesamteindruck entsprach einer Lebersch�digung toxi-schen Ursprungs. Die subjektiven Beschwerden kçnnen reversibel sein.

IV. Weitere Hinweise

Insbesondere bei akuten Vergiftungen ist auch von Bluldruckver�nderungen, Tachy-kardien und EKG-Abnormit�ten berichtet worden. Bei gleichzeitigem Alkoholkon-sum kçnnen die bekannten Symptome der Alkoholintoleranz vom Disulfiramtyp(Flush-Syndrom) bereits durch Aufnahme geringer Mengen DMF schon bei Konzen-trationen unterhalb des MAK-Wertes auftreten. Als Ursache daf�r wird die hem-mende Wirkung von DMF auf die Aldehyddehydrogenase mit einer Akkumulationvon Acetaldehyd betrachtet. Tr�ger des HBs-Antigen reagieren mçglicherweise emp-findlicher auf eine DMF-Exposition.

V. LiteraturBundesministerium f�r Arbeit und Sozialordnung:

Bekanntmachung einer Empfehlung des �rztlichen Sachverst�ndigenbeirats beim BMA – Sektion„Berufskrankheiten“ – zu Erkrankungen der Leber durch DimethylformamidBundesarbeitsblatt, H. 4 (1996), 29–31

Cai, S. X., Huang, M. Y. Xi, L. Q., Li, Y. L., Qu, J. B., Kawai, T., Yasugi,T., Mizunuma, K., Watanabe, T., Ikeda, M.:Occupational dimethylformamide exposure. 3. Health effects of dimethylformamide after occupa-tional exposure at low concentrationsInt. Arch. Occup. Environ. Health 63 (1992), 461–468

Fleming, L. E., Shalat, S. L., Redlich. C. A.:Liver injury in workers exposed to dimethylformamideScand. J. Work Environ. Health 16 (1990), 289–292

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 158

144 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 159: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 159

Henschler, D. (Hrsg.):DimethylformamidIn: Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begr�ndung von MAK-Werten der Kommission zur Pr�funggesundheitssch�dlicher Arbeitsstoffe der Deutschen ForschungsgemeinschaftVCH Verlagsgesellschaft, Weinheim (1992)

Lauwerys, R. R., Kivits, A., Lhoir, M., Rigolet, P., Houbeau, D., Buchet, J. P., Roels, H. A.:Biological surveillance of workers exposed to dimethylformamide and theinfluence of skin protection on its percutaneous absorptionInt. Arch. Occup. Environ. Health 45 (1980), 189–203

Lun, A., W. Schimmelpfennig, G. Roschlau:Zur Hepatotoxizit�t von DimethylformamidZ. klin. Med. 42 (1987), 2003–2006

Redlich, A., Beckett, W. S, Sparer, J., Barwick, K. W., Riely, C. A., Miller, H.. Sigal, S. L., Shalat, S. L.,Cullen, M. R.:Liver disease associated with occupational exposure to the solvent dimethylformamideAnn. Intern. Med. 108 (1988), 68–686

Scailteur, V., Lauwerys, R. R.:Dimethylformamide (DMF) HepatoxicityToxicology 43 (1987), 231–238

Wang, J. D., Lai, M. Y., Chen, J. S., Lin, J. M., Chiang, J. R., Shiau, S. H., Chang, W. S.:Dimethylformamide-induced liver damage among synthetic leather workersArch. Environm. Hlth. 46 (1991), 161

Hinweis: Kapitel H Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten13 16 Erkrankungen der Leber durch Dimethylformamid

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 145

Page 160: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 13 17 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 3/2005, 49–51

Polyneuropathie oder Enzephalopathie

durch organische Lçsungsmittel

oder deren Gemische

Klinische Zuordnung:NeurologiePsychiatrie

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Toxische Polyneuropathien oder Enzephalopathien kçnnen durch die Einwirkungneurotoxischer organischer Lçsungsmittel entstehen. Gesichert neurotoxische Lç-sungsmittel sind nach dem gegenw�rtigen Kenntnisstand:– Aliphatische Kohlenwasserstoffe: n-Hexan, n-Heptan– Ketone: Butanon-2, 2-Hexanon– Alkohole: Methanol, Ethanol, 2-Methoxyethanol– Aromatische Kohlenwasserstoffe: Benzol, Toluol, Xylol, Styrol– Chlorierte aliphatische Kohlenwasserstoffe: Dichlormethan. 1,1,1-Trichlorethan,

Trichlorethen, Tetrachlorethen.Solche neurotoxischen Lçsungsmittel kçnnen in zahlreichen Produkten einzeln oderin Gemischen mit anderen Lçsungsmitteln zur Anwendung kommen (13):– zum Reinigen und Entfetten in der Metall-, Textil- und Kunststoffindustrie– als Lçsungsmittel f�r Farben, Lacke, Klebstoffe, Holzschutzmittel, Gummilçsun-

gen und zum Abbeizen– f�r zahlreiche chemische Reaktionen als Ausgangs- oder Zwischenprodukt oder

als Lçsungsvermittler.Organische Lçsungsmittel sind der in Regel leicht fl�chtig, d. h., dass sie auch beiniedrigen Temperaturen rasch verdampfen. Unter ung�nstigen Ventilationsbedingun-gen kçnnen deshalb hçhere Konzentrationen in der Atemluft resultieren.

Direkter Hautkontakt kann gegebenenfalls die Lçsungsmittelaufnahme steigern.

Erhçhte Risiken bestehen bei folgenden T�tigkeiten:Abbeizen, Versiegeln, großfl�chiges Aufbringen von Klebstoffen oder Lacken undgroßfl�chiges Auftragen von Polyesterharzen.

Besondere Risikoberufe sind:Bodenleger, Parkettleger, Handlaminierer, teilweise Tankreiniger, S�urebaumonteure.

II. Pathophysiologie

Organische Lçsungsmittel werden aufgrund ihrer Fl�chtigkeit vorwiegend �ber dieLungen eingeatmet, zum Teil auch durch die Haut resorbiert. Nach der Aufnahme ver-teilen sie sich im ganzen Organismus, insbesondere auch im Nervensystem. Anschlie-ßend werden sie zum Teil unver�ndert wieder abgeatmet und zum Teil metabolisiert

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 160

146 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 161: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

�ber die Nieren ausgeschieden. Die Eliminationshalbwertzeiten differieren f�r die ein-zelnen Lçsungsmittel zwischen wenigen Stunden bis zu zwei Tagen (1).

Grunds�tzlich kçnnen alle organischen Lçsungsmittel �ber kurzfristige Mem-branwirkungen an der Nervenzelle zu fl�chtigen pr�narkotischen Symptomen und so-gar zu einer Narkose f�hren. Die eigentliche Dauerwirkung neurotoxischer Lçsungs-mittel mit dem Endergebnis einer Polyneuropathie oder Enzephalopathie beruhtdagegen auf ihrer Biotransformation zu neurotoxischen Metaboliten. Die Angriffs-punkte dieser Metaboliten in der Nervenzelle sind unterschiedlich und zum Teil nochnicht gekl�rt. 2,5-Hexandion als neuroxischer Metabolit von n-Hexan und Methyl-butylketon beeintr�chtigt z. B. den axonalen Transport. Folgen sind zun�chst Funk-tionsstçrungen (Par�sthesien, Sensibilit�tsausf�lle), im weiteren Verlauf auch mor-phologische Ver�nderungen mit prim�r axonalen Sch�digungen. Histologisch findensich große paranodale Axonauftreibungen, Akkumulation von Neurofilamenten,Glykogengranula. Außerberufliche neurotoxische Faktoren (z. B. Alkohol, Medika-mente oder Erkrankungen wie Diabetes mellitus) kçnnen diesen Verlauf beeinflussen.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Polyneuropathie

Typisch f�r eine neurotoxische Polyneuropathie sind symmetrisch-distale, arm- undbeinbetonte, sensible, motorische oder sensomotorische Ausf�lle mit strumpf- bzw.handschuhfçrmiger Verteilung. Anamnestisch ist wichtig, dass die Sensibilit�tsstçrun-gen von distal nach proximal aufsteigen und dass die Par�sthesien h�ufig nachts zu-nehmen. Objektiv lassen sich je nach Krankheitsauspr�gung distal symmetrische Sen-sibilit�tsstçrungen f�r Vibrationsempfinden, Lageempfinden, �sthesie, Algesie undZweipunktdiskrimination erkennen. Im weiteren Verlauf werden Reflexabschw�-chungen oder Areflexie, Stçrungen der autonomen Nervenversorgung, Verminderungder sensiblen und motorischen Nervenleitgeschwindigkeiten und distalen Latenzen so-wie neurogene Sch�digungsmuster im EMG nachweisbar. Die motorischen Ver�nde-rungen kçnnen sich darstellen als leichte motorische Schw�che bis hin zur vçlligenmuskul�ren L�hmung mit Muskelatrophie. Betroffen ist �berwiegend die Muskulaturim Bereich der H�nde und F�ße. In schweren F�llen kann es jedoch zu vollst�ndiger Te-traplegie und Befall der Atemmuskulatur kommen (1, 5, 12). Dagegen ist die Polyneu-ropathie durch Trichlorethen gekennzeichnet durch Sensibilit�ts- und Reflexverlustoder sensomotorische Ausf�lle im Versorgungsgebiet des Nervus trigeminus im Ge-sicht. Ein Befall des Nervus oculomotorius und des Nervus abducens kommt ebenfallsvor. Auch nach Trichlorethen – Einwirkung wurde eine periphere Polyneuropathie be-schrieben (6, 7). Die lçsungsmittelbedingte Polyneuropathie entwickelt sich i. d. R. inengem zeitlichem Zusammenhang mit der beruflichen Lçsungsmittelexposition. Aller-dings wurden vereinzelt Krankheitsverl�ufe berichtet, bei denen es 2–3 Monate nachAufgabe der gef�hrdenden T�tigkeit zu einer Verschlechterung der Bewegungsf�hig-keit kommt (4), so dass die klinische Diagnose der Polyneuropathie auch 2–3 Monatenach Unterlassung der gef�hrdenden T�tigkeit erstmals gestellt werden kann. Lç-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 161

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 147

Page 162: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

sungsmittelbedingte Polyneuropathien verbessern sich nach Unterlassung der gef�hr-denden T�tigkeit h�ufig, nicht selten bleibt die lçsungsmittelbedingte Polyneuropathiejedoch klinisch nach Unterlassung der gef�hrdenden T�tigkeit konstant oder ver-schlechtert sich (1, 4, 5, 11, 12, 14). Eine Persistenz oder eine Verschlechterung der Er-krankung nach Unterlassung der gef�hrdenden T�tigkeit schließt eine Verursachungdurch Lçsungsmittel nicht aus.

Differentialdiagnostisch ist in erster Linie an alkoholische oder diabetische Poly-neuropathien zu denken. Asymmetrische, multifokale, rein motorische oder autonomeNeuropathien schließen eine Verursachung durch Lçsungsmittel weitgehend aus.

Toxische Enzephalopathie

Eine toxische Enzephalopathie �ußert sich durch diffuse Stçrungen der Hirnfunktion.Konzentrations- und Merkschw�chen, Auffassungsschwierigkeiten, Denkstçrungen,Persçnlichkeitsver�nderungen oft mit Antriebsarmut, Reizbarkeit und Affektstçrun-gen stehen im Vordergrund.

Im klinischen Verlauf unterscheidet man folgende Schweregrade (15):

Schweregrad I:Erschçpfung, Erm�dbarkeit, Konzentrationsschw�che, Merkschw�che, allgemeineAntriebsminderung.

Schweregrad II A:Ausgepr�gte und dauerhafte Persçnlichkeitsver�nderungen, zunehmende Merk- undKonzentrationsschw�che, Stimmungsschwankungen mit depressivem Einschlag, Af-fektlabilit�t. Nachweis testpsychologischer Leistungsminderungen.

Schwergrad II B:Zus�tzlich zu den unter II A aufgef�hrten psychischen Stçrungen lassen sich leichteneurologischc Befunde wie Tremor, Ataxie und andere Koordinationsstçrungen nach-weisen.

Schwergrad III:Demenz mit ausgepr�gten Intelligenz- und Ged�chtnisstçrungen, Nachweis hirn-atrophischer Ver�nderungen bei kranialer Computertomographie oder Kernspinto-mographie. Schweregrad III wird bei schweren exogenen (Alkohole) und endogenenIntoxikationen beobachtet. Auch nach chronischer Lçsungsmitteleinwirkung wurdenEnzephalopathien mit Hirnatrophie beschrieben (2, 9).

Toxische Enzephalopathien treten in der Regel noch w�hrend des Expositionszeitrau-mes auf. Mehrere Studien zeigen jedoch auch Jahre nach Unterlassung der gef�hrden-den T�tigkeit eine Zunahme der subjektiven Beschwerden sowie eine Verschlechte-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 162

148 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 163: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

rung der Ergebnisse psychologischer Testverfahren und der neurologischen Unter-suchungsergebnisse (2, 7, 10, 11). Hieraus folgt, dass die klinische Diagnose der lç-sungsmittelbedingten Enzephalopathie auch mehrere Jahre nach Unterlassung der ge-f�hrdenden T�tigkeit erstmals gestellt werden kann. Die lçsungsmittelbedingteEnzephalopathie kann sich nach Unterlassung der gef�hrdenden T�tigkeit bessern,konstant bleiben oder verschlechtern (2, 3, 7, 10, 11). Eine Persistenz oder eine Ver-schlechterung der Erkrankung nach Unterlassung der gef�hrdenden T�tigkeit schließteine Verursachung durch Lçsungsmittel nicht aus.

Die Diagnose st�tzt sich auf die anamnestischen Angaben und den psychopatholo-gischen Befund. Wichtige anamnestische Hinweise sind Alkoholintoleranz und h�u-fige pr�narkotische Symptome im unmittelbaren Zusammenhang mit der Lçsungs-mittelexposition (Benommenheit, Trunkenheit, M�digkeit, �belkeit, Brechreiz, aberauch Zust�nde von Euphorie). Der psychopathologische Befund muss durch psycho-logische Testverfahren objektiviert werden, die das Alter des Patienten ber�cksichti-gen. Bei diesen Testverfahren sollen untersucht werden: die pr�morbide Intelligenz,Aufmerksamkeits- und Ged�chtnisleistungen, Psychomotorik, Wesensver�nderungenund Befindlichkeitsstçrungen. Neurophysiologische Untersuchungen (EEG, evoziertePotentiale, Nervenleitgeschwindigkeit) sowie bildgebende Verfahren (Computerto-mogramm, Kernspintomogramm) ergeben bei den lçsungsmittelverursachten Enze-phalopathien in der Regel Normalbefunde. Sie sind jedoch f�r die Differentialdiag-nostik von Bedeutung. Erhçhte Werte im Biomonitoring (Lçsungsmittel oder derenMetabolite im Blut oder Urin) kçnnen die Diagnose st�tzen.

Differentialdiagnostisch sind in erster Linie eine Multiinfarkt-Demenz, ein Mor-bus Alzheimer und eine alkoholtoxische Enzephalopathie auszuschließen. Dar�berhinaus ist die gesamte Differentialdiagnostik exogener und endogener toxischer Enze-phalopathien, traumatischer Psychosyndrome, Affektpsychosen und neurotischerFehlentwicklungen zu ber�cksichtigen.

IV. Weitere Hinweise

Weitere Krankheitsmanifestationen �ber die Polyneuropathie und die Enzephalo-pathie hinaus, die bei beruflicher Einwirkung von Lçsungsmitteln oder deren Gemi-schen entstehen kçnnen, fallen nicht unter den Geltungsbereich dieser Berufskrank-heitennummer. Es sind dies z. B. epileptische Anf�lle durch Benzol, Parkinson-Syndrome durch Methanol und halluzinatorische Psychosen durch Toluol, Dichlor-methan und Tetrachlorethen. Sie kçnnen ggf. unter den Berufskrankheitennummernder jeweiligen Substanzen entsch�digt werden.

V. Literatur1. Allen, N., Mendell, R. J., Billmaier, D. J., Fontaine, R. E., O’Neill, J.:

Toxic polyneuropathy due to methyl n-butyl ketone.Arch. Neurol., 32 (1975) 209–218

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 163

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 149

Page 164: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

2. Bruhn, P. Arlien-Søborg, P., Gyldensted, C., Christensen, E. L::Prognosis in chronic toxic encephalopathy.Acta neurol. scandinav. 64 (1981) 259–272

3. Bundesministerium f�r Arbeit und Sozialordnung:Bekanntmachung einer Empfehlung des �rztlichen Sachverst�ndigenbeirats beim BMA – Sektion„Berufskrankheiten“: „Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lçsungsmitteloder deren Gemische“.Bundesarbeitsblatt, H. 9, 44–49 (1996)

4. Chang, Y.C.:Patients with n-hexane induced polyneuropathy: a clinical follow up.Brit. J. Industr. Med. 47 (1990) 485–489

5. Cianchetti, C., Abbritti, G., Perticoni, G., Siracusa, A., Curradi, F.:Toxic polyneuropathy of shoe-industry workers, a study of 122 cases.J. Neurol. Neurosurg. Psychiat. 39 (1976) 1151–1161

6. Deutsche Forschungsgemeinschaft:Trichlorethen, gesundheitssch�dliche Arbeitsstoffe, toxikologisch-arbeitsmedizinischeBegr�ndungen von MAK-Werten.Weinheim, Wyley-VCH, Loseblattsammlung, 22. Lieferung 1996

7. Dryson, E.W., Ogden, J. A.:Organic solvent induced chronic toxic encephalopathy: extent of recovery, and associatedfactors, following cessation of exposure.Neurotoxicology 21 (2000) 659–666

8. Feldmann, R.G.:Occupational and environmental neurotoxicology.Philadelphia, Lippincott-Raven Publishers, 1999

9. Lorenz, H., Weber, E., Omlor, A., Walter, G., Haaß, A., Steigerwald, F., Buchter, A.:Nachweis von Hirnsch�digungen durch Tetrachlorethen.Zbl. Arbeitsmed. 40 (1990) 355–364

10. Nordling Nilson, L., S�llsten, G., Hagberg, S., B�ckman, L., Barregrd, L.:Influence of solvent exposure and aging on cognitive functioning: an 18 year follow up formerlyexposed floor layers and their controls.Occup. Environ. Med. 59 (2002) 49–57

11. Ørbæk, P., Lindgren, B. A.:Prospective clinical and psychometric investigation of patients with chronic toxic encephalopa-thy induced by solvents.Scand. J. Work. Environ. Health 14 (1988) 37–44

12. Passero, S., Battistini, N., Giannini, F., Paradiso, C., Carboncini, F., Sartorelli, E.:Toxic polyneuropathy of shoe workers in italy. A clinical, neurophysiological and follow-up study.Ital. J. Neurol. Sci. 4 (1983) 463–472

13. Konietzko, J.:Organische Lçsungsmittel.In: Konietzko, J., Dupuis H. (Hrsg.): Handbuch der ArbeitsmedizinEcomed Verlag, Landsberg, 1989

14. Valentino, M.:Residual electroneurographic modifications in subject with n-hexane induced polyneuropathy: afollow-up study.Med. Lav. 87 (1996) 289–296

15. WHO:Chronic Effects of Organic Solvents on the Central Nervous System and Diagnostic Criteria.Document 5, Copenhagen, 1985

Hinweis: Kapitel H Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten13 17 Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische

Lçsungsmittel

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 164

150 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 165: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

2 Durch physikalische Einwirkungen verursachteKrankheiten

21 Mechanische Einwirkungen

Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten Nr. 21 01 – Nr. 21 11 Anlage BKV

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 165

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 151

Page 166: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 21 01 Anlage BKV

(Nr. 43/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 2/1963, 24

Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen-

oder Muskelans�tze, die zur Unterlassung aller T�tigkeiten gezwungen haben, die f�rdie Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit urs�ch-lich waren oder sein kçnnen

Klinische Zuordnung:Orthop�die

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Diese Erkrankungen kçnnen durch einseitige, langdauernde mechanische Beanspru-chung und ungewohnte Arbeiten aller Art bei fehlender oder gestçrter Anpassung ent-stehen. �berwiegend sind die oberen Extremit�ten, insbesondere die Unterarme, be-troffen.

II. Krankheitsbild und Diagnose

Es kçnnen auftreten:1. die Paratenonitis (Tendovaginitis) crepitans. Sie ist im wesentlichen eine Erkran-

kung des Sehnengleitgewebes mit Druck- und Bewegungsschmerz sowie f�hl-barem schneeballartigem Knirschen �ber dem betreffenden Sehnengebiet. Bevor-zugt ist die Umgebung der Strecksehnen der Finger, besonders des Daumens,betroffen.

2. Periostosen an Sehnenans�tzen (Epicondylitis und Styloiditis). Bei den Periostosen

finden sich ein umschriebener Druckschmerz am Muskelursprung bzw. Knochen-ansatzpunkt sowie eine Infiltration im Bereich des betroffenen Epicondylus undSpontanschmerz im erkrankten Gebiet.

3. in seltenen F�llen die Tendovaginitis stenosans. Hierbei f�hren die krankhaftenWandver�nderungen der Sehnenscheide zur Einengung des Sehnenfachs; vorwie-gend sind die Sehnenscheiden der Daumen betroffen.

Dupuytren’sche Kontraktur und Periarthritis humeroscapularis sind im allgemeinennicht auf berufliche Einfl�sse zur�ckzuf�hren.

III. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung

Die �rztliche Beurteilung muß sich auf eine eingehende Anamnese, insbesondere Ar-beitsanamnese, st�tzen, außerberuflich gelegene Sch�digungsmçglichkeiten sind aus-zuschließen.

Unter Nr. 43 der Anlage zur 7. Berufskrankheiten-Verordnung sind nicht diejeni-gen Erkrankungen erfaßt, deren Entstehung auf rheumatische, toxische, fokaltoxi-sche und spezifisch oder unspezifisch infektiçse Grundlagen sowie �berwiegend aufkonstitutionelle und dispositionelle Faktoren zur�ckzuf�hren ist. Außerdem fallen

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 166

152 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 167: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

hierunter nicht die Folgezust�nde degenerativer oder anderer Ver�nderungen an Ge-lenken, insbesondere der HWS.

Um die Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie derSehnen- oder Muskelans�tze ggf. als Berufskrankheiten anerkennen zu kçnnen, m�s-sen diese zur Aufgabe der beruflichen Besch�ftigung oder jeder Erwerbsarbeit ge-zwungen haben.

„Berufliche Besch�ftigung“ liegt auch dann vor, wenn ein Arbeitnehmer seine Ar-beitskraft f�r eine gewisse Dauer in einem Besch�ftigungsverh�ltnis verwendet, dabeibestimmte Erfahrungen oder Fertigkeiten erworben und aus ihr zumindest einen we-sentlichen Teil seines Lebensunterhalts bestritten hat.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 167

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 153

Page 168: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 168

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 21 02 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 2/1990, 135

Meniskussch�den nach mehrj�hrigen andauernden oder h�ufig wiederkehrenden, dieKniegelenke �berdurchschnittlich belastenden T�tigkeiten

Klinische Zuordnung:Orthop�die

I. Gefahrenquellen

Chronische Meniskopathien kçnnen anlagebedingt in unterschiedlichem Ausmaßauftreten, aber auch z. B. in urs�chlichem Zusammenhang mit verschiedenen Sport-arten (Fußball, Tennis, Skilaufen und -springen, Slalom). Im Berufsleben muss mit ei-ner �berdurchschnittlichen Belastung der Kniegelenke (s. unter II.), z. B. im Bergbauunter Tage. ferner bei Ofenmaurern, Fliesen- oder Parkettlegern, bei Rangierarbei-tern, bei Berufssportlern und bei T�tigkeiten unter besonders beengten Raumverh�lt-nissen gerechnet werden.

II. Pathophysiologie

Eine �berdurchschnittliche Belastung der Kniegelenke ist biomechanisch gebundenan eine– Dauerzwangshaltung, insbesondere bei Belastungen durch Hocken oder Knien bei

gleichzeitiger Kraftaufwendung oder– h�ufig wiederkehrende erhebliche Bewegungsbeanspruchung. insbesondere Lau-

fen oder Springen mit h�ufigen Knick-, Scher- oder Drehbewegungen auf grob un-ebener Unterlage.

Unter diesen Umst�nden werden die halbmondfçrmigen, auf den Schienbeinkopf-gelenkfl�chen nur wenig verschiebbaren Knorpelscheiben. insbesondere der Innenme-niskus, in verst�rktem Maße belastet. Dadurch kçnnen allm�hlich Deformierungen,Ern�hrungsstçrungen des bradytrophen Gewebes sowie degenerative Ver�nderungenmit Einbuße an Elastizit�t und Gleitf�higkeit der Menisken entstehen.

Ein derart vorgesch�digter Meniskus kann beim Aufrichten aus kniender Stellung,bei Drehbewegungen, beim Treppensteigen oder auch bei ganz normalem Gehen vonseinen Ansatzstellen ganz oder teilweise gelçst werden. Man spricht hier von Spon-tanlçsung aus Gelegenheitsursache.

Die berufsbedingte Meniskopathie kann als Folgeschaden auch zu Arthrosis defor-

mans f�hren. [„Gonarthrose“: Kap. I, S. 529/d. V.]

III. Krankheitsbild und Diagnose

Ein chronischer Meniskusschaden kann lange Zeit unbemerkt verlaufen, kann aberauch mit Schmerzen am Gelenkspalt. medial oder lateral, und sp�teren Funktionsstç-rungen einhergehen. Ein plçtzlich auftretender scharfer Schmerz, nicht selten kom-biniert mit Gelenksperre deutet auf eine Einklemmung hin. Ein Gelenkerguß kanndas Bild eines „Reizknies“ hervorrufen. Der Gelenkspalt ist h�ufig wulstartig ge-schwollen und druckschmerzhaft.

154 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 169: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 169

Die Diagnose ergibt sich aus Vorgeschichte und Befund bei meist typischem Be-schwerdebild. Die Untersuchung umfasst die allgemein anerkannten Verfahren ein-schließlich der verschiedenen „Meniskuszeichen“. Differentialdiagnostisch sind u. a.abzugrenzen:– Meniskusanomalien,– Osteochondrosis dissecans,– prim�re Arthropathien spezifischer oder unspezifischer Genese,– retropatellare Chondromalazien und– Einklemmungen von Synovialfalten und -zotten des Hoffa'schen Fettkçrpers.Verwechslungen mit der akut-traumatischen Form lassen sich oft durch die histologi-sche Untersuchung des Operationsproduktes richtigstellen (Kapillarsprossung, binde-gewebliche Vernarbung).

IV. Weitere Hinweise

Die berufsbedingte chronische Meniskopathie tritt fr�her auf als in der beruflich nichtbelasteten Bevçlkerung. Die Prognose unterscheidet sich nicht von derjenigen beichronischen Meniskopathien anderer Genese.

Die Abgrenzung gegen Entstehung durch Unfall kann gelegentlich Schwierigkeitenbereiten.

Eine gleichzeitig mit der Meniskopathie vorliegende Arthropathie spricht nicht ge-gen das Vorliegen einer Berufskrankheit.

V. LiteraturAndreesen, R. und W. Schramm:

Meniskussch�den als Berufskrankheit.M�nch. Med. Wschr., 117 (1975), 973.

Aufdermaur, M.:Die Bedeutung der histologischen Untersuchung des Kniegelenkmeniskus.Schweiz. med. Wschr., 101 (1971), 1405 und 1441.

Laarmann, A.:Berufskrankheiten nach mechanischen Einwirkungen. 2. Aufl.Stuttgart, 1977.

Pressel,G.:Die Bedeutung der beruflichen Exposition f�r die �tiologie des chronischen Meniskusschadens.Habilitationsschrift Frankfurt (M), 1980.

Pressel, G.:Die BK 2102 „Meniskusschaden“ nach der Neuregelung – Hinweise f�r die Begutachtung.Arbeitsmed. Sozialmed. Pr�ventivmed. 23 (1988), 308.

Refior, H. J. und H. Fischer:Vergleichende mikrostrukturelle Untersuchungen zur Degeneration der Kniegelenkmenisken.Z. Orthop�die, 112 (1974), 128.

Springorum, P. W.:Der Einfluß der Arbeitsweise auf Meniskussch�den bei Bergleuten.Mschr. Unfallheilk., 72 (1969), 478.

Wittgens, H. und G. Pressel:Die Meniskuserkrankung unter dem Gesichtspunkt neuer rechtlicher und medizinischer Erkennt-nisse – Arbeitsmedizinische Gesichtspunkte.Aus dem Bericht �ber die Unfallmedizinische Tagung des Landesverbandes Rheinland-Westfalender gewerblichen Berufsgenossenschaften am 28./29. M�rz 1987 in D�sseldorf (BG-UMed. 62).

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 155

Page 170: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 21 03 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 3/2005, 51–53

Erkrankungen durch Ersch�tterung bei Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleich-artig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen

Klinische Zuordnung:Orthop�die

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Diese Erkrankungen kommen bei Arbeiten mit bestimmten Werkzeugen oder Ma-schinen vor, die durch Vibrationen mit vorrangig tiefen Frequenzanteilen (8–50 Hz)erzeugte Schwingungsenergie �ber die Handgriffe auf das Hand-Arm-Schulter-System�bertragen. L�ngere Einwirkungen solcher „Hand-Arm-Schwingungen“ kçnnen pa-thologische Ver�nderungen an den Gelenken und Knochen des Hand-Arm-Schulter-Systems verursachen.

Gefahrenquellen sind z. B. bei Arbeiten mit schlagenden Werkzeugen, Ger�tenoder Maschinen gegeben, zu denen u. a. Aufbruchh�mmer, Abbauh�mmer, schwereMeißelh�mmer, Gleisstopfer, Bohrh�mmer, Vibrationsstampfer und Bodenverdichterz�hlen, sofern die �bertragenen Schwingungen in dem genannten Frequenzbereich lie-gen. Solche Ger�te werden u. a. im Hoch- und Tiefbau, im Tunnelbau, in Steinbr�-chen und bei der Steinbearbeitung, im Bergbau, in Kesselschmieden, Gussputzereiensowie im Schiffs- und Straßenbau verwendet. F�r die „gleichartige Wirkung“ ist esunerheblich, ob diese Ger�te pneumatisch, elektrisch oder hydraulisch angetriebenwerden. Dagegen ist f�r Arbeiten mit einfachen handgef�hrten Hammer- und Meißel-werkzeugen nicht generell eine „gleichartige Wirkung“ zu unterstellen.

II. Pathophysiologie

Der Sch�digungsmechanismus an den Knochen und Gelenken beruht vorwiegend aufgleichfçrmigen oder auch regellosen mechanischen Schwingungen und Stçßen, soferndiese bei starker Ankoppelung (Greif-, Andruck- und Haltekr�fte) der H�nde an denWerkzeuggriffen tieffrequente Schwingungsenergie �bertragen, so dass das Hand-Arm-System zu Schwingungen angeregt wird. Diese bewirken eine hohe mechanischeBelastung der Knochen und insbesondere der Gelenke in Form von Druck- und Zug-kr�ften, die zu einer st�ndigen Stauchung und Streckung der Gelenkgewebe f�hren.An den mechanisch belasteten Gelenkknorpelfl�chen kann es zu einem vermehrtenAnfall von Knorpelabriebprodukten, Rissbildungen und subchondralen Knochenne-krosen mit Einbruch von Gerçllzysten kommen. Vermehrter Anfall von Knorpel-abriebprodukten f�hrt zu einer reaktiven Entz�ndung der Innenhaut der Gelenkkapsel(Membrana synovialis). Dabei werden mit den Entz�ndungsmediatoren zytolytischeEnzyme freigesetzt, die das Gleichgewicht zwischen knorpelgewebeauf- und -abbau-enden Prozessen stçren, die Knorpelsubstanz sch�digen und den Aufbrauch von Knor-pelgewebe beschleunigen.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 170

156 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 171: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Vibrationssch�den kçnnen sich am Handgelenk, am Ellenbogengelenk und amSchultereckgelenk (Akromioklavikulargelenk) manifestieren. Es entwickeln sich typi-scherweise degenerative Ver�nderungen (Arthrosis deformans), wobei besonders dasEllenbogengelenk und das Handgelenk, selten auch das Schultereckgelenk betroffensind.

Neben den degenerativen Ver�nderungen der Gelenke kçnnen die folgenden Son-derformen der vibrationsinduzierten Sch�digungen auftreten:– die aseptische Nekrose des Os lunatum (Synonym: Mondbeinnekrose, Lunatum-

malazie, KIENB�CK-Krankheit),– der Erm�dungsbruch des Os scaphoideum (Synonyme: Kahnbein, fr�her auch Os

naviculare) mit der mçglichen Folge einer Falschgelenkbildung (Kahnbeinpseu-darthrose),

– die Osteochondrosis dissecans im Ellenbogengelenk.Am schwingungsbelasteten Handgelenk f�hren die Bremswirkung der Elle gegen�berder Speiche und die Kraft�bertragung von Elle zu Speiche dazu, dass die arthrotischenVer�nderungen h�ufig das distale Ellen-Speichen-Gelenk betreffen.

Die aseptische Nekrose des Mondbeines wurde vorwiegend bei Besch�ftigtennachgewiesen, die mit Drucklufth�mmern arbeiteten (BETZEL, 1964). F�r ihre Ent-stehung werden Durchblutungsstçrungen sowohl durch Makro- als auch durch Mi-krotraumen verantwortlich gemacht.

Am Kahnbein kann durch die anhaltende Traumatisierung bei Arbeiten mitDrucklufth�mmern oder gleichartig wirkenden Ger�ten eine Erm�dungsfraktur ent-stehen.

Das Ellenbogengelenk wird durch tieffrequente Schwingungen besonders belastet,wenn es beim Halten des Werkzeugs gebeugt ist. Hierdurch erfolgt eine �nderung derVektoren der einwirkenden Kr�fte. Die von den Werkzeugen �bertragenen Schwin-gungen kçnnen im Bereich des Ellenbogengelenkes zu Arthrosen und gelegentlich zueiner subchondralen aseptische Knochennekrose (Osteochondrosis dissecans) im Be-reich der besonders belasteten Gelenkfl�chen f�hren.

Am Schultereckgelenk geht die sch�digende Wirkung der Schwingungsbelastunginsbesondere von Scherbewegungen aus, die bereits fr�hzeitig degenerative Ver�nde-rungen verursachen kçnnen. Parallel dazu finden sich Knorpeldefekte mit subchon-draler Sklerosierung und Ausbildung von Randosteophyten.

III. Krankheitsbilder und Diagnosen

Arthrotische Ver�nderungen im Bereich der Handgelenke

Typische Fr�hzeichen der beginnenden vibrationsinduzierten Erkrankung sindSchmerzen im Bereich der Handgelenke. Beweglichkeitseinschr�nkungen und in bild-gebenden Verfahren nachweisbare arthrotische Ver�nderungen, oft mit einer Entrun-dung des Ellenkçpfchens, treten immer erst viel sp�ter auf.

Differentialdiagnostisch sind Arthritiden und Arthrosen anderer Genese, ins-besondere infolge posttraumatischer Fehlstellungen, auszuschließen.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 171

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 157

Page 172: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Mondbeinnekrose (Lunatummalazie, Morbus Kienbçck)

Die Mondbeinnekrose beginnt meist mit zunehmenden, insbesondere belastungs-abh�ngigen Schmerzen im Handgelenk. Typischerweise findet sich ein umschriebenerDruckschmerz dorsal �ber dem Mondbein. H�ufig kann eine Einschr�nkung der Dor-salextension der Hand, in sp�ten Stadien gelegentlich auch eine leichte dorsaleSchwellung, beobachtet werden. Der aktive Faustschluss sowie das Strecken undSpreizen der Finger sind gestçrt.

Die Mondbeinnekrose kann isoliert, aber h�ufig auch zusammen mit in bildgeben-den Verfahren nachweisbaren Arthrosen am distalen Ellen-Speichen-Gelenk (STEIN-H�USER und ABELE, 1974) vorkommen.

W�hrend das Fr�hstadium einer Mondbeinnekrose rçntgenologisch meist nochnicht nachweisbar ist, l�sst es sich bereits im Szintigramm und im Magnetresonanzto-mogramm darstellen. Die Einteilung verschiedener Stadien erfolgt nach den Ver�nde-rungen im Nativrçntgenbild sowie dem Magnetresonanztomogramm unter Ber�ck-sichtigung therapeutischer Gesichtspunkte [siehe „Leitlinie Lunatumnekrose (MorbusKienbçck)“ der Deutschen Gesellschaft f�r Handchirurgie].

Die Differentialdiagnose kann bei uncharakteristischen Beschwerden und anf�ng-lich negativem Befund bildgebender Verfahren schwierig sein.

Erm�dungsbruch des Kahnbeins und Kahnbeinpseudarthrose

Erm�dungsbr�che des Kahnbeins kçnnen symptomlos verlaufen und stellen dann ei-nen Zufallsbefund in Form der Kahnbeinpseudarthrose dar. Meist finden sich starke,zunehmend belastungsabh�ngige Schmerzen dorsal und palmar �ber dem Kahnbein,besonders jedoch in der Tabatire (Tabatire-Druckschmerz). Es besteht neben einemDruck- und Bewegungsschmerz auch ein Stauchungsschmerz besonders des Daumensund gelegentlich des Zeigefingers. Auftreten kann auch eine Schwellung besondersdorsal und in der Tabatire. Bei radialer oder ulnarer Abwinkelung des Handgelenkeskann die Instabilit�t des Kahnbeins zwischen Daumen und Zeigefinger getastetwerden.

Der Nachweis einer Erm�dungsfraktur oder einer Pseudarthrose des Kahnbeinserfolgt in aller Regel mittels bildgebender Verfahren. Zu empfehlen sind Kahnbein-spezialaufnahmen (L�cke zwischen Kahn- und Mondbein im a.-p.-Strahlengang, Ver-kippung des Mondbeins nach dorsal oder palmar im seitlichen Bild), um die Instabili-t�t der proximalen Reihe bei zus�tzlicher Bandverletzung zu sichern. Im Fr�hstadiumder Erm�dungsfraktur des Kahnbeins kann nur die Skelettszintigraphie positiv sein.

Die Abgrenzung dieser Befunde gegen�ber gleichartigen Ver�nderungen anderer�tiologie erfordert eine besonders ausf�hrliche Anamnese. Die Kahnbeinpseudar-throse ist meist Folge einer �bersehenen oder falsch behandelten Kahnbeinfraktur(ANDREESEN, 1964). Nach traumatischer Kahnbeinfraktur kann sich eine sekun-d�re Zyste um den Frakturspalt ausbilden.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 172

158 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 173: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Arthrose des Ellenbogengelenks

Zu Beginn der Arthrose bestehen belastungsabh�ngige Schmerzen und Muskelver-spannungen, die vom Gelenkraum oder von den periartikul�ren Weichteilen ausgehenkçnnen. H�ufig ist die Schmerzhaftigkeit der �berlasteten Strukturen nur durch Pal-pation feststellbar. Entz�ndungen der Innenhaut der Gelenkkapsel (Membrana syno-vialis) mit tastbarer Schwellung und ggf. mit Ergussbildung sind ein klinisch relevan-tes Zeichen der aktivierten Arthrose. Sie kann intermittierend auftreten, wobei f�r dieArthrose ein Wechsel von schmerzhaften und schmerzarmen Episoden typisch ist.Im fortgeschrittenen Stadium der Arthrose kommt es zum Bewegungsschmerz undschließlich auch zum Ruheschmerz sowie zu passiver Bewegungseinschr�nkung mitStreck- und Beugedefizit. Schmerzen bei passiver Bewegung gehen insbesondere vonder Gelenkkapsel aus (Kapselmuster). Bei aktiver Bewegung auftretende Schmerzengehen auf Verspannungen der Muskulatur und Stçrungen im Bereich der periartikul�-ren Sehneninsertionen zur�ck (Periarthrose). Ruheschmerz ist bei der Arthrose des El-lenbogengelenks vorrangig auf eine Entz�ndung im Bereich der Gelenkkapsel zur�ck-zuf�hren.

In bildgebenden Verfahren finden sich typische degenerative Ver�nderungen mitGelenkspaltverschm�lerungen und osteophyt�ren Ausziehungen. Das Radiuskçpf-chen kann eine durch Verdickung imponierende Deformierung aufweisen; h�ufig be-steht eine Vergrçßerung des Kronenfortsatzes der Elle (LAARMANN, 1977). Beifortgeschrittenen degenerativen Ver�nderungen kçnnen sich freie Gelenkkçrper ar-throtischen Ursprungs bilden. Differentialdiagnostisch sind Arthrosen anderer Ge-nese auszuschließen.

Osteochondrosis dissecans im Ellenbogengelenk

Bei dieser Erkrankung handelt es sich zun�chst um eine umschriebene subchondraleaseptische Knochennekrose. Aus diesem Bereich kann sich ein Knochen-Knorpelst�ckherauslçsen und zur Bildung eines freien Gelenkkçrpers (Maus) sowie eines mulden-fçrmigen Defekts (Mausbett) f�hren. Erst das Auftreten von freien Gelenkkçrpernf�hrt zu Einklemmungserscheinungen und schmerzhafter Bewegungseinschr�nkung.Eine durch mechanische Schwingungen und Stçße induzierte Osteochondrosis dis-secans setzt nicht das gleichzeitige Vorhandensein arthrotischer Ver�nderungen vo-raus. Differentialdiagnostisch sind traumatische Ursachen und eine Gelenkchondro-matose auszuschließen.

Arthrose des Schultereckgelenks

Anamnestisch und klinisch stehen Schmerzen der Schulter im Vordergrund, die be-sonders nach �berlastung auftreten. Bei der klinischen Untersuchung besteht h�ufigein Druckschmerz �ber dem Akromioklavikulargelenk. In bildgebenden Verfahrenfinden sich Arthrosezeichen mit osteophyt�ren Ausziehungen am distalen Gelenk-bereich, ggf. mit Ausbildung eines Sporns. Differentialdiagnostisch sind posttrauma-tische Arthrose, infektiçse und rheumatoide Arthritis und Osteolysen auszuschließen.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 173

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 159

Page 174: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

IV. Weitere Hinweise

Eine Anzeige des Verdachtes auf das Vorliegen einer Berufskrankheit nach der Num-mer 2103 ist begr�ndet, wenn eine entsprechende Arbeitsanamnese und ein Befundgem�ß Kapitel III vorliegen.

F�r die Beurteilung der arbeitstechnischen Voraussetzungen wird davon ausgegan-gen, dass die degenerativen Ver�nderungen von der Dauer und der Intensit�t derSchwingungsbelastung sowie von der St�rke der Ankoppelung der H�nde an den vi-brierenden Handgriffen abh�ngig sind. Eine kumulative Dosis der Schwingungsbelas-tung des Hand-Arm-Systems, die als Richtwert f�r die Begr�ndung einer Erkrankungim Sinne der BK-Ziffer 2103 herangezogen werden kçnnte, l�sst sich nach derzeiti-gem Erkenntnisstand nicht festlegen. Die zun�chst bei Bergleuten gewonnenen Erfah-rungen weisen darauf hin, dass die arbeitsbedingten arthrotischen Ver�nderungen anden Gelenken in der Regel nicht vor Ablauf einer zweij�hrigen, t�glich wiederholtenmehrst�ndigen Arbeit mit hoher Schwingungsintensit�t auftreten.

F�r den Erm�dungsbruch des Kahnbeins, die Mondbeinnekrose und die Osteo-

chondrosis dissecans sind Mindestexpositionszeiten derzeit nicht bekannt.Die arthrotischen Gelenksch�den kçnnen auch noch nach Aufgabe der gef�hrden-

den T�tigkeiten in Erscheinung treten oder sich verschlimmern.

V. LiteraturAndreesen, R. H.:

Entstehung, Begutachtung und Behandlung der Kahnbeinpseudarthrose.Arch. Klin. Chir. 309 (1964), 56

Betzel, F.:Die Sonderformen des Preßluftschadens.Hefte zur Unfallheilkunde 78 (1964), 67

Dupuis, H.; Hartung, E.; Konietzko, J.:Arbeitstechnische Voraussetzungen f�r die Berufskrankheit Nr. 2103.Arbeitsmed. Sozialmed. Umweltmed. 33 (1998), 490–496

Dupuis, H.; Hartung, E.:Vibrationsbedingte Erkrankungen des Knochen- und Gelenksystems (BK 2103).In: Konietzko, J. und Dupuis, H. (Hrsg.): Handbuch der Arbeitsmedizin.Landsberg: ecomed 1999, Kap. IV–3.4.1, S. 1–11

Hartung, E.; Dupuis, H.; Scheffer, M.:Einfluss der Greif- und Andruckkraft am Handgriff unter Schwingungsbelastung auf die akute Bean-spruchung des Hand-Arm-Systems.Z. Arb. wiss. 45 (1991), 174–179

Laarmann, A.:Berufskrankheiten nach mechanischen Einwirkungen.Stuttgart: Enke 1977, S. 31–76

Ley, F. X.:Bone and joint disorders associated with hand-arm vibrationsyndrome – Histology and pathophysiology.In: Dupuis, H. et al. (Hrsg.): Proceedings 6th Int. Conf. on Hand-Arm-Vibration.Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften e. V.,Sankt Augustin 1993, S. 267–279

Malchaire, J.; Maldague, B.; Huberlaint, J. M.; Croquet, F.:Bone and joint changes in the wrists and elbows and their association

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 174

160 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 175: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

with hand and arm vibration exposure.Ann. occup. Hyg. 30 (1986), 461–468

Rehm, S.:Chronische Wirkungen auf das Knochen- und Gelenksystem.In: Dupuis, H.: Wirkung mechanischer Schwingungen auf das Hand-Arm-System – Expertenkollo-quium. Bundesanstalt f�r Arbeitsschutz, Fb 348.Bremerhaven: Wirtschaftsverlag 1983, 19–28

Schenk, TH.:Retrospektive statistische Analyse der vibrationsbedingten Hand-Arm-Sch�den von 203 Bauarbei-tern der DDR. Forschungsbericht;Bundesanstalt f�r Arbeitsmedizin, Berlin (1992)

Steinh�user, J.; Abele, H.:Beitrag zur Pathogenese der Mondbeinnekrose.Arch. Orthop. Unfallchir. 78 (1974), 227

Literaturerg�nzungHackenbroch, M. H.:

Arthrosen – Basiswissen zu Klinik, Diagnostik und TherapieThieme, Stuttgart, New York, 2002

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 175

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 161

Page 176: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 21 04 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 7–8/1979, 72–73

Vibrationsbedingte Durchblutungsstçrungen an den H�nden, die zur Unterlassungaller T�tigkeiten gezwungen haben, die f�r die Entstehung, Verschlimmerung oderdas Wiederaufleben der Krankheit urs�chlich waren oder sein kçnnen

Klinische Zuordnung:AngiologieNeurologie

Vibrationen sind mechanische Schwingungen, die durch hohe Frequenzen mit nied-riger Amplitude, Ersch�tterungen solche, die durch niedrige Frequenzen mit hoherAmplitude gekennzeichnet sind. Beide Begriffe �berlappen sich.

I. Gefahrenquellen

Vibrierende, von Hand gef�hrte technische Werkzeuge und Maschinen kçnnenDurchblutungsstçrungen an den Fingern verursachen. Nach praktisch-klinischen Er-fahrungen werden diese Stçrungen bei Vibrationen mit Frequenzen haupts�chlich imBereich von etwa 20 bis 1 000 Hz beobachtet.

Derartige Vibrationen treten auf z. B. bei der Bedienung von hochtourigen Boh-rern, Meißeln, Fr�sen, S�gen, Schneide-, Schleif- und Poliermaschinen sowie Niet-h�mmern und Anklopfmaschinen, ferner bei Handrichtern.

Bevorzugt eingesetzt werden diese pneumatisch oder motorbetriebenen Arbeits-mittel in der Forstwirtschaft, dem Hoch- und Tiefbau, der metallverarbeitenden In-dustrie und im Schiffsbau.

II. Pathophysiologie

Durch die Einwirkung von Vibrationen kann es an der betroffenen Hand zu Sch�denan den Gef�ßen und/oder peripheren Nerven kommen. Die Krankheitsbezeichnung„Vibrationsbedingtes Vasospastisches Syndrom (VVS)“ dr�ckt die urs�chlichen Be-ziehungen aus. Fr�her verwendete Synonyme waren meist deskriptiver Art: „Weißfin-

ger-Krankheit“, „traumatisches Raynaud-Ph�nomen“. Im Schrifttum finden sich fer-ner die Bezeichnungen „Traumatic Vasospastic Disease (TDV)“ bzw. „VibrationInduced White Finger (VWF)“ sowie Vibrations-Syndrom.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Das Krankheitsbild mit anfallsartig und çrtlich begrenzt auftretenden Stçrungen der

Durchblutung und Sensibilit�t an den H�nden tritt im allgemeinen nach einigen Mo-naten bis Jahren auf. Es besteht eine Abh�ngigkeit von Dauer und Intensit�t der t�gli-chen Exposition. Meist treten die Beschwerden im Winterhalbjahr bei Arbeitsbeginnauf. Typischerweise werden die Anf�lle durch K�lteeinfluß beg�nstigt, in fortgeschrit-tenen Stadien auch unabh�ngig von der Arbeit.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 176

162 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 177: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Die Anfallsh�ufigkeit variiert von vereinzeltem bis zu t�glich mehrmaligem Auf-treten. Die Dauer der vasomotorischen Stçrungen betr�gt einige Minuten bis mehrereStunden und kann durch Aufw�rmen verk�rzt werden.

Die Symptome der chronisch-intermittierend auftretenden Durchblutungsstçrun-

gen sind çrtlich begrenzt auf den Teil der Hand, der die Vibrationen haupts�chlichaufnimmt. In den meisten F�llen sind betroffen die Finger II bis V der Halte- und Be-dienungshand. Nur ausnahmsweise treten Beschwerden im Daumen und in der Hohl-hand auf. Die �berwiegende Zahl der Patienten gibt einseitig bestehende Stçrungen

der Durchblutung und Sensibilit�t an: Absterbe- und K�ltegef�hl bei Weißwerden derFinger mit Schw�che und Steifigkeit. Cyanotische Verf�rbung und sp�tere Rçtungmit W�rmegef�hl sind nicht obligat. Paraesthesien in Form von Nadelstichen werdenoft beschrieben. Die Ausbreitung und R�ckbildung dieser Mißempfindungen erfolgtinnerhalb von Minuten von den Fingerspitzen nach proximal. Komplikationen in-folge trophischer Stçrungen treten bei vibrationsbedingten Durchblutungsstçrungenpraktisch niemals auf. Zwischen den nur anfallsweise auftretenden Durchblutungs-

stçrungen sind die davon betroffenen Personen beschwerdefrei.Die Diagnose der Erkrankung ist im beschwerdefreien Intervall schwierig: Inspek-

tion und Palpation ergeben keine f�r die Krankheit charakteristischen Ver�nderun-gen. Sie sind aus differential-diagnostischen Gr�nden jedoch wichtig. Bedeutsam istdie Arbeitsanamnese und die genaue Beschreibung der Beschwerden im zeitlichenund çrtlichen Verlauf. Die Durchf�hrung eines Provokationstests (z. B. Kaltwasser-test bei 12� C) ist erforderlich. Eine Objektivierung der arbeitsbedingten Durchblu-

tungsstçrung wird ermçglicht durch die Messung der Hauttemperatur, die Bestim-mung der Wiedererw�rmungszeit, den Fingernagel-Preßversuch und neurologischeUntersuchungen mit Pr�fung der Sensibilit�t und Motorik. Erg�nzend kçnnen sphyg-momanometrische Untersuchungen und speziellere Tests, die jedoch standardisiertsein sollten, durchgef�hrt werden. Rçntgenaufnahmen der Hand zeigen keine f�rdiese Erkrankung spezifischen Ver�nderungen.

IV. Weitere Hinweise

Die chronisch-rezividierend und çrtlich begrenzt auftretenden vibrationsbedingtenStçrungen der Durchblutung und Sensibilit�t sind aufgrund von Arbeitsanamnese,Beschwerdebild und Lokalbefund und nach Provokationstests zu diagnostizieren.Mit Hilfe des Krankheitsverlaufes und der erhobenen Befunde lassen sich differential-diagnostisch andere, nicht beruflich verursachte periphere Durchblutungsstçrungenabgrenzen: Der klassische M. Raynaud (typischerweise symmetrischer Befall der Fin-ger j�ngerer Frauen, infolge emotionaler oder K�lte-Reize), vasospastische Erkran-kungen wie Akrocyanose, Livedo reticularis und famili�r geh�uft zu beobachtendesog. kalte H�nde, die allesamt bei K�lteexposition auftreten, chronische Erkrankun-gen der Arterien (z. B. Thrombangiitis obliterans) und Zust�nde nach Ergotamin-Me-dikation bzw. Noradrenalin. Das Raynaudsche Ph�nomen beobachtet man meist alsplçtzlich auftretendes und zunehmende Beschwerden verursachendes Symptom bei

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 177

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 163

Page 178: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

systematischen Erkrankungen ung�nstiger Prognose (Kollagenosen, Myelome). �hn-liche Symptome treten auf bei h�matologischen Erkrankungen, wobei Dysprotein�-mien und Kyroglobuline nachweisbar sind. Pr�disponierende Faktoren f�r die Mani-festation arbeitsbedingter Durchblutungsstçrungen sind K�lteexposition (auch in derFreizeit), Nikotinabusus und eine noch nicht weiter abgekl�rte individuelle Disposi-tion, wobei das Alter offensichtlich keinen Einfluß hat.

Die Prognose der Erkrankung ist abh�ngig von der Dauer des Bestehens und demSchweregrad der Beschwerden. Die intermittierenden Durchblutungsstçrungen sindanfangs reversibel und verlieren sich bei fehlender Exposition. Auch noch in fort-geschrittenen F�llen kann die Unterlassung der gef�hrdenden T�tigkeit zu einer Bes-serung der Erkrankung hinsichtlich Intensit�t, H�ufigkeit und Ausmaß der Beschwer-den f�hren.

V. LiteraturIwata, H.; Dupuis, H.; Freund, J. L.; Hartung, E.:

Bei Hand-Arm-Schwingungen auftretende Erkrankungen.Arbeitsmed., Sozialmed., Pr�ventivmed., 12, 295–296, 1973

Klosterkçtter, W.:Kriterien f�r vibrationsbedingte Durchblutungsstçrungen bei beruflichen T�tigkeiten.In: Ergonomische Aspekte der Arbeitsmedizin.Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft f�r Arbeitsmedizin, Jahrestagung 1975, S. 191–199,Gentner-Verlag, Stuttgart

Laarmann, A.:Berufskrankheiten nach mechanischen Einwirkungen.Enke-Verlag, Stuttgart 1977

Lidstrçm, J.-M.:Periphere Kreislauf- und Nervenfunktionsstçrungen bei Personen, die Vibrationseinwirkungen �berdie H�nde ausgesetzt sind.Arbeitsmed., Sozialmed., Pr�ventivmed., 11, 142–144, 1974

McCallum, R. L:Vibration Syndrome.Brit. J. industr. Med. 28,90–99, 1971

Jancik, G.:Durchblutungsstçrungen der H�nde durch Vibrationen bei Holz- und Metallarbeitern.Verhandlungsbericht �ber den 13. Kongreß f�r Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 1973 in D�ssel-dorf.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 178

164 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 179: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 21 05 Anlage BKV

(Nr. 22/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 2/1963, 21

Chronische Erkrankungen der Schleimbeutel durch st�ndigen Druck

Klinische Zuordnung:Orthop�die

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Die Schleimbeutel stellen eine Schutzvorrichtung des Organismus gegen Druck- undStoßbelastung dar. Fortgesetzte lang anhaltende, die Grenzen des Physiologischen�berschreitende Belastungen kçnnen zu chronischen Erkrankungen der Schleimbeutelf�hren. Hiervon kçnnen auch Schleimbeutel betroffen werden, die nicht in Verbin-dung mit Gelenken stehen.

Gef�hrdet sind vorwiegend Personen, die bei ihrer beruflichen T�tigkeit h�ufigDruckbelastungen im Bereich der Knie-, Ellbogen- und Schultergelenke ausgesetztsind. Dies trifft insbesondere f�r Bergleute, Bodenleger und -abzieher, Fliesenleger,Straßenbauer, Steinsetzer, Reinigungspersonal, Glas- und Steinschleifer sowie Lasten-tr�ger zu.

II. Krankheitsbild und Diagnose

In den betroffenen Schleimbeuteln kommt es zun�chst zu einer Reizung und Entwick-lung eines serçsen Exsudates, das sp�ter fibrinçs (flockig-getr�bt) umgewandelt wer-den kann. Da die degenerative Umwandlung mit kapill�rer Neubildung einhergeht,sind gelegentlich h�morrhagische Beimengungen im Exsudat mçglich. Nach l�ngererZeit kann sich ein Schleimbeutelhygrom bilden. Dieses besteht aus einem schwielig-fi-brçsen ein- oder mehrkammerigen Hohlraum, dessen Innenwand zotten- und war-zen�hnliche Erhebungen aufweist. Aus diesen kçnnen sich im weiteren Verlauf reis-korn�hnliche Kçrperchen entwickeln. Kalkeinlagerungen sind mçglich. Die Haut�ber diesen Schleimbeuteln ist oft schwielig ver�ndert. Im Bereich des erkrankten Ge-bietes sind mitunter Spannungsgef�hl und evtl. auch Bewegungsbehinderung vorhan-den. Sekund�rinfektionen mit nachfolgender Vereiterung des betreffenden Schleim-beutels kommen vor.

Differentialdiagnostisch sind die nicht beruflich verursachten Schleimbeutel-erkrankungen abzugrenzen. Dies sind z. B. Verletzungsfolgen, akute und spezifischeEntz�ndungen, chronische, mechanisch bedingte Erkrankungen der Schleimbeutel so-wie kçrpereigene Ursachen, wie Exostosen und Geschw�lste.

III. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung

F�r die Beurteilung der Erkrankung ist die Arbeitsanamnese wichtig. Nur selten tre-ten durch Komplikationen vor�bergehende oder bleibende Folgezust�nde auf.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 179

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 165

Page 180: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 21 06 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 11/2002, 62–64

Drucksch�digung der Nerven

Klinische Zuordnung:Neurologie

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Eine arbeitsbedingte Drucksch�digung eines Nerven im Sinne dieser Berufskrankheitsetzt wiederholte mechanische und durch Druck sch�digende Einwirkung voraus. Be-troffen sind einerseits Nerven, die einer von außen kommenden anhaltenden Einwir-kung gut zug�nglich sind, andererseits Nerven, die wiederholten mechanischen Ein-wirkungen aufgrund einer anatomischen Enge nicht gen�gend ausweichen kçnnen,z. B. �ber einer knçchernen Unterlage, innerhalb eines knçchernen oder fibrçsen Ka-nals (z. B. Sulcus-ulnaris-Syndrom) oder an Sehnenkreuzungen. Es kçnnen sowohlmotorische als auch sensible Nerven oder Nervenanteile gesch�digt werden.Als Gefahrenquellen sind bekannt:– st�ndig wiederholte, gleichartige Kçrperbewegungen im Sinne von mechanischen

�berbelastungen,– �berwiegend haltungskonstante Arbeiten mit nicht oder nur schwer korrigier-

baren Zwangshaltungen, z. B. Daueraufst�tzen des Handgelenkes oder der Ell-bogen, Andr�cken eines Werkzeuges oder bestimmte Gelenkstellungen, die l�n-gere Zeit beibehalten werden m�ssen,

– �berbeanspruchung von Muskeln mit nachfolgender Druckeinwirkung auf Ner-ven,

– Dehnungs- und Traktionswirkungen mit indirekter Einwirkung auf den Nerven,– von außen kommende direkte Druck- oder Zugbelastungen,– wiederholte Einwirkungen von Schlag- oder Reibungskr�ften,– h�ufiges Greifen mit hohem Kraftaufwand.Es bestehen Hinweise auf vermehrt betroffene Berufsgruppen, z. B. Berufsmusiker,Schleifer, Metzger, Lebensmittelh�ndler, Besch�ftigte in der Tiefk�hlkostherstellung,Supermarktkassiererinnen und Bodenreiniger. Zus�tzlich gibt es zahlreiche Hinweiseauf bestimmte sch�digende berufliche Expositionsfaktoren (z. B. großer Kraftauf-wand bei Greifbewegungen, repetitive Bewegungen im Handgelenk, gebeugtes bzw.�berstrecktes Handgelenk). Diese Expositionsfaktoren treten in den untersuchten Be-rufsgruppen vermehrt auf, sind aber auch bei einer Vielzahl anderer T�tigkeiten zufinden.

Sch�den kçnnen auch durch das Aus�ben bestimmter Sportarten hervorgerufenwerden. Dies ist sowohl von �tiologischem Interesse als auch hinsichtlich der berufs-m�ßigen Aus�bung bestimmter sportlicher und artistischer T�tigkeiten zu beachten(z. B. Radfahrer, Golfer, Kegler, Reiter).

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 180

166 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 181: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Im Weiteren werden nur diejenigen Druckeinwirkungen betrachtet, die aufgrundihrer Charakteristik einen diagnostizierbaren und evtl. bleibenden Nervenschadenhervorrufen.

Nicht Gegenstand dieser Berufskrankheit sind akute traumatische Nervensch�di-gungen, das Karpaltunnel-Syndrom (CTS) sowie Nervensch�den durch bestimmte Er-krankungen, die �ber andere Berufskrankheiten erfasst sind (z. B. bandscheibenbe-dingte Erkrankungen der Hals- oder Lendenwirbels�ule oder Nervensch�digungendurch toxische Substanzen).

II. Pathophysiologie

Kennzeichnend f�r das Vorliegen einer Berufskrankheit gem�ß dieser Begr�ndung isteine eindeutige Beziehung zwischen der Lokalisation des einwirkenden Drucks unddem anatomisch zuzuordnenden klinisch-neurologischen Befund.

Jede Drucksch�digung am peripheren Nerv beginnt mit einem reversiblen Lei-tungsblock durch umschriebene funktionelle Ver�nderungen an den Markscheiden(Neurapraxie); die elektrische Erregbarkeit des Nerven bleibt distal der L�sion erhal-ten. Bei chronischem oder intermittierendem Weiterwirken der Druckbelastungkommt es jedoch zum umschriebenen Untergang der Myelinscheide (segmentale De-

myelinisierung), dem nosologisch typischen Stadium. Gleichzeitig oder sp�ter kann eszur Kontinuit�tsunterbrechung von Axonen und endoneuralen Strukturen bei erhal-tener Nervenh�lle (Axonotmesis) kommen. Eine komplette Durchtrennung von Ner-venfasern und Nervenh�lle (Neurotmesis) ist nicht zu erwarten.

Mehrfachen und unterschiedlich lokalisierten Einwirkungen auf den Nerven, sog.Double-Crush-Syndromen, wird ein kumulativer Effekt zugeschrieben: Ein gering-f�giger proximal lokalisierter Druck, der allein nicht ausreicht, um einen Schaden zuverursachen, kann die Empfindlichkeit der distal gelegenen Nervenanteile gegen�berDruck deutlich erhçhen.

III. Krankheitsbilder und Diagnosen

Das typische pathophysiologische und klinische Bild einer durch Druck verursachtenNervensch�digung ist ein Nebeneinander von segmentaler De- und Remyeliniserung.Betroffen sein kçnnen die Nervenwurzel, ein Plexusbereich (z. B. Plexus cervicalis,Plexus brachialis, Plexus lumbo-sacralis) und periphere Nerven. Isolierte Ausf�lle pe-ripherer Nerven (Mononeuropathien) haben nahezu immer mechanische Ursachen.Stçrungen im peripheren motorischen Neuron f�hren zum Syndrom des schlaffenL�hmungstyps, dessen Symptomatik vom Umfang und Schweregrad der Sch�digungabh�ngig ist. Fr�hsymptome sind Reizerscheinungen, Sensibilit�tsstçrungen undKraftminderung in den betroffenen Regionen. Bei fortgeschrittener Sch�digung sindMuskelatrophien und ausgepr�gte Paresen oder Paralysen zu beobachten.

Bei Drucksch�digungen von Nerven werden typischerweise schon in fr�hen Sta-dien anamnestische Angaben �ber „Kribbeln, pelziges Gef�hl, Ameisenlaufen, einge-schlafener Kçrperteil etc.“ oder „allgemeines Erm�dungsgef�hl“ gemacht. Ebenfalls

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 181

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 167

Page 182: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

schon fr�h werden Schmerzen im Versorgungsgebiet des Nerven angegeben. Diesetreten h�ufig auch in Ruhe und nachts auf und kçnnen �ber den unmittelbar sch�di-genden Druckbereich hinausgehen. Typischerweise finden sich bei diesen Nervenl�-sionen auff�llige elektroneurographische und elektromyographische Befunde; beson-ders kennzeichnend ist eine herabgesetzte Nervenleitgeschwindigkeit.

Folgende Sensibilit�tsstçrungen sind zu unterscheiden:– Reizsymptome (z. B. Schmerzen, Par�sthesien, Dys�sthesien, Neuralgien, Hyper-

pathien),– Ausfallsymptome (z. B. An�sthesie, taktile Hyp�sthesie, thermische Hyp�sthesie

oder An�sthesie, Hypalgesie oder Analgesie, Oberfl�chen- oder Tiefensensibili-t�tsstçrungen),

– partielle Leitungsstçrungen mit pathologischem Funktionswandel (z. B. Kausal-gien, Phantomschmerzen).

Meist bestehen Reiz- und Ausfallsymptome sowie trophische Stçrungen nebeneinan-der. Partielle Leitungsstçrungen sind bei arbeitsbedingten Drucksch�digungen kaumzu erwarten. Bei Plexussch�den oder L�sionen peripherer Nerven, die auch autonomeFasern f�hren, ist auch mit Reiz- oder Ausfallserscheinungen der vegetativen Innerva-tion zu rechnen. Eine vollst�ndige Unterbrechung eines peripheren Nerven verursachtdann beispielsweise eine Anhidrose. Die Symptome sind auf das Versorgungsgebietdes jeweiligen Nerven begrenzt und besitzen somit hohe diagnostische Bedeutung. Zubeachten ist, dass die Symptomatik aufgrund der histologisch nachweisbaren Mark-scheidenver�nderungen �ber den Bereich der unmittelbaren Druckwirkung hinausrei-chen kann.

Mçgliche Symptome bei druckbedingten Nervensch�den sind ohne wertende Rei-hung nachfolgend aufgelistet:– Spontanschmerzen mit Ausstrahlung,– Klopfschmerzen im Nervenverlauf,– Druckschmerzempfindlichkeit,– �berempfindlichkeit,– Mißempfindungen,– Unempfindlichkeit,– Muskelschw�che, -atrophie,– Reflexausf�lle, – abschw�chungen,– Gestçrte Schweißsekretion,– Trophische Stçrungen von Haut- und Hautanhangsgebilden,– „Elektrisierende Sensationen“ durch Beklopfen des Nervenkompressionsortes (Ti-

nel'sches Zeichen),– Ver�nderungen der Nervenleitgeschwindigkeit,– Ver�nderungen im Elektromyogramm,– Entartungsreaktion in der Reizstromdiagnostik.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 182

168 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 183: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Nachstehend werden beispielhaft und ohne Anspruch auf Vollst�ndigkeit f�r betrof-fene Nerven (N) die typischen morphologischen Sch�digungsmçglichkeiten, ggf. mitHinweisen auf anatomische Varianten (V), und bekannte arbeitsbedingte Belastungen(B) sowie ggf. bestimmte Krankheitsbilder aufgelistet:

1. Nervensch�den an der oberen Extremit�t

N.: Armplexusschaden im Wurzelbereich (C4) C5 – Th1

(Thoracic-outlet-Syndrom);V.: Engpassproblematik im Bereich der Skalenusl�cken, der kosto-klavikul�ren Pas-

sage und/oder des Korakoids;B.: Lastendruck auf der Schulter, Lastenzug am Arm, repetitive Abduktions- und

Adduktionsbewegungen im Schultergelenk, �berkopfarbeiten mit nach hintengestrecktem Arm, Spielen von Streichinstrumenten.

N.: N. axillaris

V.: Einengung der lateralen Achsell�cke;B.: Passiver Druck in der Axilla durch Hebel.

N.: N. medianus (mit Ausnahme des CTS)V.: Beeintr�chtigung der A. brachialis und des Muskelbauches des M. brachialis, su-

prakondyl�re Prozesse („Struthers ligament“), M. pronator teres, MuskelkopfM. flexor pollicis longus, M. interosseus anterior. Wird der Nerv in der Ellen-beuge oder proximal davon gesch�digt, fallen die Hand- und die langen Finger-beuger aus („Schwurhand“).Bei einer Sch�digung distal der Ellenbeuge kommt es vorwiegend zu Sensibili-t�ts- und vegetativ-trophischen Stçrungen, aber auch zu motorischen Stçrungen.

B.: Pronator-teres-Syndrom: Repetitive Pro- und Supinationsbewegungen beigleichzeitigen repetitiven Fingerbewegungen, insbesondere Fingerflexion;Interosseus-anterior-Syndrom (Kiloh-Nevin): Forcierte Pronation mit gleichzei-tiger Beugung, Tragen von Lasten auf dem gebeugten Unterarm.

N.: N. musculocutaneus

V.: Meist im Rahmen einer Armplexussch�digung;B.: Tragen schwerer Lasten, am gebeugten Unterarm h�ngendes Gewicht, exzessi-

ves fortlaufendes Schrauben.

N.: N. radialis

V.: Axilla, Humerusschaft, M. triceps brachii, Radialistunnel bzw. M.supinator (Su-

pinatorsyndrom), Kompression des Ramus superficialis N. radialis. Wird derNerv proximal der Ellenbeuge gesch�digt, finden sich muskul�re Stçrungen beider Unterarmstreckung bis zu einem Totalausfall, Sensibilit�tsauff�lligkeitenund Supinationsstçrungen („Fallhand“). Beim Supinatorsyndrom finden sich

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 183

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 169

Page 184: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

motorische Ausf�lle der Hand- und Fingerstrecker, aber keine Sensibilit�tsaus-f�lle.

B.: Axilla- und Oberarmkompression: Druck von Hebeln („Kr�ckenl�hmung“),chronische �berbeanspruchung des M. triceps brachii, z. B. bei Maurern, Zim-merleuten;Supinatorsyndrom: Repetitive Pro- und Supinationsbewegungen bei extendier-tem Ellbogengelenk;Ramus superficialis (Cheiralgia paraesthetica):Repetitive Pro- und Supination mit Drehbewegungen, z. B. Wickeln, Blumenbin-den, Tçpferarbeiten; Druck auf den Unterarm bei gestrecktem Handgelenk, z. B.Steinetragen, Spielen von Tasteninstrumenten etc.

N.: N. suprascapularis

V.: Relative Fixation des Nerven in der Incisura scapulae mit mechanischem Rei-bungsschaden;

B.: Repetitive kombinierte Außen/Innenrotationsbewegungen in Abduktion zur Ge-genseite, z. B. Spielen von Musikinstrumenten, repetitive �berkopfarbeiten, ein-seitiges Heben und Tragen schwerer Lasten �ber der Schulter.

N.: N. thoracicus longus

V.: Untere Armplexussch�digung (C8, Th1) oder klavikul�rer Engpass;B.: Tragen starrer und schwerer Lasten auf den Schultern („Rucksackl�hmung“),

Arbeiten in Bauchlage, wuchtige Schl�ge mit schwerem Werkzeug.

N.: N. ulnaris

V.: Medialer Epikondylus bzw. Sulcus ulnaris, Muskelkopf M. flexor carpi ulnaris(Kubitaltunnelsyndrom), Guyon'sche Loge. Die motorischen Ausf�lle bei Ner-vensch�digungen proximal des Handgelenkes sind unter dem Begriff „Krallen-

hand“ bekannt.B.: Sulcus-ulnaris-Syndrom: von außen einwirkender Druck, z. B. bei aufgest�tzem

Ellbogen, Friktionstrauma im Sulcus durch repetitive Flexion und Extension imEllbogengelenk, z. B. bei Pianisten, Bl�sern und Saiteninstrumentalisten;Kubitaltunnel-Syndrom: Repetitive Bewegungen im Ellbogengelenk und Druck-einwirkungen am proximalen Unterarm bei gebeugtem Ellbogengelenk, z. B.H�mmern, Heben/Tragen;Guyon-Logensyndrom: Druck von Arbeitsmitteln im Hohlhandbereich, gele-gentlich mit Hyperextension im Handgelenksbereich verbunden, z. B. Kristall-glasschleifer, Elektronikarbeiter, Kellner.

2. Nervensch�den an der unteren Extremit�t

N.: Beinplexusschaden im Wurzelbereich Th12 – S5

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 184

170 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 185: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

V.: N. ilioinguinalis beim Durchtritt durch die Mm. transversus abdominis und obli-quus internus abdominis, N. cutaneus femoris lateralis, N. obturatorius, N. is-chiadicus;

B.: Anhaltende Ventralbeugung des Rumpfes, anhaltend angespannte Bauchmusku-latur, Hyperflexion oder Hyperextension im H�ftgelenk, selten Druckparesendes N. ischiadicus, z. B. bei Reitern.

N.: N. tibialis

V.: Kompression unter dem Retinaculum flexorum (Tarsaltunnelsyndrom);B.: Enges Schuhwerk, langes Gehen unter Belastung, repetitive Fußbeugung und –

streckung, z. B. Pedalbet�tigungen, Arbeiten im Knien mit zur�ckgelegter Kçr-perhaltung, Arbeiten im Sitzen mit h�ngenden Beinen.

N.: N. peronaeus (N. fibularis)

V.: Oberfl�chliche Lage des Nerven am Capitulum fibulae;B.: Hocken und Knien, z. B. Fliesenlegen, Asphaltieren; l�ngerdauernde K�lteexpo-

sition.

3. Sonstige Nervensch�den

N.: N. facialis, N. trigeminus

V.: Druckneuropathie;B.: Druckbelastungen im Versorgungsbereich des Nerven, z. B. beim Gebrauch von

Blasinstrumenten (Ansatzstçrung, fokale Dystonie).Da im Lippenbereich sehr umschriebene Bezirke betroffen sein kçnnen, ist elek-troneurographisch – entgegen der gegenw�rtig �blichen Vorgehensweise – gege-benenfalls eine Ableitung mit Nadelelektroden und eine multilokul�re Reizungerforderlich.

IV. Weitere Hinweise

Beim Zusammenwirken von arbeitsbedingten und nicht arbeitsbedingten Faktorenmuß deren jeweilige Bedeutung abgewogen werden. Die wichtigsten differentialdiag-nostischen Erw�gungen sind nachstehend aufgef�hrt:– Anatomische Varianten (z. B. suprakondyl�re Prozesse, Halsrippe etc.),– angeborene Sch�den (z. B. Geburtsl�hmung d. Plexus),– Nervenverlaufsvarianten,– Erkrankungen des zentralen Nervensystems (z. B. Neuritis, multiple Sklerose, Sy-

ringomyelie, Vorderhornprozesse etc.),– Idiopathische Fazialisparese,– Tendovaginitiden oder andere Erkrankungen des Sehnengleitgewebes,– Prim�re Muskelerkrankungen,– Infiltration durch Tumore (z. B.Pancoasttumor),– Bandscheibensch�den,

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 185

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 171

Page 186: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

– Blutkrankheiten,– Frakturen und Frakturfolgen (z. B. Drucksch�den durch Gipsbandage, Fehlstel-

lungen),– Schnitt-, Scher-, Stich- und Quetschverletzungen,– Schwangerschaft,– Stoffwechselstçrungen oder Einwirkung toxischer Substanzen (z. B. Polyneuro-

pathie bei Diabetes mellitus, Alkoholabusus, Urik�mie etc.),– Stromeinwirkung,– Thermische Sch�den,– Iatrogene Sch�den (z. B. Injektionen, Operation, Anwendung von Rçntgenstrah-

len, medikamentçse Therapien).

Eine sorgf�ltige Einzelfallpr�fung auf objektivierbare und reproduzierbare neurologi-sche und neurophysiologische Parameter, differentialdiagnostische �berlegungen so-wie eine sorgf�ltige Arbeitsanamnese sind unentbehrlich, um eine eindeutige Diag-nose vor allem im Hinblick auf eine arbeitsbedingte Ursache stellen zu kçnnen. Derelektroneurographische Nachweis einer Ver�nderung der peripheren Nervenleitf�hig-keit ist dabei in der Regel unverzichtbar. Die Expositionsvermeidung mit Ausschal-tung der sch�digenden Druckbelastung ist f�r die Heilung bzw. f�r die Besserung derSymptome unerl�ßlich.

V. LiteraturBundesministerium f�r Arbeit und Sozialordnung – BMA (Hrsg.):

Wissenschaftliche Begr�ndung f�r die Berufskrankheit „Drucksch�digung der Nerven“.BArbBl. 9/2001, S. 59–63

Hinweis: Kapitel H Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten21 06 Drucksch�digung der Nerven

Kapitel I Wissenschaftliche Begr�ndung f�r eine Berufskrankheitnach § 9 (2) SGB VII2 (Karpaltunnelsyndrom durch mechanische Belastung)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 186

172 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 187: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 21 07 Anlage BKV

(Nr. 45/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 2/1964, 34

Abrißbr�che der Wirbelforts�tze

Klinische Zuordnung:Orthop�die

I. Vorkommen und Entstehungsweise

Abrißbr�che der Wirbelforts�tze kommen haupts�chlich bei Schaufelarbeiten mit�berhohen und �berweiten W�rfen vor. Auch w�hrend eines Arbeitsschwungs, beiungewçhnlichen oder selten ausgef�hrten Kçrperbewegungen, z. B. beim Aufhebenoder Ablegen einer Last, kçnnen Abrißbr�che auftreten. Der Abriß kann auch bei ei-ner belanglosen Gelegenheit eintreten, n�mlich dann, wenn ein Erm�dungsschadenso weit fortgeschritten ist, daß der endg�ltige Bruch (Erm�dungsbruch) im degene-rierten Knochengewebe zu jedem Zeitpunkt mçglich ist.

F�r die Entstehung der Sch�digung, die auch als sogenannte Schipperkrankheit be-zeichnet wird, spielen kçrperliche �berlastung infolge erschwerter Arbeitsbedingun-gen, ungeschickte Handhabung des Arbeitsger�tes sowie mangelnde Arbeits�bungeine Rolle. Herabgesetzter Allgemeinzustand, statische Stçrungen im Bereich der Wir-bels�ule und konstitutionelle Faktoren kçnnen ebenfalls von Bedeutung sein.

�berwiegend werden die Dornforts�tze der unteren Hals- und Brustwirbels�ulegesch�digt. Diese sind durch den dort kreuzenden Kraftverlauf der Rumpf- undSchulterg�rtelmuskulatur einer besonders hohen Beanspruchung ausgesetzt.

Muskulçse Athletiker sind ebenso gef�hrdet wie Pykniker und Astheniker.Pathologisch-anatomisch entstehen sog. Erm�dungsbr�che durch Auflçsungsvor-

g�nge an den Knochenkristallen und durch Gestaltsver�nderungen der Knochenb�lk-chen mit kleincystischer Umwandlung der Knochenstruktur, die schließlich zu sicht-barer Spaltbildung f�hren.

II. Krankheitsbild und Diagnose

Dem Abrißbruch kçnnen Schw�chegef�hl und zeitweise auftretende ziehende und rei-ßende Schmerzen zwischen den Schulterbl�ttern, die oft als rheumatische Beschwer-den angesehen werden, vorausgehen.

Auch ohne solche Vorzeichen kann unter plçtzlich auftretenden heftigen, meiststechenden Schmerzen �berwiegend im Nacken oder zwischen den Schulterbl�tternder Abriß eines Dornfortsatzes erfolgen. Manchmal ist dies mit hçrbarem Knackenverbunden. Danach kommt es zu einer Steifhaltung der Schultern mit Zwangshaltungdes Kopfes nach vorn und unten; hierdurch ist u. a. das An- und Ausziehen der Klei-dung erschwert.

Die Rçntgenaufnahme zeigt einen meist senkrecht verlauf enden Aufhellungsspalt;das gelçste Bruchst�ck ist in der Regel etwas nach unten verzogen. Die Bruchfl�chen

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 187

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 173

Page 188: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

weisen je nach Alter des Erm�dungsbruchs einen mehr oder weniger ausgepr�gtenDegenerationssaum auf.

Vorwiegend betroffen ist der Dornfortsatz des 1. Brust- und des 7. Halswirbels,weniger h�ufig der des 6. Hals- oder 2. Brustwirbels.

Gelegentlich kommen Abrißbr�che gleichzeitig an mehreren Dornforts�tzen,mçglicherweise auch an Querforts�tzen von Wirbelkçrpern vor.

Differentialdiagnostisch abzugrenzen sind Frakturen als Folge einer einmaligen di-rekten (z. B. Schlag) oder indirekten (z. B. Zerrung) Gewalteinwirkung, pseudarthro-tische Spaltbildungen, seltener Frakturen infolge von Entz�ndungen, Tumoren u. a.

III. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung

Die Diagnosestellung st�tzt sich auf die ausf�hrlich zu erhebende Anamnese, ins-besondere Arbeitsanamnese. Die Behandlungsdauer eines Abrißbruches betr�gt inder Regel wenige Wochen. Die Heilung erfolgt meist bindegewebig.

Sp�tsch�den sind im allgemeinen nicht zu erwarten.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 188

174 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 189: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 21 08 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 3/1993, 50–53

Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbels�ule durch langj�hriges He-

ben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langj�hrige T�tigkeiten in extremer

Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller T�tigkeiten gezwungen haben, dief�r die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ur-s�chlich waren oder sein kçnnen

Klinische Zuordnung:NeurologieOrthop�die

I. Gefahrenquellen

Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbels�ule (LWS) haben eine multi-faktorielle �tiologie. Sie sind weit verbreitet und kommen in allen Altersgruppen, so-zialen Schichten und Berufsgruppen vor. Unter den beruflichen Einwirkungen, diebandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS wesentlich mitverursachen und ver-schlimmern kçnnen, sind fortgesetztes Heben, Tragen und Absetzen schwerer Lastenoder h�ufiges Arbeiten in extremer Beugehaltung des Rumpfes wichtige Gefahren-quellen. Derartige berufliche Belastungen der LWS kçnnen vor allem im untert�gigenBergbau, bei Maurern, Steinsetzern und Stahlbetonbauern, bei Schauerleuten, Mç-bel-, Kohlen-, Fleisch- und anderen Lastentr�gern, bei Landwirten, Fischern undWaldarbeitern sowie bei Besch�ftigten in der Kranken-, Alten und Behindertenpflegeauftreten. T�tigkeiten mit vergleichbarem Belastungsprofil sind als Gefahrenquelleebenfalls in Betracht zu ziehen. Eine zus�tzliche Gef�hrdung geht von Arbeiten mitHeben und Tragen schwerer Lasten und Arbeiten in extremer Rumpfbeugehaltungaus, wenn sie in verdrehter Kçrperhaltung durchgef�hrt werden.

Ein anderer bandscheibengef�hrdender Faktor im Arbeitsprozeß ist die Einwir-kung mechanischer Ganzkçrperschwingungen (vgl. BK-Nr. 2110).

Als konkurrierende Faktoren sind Fehlbelastungen der Lendenwirbels�ule durchaußerberufliche T�tigkeiten im Sinne von Abs. 1, z. B. im Hausbau, bei schwerer Gar-tenarbeit sowie Land- und Forstwirtschaft zu beachten, sofern diese entsprechendden in Abschnitt IV gegebenen Hinweisen ebenso langj�hrig durchgef�hrt werdenund mit dem Heben oder Tragen schwerer Lasten oder T�tigkeiten in extremerRumpfbeugehaltung verbunden sind. Weiterhin sind sportliche Aktivit�ten mit He-ben oder Tragen schwerer Lasten oder in extremer Rumpfbeugehaltung zu ber�ck-sichtigen.

II. Pathophysiologie

Die Zwischenwirbelabschnitte der unteren Lendenwirbels�ule sind beim Menschenschon w�hrend des gewçhnlichen Tagesablaufes erheblich belastet. Da die blutgef�ß-losen Bandscheiben hinsichtlich ihrer Ern�hrung besonders von den Diffusionswegenabh�ngen, sind sie f�r mechanische Dauerbelastungen sehr anf�llig. Anhaltende

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 189

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 175

Page 190: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Kompressionsbelastung reduziert die druckabh�ngigen Fl�ssigkeitsverschiebungenund beeintr�chtigt damit den Stoffwechsel im Bandscheibengewebe.

Durch Laktatakkumulation und ph-Verschiebung zu sauren Werten wird ein Mi-lieu erzeugt, das zytolytisch wirkende Enzyme aktiviert. Damit werden degenerativeVer�nderungen eingeleitet oder beschleunigt. In diesem Milieu werden die restitutivenProzesse gehemmt.

Unter Belastungen durch Heben und Tragen schwerer Lasten und Rumpfbeu-gehaltungen erhçht sich der intradiskale Druck um ein Mehrfaches. Nach intradis-kalen Druckmessungen und biomechanischen Berechnungen kçnnen Kompressions-kr�fte erreicht werden, die im Experiment an menschlichen Wirbels�ulenpr�paratenDeckplatteneinbr�che der Wirbelkçrper sowie Einrisse am Anulus fibrosus der Band-scheibe verursachen.

Eingetretene Sch�den am Bandscheibengewebe sind irreversibel. Sie setzen einenProzeß in Gang, in dem Bandscheibendegeneration, degenerative Ver�nderungen derWirbelkçrperschlußplatten, Massenverschiebungen im Bandscheibeninneren, In-stabilit�t im Bewegungssegment, Bandscheibenvorwçlbung, Bandscheibenvorfall,knçcherne Ausziehungen an den Randleisten der Wirbelkçrper, degenerative Ver-�nderungen der Wirbelgelenke sowie durch derartige Befunde hervorgerufene Wir-bels�ulenbeschwerden mit Funktionsstçrungen in einem �tiopathogenetischen Zu-sammenhang zu betrachten sind.

Die pathophysiologischen Kenntnisse werden durch zahlreiche epidemiologischeStudien gest�tzt, die belegen, daß mit ansteigender Wirbels�ulenbelastung die H�u-figkeit bandscheibenbedingter Erkrankungen erheblich zunimmt. Solche Unter-suchungen wurden insbesondere bei Lastentr�gern im Hafenumschlag, in Schlacht-hçfen und im sonstigen innerbetrieblichen Transport durchgef�hrt (Schrçter undRademacher 1971, Mach et al. 1976, Yoke und Ann 1979, Luttmann et al. 1988).Ebensogut belegt ist der Zusammenhang zwischen Heben oder Tragen schwerer Las-ten und der H�ufigkeit von bandscheibenbedingten Erkrankungen der Wirbels�ulebei Maurern, Steinsetzern, Stahlbetonbauern und anderen Besch�ftigten im Hoch-und Tiefbau (Yoshida et al. 1971, H�ublein 1979, Damlund et al. 1982, Riihim�ki1985, Heliçvaara 1987, Riihim�ki et al. 1989).Ein erhçhtes Risiko f�r die Entwick-lung von bandscheibenbedingten Erkrankungen der Lendenwirbels�ule konnte auchf�r Besch�ftigte in der Krankenpflege, insbesondere bei Pflegehelferinnen gesichertwerden (Videmann et al. 1984, Venning et al. 1987, Kaplan und Deyo 1988, Estryn-Behar et al. 1990). F�r einen �berblick �ber die Literatur sei auf Andersson (1991)verwiesen.

Weiterhin ergaben epidemiologische Studien bei Besch�ftigten, die beruflich in ex-tremer Rumpfbeugehaltung arbeiten m�ssen, ein erhçhtes Risiko f�r bandscheiben-bedingte Erkrankungen der Lendenwirbels�ule. Solche Studien wurden bei Bergleu-ten durchgef�hrt, die unter Tage in Streben mit einer Hçhe von < 100 cm t�tig warenund dort h�ufig auch im Knien, Hocken und verdrehter Kçrperhaltung arbeiteten(Havelka 1980).Weitere Studien wurden bei Stahlbetonbauern im Hochbau durch-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 190

176 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 191: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

gef�hrt, die h�ufig in extremer Rumpfbeugehaltung mit einer Beugung des Oberkçr-pers aus der aufrechten Haltung von 90� und mehr arbeiteten (Wickstrçm et al.1985).

III. Krankheitsbild und Diagnose

Folgende bandscheibenbedingte Erkrankungen kçnnen unter bestimmten Bedingun-gen durch Heben und Tragen schwerer Lasten oder Arbeiten in extremer Rumpfbeu-gehaltung verursacht werden:

a) Lokales Lumbalsyndrom:Akute Beschwerden (Lumbago) oder chronisch-rezidivierende Beschwerden in derKreuz-Lendengegend. Bei letzteren werden ein Belastungs-, ein Entlastungs- sowie einHyperlordose-Kreuzschmerz (Facettensyndrom) unterschieden. Mçglich ist auch einepseudoradikul�re Schmerzausstrahlung in die Oberschenkelmuskulatur.

Pathomechanismus: Mechanische Irritation des hinteren L�ngsbandes (z. B. durchintradiskale Massenverschiebung), der Wirbelgelenkkapsel und des Wirbelperiosts.

Drei Gesichtspunkte der Diagnosesicherung sind zu beachten:– Die topische Diagnose umfaßt Ort, Art und Ausstrahlungscharakter der Be-

schwerden und liefert somit erste Voraussetzungen f�r die sinnvolle Planung desweiteren Untersuchungsganges.

– Die Strukturdiagnose beinhaltet verschiedene Untersuchungstechniken, um die ge-schilderten Beschwerden den pathogenetisch f�hrenden Strukturen zuzuordnen(Gelenke, Ligamente, Muskeln, Bandscheiben etc.).

– Die Aktualit�tsdiagnose ber�cksichtigt die im Vordergrund stehenden und den Pa-tienten am meisten belastenden Beschwerden, wie Bewegungseinschr�nkungen,Kraftabschw�chung, Sensibilit�tsstçrung, Schmerzsituation, vegetative Begleit-symptomatik oder psychische Einstellung.

Bei der Diagnostik eines lokalisierbaren Schmerzpunktes in einem Wirbels�ulenseg-ment m�ssen auch die Bewegungsstçrung, die Schmerzausstrahlung und die neurolo-gische Irritation diesem Segment zugeordnet werden kçnnen, erst dann kann eine ver-tebragene Ursache angenommen werden. Die Differentialdiagnostik ist dringenderforderlich, um wirbels�ulenabh�ngige Beschwerden abzugrenzen von extraver-tebralen Ursachen.

b) Mono- und polyradikul�re lumbale Wurzelsyndrome („Ischias“):Ein- oder beidseitig segmental ins Bein ausstrahlende, dem Verlauf des Ischiasnervenfolgende Schmerzen, meist in Verbindung mit Zeichen eines lokalen Lumbalsyn-

droms.Weitere Leitsymptome sind: Positives Lasgue-Zeichen, ischialgiforme Fehlhal-

tung, segmentale Sensibilit�tsstçrungen, Reflexabweichungen, motorische Stçrungen(vgl. Tab. 1).

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 191

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 177

Page 192: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Tab. 1: Leitsymptome bei lumbalen Wurzelsyndromen (nach Kr�mer 1986)

Segment Peripheres Motorische Reflexab- Nervendehnungs-

Schmerz- und Stçrung schw�chung zeichen

Hyp�sthesiefeld (Kennmuskel)

L1/L2 Leistengegend (Femoralis-

dehnungsschmerz)

L3 Vorderaußenseite Quadrizeps Patellar- Femoralis-

Oberschenkel sehnenreflex dehnungsschmerz

L4 Vorderaußenseite Quadrizeps Patellar- positives

Oberschenkel, sehnenreflex Lasgue-

Innenseite Unter- Zeichen

schenkel und Fuß

L5 Außenseite Un- Extensor hallucis positives

terschenkel, me- longus Lasgue-

dialer Fußr�cken, Zeichen

Großzehe

S1 Hinterseite Tricepes Achilles- positives

Unterschenkel, surae, sehnen- Lasgue-

Ferse, Fuß- Glut�en reflex Zeichen

außenrand,

3.–5. Zehe

Pathomechanismus: Mechanische Irritation der Nervenwurzel L3-S1 durch degenera-tive Ver�nderungen der lumbalen Bandscheiben (Bandscheibenvorwçlbung und -vor-

fall, Lockerung und Volumen�nderung der Bandscheiben, Instabilit�t im Bewegungs-segment, Randzacken an den Hinterkanten der Wirbelkçrper).

Es kommen auch hohe lumbale Wurzelsyndrome (L1 und L2) infolge einer Kom-pression der ventralen Spinalnerven�ste vor, sie sind insgesamt jedoch selten.

c) Kaudasyndrom:Sonderform der polyradikul�ren lumbalen Wurzelsyndrome mit Reithosenan�sthesie,Fehlen des Achillessehnenreflexes bei Schw�che der Wadenmuskeln, Schließmuske-

linsuffizienzen von Blase und Mastdarm; auch Potenzstçrungen kommen vor. Bei hç-herliegender L�sion: Fuß- und Zehenheberparesen, Quadrizepsschw�chen und Patel-

larsehnenreflexausf�lle. In aller Regel handelt es sich beim bandscheibenbedingtenKaudakompressionssyndrom um ein akutes Ereignis.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 192

178 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 193: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Pathomechanismus: Medianer Massenprolaps bei L3/L4 oder L4/L5 mit Kom-pression aller Nervenwurzeln der Cauda equina.

Die Diagnose wird auf der Grundlage der Vorgeschichte, der klinischen (vorwiegendorthop�disch-neurologischen) und der radiologischen Untersuchung gestellt. Ver-�nderungen im Rçntgenbild wie eine Verschm�lerung des Zwischenwirbelraumesund eine Verdichtung der Deck- und Grundplatten der Wirbelkçrper (Osteochondro-

se) oder Ver�nderungen der kleinen Wirbelgelenke (Spondylarthrose) und Rand-w�lste an den Wirbelkçrpern (Spondylose) kçnnen auf bandscheibenbedingte Er-krankungen hinweisen. Ohne entsprechende chronisch-rezidivierende Beschwerdenund Funktionseinschr�nkungen begr�nden sie f�r sich allein keinen Verdacht auf dasVorliegen einer Berufskrankheit, da solche Ver�nderungen auch bei Beschwerdefreiennachweisbar sein kçnnen.

Bei der klinischen Untersuchung stehen Inspektion, Palpation, Funktionspr�fungund ein orientierender neurologischer Status im Vordergrund. Gegebenenfalls sindweiterf�hrende diagnostische Verfahren wie Elektromyographie, Myelographie,Computertomographie, Kernspintomographie oder Diskographie indiziert.

Auf eine sorgf�ltige Befunddokumentation ist zu achten (z. B. Meßblatt f�r dieWirbels�ule nach der Neutral-Null-Methode).

Differentialdiagnostisch sind u. a. abzugrenzen:

Vertebral Extravertebral

– Angeborene oder erworbene – gyn�kologische Krankheiten

Fehlbildungen der LWS – urologische Krankheiten

– Spondylolisthesis – Krankheiten des Verdauungssystems

– Spondylitis – H�ftbedingte Schmerzen (Koxalgie)

– Tumor (Metastase) – Erkrankungen des Ileosakralgelenkes

– Osteoporose – Tumoren (z. B. retroperitoneal)

– Fraktur – Spritzensch�digung

– Kokzygodynie – diabetische Neuropathie

– Wirbelfehlbildungen – arterielle Durchblutungsstçrungen in den

– Idiopathische Wirbelkanalstenose Beinen

– Fluorose (BK-Nr. 1308) – Aortenaneurysma

– Morbus Paget – statische Beinbeschwerden durch

– Morbus Bechterew Fußdeformierungen, Achsenabweichungen

oder Beinl�ngendifferenzen

– Neuropathien

– psychosomatische Erkrankungen

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 193

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 179

Page 194: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

IV. Weitere Hinweise

Die Beurteilung von bandscheibenbedingten Erkrankungen der Lendenwirbels�uleim Hinblick auf berufliche Entstehungsursachen stellt sich nicht selten als schwierigesProblem dar. Der wichtigste Grund daf�r ist die Tatsache, daß degenerative Ver�nde-rungen der Wirbels�ule unabh�ngig vom Heben und Tragen schwerer Lasten h�ufigvorkommen.

Anhaltspunkte f�r den Begriff „schwere Lasten“ sind die folgenden aus pr�ventiv-medizinischen Gr�nden festgelegten Lastgewichte:

Tab. 2: Lastgewichte, deren regelm�ßiges Heben oder Tragen mit einem erhçhten Risiko f�r die Entwick-

lung bandscheibenbedingter Erkrankungen der Lendenwirbels�ule verbunden sind:

Alter Last in kg Last in kg

Frauen M�nner

15–17 Jahre 10 15

18–39 Jahre 15 25

ab 40 Jahre 10 20

Diese Werte gelten f�r Lastgewichte, die eng am Kçrper getragen werden. Bei weitvom Kçrper entfernt getragenen Gewichten, z. B. beim einh�ndigen Mauern von Stei-nen, kçnnen auch geringere Lastgewichte mit einem Risiko f�r die Entwicklung vonbandscheibenbedingten Erkrankungen der Wirbels�ule verbunden sein.

Langj�hrig bedeutet, daß 10 Berufsjahre als die untere Grenze der Dauer der be-lastenden T�tigkeit nach den vorgenannten Kriterien zu fordern sind. Hierf�r spre-chen epidemiologische Studien bei Bauarbeitern, bei denen in der Regel nach mehr als10j�hriger Expositionsdauer ein Anstieg in der H�ufigkeit von degenerativen Wirbel-s�ulenerkrankungen zu beobachten war (H�ublein 1979). In begr�ndeten Einzelf�l-len kann es jedoch mçglich sein, daß bereits eine k�rzere, aber sehr intensive Belas-tung eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbels�ule verursachenkann. Expositionszeiten mit Heben und Tragen schwerer Lasten sowie Zeiten mit Ar-beiten in extremer Rumpfbeugehaltung kçnnen f�r die Berechnung der Gesamtexpo-sitionsdauer addiert werden. Dabei sind auch unterbrochene T�tigkeiten zu ber�ck-sichtigen.

Die o. g. Lastgewichte m�ssen jedoch mit einer gewissen Regelm�ßigkeit undH�ufigkeit in der �berwiegenden Zahl der Arbeitsschichten gehoben oder getragenworden sein, um als Ursache von bandscheibenbedingten Erkrankungen der Lenden-wirbels�ule in Frage kommen zu kçnnen. Dies begr�ndet sich mit den o. g. epidemio-logischen Studien, die in den Berufsgruppen mit erhçhtem Risiko f�r die Entwicklungvon bandscheibenbedingten Erkrankungen der Wirbels�ule durch Heben oder Tragenschwerer Lasten beschrieben, daß die Lastgewichte mit einer gewissen Regelm�ßig-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 194

180 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 195: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

keit pro Schicht getragen wurden. Beispielsweise hatten Schwesternhelferinnen zu ca.12 % der Schicht Arbeiten mit Heben oder Tragen von schweren Lasten zu verrichten(Videman et al. 1984). Stahlbetonarbeiter hatten ca. 40mal pro Schicht Gewichte vonmehr als 20 kg zu heben oder zu tragen (Wickstrçm et al. 1985).

Unter T�tigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung sind Arbeiten in Arbeitsr�umenzu verstehen, die niedriger als 100 cm sind und damit eine st�ndig gebeugte Kçrper-haltung erzwingen. Solche Arbeitspl�tze existierten teilweise im untert�gigen Bergbau(Havelka 1980).Weiterhin sind unter extremer Rumpfbeugehaltung Arbeiten ge-meint, bei denen der Oberkçrper aus der aufrechten Haltung um mehr als 90� ge-beugt wird, beispielsweise bei Stahlbetonbauern im Hochbau (Wickstrçm et al.1985).Bislang liegen keine ausreichenden Studien dar�ber vor, daß f�r Arbeitspl�tzein der Bodenbearbeitung im Bereich der Land- und Forstwirtschaft sowie in G�rtne-reien oder im Reinigungsdienst, die ebenfalls zeitweilig mit einer Rumpfbeugehaltungeinhergehen, aus diesem Grund ein erhçhtes Risiko f�r die Entwicklung bandschei-benbedingter Erkrankungen der Lendenwirbels�ule besteht.

Erkrankungen bei Besch�ftigten mit sitzender T�tigkeit sind nicht Gegenstand die-ser Berufskrankheit.

Das akute Lumbalsyndrom mit guter Behandlungsmçglichkeit erf�llt nicht diemedizinischen Voraussetzungen zur Anerkennung als Berufskrankheit. Vielmehrm�ssen chronische oder chronisch-rezidivierende Beschwerden und Funktionsein-schr�nkungen bestehen, die therapeutisch nicht mehr voll kompensiert werden kçn-nen und die den geforderten Unterlassungstatbestand begr�nden.

Zusammenfassend ergeben sich folgende Kriterien f�r die Annahme eines begr�n-deten Verdachtes auf das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung derLendenwirbels�ule durch Heben oder Tragen schwerer Lasten oder Arbeit in extre-mer Rumpfbeugehaltung:– Vorliegen einer unter Ziffer III genannten bandscheibenbedingten Erkrankung mit

chronisch-rezidivierenden Beschwerden und Funktionseinschr�nkungen;– mindestens 10j�hrige T�tigkeit mit Heben oder Tragen schwerer Lasten oder Ar-

beit in extremer Rumpfbeugehaltung;– als Anhaltspunkte f�r den Begriff „schwere Last“ sind die in Tabelle 2 aufgef�hr-

ten Gewichte heranzuziehen;– die Lasten m�ssen mit einer gewissen Regelm�ßigkeit und H�ufigkeit in der �ber-

wiegenden Zahl der Arbeitsschichten gehoben oder getragen worden sein;– unter Arbeit in extremer Rumpfbeugehaltung sind T�tigkeiten in Arbeitsr�umen

zu verstehen, die niedriger als 100 cm sind, zum Beispiel im untert�gigen Bergbausowie Arbeiten mit einer Beugung des Oberkçrpers aus der aufrechten Haltungum 90� und mehr.

Der alleinige Nachweis von degenerativen Ver�nderungen wie Osteochondrose,Spondylose und Spondylarthrose ohne chronisch-rezidivierende Beschwerden undFunktionsausf�lle begr�ndet keinen Berufskrankheitenverdacht.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 195

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 181

Page 196: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Die Aufgabe der gef�hrdenden T�tigkeit ist nicht Voraussetzung f�r die Anzeigeals Berufskrankheit.

V. LiteraturAndersson, G. B. J.:

The epidemiology of spinal disorders.In: Frymoyer, J. W. et al. (eds.): The Adult Spine, principles and practiceNew York, Raven Press, 1991, p. 107–146

Debrunner, H. U.; Ramseiner, E. W.:Die Begutachtung von R�ckensch�den.Bern: Huber 1990

Estryn-Behar, M.; Kaminski M.; Peigne, E.; Maillard, M. F.; Pelletier, A.; Berthier, C.; Delaports, M. F.;Paoli, M. C.; Leroux J. M.:Strenuous working conditions and musculoskeletal disorders among female hospital workers.Int. Arch. Occup. Environ. Health 62 (1990) 47–67

Farfan, H. F.:Biomechanik der Lendenwirbels�ule(Die Wirbels�ule in Forschung und Praxis, Bd. 80)Stuttgart: Hippokrates 1979

Frymoyer, J. W. et al. (eds.):The Adult Spine.New York: Raven Press 1991

H�ublein, H.-G.:Berufsbelastung und Bewegungsapparat.Berlin, VEB Volk und Gesundheit, 1979

Havelka, J.:Vergleich der Ergebnisse der Morbidit�tsanalyse mit denen aus der arbeitsmedizinischen Tauglich-keits-Screening-Untersuchung bei ausgew�hlten T�tigkeiten.Z. ges. Hyg. 26 (1980) 181–187

Heliçvaara, M.:Occupation and risk of herniated lumbar intervertebral disc or sciatica leading to hospitalization.J. Chron. Dis. 40 (1987) 259–264

Heuchert, G.:Krankheiten durch fortgesetzte mechanische �berbelastung des Bewegungsapparates.In: Konetzke, G. et al. (Hrsg.): Berufskrankheiten – gesetzliche Grundlagen zur Meldung, Begut-achtung und Entsch�digung.Berlin: Volk und Gesundheit 1988, S. 104–113

J�ger, M.; Luttmann, A.; Laurig W.:Die Belastung der Wirbels�ule beim Handhaben von Lasten.Orthop�de 19 (1990) 132–139

Junghanns, H.:Die Wirbels�ule in der Arbeitsmedizin.Teil 1: Biomechanische und biochemische Probleme der Wirbels�ulenbelastung.(Die Wirbels�ule in Forschung und Praxis, Bd. 78)Stuttgart: Hippokrates 1979

Junghanns, H.: Die Wirbels�ule in der Arbeitsmedizin.Teil II: Einfl�sse der Berufsarbeit auf die Wirbels�ule.(Die Wirbels�ule in Forschung und Praxis, Bd. 79)Stuttgart: Hippokrates 1979

Junghanns, H. (Hrsg.):Wirbels�ule und Beruf.(Die Wirbels�ule in Forschung und Praxis, Bd. 92)Stuttgart: Hippokrates 1980

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 196

182 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 197: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Kaplan, R. M.; Deyo, R. A.:Back pain in health care workers.Occupational medicine. State of the Art Reviews 3 (1988) 61–73

Kr�mer, J.:Bandscheibenbedingte Erkrankungen; Ursachen, Diagnose, Behandlung, Vorbeugung und Begut-achtung.Stuttgart: Thieme 1986

Luttmann, A.; J�ger, M.; Laurig, W.; Schlegel, K. F.:Orthopaedic diseases among transport workers.Int. Arch. Occup. Environ. Health 61 (1988) 197–205

Mach, J.; Heitner, H.; Ziller, R.:Die Bedeutung der beruflichen Belastung f�r die Entstehung degenerativer Wirbels�ulenver�nde-rungen.Z. Ges. Hyg. 22 (1976) 352–354

Pangert, R.; Hartmann, H.:Epidemiologische Bestimmung der kritischen Belastung der Lendenwirbels�ule beim Heben vonLasten.Zbl. Arbeitsmedizin 41 (1991) 193–197

Riihim�ki, H.:Back pain and heavy physical work: a comparative study of concrete reinforcement workers andmaintenance house painters.Brit. J. Industr. Med. 42 (1985) 226–232

Riihim�ki, H.; Wickstrçm, G.; H�nninen, K.; Mattsson, T.; Waris, P.; Zitting, A.:Radiographically detectable lumbar degenerative changes as risk indicators of back pain, a cross-sectional epidemiologic study of concrete reinforcement workers and house painters.Scand. J. Work Environ. Health 15 (1989) 208–285

Schrçter, F.:Begutachtung der Wirbels�ule mit Verwendung eines Meßblattes.Med. Sach. 80 (1984) 114

Schrçter, G.:Die Berufssch�den des St�tz- und Bewegungssystems.Leipzig: Bart 1961

Schrçter, G.; Rademacher, W.:Die Bedeutung von Belastung und außergewçhnlicher Haltung f�r das Entstehen von Verschleiß-sch�den der HWS, dargestelllt an einem Kolektiv von Fleischabtr�gern.Z. Ges. Hyg. 17 (1971) 831–843

Venning, P. J.; Walter, S. D.; Stitt, L. W.:Personal and jobrelated factors as determinants of incidence of back injuries among nursing per-sonnel.J. Occup.Med. 29 (1987) 820–825

Videmann, T.; Nurminen, T.; Tola, S.; Kuorinka, I.; Vanharanta, H.;Troup, J. D. G.:Low-back pain in nurses and some loading factors of workSpine 9 (1984) 400–404

Wickstrçm, G; Niskanen, T.; Riihim�ki, H.:Strain on the back in concrete reinforcement work.Brit. J. Industr. Med. 42 (1985) 233–239

Yoke, C. O.; Ann T. K.:Study of lumbar disc pathology among a group of dockworkers.Ann. Acad. Med. 8 (1979) 81–85

Yoshidla, T.; Goto, M.; Nagira, T.; Ono, A.; Fujita, I.; Goda, S.; Bando, M.:Studies on low back pain among workers in small scale construction companies.Jap. J. Industr. Hlth. 13 (1971) 37–43

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 197

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 183

Page 198: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Literaturerg�nzung:Panter, W., M�sch, F. H.:

Reduzierung der Lendenwirbels�ulen-Beanspruchung beim Handhaben von LastenIn: Bundesarbeitsgemeinschaft f�r Arbeitssicherheit (Hrsg.):22. Deutscher Kongreß f�r Arbeitsschutz und ArbeitsmedizinBASI, D�sseldorf 1991

Wilde, K., Schulte, K.:Volkskrankheiten als Berufskrankheit? Grunds�tzliche Bemerkungen zur sogenannten Berufskrank-heitenreifeSozialgerichtsbarkeit, 599–609, 2004

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 198

184 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 199: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 21 09 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 3/1993, 53–55

Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbels�ule durch langj�hriges Tragen

schwerer Lasten auf der Schulter, die zur Unterlassung aller T�tigkeiten gezwungenhaben, die f�r die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben derKrankheit urs�chlich waren oder sein kçnnen

Klinische Zuordnung:AngiologieNeurologieOrthop�die

I. Gefahrenquellen

Unter den beruflichen Faktoren, die bandscheibenbedingte Erkrankungen der Hals-wirbels�ule (HWS) verursachen oder verschlimmern kçnnen, steht fortgesetztes Tra-gen schwerer Lasten auf der Schulter, einhergehend mit einer statischen Belastung derzervikalen Bewegungssegmente und außergewçhnlicher Zwangshaltung der HWS imVordergrund. Eine derartige kombinierte Belastung der HWS wird z. B. bei Fleischtr�-gern beobachtet, die Tierh�lften oder -viertel auf dem Kopf bzw. dem Schulterg�rteltragen. Die nach vorn und seitw�rts erzwungene Kopfbeugehaltung und das gleich-zeitige maximale Anspannen der Nackenmuskulatur f�hren zu einer Hyperlordosie-

rung und auch zu einer Verdrehung der HWS.T�tigkeiten mit vergleichbarem Belastungsprofil sind ebenfalls in Betracht zu zie-

hen.

II. Pathophysiologie

Wie im Bereich der Lendenwirbels�ule sind die blutgef�ßlosen Bandscheiben derHWS hinsichtlich ihrer Ern�hrung besonders von den Diffusionswegen abh�ngig.Symmetrische und asymmetrische Kompressionsbelastung verbunden mit Haltungs-konstanz reduziert die druckabh�ngigen Fl�ssigkeitsverschiebungen und beeintr�ch-tigt damit den Stoffwechsel im Bandscheibengewebe.

Durch Laktatakkumulation und ph-Verschiebung zu sauren Werten wird ein Mi-lieu mit Aktivierung der enzymatischen Zytolyse erzeugt. Damit werden die degene-rativen Ver�nderungen eingeleitet oder beschleunigt. In diesem Milieu werden die re-stitutiven Prozesse gehemmt.

Die Bewegungssegmente der HWS weisen gegen�ber den anderen Wirbels�ulen-abschnitten anatomische und biomechanische Besonderheiten auf, die sie f�r belas-tungsbedingten vorzeitigen Verschleiß besonders anf�llig machen. Von degenerativenBandscheibenver�nderungen ausgehende knçcherne Ausziehungen im Bereich derProcessus uncinati liegen in unmittelbarer Nachbarschaft zum Spinalnerv und zur Ar-teria vertebralis. Die als physiologisch zu bezeichnenden gelenk�hnlichen Horizontal-spalten verbessern einerseits die zervikale Beweglichkeit, andererseits stellen sie mitihrer Tendenz, sich nach medial und lateral zu erweitern, unter biomechanischenAspekten ein Gef�hrdungspotential dar. Damit kann eine Lockerung und Instabilit�t

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 199

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 185

Page 200: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

im Bewegungssegment eintreten. Laterale Erweiterungen der Horizontalspalten zer-stçren die Integrit�t des osmotischen Systems der Bandscheibe; es kommt zu einemAbsinken des intradiskalen onkotischen Druckes, zum Fl�ssigkeitsverlust und damitzur Hçhenabnahme der Bandscheibe.

Hervorzuheben ist ferner die enge topographische Beziehung der Bandscheibe undder anderen Anteile des Bewegungssegmentes zur Arteria vertebralis und zum Hals-

strang des Sympathikus.Mit der Bandscheibendegeneration vergrçßert sich der knçcherne Kontakt an den

Processus uncinati sowie an den Wirbelgelenken. Es kommt zu osteophyt�ren Reak-tionen im Bereich der Processus uncinati, die zusammen mit dem verminderten Zwi-schenwirbelabschnitt die Foramina intervertebralia einengen. Osteophyt�re Reaktio-nen an den Wirbelgelenkfacetten, die vorzugsweise im Bereich der oberen undmittleren Halswirbel auftreten, verengen insbesondere den oberen Teil des Foramenintervertrebrale.

Experimentelle Untersuchungen belegen, daß bei Haltungskonstanz und asym-metrischer Kompression der Bandscheiben mit intradiskalen Massenverschiebungenzu rechnen ist. Letztere spielen in der Entstehung von Zervikalsyndromen eine we-sentliche Rolle.

Bei langj�hrig wiederkehrender Belastung der HWS durch das Tragen von schwe-ren Lasten unter außergewçhnlicher Haltung des Kopfes sind nicht nur die unterenBewegungssegmente gef�hrdet. Zug- und Kompressionskr�fte im Bereich der Wirbel-gelenkfacetten in Verbindung mit Seitverbiegung und Verdrehung tragen dazu bei,daß insbesondere oberhalb von C5/C6 bis zu C2/C3 degenerative Ver�nderungen be-obachtet wurden, die in der Allgemeinbevçlkerung weniger h�ufig anzutreffen sind.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Folgende bandscheibenbedingte Erkrankungen der HWS kçnnen unter bestimmtenBedingungen durch langj�hriges Tragen schwerer Lasten auf dem Kopf oder auf derSchulter verursacht werden:

Direkt oder indirekt von degenerativen Ver�nderungen der Halsbandscheiben aus-gehende Krankheitszust�nde kçnnen zu einem chronischen Zervikalsyndrom f�hren.Dazu z�hlen vielf�ltige Beschwerdebilder wie schmerzhafte Bewegungseinschr�n-kung der Halswirbels�ule, segmentale Nervenwurzelsymptome im Arm, Kopfschmer-zen, Schwindelanf�lle und R�ckenmarksymptome. Eine systematische Einteilung derZervikalsyndrome hat orientierenden Charakter. Es ist zu ber�cksichtigen, dass h�u-fig viele Symptome gleichzeitig vorkommen.

Folgende bandscheibenbedingte Erkrankungen kçnnen unter den Regelungs-bereich dieser Berufskrankheit fallen:

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 200

186 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 201: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 201

a) Lokales Zervikalsyndrom:Auf die Halsregion beschr�nkte chronisch-rezidivierende Beschwerden, die durch po-sitionsabh�ngige Nacken- und Schulterschmerzen, Muskelverspannungen und Bewe-gungseinschr�nkungen der HWS charakterisiert sind.

Pathomechanismus: Mechanische Irritation des hinteren L�ngsbandes, der Wir-belgelenkkapseln und des Wirbelperiosts durch degenerative Ver�nderungen im Be-wegungssegment. Vorwiegend betroffen sind die sensiblen Fasern der Rami meningeiund dorsales.– Differentialdiagnostisch sind u. a. abzugrenzen:– Myalgien anderer Genese– Tumoren (z. B. Neurinom, Karzinommetastasen)– akute und chronische Entz�ndungen (z. B. Spondylolitiden)– Morbus Bechterew– Tendopathien an den Dorn- und Querforts�tzen

b) Zervikobrachiales Syndrom:

Von den Bewegungssegmenten C5-C6 ausgehende bandscheibenbedingte Brachial-gien (Schmerzen, Sensibilit�tsstçrungen oder motorische Ausf�lle), meistens in Ver-bindung mit Symptomen eines lokalen Zervikalsyndroms. Im Vordergrund stehenSchmerzausstrahlung entlang der Dermatomstreifen.

Pathomechanismus: Irritation des Ramus ventralis des Spinalnerven durch einendorsolateralen Diskusprolaps oder durch unkovertebrale Osteophyten in Verbindungmit Segmentlockerung.

Die Differenzierung der verschiedenen monoradikul�ren zervikobrachialen Syn-

drome erfolgt in erster Linie anhand klinischer Kriterien (Tabelle 1). Am h�ufigstensind die Spinalnervenwurzeln C6 bis C8 betroffen.

Differentialdiagnostisch sind u. a. abzugrenzen:– Wurzelentz�ndungen– Tumoren, z. B. Pancoast-Tumor, neurogener Tumor– Skalenussyndrom– Kostoklavikularsyndrom– Karpaltunnelsyndrom– andere L�sionen peripherer Nerven (z. B. Ulnariskompressionssyndrom)– Insertionstendopathien der Schulterregion(Periarthropathia humeroscapularis,

sofern sie sich nicht im Rahmen eines Zervikalsyndroms entwickelt hat)– Insertionstendopathien des Armes– extravertebrale Entz�ndungsprozesse– Thrombose der Vena axillaris– coronare Herzkrankheit– Wirbelfraktur– Spondylitis– Morbus Paget

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 187

Page 202: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Tab. 1: Zervikale Wurzelreizsyndrome (nach Kr�mer 1986)

Nerven- Bandscheibe Peripheres Kennmuskel Reflexab-

wurzel Dermatom schw�chung

C5 (C4/C5) Deltoideus Bizeps

C6 (C5/C6) Daumen, Bizeps, Bizeps,

Teil des Brachioradialis Radiusperiost

Zeigefingers

C7 (C6/C7) Zeige- und Daumenballen, Trizeps

Mittelfinger, Trizeps,

Teil des Ringfingers Pronator teres

C8 (C7/Th1) Kleinfinger, Kleinfinger- (Trizeps)

Teil des Ringfingers ballen, Fingerbeuger,

Interossei

c) Zervikozephales Syndrom:Mit Kopfschmerzen, Schwindelattacken einhergehende Beschwerden durch degene-rative Ver�nderungen in den zervikalen Bewegungssegmenten, h�ufig in Kombinationmit einem lokalen Zervikalsyndrom.

Pathomechanismus: Kompression der Arteria vertebralis und Irritation des Hals-sympathikus. Differentialdiagnostisch sind u. a. abzugrenzen:

– posttraumatische Folgezust�nde– arterielle Durchblutungsstçrungen anderer Genese– Tumoren (Metastasen)Die klinische Untersuchung beginnt nach einer ausf�hrlichen Erhebung der Krank-heitsvorgeschichte mit der Inspektion und Palpation. Die anschließende Funktions-pr�fung der HWS erfaßt Einschr�nkungen der Beweglichkeit in Winkelgraden(Neutral-Null-Methode) und sollte den Extensionstest einbeziehen. Immer ist einneurologischer Status zu erheben. Auf eine rçntgenologische Untersuchung kannnicht verzichtet werden. Im Hinblick auf therapeutische Konsequenzen sind ggf.Funktionsaufnahmen, Computertomographie oder Kernspintomographie indiziert.Die Elektromyographie und die Pr�fung der Nervenleitgeschwindigkeit sind ein wich-tiges Hilfsmittel f�r die Objektivierung zervikaler Wurzelreizerscheinungen. Beimzervikozephalen Syndrom kçnnen HNO-�rztliche, internistische oder augen�rztlicheSpezialuntersuchungen erforderlich sein.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 202

188 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 203: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

IV. Weitere Hinweise

F�r den begr�ndeten Verdacht auf Vorliegen einer bandscheibenbedingten Berufs-krankheit der HWS ist neben dem Ausschluß anderer Krankheitsursachen der Nach-weis einer langj�hrigen, außergewçhnlich intensiven mechanischen Belastung derHWS erforderlich. Ein typisches Beispiel f�r eine derartige, die HWS gef�hrdende T�-tigkeit ist das Tragen auf der Schulter, wie es f�r Fleischtr�ger beschrieben wurde(Hult 1954, Schrçter und Rademacher 1971).

Ein erhçhtes Risiko f�r die Entwicklung bandscheibenbedingter Erkrankungender HWS ist anzunehmen, wenn Lastgewichte von 50 kg und mehr regelm�ßig aufder Schulter getragen werden. Dies gr�ndet sich auf epidemiologische Studien �berdas vermehrte Auftreten von bandscheibenbedingten Erkrankungen der HWS, wel-che bei Transportarbeitern in Schlachthçfen gewonnen wurden, die Lastgewichte von50 kg und mehr trugen. Das im Vergleich zum Merkblatt f�r die Berufskrankheitnach Nr. 2108 Berufskrankheiten-Verordnung hçhere Lastgewicht begr�ndet sichmit dem Umstand, daß auf der Schulter die Last achsennah einwirkt und der Hebel-arm, der bei der Belastung der Lendenwirbels�ule durch Heben oder Tragen schwererLasten zu ber�cksichtigen ist, entf�llt.

Langj�hrig bedeutet, daß 10 Berufsjahre als die im Durchschnitt untere Grenzeder belastenden T�tigkeit nach den vorgenannten Kriterien zu fordern sind. In be-gr�ndeten Einzelf�llen kann es jedoch mçglich sein, daß bereits eine k�rzere, abersehr intensive Belastung eine bandscheibenbedingte Erkrankung der HWS ver-ursacht.

Das genannte Lastgewicht muß mit einer gewissen Regelm�ßigkeit und H�ufigkeitin der �berwiegenden Zahl der Arbeitsschichten getragen worden sein.

Vor�bergehende und nach k�rzerer Zeit therapeutisch beherrschbare akute Zervi-kalsyndrome erf�llen nicht die medizinischen Voraussetzungen f�r eine Anerkennungals Berufskrankheit. Vielmehr m�ssen chronische oder chronisch rezidivierende Be-schwerden und Funktionseinschr�nkungen bestehen, die therapeutisch nicht mehrvoll kompensiert werden kçnnen und die den geforderten Unterlassungstatbestandbegr�nden.

Zusammenfassend ergeben sich folgende Kriterien f�r die Annahme eines begr�n-deten Verdachtes auf Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Hals-wirbels�ule durch Heben oder Tragen schwerer Lasten auf dem Kopf und auf denSchultern:– Vorliegen einer unter Ziffer III genannten bandscheibenbedingten Erkrankung mit

chronisch-rezidivierenden Beschwerden und Funktionsausf�llen

– mindestens 10j�hrige T�tigkeit mit Tragen schwerer Lasten auf der Schulter;– Tragen von Lastgewichten mit 50 kg oder mehr auf der Schulter;– die Lasten m�ssen mit einer gewissen Regelm�ßigkeit und H�ufigkeit in der �ber-

wiegenden Zahl der Arbeitsschichten getragen worden sein.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 203

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 189

Page 204: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Der Nachweis von degenerativen Ver�nderungen wie Osteochondrose und Spondy-

lose ohne chronisch-rezidivierende Beschwerden und Funktionsausf�lle begr�ndet f�rsich allein keinen Berufskrankheitenverdacht.

Die Aufgabe der gef�hrdenden T�tigkeit ist nicht Voraussetzung f�r die Anzeigeals Berufskrankheit.

V. LiteraturEcklin, U.:

Die Altersver�nderungen der Halswirbels�ule.Berlin: Springer 1960

Frymoyer, J. W. et al. (eds.):The Adult Spine.New York: Raven Press 1991

Heuchert, G.:Krankheiten durch fortgesetzte mechanische �berbelastungdes Bewegungsapparates.In: Konetzke, G. et al. (Hrsg.): Berufskrankheiten – gesetzliche Grundlagen zur Meldung, Begut-achtung und Entsch�digung.Berlin: Volk und Gesundheit 1988, S. 104–113

Hult, L.:Cervical, dorsal and lumbar spinal syndromes, a field investigation of a non-selected material of1200 workers in different occupations with special reference to disc degeneration and so-calledmuscular rheumatism.Acta Orthop. Scand. Suppl. 17 (1954)

Junghanns, H.:Die Wirbels�ule in der Arbeitsmedizin.Teil I: Biomechanische und biochemische Probleme der Wirbels�ulenbelastung.(Die Wirbels�ule in Forschung und Praxis, Bd. 78)Stuttgart: Hippokrates 1979

Junghanns, H.:Die Wirbels�ule in der Arbeitsmedizin.Teil II: Einfl�sse der Berufsarbeit auf die Wirbels�ule.(Die Wirbels�ule in Forschung und Praxis, Bd. 79)Stuttgart: Hippokrates 1979

Junghanns, H. (Hrsg.):Wirbels�ule und Beruf.(Die Wirbels�ule in Forschung und Praxis, Bd. 92)Stuttgart: Hippokrates 1980

Kr�mer, J.:Bandscheibenbedingte Erkrankungen; Ursachen, Diagnose, Behandlung, Vorbeugung und Begut-achtung.Stuttgart: Thieme 1986

Schrçter, F.:Begutachtung der Wirbels�ule mit Verwendung eines Meßblattes.Med. Sachverst. 80 (1984) S. 114

Schrçter, G.:Die Berufssch�den des St�tz- und Bewegungssystems.Leipzig: Barth 1961

Schrçter, G.; Rademacher, W.:Die Bedeutung von Belastung und außergewçhnlicher Haltung f�r das Entstehen von Verschleiß-sch�den der HWS, dargestellt an einem Kollektiv von Fleischabtr�gern.Z. ges. Hyg. 17 (1971) 11, S. 841–843

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 204

190 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 205: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 21 10 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 7/2005, 43–48

Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbels�ule durch langj�hrige, vor-

wiegend vertikale Einwirkung von Ganzkçrper-Schwingungen im Sitzen, die zur Un-terlassung aller T�tigkeiten gezwungen haben, die f�r die Entstehung, die Verschlim-merung oder das Wiederaufleben der Krankheit urs�chlich waren oder sein kçnnen

Klinische Zuordnung:NeurologieOrthop�die

I. Gefahrenquellen

Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbels�ule (LWS) haben eine multi-faktorielle �tiologie. Sie sind weit verbreitet und kommen in allen Altersgruppen, so-zialen Schichten und Berufsgruppen vor. Unter den arbeitsbedingten Faktoren, diebandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS mitverursachen und verschlimmernkçnnen, stellt die langj�hrige (vorwiegend vertikale) Einwirkung von Ganzkçrper-Schwingungen im Sitzen eine besondere Gefahrenquelle dar. Derartigen arbeits-bedingten Belastungen der LWS kçnnen insbesondere Fahrer von folgenden Fahrzeu-gen und fahrbaren Arbeitsmaschinen ausgesetzt sein:– Baustellen-LKW– Land- und forstwirtschaftliche Schlepper– Forstmaschinen im Gel�nde– Bagger bei intensiver Schwingungsbelastung, z. B. bei Abbrucharbeiten– Grader (Straßenhobel, Bodenhobel, Erdhobel), nur bei intensiver Schwingungs-

belastung, z. B. �berwiegen von Grobplanierung (Grobplanum)– Scraper (Sch�rfwagen)– Dumper und Muldenkipper– Rad- und Kettenlader– Raddozer– Gabelstapler auf unebenen Fahrbahnen (Hoffl�chen, Pflaster usw.)– Milit�rfahrzeuge im Gel�nde– Wasserfahrzeuge in Gleitfahrt bei SeegangDagegen sind z. B. bei Fahrern von Taxis, Gabelstaplern auf ebenen Fahrbahnen, Bag-gern im station�rem Einsatz sowie bei Fahrern von LKW und Omnibussen mitschwingungsged�mpften Fahrersitzen keine hinreichend gesicherten gesundheitssch�-digenden Auswirkungen durch Schwingungen beobachtet worden.

Andere bandscheibengef�hrdende Faktoren im Arbeitsprozess sind durch dieBK-Nr. 2108 erfasst. Die dort genannten Belastungen und die Einwirkungen vonGanzkçrper-Schwingungen sind als synergistisch wirkende Belastungen zu betrachten(Sch�fer und Hartung 1999).

Als konkurrierende Faktoren sind Fehlbelastungen der LWS durch außerberufli-che T�tigkeiten, wie Eigenleistungen beim Hausbau, Gartenarbeit, sofern diese lang-j�hrig durchgef�hrt werden und mit dem Heben und Tragen schwerer Lasten oder

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 205

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 191

Page 206: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

T�tigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung verbunden sind, bestimmte Sportarten(z. B. Motorrad-Gel�ndesport) und einseitig die Wirbels�ule belastende Trainings-methoden in der Freizeit zu beachten.

II. Pathophysiologie

Die Zwischenwirbelabschnitte der unteren LWS sind beim Menschen schon w�hrenddes gewçhnlichen Tagesablaufes erheblich belastet. Da die blutgef�ßlosen, bradytro-

phen Bandscheiben hinsichtlich ihrer Ern�hrung besonders von den Diffusionsbedin-gungen abh�ngen, sind sie f�r mechanische Dauerbelastungen anf�llig. AnhaltendeKompressionsbelastung und starke Schwingungsbelastung reduzieren die druck-abh�ngigen Fl�ssigkeitsverschiebungen und beeintr�chtigen damit den Stoffwechselim Bandscheibengewebe.

Durch Laktatakkumulation und pH-Verschiebung zu sauren Werten wird ein Mi-lieu erzeugt, das zytolytisch wirkende Enzyme aktiviert. Damit werden degenerativeVer�nderungen eingeleitet oder beschleunigt. In diesem Milieu werden die restitutivenProzesse gehemmt.

Unter Belastung durch mechanische Ganzkçrper-Schwingungen erhçht sich derintradiskale Druck um ein Mehrfaches. So f�hren insbesondere Resonanzschwingun-

gen des Rumpfes und der Wirbels�ule, die vorwiegend bei Schwingungsfrequenzenzwischen 3 und 5 Hz auftreten, nicht nur zu vertikalen Relativbewegungen zwischenden Wirbelkçrpern mit Stauchungen und Streckungen der Zwischenwirbelscheiben,sondern dar�ber hinaus auch zu Rotationsbewegungen der Segmente und zu horizon-talen Segmentverschiebungen. Stoßhaltige Schwingungsbelastungen, also Schwin-gungsverl�ufe mit einzelnen oder wiederholten, stark herausragenden Beschleuni-gungsspitzen, stellen eine besonders hohe Gef�hrdung dar. Nach biomechanischenBerechnungen kçnnen dabei Kompressionskr�fte erreicht werden, die im Experimentan menschlichen Wirbels�ulenpr�paraten Deckplatteneinbr�che der Wirbelkçrpersowie Einrisse am Anulus fibrosus der Bandscheibe verursachen.

Besondere pathophysiologische Bedeutung haben auch erhçhte Druck-,Torsions-und Schubkr�fte durch ung�nstige Kçrperhaltungen (Wilke et al. 2001; White undPanjabi 1990; Seidel et al. 2000)

Eingetretene Sch�den am Bandscheibengewebe sind irreversibel. Sie setzen einenProzess in Gang, in dem Bandscheibendegeneration, degenerative Ver�nderungen derWirbelkçrperabschlussplatten, Massenverschiebungen im Bandscheibeninneren, In-

stabilit�t im Bewegungssegment, Bandscheibenvorwçlbung, Bandscheibenvorfall,knçcherne Ausziehungen an den vorderen und seitlichen Randleisten der Wirbelkçr-per, degenerative Ver�nderungen der Wirbelgelenke sowie durch derartige Befundehervorgerufene Beschwerden und Funktionsstçrungen in einem �tiopathogenetischenZusammenhang zu betrachten sind.

Die durch arbeitsbedingte Einwirkungen verursachten degenerativen Prozessekçnnen zu objektivierbaren Ver�nderungen wie Chondrose, Osteochondrose, Spon-

dylose, Spondylarthrose, Bandscheibenprotrusion und Bandscheibenprolaps f�hren.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 206

192 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 207: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Die pathophysiologischen Erkenntnisse werden durch zahlreiche epidemiologischeStudien gest�tzt, die belegen, dass Berufsgruppen mit langj�hriger Einwirkung intensi-ver Ganzkçrper-Schwingungen im Sitzen eine signifikant hçhere Pr�valenz bandschei-benbedingter Erkrankungen gegen�ber den nichtbelasteten Kontrollgruppen zeigen(Andersson 1991; Bovenzi et Hulshof 1998; M�sch 1987; Schwarze et al. 1999). Lang-j�hrige Belastungen durch intensive Ganzkçrper-Schwingungen f�hren zu einer deutli-chen Linksverschiebung der Beziehung zwischen Erkrankungsh�ufigkeit und Alter ge-gen�ber den nichtbelasteten Vergleichspopulationen; d. h. zu einer erheblichenVorverlagerung der bandscheibenbedingten Erkrankungen in die j�ngeren Altersgrup-pen (M�sch 1992).

III. Krankheitsbild und Diagnose und Differentialdiagnose

Folgende bandscheibenbedingte Erkrankungen kçnnen unter bestimmten Bedingun-gen durch die Einwirkung von Ganzkçrper-Schwingungen im Sitzen verursacht wer-den:a) Lokales Lumbalsyndrom

Das lokale Lumbalsyndrom ist durch chronisch-rezidivierende Beschwerden in derKreuz-Lendengegend gekennzeichnet. Dabei wird ein Belastungs-, ein Entlastungs-sowie ein Hyperlordose-Kreuzschmerz (Facettensyndrom) unterschieden. Mçglich istauch eine pseudoradikul�re Schmerzausstrahlung in die Oberschenkelmuskulatur.

Pathomechanismus: Mechanische Irritation des hinteren L�ngsbandes (z. B. durchintradiskale Massenverschiebung), der Wirbelgelenkkapsel und/oder des Wirbelpe-riosts.

b) Mono- und polyradikul�re lumbale Wurzelreizsyndrome

Ein- oder beidseitig segmental ins Bein ausstrahlende, dem Verlauf des Ischiasnervenfolgende Schmerzen, meist in Verbindung mit Zeichen eines lokalen Lumbalsyn-droms.

Weitere Leitsymptome sind: Positives Lasgue-Zeichen, ischialgiforme Fehlhal-tung, segmentale Sensibilit�tsstçrungen, Reflexabweichungen, motorische Stçrungen(vgl. Tab. 1).

Pathomechanismus: Mechanische Irritation der Nervenwurzeln L3-S1 durch de-generative Ver�nderungen der lumbalen Bandscheiben (Bandscheibenvorwçlbung,-vorfall und Sequestration, Lockerung und Volumen�nderung der Bandscheiben, In-stabilit�t im Bewegungssegment, Randzacken an den Hinterkanten der Wirbelkçr-per).

Es kommen auch hohe lumbale Wurzelreizsyndrome (L1 und L2) infolge einerKompression der ventralen Spinalnerven�ste vor. Sie sind insgesamt jedoch selten.

c) Kaudasyndrom

Sonderform der polyradikul�ren lumbalen Wurzelreizsyndrome mit Reithosenan�s-thesie, Fehlen des Achillessehnenreflexes bei Schw�che der Wadenmuskeln, oft

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 207

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 193

Page 208: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Schließmuskelinsuffizienzen von Blase und Mastdarm; auch Potenzstçrungen kom-men vor. Bei hçherliegender L�sion: Fuß- und Zehenheberparesen, Quadrizepsschw�-chen und Patellarsehnenreflexausf�lle. In aller Regel handelt es sich beim bandschei-benbedingten Kaudasyndrom um ein akutes Ereignis.

Pathomechanismus: Medianer Massenprolaps bei L3/L4 oder L4/L5 mit Kom-pression aller Nervenwurzeln der Cauda equina.

Tab. 1: Leitsymptome bei lumbalen Wurzelsyndromen (nach Kr�mer 1997, Tab. 11.13)

Segment Peripheres Motorische Reflexab- Nervendehnungs-

Schmerz- und Stçrung schw�chung zeichen

Hyp�sthesiefeld (Kennmuskel)

L1/L2 Leistengegend – – (Femoralis-

dehnungsschmerz)

L3 Vorderaußenseite Quadrizeps Patellar- Femoralis-

Oberschenkel sehnenreflex dehnungsschmerz

L4 Vorderaußenseite Quadrizeps Patellar- positives

Oberschenkel, sehnenreflex Lasgue-

Innenseite Unter- Zeichen

schenkel und Fuß

L5 Außenseite Un- Extensor hallucis – positives

terschenkel, me- longus Lasgue-Zeichen

dialer Fußr�cken,

Großzehe

S1 Hinterseite Tricepes surae, Achillessehnen- positives

Unterschenkel, Glut�en reflex Lasgue-Zeichen

Ferse, Fuß-

außenrand,

3.–5. Zehe

Drei Gesichtspunkte der Diagnosesicherung sind zu beachten:– Die topische Diagnose umfasst Ort, Art und Ausstrahlungscharakter der Be-

schwerden und liefert somit erste Voraussetzungen f�r die sinnvolle Planungdes weiteren Untersuchungsganges.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 208

194 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 209: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

– Die Strukturdiagnose beinhaltet verschiedene Untersuchungstechniken, um die ge-schilderten Beschwerden den pathogenetisch f�hrenden Strukturen zuzuordnen(Gelenke, Ligamente, Muskeln, Bandscheiben etc.).

– Die aktuelle Diagnose ber�cksichtigt die im Vordergrund stehenden und den Pa-tienten am meisten belastenden Beschwerden, wie Bewegungseinschr�nkungen,Kraftabschw�chung, Sensibilit�tsstçrung, Schmerzsituation, vegetative Begleit-symptomatik oder psychische Einstellung.

Bei der klinischen Untersuchung stehen Inspektion, Palpation, Funktionspr�fung undein orientierender neurologischer Status im Vordergrund. Gegebenenfalls sind weiter-f�hrende diagnostische Verfahren wie Elektromyographie, Myelographie, Computer-tomographie, Kernspintomographie oder Diskographie indiziert. Bei der Diagnostikeines lokalisierbaren Schmerzpunktes in einem Wirbels�ulensegment m�ssen auchdie Bewegungsstçrung, die Schmerzausstrahlung und die neurologische Irritation die-sem Segment zugeordnet werden kçnnen. Erst dann kann eine vertebragene Ursacheangenommen werden. Die Differentialdiagnostik ist dringend erforderlich, um wir-bels�ulenabh�ngige Beschwerden von extravertebralen Ursachen abzugrenzen.

Insgesamt wird die Diagnose auf der Grundlage der Vorgeschichte, insbesondereauch der Arbeitsanamnese, der klinischen (vorwiegend orthop�disch-neurologischen)und der radiologischen Untersuchungen gestellt. Ver�nderungen im Rçntgenbild, undanderen bildgebenden Verfahren, wie eine Verschm�lerung des Zwischenwirbelrau-mes und eine Verdichtung der Deck- und Grundplatten der Wirbelkçrper (Osteo-chondrose) oder Ver�nderungen der kleinen Wirbelgelenke (Spondylarthrose) undRandw�lste an den Wirbelkçrpern (Spondylose), kçnnen auf bandscheibenbedingteErkrankungen hinweisen.

Auf eine sorgf�ltige Befunddokumentation ist zu achten (z. B. Messblatt f�r dieWirbels�ule nach der Neutral-Null-Methode).

Differenzialdiagnostisch sind bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lenden-wirbels�ule von folgenden konkurrierenden vertebralen und extravertebralen Ursa-chen abzugrenzen:

Vertebral Extravertebral

– angeborene oder erworbene

Fehlbildungen der LWS

– nicht degenerative Spondylolisthesis

– Spondylitis

– Tumor (Metastase)

– Osteoporose

– Fraktur

– Kokzygodynie

– Wirbelfehlbildungen

– gyn�kologische Krankheiten

– urologische Krankheiten

– Krankheiten des Verdauungssystems

– h�ftbedingte Schmerzen (Koxalgie)

– Erkrankungen des Iliosakralgelenkes

– Tumoren (z. B. retroperitoneal)

– Spritzensch�digung

– diabetische Neuropathie

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 209

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 195

Page 210: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Vertebral Extravertebral

– idiopathische Wirbelkanalstenose

– Fluorose (BK-Nr. 1308)

– Morbus Paget

– Morbus Bechterew

– arterielle Durchblutungsstçrungen

in den Beinen

– Aortenaneurysma

– statische Beinbeschwerden durch

Fußdeformierungen, Achsenabweichun-

gen oder -Beinl�ngendifferenzen

– Neuropathien

– psychosomatische Erkrankungen

IV. Weitere Hinweise

Die Beurteilung von bandscheibenbedingten Erkrankungen der Lendenwirbels�uleim Hinblick auf arbeitsbedingte Entstehungsursachen stellt sich nicht selten alsschwieriges Problem dar. Die wichtigsten Gr�nde daf�r sind, dass einerseits degenera-tive Ver�nderungen der Wirbels�ule auch unabh�ngig von arbeitsbedingten Belastun-gen h�ufig vorkommen. Andererseits h�ngt die gesundheitliche Gef�hrdung durch dieGanzkçrperschwingung erheblich von der individuellen Belastbarkeit (z. B. Alter, Ge-schlecht, Konstitution) und von der Robustizit�t des Skelettes sowie von der Kçrper-haltung ab (Seidel et al. 2000). Als besonders gef�hrdend gelten Kçrperhaltungenwie: Seitneigung beim Fahren am Hang, Vorneigung des Oberkçrpers ohne Unterst�t-zung durch die R�ckenlehne, Verdrehen der Wirbels�ule (z. B. beim R�ckw�rtsfah-ren). Allerdings konnte in epidemiologischen Studien der Einfluss dieser Faktoren aufGrund der Datenlage nicht quantitativ bewertet werden.

Voraussetzung f�r die Annahme eines arbeitsbezogenen Kausalzusammenhangesist eine langj�hrige (f�nf- bis zehnj�hrige oder l�ngere), wiederholte Einwirkung von(vorwiegend vertikalen) Ganzkçrperschwingungen in Sitzhaltung mit einer „Tages-dosis“ in Form der Beurteilungsbeschleunigung aw(8) von im Regelfall 0,63 m/s2 in dervertikalen z-Achse (siehe Anmerkungen). In Ausnahmef�llen kçnnen auch schon beigeringeren Beurteilungsbeschleunigungen Gesundheitsrisiken auftreten. Hinweise, abwelchen Beurteilungsbeschleunigungen und T�tigkeitsdauern mit einem Gesundheits-risiko zu rechnen und eine Annahme der Voraussetzungen f�r eine Anzeige als Berufs-krankheit angebracht ist, sind der Tabelle 2 zu entnehmen. Bei der Berechnung deraw(8) Werte, welche die Gesamtbelastung w�hrend eines Tages kennzeichnen, sind dieMaschinenart und zahlreiche weitere Faktoren wie z. B. der befahrene Untergrund,die individuelle Fahrgeschwindigkeit und Fahrweise und/oder Zuladung zu ber�ck-sichtigen.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 210

196 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 211: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 211

Tab. 2: Risiko der Entstehung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS durch Ganzkçrper-

Schwingungen

Bezeichnung Beurteilungs-beschleuni-gung aw(8)

Hinweise f�r eine Exposi-tionsdauer von in der Regel‡ 5–10 Jahren

Hinweise f�r eine Exposi-tionsdauer von in der Regel‡ 10 Jahren

Untergrenzeder ZoneerhçhterGesundheits-gef�hrdung(VDI 2057-1)

0,45 ms–2 Ein Gesundheitsrisiko istwenig wahrscheinlich.

Ein Gesundheitsrisiko kannbestehen, falls die Expositionmit anderen risikoerhçhendenFaktoren einhergeht, wie Alterzum Beginn der Exposition >40 Jahre, vorgeneigte1 oderverdrehte Haltung2, Stoßhal-tigkeit3, kurze t�gliche Expo-sitionsabschnitte mit hoher In-tensit�t4, l�ngerdauerndeExpositionszeiten mit hoherIntensit�t in Verbindung mitl�ngerdauernden Expositions-pausen oder Zeiten mit sehrgeringer Intensit�t5. (vgl. VDI2057-1)

Auslçsewertder EU-Richtlinie2002/44/EG

0,5 ms–2

Wert etwa inder Mitte derZone erhçhterGesundheits-gef�hrung(VDI 2057-1)

0,63 ms–2 Ein Gesundheitsrisiko kannbestehen, falls die Expositionmit anderen risikoerhçhendenFaktoren einhergeht, wie Alterzum Beginn der Exposition> 40 Jahre, vorgeneigte oderverdrehte Haltung, Stoßhaltig-keit, kurze t�giche Expositions-abschnitte mit hoher Intensit�t,l�ngerdauernde Expositionszei-ten mit hoher Intensit�t in Ver-bindung mit l�ngerdauerndenExpositonspausen oder Zeitenmit sehr geringer Intensit�t.

Von einem Gesundheitsrisikoist auszugehen.

Obergrenzeder ZoneerhçhterGesundheits-gef�hrung(VDI 2057-1)

0,8 ms–2 Siehe vorstehend.Die Wahrscheinlichkeit desGesundheitsrisikos nimmt mitsteigender Beurteilungs-beschleunigung zu.

Von einem Gesundheitsrisikoist auszugehen.

1 Eine vorgeneigte Haltung liegt vor, wenn w�hrend der Schwingungsexposition durch Vor-

neigung des Oberkçrpers �berwiegend kein Kontakt zur R�ckenlehne besteht, wie z. B. bei

Fahrern von Erdbaumaschinen, Br�ckenkranfahrern, oder Hubschrauberpiloten, die sich

zur visuellen Kontrolle ihrer T�tigkeit vorbeugen m�ssen

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 197

Page 212: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 212

2 Eine verdrehte Haltung liegt vor, wenn die T�tigkeit w�hrend der Schwingungsexposition

eine Verdrehung des Oberkçrpers (Kopf, Schulter, Thorax) um die Kçrperl�ngsachse erfor-

dert, wie z. B. bei Fahrern von Maschinen, deren Arbeitsplatz so angeordnet ist, dass der

Fahrer quer zur Fahrtrichtung sitzt. Eine w�hrend der GKS-Exposition vorliegende Seitnei-

gung des Rumpfes, z. B. durch Neigung der Sitzfl�che in der Frontalebene bei Arbeiten am

Hang, kann der verdrehten Haltung als besondere Bedingung hinsichtlich der Risiko erhç-

henden Wirkung gleichgestellt werden.3 Stoßhaltigkeit liegt vor, wenn Belastungsabschnitte hohe Spitzen der frequenzbewerteten

Beschleunigung aufweisen, siehe VDI 2057-1 S. 22 Abs. 4.44 Kurze t�gliche Expositionsabschnitte mit hoher Intensit�t sind t�gliche Expositionen mit ei-

ner t�glichen Einwirkungsdauer unter 2 Stunden und einem aw(8)-Wert > 0,9 ms–2.5 L�nger dauernde Expositionszeiten mit hoher Intensit�t sind t�gliche Expositionen mit ei-

ner t�glichen Expositionen mit einem aw(8)-Wert > 0,8 ms–2, Expositionspausen oder Zeiten

mit sehr geringer Intensit�t sind Zeiten mit vorweigend t�glichen Expositionen mit einem

aw(8)-Wert > 0,45 ms–2.

Aus der Tabelle 3 sind maschinenspezifische Faktoren ersichtlich, mit denen fr�her(vor 2002) ermittelte Kr-Werte an die jetzt g�ltigen Beurteilungsbeschleunigungs-werte aw(8) n�herungsweise angepasst werden kçnnen.

Tab. 3: Faktoren zur n�herungsweisen Umrechnung von Messwerten in z-Richtung nach VDI 2057:1987

in Messwerte, die nach der neuen Frequenzbewertung (VDI 2057-1:2002) zu erwarten w�ren

Fahrzeug/fahrbare Arbeitsmaschine Faktor alte zu neue Frequenzbewertung

z-Richtung

Baustellen-Lkw 0,95

Land- u. forstwirtschafltiche Schlepper 0,90

Bagger 1,15

Grader 0,95

Scraper 0,95

Muldenkipper 0,95

Radlader 0,95

Kettenlader 1,20

Raddozer 0,95

Planierraupe 1,20

Gabelstapler auf unebenem Gel�nde 1,0

Die Faktoren sind (aufgerundete) Mittelwerte auf der Basis von VDI 2057-1:2002,

Berufsgenossenschaftliches Institut f�r Arbeitsschutz – BIA (im HVBG)

Fachbereich: Arbeitsgestaltung, Physikalische Einwirkungen, Referat: Vibration Dr. E. Christ

198 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 213: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Als medizinische Voraussetzungen f�r die Anzeige eines Verdachtes auf das Vorliegender Berufskrankheit 2110 sind chronische oder chronisch-rezidivierende Beschwer-den und Funktionseinschr�nkungen zu fordern

Die Unterlassung der gef�hrdenden T�tigkeiten ist nicht Voraussetzung f�r eineAnzeige als Berufskrankheit.

Anmerkungen:Der bisher in der Bundesrepublik Deutschland verwendete Begriff der Beurteilungs-schwingst�rke Kr wird in Anpassung an internationale Definitionen durch aw(8) (inm/s2) ersetzt. F�r horizontale und vertikale Schwingungsrichtungen gilt:

aw(8) · 20(m/s±) » Kr (BArbBl. 9/2005, 46)

F�r die vertikale z-Achse wurde die Frequenzbewertung ge�ndert, so dass je nach Fre-quenzbereich bis zu 20 %, hçhere, gleich hohe oder bis 20 % niedrigere Betr�ge ein-treten werden (VDI 2057-Blatt 1, 2002).

Falls sich erweisen sollte, dass die Einwirkung in horizontaler Richtung diest�rkste Schwingungsrichtung ist, so ist diese mit zu ber�cksichtigen (vergleiche EURichtlinie 2002/44/EG).

V. LiteraturAndersson, G. B. J.:

The epidemiology of spinal disorders.In: Frymover, J. W. et al. (eds): The Adult Spine, Principles and PracticeNew York, Raven Press, p. 107–146 (1991)

Bovenzi, M., Hulshof, C. T. J.:An updated review of epidemiologic studies on the relationship between exposure to whole–bodyvibrations and low back pain.J. Sound and Vibration, 215, 4, 595–611 (1998)

Christ, E.:Schwingungsbelastung an Arbeitspl�tzen – Kennwerte der Hand-, Arm- und Ganzkçrper-Schwin-gungsbelastung. BIA-Report 2/88Berufsgenossenschaftliches Institut f�r Arbeitssicherheit, Sankt Augustin (1988)

Dupuis, H.:Erkrankungen durch Ganzkçrper-Schwingungen.In: Konietzko, J. und Dupuis, H. (Hrsg.): Handbuch der Arbeitsmedizinecomed IV–3.5 1–24 (1993)

Dupuis, H., Hartung, E.:Belastung und Beanspruchung durch stoßhaltige Schwingungen, Verbundprojekt Ganzkçrper-schwingungen II.Schriftenreihe des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften e. V., Bonn 1–158(1991)

Griffin, M. J.:Handbook of human vibration.Academic Press, San Diego (1990)

Hartung, E. et al.:Belastung und Beanspruchung durch stoßhaltige Ganzkçrper-Schwingungen. Verbundprojekt Ganz-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 213

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 199

Page 214: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

kçrperschwingungen III (Schlussbericht).Schriftenreihe BAfAM Forschung – Fb 01 HK 030/040/049/061/989 Berlin 1995

Heuchert, G.:Krankheiten durch fortgesetzte mechanische �berbelastung des Bewegungsapparates.In: Konetzke, G. et al. (Hrsg.): Berufskrankheiten – gesetzliche Grundlagen zur Meldung, Begut-achtung und Entsch�digungVolk und Gesundheit, Berlin, S. 104–113 (1988)

Junghanns, H.:Die Wirbels�ule in der Arbeitsmedizin. Teil II: Einfl�sse der Berufsarbeit auf die Wirbels�ule.Die Wirbels�ule in Forschung und Praxis, Bd. 79Hippokrates, Stuttgart (1979)

Kr�mer, J.:Bandscheibenbedingte Erkrankungen: Ursachen, Diagnose, Behandlung, Vorbeugung und Begut-achtungThieme, Stuttgart (1997)

M�sch, F. H.:Lumbale Bandscheibendegeneration bei Erdbaumaschinenfahrern mit langj�hriger Ganzkçrper-Vi-brationsexposition.Med. Diss., Mainz (1987)

M�sch F. H.:Lumbalsyndrom durch Ganzkçrper-Vibrationsbelastung.In: Kreutz R. und Piekarski C. (Hrsg.): 32. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft f�r Arbeits-medizin Seite 730–734Genter Stuttgart 1992

Richtlinie 2002/44/EG des Europ�ischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2002 �ber Mindest-vorschriften zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer vor der Gef�hrdung durchphysikalische Einwirkungen (Vibrationen).Amtsblatt der Europ�ischen Gemeinschaft L 177:13–22 (2002)

Sch�fer, K., Hartung, E.:Mainz-Dortmunder Dosismodell (MDD) zur Beurteilung der Belastung der Lendenwirbels�ule durchHeben und Tragen schwerer Lasten oder durch T�tigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung bei Ver-dacht auf Berufskrankheit Nr. 2108. Teil 3: Vorschlag zur Beurteilung der arbeitsmedizinischen Vo-raussetzungen im Berufskrankheiten-Feststellungsverfahren bei kombinierter Belastung mit Ganz-kçrper-SchwingungenArbeitsmed. Sozialmed. Umweltmed. 34, 143–146 (1999)

Schwarze, S. et al.:Auswirkungen von Ganzkçrper-Schwingungen auf die Lendenwirbels�uleArbeitsmed. Sozialmed. Umweltmed. 33, 10, 429–442 (1998)

Schwarze, S. et al.:Epidemiologische Studie „Ganzkçrpervibration“ Verbundforschungsvorhaben im Auftrag desHauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften. Abschlussbericht.Schriftenreihe des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften, ISBN3–88383–493–9. Sankt Augustin 1–288 (1999)

Seidel, H., Heide, R.:Long-term effects of whole-body vibration: A critical survey of the literature.Int. Arch. Occup. Environ. Health, 58, S. 1–29 (1986)

Seidel, H.:Begr�ndung und Erl�uterung zur BK-Nummer 2110.In: Erkrankungen der Wirbels�ule bei kçrperlicher Schwerarbeit und Ganzkçrperschwingungen. Er-l�uterungen zu den neuen BK-Nummern 2108, 2109, 2110 und zur EG-Richtlinie 90/269/EWG (He-ben und Tragen von Lasten). Sonderschrift 3.Schriftenreihe der Bundesanstalt f�r Arbeitsmedizin, S. 45–61

Seidel, H. et al.:Belastung der Lendenwirbels�ule durch stoßhaltige Ganzkçrperschwingungen. Experimentelle in-terdisziplin�re Untersuchung – Anthropometrie, Biodynamik, biomechanisches Modell, Psychophy-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 214

200 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 215: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

sik und Elektromyographie. Fb 01 HK 061Schriftenreihe der Bundesanstalt f�r Arbeitsmedizin (1995)

Seidel, H. et al.:Ermittlung vibrationsbedingter Belastungsverl�ufe in der Lendenwirbels�ule mit Hilfe dynamischerVielkçrpermodellierung. Fb 889Schriftenreihe der Bundesanstalt f�r Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (2000)

Seidel, H. et al.:Entsprechen die Frequenzbewertungen f�r das Beanspruchungskriterium Gesundheit nach ISO2631–1 und VDI 2057 Blatt 1 der Wirkung?Tagungsband der VDI-Tagung Humanschwingungen 17.-18.3.2004 Darmstadt – im Druck

VDI 2057, Blatt 1.:Einwirkung mechanischer Schwingungen auf den Menschen; Grundlagen, Gliederung, Begriffe.D�sseldorf: VDI-Verl., 1987–6 S.

VDI 2057, Blatt 2.:Einwirkung mechanischer Schwingungen auf den Menschen. Bewertung.D�sseldorf: VDI-Verl., 1987–8 S.

VDI 2057, Blatt 3.:Einwirkung mechanischer Schwingungen auf den Menschen. Beurteilung.D�sseldorf: VDI-Verl., 1987–7 S.

VDI-Richtlinie 2057:Einwirkung mechanischer Schwingungen auf den Menschen,Blatt 1/Part 1: Ganzkçrper-SchwingungenBeuth Berlin (2002)

White, A. A., Panjabi, M.M.:Clinical Biomechanics of the spine, 2nd ed.J.B. Lippinbcott Company, Philadelphia (1990)

Wilke H. J. et al.:Intradiscal pressure together with anthropometric data – a data set for the validation of models.Clin. Biomech. 16 Suppl. 1:111–126 (2001)

Literaturerg�nzung:M�sch, F. H.

Wirbels�ulensch�den durch Ganzkçrper – Vibrationsbelastung(Berufskrankheiten nach § 551 Abs. 2 der RVO)MAGS – Jahresbericht 1988, NRW 125 – NRW 127

M�sch, F. H.:Lumbalsyndrom bei Erdbaumaschinenfahrern mit langj�hriger Ganzkçrper-VibrationsbelastungIn: Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (Hrsg.):Internationale Sektion „Forschung“: Vibration am Arbeitsplatz3. Internationales Kolloquium der IVSS, Wien 1989

M�sch, F. H.:Vibrationen – Auswirkungen auf die Wirbels�ule des MenschenIn: Florian, H. J., Tenkhoff, N. (Hrsg.): Arbeitsmedizinische Herbstagung 1988Gentner, Stuttgart 1989

M�sch, F. H.:Vibrationsbelastung und Beanspruchung der Lendenwirbels�ule bei Erdbaumaschinen-Fahrern(EMF)In: Bundesarbeitsgemeinschaft f�r Arbeitssicherheit (Hrsg.):21. Deutscher Kongreß f�r Arbeitsschutz und ArbeitsmedizinBASI, D�sseldorf 1989

M�sch, F. H.:Lumbalsyndrom durch Ganzkçrper-Vibrationsbelastung (Posterpr�sentationen)a) XII. Weltkongress f�r Arbeitsschutz, Hamburg 1990b) 37. Arbeitswissenschaftlicher Kongreß, Dresden 1991

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 215

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 201

Page 216: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

c) Congres Commun: Rheumatologische Probleme am Arbeitsplatz, Z�rich 1991d) 32. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft f�r Arbeitsmedizin, Kçln 1992e) International Symposium „Vibration and Spine“, Humboldt Universit�t, Berlin 1992

M�sch, F. H.:Wirbels�ulenerkrankungen durch Ganzkçrperschwingungen (BK Nr. 2110 Anlage 1 BeKV)In: Bundesarbeitsgemeinschaft f�r Arbeitssicherheit (Hrsg.):23. Deutscher Kongreß f�r Arbeitsschutz und ArbeitsmedizinBASI, D�sseldorf 1993

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 216

202 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 217: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 21 11 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 3/1993, 58

Erhçhte Zahnabrasionen durch mehrj�hrige quarzstaubbelastende T�tigkeit

Klinische Zuordnung:Zahnheilkunde

Zahnabrasion ist der langsam fortschreitende Verlust von Zahnhartsubstanzen, d. h.von Zahnschmelz, sp�ter auch Dentin, an Kaufl�chen und Schneidekanten.

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Erhçhter Abrieb von Zahnhartsubstanzen kann durch Partikel in der Nahrung (= De-mastikation) und insbesondere durch bestimmte Staubarten, die sich nach Mund-atmung am Arbeitsplatz im Speichel anreichern, verursacht werden.

Epidemiologische Untersuchungen zeigen �bereinstimmend, daß bestimmte Per-sonengruppen, insbesondere Besch�ftigte in Granit-Steinbr�chen, Bergleute, Stein-metze und Steinhauer nach Einwirkung quarzhaltiger St�ube am Arbeitsplatz eineerhçhte und schneller fortschreitende Abrasion an den Kaufl�chen der Z�hne aufwei-sen, welche Krankheitswert annehmen kann.

Als weitere Ursachenfaktoren der arbeitsbedingt erhçhten Abrasion werden Vi-brationen sowie vermehrte Kauaktivit�t (Parafunktionen) infolge schwerer kçrper-licher Arbeit und Streß diskutiert, sind aber bisher nicht gesichert.

II. Pathophysiologie

Bei Mundatmung gelangen Staubpartikel verschiedener Korngrçße in die Mundhçh-le, die sich anreichern und mit dem Speichel verteilt werden. Die H�rte kristallinerQuarzpartikel liegt in der Grçßenordnung der H�rte des Zahnschmelzes (MOHS-Skalierung etwa 7–8). Sie �bertrifft diejenige des Dentins bei weitem. Rasterelektro-nenmikroskopische Untersuchungen bei Granitarbeitern haben gegen�ber Vergleichs-kollektiven grçßere Spurrillen mit Schmelzaussplitterungen auf den Abrasionsfl�cheninfolge von Granitstaubpartikeln gezeigt. Damit ist erwiesen, daß quarzhaltige Staub-partikel direkt und in erster Linie f�r die erhçhte Zahnabrasion bei dieser Personen-gruppe verantwortlich sind.

Inwieweit Tonuserhçhungen der Kaumuskulatur bei schwerer kçrperlicher Arbeit(sog. Mitinnervation), Streß oder vermehrte Knirschbewegungen durch Fremdkçrperauf den Kontaktfl�chen der Z�hne induziert werden und eine wesentliche Mitursacheder vermehrten Abrasion darstellen, konnte anhand von epidemiologischen Unter-suchungen bisher nicht abgegrenzt werden.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Zahnhartsubstanzverlust kann auch physiologischerweise infolge von Abnutzungdurch direkten Zahnkontakt (Attrition) entstehen. Als Attrition wird der Verlust vonZahnhartsubstanz durch alleinigen Antagonistenkontakt beim Schlucken und Spre-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 217

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 203

Page 218: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

chen bezeichnet. Vermehrte Kauaktivit�t bei Parafunktionen (Knirschen und Pressen)kann zu erhçhter Zahnabrasion f�hren. Das Ausmaß der Zahnabrasion kann auchdurch Faktoren wie Anzahl, Stellung und Hypoplasien der Z�hne beeinflußt werden.Mit zunehmendem Lebensalter nimmt der Abrasionsgrad in der Allgemeinbevçlke-rung zu. Frauen weisen ein geringeres Ausmaß der Zahnabrasion als M�nner auf.Zahnabrasion ist ferner differentialdiagnostisch von Karies, Erosion, Hypoplasie,Fraktur und Resorption abzugrenzen.

Die �berg�nge zwischen physiologischer und pathologischer Abrasion sind flie-ßend. Orientiert man die pathologische Abrasion an der Behandlungsbed�rftigkeit,so sollte dann behandelt werden, wenn das Dentin im Bereich der Kaufl�chen mehrals nur punktfçrmig, d. h. fl�chig, freiliegt. Bei diesem Erkrankungsstadium schreitetdie Abrasion im weicheren Dentin zunehmend schneller fort.

Bei ausgepr�gter Zahnabrasion kann es durch Bißsenkung zu Beschwerden im Be-reich der Kaumuskulatur kommen. Bei generalisierter starker Zahnabrasion sind voreinem prothetischen Ersatz ggf. Bißhebung und funktionstherapeutische Maßnahmenerforderlich.

IV. Weitere Hinweise

Die Feststellung einer erhçhten Zahnabrasion durch quarzhaltigen Staub setzt nebeneiner zahn�rztlichen Befunderhebung die Kl�rung der sch�digenden Einwirkungenam Arbeitsplatz voraus. Erforderlich sind hierf�r die gezielte Erhebung der Arbeits-vorgeschichte und eine umfassende T�tigkeitsbeschreibung. Dabei ist abzuw�gen, obeine mehrj�hrige Einwirkung quarzhaltiger St�ube am Arbeitsplatz wesentlich zu dererhçhten Abrasion beigetragen hat. Ferner bleibt zu pr�fen, ob andere, nicht arbeits-bedingte Umst�nde, wie ein fr�hzeitiger Zahnverlust, Parafunktionen oder Nah-rungsmitteleigenschaften, an der erhçhten Abrasion wesentlich mitgewirkt haben.

V. LiteraturBerger, F.:

Zahnabrasion – eine berufsbedingte Sch�digung?Med. Diss. Marburg 1985

Demner, G. H., und Moldovanow, A.:Außerordentliche pathologische Abn�tzung der Z�hne bei Arbeitern in Kohlesch�chten (russ).Stomatol. (Mosk) 59, 53 (1980)

Enbom, L., Magnusson, T., und Wall, G.:Occlusal wear in miners.Swed. Dent. J. 10, 165 (1986)

Heese, B., und Baldus, S.:Zahnsch�den bei Steinbrucharbeitern.Arbeitsmed. Sozialmed. Pr�ventivmed. 18, 12 (1983)

Hickel, R.:Zahnabrasion und beruflich bedingte Einfl�sse bei Granitsteinbrucharbeitern. Med. Habilitations-schrift, Erlangen 1988

Hickel, R., Meier, J., und Krçncke, A.:Zahnabrasion bei Steinbrucharbeitern.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 218

204 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 219: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Wissenschaftliches Gutachten an den Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften unddie Steinbruch-Berufsgenossenschaft vom 20.2.1987

Pçllmann, L., Berger, F., und Pçllmann, B.:Age and dental abrasion.Gerodontics 3, 94 (1987)

Ring, A.:Zur Frage berufsbedingter Abrasionssch�den bei Steinmetzen und Steinhauern.Dtsch. Zahn�rztl. Z. 39, 36 (1984)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 219

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 205

Page 220: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

22 Druckluft

Merkblatt zu der Berufskrankheit Nr. 22 01 Anlage BKV

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 220

206 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 221: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 22 01 Anlage BKV

(Nr. 24/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 2/1964, 33

Erkrankungen durch Arbeit in Druckluft

Klinische Zuordnung:HNO-HeilkundeAngio-/KardiologieNeurol./Psychiatrie

I. Vorkommen, Gefahrenquellen und Entstehungsweise

Arbeiten in Druckluft (Druckluftarbeiten) sind solche, die in einem Luftdruck durch-gef�hrt werden, der �ber dem atmosph�rischen Druck liegt. Dies sind z. B. Arbeiten,die unterhalb des Grundwasserspiegels oder im Wasser mit Hilfe von Senkk�sten, densog. Caissons, bei Tunnelbauten nach dem Schildvortriebsverfahren sowie in Tau-cheranz�gen oder Taucherglocken vorgenommen werden m�ssen.

Druckluftarbeiter oder Taucher befinden sich je nach Arbeits- oder Wassertiefe inunterschiedlich hohem �berdruck (1 at� entspricht einem Druck von 1 kg/qcm oder2 ata oder etwa 10 m Wassertiefe) und werden sp�ter wieder nach bestimmten fest-gesetzten Zeiten in den normalen Atmosph�rendruck zur�ckgebracht.

Mit steigendem Druck werden die in der Atemluft enthaltenen Gase, insbesondereStickstoff, vom Kçrper vermehrt aufgenommen. Der sich im Kçrper vollziehende Lç-sungsvorgang dieser Gase verlangsamt sich mit zunehmender S�ttigung. Der Gradder S�ttigung ist abh�ngig von der Arbeits- oder Tauchtiefe, Expositions- oder Tauch-zeit sowie der unterschiedlich starken Durchblutung und dem unterschiedlich großenStickstoffbindungsvermçgen der Kçrpergewebe. Dabei tritt zuerst eine S�ttigung derKçrperfl�ssigkeiten, nach l�ngerer Einwirkungsdauer eine solche der lipoid- und fett-haltigen Gewebe ein.

Die Ents�ttigung des Kçrpers muß langsam vor sich gehen, damit der bei Druck-entlastung freiwerdende Stickstoff �ber das Herz- und Kreislaufsystem und die At-mungsorgane abgeatmet werden kann. Erfolgt die Druckherabsetzung zu schnell, sokann freigewordener Stickstoff in Kçrperfl�ssigkeiten, wie Blut, Lymphe, Liquor, Ge-lenkfl�ssigkeiten, sowie auch in den Geweben zur Bildung von Gasblasen f�hren.Luftembolien sind die h�ufigsten Ursachen der Erkrankungen durch Arbeit in Druck-luft. Ebenso kann die sog. autochthone Stickstoffentbindung, d. h. das Freiwerdenvon Stickstoff innerhalb der Zellen, vor�bergehende oder dauernde Gesundheitssch�-den bewirken.

II. Krankheitsbild und Diagnose

Zu rascher �bergang von Normal- auf �berdruck (Einschleusen in den Caisson, Ab-stieg im Wasser) kann infolge mangelnden Druckausgleichs, z. B. in Ohrtuben, Stirn-und Kieferhçhlen, zu Kopf- und Ohrenschmerzen, bei schadhaftem Gebiß auch zuZahnschmerzen f�hren.

Nach zu schnellem Ausschleusen oder Auftauchen treten innerhalb der ersten hal-ben Stunde, vielfach auch erst nach Stunden oder Tagen, je nach Grçße, Anzahl oder

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 221

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 207

Page 222: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Lokalisation im Kçrper befindlicher Gasblasen, mehr oder weniger heftige „Druck-fallbeschwerden“ auf. Zu den Krankheitssymptomen gehçren z. B. Gelenk- und Mus-kelschmerzen, Ohrensausen, Schwerhçrigkeit, Mono-Paraplegie, Tonusverlust der

Muskulatur („Zusammensinken des Kçrpers“), Aphasie und Asphyxie. Mehrt�gigeTemperatursteigerungen beruhen evtl. auf einer gestçrten W�rmeregulation. �rtlicheZirkulationsstçrungen kçnnen Gef�ßerweiterungen, �deme und Marmorierung der

Haut verursachen.Auch ein Herzinfarkt infolge von Stickstoffgasembolie ist mçglich. In der Regel

klingen Beschwerden und Symptome der Drucklufterkrankung nach Wiederein-schleusung (Rekompression auf den vorausgegangenen Arbeitsdruck), die in jedemFalle die in Frage kommende Behandlungsmaßnahme ist, in relativ kurzer Zeit ab.

Dauernde L�hmungen, vorwiegend der unteren Gliedmaßen sowie Symptome desMeni�reschen Syndroms, sind infolge der Stickstoffgasembolien im Zentralnervensys-tem mçglich. Auch vor�bergehende psychische Stçrungen, epileptiforme Anf�lle,Sch�den im Hirnstamm und evtl. rçntgenologisch nachzuweisende Dauersch�den in

den großen Gelenken kçnnen Folgeerkrankungen von Arbeit in Druckluft sein.

III. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung

F�r die Diagnoseerstellung und Beurteilung sind die eingehende Anamnese und Er-mittlung der speziellen Arbeitsbedingungen hinweisgebend. Dabei ist die Kenntnisder Arbeitstiefen oder Atmosph�ren-�berdrucke und des Bodenprofils, der Ein- undAusschleusungszeiten sowie der Dauer der Arbeiten im �berdruck von Wichtigkeit.

Literaturerg�nzung:Merget, R. D.:

Erkrankungen beim TauchenIn: Vogelmeier, C., Buhl, R.: Pneumologische Notf�lleWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 222

208 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 223: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

23 L�rm

Merkblatt zu der Berufskrankheit Nr. 23 01 Anlage BKV

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 223

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 209

Page 224: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 23 01 Anlage BKV

Arbeitsschutz 8/9/1977, 204–205

L�rmschwerhçrigkeit

Klinische Zuordnung:HNO-Heilkunde

L�rm im Sinne dieses Merkblattes ist Schall (Ger�usch), der das Gehçr sch�digenkann. Bei einem Beurteilungspegel von 90 dB(A) und mehr sowie andauernder Ein-wirkung, besteht f�r einen betr�chtlichen Teil der Betroffenen die Gefahr einer Gehçr-sch�digung. Gehçrsch�den kçnnen jedoch auch bereits durch einen L�rm verursachtwerden, dessen Beurteilungspegel den Wert von 85 dB(A) erreicht oder �berschreitet.

Der Beurteilungspegel kennzeichnet die Wirkung eines Ger�usches auf das Ohr. Erist der Pegel eines f�r die Dauer einer achtst�ndigen Arbeitsschicht konstanten Ger�u-sches oder, bei zeitlich schwankendem Pegel, der diesem gleichgesetzte Pegel. Wenndie Beurteilungspegel an den Tagen einer Arbeitswoche unterschiedlich sind, wird derBeurteilungspegel auf eine 40st�ndige Arbeitswoche bezogen. Der Beurteilungspegelwird nach der VDI-Richtlinie 2058 Blatt 2 „Beurteilung von Arbeitsl�rm am Arbeits-platz hinsichtlich Gehçrsch�den“ Abs. 4.4. in Zusammenhang mit Anhang A undDIN 45641 ermittelt und in dB(A) angegeben.

Am Arbeitsplatz kann L�rm nach mehrj�hriger Einwirkung zu L�rmsch�den desGehçrs f�hren. Bei sehr hohen Lautst�rken sind bleibende Gehçrsch�den schon nachwenigen Tagen oder Wochen mçglich. Ger�usche, bei denen Frequenzen �ber 1000Hz vorherrschen, und schlagartige Ger�usche hoher Intensit�t(Impulsl�rm) sind f�rdas Gehçr besonders gef�hrlich. Durch L�rm verursachte Gehçrsch�den kçnnen eineBerufskrankheit „L�rmschwerhçrigkeit“ werden.

I. Gefahrenquellen

L�rmarbeiten kommen in vielen Gewerbezweigen vor, besonders vielf�ltig und h�ufigin der Metallbe- und -verarbeitung (Niet- und Hammerarbeiten, Arbeiten in Draht-und Nagelfabriken, Gußputzen, Schleifen, Blechbearbeitung; alle Arbeiten mitDruckluftwerkzeugen, Strahlarbeiten, Spritzmetallarbeiten, manche Schweiß- undSchneidearbeiten, Arbeiten an Pressen), im Bergbau, an Motorenpr�fst�nden, im Be-reich von Gasturbinen, Kompressoren und Gebl�sen, bei der Holzbearbeitung (Ho-belmaschinen, S�gen), in der Textilindustrie (Web- und Spinnmaschinen), an Drucke-reimaschinen, in der Lebensmittelindustrie (Flaschenabf�llerei, Fleischcutter); beimGewinnen und Bearbeiten von Steinen, bei Bauarbeiten (Rammen, Planierraupen,Bagger und Gleisstopfmaschinen); im Luftverkehr (vor allem beim Bodenpersonal),im Schiffsverkehr (Maschinenr�ume), sowie auch sonst in der N�he von Dieselmoto-ren usw.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 224

210 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 225: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

II. Pathophysiologie

Die Schallwellen gelangen durch Luftleitung �ber den Gehçrgang und – in schw�che-rem Maße – als Kçrperschall �ber die Sch�delknochen zum Innenohr. Sie f�hren dortzun�chst zu einer Erm�dung der Sinneszellen der unteren Schneckenwindung (rever-sible „Vert�ubung“, „vor�bergehende Schwellenabwanderung“ im Tonaudiogramm,„Kompensationsphase“). Wenn die Erholungsmçglichkeit (z. B. durch L�rmpausenvon entsprechender Dauer) nicht mehr ausreicht, kommt es zu einem Dauerschadendurch Stoffwechselerschçpfung und Zelltod. Das Ausmaß des L�rmschadens nimmtmit der Dauer der L�rmexposition und mit der L�rmintensit�t zu. Nach etwa15–20 Jahren wird – infolge Zerstçrung aller durch L�rm zerstçrbaren Zeilen – eine„S�ttigungsphase“ erreicht. Nach beendeter L�rmexposition ist nicht mehr mit einemFortschreiten der L�rmschwerhçrigkeit zu rechnen.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Die L�rmschwerhçrigkeit ist eine Schallempfindungsschwerhçrigkeit vom „Haarzell-typ“ (= Innenohrschwerhçrigkeit). Zun�chst ist die Wahrnehmung der hçheren, sp�-ter erst die der mittleren und tieferen Tçne beeintr�chtigt. Bei L�rmschwerhçrigkeit

sind eine große Differenz zwischen den Hçrweiten f�r Umgangs- und Fl�stersprachesowie im Tonaudiogramm ein �bereinstimmen der Hçrschwellenkurven f�r Luft-und f�r Knochenleitung festzustellen. Die chronische Schwerhçrigkeit durch L�rm

tritt immer doppelseitig auf, sie muß aber nicht streng symmetrisch ausgebildet sein;große Seitendifferenzen mahnen allerdings zu kritischer Kl�rung und Beurteilung.Subjektive Ohrger�usche werden verh�ltnism�ßig h�ufig angegeben, sind aber nichtspezifisch f�r eine Schwerhçrigkeit durch L�rm. Gleichgewichtsstçrungen gehçrennicht zum Krankheitsbild.

Schon die beginnende Gehçrsch�digung durch L�rm kann mittels Tonaudio-gramm durch typischen Hçrverlust im Frequenzbereich um 4000 Hz (sog. c5-Senke)festgestellt werden Auch sp�ter ist noch f�r l�ngere Zeit ein �berwiegen de Hochton-stçrung feststellbar, aus der Hochtonsenke wird ei Hochtonabfall. Der Hauptsprach-bereich (500–3000 Hz) wir erst sp�t beeintr�chtigt.

Ein Lautheitsausgleich (Recruitment), mçglichst durch mehrere �berschwelligePr�fmethoden best�tigt, spricht f�r eine Sch�digung der Sinneszellen des Corti-Or-gans durch L�rm.

Differentialdiagnostisch ist eine Schalleitungs-(Mittelohr-)Schwerhçrigkeit leichtauszuschließen (u. a. im Tonaudiogramm in nicht nur einer Frequenz mehr als 10 dBDifferenz zwischen Luft- und Knochenleitung); weitere Hinweise auf die Mçglichkeiteiner gestçrten Schalleitung sind morphologische Ver�nderungen und Bewegungsein-schr�nkungen an den Trommelfellen, eine behinderte Tubendurchg�ngigkeit und eineFixation der Gehçrknçchelchenkette. Schwieriger gestaltet sich der Ausschluß vonSchallempfindungsstçrungen anderer Ursachen; neben dem Recruitment ist vor allemdie Form des Tonaudiogramms von Bedeutung. Nur der basocochle�re Typ sprichtf�r Schwerhçrigkeit durch L�rm, w�hrend mediocochle�re Typen f�r eine andere Lo-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 225

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 211

Page 226: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

kalisation im Schneckenwindungssystem entweder im Sinne einer heredit�ren oder ei-ner Hçrnervenschwerhçrigkeit sprechen, pancochle�re Formen eher auf eine Meni-re'sche Krankheit hindeuten. Hinweise auf toxische Sch�den des Innenohrs (durchototoxische Medikamente, besonders bei Tbk, durch Kohlenmonoxid usw.) und aufKnalltraumen m�ssen in erster Linie aus der Anamnese gewonnen werden. Eine kon-stitutionelle degenerative Innenohrschwerhçrigkeit muß nicht immer erkennbar erb-lich sein; sie ist h�ufig erheblich seitendifferent, ihr Beginn ist vielfach schon auf dieZeit vor der L�rmexposition zur�ckzuverfolgen. Auch muß man bei einem auff�lligenMißverh�ltnis zwischen Schwere der Hçrstçrung und Dauer und/oder Intensit�t derL�rmexposition an degenerative Prozesse, z. B. auch in urs�chlichem Zusammenhangmit einer erkennbaren Hirnsklerose, denken. Auch ein Durchblutungsmangel des In-nenohrs infolge Osteochondrose der Halswirbels�ule ist zu beachten.

IV. Weitere Hinweise

Zur Anzeigepflicht: Der Verdacht auf eine anzeigepflichtige L�rmschwerhçrigkeit istbegr�ndet, wenn der Versicherte eine Reihe von Jahren unter L�rmbedingungen t�tigist oder war, die Hçrfunktionsstçrung dem Bilde der Innenohrschwerhçrigkeit ent-spricht und das Sprachgehçr beeintr�chtigt ist.

Reine Hochtonverluste sind nicht anzeigepflichtig. Pr�ventivmedizinische Zielset-zungen kçnnen auf andere Weise (z. B. durch Kontakt mit dem Betriebsarzt oder Mit-teilung an den Tr�ger der gesetzlichen Unfallversicherung) wirksamer und einfacherverfolgt werden.

Zur Begutachtung: F�hrende deutsche Audiologen haben in Zusammenarbeit mitdem Berufsgenossenschaftlichen Forschungsinstitut f�r L�rmbek�mpfung des Haupt-verbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften „Empfehlungen des Hauptver-bandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften f�r die Begutachtung der beruflichenL�rmschwerhçrigkeit“ („Kçnigsteiner Merkblatt“) erarbeitet, die dem jeweiligenStand der Wissenschaft und der praktischen Erfahrung von Zeit zu Zeit angepaßtwerden sollen. Die in den Empfehlungen enthaltenen Tabellen zur Einsch�tzung derMdE sind allgemeine Richtwerte, sie d�rfen nicht schematisch f�r die ErmittlungMdE angewendet werden. F�r den Vorschlag zur Hçhe der MdE ist entscheidend, inwelchem Umfang dem Versicherten der allgemeine Arbeitsmarkt mit seinen vielf�lti-gen Erwerbsmçglichkeiten, in dem es h�ufig auf das ungestçrte Hçrvermçgen wenigankommt, verschlossen ist.

Die Empfehlungen enthalten außerdem Hinweise auf die f�r eine angemesseneBegutachtung erforderlichen Untersuchungen: Eigen- und Familienanamnese sowieArbeitsanamnese, Spiegeluntersuchung einschl. Pr�fung der Beweglichkeit der Trom-melfelle und der Tubendurchg�ngigkeit, Stimmgabelpr�fung, Tonschwellenaudio-metrie, mindestens zwei �berschwellige Testmethoden zur Differentialdiagnose,Sprachaudiometrie, Hçrweitenpr�fung und Pr�fung auf Spontan- und Provokations-nystagmus. Rç-Untersuchungen sollen nur bei spezieller Indikation vorgenommenwerden.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 226

212 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 227: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Es wird verlangt, daß der Funktionsverlust in Form des prozentualen Hçrverlustesangegeben wird, aus dem dann der MdE-Vorschlag abzuleiten ist.

Grundvoraussetzung f�r die Bejahung einer beruflichen L�rmschwerhçrigkeit isteine hinreichende L�rmexposition am Arbeitsplatz. L�rmmessungen am Arbeitsplatzsind deshalb unentbehrlich, wenn nicht auf bereits bekannte Meßergebnisse zur�ck-gegriffen werden kann.

Eine Alterskorrektur wird bei noch unter L�rmbedingungen T�tigen grunds�tzlichnicht vorgenommen; dagegen ist sie zu ber�cksichtigen, wenn bei vorgeschrittenemAlter seit dem Ende der L�rmarbeit einige Jahre vergangen sind oder wenn der augen-blickliche Hçrverlust den zu erwartenden Altersverlust nicht �bersteigt. Bei dem nichtganz seltenen Ereignis einer akut auftretenden Hçrstçrung durch L�rm ist der zeitli-che Zusammenhang zwischen der sch�digenden L�rmeinwirkung und dem Auftretender Hçrstçrung eingehend zu pr�fen. Außerdem ist nach Mçglichkeit der Beweis zuf�hren, daß vor der L�rmexposition ein normales oder doch wesentlich besseres Hçr-vermçgen bestanden hat.

V. LiteraturLehnhardt, E.:

Die Berufssch�den des Ohres.Hauptreferat der 36. Tagung d. Dtsch. Ges. HNO-�rzte, Hamburg 1965.

Boenninghaus, H. G., und D. Roeser:Neue Tabellen zur Bestimmung des prozentualen Hçrverlustes f�r das Sprachgehçr.Laryng. Rhinol. 52 (1973) 153–161.

Feldmann, H.:Das Gutachten des Hals-Nasen-Ohren-Arztes.Stuttgart 1976.

Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Schriftenreihe):Arbeitsmedizinische Tagung �ber die berufliche L�rmschwerhçrigkeit.Bad Reichenhall 1974 (dort auch erste Fassung des „Kçnigsteiner Merkblattes“).

Literaturerg�nzung:Berghoff, F.

Hçrleistung und berufsbedingte Hçrsch�digung des Orchestermusikersmit einem Beitrag zur Pathophysiologie des l�rmtraumatischen HçrschadensMed. Diss., Kçln 1968

Schuschke, G., Maschke, C.:L�rm als UmweltfaktorIn: Dott et al. (Hrsg.): Lehrbuch der UmweltmedizinWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 227

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 213

Page 228: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

24 Strahlen

Merkblatt zu den Berufskrankheiten Nr. 24 01 und Nr. 24 02 Anlage BKV

Literaturhinweis:Strahlungen (Dçrr et al., 2004)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 228

214 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 229: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 24 01 Anlage BKV

(Nr. 28/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 6/1963, 130–131

Grauer Star durch W�rmestrahlung

Klinische Zuordnung:Ophthalmologie

I. Vorkommen, Gefahrenquellen und Wirkungsweise

Grauer Star durch W�rmestrahlung (Infrarotstar oder Feuerstar, W�rmestar, Glasbl�-serstar) wird durch Einwirkung infraroter Strahlen, d. h. einer außerhalb des sicht-baren Lichtspektrums gelegenen Wellenstrahlung, verursacht. Der die Augenlinsesch�digende Teil der W�rmestrahlung liegt bei Wellenl�ngen zwischen etwa 750 (nm)bis 2400 (nm). Im allgemeinen emissioniert hellrot-, gelb und weißgl�hendes Materialdiese sch�digenden Strahlen. Die Gef�hrdung ist proportional der Grçße der strahlen-den Fl�che, zunehmender Abstand von der strahlenden Materie verringert die Gef�hr-dung.

Es ist noch nicht abschließend gekl�rt, ob die infraroten Strahlen selbst oder dievon ihnen bei der Absorption durch die Iris erzeugte Erw�rmung des Kammerwassersdie Augenlinse sch�digen.

Gefahrenquellen sind u. a. der Umgang mit gl�hendem Glas in Glash�tten, seltenerder Umgang mit gl�henden Schmelzmassen in Eisenh�tten, Metallschmelzereien, inBetrieben der Weißblechherstellung und in Karbidfabriken. Die sch�digende Strahlungkann sowohl von der Schmelzmasse als auch vom gl�henden Material oder von der In-nenauskleidung der Schmelzçfen ausgehen. Personen, die keine geeignete Schutzbrilletragen, kçnnen gef�hrdet sein.

Die zu Heizzwecken verwendeten Infrarotstrahler und Gl�hlampen kçnnen we-gen ihrer geringen Strahlungsintensit�t den Star durch W�rmestrahlung nicht verursa-chen.

II. Krankheitsbild und Diagnose

Grauer Star durch W�rmestrahlung kann infolge mehrj�hriger, in der Regel �ber 20Jahre dauernder Einwirkung von infraroten Strahlen entstehen. Er tritt meistens zu-n�chst einseitig auf; bei Rechtsh�ndern erkrankt oft zuerst das linke, dem Schmelz-ofen zugewandte Auge.

Die ersten Ver�nderungen zeigen sich am hinteren Linsenpol. Subkapsul�r bildensich Vakuolen und brçckelige Tr�bungen, die zusammenfließen kçnnen und als Tr�-bungsscheibe am hinteren Pol sichtbar werden. Gleichzeitig oder auch vorher kannvereinzelt eine Ablçsung der oberfl�chlichen Lamelle der vorderen Linsenkapsel auf-treten. Diese Lamelle haftet mit ihrer Basis an der Linsenkapsel, der freie Teil rolltsich ein und ragt in die vordere Augenkammer hinein.

Bei der Untersuchung im fokalen Licht – vor allem mit der Spaltlampe – ist eineschalen- oder sternfçrmige Tr�bung mit dichterem, gegen die Linsenmitte prominen-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 229

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 215

Page 230: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

tem Zentrum zu erkennen. Zun�chst ist der Tr�bungsbezirk nicht scharf begrenzt.Eine Abnahme des Sehvermçgens tritt erst dann ein, wenn die Linsentr�bung eine be-stimmte Dichte erreicht hat. Das Endstadium gleicht dem klinischen Bild des reifenAltersstars. Eine Unterscheidung von diesem ist dann nur noch gelegentlich durch dasoben beschriebene Auftreten der typischen Ablçsung der oberfl�chlichen Lamelle dervorderen Linsenkapsel (sog. Feuerlamelle) mçglich.

Die prim�ren Erscheinungen des grauen Stars durch W�rmestrahlung sind meis-tens charakteristisch f�r diese Erkrankung.

Als Nebenbefund ist h�ufig eine durch die Strahlung bewirkte br�unlich-rote Pig-

mentierung der Gesichtshaut mit einer Erweiterung der feinen Hautgef�ße, vorwie-gend auf der st�rker exponierten Gesichtsh�lfte, festzustellen.

Differentialdiagnostisch sind Linsentr�bungen aus anderen Ursachen auszuschlie-ßen. Gleichzeitiges Vorkommen pr�seniler und seniler Ver�nderungen der Linse mitdem W�rmestar ist bei der langen Latenzzeit mçglich. H�ufig tritt er jedoch in einemrelativ fr�hen Lebensalter, d. h. schon vom 40. Lebensjahr an, auf.

III. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung

Eingehende Arbeitsanamnese und Pr�fung, ob infolge beruflicher Arbeiten die Entste-hung des W�rmestars mçglich war, sind erforderlich.

Linsenerkrankungen durch Einwirkung ionisierender Strahlen werden unterNr. 27*) der Anlage zur 6. BKVO erfaßt.

*) entspricht BK-Nr. 24 02 Anlage BKV.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 230

216 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 231: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 24 02 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 7–8/1991,72–74

Erkrankungen durch ionisierende Strahlen

Klinische Zuordnung:OpthalmologieEndokrinol./H�matol.Gyn�ko-/DermatologieGastroenterologiePneumo-/NeurologieUro-/NephrologieOrthop�die

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Rçntgenstrahlen sind in der Antikathode durch Abbremsung der Elektronen erzeugteenergiereiche, elektromagnetische Wellen. Von Gegenst�nden, die durch Rçntgen-strahlen getroffen werden, gehen Streustrahlen aus. Rçntgenstrahlen kçnnen eine Ge-fahrenquelle darstellen f�r Personen, die der direkten oder indirekten Einwirkung,z. B. im Bereich der Medizin, bei der Materialpr�fung, in der Rçntgenapparate- oder-rçhrenindustrie, ausgesetzt sind.

Radioaktive Stoffe sind Elemente, d. h. Radionuklide, die von selbst zerfallen unddabei spontan Strahlen aussenden, meist Alpha-, Beta- oder Gammastrahlen. Manunterscheidet nat�rliche und k�nstliche radioaktive Stoffe. Letztere werden vorwie-gend in Reaktoren als Spaltprodukte oder durch Neutronenbeschuß gewonnen. Ra-dioaktive Stoffe kommen in fester oder fl�ssiger Form oder als Gase vor; sie werdenals offene oder umschlossene Pr�parate verwendet. Radioaktive Stoffe kçnnen in ent-sprechenden Dosen eine Gefahrenquelle f�r Personen sein, die bei Gewinnung, Ver-arbeitung, Verwendung oder beim Transport mit diesen Stoffen oder den von ihnenausgesandten Strahlen in Ber�hrung kommen, z. B. bei der medizinischen Diagnostikoder Therapie, bei wissenschaftlichen Untersuchungen, bei der Werkstoffpr�fung, beibestimmten Meßverfahren, bei der industriellen Verarbeitung und Anwendung vonRadionukliden sowie bei T�tigkeiten im Uranbergbau und in kerntechnischen Anla-gen.

Unter anderen ionisierenden Strahlen sind solche atomaren Teilchen zu verstehenwie Elektronen, Protonen, Deuteronen und andere beschleunigte Ionen sowie Neu-tronen, die direkt oder indirekt ionisieren. Diese kçnnen in Atomreaktor- und Teil-chenbeschleunigerbetrieben vorkommen.

II. Pathophysiologie

Alle energiereichen ionisierenden Strahlen lçsen beim Auftreffen auf Materie physika-lisch-chemische Reaktionen aus, die im lebenden Gewebe zu Stçrungen der Zellt�tig-keit, zum Zelluntergang und damit zu funktionellen und morphologischen Ver�nde-rungen f�hren kçnnen. Durch die Kçrperoberfl�che, d. h. von außen einwirkendeionisierende Strahlen (externe Exposition) haben im Organismus bei identischerDosis prinzipiell die gleiche Wirkung wie die Strahlen, die von inkorporierten (�ber

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 231

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 217

Page 232: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Atem- und Verdauungswege oder Haut und Schleimhaut) radioaktiven Stoffen aus-gehen (interne Exposition).

Das Ausmaß der biologischen Wirkung ist abh�ngig von physikalischen Kom-ponenten, wie1. absorbierter Strahlenmenge (Dosis),2. Strahlenart,3. zeitlicher Verteilung der Dosis (Dosisleistung, ein- oder mehrmalige Bestrahlung

in k�rzeren oder l�ngeren Zeitabst�nden),4. r�umlicher Verteilung der Dosis (Ganzkçrperbestrahlung, lokale Bestrahlung)

und von biologischen Faktoren, wie5. Alter, Geschlecht, Gesundheits- und Ern�hrungszustand, Temperatur des expo-

nierten Individuums,6. Strahlenempfindlichkeit des betroffenen Gewebes.Bei Inkorporierung spielen die physikalische Halbwertzeit und das Stoffwechselver-halten des radioaktiven Stoffes eine entscheidende Rolle.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Man unterscheidet nicht-stochastische und stochastische Strahlenwirkungen. Bei dennicht-stochastischen Wirkungen muß eine Schwellendosis �berschritten werden, da-mit der Effekt eintritt; bei den stochastischen Strahlenwirkungen wird keine Schwel-lendosis angenommen.

A. Akuter Strahlenschaden nach GanzkçrperbestrahlungEr beruht meistens auf einem Unfall. Im Vordergrund stehen bei Dosen �ber 1 Sv zu-nehmend Sch�den der Zellerneuerungssysteme f�r Blut und des Darmepithels. DasBild der akuten Strahlenkrankheit aggraviert mit steigender Dosis und ist gekenn-zeichnet durch das sogenannte akute Strahlensyndrom. Hierzu gehçren u. a. in derFr�hphase Kopfschmerzen, �belkeit, Brechreiz, Abgeschlagenheit, Appetitmangelund sp�ter insbesondere Infektanf�lligkeit sowie Blutgerinnungsstçrungen mit Blu-tungen in Haut und Schleimh�uten; auch blutige Durchf�lle und Erbrechen kçnnenauftreten.

Bei entsprechend hoher Dosis (2 Sv und hçher) f�llt bereits in den ersten Stundenbis Tagen nach dem Strahleninsult die Lymphozytenzahl im zirkulierenden Blut ab;die �brigen Blutelemente (Granulocyten, Thrombozyten, Erythrocyten) folgen dosis-abh�ngig und entsprechend ihrer biologischen Lebenszeit in sp�teren Tagen, da dieZellerneuerung im Knochenmark gesch�digt ist.

B. Akuter lokaler Strahlenschaden nach TeilkçrperbestrahlungBei Bestrahlung grçßerer Kçrperabschnitte kçnnen die Symptome des lokalen Scha-dens mit den unter A genannten Allgemeinerscheinungen verbunden sein.1. Ein akuter Schaden der Haut infolge beruflicher T�tigkeit ist vorwiegend an den

H�nden lokalisiert und beginnt mit einem meist juckenden Erythem, das je nach

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 232

218 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 233: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Dosis in Wochen, Tagen oder Stunden mit wechselnder Intensit�t in Erscheinungtritt. Sehr hohe Dosen verursachen Desquamation und Nekrose (Ulcus).

2. Ein akuter Schaden der Schleimhaut kann etwas fr�her als der akute Schaden derHaut auftreten und besteht wie dieser in Erythem, Desquamation mit Blutungenund ggf. Nekrose.

3. Ein akuter Schaden des Auges �ußert sich �berwiegend in einer entz�ndlichen Ver-�nderung der Bindehaut.

4. Ein akuter Schaden der Keimdr�sen �ußert sich in tempor�rer oder dauernder Ste-

rilit�t mit Amenorrhoe bzw. Oligo-Azoospermie.Die unter Ziff. 1 bis 4 genannten Sch�den sind nur bei Einwirkung hçherer Dosen(1 Sv und hçher) zu erwarten.

C. Chronischer allgemeiner Strahlenschaden nach GanzkçrperbestrahlungEr kann sich durch einmalige Einwirkung einer hohen Strahlendosis als Folge einerakuten Strahlensch�digung wie auch durch wiederholte Einwirkung kleinerer Dosenentwickeln. Die unter A geschilderten Symptome kçnnten bei geringeren Strahlendo-sen bzw. geringer Dosisleistung fehlen oder in abgeschw�chter Form auftreten, unddennoch werden sp�ter Strahleneffekte hervorgerufen (s. Abschnitt E).

D. Chronischer lokaler Strahlenschaden nach TeilkçrperbestrahlungAkute oder chronische Teilkçrperbestrahlungen verursachen Sp�tsch�den (s. Ab-schnitt E).Besondere Beachtung verdient:1. Bei externer Bestrahlung kommt es immer zu einer Exposition der Haut. Ein chro-

nischer Schaden der Haut �ußert sich nach hohen Strahlendosen (mehrere Sv undhçher) in Atrophie mit pergamentartiger Beschaffenheit der Haut sowie in Pig-mentverschiebung, ungleichm�ßiger Pigmentierung, Trockenheit infolge Stçrungder Talg- und Schweißdr�senabsonderung, Dauerepilation, trockener Abschilfe-rung, Verhornung, Rhagadenbildung und Teleangiektasie. Außerdem kçnnenWachstumstçrungen mit L�ngsriffelung und Br�chigkeit der N�gel auftreten. Ek-

zeme und schmerzhafte Ulzerationen sowie Warzenbildung und Hautkarzinome

sind mçglich.2. Chronischer Schaden der Atemwege und der Lunge: U. a. kommt es bei der Fçr-

derung von Pechblende-Erz, welches Radium, dessen Zerfallsprodukte und andereradioaktive Stoffe enth�lt, durch Inhalation zur lokalen Exposition der Atemwe-ge. Nach mehrj�hriger Einwirkungszeit kçnnen chronische Sch�den (z. B. Lungen-

fibrosen) und Lungenkrebs (sog. „Schneeberger Lungenkrebs“) auftreten. DieZerfallsprodukte des Radiums (Radon u. a.), welche vorwiegend �ber die Atem-wege aufgenommen werden, spielen dabei eine wichtige Rolle.

3. Chronische Sch�den an anderen Organen kçnnen durch Strahleneinwirkung in-korporierter radioaktiver Stoffe auftreten. Sie finden sich am h�ufigsten bei densogenannten kritischen Organen, d. h. denjenigen Organen, in denen radioaktive

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 233

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 219

Page 234: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Stoffe sich bevorzugt ablagern (z. B. Schilddr�sen f�r Jod, Knochen f�r Strontium,Polonium u. a.).

E. Strahlensp�tsch�den

Strahlensp�tsch�den kçnnen sowohl nach einmaliger Einwirkung einer hohen Dosisals auch nach langzeitiger oder wiederholter Einwirkung kleiner Dosen auftreten.Der Strahlenexposition folgt eine l�ngere symptomfreie Latenzzeit; eine akute Strah-

lenkrankheit muß dabei nicht vorausgegangen sein. Neben o. g. Sp�tsch�den der

Haut und Atemwege und neben Katarakten, die nach Bestrahlung der Augen mit hç-heren Dosen (>2 SV; vorwiegend bei Neutronen und schweren Teilchen, aber auch beilocker ionisierender Strahlung) vom hinteren Linsenpol ausgehend beobachtet wer-den, sind vor allem Leuk�mien und andere maligne Tumoren als strahlenbedingteSp�tsch�den bedeutsam (s. Anhang 2). Die Eintrittswahrscheinlichkeit dieser Erkran-kungen ist dosisabh�ngig.

IV. Weitere Hinweise

Um zu beurteilen, ob eine Erkrankung auf eine Strahlenexposition zur�ckzuf�hrenist, sind eine eingehende Arbeitsanamnese unter Ber�cksichtigung technischer Einzel-heiten am Arbeitsplatz, der Ergebnisse der Personen- und Ortsdosismessungen, ande-rer unter II genannter physikalischer und biologischer Faktoren sowie der f�r den Ar-beitsplatz getroffenen Strahlenschutzmaßnahmen von entscheidender Bedeutung.

Besonders ist zu pr�fen, ob es sich beim Umgang mit radioaktiven Stoffen um of-fene oder umschlossene Pr�parate gehandelt hat. Bei Arbeiten mit offenen Pr�paratenist die Mçglichkeit einer Kontamination oder Inkorporation gegeben. Ggf. ist derNachweis inkorporierter radioaktiver Stoffe im Kçrper und in den Kçrperausschei-dungen in speziell hierf�r eingerichteten Instituten zu f�hren.

Die Beurteilung der Strahleneinwirkung ist in der Regel schwierig und sollte daherggf. in Zusammenarbeit mit einem Strahlenbiologen/-physiker erfolgen.

Die Anh�nge 1 und 2 zum Merkblatt sind zu beachten.

V. LiteraturBEIR:

The Effects of Exposure to Low Levels of Ionizing Radiation.National Academy Press, Washington, D. C., 1980

Boice, J. D. und Fraumeni, J. F.:Radiation Carcinogenesis: Epidemiology and Biological Significance.Raven Press, New York, 1984

DeVita, V. T., Hellmann, S. und Rosenberg, S. A.:Principles and Practice of Oncology.Lippincott, Philadelphia, 1985

Feinendegen, L. E.:Begutachtung von F�llen, bei denen ein Strahlenschaden in Erw�gung gezogen werden muß.In: „Strahlenschutz in Forschung und Praxis“. Band XV, 140–146Thieme, Stuttgart, 1976

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 234

220 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 235: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

ICRP:Recommendations of the International Commission on Radiological Protection.Annals of the ICRP, Publication 26.Pergamon Press, 1977

Kleihauer, E.:H�matologie.Springer, Berlin, Heidelberg, New York, 1978

NIH:Report of the National Institutes of Health: ad hoc Working Group to Develop RadioepidemiologicalTables.NIH Publication No. 85–2748, U. S. Department of Health and Human Services, Washington, D. C.,1985

Preston, D. L., Kato, H., Kopecki, K. J. und Fujita, Sh.:Cancer Mortality among A-Bomb Survivors in Hiroshima and Nagasaki., 1950–1982. Life Span StudyReport 10, Part 1.Radiation Effects Research Foundation, Hiroshima, 1987

Shimizu, Y., Kato, H., Schull, W. J., Preston, D. L., Fujita, Sh. und Pierce, D. A.:Comparison of risk coefficients for site-specific cancer mortality based on the DS86 and T65DRshielded kerma and organ doses. Life Span Study Report 11.Radiation Effects Research Foundation, Hiroshima, 1987

Streffer, C.:Untersuchung des Leuk�mie- und Krebsrisikos bei beruflich strahlenexponierten Personen.In: „Strahlenschutz in Forschung und Praxis“, Band 30, 93–120.Fischer, Stuttgart, New York, 1988

UNSCEAR:Sources, Effects and Risks of Ionizing.United Nations Scientific Commitee on the Effects of Ionizing Radiation.United Nations, New York, 1977

UNSCEAR:Sources, Effects and Risks of Ionizing.United Nations Scientific Commitee on the Effects of Ionizing Radiation.United Nations, New York, 1988

Wintrobe, M. M., Lee, G. R., Boggs, D. R., Bithell, T. C., Foerster, J., Athens, J. W. und Lukens, J. N.:Clinical Hematology.Lea & Febiger, Philadelphia, 1965

Literaturerg�nzung:Steiof, M., Gardey, K.-U., Dott, W.:Ionisierende StrahlenIn: Dott et al. (Hrsg.): Lehrbuch der UmweltmedizinWVG, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002

Anhang 1 zum Merkblatt f�r die �rztliche Untersuchung zu Nr. 2402 Anl. 1 BeKV

Erl�uterungen von ausgew�hlten Begriffen und Einheiten1. Ionisieren bedeutet das Abtrennen von Elektronen aus dem Atomverband, wobei

die ionisierten Atome oder die ionisierte Atome enthaltenden Molek�le in einenZustand ver�nderter chemischer und dadurch auch biologischer Reaktionsbereit-schaft gelangen.

2. Ionisierende Strahlen sind energiereiche Wellen – (Quanten- oder Photonen-) bzw.Teilchen-(Korpuskular)-strahlen, die beim Durchgang durch Materie die Atomezu ionisieren vermçgen.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 235

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 221

Page 236: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

3. Direkt ionisierende Strahlen sind alle elektrisch geladenen Korpuskeln, wie z. B.schnelle Elektronen oder Betastrahlen, Alphastrahlen, Protonen usw.

4. Indirekt ionisierende Strahlen sind Rçntgen- und Gammastrahlen sowie Neutro-nen, die durch Wechselwirkung mit Atomen direkt ionisierende Strahlen erzeugen(z. B. Rçntgen- oder Gammastrahlen: Elektronen; Neutronen: R�ckstoßprotonenoder Kernprozesse).

5. Von außen wirkende Strahlen sind solche, die von einer außerhalb des Kçrperssich befindenden Strahlenquelle in den Kçrper einwirken (externe Exposition).

6. Von innen wirkende Strahlen sind solche Strahlen, die von inkorporierten radio-aktiven Stoffen im Kçrper ausgehen (interne Exposition).

7. Kontamination ist eine Verunreinigung durch radioaktive Stoffe.8. Umschlossene Strahler sind radioaktive Stoffe, die in festen und inaktiven Stoffen

inkorporiert sind, oder die von einer inaktiven H�lle umschlossen ist, die aus-reicht, um bei �blicher Beanspruchung ein Austreten radioaktiver Stoffe zu verhin-dern und die Mçglichkeit einer Kontamination auszuschalten.

9. Offene Strahler sind radioaktive Stoffe, die nicht in festen und inaktiven Stoffeninkorporiert oder von solchen umh�llt sind. Austreten radioaktiver Stoffe undKontamination sind mçglich.

10. Als Einheit der Strahlendosis (Ionendosis) gilt: „Coulomb pro Kilogramm“(C/kg). Die alte Einheit ist das „Rçntgen“ (R); Umrechnungsfaktor: 1 C/kg = 1,88x 303 R.

11. Als Einheit der absorbierten Dosis (Energiedosis) gilt das „Gray“ (Gy). Die alteEinheit ist das „Rad“ (rd). Umrechnungsfaktor: 1 Gy = 100 rd.

12. Die �quivalentdosis „Sievert“ (Sv) wird als Einheit im Strahlenschutz verwendet.Sie ber�cksichtigt die unterschiedliche biologische Wirksamkeit verschiedenerStrahlenqualit�ten. Die Strahlenqualit�t wird bestimmt durch die Strahlenart und-energie. Zur Ber�cksichtigung der biologischen Wirksamkeit sind Bewertungsfak-toren (q) festgelegt (Sv = Gy x q). Die alte Einheit ist das „Rem“ (rem). Umrech-nungsfaktor: 1 Sv = 100 rem.

13. Die Dosisleistung ist die Dosis/Zeit. Sie wird z. B. in „Gy/h“, oder „Sv/sec“ bzw.„Sv/min“ usw. gemessen.

14. Als Einheit der Radioaktivit�t gilt das „Becquerel“ (1 Bq = 1 Zerfall/sec); eine Um-rechnung von „Bq“ in „Gy“ oder „Sv“ ist u. a. nur bei genauer Kenntnis der Artdes Strahlers und des Expositionspfades (z. B. externe, interne Bestrahlung) sowieder Kinetik des radioaktiven Stoffes und anderer Faktoren mçglich.

15. Die physikalische Halbwertzeit (HWZ) ist die Zeit, in der die H�lfte der urspr�ng-lich vorhandenen Atome zerfallen ist. (Nach 2 HWZ ist noch 1/4, nach 3 HWZnoch 1/8 usw. der urspr�nglichen Aktivit�t vorhanden.)

16. Die biologische Halbwertzeit ist die Zeit, in der die H�lfte der urspr�nglich imKçrper inkorporierten radioaktiven Stoffe u. a. durch Stoffwechselvorg�nge aus-geschieden wird.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 236

222 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 237: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Anhang 2 zum Merkblatt f�r die �rztliche Untersuchung zu Nr. 2402 Anl. 1 BeKV

Strahlenempfindlichkeit einzelner Organe und Gewebe in Hinsicht auf die Verursa-chung maligner Erkrankungen

Grad der Empfindlichkeit Organ/Gewebe

Hoch Brust

Colon

Knochenmark (Leuk�mie)

Lunge

Magen

Mittel Blase

Haut

Leber

Lymphat. Zellen (Plasmocytom)

�sophagus

Ovar

Schilddr�se

Niedrig Hirn

Knochen

Lymphat. Zellen (maligne Lymphome)

Niere

Prostata

Rektum

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 237

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 223

Page 238: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

3 Durch Infektionserreger oder Parasitenverursachte Krankheiten sowieTropenkrankheiten

Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten Nr. 31 01 – Nr. 31 04 Anlage BKV

Literaturhinweis:�ffentliches Gesundheitswesen (Exner, 2002)Bioaerosole (K�mpfer, 2002)Infektionen in Klinik und Praxis (Vogel und Lebert, 2004)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 238

224 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 239: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 31 01 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 1/2001, 35–38

Infektionskrankheiten, wenn der

Versicherte im Gesundheitsdienst, in der

Wohlfahrtspflege oder in einem

Laboratorium t�tig oder durch eineandere T�tigkeit der Infektionsgefahr in�hnlichem Maße besonders ausgesetzt war.

Klinische Zuordnung:Ophthalmol./Dermatol./HNO-Heilk.Gyn�kol./Neonatol./Innere MedizinAngio-/Gastroentero-/H�matologieNephro-/Pneumo-/NeurologieMikrobiol./Infektionsepid./HygieneUmweltmed./�ff. Ges.-W./

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Unter der Nr. 3101 der Anlage zur BKV sind Krankheiten erfasst, die von Mensch zuMensch �bertragbar sind. Diese Krankheiten fallen grunds�tzlich dann unter dieNr. 3101 der Anlage zur BKV, wenn sie bei Versicherten auftreten, die infolge derAus�bung ihrer beruflichen T�tigkeit in bestimmten Bereichen einer gegen�ber derallgemeinen Bevçlkerung wesentlich erhçhten Infektionsgefahr ausgesetzt sind.

Dies trifft haupts�chlich auf das Personal in station�ren oder ambulanten medizi-nischen Einrichtungen der Human- und Zahnmedizin, in wohlfahrtspflegerischenEinrichtungen und Laboratorien zu. Außerdem kçnnen in diesen Bereichen kurzfris-tig mit Arbeiten wie Warten, Instandsetzen oder Entsorgen t�tige Personen betroffensein. Ein Risiko in �hnlichem Maße kann auch bei T�tigkeiten in der Gentechnik,Biotechnologie, in Abwasser- und Kl�ranlagen bestehen.

II. �tiopathogenese

Die Aufnahme der Krankheitserreger kann �ber die nicht sichtbar verletzte (Mikrol�-sionen) oder verletzte Haut bzw. Schleimhaut (trans-, perkutane Infektion als Kon-takt- oder Schmierinfektion), �ber den Atemtrakt (aerogene Infektion als Trçpfchen-oder Staubinfektion), parenteral (Stich- oder Schnittverletzung) oder �ber den Ver-dauungstrakt (orale Infektion, Schmierinfektion) erfolgen. Als Ergebnis der Auf-nahme des Erregers resultieren nach unterschiedlichen Inkubationszeiten entwederlokale oder systemische Vermehrungen des Erregers mit oder ohne Auftreten vonKrankheitssymptomen. Dabei umfasst der Verlauf der Infektion einen Prozess, indem mehrere Abwehrmechanismen des Immunsystems in einer f�r jeden Erreger typi-schen Weise wirksam werden.

III. Krankheitsbilder und Diagnosen

Bez�glich der Krankheitsbilder und ihrer Diagnosen wird auf die einschl�gigen Lehr-b�cher verwiesen. Zur Veranschaulichung der Bedeutung des BK-relevanten zeitli-chen Zusammenhangs sind im Anhang die Inkubationszeiten und Infektionswege

aufgef�hrt.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 239

Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 225

Page 240: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Die Diagnose ist jeweils durch virologische, bakteriologische, serologische undggf. typendifferenzierende Untersuchungen unter Ber�cksichtigung der Inkubations-zeit zu sichern. Bei allen Viren mit vorhandenen Subtypen besteht die Mçglichkeit –�ber die genomische Analyse der Viren der Infektionsquelle und des Versicherten –die Infektionsquelle sicher zu identifizieren oder auszuschließen. Dieses ist auch beieinigen Bakterien durch eine Restriktionsenzymanalyse mçglich.

Wichtige Krankheitsbilder werden im Folgenden dargestellt.

1. Virushepatitiden

Unter der Bezeichnung „Virushepatitis“ werden verschiedene Hepatitiden zusam-mengefasst, die durch unterschiedliche Hepatitisviren hervorgerufen werden und sichhinsichtlich �bertragung, Verlauf, Komplikationen und serologischer Marker unter-scheiden.

1.1. Virushepatitis A

Der Erreger der Erkrankung ist das Hepatitis-A-Virus (HAV), ein RNA-Virus der Fa-milie der Picornaviren. Die �bertragung erfolgt f�kal-oral durch direkten Kontaktmit Kranken (auch �ber kontaminierte Gegenst�nde) oder �ber durch Virusausschei-der oder f�kale Verunreinigungen kontaminierte Lebensmittel oder Trinkwasser. DieInkubationszeit betr�gt 14 bis 40 Tage. Eine Infektiosit�t besteht bereits 7 bis 14 Tagevor dem Krankheitsausbruch.

Neben ikterischen treten h�ufig anikterische Verl�ufe auf. Fieber, heller bis ent-f�rbter Stuhl, dunkler (bierbrauner) Urin, Transaminasenanstieg, Bilirubinerhçhung,Oberbauchbeschwerden und Hepatomegalie sind typische Zeichen. Eine Chronifizie-rung tritt nicht ein. Der Nachweis von IgM-Antikçrpern und sp�ter auch von IgG-Antikçrpern gegen�ber HAV im Serum sichert die Diagnose, wobei zu ber�cksichti-gen ist, dass eine vorausgegangene Impfung zu erhçhten Konzentrationen vonIgG-Antikçrpern f�hren kann. Der Nachweis von HAV im Stuhl und Blut ist �ber An-tigentests und Nukleins�uretests mçglich.

1.2. Virushepatitis B

Der Erreger ist das Hepatitis-B-Virus (HBV), ein DNA-Virus der Familie der Hepad-naviren. Die �bertragung des Erregers erfolgt parenteral durch Blut, Blutprodukte,�ber Sekrete und Exsudate. Außerberuflich erfolgt die Infektion haupts�chlich �berSexualkontakte, i. v.-Drogenkonsum und beruflich vorwiegend �ber Stich- undSchnittverletzungen. Das �bertragungsrisiko bei beruflichem Kontakt ist hoch, beipositiver Envelope-Antigen-(HBe-Antigen)-Infektionsquelle bis zu 100 %. Die Inku-bationszeit betr�gt 60 bis 180 Tage, bei großen Inokulationsmengen z. T. deutlich we-niger. Bei Nachweis von Virusbestandteilen, wie den HBs- und HBe-Antigenen bzw.Nachweis viraler DNA im Serum ist Infektiosit�t vorhanden.

Die Krankheit verl�uft nicht selten symptomarm bis symptomlos. Das akuteKrankheitsbild �hnelt dem der Hepatitis A. Fulminante Verl�ufe (1 bis 2 %) mit Le-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 240

226 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 241: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

berversagen sind mçglich. Die Letalit�t betr�gt 1 bis 2 % auch bei symptomarmenVerl�ufen. Die Chronifizierungsrate bei Erwachsenen betr�gt ca. 10 % (bei M�nnernliegt sie hçher als bei Frauen). Dabei ist der �bergang in eine Leberzirrhose oder einprim�res hepatozellul�res Karzinom h�ufig. Als Komplikationen kçnnen auch Glo-merulonephritis, Arthritis oder Superinfektion mit Hepatitis-D-Virus auftreten. DieDiagnose wird durch HBV-Marker im Serum gesichert. Es erfolgt zuerst die Bestim-mung der korrespondierenden IgG-Antikçrper gegen den Kern (core) des Hepatitis-B-Virus (Anti-HBc), die nach einer Hepatitis-B-Infektion stets nachweisbar bleiben.Bei negativem Ausfall ist keine weitere Markersuche erforderlich. Bei positivemNachweis von Anti-HBc ist nach Vorhandensein von Antigen aus der H�lle (surface)des Virus (HBs-Ag) und den korrespondierenden Antikçrpern (Anti-HBs) zu suchen.Anti-HBs wird erst positiv, wenn HBs-Ag verschwunden ist. Bei Nachweis von Anti-kçrpern – Anti-HBs ‡ 10 IE/l – liegt Immunit�t (als Prophylaxe wird dennoch bei He-patitis-B-Virusexposition die aktive Hepatitis-B-Schutzimpfung empfohlen), bei Anti-HBs ‡ 100 LE/l liegt sichere Immunit�t vor. Isoliertes Anti-HBs (ohne Nachweis vonAnti-HBc) weist auf eine vorausgegangene aktive Hepatitis-B-Schutzimpfung hin.

Bei unkompliziertem Verlauf nehmen die Antigene HBe-Ag (ein Abbauproduktdes HBc-Ag) und HBs-Ag nach wenigen Wochen ab. Die korrespondierenden Anti-kçrper treten nach ca. 10 Wochen (Anti-HBe) bzw. nach ca. 5 bis 6 Monaten (Anti-HBs) auf; beide bleiben �ber Jahre positiv. Solange HBs-Antigen (HBs-Ag) nachweis-bar ist, besteht potentielle Infektiosit�t. Bei Nachweis von HBs-Ag sind zurEinsch�tzung der Infektiosit�t HBe-Ag (hohe Infektiosit�t) und Anti-HBe bzw. HBV-DNA zu bestimmen. Da Virusmutanten (HBe-Ag negativ) h�ufiger vorkommen, istbei positivem HBs-Ag und fehlenden HBe-Markern immer eine DNA-Bestimmung er-forderlich. Der Nachweis von HBV-DNA im Serum ist Ausdruck einer fortbestehen-den Virusreplikation und bedeutet Infektiosit�t.

1.3. Virushepatitis C

Der Erreger der Virushepatitis C ist das Hepatitis-C-Virus (HCV), ein RNA-Virus.Die �bertragung erfolgt u. a. durch Blut und Sexualverkehr. Das �bertragungsrisikobei beruflichem Kontakt wird mit ca. 2 bis 10 % angenommen. Die Inkubationszeitbetr�gt 14 Tage bis 4 Monate bis evtl. 6 Monate, im Mittel 50 Tage. Das parenterale�bertragungsrisiko ist beim Hepatitis-C-Virus niedriger als beim HepatitisB-Virus.

Die Erkrankung verl�uft in 85 % der F�lle chronisch. J�hrlich entwickeln ca. 3 %der chronisch Infizierten ein Leberzellkarzinom. Zur Sicherung der Diagnose werdenim Serum Anti-HCV bestimmt oder HCV-RNA nachgewiesen. HCV-RNA kann 3 bis4 Wochen nach Infektion vor dem Auftreten klinischer Symptome nachgewiesen wer-den.

1.4. Virushepatitis D (Synonym: Deltahepatitis)

Der Erreger ist ein inkomplettes, RNA-haltiges Virus (HDV), das nur gemeinsam mitHBV lebensf�hig ist. Die �bertragung erfolgt wie bei der Hepatitis B. Die Infektion

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 241

Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 227

Page 242: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

tritt als Co- oder Superinfektion auf. Die Inkubationszeit betr�gt bei Superinfektion 3Wochen. Bei gleichzeitiger Infektion kann der Nachweis von HDV-Antigen 3 Wochennach erstmaligem HBs-Antigen-Nachweis (insgesamt also Inkubationszeit der Hepa-titis B plus Inkubationszeit der Hepatitis D) erfolgen. Zu einer Chronifizierungkommt es in 2 % der F�lle bei Coinfektion. Bei Superinfektion mit HDV ist f�r 70 bis90 % der Patienten mit einem chronischen Krankheitsverlauf zu rechnen. Die Diag-nose erfolgt �ber den Nachweis von HDV-Antigen und Anti-HDV oder �ber denNachweis der viralen Bestandteile (RNA).

1.5. Virushepatitis E

Der Erreger ist das Hepatitis-E-Virus (HEV), ein RNA-Virus, das mit der Familie derCaliciviren verwandt ist. Die �bertragung erfolgt f�kal-oral wie bei der Hepatitis A.Die Inkubationszeit betr�gt ca. 40 Tage. Es besteht eine �hnliche Ansteckungsgefahrwie bei der Hepatitis A. Das Krankheitsbild gleicht dem der Hepatitis A. Die Letalit�tliegt bei 1 bis 2 %, bei Schwangeren bei etwa 10 %. Die Infektion erzeugt eine lebens-lange Immunit�t. Eine Chronifizierung tritt nicht auf. Die Diagnose erfolgt durch Vi-rusnachweis im Stuhl, Antigen-, Antikçrpernachweis im Serum oder Nukleins�uren-achweis in F�zes und Blut.

2. Tuberkulose

Der Erreger ist meist das Mycobacterium tuberculosis, ein s�urefestes St�bchen. Die�bertragung erfolgt durch Schmier- und Trçpfcheninfektion. Die Inkubationszeit be-tr�gt 4 bis 8 bis eventuell 12 Wochen. Nach der Erstinfektion tritt die Prim�rtuberku-

lose mit lokaler Entz�ndung, dem pneumonischen Prim�rinfiltrat, unter gleichzeitigerBeteiligung des regionalen Lymphknotens als Prim�rkomplex auf. Nachfolgend ver-kalkt das Prim�rinfiltrat meist und der Prim�rkomplex wird inaktiv. Die postprim�reTuberkulose ist im Anschluss an die Prim�rtuberkulose mçglich. Sie tritt am h�ufigs-ten �ber die h�matogene und lymphogene Aussaat der Mykobakterien in den Orga-nismus mit nachfolgender Organtuberkulose auf. Dies gilt z. B. f�r die Meningealtu-

berkulose als fr�he Form der Generalisierung oder die Miliartuberkulose nachDissemination auf lymphogen-h�matogenem Weg oder kanalikul�r �ber die Bron-chien, selten per continuitatem vom pulmonalen Prim�rherd. Daneben kann eine Ino-

kulationstuberkulose nach Einimpfen tuberkulçsen Materials in die Haut auftreten.Als Screeningmethode gilt der Tuberkulinstempeltest. In Zweifelsf�llen wird der Tu-berkulintest nach Mendel-Mantoux durchgef�hrt. Bei positivem Ausfall des Testsund klinischem Verdacht wird eine Lungen�bersichtsaufnahme in zwei Ebenen ange-fertigt. Der Erregernachweis erfolgt mikroskopisch und kulturell aus Sputum, Bron-chialfl�ssigkeit, Magensaft und je nach Manifestation bei Organtuberkulosen aus an-deren Kçrperfl�ssigkeiten oder Gewebsproben. Der Nukleins�ure-Nachweis vonMykobakterien ist mçglich.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 242

228 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 243: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

3. HIV-Infektion/AIDS

Als Erreger sind humane Retroviren – das HIV 1 und das HIV 2 – bekannt. Die be-rufsbedingte �bertragung erfolgt durch parenterale Inokulation von erregerhaltigenKçrperfl�ssigkeiten, Blut oder Blutbestandteilen. �bertragung �ber die Konjunktivenist mçglich. Das �bertragungsrisiko bei beruflicher Exposition betr�gt durchschnitt-lich 0,3 %. Es ist 16-fach erhçht bei tiefen Stich- und Schnittverletzungen; f�nffach er-hçht bei sichtbaren Blutspuren auf dem verletzenden Instrument; f�nffach erhçht,wenn die Nadel oder Kan�le zuvor in der Vene oder Arterie eines HIV-Patienten pla-ziert war; sechsfach erhçht bei hoher Viruskonzentration. Die Infektiosit�t ist bis zu100 mal geringer als die des Hepatitis-B-Virus. 2 bis 6 Wochen nach der HIV-Infek-tion tritt bei einigen Personen ein mononukleoseartiges Krankheitsbild auf. Etwa 2Wochen danach sind HIV-Antikçrper nachweisbar. Die Entwicklung eines klinischmanifesten Immundefektes kann nach 6 Monaten bis 10 Jahren erfolgen. Als Folgeder HIV-Infektion tritt derzeit bei 80 % der Infizierten nach etwa 10 Jahren Immun-defizienz (AIDS) ein. Die Diagnose beruht auf dem Nachweis von Antikçrpern gegenHIV-Proteine und wird gesichert durch den Nachweis von HIV-Antigen und HIV-Nu-kleins�ure, gewçhnlich quantitativ.

IV. Weitere Hinweise

F�r den begr�ndeten Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit muss eine zeit-liche Verbindung zwischen der Exposition gegen�ber dem betreffenden Erreger undder Erkrankung vorhanden sein. Die Erkrankung muss sich innerhalb einer Zeit ent-wickeln, die sich im Rahmen der Inkubationszeit bewegt. Bei inapparent verlaufen-den Erkrankungen sollten die Entwicklung des betreffenden Stadiums und der eventu-elle Folgezustand der Infektionserkrankung bedacht werden. Der �bertragungswegund die Infektiosit�t des Erregers sind zu ber�cksichtigen.

Als Infektionsquelle kommen auch Personen in Betracht, die �bertr�ger sind,ohne selbst klinisch manifest erkrankt zu sein.

Kommt es infolge einer beruflich w�hrend der jeweiligen Schwangerschaft erwor-benen Infektion zu einer intrauterinen Infektion bzw. zu einem Gesundheitsschaden

der Leibesfrucht, so ist eine Entsch�digung des Kindes nach § 12 SGB VII in Betrachtzu ziehen. Das Gregg-Syndrom – die Rçtelnembryopathie – nach berufsbedingter, mitoder ohne Arbeitsunf�higkeit einhergehender Rçtelninfektion der Schwangeren istdaf�r ein bekanntes Beispiel; ebenso z. B. die Infektion mit HAV, HBV (Infektions-risiko bis zu 100 %), HCV, HIV, Varicella-Zoster- und Zytomegalie-Virus.

Infektionskrankheiten, die vom Tier auf den Menschen �bertragen werden bzw.zu den Tropenkrankheiten z�hlen, sind unter den BK-Nrn. 3102 bzw. 3104 erfasst,auch wenn sie bei o. g. T�tigkeiten erworben wurden.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 243

Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 229

Page 244: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

V. LiteraturBek. des BMG vom 22.3.1995:

Liste risikobewerteter Spender- und Empf�ngerorganismen f�r gentechnische Arbeiten.Bundesgesundhbl. 38,5(1995), Sonderbeilage, ebenda 40,12(1997) einschl. Berichtigung ebenda41,2(1998)

Brandis, H.; J. J. Eggers; W. Kçhler; G. Pulverer (Hrsg.):Lehrbuch der Medizinischen Mikrobiologie. 7. Aufl.Gustav Fischer, Stuttgart – Jena – New York, 1994

Enders, G.:Infektionen und Impfungen in der Schwangerschaft.Urban & Schwarzenberg, M�nchen – Wien – Baltimore, 1991

Hahn, H.; D. Falke; S. H. E. Kaufmann; U. Ullmann (Hrsg.):Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. 3. Aufl.Springer, Berlin – Heidelberg – New York, 1999

Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Hrsg.):G 42 T�tigkeiten mit Infektionsgef�hrdung.In: Berufsgenossenschaftliche Grunds�tze f�r arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen.2. Aufl.Gentner, Stuttgart, 1998

Hofmann, F. (Hrsg.):Infektiologie. Diagnostik. Therapie. Prophylaxe. Handbuch und Atlas f�r Klinik und Praxis.Losebl.-Ausg. 1997 ff. – ecomed, Landsberg

Petersen, E. E.:Infektionen in Gyn�kologie und Geburtshilfe. 2. Aufl.Thieme, Stuttgart – New York, 1994

Technische Regeln f�r biologische Arbeitsstoffe – TRBA -310, Ausg. 4/97BArbBl 7–8/1997, S. 87

Anhang:

Ausgew�hlte von Mensch zu Mensch �bertragbare Infektionskrankheiten und

-erreger mit Inkubationszeiten und Infektionswegen

Krankheiten

Erreger

Inkubations-

zeiten

Infektionswege

Chlamydien-Infektionen

Chlamydia pneumoniae

wenige Tage Trçpfcheninfektion

Cholera

Vibrio cholerae

1–4 Tage

(24–48 Stunden)

Kontaktinfektion oder verseuchtes Wasser

und Lebensmittel

Coxsackie-Viruskrankheit

Coxsackie- Virus A und B

2–14 Tage f�kal-oral oder Trçpfcheninfektion

Diphtherie

Corynebacterium

diphtheriae

2–5 Tage Trçpfcheninfektion, infizierte Gegenst�nde

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 244

230 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 245: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Krankheiten

Erreger

Inkubations-

zeiten

Infektionswege

Dysenterie

Shigella dysenteriae,

-flexneri, -boydii, -sonnei

Stunden bis 7

Tage

(2–3 Tage)

direkt: f�kal-oral, indirekt: Nahrung,

seltener Wasser

Helicobacter-Infektionen

Helicobacter pylori

Serokonversi-

onszeit bis ca. 4

Wochen

Schmier- oder Trçpfcheninfektion (Magen-

sekret, Zahnplaques und Stuhl gelten als

infektiçs), Re-Infektion ist mçglich

Hepatitis A

Hepatitis-A- Virus

14–40 Tage f�kal-oral, Wasser, Lebensmittel, diapla-

zentar

Hepatitis B

Heparitis-B-Virus

2–6 Monate parenteral durch Kçrperfl�ssigkeiten,

vorwiegend Blut und Blutprodukte, Stich-

und Schnittverletzungen, Sexualkontakt,

diaplazentar und unter der Geburt

Hepatitis C

Hepatitis-C-Virus

ca. 50 Tage

14 Tage – 4(6)

Monate

parenteral durch Kçrperfl�ssigkeiten,

vorwiegend Blut und Blutprodukte, Sexual-

kontakt, Stich- und Schnittverletzungen,

unter der Geburt in ca. 10 % der F�lle

Hepatitis D (Hepatitis

B-Co- oder Superinfektion)

Hepatitis-D-Virus

bei Coinfektion

12–15 Wochen,

bei Superinfek-

tion 3 Wochen

wie Hepatitis B mit HBV

Hepatitis E

Hepatitis-E- Virus

ca. 40 Tage f�kal-oral, Wasser, Lebensmittel

Hepatitis G (HBV-, HCV-

Superinfektion)

Hepatitis-G-Virus

Serokon-

versionszeit

5–7 Wochen

parenteral �ber Blut (gesichert), sexuell

(wahrscheinlich)

Herpes simplex-Infektion

Herpes-simplex-Virus

ca. 6 Tage

(2–12 Tage)

Trçpfchen-, Kontakt- oder Schmier-

infektion (Tr�nenfl�ssigkeit, Speichel,

Bl�scheninhalt, Genitalsekret)

HIV-Infektion/AIDS

HIV 1 und HIV 2

Serokonversi-

onszeit 1–6

Monate

Sexualkontakte, �ber Blut und Blutpro-

dukte, �ber Schleimhaut des Auges, diapla-

zentar und unter der Geburt, gemeinsame

Spritze bei Drogenabh�ngigen

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 245

Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 231

Page 246: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Krankheiten

Erreger

Inkubations-

zeiten

Infektionswege

Infektiçse Mononukleose,

Epstein-Barr-Virus

Jugendliche

10–60 Tage,

Erwachsene

4–8 Wochen

Kontakt zu Speichel, Sperma, Vaginal-

sekret, Transfusionen Transplantaten

Keuchhusten

Bordetella pertussis

1–3 Wochen Trçpfcheninfektion, Schmierinfektion

Legionellose

Legionella pneumophila

(versch. Serotypen)

2–10 Tage aerogen (wahrscheinlich), Trçpfchen-

infektion (Klimaanlagen, Duschkçpfe)

Masern

Masern- Virus

8–14 Tage Trçpfcheninfektion, Schmierinfektion

Meningokokken-Infektion

Neisseria meningitidis

ca. 4 Tage

(1–10 Tage)

Trçpfcheninfektion �berwiegend von

Keimtr�gern mit Besiedlung der Nasopha-

rynx-Schleimhaut

Mumps

Mumps-Virus

ca. 18 Tage

(12–35 Tage)

Trçpfcheninfektion (Nasensekret,

Speichel), Schmierinfektion (Urin)

Mykoplasmen-Infektionen

Mvkoplosmen

1–3 (-5) Wochen Trçpfcheninfektion, Sexualkontakt, Stich-

verletzung

Ringelrçteln

Parvovirus B19

13–17 Tage Trçpfcheninfektion, parenteral durch Blut,

diaplazentar in ca. 10 % der F�lle

Poliomyelitis

Poliomyelitis- Viren

Typ I, II, III

5–14 Tage f�kal-oral, selten Trçpfcheninfektion,

Wasser ist wesentliches Vehikel, Schmier-

infektion

Rçteln

Rçteln-Virus

14–23 Tage Trçpfchen-, Kontakt- oder Schmierinfek-

tion (Blut, Urin, Stuhl, Konjunktival-/Zer-

vixsekret, Synovialfl�ssigkeit, Sputum),

diaplazentar

Rotavirus-Infektionen

Rotaviren der Gruppe A-C

ca. 4 Tage

(1–10 Tage)

f�kal-oral, Schmierinfektion, Inhalation

von virushaltigem Staub

Salmonella-Enteritis

Salmonello enteritidis sp.,

S. typhi murium

Stunden bis

wenige Tage

Hauptweg: kontaminierte Nahrungsmittel,

z. B. Eier, selten durch Dauerausscheider

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 246

232 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 247: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Krankheiten

Erreger

Inkubations-

zeiten

Infektionswege

Scharlach

Streptococcus pyogenes

(b-h�molysierende Strepto

kokken der Serogruppe A)

12–36 Stunden Trçpfchen- oder Schmierinfektion

Syphilis

Treponema pallidum

ca. 3 Wochen

(Prim�raffekt)

sexuell, diaplazentar, sowie seltener durch

direkten Kontakt, �bertragung durch Blut

(Stichverletzung) mçglich

Typhus

Salmonella typhi

ca. 10 Tage

(3–60 Tage)

f�kal-oral, prim�r durch verunreinigte

Nahrungsmittel oder Trinkfl�ssigkeiten,

sekund�r durch Kçrperfl�ssigkeiten und

kontaminierte Gegenst�nde

Tuberkulose

Mycobacterium tuberculo-

sis,

Mycobocterium bovis

4–8 (-12)

Wochen

Trçpfcheninfektion, selten durch kontami-

nierte Staubpartikel, Schmierinfektion

Virusgrippe

Influenza-Virus (A, B)

18 Stunden bis

4 Tage

Trçpfcheninfektion, seltener Infektion

durch kontaminierte Staubpartikel, nur

ausnahmsweise durch Gebrauchsgegen-

st�nde

Windpocken

Varicella-Zoster- Virus

14–16 Tage Trçpfcheninfektion, Kontakt- und Schmier-

infektion durch Bl�scheninhalt, diapla-

zentar

Zytomegalie

Cytomegalie-Virus

4–12 Wochen,

nach Bluttrans-

fusion

2–6 Wochen

Schmierinfektionen, Schleimhautkontakt,

sexuell, diaplazentar, durch Blut und Blut-

produkte, Sekrete, Urin, Muttermilch

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 247

Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 233

Page 248: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 31 02 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 10/2003, 26–33

Von Tieren auf Menschen

�bertragbare Krankheiten

Klinische Zuordnung:Ophthalmol./Dermatol./HNO-Heilk.Gyn�kol./Neonatol./UrologieInnere Med./Angiol./Pneumol.Gastroenterol./H�matol./Kardiol.Nephrol./Mikrobiol./�ff.Ges.-W.Orthop�die/Neurol./Psychiatrie

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Unter der BK-Nr. 3102 werden diejenigen Infektionen und deren Krankheitsbilder er-fasst, die von Tieren auf Menschen �bertragen werden. Nach Angaben der WHOsind �ber 200 Krankheiten, die als Zoonosen bezeichnet werden, bekannt. Von dieserVielzahl an Zoonosen kçnnen einige auch in Deutschland vorkommen. Ein Infek-tionsrisiko kann insbesondere bei den Personen vorliegen, die beruflich mit Tierhal-tung und -pflege besch�ftigt sind oder sonstigen beruflichen Umgang mit Tieren, tieri-schen Erzeugnissen oder Ausscheidungen haben. Eingeschlossen ist der Umgang mitGegenst�nden, die mit infizierten Tieren sowie mit deren Teilen oder Ausscheidungenin Kontakt gekommen sind. Ein berufsgruppentypisches Infektionsrisiko f�r Zoo-nosen kann demnach vorkommen: bei landwirtschaftlichem und veterin�rmedizi-nischem Personal, Schlachthofpersonal, Besch�ftigten in Tierlabors, in der Jagd- undForstwirtschaft, in Tierkçrperverwertungsanstalten, zoologischen G�rten, Wildgehe-gen und Zoohandlungen sowie bei Personen, die beruflichen Umgang mit Fleisch,Fisch, Milch, Eiern, H�uten, Fellen, Pelzen, Tierborsten, -haaren, Federn und Kno-chen haben; ferner auch bei Personen mit Kontakt zu infektiçsem Material in der Ab-wasserbeseitigung. Die meisten Zoonosen kommen in anderen L�ndern vor und sindggf. nach Auslandsaufenthalt von Gesch�ftsreisenden, Entwicklungshelfern, Monteu-ren, Reiseleitern etc. mit in Betracht zu ziehen.

II. �tiopathogenese

Zoonosen werden hervorgerufen durch Bakterien (incl. Chlamydien und Rickettsien),Viren, Pilze, Parasiten (Protozoen, Helminthen oder Arthropoden); diskutiert wirdgegenw�rtig, ob sie auch durch Prionen (Abk�rzung von engl. Proteinaceous in-fectious particles – infektiçses Protein) verursacht werden kçnnen. Nach Umgang mitinfizierten Tieren, tierischem Material o. �. kçnnen Krankheitserreger �ber die Hautoder Schleimh�ute in den menschlichen Kçrper eindringen; dies ist auch mçglichdurch Einatmen von mit Krankheitserregern verunreinigter Luft oder �ber den Ver-dauungsweg z. B. �ber kontaminierte H�nde (Schmutz- oder Schmierinfektion). AlsErregerreservoir kommen vor allem S�ugetiere -Pferd, Rind, Schaf, Ziege, Schwein,Hund, Katze, Fledermaus, Hamster, Maus, Ratte, Igel- und Vçgel sowie Fische in Be-tracht. Auch latent infizierte Tiere kçnnen als Reservoir zur Erhaltung von Erregernbeitragen. Die Weitergabe der Krankheitserreger ist h�ufig an Arthropoden (Insekten,Zecken oder Spinnentiere) und Nager gebunden. Insbesondere Nagetiere, Fliegen,

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 248

234 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 249: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Schaben oder Pharaoameisen kçnnen krankheitsauslçsende Keime auf mechanischemWege auf empf�ngliche Wirte (Mensch oder Tier) sowie Medien �bertragen. Bekanntals Vektoren (Verschlepper von Krankheits- oder Lebensmittelverderbniserregern)und Reservoir (Zwischenwirte von Parasiten) sind Schild- und Lederzecken, Fliegen,Stechfliegen, Schaben, Bremsen, Flçhe, L�use, Ratten und M�use. Neben lebendenVektoren gibt es auch unbelebte wie Wasser, Staub, Luft, tierische Abf�lle, Pflege-gegenst�nde usw.

Nach einer f�r jede Infektion typischen Inkubationszeit, in der die Vermehrungder Erreger erfolgt, beginnen im Allgemeinen (plçtzlich) die Krankheitssymptome.Dabei variiert die Inkubationszeit in Abh�ngigkeit von Anzahl und �bertragungswegder Erreger und der individuellen Disposition der infizierten Person.

III. Krankheitsbilder und Diagnosen

Bez�glich der Krankheitsbilder und ihrer Diagnosen wird auf die einschl�gigen Lehr-b�cher verwiesen. Geordnet nach Erregergruppen kçnnen in Deutschland haupts�ch-lich folgende Krankheiten vorkommen:

1. Hervorgerufen durch Bakterien (incl. Chlamydien und Rickettsien)– Brucellosen [3]*

– Campylobacter-Infektionen [4]

– Chlamydiosen [5]

– Enteroh�morrhagische Escherichia coli-Infektionen [7]

– Katzenkratzkrankheit [11]

– Leptospirosen [13]

– Listeriose [14]

– Lyme-Borreliose [15]

– Milzbrand [20]

– Pasteurellosen [22]

– Q- Fieber [24]

– Rattenbisskrankheit (auch Sodoku genannt) [25]

– Rotlauf (Erysipeloid) [26]

– Salmonellosen [27]

– Streptococcus equi-Infektion [29]

– Streptococcus suis-Infektion [30]

– Tuberkulose [35]

– Tular�mie [36]

– (Enterale) Yersiniosen [37]

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 249

* in [ ] ist die Nummer vermerkt, unter der Angaben zur betreffenden Krankheit im An-hang zu finden sind

Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 235

Page 250: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

2. Hervorgerufen durch Viren– Bl�schenkrankheit des Schweins [2]

– Fr�hsommermeningoenzephalitis (FSME) [8]

– Hantavirus-Erkrankungen (HPS – Hantavirus Pulmonary Syndrome und NE –

Nephropathia epidemica) [10]

– Lymphozyt�re Choriomeningitis [16]

– Maul- und Klauenseuche [17]

– Melkerknoten [18]

– Newcastle-Krankheit (atypische Gefl�gelpest) [21]

– Tierpocken [31]

– Tollwut (Lyssa, Rabies) [32]

3. Hervorgerufen durch Pilze– Mikrosporie [19]

– Sporotrichose [28]

– Trichophytie [34]

4. Hervorgerufen durch Parasiten (Protozoen und W�rmer)4.1. Protozoen– Balantidiose [1]

– Giardiasis [9]

– Kryptosporidiose [12]

– Pneumozystose [23]

– Toxoplasmose [33]

4.2. W�rmer– Echinokokkose [6]

5. Hervorgerufen durch andere KrankheitserregerZum Beispiel Milben als Krankheitserreger der Kr�tze, R�ude u. a. kçnnen beim Um-gang mit Eiern, tierischem Material o. �. �bertragen werden.

Zur Veranschaulichung der Bedeutung des berufskrankheitsrelevanten zeitlichen Zu-sammenhangs sind Inkubationszeit, Reservoir, Infektionsweg und typische Krank-

heitsbilder in alphabetischer Reihenfolge im Anhang dargestellt.Die Anamnese und klinischen Symptome erlauben in den meisten F�llen nur eine

Verdachtsdiagnose. Die Absicherung der Diagnose sowie deren �tiologie erfolgt durcheinen direkten Erregernachweis und/oder Antikçrpernachweis (am Besten zwei Unter-suchungen im Abstand von 10 bis 14 Tagen zur Kontrolle der Titerdynamik; eine ein-malige serologische Untersuchung erlaubt vielfach keine zuverl�ssige diagnostischeAussage). Bei Viren mit vorhandenen Subtypen besteht die Mçglichkeit, �ber die ge-nomischen Analysen der (�ber Zellkultur) nachgewiesenen Viren die Infektionsquelle

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 250

236 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 251: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

sicher zu identifizieren oder auszuschließen. Dies ist auch bei einigen Bakterien-Spe-zies, wie z. B. Campylobacter ssp., Salmonella ssp. mittels Lysotypie, Plasmidfinger-printing oder Restriktionsenzymanalysen mçglich. Als gesicherte Infektionsquellekann im Einzelfall auch ein nachgewiesenes (Erreger- und/oder Antikçrpernachweis)oder endemisches Vorkommen der Infektionserreger beim Tier gelten.

IV. Weitere Hinweise

F�r den begr�ndeten Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit ist das Vor-kommen des jeweiligen Erregers am Arbeitsplatz ebenso eine Voraussetzung wie einezeitliche Verbindung zur Exposition. Die Erkrankung muss sich innerhalb einer Zeitentwickeln, die im Rahmen der Inkubationszeit liegt.

Bei inapparent verlaufenden Erkrankungen sollte die Entwicklung des betreffen-den Stadiums und der eventuelle Folgezustand der Infektionserkrankung bedachtwerden; auch �bertragungsweg und Infektiosit�t des Erregers sind mit zu ber�cksich-tigen. Komplikationen und Dauersch�den kçnnen besonders bei Brucellose, entero-h�morrhagischen E.coli-Infektionen, FSME, Leptospirose, Lyme-Borreliose, Q-Fie-ber, Tuberkulose und enteralen Yersiniosen auftreten.

Sofern Krankheiten nicht vom Tier auf den Menschen sondern von Mensch zuMensch �bertragen worden sind, trifft gegebenenfalls die BK Nr. 3101 zu.

Bez�glich der Sch�digung einer Leibesfrucht infolge beruflich bedingter Infektionder Schwangeren an einer Zoonose (z. B. bei Chlamydiose, Leptospirose, Listeriose,

Lyme-Borreliose, Toxoplasmose) w�hrend der jeweiligen Schwangerschaft ist eineEntsch�digung des Kindes nach § 12 SGB VII in Betracht zu ziehen.

F�r die in Deutschland bei Pferden beobachtete, durch Bornaviren hervorgerufeneEnzephalomyelitis ist der Zoonose-Status noch nicht zuverl�ssig gekl�rt. Die Identit�tder vom Pferd und vom Menschen isolierten Viren gilt bislang als nicht bewiesen.

Bisher konnten keine Humanen Spongiformen Enzephalopathien durch �bertra-gung von BSE (bovine spongiform encephalopathy)-Erregern als Erkrankung mit denMerkmalen einer Berufskrankheit festgestellt werden. Dies gilt auch f�r verwandteTSE (transmissible spongiform encephalopathy)-Erreger wie das Scrapie-Agens, wel-ches nur Schafe und Ziegen bef�llt. Verdachtsf�lle sollten trotzdem gemeldet werden.

V. LiteraturKrauss, H., A. Weber, B. Enders, H. G. Schiefer, W. Slenzka, H. Zahner:

Zoonosen. Von Tier zu Mensch �bertragbare Infektionskrankheiten. 3. Aufl.Kçln: Dt. �rzte-Verl. 2003 (im Druck)

Meslin, F. X.:Global aspects of emerging and potential zoonoses: A WHO perspective.Emerg Infect Dis 3 (1997) 223–8

Neff, J. M.:Introduction to Poxviridae [Chapter 120], Vaccinia Virus (Cowpox) [Chapter121]In: Mandell, Douglas, and Bennett's principles and practice of infections diseases/hrsg von GeraldL Mandell, John E Bennett, Raphael Dolin. – 5. Aufl.Philadelphia, Pennsylvania, Churchill Livingstone 1552–3 (2000)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 251

Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 237

Page 252: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Palmer, S. R., L. Soulsby, D. I. H. Simpson:Zoonoses. Biology, Clinical Practice and Public Health Control Oxford.Oxford University Press 1998

Weinberg, A. N.:Zoonoses [Chapter 314]In: Mandell, Douglas, and Bennett's principles and practice of infections diseases/hrsg von GeraldL Mandell, John E Bennett, Raphael Dolin. – 5. Aufl.Philadelphia, Pennsylvania, Churchill Livingstone 2000, 3239–45

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 252

238 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 253: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Anh

ang:

Kur

zcha

rakt

eris

tik

der

wic

htig

sten

von

Tie

ren

aufM

ensc

hen

�ber

trag

bare

nK

rank

heit

en

Lfd

.

Nr.

Kra

nkhe

it

Err

eger

Inku

ba-

tion

szei

t

Res

ervo

ir(h

aupt

s�ch

liche

sind

kurs

iv)

Infe

ktio

nsw

ege

Kra

nkhe

itsb

ild

1B

alan

tidi

ose

(Bal

anti

dien

ruhr

)

Bal

anti

diu

mco

li

Stun

den

bis

Tag

e

Schw

ein,K

anin

chen

,Rat

te

(Dic

kdar

mko

mm

ensa

le),

selt

en

Aff

e,R

ind,

Scha

f

Ora

l(Sc

hmie

rinf

ekti

on),

Flie

gen

als

mec

hani

sche

�be

rtr�

ger

Ulz

erçs

eC

olit

ism

itT

enne

smen

und

schl

eim

ig-b

luti

gen

St�h

len

2B

l�sc

henk

rank

heit

des

Schw

eine

s(S

VD

)

SVD

-Vir

us(R

habd

ovir

us)

2bi

s9

Tag

eSc

hwei

nE

nger

Kon

takt

zuin

fizi

erte

n

Schw

eine

n;B

rem

sen

Bl�

sche

nan

Kon

takt

stel

len,

Aph

then

,klin

isch

in-a

ppar

ente

Infe

ktio

n

3B

ruce

llos

en

Bru

cella

abort

us,

1–3

Woc

hen

Rin

dSc

hmie

rinf

ekti

on(S

ekre

t,

Loc

hien

),in

hala

tiv

(Sta

ub,A

ero-

sol)

,ora

l(L

eben

smit

tel:

ins-

beso

nder

eR

ohm

ilch,

Scha

fs-u

nd

Zie

genk

�se)

Gra

nulo

me

inL

eber

,Milz

,

Kno

chen

(Art

hrit

is);

Kom

plik

atio

n:E

ndok

ardi

tis,

Ost

eom

yelit

is,M

enin

goen

zeph

a-

litis

B.m

elit

ensi

sSc

haf

,Zie

ge,R

ind

B.s

uis

Schw

ein,H

ase

B.c

anis

Hund

4C

ampy

loba

cter

-

Infe

ktio

nen

Cam

pyl

obac

ter

jeju

ni

(1�

)

3–5

(–11

)Tag

e

Ora

l(ko

ntam

inie

rte

Leb

ens-

mit

teli

nsbe

sond

ere

Roh

milc

h,

Tri

nkw

asse

r);S

chm

ieri

nfek

tion

von

infi

zier

ten

Tie

ren

(Kot

),au

ch

von

Men

sch

zuM

ensc

h(F

�zes

)

Gas

trit

is,C

olit

is,P

rokt

itis

,

Art

hrit

is,M

enin

giti

s,G

uilla

in-

Bar

r�-S

yndr

om,P

erit

onit

is,

Har

nweg

sinf

ekt,

Abo

rt,S

epsi

sC

.coli

Schw

ein,R

ind,

Scha

f,Z

ooti

ere,

Kat

ze,G

oldh

amst

er,M

eer-

schw

einc

hen,

Mau

s

C.l

ari

Mçw

en,H

und

Fort

setz

ung

aufn

�chs

ter

Seit

e

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 253

Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 239

Page 254: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Fort

setz

ung

von

vori

ger

Seit

e

Lfd

.

Nr.

Kra

nkhe

it

Err

eger

Inku

ba-

tion

szei

t

Res

ervo

ir(h

aupt

s�ch

liche

sind

unte

rstr

iche

n)

Infe

ktio

nsw

ege

Kra

nkhe

itsb

ild

5C

hlam

ydio

sen

Chla

myd

ophil

apsi

ttac

i,

7–21

Tage

(bis

3

Mon

ate)

Vçge

l,H

aus-

und

Wild

tier

eH

aupt

s�ch

lich

inha

lati

v(S

taub

),

fern

erSc

hmie

rinf

ekti

on(F

�zes

),

dire

kter

Kon

takt

(Kat

zenk

on-

junk

tivi

tis)

,�be

rK

onju

nkti

va;

auch

von

Men

sch

zuM

ensc

h

Lei

chte

„Gri

ppe“

bis

„aty

pi-

sche

“in

ters

titi

elle

Pneu

mon

ie,

Orc

hiti

s,E

ndok

ardi

tis,

Glo

me-

rulo

neph

riti

s,Fe

hlge

burt

Chl.

pec

oru

mR

ind,S

chaf

,Wild

tier

e

Chl.

feli

sK

atze

Chl.

abort

us

Schaf

6E

chin

okok

kose

n

Alv

eol�

reE

chin

okok

kose

Ech

inoco

ccus

mult

ilocu

-

lari

s

(Fuch

sban

dw

urm

)

<5

bis

15Ja

hre

Fuch

s(z

u50

%in

fizi

ert)

,Hun

d,

Kat

ze(<

5%

infi

zier

t),F

eldm

aus

(<1

%in

fizi

ert)

inE

ndem

iege

-

biet

en(i

nD

euts

chla

nd:M

itte

l-

gebi

rgsr

egio

nen)

Ora

l�be

rko

ntam

inie

rte

Leb

ens-

mit

tel(

mit

Fuch

skot

kont

ami-

nier

teB

eere

nun

dPi

lze)

Met

asta

sier

ende

Zys

ten

inL

eber

,

Lun

geun

dG

ehir

n

Zys

tisc

heE

chin

okok

kose

E.g

ranulo

sus

(Hun

dban

dwur

m)

Hun

d(z

u<1

%in

fizi

ert)

Ora

l(Sc

hmut

z-un

dSc

hmie

r-

infe

ktio

n)na

chK

onta

ktm

it

F�ze

saus

-sch

eidu

ngen

von

Hun

den

Exp

ansi

veZ

yste

n(k

eine

Met

as-

tase

n)in

Leb

er,L

unge

,Milz

,

Peri

tone

um,G

ehir

n;na

ch

Rup

tur

anap

hyla

ktis

che

Rea

k-

tion

7E

nter

oh�m

orrh

agis

che

Esc

heri

chia

coli

(EH

EC

)–

Infe

ktio

nen

Ver

otox

in-b

ilden

de

Esc

her

ichia

coli

(VT

EC

)

3–4

(1–8

)Tag

e

Rin

d,S

chaf

,Zie

ge,r

ohe

oder

halb

gare

tier

isch

eL

eben

smit

tel

(Rin

derh

ackf

leis

ch,n

icht

past

eu-

risi

erte

Milc

h,Jo

ghur

t,Fr

isch

-

k�se

),un

gech

lort

esW

asse

r,K

ar-

Schm

ieri

nfek

tion

(F�z

es),

oral

(Nah

rung

),au

chvo

nM

ensc

hzu

Men

sch

Dur

chfa

ll,Fi

eber

,Erb

rech

en;

Kom

plik

atio

nen

HU

S–

h�m

oly-

tisc

h-ur

�mis

ches

Synd

rom

(Nie

-

reni

nsuf

fizi

enz)

und

TT

P–

thro

mbo

zyto

peni

sche

Purp

ura

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 254

240 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 255: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Bes

onde

rsge

f�hr

liche

Sero

var

O15

7:H

7un

dO

157:

H-

toff

eln,

Sala

tsau

ce,A

pfel

mus

(Bew

usst

sein

str�

bung

,Kr�

mpf

e,

zent

raln

ervç

seH

erdz

eich

en,

Hem

iple

gie)

8Fr

�hso

mm

er-M

enin

goen

-

zeph

alit

is(F

SME

)

Flav

ivir

en

1–2

(-4)

Woc

hen

Zec

ken

,Ige

l,Sp

itzm

aus,

Mau

l-

wur

f,(E

ndem

iege

biet

e)

Zec

kens

tich

(Hçh

engr

enze

:

600

m),

Kon

takt

infe

ktio

n,ae

ro-

gen,

selt

enor

al(R

ohm

ilch)

Klin

isch

inap

pere

ntbi

sgr

ippe

-

�hnl

ich

bis

40�C

Fieb

erun

d

Men

ingi

tis

bis

Enz

epha

lom

yelit

is

mit

Pare

sen

und

Para

lyse

n

9G

iard

iasi

s(L

ambl

iasi

s)

Gia

rdia

lam

bli

a

6–15

Tage

Hund,K

atze

,Rin

d,Sc

haf,

Nag

e-

tier

,(M

ensc

h)

Ora

l(Sc

hmie

rinf

ekti

on),

Tri

nk-

was

ser

und

Nah

rung

smit

tel

(Flie

gen

als

mec

hani

sche

�be

r-

tr�g

er)

Sym

ptom

los

oder

:

faul

igri

eche

nder

Dur

chfa

ll,

Bre

chre

iz,A

nore

xie,

Flat

ulen

z,

Kop

fsch

mer

z,le

icht

esFi

eber

,

Inap

pete

nz;a

uch

chro

nisc

hre

zi-

divi

eren

d

10H

anta

viru

s-

Erk

rank

unge

n

(HPS

–H

anta

viru

sPu

l-

mon

ary

Synd

rom

e,N

E-

Nep

hrop

athi

aep

idem

ica)

Han

tavi

ren

(Bunya

viri

-

dae

)

14–2

1T

age

Nag

etie

re(F

eldm

aus,

Rçt

elm

aus,

Rat

te)

Schm

ieri

nfek

tion

�ber

Aus

sche

i-

dung

en(U

rin,

F�ze

s,Sp

eich

el)

infi

zier

ter

M�u

seod

erR

atte

n,

aero

gen

(Aer

osol

),ko

ntam

inie

rte

Leb

ensm

itte

l

Hoh

esFi

eber

,Ate

mno

t,A

rthr

al-

gien

,R�c

ken-

und

retr

oste

rnal

e

Schm

erze

n,ge

nera

lisie

rtes

�de

m,p

rote

inre

iche

sL

unge

n-

çdem Fo

rtse

tzun

gau

fn�c

hste

rSe

ite

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 255

Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 241

Page 256: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 256

Fort

setz

ung

von

vori

ger

Seit

e

Lfd

.

Nr.

Kra

nkhe

it

Err

eger

Inku

ba-

tion

szei

t

Res

ervo

ir(h

aupt

s�ch

liche

sind

unte

rstr

iche

n)

Infe

ktio

nsw

ege

Kra

nkhe

itsb

ild

11K

atze

nkra

tzkr

ankh

eit

Bar

tonel

lahen

sela

e,

B.c

larr

idge

iae,

Afi

pia

felis

1–2

Woc

hen

Kat

ze,s

ehr

selt

enH

und

oder

Eic

hhçr

nche

n

Kra

tzve

rlet

zung

oder

Bis

s,

(Kat

zenf

lohs

tich

)

Pape

lan

Ein

trit

tspf

orte

,reg

iona

le

Lym

phad

enit

is,v

erei

nzel

tFie

ber,

Ano

rexi

e,ge

nera

lisie

rtes

Exa

n-

them

,sel

ten

schw

ere

Kom

plik

a-

tion

en,E

nzep

halo

path

ie,E

rblin

-

dung

u.a.

12K

rypt

ospo

ridi

ose

Cry

pto

spori

diu

mpar

vum

,

5–28

Tage

Kal

b,L

amm

Ora

le�

bert

ragu

ngde

r

Ooz

yste

n(S

chm

ieri

nfek

tion

)

Ent

erok

olit

ism

itna

chfo

lgen

der

Exs

ikko

se,v

orw

iege

ndop

port

u-

nist

isch

C.b

aile

yi(s

ehr

selt

en)

Vçg

el

13L

epto

spir

osen

Lep

tosp

ira

inte

rroga

ns,

Die

amh�

ufig

sten

nach

-

gew

iese

nen

Sero

vare

sind

:

L.i

cter

ohae

morr

hag

iae

L.g

rippoty

phosa

L.p

om

ona

L.t

aras

sovi

L.h

ardjo

(2)5

–14

(-20

)Tag

e

Rat

te,M

aus,

Schw

ein,

Rin

d,

Pfer

d,H

und,

Fuch

s,H

ase,

Igel

�be

rve

rlet

zte

Hau

tund

Schl

eim

-

h�ut

ez.

B.n

ach

Tau

chen

,Stu

rz

inK

anal

was

ser

1.Ph

ase:

Hoh

esFi

eber

(39–

40�

C),

Sch�

ttel

fros

t,K

opf-

und

Mus

kels

chm

erze

n

2.Ph

ase:

Hep

atit

is,N

ephr

itis

,

Men

ingi

tis,

Myo

kard

itis

,Iri

do-

zykl

itis

,int

raut

erin

erFr

ucht

tod,

Fehl

-ode

rFr

�hge

burt

242 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 257: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

14L

iste

rios

e

Lis

teri

am

onocy

toge

nes

1–3

Tag

e

bis

4

Woc

hen

Rin

d,S

chaf

,Zie

ge,S

chw

ein,

Huh

n,H

und,

Kat

ze,R

eh,Z

oo-,

Pelz

-und

Lab

orti

ere,

Vçg

el,

Kal

tbl�

ter,

Inse

kten

Schm

ieri

nfek

tion

(F�z

es),

�ber

Kon

junk

tive

n,In

hala

tion

(Sta

ub),

diap

laze

ntar

Wic

htig

ster

Infe

ktio

nsw

egor

al

(Roh

milc

h,W

eich

k�se

,Sal

ate)

Lokal

:Pap

eln,

Pust

eln

(H�n

de,

Arm

e,B

rust

,Ges

icht

)

Syst

emis

ch:s

epti

sch-

typh

çse

Mon

ozyt

enan

gina

,End

okar

diti

s,

Pleu

riti

s,Pn

eum

onie

,Ure

thri

tis,

Leb

erab

szeß

,Men

ingi

tis,

Enz

e-

phal

itis

,Neu

gebo

rene

nlis

teri

ose

15Lym

e-B

orre

lios

e

Borr

elia

burg

dorf

eris

ensu

stri

cto

B.g

arin

ii

B.a

fzel

ii(s

yn.G

rupp

eV

S

461)

4–7

(3–1

4)

Tag

e

Zec

ken

,wild

lebe

nde

Nag

er,I

gel,

Reh

,Rot

wild

,Vçg

el

Stic

h,vo

rwie

gend

von

Zec

ken

(Hçh

engr

enze

:100

0m

),tr

ans-

plaz

enta

r;

auch

nach

Bis

sdu

rch

ein

infi

-

zier

tes

Pfer

dbe

schr

iebe

n

Ery

them

am

igra

ns,w

ande

rnde

Art

hral

gien

,Her

zbes

chw

erde

n,

Mag

en-D

arm

-Sym

ptom

e,Ly

m-

phad

enos

is,A

rthr

itis

,Akr

oder

-

mat

itis

chro

nica

atro

phic

ans,

Enz

epha

lom

yelit

is,B

annw

arth

-

Synd

rom

(Men

ingo

radi

kulit

is),

tran

spla

zent

are

Infe

ktio

n

16Lym

phoz

yt�r

eC

hori

ome-

ning

itis

LC

M-V

irus

(Are

navi

rus)

6–13

Tage

Hau

smau

s,H

amst

er,L

abor

tier

eB

iss,

Schm

ieri

nfek

tion

;

aero

gen

beiL

abor

infe

ktio

nen

Phot

opho

bie,

Schn

upfe

n,B

ron-

chit

is,M

enin

giti

s,M

enin

goen

ze-

phal

itis

,Enz

epha

litis

,pr�

nata

le

Infe

ktio

nen,

Fehl

bild

unge

nbe

i

Neu

gebo

rene

n

Fort

setz

ung

aufn

�chs

ter

Seit

e

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 257

Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 243

Page 258: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Fort

setz

ung

von

vori

ger

Seit

e

Lfd

.

Nr.

Kra

nkhe

it

Err

eger

Inku

ba-

tion

szei

t

Res

ervo

ir(h

aupt

s�ch

liche

sind

unte

rstr

iche

n)

Infe

ktio

nsw

ege

Kra

nkhe

itsb

ild

17M

aul-

und

Kla

uens

euch

e

MK

S-V

irus

(Pic

orn

avir

idae

)

2–8

Tag

ePa

arhu

fer

(Rin

d,S

chaf

)Sc

hmie

rinf

ekti

on�b

erbe

lebt

e

und

unbe

lebt

eV

ekto

ren,

aero

gen

Allg

emei

neK

rank

heit

ssym

p-

tom

e,Pr

im�r

apht

hean

Ein

trit

ts-

pfor

te,s

chm

erzh

afte

Bl�

sche

nin

Mun

dun

dR

ache

n,an

Fing

ern

und

Zeh

en

18M

elke

rkno

ten

Mel

kerk

note

nvir

us

(Par

apox

viru

s)

5–7

Tag

eR

ind

(Eut

erpo

cken

)D

irek

ter

Kon

takt

Erb

sgro

ße,h

albk

ugel

ige,

blau

-

rote

Kno

ten

ande

nH

�nde

n

19M

ikro

spor

ie

Mic

rosp

oru

mca

nis

Meh

rere

Tag

ebi

s

wen

ige

Woc

hen

Kat

ze,H

und,

sehr

selt

enPf

erd,

Schw

ein,

Scha

f,Z

iege

,and

ere

Tie

rart

en

H�u

fige

rdi

rekt

erK

onta

ktm

it

erkr

ankt

enod

erla

tent

infi

zier

ten

Tie

ren

(auc

hge

sund

ersc

hei-

nend

e,la

ngha

arig

eK

atze

nsi

nd

bis

zu90

%la

tent

mit

M.c

anis

infi

zier

t)

Der

mat

omyk

ose:

Tin

eaca

piti

s

oder

Tin

eaco

rpor

is

20M

ilzb

rand

(Ant

hrax

)

Bac

illu

san

thra

cis

2–5

Tag

e

(gel

egen

t-

lich

nach

eini

gen

Stun

den)

Rin

der

,Sch

afe,

Zie

gen,

Pfer

de,

B�f

fel,

Kam

ele,

Ren

tier

e,N

erze

,

sehr

selt

enSc

hwei

neun

dFl

eisc

h-

fres

ser

�be

rH

auts

chru

nden

und

Hau

t-

riss

ena

chK

onta

ktm

itFu

tter

mit

-

teln

,Fel

len,

H�u

ten,

Tie

rpro

duk-

ten,

Abw

�sse

rnvo

nG

erbe

reie

n,

Wol

lfab

rike

n

Hau

tmilz

bran

d:ne

krot

isie

rend

e

Kar

bunk

elm

itLy

mph

aden

ose,

evtl

.Sep

sis,

Scho

ckod

erM

enin

-

giti

s

Lunge

nm

ilzb

rand:s

chw

ere

Bro

ncho

pneu

mon

ie

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 258

244 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 259: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Dar

mm

ilzb

rand.:

Kar

bunk

elim

D�n

ndar

m,b

eiPe

rfor

atio

nPe

ri-

toni

tis

21N

ewca

stle

-Kra

nkhe

it

New

cast

leD

isea

se-V

irus

(ND

V)

1–2

(4)

Tag

e

Huhn,H

ausg

efl�

gelu

ndw

ildle

-

bend

eV

çgel

Aer

ogen

oder

konj

unkt

ival

nach

Kon

takt

mit

infi

zier

tem

Gef

l�ge

l;

auch

Infe

ktio

nm

itIm

pfst

off

(apa

thog

enf�

rH

�hne

r)m

çglic

h

(z.B

.Spr

ayva

kzin

e)

Folli

kul�

reK

onju

nkti

viti

s,

pr�a

urik

ul�r

eLy

mph

knot

en-

schw

ellu

ng

22Pa

steu

rell

osen

Pas

teure

lla

mult

oci

da

2–1

4T

age

Lat

enti

mN

asop

hary

nxvo

nS�

u-

geti

eren

(bei

75–9

0%

der

Kat

zen

und

beib

iszu

55%

der

Hun

de)

und

Vçg

eln

�be

rB

iss-

oder

Kra

tzve

rlet

-

zung

endu

rch

infi

zier

teT

iere

,

Schm

ieri

nfek

tion

,aer

ogen

e

Trç

pfch

enin

fekt

ion,

oral

(seh

r

selt

en)

Nac

hB

iss:

Phle

gmon

e,A

bsze

ß,

Nek

rose

,Per

iost

itis

,Ost

eom

y-

elit

is

akutund

subak

ut:

Bro

nchi

tis,

Pneu

mon

ieod

erA

sthm

a,K

on-

junk

tivi

tis,

Stom

atit

is,E

nter

itis

,

Peri

toni

tis,

intr

aabd

omin

elle

r

Abs

zeß,

Har

nweg

sinf

ekti

on,

Myo

siti

s

Ver

einz

elta

uch

P.d

agm

atis

P.c

anis

oder

Man

nhei

mia

hae

moly

tica

(fr�

her

e

Bez

eich

nung

P.h

aem

oly

-

tica

)

Phys

iolo

gisc

him

ober

enR

espi

ra-

tion

stra

ktbe

iM�u

sen,

Rat

ten,

Hun

den

und

Kat

zen

Fort

setz

ung

aufn

�chs

ter

Seit

e

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 259

Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 245

Page 260: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 260

Fort

setz

ung

von

vori

ger

Seit

e

Lfd

.

Nr.

Kra

nkhe

it

Err

eger

Inku

ba-

tion

szei

t

Res

ervo

ir(h

aupt

s�ch

liche

sind

unte

rstr

iche

n)

Infe

ktio

nsw

ege

Kra

nkhe

itsb

ild

23Pn

eum

ozys

tose

Pneu

mocy

stis

cari

nii

(die

Zuo

rdnu

ngzu

Pilz

enod

er

Para

site

nis

tnoc

hni

cht

endg

�lti

gge

kl�r

t)

4–8

Woc

hen

Mau

s,R

atte

(die

mei

stni

cht

erkr

anke

n),H

aus-

und

Zoo

tier

e

Aer

ogen

(kon

tam

inie

rte

Trç

pf-

chen

,Sta

ub),

diap

laze

ntar

Pneu

mon

ie,

selt

en:i

nLy

mph

knot

en,L

eber

,

Milz

und

Kno

chen

24Q

-Fie

ber

Coxie

lla

burn

etii

2–4

Woc

hen

Nag

er,Z

ecken

,Sch

af,Z

iege

,

Rin

d,W

ildti

ere

Aer

ogen

mit

kont

amin

iert

em

Stau

b(m

onat

elan

gin

fekt

içs)

,

dire

kter

Kon

takt

mit

Aus

sche

i-

dung

en,L

ochi

enin

fizi

erte

rT

iere

(ins

beso

nder

eSc

haf)

Hoh

esFi

eber

,ret

robu

lb�r

er

Kop

fsch

mer

z,G

ewic

htsv

erlu

st,

atyp

isch

ePn

eum

onie

,End

ocar

-

diti

s,K

ompl

ikat

ion:

gran

ulom

a-

tçse

Hep

atit

is

25R

atte

nbis

skra

nkhe

it

Spir

illu

mm

inus

2–3

Woc

hen

bis

4M

onat

e

Rat

te,W

iese

l,E

ichh

çrnc

hen,

Fret

tche

n,M

aus,

Schw

ein,

Kat

ze,

Hun

d

Dur

chB

iss

eine

sin

fizi

erte

n

Tie

res

�de

m,B

l�sc

hen,

Ulz

erat

ion,

Exa

nthe

man

Bis

sste

lle,F

iebe

r,

Beg

leit

sym

ptom

e

Stre

pto

bac

illu

sm

onil

i-

form

is

3–5

Tag

eR

atte

(buk

koph

aryn

geal

er

Sapr

ophy

tism

us),

ande

reN

age-

tier

e

Fieb

er,d

unke

lrot

esm

onili

form

es

Exa

nthe

m,p

hary

ngol

aryn

geal

e

Sym

ptom

e

26R

otla

uf(E

rysp

eloi

d)

Ery

sipel

oth

rix

rhusi

o-

pat

hia

e

2–5

Tag

eSc

hw

ein,F

isch

,Gef

l�ge

l,se

lten

ande

reV

ogel

arte

nun

dS�

uget

iere

�be

rV

erle

tzun

g(S

chni

tt-,

Stic

h-,

Ris

s-un

dB

issw

unde

n),d

urch

Kon

takt

mit

infe

ktiç

sem

Mat

e-

Peri

pher

fort

schr

eite

nde

Rçt

ung,

Qua

ddel

n,Ju

ckre

iz,S

chm

erz,

246 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 261: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

rial

oder

kont

amin

iert

enIn

stru

-

men

ten,

auch

nach

Hun

debi

ss

beob

acht

et

Lym

phan

giti

s,se

lten

Art

hrit

is,

Seps

is,E

ndok

ardi

tis

27Sa

lmon

ello

sen

Ver

schi

eden

eSe

rova

re,

vor

alle

m:

ST

yphi

mur

ium

S.E

nter

itid

is

5–72

Stun

den

Schl

acht

tier

e,G

efl�

gel,

frei

lebe

nde

Vçg

el(M

çwen

,Tau

ben)

,

Stub

envç

gel,

Hei

mti

ere,

Nag

er,

kont

amin

iert

eL

eben

smit

tel

Iner

ster

Lin

ieor

al(S

chm

utz-

und

Schm

ieri

nfek

tion

)dur

ch

kont

amin

iert

eN

ahru

ngsm

itte

l

(H�h

nere

ier

sow

ieda

raus

her-

gest

ellt

enPr

oduk

ten:

Eip

ulve

r,

Kon

dito

reiw

aren

,Sch

lach

tgef

l�-

gel,

Hac

kfle

isch

),ve

rein

zelt

auch

nach

dire

ktem

Kon

takt

mit

Sal-

mon

elle

n-au

ssch

eide

nden

Tie

ren

(Zie

r-,S

tube

nvçg

el,H

und,

Kat

ze,S

child

krçt

e)

Plçt

zlic

hes

Erb

rech

en,

�be

lkei

t,w

�ssr

ige

faul

ige

Stuh

l-

entl

eeru

ng,F

iebe

r;K

ompl

ikat

io-

nen:

Seps

is,O

steo

mye

litis

,Per

i-

toni

tis,

Har

nweg

sinf

ekti

on,

Aor

tenk

lapp

enen

doka

rdit

is

28Sp

orot

rich

ose

Sporo

thri

xsc

hen

kii

3–21

Tage

(bis

3

Mon

ate)

Ver

rott

etes

Hol

z,ve

rfau

lte

Pfla

n-

zen,

Erd

bode

nso

wie

infi

zier

te

Tie

re,v

oral

lem

Kat

zen,s

elte

ner

Hun

d,Pf

erd,

Mau

ltie

rod

erE

ich-

hçrn

chen

Kra

tz-u

ndB

issw

unde

nvo

nin

fi-

zier

ten

Tie

ren,

vor

alle

mK

atze

n,

besc

hrie

ben

auch

Eic

hhçr

nche

n

und

Dac

hs,V

erle

tzun

gdu

rch

kont

amin

iert

eH

olzs

plit

ter,

Pfla

nzen

dorn

eu.

�.,I

nsek

tens

ti-

che,

(�be

rtra

gung

von

Men

sch

zuM

ensc

his

tseh

rse

lten

)

Kuta

ne

Form

:

Init

ialh

erd:

schm

erzl

ose

Pape

l,

fluk

tuie

rt,u

lzer

iert

,ser

çsod

er

pust

ulçs

;wei

tere

Knç

tche

nen

t-

lang

Lym

phba

hn

Schle

imhau

tsporo

tric

hose

:kno

-

tige

Ver

�nde

rung

en(N

ase,

Fort

setz

ung

aufn

�chs

ter

Seit

e

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 261

Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 247

Page 262: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 262

Fort

setz

ung

von

vori

ger

Seit

e

Lfd

.

Nr.

Kra

nkhe

it

Err

eger

Inku

ba-

tion

szei

t

Res

ervo

ir(h

aupt

s�ch

liche

sind

unte

rstr

iche

n)

Infe

ktio

nsw

ege

Kra

nkhe

itsb

ild

Mun

d,Ph

aryn

x,L

aryn

x,T

ra-

chea

),re

gion

ale

Lym

phkn

oten

-

schw

ellu

ng

Org

ansp

oro

tric

hose

:Lun

ge,

Kno

chen

,Gel

enke

,Mus

keln

,

Aug

en,H

oden

,Neb

enho

den

29St

rept

ococ

cus

equi

-

Infe

ktio

nen

Stre

pto

cocc

us

equis

ubsp

.

zooep

idem

icus,

Str.

equis

ubsp

.equi

2–3

Tag

eH

eim

-und

Hau

stie

re,b

eson

ders

Pfe

rd,a

uch

late

nte

Tr�

ger

Dir

ekte

rin

tens

iver

Kon

takt

mit

infi

zier

ten

Tie

ren

und

dere

nA

us-

sche

idun

gen

z.B

.Nas

en-,

Eit

erse

-

kret

,dur

chB

iss

(Hun

d,K

atze

)

Wun

dinf

ekti

on,P

hary

ngit

is,

Lym

phad

enop

athi

e,Pn

eum

onie

,

Pleu

riti

s,E

ndok

ardi

tis,

Seps

is,

Men

ingi

tis,

Art

hrit

is,G

lom

eru-

lone

phri

tis

30St

rept

ococ

cus

suis

-Inf

ek-

tion

en

Stre

pto

cocc

us

suis

Wen

ige

Stun

den

bis

2Ta

ge

Schw

ein,a

uch

Wild

schw

ein

Dir

ekte

rK

onta

kt(S

chm

ieri

nfek

-

tion

)�be

rK

onju

nkti

ven

oder

Hau

tl�s

ione

ndu

rch

infi

zier

te

Tie

reod

erko

ntam

inie

rte

Inst

ru-

men

te

Men

ingi

tisc

heSy

mpt

ome,

Hçr

-

verl

ust,

Gle

ichg

ewic

htss

tçru

n-

gen,

Sp�t

sch�

den,

z.B

.Tau

bhei

t

31T

ierp

ocke

n

(Ort

hopo

cken

viru

s)

7–14

Tage

Trç

pfch

en-u

ndSc

hmie

rinf

ek-

tion

,(in

fizi

erte

Geg

enst

�nde

)

Pock

en�h

nlic

he,m

eist

guta

rtig

e

Lok

aler

kran

kung

,Sto

mat

itis

papu

losa

;bak

teri

elle

Seku

nd�r

-

infe

ktio

n,u.

U.G

ener

alis

atio

nA

ffen

pock

enA

ffen

Ele

fant

enpo

cken

Ele

fant

en

248 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 263: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Kam

elpo

cken

Kam

el,D

rom

edar

Kuh

pock

enR

ind,K

atze

Para

pock

enSc

haf

,Rin

d,Z

iege

32T

ollw

ut

Rab

iesv

irus

(Rhab

dovi

ridae

)

Tag

e–

3

Mon

ate

(auc

hbi

szu

1Ja

hrm

çg-

lich

in

Abh

�ngi

g-

keit

von

der

Ein

trit

ts-

stel

lede

s

Err

eger

s)

Fuch

s,H

und,

Kat

ze

selt

en:M

arde

r,D

achs

zune

hmen

d:Fl

eder

mau

s

Bis

s,�b

erH

autv

erle

tzun

gen

und

Kon

junk

tive

n,

auch

aero

gen

mçg

lich

Par�

sthe

sie

imB

erei

chde

rV

er-

letz

ung,

Unr

uhe,

Tre

mor

,

Kr�

mpf

e,H

yper

saliv

atio

n,

Hyd

roph

obie

,�be

rem

pfin

dlic

h

gege

n�be

rL

uftb

eweg

ung

und

L�r

m,E

xzit

atio

n,Pa

raly

se,T

od

33T

oxop

lasm

ose

Toxopla

sma

gondii

Woc

hen

bis

Mon

ate

Kat

ze,S

chw

ein,

Scha

f,Z

iege

Schm

ieri

nfek

tion

(F�z

es),

oral

(roh

esFl

eisc

h),d

iapl

azen

tar

Akut:

asym

ptom

atis

chbi

slo

kali-

sier

teod

erge

nera

lisie

rte

Lym

-

phad

enop

athi

e,gr

ippe

�hnl

ich

bis

Men

ingo

enze

phal

itis

Chro

nis

ch:s

chub

wei

seFi

eber

,

Art

hral

gien

,psy

ch.A

lter

atio

n,

Org

anm

anif

esta

tion

inLy

mph

-

knot

en,L

eber

,Milz

,Aug

e,Z

NS

Fort

setz

ung

aufn

�chs

ter

Seit

e

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 263

Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 249

Page 264: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Fort

setz

ung

von

vori

ger

Seit

e

Lfd

.

Nr.

Kra

nkhe

it

Err

eger

Inku

ba-

tion

szei

t

Res

ervo

ir(h

aupt

s�ch

liche

sind

unte

rstr

iche

n)

Infe

ktio

nsw

ege

Kra

nkhe

itsb

ild

Inder

Gra

vidit

�t:b

eiE

rsti

nfek

-

tion

Fehl

bild

unge

nun

dIn

fekt

ion

der

Neu

gebo

rene

n-

34T

rich

opyt

hie

Tri

chopyt

hon

men

ta-

grophyt

es

14T

age

bis

4W

oche

n

Mau

s,G

oldh

amst

er,M

eer-

schw

einch

en,C

hinc

hilla

,Rat

te,

Kan

inch

en,H

und,

Kat

ze,Z

oo-

tier

e(b

es.A

ffen

),

Dir

ekte

rK

onta

ktm

itin

fizi

erte

n

Tie

ren,

indi

rekt

�ber

kont

ami-

nier

teG

egen

st�n

de(Z

aum

-und

Satt

elze

ug,S

tallp

fost

en,B

�rst

en,

Hol

zspl

itte

r,St

roh,

Ein

stre

u),

evtl

.�be

rFl

iege

n,M

ilben

,L�u

se,

Flçh

e,Sp

inne

n

Tie

feT

rich

ophy

tie:

tief

grei

fend

e,

absz

edie

rend

ekn

otig

-tum

orçs

e

Ent

z�nd

ung,

regi

on�r

eLy

mph

-

knot

ensc

hwel

lung

Ober

fl�c

hl.

Tri

chophyt

ie:

Her

pes

tons

uran

s,H

erpe

sci

rci-

natu

s,Fo

llicu

litis

acum

inat

a,

Tin

eaco

rpor

is

T.v

erru

cosu

mR

ind,(

Scha

f,Pf

erd)

,

T.e

quin

um

Pfe

rd

T.q

uin

ckea

num

(T.m

enta

grophyt

esva

r.

Quin

ckea

num

)

Mau

s,M

eers

chw

einch

en,R

atte

,

Kan

inch

en,(

Hun

d,K

atze

)

Erk

rank

ungs

herd

eri

eche

nna

ch

M�u

seha

rn

T.e

rinac

ei(T

.men

ta-

grophyt

esva

r.E

rinac

ei)

Igel

Fulm

inan

tsic

hen

twic

keln

des

Kra

nkhe

itsb

ild

T.g

allinae

(syn

.Mic

ro-

sporu

mga

llin

ae)

Huhn

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 264

250 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 265: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

35T

uber

kulo

se

Myc

obac

teri

um

tuber

cu-

losi

s,M

.bovi

s,M

.afr

i-

canum

4–6

Woc

hen

Rin

d,Z

iege

,Hun

d,K

atze

,Zoo

-

tier

e(i

nsbe

sond

ere

Aff

en)

Aer

ogen

(in

Stau

bun

dei

nge-

troc

knet

emSp

utum

mon

atel

ang

infe

ktiç

s),S

chm

ieri

nfek

tion

(Spu

tum

,Milc

h,U

rin

und

F�ze

s

infi

zier

ter

Tie

re),

oral

,�be

r

Wun

den

Prim

�rtu

berk

ulos

e(P

rim

�rhe

rd

und

zuge

hçri

geLy

mph

knot

en)

inde

rL

unge

;Ple

urit

isex

suda

-

tiva

;h�m

atog

ene

Stre

uung

:Mili

-

artu

berk

ulos

e,M

enin

giti

s,Pe

ri-

toni

tis,

Kno

chen

-,G

elen

k-,

Hau

t-un

dG

enit

altu

berk

ulos

e

36T

ular

�mie

Fra

nci

sell

atu

lare

nsi

s

2–10

Tage

Has

e,W

ildka

ninc

hen,

selt

ener

land

wir

tsch

aftl

iche

Nut

ztie

re

und

Hau

stie

re(i

nsbe

sond

ere

Kat

-

zen)

Kon

takt

mit

Aus

sche

idun

gen,

Blu

tode

rO

rgan

enin

fizi

erte

r

Tie

re,�

ber

klei

neW

unde

npe

r-

kuta

nun

d�b

erK

onju

nkti

ven,

Bis

s,K

ratz

en,S

tich

blut

sau-

gend

erIn

sekt

en,i

nhal

ativ

,ora

l

Außer

eForm

:ulz

erçs

ePr

im�r

l�-

sion

,reg

ion�

reLy

mph

knot

en-

schw

ellu

ngod

erPe

rina

ud's

che

Kon

junk

tivi

tis

Inner

eForm

:Ple

urit

is,M

ilz-

schw

ellu

ng,D

urch

fall,

inte

rmit

-

tier

ende

sFi

eber

,Exa

nthe

m,

pect

angi

nçse

Sym

ptom

e(i

nfol

ge

End

otox

in)

37(E

nter

ale)

Yer

sini

ose

Yer

sinia

ente

roco

liti

ca,

3–10

Tage

Schw

eine

(in

Tons

illen

sow

ieim

Dar

min

halt

),(i

nF�

zes

von)

Hun

d

und

Kat

ze;f

erne

rN

ager

(Mee

r-

schw

einc

hen,

Kan

inch

en)s

owie

Vçg

el;f

erne

rim

Erd

bode

n(z

.B.

Gar

tene

rde,

veru

nrei

nigt

durc

h

F�ze

sin

fizi

erte

rT

iere

)

Ora

l(Sc

hmut

z-un

dSc

hmie

r-

infe

ktio

n)

Ent

erit

is,E

nter

okol

itis

;

Kom

plik

atio

nen:

Art

hrit

is,E

ry-

them

ano

dosu

m,

Fern

erm

çglic

h:

Prin

aud'

sche

Kon

junk

tivi

tis,

Leb

erzi

rrho

se,f

ernç

stlic

hes

scha

rlac

h�hn

liche

sFi

eber

Y.p

seudotu

ber

culo

sis

7–21

Tage

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 265

Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 251

Page 266: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 31 03 Anlage BKV

(BK-Nr. 39/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 6/1963, 133

Wurmkrankheit der Bergleute,

verursacht durch Ankylostoma duodenale

oder Strongyloides stercoralis

Klinische Zuordnung:DermatologieGastroenterologieMikrobiol./Infekt.Ep.H�matol./�ff.Ges.W.

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Wurmkrankheiten, verursacht durcha) Ankylostoma duodenaleoderb) Anguillula intestinalis (Strongyloides stercoralis),treten in warmen L�ndern, vor allem in den Tropen und Subtropen, z. B. endemisch,auf. Die genannten Parasiten kçnnen sich auch in gem�ßigtem Klima dort entwickelnund ausbreiten, wo hierf�r g�nstige Bedingungen, insbesondere durch Luftfeuchtig-keit und Lufttemperatur, gegeben sind; dies kann f�r den Untertage- oder Tunnelbauzutreffen. Dort t�tige Bergleute kçnnen gef�hrdet sein, wenn diese Parasiten einge-schleppt werden.

II. Infektionsweg, Krankheitsbild und Diagnose

a) Zu Ankylostoma duodenale:Der 8 bis 12 mm lange, gelblich-weiße Rundwurm lebt im menschlichen D�nndarm.T�glich gehen mehrere tausend Eier mit dem Stuhl ab. Bei optimal 25 bis 30' C Luft-temperatur, grçßerer Luftfeuchtigkeit und bei Anwesenheit von Sauerstoff entwickelnsich in der Eih�lle die Larven. Nachdem diese geschl�pft sind und sich zweimal ge-h�utet haben, beginnt das infektiçse Stadium. Die Larven sind jetzt noch von einerletzten H�lle umkleidet und werden als sog. „gescheidete“ Larven bezeichnet. Der Be-fall erfolgt auf dem Wege �ber die intakte Haut, wobei die Larven ihre H�lle abstrei-fen und aktiv percutan einwandern. Sie gelangen �ber Lymph- und Blutbahnen, Herzund Lungenkapillaren in die Alveolen, von dort �ber die Luftwege in den Kehlkopfund Pharynx, wo sie verschluckt werden, und so schließlich wieder in den Darm. Au-ßerdem besteht die Mçglichkeit der oralen Infektion, z. B. durch verunreinigtes Trink-wasser.

Im unteren D�nndarm werden die Larven zu geschlechtsreifen W�rmern. Das An-kylostoma saugt sich dabei, h�ufig die Stelle wechselnd, in der Darmschleimhaut festund sondert, �hnlich dem Egel, ein blutgerinnungshemmendes Ferment ab. Dadurchblutet die Haftstelle nach.

Klinisch �ußert sich die Hakenwurmkrankheit in Magen-Darmbeschwerden,�belkeit, Erbrechen und gelegentlich Blutbeimengungen im Stuhl. Es entstehen An-zeichen von Blutarmut, wie Bl�sse, M�digkeit und Kopfdruck. Im Blut sind

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 266

252 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 267: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

H�moglobingehalt und Zahl der Erythrozyten h�ufig erheblich vermindert (Eisen-

mangelan�mie); in der Regel ist eine st�rkere Eosinophilie im Differentialblutbildfestzustellen. Bei fortgeschrittener An�mie kann es zu Kreislaufstçrungen, �demenund allgemeinem Hydrops kommen.

b) Zu Anguillula intestinalis (Strongyloides stercoralis):Der 2 bis 3 mm lange, makroskopisch schwer sichtbare Parasit bohrt sich zur Nah-rungsaufnahme und Eiablage in die D�nndarmschleimhaut ein. Aus den Eiern ent-wickeln sich Larven, die mit dem Stuhl den menschlichen Organismus verlassen.Diese sind weniger widerstandsf�hig als die Larven des Ankylostoma duodenale. DerInfektionsweg ist der gleiche wie der unter a). In seltenen F�llen ist nach Durchboh-rung der Darmschleimhaut und Eindringen in Blut- und Lymphbahnen Selbstinfek-tion mçglich (sog. Autoendoinvasion).

Klinisch �ußert sich die Strongyloidesinvasion in Oberbauchbeschwerden, Koli-

ken und evtl. periodenweise auf tretenden, ruhrartigen Durchf�llen. Betr�chtlich he-rabgesetzter Allgemeinzustand und allergische Erscheinungsbilder (insbesondere Ur-

ticaria und Eosinophilie) sind mçglich. Sekund�ran�mie, die in der Regel jedochnicht so ausgepr�gt ist wie bei der Hakenwurmkrankheit, kann vorkommen.

III. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung

Nicht bei jeder Untertagearbeit sind die f�r die Entwicklung und Verbreitung dieserParasiten in Abschnitt I genannten g�nstigen Voraussetzungen gegeben. Daher ist dieErhebung einer eingehenden Anamnese, insbesondere Arbeitsanamnese, von Wichtig-keit. Die Infektion ist durch beruflich und nichtberuflich bedingte Aufenthalte in war-men L�ndern mçglich.

F�r die Beurteilung und Diagnose der Hakenwurmkrankheit ist mçglichst derNachweis der Eier im Stuhl oder die Z�chtung von Larven aus eierhaltigem Stuhl zuerbringen. Bei Befall mit Anguillula intestinalis (Strongyloides stercoralis) sichern dieim frischen Stuhl nachweisbaren Larven die Diagnose; Wurmeier werden hier im all-gemeinen nicht gefunden. In einem Wirtsorganismus kçnnen gleichzeitig beide Para-siten vorkommen. Die Abnahme und Untersuchung von Stuhlproben mit ungesch�tz-ten H�nden stellt eine erhebliche Infektionsgefahr dar.

Um die genannten Wurmkrankheiten handelt es sich erst dann, wenn neben dennachgewiesenen Krankheitserregern entsprechende Krankheitszeichen auftreten.

Als Berufskrankheit nach Nr. 39 der Anlage zur 6. Berufskrankheiten-Verordnungkçnnen diese Erkrankungen nur bei Bergleuten, verursacht durch die berufliche Be-sch�ftigung, anerkannt werden.

Selbst schwere Formen dieser Erkrankung kçnnen nach Wurmabtreibung folgen-los abheilen. Wurmtr�ger sind Dauerausscheider und besonders unter Tage eine Ge-fahr f�r ihre Umgebung.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 267

Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 253

Page 268: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 31 04 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 7/2005, 48–58

Tropenkrankheiten, Fleckfieber

Klinische Zuordnung:Mikrob./Infekt.Ep.Hyg./Umweltmed.�ff. Gesundheitsw.Dermato-/NeurologieInnere Medizin

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Unter der BK-Nr. 3104 werden diejenigen Infektionen und deren Krankheitsbilder er-fasst, die ausschließlich oder vorwiegend in den Tropen erworben werden kçnnen. Siesind in der Mehrzahl dadurch charakterisiert, dass ihre Erreger in Bezug auf Reser-voir, Entwicklungszyklus oder �bertragungsmodus vorzugsweise an tropisches Klimaoder f�r die Tropen spezifische Umweltbedingungen gebunden sind oder aus anderenGr�nden vorwiegend in den Tropen oder Subtropen vorkommen. Das Fleckfieberwird hier besonders aufgef�hrt. Es kommt außer in den Tropen oder Subtropen auchin anderen Gebieten vor.

Tropenkrankheiten gelten als Berufskrankheit bei allen Personen, die wegen einerversicherten T�tigkeit in Regionen der Tropen oder Subtropen leben und arbeiten. Dasgleiche gilt f�r entsprechende beruflich bedingte Kurzzeitaufenthalte. In Ausnahmef�l-len ist eine �bertragung auch außerhalb der Endemiegebiete durch importierte Infek-tionsquellen mçglich (z. B. „Airportmalaria“ durch importierte infektiçse M�cken).Daher sind sowohl die jeweiligen Arbeits- als auch die Freizeitbedingungen in den Ver-sicherungsschutz einbezogen. Die epidemiologische Situation in den verschiedenen Re-gionen �ndert sich zum Teil sehr schnell. Detaillierte l�nderspezifische Informationensind den st�ndig aktualisierten Informationen z. B. der WHO (www.who.int) zu ent-nehmen.

II. �tiopathogenese

Tropenkrankheiten werden hervorgerufen durch Bakterien (incl. Chlamydien und Ri-ckettsien), Viren, Pilze und Parasiten wie Protozoen und W�rmer [Nematoden(Rund- oder Fadenw�rmer z. B. Filarien), Zestoden (Bandw�rmer), Trematoden(Saugw�rmer)]. Fleckfieber wird durch Rickettsien verursacht. Die Erreger kçnnendirekt oder indirekt von infizierten Menschen, Tieren, kontaminierten Gegenst�ndeneinschließlich Nahrungsmitteln oder Wasser in den menschlichen Organismus gelan-gen. H�ufig ist die �bertragung der Krankheitserreger an Arthropoden (insbesondereM�cken, auch Zecken und Flçhe) gebunden. Sie kann auch durch aktives Eindringen�ber die Haut, Einatmen von erregerhaltigen Aerosolen oder Staub und durchSchmierinfektion erfolgen. Nach einer f�r jede Infektion typischen Inkubationszeit

beginnen im Allgemeinen plçtzlich die Krankheitssymptome. Bei den Parasitosenwird mit der Pr�patenzzeit die Zeit angegeben, die bis zum Auftreten von nachweis-baren Geschlechtsprodukten der Parasiten verstreicht. Dabei variieren Inkubations-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 268

254 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 269: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

und Pr�patenzzeiten in Abh�ngigkeit von Anzahl und �bertragungsweg der Erregerund der individuellen Disposition der infizierten Person.

III. Krankheitsbilder und Diagnosen

Die Anamnese (z. B. Reiseort und -zeit) und klinischen Symptome erlauben in denmeisten F�llen die Verdachtsdiagnose. Endemische oder epidemiologische Betrach-tungen zum Vorkommen am Aufenthaltsort m�ssen miteinbezogen werden. Die Absi-cherung der Diagnose erfolgt durch den direkten Nachweis des Erregers bzw. von Ge-schlechtsprodukten der Parasiten (z. B. Eier, Proglottiden) oder durch spezifischenAntikçrpernachweis. Bei Viren mit vorhandenen Subtypen besteht die Mçglichkeit,�ber die genomischen Analysen der (�ber Zellkultur) nachgewiesenen Viren, die geo-graphisch typische Infektionsquelle zu identifizieren. Dies ist auch mittels Restrik-tions-Enzymanalysen mçglich. Eine hçhergradige Eosinophilie kann Hinweis aufeine Parasitose sein.

Bez�glich der Krankheitsbilder und ihrer Diagnostik wird auf die einschl�gigenLehrb�cher verwiesen. Geordnet nach Erregergruppen kçnnen haupts�chlich fol-gende Krankheiten vorkommen:

1. Tropenkrankheiten, hervorgerufen durch1.1 Bakterien (inkl. Chlamydien und Rickettsien):Borreliosen, tropische [3]*

Buruli-Ulcus [4]Frambçsie [13]F�nftagefieber [14]Lepra [21]Oroya-Fieber [27]Pest [28]Trachom [32]Tsutsugamushi-Fieber [34]

1.2 Viren:Chikungunya [5]Dengue-Fieber [6]Ebola-Virus-Fieber [8]Gelbfieber [15]Japan-Enzephalitis [17]Krim-Kongo-Fieber [18]Lassa-Fieber [19]

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 269

* in [ ] ist die Nummer vermerkt, unter der Angaben zur betreffenden Krankheit in der Ta-belle (s. Anhang) zu finden sind

Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 255

Page 270: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Marburg-Virus-Fieber [23]Rift-Tal-Fieber [29]West-Nil(e)-Virus-Fieber [35]

1.3 Pilze:Histoplasmose [16]Myzetom [24]

1.4 Parasiten (Protozoen und W�rmer):1.4.1 ProtozoenAmçbiasis [1]Leishmaniose [20]Malaria [22]Trypanosomiasis [33]

1.4.2 W�rmerAngiostrongylose [2]Dracunculose [7]Fascioliasis [9]Fasciolopsiasis [10]Filariosen [11]Opisthorchiasis [25]Paragonimiasis [26]Schistosomiasis (Bilharziose) [30]

2. Fleckfieber [12]

Zur Veranschaulichung der Bedeutung des BK-relevanten Zusammenhangs sind derErreger, das Vorkommen, die Inkubations- bzw. Pr�patenzzeit, das Reservoir, der In-

fektionsweg und das typische Krankheitsbild in alphabetischer Reihenfolge der

Krankheitsbezeichnung im Anhang kurz dargestellt.

IV. Weitere Hinweise

F�r den begr�ndeten Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit ist das Vor-kommen des jeweiligen Erregers am Arbeits- oder Aufenthaltsort des Auslandeinsat-zes maßgebend. Ubiquit�r vorkommende infektiçse Krankheiten wie z. B. Virushepa-titiden, Typhus abdominalis und andere Salmonellosen, Poliomyelitis, Tuberkuloseoder Brucellose und andere Zoonosen werden in den Tropen aufgrund der dort herr-schenden besonderen Hygienebedingungen h�ufiger erworben. Solche Erkrankungensind ggf. im Rahmen der BK-Nummern 3101 bzw. 3102 anzuzeigen. Ausgenommendavon ist Fleckfieber, das seit jeher unter BK-Nummer 3104 eingeordnet wurde.

Krankheiten infolge Mangelern�hrung, mangelnder Kçrpertemperaturregulierung(Hitzschlag u. �.), Folgezust�nde nach Schlangenbiss u. a. werden nicht unter dem Be-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 270

256 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 271: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

griff Tropenkrankheiten erfasst. Bei den letzteren kann es sich ggf. um Arbeitsunf�llehandeln.

V. LiteraturPraktische Tropen- und Reisemedizin/Hans Jochen Diesfeld, Gerard Krause,

Dieter Teichmann. – Stuttgart, New York: Thieme, 2003.Reisemedizin: Beratung in der �rztlichen Praxis/hrsg. von Harald Kretschmer. – M�nchen

[u. a.]: Urban & Fischer, 1999.Tropenmedizin – Infektionskrankheiten/Christian G. Meyer. – Landsberg: ecomed 2001.Tropenmedizin in Klinik und Praxis/hrsg. von Werner Lang und Thomas Lçscher.

Mit Beitr. von M. Alexander. – 3. Aufl. – Stuttgart, New York: Thieme 2000.Tropen- und Reisemedizin/hrsg. von J. Knobloch. – Jena [u. a.]: G. Fischer, 1996.

Literaturerg�nzungBurchard, G. D., Fleischer, B.:

Reisemedizin: Schwerpunkt h�ufige TropenkrankheitenDeutsches �rzteblatt, A1819–A1825, 2005

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 271

Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 257

Page 272: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Anh

ang:

Kur

zcha

rakt

eris

tik

der

wic

htig

sten

Tro

penk

rank

heit

enun

dde

sFl

eckf

iebe

rs

Lfd

.

Nr.

Kra

nkhe

it

Err

eger

Vor

kom

men

Inku

bati

ons-

oder

Pr�-

pate

nzze

it*

Res

ervo

irIn

fekt

ions

weg

eK

rank

heit

sbil

d

1A

mçb

iasi

s

Enta

moeb

ahis

toly

tica

wel

twei

t,be

son-

ders

inde

nT

rope

n

1W

oche

bis

meh

rere

Mon

ate

Men

sch

f�ka

l-or

al�b

erm

itZ

yste

n

veru

nrei

nigt

eL

eben

smit

tel

(Sal

atet

c.)u

ndko

ntam

i-

nier

tes

Was

ser

Sehr

viel

gest

alti

g:sy

mpt

om-

lose

Zys

tent

r�ge

r/ak

ute/

chro

-

nisc

heA

mçb

enen

teri

tis

bzw

.

-kol

itis

;

Am

çbom

.Kom

plik

atio

n:

Am

çben

ulku

sm

itPe

rfor

a-

tion

,Am

çben

-Leb

erab

szes

s

(ggf

.mit

Perf

orat

ion)

,and

ere

h�m

atog

ene

extr

aint

esti

nale

Abs

iedl

ung

2A

ngio

stro

ngyl

ose

Angi

ost

rongy

lus

canto

nen

sis

Angi

ost

rongy

lus

cost

aric

ensi

s

S�do

stas

ien,

Lat

ein-

und

Mit

tel-

amer

ika,

eini

ge

Reg

ione

nA

frik

as,

�gy

pten

1–2

Woc

hen

Rat

ten,

Kra

bben

pero

rale

Auf

nahm

ede

r

Lar

ven

durc

hV

erze

hrvo

n

rohe

nin

fizi

erte

nSc

hnec

ken

und

Kra

bben

Kop

fsch

mer

zen,

Par�

sthe

sien

,

Men

ingi

tis,

Irid

ozyk

litis

3B

orre

lios

e

epid

emis

ches

L�u

ser�

ckfa

llfie

ber

Borr

elia

recu

rren

tis

foka

lin

eini

gen

L�n

dern

Lat

ein-

amer

ikas

,Afr

ikas

,

Ost

euro

pas

und

2–14

Tag

eM

ensc

htr

ansk

utan

durc

hZ

erre

iben

der

zerd

r�ck

ten

Kle

ider

laus

(Ped

icul

ushu

man

usva

riet

as

corp

oris

)

beid

e�h

nlic

h,L

�use

r�ck

fall-

fieb

erve

rl�u

ftsc

hwer

er;

rezi

divi

eren

des

Fieb

er(5

–9

Tag

eIn

terv

all)

,h�m

orrh

agi-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 272

258 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 273: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

des

Nah

enun

d

Mit

tler

enO

sten

s

sche

Dia

thes

e,ze

ntra

lner

vçse

Kom

plik

atio

nen,

Mul

tior

gan-

vers

agen

ende

mis

ches

Zec

kenr

�ckf

all-

fieb

er

Borr

elia

dutt

oni

und

15

ander

eB

orr

elia

-Spez

ies

gebu

nden

an

Zec

kenb

ioto

p

Nag

etie

re,

Kan

inch

en,

Led

erze

cke

Bis

sin

fizi

erte

rZ

ecke

n

4B

urul

i-U

lcus

Myc

obac

teri

um

ulc

eran

s

Zen

tral

afri

ka

(Uga

nda,

Zai

re)

1–2

Woc

hen

Schi

lf,

Erd

bode

n

vorn

ehm

lich

nach

Schn

ittv

er-

letz

unge

nan

scha

rfra

ndig

em

Schi

lf

chro

nisc

hul

zeri

eren

deH

aut-

kran

khei

t,R

�nde

rti

efun

ter-

min

iert

,unb

ehan

delt

nach

Mon

aten

bis

Jahr

enN

arbe

n-

kont

rakt

uren

5C

hiku

ngun

ya

Chik

ungu

nya

-Vir

us

(Tog

avir

us)

Asi

en,A

frik

a,

Mit

tler

erO

sten

2–4

Tag

eM

eerk

atze

n,

Pavi

ane,

Nag

er

Stic

hin

fizi

erte

rSt

echm

�cke

nFi

eber

,sta

rke

Mus

kel-

und

Gel

enks

chm

erze

n,K

ompl

ika-

tion

en:H

�mor

rhag

ien

(vor

alle

min

Asi

en),

gele

gent

lich

Myo

kard

itis

,ZN

S-B

etei

-

ligun

g

6D

engu

e-Fi

eber

Den

guev

irus

1–4

wel

twei

tzw

isch

en

dem

30.G

rad

nçrd

l.u.

40.G

rad

s�dl

.Bre

ite

2–8

Tag

eA

ffen

Stic

hin

fizi

erte

rSt

echm

�cke

nm

ehrg

ipfl

iges

Fieb

er,G

liede

r-

und

Mus

kels

chm

erze

n,fl

�ch-

tige

sE

xant

hem

;sch

wer

es

Kra

nkhe

itsb

ild:h

�mor

rhag

i-

sche

sD

engu

e-Fi

eber

/Den

gue-

Scho

cksy

ndro

m

Fort

setz

ung

aufn

�chs

ter

Seit

e

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 273

Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 259

Page 274: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Fort

setz

ung

von

vori

ger

Seit

e

Lfd

.

Nr.

Kra

nkhe

it

Err

eger

Vor

kom

men

Inku

bati

ons-

oder

Pr�-

pate

nzze

it*

Res

ervo

irIn

fekt

ions

weg

eK

rank

heit

sbil

d

7D

racu

ncul

ose

Dra

cuncu

lus

med

inen

sis

(Guin

ea-oder

Med

inaw

urm

)

Zen

tral

afri

kabi

s

S�ds

udan

,Ind

ien,

Paki

stan

,Ira

n,Sa

u-

di-A

rabi

en,J

emen

,

Irak

9–12

Mon

ate

T�m

pelu

nd

Flie

ssge

-

w�s

ser

Steh

enin

kont

amin

iert

em

Was

ser

sich

tbar

esW

urm

ende

inbu

l-

lçs-

ulze

rati

ver

Hau

tl�s

ion,

mei

stan

unte

rer

Ext

rem

it�t

,

h�uf

igSe

kund

�rin

fekt

ion,

Phle

gmon

en

8E

bola

-Vir

us-F

iebe

r

Ebola

viru

s

(Filo

viru

s)

(vor

alle

mW

est-

)

Afr

ika

2–21

Tag

eno

chni

cht

iden

tifi

zier

t

Tra

nsm

issi

onvo

nM

ensc

hzu

Men

sch

�ber

Aus

sche

idun

gen,

noso

kom

ial

schw

eres

,hoc

hfie

berh

afte

s

Kra

nkhe

itsb

ildm

ith�

mor

-

rhag

isch

erD

iath

ese,

gast

roin

-

test

inal

erSy

mpt

omat

ik,

Exa

nthe

m,M

ulti

orga

nver

-

sage

n

9Fa

scio

lias

is

Fas

ciola

hep

atic

a,

Fas

ciola

giga

nta

(gro

ßer

Leb

ereg

el)

wel

twei

t1–

3W

oche

nSc

haf,

Rin

d,

Men

sch

(in

Gal

leng

�n-

gen)

oral

durc

hV

erze

hren

zys-

tier

ter

Zer

kari

enan

Was

ser-

pfla

nzen

(Bru

nnen

kres

se,

u.a.

),ge

lege

ntlic

hdu

rch

Tri

nken

von

kont

amin

iert

em

Was

ser

akut

:Allg

emei

nsym

ptom

e,

Obe

rbau

chbe

schw

erde

n

rech

ts;n

ach

Mon

aten

/Jah

ren

chro

nisc

heob

stru

ktiv

eG

al-

leng

angs

erkr

anku

ng

10Fa

scio

lops

iasi

s

Fas

ciolo

psi

sbusk

i

(gro

ßer

Dar

meg

el)

Chi

na,O

stas

ien

4–8

Woc

hen

Men

sch,

Schw

ein

(im

D�n

ndar

m)

mei

stas

ympt

omat

isch

bis

gele

gent

lich

wec

hsel

nde

Dur

chf�

lle,a

bdom

inal

e

Bes

chw

erde

n

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 274

260 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 275: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

11Fi

lari

osen

–ly

mph

atis

che

Fila

rios

e,

Ele

phan

tias

is

Wuch

eria

ban

croft

i

trop

isch

eL

�nde

r3–

16M

onat

eM

ensc

h

(ein

ige

Bru

gia-

Err

eger

auch

in

Aff

enun

d

Hau

stie

ren)

Stic

hin

fizi

erte

rA

rthr

opod

enak

ute

Phas

e:re

zidi

vier

ende

s

Fieb

erm

itLy

mph

angi

tis,

-ade

niti

s,Ly

mph

knot

en-

schw

ellu

ngen

(Fila

rien

fieb

er),

abdo

min

ale

Bes

chw

erde

n,

Orc

hiti

s;ch

roni

sch:

Lym

ph-

stau

ung,

Lym

phçd

em

(Ele

phan

tias

is)

Bru

gia

mal

ayi

S�d-

,S�d

ost-

,

Ost

asie

n

8–16

Mon

ate

rezi

divi

eren

deLy

mph

angi

tis,

-ade

niti

s,vo

ral

lem

anE

xtre

-

mit

�ten

Bru

gia

tim

ori

Indo

nesi

en

–L

oias

is,A

ugen

wur

m

Loa

loa

afri

kani

sche

r

Reg

enw

ald

>6

Mon

ate

init

iale

Lok

alre

akti

onau

f

Lar

ven;

durc

hw

ande

rnde

adul

teW

�rm

ervo

r�be

r-

gehe

nde

loka

le�

dem

e(z

um

Bei

spie

lCal

abar

-Sch

wel

lun-

gen,

unte

ran

dere

mpe

rior

bi-

tal)

,Wur

mge

lege

ntlic

h

sich

tbar

inde

rK

onju

nkti

va.

–O

ncho

zerk

ose,

Flus

sblin

dhei

t

Onch

oce

rka

volv

ulu

s

trop

isch

esA

frik

a,

Lat

eina

mer

ika,

Jem

en

>1

Jahr

a)su

bkut

ane

Kno

ten

um

Adu

ltw

�rm

er(O

ncho

zer-

kom

e);d

urch

Mik

rofi

la-

rien

ausg

elçs

t

Fort

setz

ung

aufn

�chs

ter

Seit

e

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 275

Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 261

Page 276: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Fort

setz

ung

von

vori

ger

Seit

e

Lfd

.

Nr.

Kra

nkhe

it

Err

eger

Vor

kom

men

Inku

bati

ons-

oder

Pr�-

pate

nzze

it*

Res

ervo

irIn

fekt

ions

weg

eK

rank

heit

sbil

d

b)O

ncho

derm

atit

is,L

ym-

phad

enop

athi

e

c)A

ugen

l�si

onen

(in

alle

n

Abs

chni

tten

mçg

lich)

Man

sonel

last

repto

cera

Man

sonel

laper

stan

s

trop

isch

esA

frik

a6–

12M

onat

eof

tsym

ptom

los,

unsp

ezif

isch

e

alle

rgis

che

Ers

chei

nung

en,

abdo

min

ale

Bes

chw

erde

nM

anso

nel

laozz

ardi

S�d-

und

Mit

tel-

amer

ika

12Fl

eckf

iebe

r

–T

yphu

sex

anth

emic

us

Ric

kett

sia

prow

azek

i

S�d-

,Mit

tela

me-

rika

,Afr

ika,

Asi

en

10–1

4T

age

Men

sch,

Nag

er

tran

sder

mal

eIn

okul

atio

nau

s

erre

gerh

alti

gem

L�u

seko

t

hohe

sFi

eber

,Kop

f-,M

uske

l-,

Glie

ders

chm

erze

n,E

xant

hem

,

Lym

phkn

oten

schw

ellu

ngen

,

gele

gent

lich

h�m

orrh

agis

che

Kom

plik

atio

nen,

Myo

kard

i-

tis;

Rez

idiv

noch

nach

Jahr

en

mçg

lich

(Bri

ll-Z

inse

r-K

rank

-

heit

)

–T

yphu

sm

urin

us

Ric

ket

tsia

typhim

uri

um

(syn

onym

Ric

ket

tsia

moose

ri)

Tro

p.G

ebie

tein

Vie

tnam

,Tha

iland

,

Mex

iko,

Gua

te-

mal

a,�

gypt

en,

�th

iopi

en,B

irm

a,

Indo

nesi

en,P

akis

-

tan,

Chi

naun

d

Aus

tral

ien

Rat

teA

ussc

heid

ung

erre

gerh

alti

ger

Faec

esvo

nR

atte

nflç

hen

beim

Saug

akt

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 276

262 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 277: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 277

–R

ocky

Mou

ntai

nsp

otte

d

feve

r

(Neu

e-W

elt-

Flec

kfie

ber)

Ric

ket

tsia

rick

etts

ii

Nor

d-un

dS�

d-

amer

ika

3–14

Tag

ew

ilde

Nag

er,

Hun

d,

Zec

ken

Zec

kenb

iss

asym

ptom

atis

chbi

ssc

hwer

;

sich

tbar

ePr

im�r

l�si

on

(Esc

har)

,bei

Fiv

rebo

uton

-

neus

e:an

der

Bis

sste

lle„t

ache

noir

“.A

llgem

eine

Sym

ptom

e

wie

oben

,Exa

nthe

m,Z

NS-

Bet

eilig

ung,

Ger

innu

ngs-

stçr

unge

n

–Fi

vre

bout

onne

use

(unt

eran

dere

mA

lte-

Wel

t-

Flec

kfie

ber)

Ric

ket

tsia

conori

Ric

ket

tsia

conori

vari

etas

pij

per

i

Mit

telm

eerr

aum

,

Afr

ika,

Asi

en

1W

oche

wild

eN

ager

–Q

ueen

slan

d-Z

ecke

n-Fi

eber

Ric

ket

tsia

aust

rali

s

Aus

tral

ien

3–14

Tag

eB

eute

ltie

r,

wild

eN

ager

–N

orda

siat

isch

esZ

ecke

n-

fieb

er

Ric

ket

tsia

sibir

ica

Sibi

rien

,Mon

gole

iw

ilde

Nag

er

13Fr

ambç

sie

(Yaw

s)

Tre

ponem

apal

lidum

Subsp

ecie

sper

tenue

Gha

na,T

ogo,

Ben

in,S

eneg

al,

Bur

kina

Faso

,

Elf

enbe

ink�

ste,

Nig

eria

,Sur

inam

,

Kol

umbi

en,E

kua-

dor,

Bra

silie

n,

Kar

ibis

che

Inse

ln

3–4

Woc

hen

Men

sch

dire

kter

Kon

takt

(Sch

mie

rinf

ekti

on)

Prim

�rl�

sion

:gra

nulo

mat

çse

Hau

tl�s

ion;

Seku

nd�r

l�si

on:

mul

tipl

eju

cken

dePa

peln

(Fra

mbç

siom

e),h

�ufi

gsc

hub-

wei

se,P

erio

stit

is;T

erti

�rl�

-

sion

:Ost

eiti

s,K

noch

ende

-

stru

ktio

n,ul

zerç

segu

mm

çse

L�s

ion,

Rhi

noph

aryn

giti

s

mut

ilans

(so

gena

nnte

Gan

-

gosa

)

Fort

setz

ung

aufn

�chs

ter

Seit

e

Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 263

Page 278: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 278

Fort

setz

ung

von

vori

ger

Seit

e

Lfd

.

Nr.

Kra

nkhe

it

Err

eger

Vor

kom

men

Inku

bati

ons-

oder

Pr�-

pate

nzze

it*

Res

ervo

irIn

fekt

ions

weg

eK

rank

heit

sbil

d

14F�

nfta

gefi

eber

(Wol

hyni

sche

sFi

eber

)

Bar

tonel

laquin

tana

Afr

ika

(Ost

-),

Eur

opa,

Nor

d-un

d

S�da

mer

ika

10–3

0T

age

Men

sch

�ber

trag

endu

rch

infi

zier

te

Kle

ider

laus

peri

odis

chre

zidi

vier

ende

Fie-

bera

nf�l

leal

le4

bis

5T

age,

selt

enE

ndok

ardi

tis

Oro

ya-F

iebe

r

(Car

rion

-Kra

nkhe

it)

Bar

tonel

labac

illifo

rmis

Bol

ivie

n,C

hile

,

Eku

ador

,Kol

um-

bien

,Per

u

�ber

trag

endu

rch

infi

zier

te

Phle

boto

men

akut

:rez

idiv

iere

ndes

Fieb

er,

H�m

olys

e

Sp�t

stad

ium

:Ver

ruga

peru

ana

15G

elbf

iebe

r

Gel

bfi

eber

-Vir

us

(Fla

vivi

rus)

–sy

lvat

isch

es(D

schu

ngel

-)

Afr

ika

(zw

isch

en

dem

15.G

rad

nçrd

l.un

dde

m

10.G

rad

s�dl

.

Bre

ite)

,nçr

dlic

he

H�l

fte

S�da

me-

rika

s

3–6

Tag

eA

ntilo

pen,

Aff

en

Stic

hin

fizi

erte

rA

edes

-

M�c

ken

biph

asis

cher

Ver

lauf

,

1.Ph

ase:

hohe

sFi

eber

,Kop

f-,

Glie

ders

chm

erze

n,re

lati

ve

Bra

dyka

rdie

,beg

inne

nde

Blu

-

tung

snei

gung

(rot

ePh

ase)

;

kurz

eR

emis

sion

;2.

Phas

e:

zune

hmen

der

Ikte

rus,

Blu

-

tung

snei

gung

(Hau

t,G

au-

men

),L

eber

-und

Nie

renv

er-

sage

n

–ur

bane

s(S

tadt

-)G

elbf

iebe

rM

ensc

h

264 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 279: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

16H

isto

plas

mos

e,af

rika

nisc

he

His

topla

sma

capsu

latu

m

vari

etas

dubois

ii

Am

erik

a,E

urop

a,

Asi

en,A

frik

a

10–1

8T

age

nich

tsic

her

beka

nnt,

verm

ut-

lich

inha

lati

vdu

rch

koni

dien

-

halt

igen

Stau

b

gran

ulom

atçs

eV

er�n

de-

rung

enan

Hau

t,Sc

hlei

mha

ut;

oste

omye

litis

che

Her

de;

h�m

atog

ene

Gen

eral

isat

ion

(Sys

tem

myk

ose)

17Ja

pan-

Enz

epha

liti

s

JE-V

irus

(Fla

vivi

rus)

Ost

-und

S�do

st-

asie

n,G

US-

Staa

-

ten,

Indi

en

5–15

Tag

eSc

hwei

ne,

Vçg

el,

Pfer

de

Stic

hin

fizi

erte

rSt

echm

�cke

n,

insb

eson

dere

Cul

ex-,

Ano

phe-

les-

,Aed

es-A

rten

grip

pale

/gas

troi

ntes

tina

le

Prod

rom

i,da

nach

men

ingi

ti-

sche

oder

enze

phal

itis

che

Sym

ptom

e

18K

rim

-Kon

go-F

iebe

r

CC

HF-V

irus

Kri

m,A

fgha

nist

an,

Bul

gari

en,U

ngar

n,

Chi

na,I

rak,

Iran

,

Paki

stan

,Syr

ien,

Kos

ovo,

Kon

go,

Ken

ia,U

gand

a

7–12

Tag

eW

ild-u

nd

Hau

stie

re,

Zec

ken

Zec

kenb

iss

grip

pale

Allg

emei

nsym

ptom

e,

rem

itti

eren

des

Fieb

er.K

om-

plik

atio

n:m

assi

veH

�mor

rha-

gien

,Mul

tior

ganv

ersa

gen

(ins

beso

nder

eL

eber

)

19L

assa

-Fie

ber

Las

savi

rus

Tro

pisc

hes

(vor

alle

mW

est-

)Afr

ika

6–21

Tag

eN

aget

iere

,

haup

ts�c

hlic

h

Vie

lzit

zen-

ratt

e(M

as-

tom

ys

nata

lens

is)

prim

�r�b

erin

fekt

içse

nN

age-

tier

urin

,sp�

ter

von

Men

sch

zuM

ensc

hdu

rch

enge

nkç

r-

perl

iche

nK

onta

kt(B

lut,

beso

nder

sU

rin)

Ver

lauf

h�uf

igsu

bklin

isch

,

schl

eich

ende

rB

egin

nm

itFi

e-

ber,

Phar

yngi

tis,

Ges

icht

s-

çdem

.Kom

plik

atio

n:sc

hwer

e

allg

emei

neSy

mpt

ome

mit

Blu

tung

snei

gung

inal

len

Org

anen

,ZN

S-B

etei

ligun

g

Fort

setz

ung

aufn

�chs

ter

Seit

e

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 279

Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 265

Page 280: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 280

Fort

setz

ung

von

vori

ger

Seit

e

Lfd

.

Nr.

Kra

nkhe

it

Err

eger

Vor

kom

men

Inku

bati

ons-

oder

Pr�-

pate

nzze

it*

Res

ervo

irIn

fekt

ions

weg

eK

rank

heit

sbil

d

20L

eish

man

iose

Lei

shm

anie

n

kuta

neL

eish

man

iose

(Ori

entb

eule

,Ale

ppob

eule

,

Chi

cler

o-U

lkus

,Uta

)

Lei

shm

ania

tropic

a,

Lei

shm

ania

maj

or,

Lei

shm

ania

aeth

iopic

a,

und

ander

em

ehr

Asi

en,V

orde

rer

Ori

ent,

Ost

afri

ka,

Mit

telm

eerr

aum

(2)4

–6(8

)

Woc

hen

Nag

etie

re,

Men

sche

n

infe

ktiç

sePh

lebo

tom

enst

iche

einz

elne

oder

mul

tipl

e,z.

T.

nekr

otis

che

Hau

tl�s

ione

n,

z.T.

rezi

divi

eren

d;N

arbe

nbil-

dung

visz

eral

eL

eish

man

iose

(Kal

a-A

zar)

Lei

shm

ania

donova

ni,

Lei

shm

ania

infa

ntu

m,

Lei

shm

ania

chag

asi

Indi

en,P

akis

tan,

Chi

na,V

orde

rer

Ori

ent,

Mit

tel-

mee

rrau

m,O

st-

afri

ka,M

itte

l-un

d

S�da

mer

ika

Hun

de,

Men

sch

lang

sam

fort

schr

eite

nde

schw

ere

Allg

emei

nerk

ran-

kung

,rez

idiv

iere

ndes

Fieb

er,

Kac

hexi

e,H

epat

ospl

enom

e-

galie

,Pan

zyto

peni

e,H

yper

-

pigm

enti

erun

g

muk

okut

ane

Lei

shm

anio

se

(Esp

undi

a)

Lei

shm

ania

bra

zili

ensi

s,

Lei

shm

ania

mex

ican

a,

Lei

shm

ania

dif

fuse

und

ander

em

ehr

Mit

tel-

und

S�d-

amer

ika

2–6

Mon

ate

Hun

de,

Nag

etie

re

kuta

neL

�sio

nen

mit

lym

pho-

h�m

atog

ener

Aus

saat

,mas

siv

ents

telle

nde

z.T.

lebe

ns-

bedr

ohlic

heA

ffek

tion

envo

n

Hau

tund

Schl

eim

haut

(Nas

e/

Mun

d)

266 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 281: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

21L

epra

Myc

obac

teri

um

lepra

e

Geb

iete

mit

schl

echt

enH

ygie

-

nebe

ding

unge

nvo

r

alle

min

Asi

en,

Afr

ika,

Lat

eina

me-

rika

9M

onat

e–

20Ja

hre

Men

sch

Trç

pfch

en-o

der

Schm

ier-

infe

ktio

ndu

rch

infe

ktiç

ses

Nas

ense

kret

beie

ngem

Kon

-

takt

tube

rkul

oide

Lep

ra:(

bei

inta

kter

Imm

unan

twor

t)gr

a-

nulo

mat

çse,

sens

ibili

t�ts

-

gest

çrte

Hau

tl�s

ione

n,V

er-

dick

ung

peri

pher

erN

erve

n

(oft

N.u

lnar

is)F

olge

:sen

sori

-

sche

,mot

oris

che,

auto

nom

e

Aus

f�lle

,chr

onis

cher

Ver

lauf

;

Bor

derl

ine

Lep

ra:i

nde

rR

egel

Bef

allp

erip

here

rN

erve

n,

viel

gest

alti

g,Z

wis

chen

form

en

unte

rsch

iedl

iche

rA

uspr

�-

gung

;lep

rom

atçs

eL

epra

:

knot

ige,

infi

ltra

tive

Hau

tl�-

sion

en,f

l�ch

enar

tige

Ver

-

dick

ung

der

Ges

icht

shau

t(Fa

-

cies

leon

tina

),U

lzer

atio

nen

imB

erei

chvo

nH

aut,

Kno

r-

pel,

Kno

chen

;Sen

sibi

lit�t

sver

-

lust

,Ver

st�m

mel

unge

n

(Lep

ram

utila

ns);

Allg

emei

n-

erkr

anku

ngbe

ifeh

lend

er

Imm

unan

twor

t.

Fort

setz

ung

aufn

�chs

ter

Seit

e

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 281

Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 267

Page 282: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 282

Fort

setz

ung

von

vori

ger

Seit

e

Lfd

.

Nr.

Kra

nkhe

it

Err

eger

Vor

kom

men

Inku

bati

ons-

oder

Pr�-

pate

nzze

it*

Res

ervo

irIn

fekt

ions

weg

eK

rank

heit

sbil

d

22M

alar

ia

Mal

aria

trop

ica

Pla

smodiu

mfa

lcip

arum

Afr

ika

(bes

.s�d

l.

der

Saha

ra),

S�d-

und

Mit

tela

mer

ika,

Pazi

fikr

egio

n,S�

d-

und

S�do

stas

ien

7–15

Tag

e

bis

3M

onat

e,

Rek

rude

szen

z

bis

zuet

wa

1

Jahr

mçg

lich

Men

sch

Stic

hde

rin

fizi

erte

nA

noph

e-

les-

M�c

ke

hohe

sFi

eber

,Sch

�tte

lfro

st,

Kop

f-u.

Glie

ders

chm

erze

n,

gast

ro-i

ntes

tina

leSy

mpt

ome;

Kom

plik

atio

nen:

h�m

olyt

i-

sche

An�

mie

,Thr

ombo

peni

e,

Hyp

ogly

k�m

ie,n

ephr

otis

ches

Synd

rom

,zer

ebra

leM

alar

ia;

pr�t

erm

inal

esM

ulti

orga

nver

-

sage

n

Mal

aria

tert

iana

Pla

smodiu

mvi

vax,

Pla

smodiu

mova

le

12T

age

bis

18M

onat

e,

Rek

rude

szen

z

noch

nach

viel

enJa

hren

mçg

lich

Fieb

eran

f�lle

mit

typi

sche

r

Peri

odiz

it�t

,allg

emei

ne

Sym

ptom

ew

ieM

alar

iatr

o-

pica

,abe

rsc

hw�c

her,

zune

h-

men

deSp

leno

meg

alie

Mal

aria

quar

tana

Pla

smodiu

mm

alar

iae

23M

arbu

rg-V

irus

-Fie

ber

Mar

burg

-Vir

us

(Filo

viru

s)

Zen

tral

afri

ka4–

16T

age

Prim

aten

,

ursp

r.G

r�ne

Mee

rkat

ze

(Cer

copi

-

thec

usae

t-

hiop

s)

hoch

infe

ktiç

s,K

onta

ktin

fek-

tion

durc

hvi

rush

alti

ges

Mat

e-

rial

(Blu

t,A

ffen

orga

ne),

Aff

ezu

Men

sch,

Men

sch

zuM

ensc

h

hoch

fieb

erha

ltig

es,s

chw

eres

Kra

nkhe

itsb

ildm

itM

yalg

ien,

Kop

fsch

mer

zen,

gast

roin

tes-

tina

len

Sym

ptom

en,g

ener

ali-

sier

tem

Exa

nthe

m,s

p�te

r

schw

erst

eH

�mor

rhag

ien,

Kom

a,M

ulti

orga

nver

sage

n

268 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 283: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 283

24M

yzet

om(M

adur

afuß

)

bakt

erie

ll:

durc

hve

rsch

iede

nePi

lzar

ten

Afr

ika,

S�da

sien

,

Mit

tela

mer

ika

Woc

hen

oder

Mon

ate

Sava

nnen

ge-

biet

em

itvo

r-

herr

sche

ndem

Aka

zien

be-

wuc

hs

Inok

ulat

ion

der

Err

eger

indi

e

Hau

t

subk

utan

eM

ykos

em

itFi

stel

-

bild

ung,

Aus

brei

tung

auf

Mus

kula

tur,

Kno

chen

und

selt

enly

mph

ogen

(spo

rotr

i-

choi

deV

aria

nte)

25O

pist

horc

hias

is

Opis

thorc

his

vive

rrin

i,

Clo

norc

his

sinen

sis

(chin

esis

cher

Leb

ereg

el)

Chi

na,S

�dos

t-

asie

n,

Inku

bati

on

1–3

Woc

hen,

Pr�p

aten

z

eini

ge

Woc

hen

Men

sch,

Hun

d,

Kat

ze,

Schw

ein

Ver

zehr

rohe

rko

ntam

inie

rter

S�ßw

asse

rfis

che

(aus

f�ka

l

kont

amin

iert

enFi

scht

eich

en)

akut

esSt

adiu

m:F

iebe

r,

Dur

chfa

ll,ep

igas

tris

che

Bes

chw

erde

n(s

elte

n);c

hro-

nisc

hes

Stad

ium

:unc

hara

kte-

rist

isch

ein

test

inal

e

Bes

chw

erde

nin

folg

eV

er-

legu

ngde

rG

alle

ng�n

ge(i

nter

-

mit

tier

ende

Cho

lest

ase)

,gel

e-

gent

lich

Seku

nd�r

infe

ktio

n

Opis

thorc

his

feli

neu

s

(Kat

zenle

ber

egel

)

Eur

asie

n,Z

entr

al-,

Ost

-und

S�do

st-

euro

pa

26Pa

rago

nim

iasi

s

Par

agonim

us

wes

term

ani,

Par

agonim

us

afri

canus,

Par

agonim

us

mex

ican

us

(Lunge

neg

el)

S�do

stas

ien,

Wes

t-

afri

ka,S

�dam

erik

a

Inku

bati

on

Tag

e–

Woc

hen,

Pr�p

aten

z

8–10

Woc

hen

Men

sch,

Schw

ein,

Kar

-

nivo

ren

Ver

zehr

von

infe

ktiç

sen

rohe

n

Mee

resf

r�ch

ten/

Flei

sch

(Sch

wei

n,W

ildsc

hwei

n,

Kan

inch

en,H

�hne

r),

Schm

ieri

nfek

tion

,kon

tam

i-

nier

tes

Tri

nkw

asse

r

akut

es(M

igra

tion

s-)S

tadi

um

(sel

ten)

:Fie

ber,

unch

arak

te-

rist

isch

eal

lgem

eine

und

alle

r-

gisc

heSy

mpt

ome,

Hus

ten,

Dys

pnoe

;chr

onis

ches

pulm

o-

nale

sSt

adiu

m(n

ach

Mon

a-

ten)

:chr

onis

cher

Hus

ten,

blut

igti

ngie

rtes

Sput

um;

ekto

pisc

heFo

rmen

:abd

omi-

nale

,zer

ebra

le,k

utan

ePa

ra-

goni

mia

sis

Fort

setz

ung

aufn

�chs

ter

Seit

e

Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 269

Page 284: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Fort

setz

ung

von

vori

ger

Seit

e

Lfd

.

Nr.

Kra

nkhe

it

Err

eger

Vor

kom

men

Inku

bati

ons-

oder

Pr�-

pate

nzze

it*

Res

ervo

irIn

fekt

ions

weg

eK

rank

heit

sbil

d

27O

roya

-Fie

ber

sieh

eun

ter

14.

28Pe

st

Yer

sinia

pes

tis

Beu

lenp

est,

Bub

onen

pest

Her

dgeb

iete

in

Afr

ika

(Ang

ola,

Kon

go,M

adag

as-

kar,

S�da

frik

a,

Tan

sani

a),A

me-

rika

(Bra

silie

n,

Peru

,USA

),A

sien

(Chi

na,K

asac

hs-

tan,

Mon

gole

i,

Mya

nmar

,Vie

t-

nam

,Ind

ien)

2–8

Tag

ew

ildle

bend

e

Nag

er,s

elte

n

Kat

ze,H

und

Stic

hin

fizi

erte

rN

aget

ier-

oder

Men

sche

nflç

he,

regi

onal

esc

hmer

zhaf

teLy

m-

phad

enit

is(B

ubon

en);

sept

i-

k�m

isch

erV

erla

uf:h

ochf

ie-

berh

afte

Allg

emei

nerk

ran-

kung

mit

Kop

f-un

d

Glie

ders

chm

erze

n,H

�mor

-

rhag

ie,M

yoka

rdit

is,M

enin

-

goen

zeph

alit

is

prim

�re

Lun

genp

est

(1)2

–4T

age

Trç

pfch

enin

fekt

ion

bei

Pest

pneu

mon

ie

fulm

inan

ter

Ver

lauf

:mit

blu-

tig-

serç

sem

Sput

um(h

och-

kont

agiç

s!),

Dys

pnoe

,

Scho

ck,L

unge

nver

sage

n

29R

ift-

Tal

-Fie

ber

Rif

t-V

alle

y-Fie

ber

-Vir

us

foka

lin

Geb

iete

n

vor

alle

mZ

entr

al-

und

s�dl

iche

s

Afr

ika,

gele

gent

lich

Epi

dem

ien

in

�gy

pten

2–6

Tag

eW

iede

rk�u

er:

beso

nder

s

Scha

f,R

ind

dire

kter

Kon

takt

(Blu

t,

Org

ane)

mit

infi

zier

ten

Tie

ren,

aero

gen

mei

stku

rze

fieb

erha

fte

Erk

rank

ung

mit

grip

pe�h

n-

liche

nSy

mpt

omen

;sel

ten

h�m

orrh

agis

cher

oder

enze

phal

itis

cher

Ver

lauf

,

Hep

atop

athi

e;ge

lege

ntlic

h

Uve

o-R

etin

opat

hie

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 284

270 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 285: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

30Sc

hist

osom

iasi

s

(Bilh

arzi

ose)

–ur

ogen

ital

eSc

hist

osom

iasi

s

Schis

toso

ma

hae

mat

obiu

m

Afr

ika,

Nah

er

Ost

en,I

ndie

n

1–2

Tag

e

(Zer

kari

en-

derm

atit

is)

Inva

sion

ssta

dium

2–8

Woc

hen

Pr�p

aten

z

(Eia

ussc

heid

ung)

ab30

–40

Tag

e

typi

sche

Sym

ptom

e

nach

10–1

2

Woc

hen

Men

sch

infe

ktiç

seZ

erka

rien

pene

-

trie

ren

die

Hau

tdes

Men

-

sche

nim

Was

ser

loka

leZ

erka

rien

derm

atit

is

(sel

ten)

,Inv

asio

nsst

adiu

mm

it

vor

alle

mal

lerg

isch

enA

ll-

gem

eins

ympt

omen

(Kat

aya-

ma-

Synd

rom

vor

alle

mSc

his-

toso

ma

japo

nicu

m);

gege

bene

nfal

lsbe

reit

str

ans-

vers

eM

yelit

is.C

hron

isch

es

Stad

ium

:

–ur

o-ge

nita

leSc

hist

osom

ia-

sis:

Dys

h�m

atur

ie,o

bstr

uk-

tive

Uro

path

ie,B

lase

nkar

-

zino

m,g

enit

ale

Schi

stos

omia

sis

beiF

raue

n;

–in

test

inal

eSc

hist

osom

iasi

s:

inte

rmit

tier

ende

abdo

mi-

nale

Bes

chw

erde

n,al

l-

gem

eine

Schw

�che

,Hep

a-

tosp

leno

meg

alie

;

–he

pato

liena

leSc

hist

oso-

mia

sis:

Hep

atos

plen

omeg

a-

lie,Z

eich

enpo

rtal

erH

yper

-

tens

ion;

–in

test

inal

eSc

hist

osom

iasi

s

Schis

toso

ma

man

soni

trop

isch

esA

frik

a,

Kar

ibik

,s�d

ame-

rika

nisc

heO

st-

k�st

e,fo

kale

Her

de

imN

ahen

Ost

en

Schis

toso

ma

inte

rcal

atum

Zen

tral

-und

Wes

tafr

ika

Schis

toso

ma

japonic

um

Ost

asie

n

Schis

toso

ma

mek

ongi

Lao

s,K

ambo

dsch

a

–he

pato

liena

le

Schi

stos

omia

sis

Schis

toso

ma

japonic

um

Ost

asie

nR

ind,

Schw

ein,

Was

serb

�ffe

l

Schis

toso

ma

man

soni

Tro

pisc

hes

Afr

ika,

Kar

ibik

,Ost

k�st

eS�

d-

amer

ika,

foka

leH

erde

Nah

erO

sten

Fort

setz

ung

aufn

�chs

ter

Seit

e

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 285

Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 271

Page 286: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 286

Fort

setz

ung

von

vori

ger

Seit

e

Lfd

.

Nr.

Kra

nkhe

it

Err

eger

Vor

kom

men

Inku

bati

ons-

oder

Pr�-

pate

nzze

it*

Res

ervo

irIn

fekt

ions

weg

eK

rank

heit

sbil

d

–ze

ntra

lner

vçse

Schi

stos

o-

mia

sis:

(vor

alle

mbe

iSch

is-

toso

ma

japo

nicu

m)v

or

alle

mze

rebr

ale

Her

dsym

p-

tom

e;

–m

yelit

isch

eFo

rm:(

vor

alle

mbe

iSch

isto

som

aha

e-

mat

obiu

mun

dm

anso

ni):

zum

Tei

lint

erm

itti

eren

de,

tran

sver

seM

yelit

is,u

nter

Um

st�n

den

Que

rsch

nitt

s-

sym

ptom

atik

;

–ka

rdio

-pul

mon

ale

Form

:

vor

alle

mbe

ihep

atol

iena

ler

Schi

stos

omia

sis;

pulm

onal

e

Hyp

erto

nie,

Cor

pulm

o-

nale

272 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 287: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

31St

.-L

ouis

-Enz

epha

liti

s

SLE

-Vir

us

(Fla

vivi

rus)

USA

1–2

Woc

hen

Vçg

el,

Fled

erm

�use

Stic

hin

fizi

erte

rM

�cke

n

(Cul

ex-A

rten

)

Men

ingo

-Enz

epha

litis

,

Men

ingi

tis,

Enz

epha

lom

yelit

is

32T

rach

om

Chla

myd

iatr

achom

atis

Sero

vare

A,B

,Ba

und

C

Afr

ika,

Ara

bien

,

Indi

en,S

�dos

tasi

en

sow

iein

klei

nen

Geb

iete

nin

S�d-

amer

ika,

Aus

t-

ralie

nun

dau

fden

Pazi

fisc

hen

Inse

ln

48St

unde

nM

ensc

hSc

hmie

r-un

dK

onta

ktin

fek-

tion

schw

ere

(blin

ding

trac

hom

a)

und

leic

hte

(non

blin

ding

tra-

chom

a)lo

kale

Ent

z�nd

ung

der

Aug

en,v

erm

ehrt

erT

r�-

nenf

luss

und

eitr

iges

Sekr

et,

chro

nisc

heK

erat

okon

junk

ti-

viti

s,na

rbig

eV

er�n

deru

ngen

der

Kor

nea

(Erb

lindu

ngna

ch

Jahr

zehn

ten)

,der

Kon

junk

-

tiva

,Vas

kula

risa

tion

(Pan

-

nus)

,Tri

chia

sis

und

Ent

ro-

pium

33T

rypa

noso

mia

sis

(Sch

lafk

rank

heit

)

–w

esta

frik

anis

che

Try

pano

-

som

iasi

s

Try

pan

oso

ma

bru

ceig

am-

bie

nse

herd

fçrm

igin

Wes

t-un

dZ

entr

al-

afri

ka(a

nFl

uss-

ufer

n)

nach

2–5

Tag

enPr

im�r

-

affe

kt,

Para

sit�

mie

2–3

Woc

hen

Hau

ssch

wei

n,

Hun

d,

Men

sch

Err

eger

inok

ulat

ion

durc

h

Stic

hvo

nFl

iege

nde

r

Glo

ssin

a-pa

lpal

is-G

rupp

e

(Tse

tsef

liege

)

1.)P

rim

�raf

fekt

anSt

ichs

telle

(„T

rypa

noso

men

scha

nker

“)

2.)a

kute

Phas

e:(h

aem

olym

-

phat

isch

esSt

adiu

m):

rezi

di-

vier

ende

sFi

eber

,Lym

phkn

o-

tens

chw

ellu

ngv.

a.nu

chal

Fort

setz

ung

aufn

�chs

ter

Seit

e

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 287

Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 273

Page 288: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Fort

setz

ung

von

vori

ger

Seit

e

Lfd

.

Nr.

Kra

nkhe

it

Err

eger

Vor

kom

men

Inku

bati

ons-

oder

Pr�-

pate

nzze

it*

Res

ervo

irIn

fekt

ions

weg

eK

rank

heit

sbil

d

–os

tafr

ikan

isch

eT

rypa

noso

-

mia

sis

Try

pan

oso

ma

bru

ceir

hode-

sien

se

herd

fçrm

ig(v

or

alle

min

Sava

nnen

-

gebi

eten

)Ost

-und

Zen

tral

afri

kas

Ant

ilope

,

Rin

d

wie

oben

durc

hFl

iege

nde

r

Glo

ssin

a-m

orsi

tans

-Gru

ppe

(Win

terb

otto

mze

iche

n),S

ple-

nom

egal

ie,k

ardi

ale

Man

ifes

-

tati

onun

ter

ande

reun

char

ak-

teri

stis

che

Sym

ptom

e

3.)m

enin

go-e

nzep

halit

isch

es

Stad

ium

:Zei

chen

eine

rch

ro-

nisc

hen

Enz

epha

litis

mit

Schl

afst

çrun

gen,

men

tale

n,

psyc

hom

otor

isch

enun

dne

u-

rolo

gisc

hen

Stçr

unge

n;fi

nale

s

Kom

a

–am

erik

anis

che

Try

pano

so-

mia

sis

(Cha

gas-

Kra

nkhe

it)

Try

pan

oso

ma

cruzi

Mit

tel-

und

S�d-

amer

ika,

vor

alle

m

inSl

um-R

egio

nen

2–4

Woc

hen

(Beg

inn

Para

-

sit�

mie

)

Men

sch,

Hau

stie

r,

Opo

ssum

,

G�r

telt

ier

tran

skut

andu

rch

Ein

reib

en

infi

zier

ten

Kot

sde

rR

aub-

wan

ze(s

elte

ndi

rekt

durc

h

Blu

t-od

erO

rgan

spen

den)

1.)

ande

rE

intr

itts

stel

le

(mei

stpe

rior

bita

l)�

dem

,

Rçt

ung,

loka

leLy

mph

-

knot

ensc

hwel

lung

(Ro-

man

a-Sy

ndro

m)o

der

Cha

gom

.

2.)

akut

ePh

ase

(Par

asit

�-

mie

):m

itun

char

akte

rist

i-

sche

nSy

mpt

omen

(Fie

ber,

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 288

274 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 289: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 289

Lym

phkn

oten

schw

ellu

n-

gen,

kard

iale

Sym

ptom

e;

unte

ran

dere

mE

xan-

them

)

3.)

chro

nisc

hes

Stad

ium

(10–

30Ja

hre

post

infe

k-

tion

em):

Kar

diom

yo-

path

ie,M

egao

rgan

bil-

dung

imB

erei

chde

s

Gas

troi

ntes

tina

ltra

ktes

;

gele

gent

lich

neur

olog

i-

sche

Stçr

unge

n;L

unge

n-

bete

iligu

ng

34T

suts

ugam

ushi

-Fie

ber

Ric

ket

tsia

ori

enta

lis

Asi

en,A

ustr

alie

n,

Pazi

fisc

heIn

seln

4Ta

gebi

s

3W

oche

n

Nag

er,V

çgel

,

Milb

en

infe

ktiç

seM

ilben

arte

nPr

im�r

l�si

on,h

ohes

Fieb

er,

Kop

f-un

dG

liede

rsch

mer

zen,

Exa

nthe

m,L

ymph

aden

itis

,

ZN

S-B

etei

ligun

g

35W

est-

Nil

(e)-

Vir

us-F

iebe

r

Wes

t-N

ile-

Vir

us

Uga

nda,

�gy

pten

,

Isra

el,I

ndie

n,se

it

kurz

emau

chim

S�de

nde

rU

SA,

Mit

tela

mer

ika,

Kar

ibik

,Kan

ada

3–6

Tag

ew

ildle

bend

e

Vçg

el(T

au-

ben,

Kr�

hen)

,

Hal

baff

en,

Kam

el,P

ferd

,

Rin

d

Stic

hin

fizi

erte

rM

�cke

n

(Cul

ex-A

rten

)

Fieb

er(g

eleg

entl

ich

bi-o

der

meh

rpha

sig)

,Kop

f-,M

uske

l-

und

Gel

enks

chm

erze

n,ge

ne-

ralis

iert

eLy

mph

aden

itis

,gel

e-

gent

lich

ZN

S-B

etei

ligun

g

*Z

eitb

iszu

mA

uftr

eten

nach

wei

sbar

erG

esch

lech

tspr

oduk

tevo

nPa

rasi

ten

Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 275

Page 290: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

4 Erkrankungen der Atemwege und der Lunge,des Rippenfells und Bauchfells

Literaturhinweis:Klinik der Lungenkrankheiten (Knipping und Rink, 1964)Occupational Respiratory Diseases (Merchant, 1986)The Prevention of Occupational Respiratory Diseases (M�sch, 1996)Atemwegs- und Lungenerkrankungen (Breuer und Hanrath, 2002)Bioaerosole (K�mpfer, 2002)Schwebstoff und Staubinhaltsstoffe (Muhle, 2002)Respirationstrakt (Muhle und McClellan, 2004)Fasern (Muhle und Warheit, 2004)Occupational Respiratory Cancer (M�sch, 2005)Occupational Lung Cancer (Woitowitz und M�sch, 2005)

41 Erkrankungen durch anorganische St�ube

Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten Nr. 41 01 – Nr. 41 12 Anlage BKV

Literaturhinweis:Guidelines for the ILO International Classification of Radiographs of Pneumoconiosis (ILO, 2002)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 290

276 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 291: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 41 01 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 4/1998, 61–63

Quarzstaublungenerkrankung (Silikose)

Klinische Zuordnung:Pneumologie

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Die Quarzstaublungenerkrankung (Silikose) entsteht durch Einwirkung alveoleng�n-giger Staubpartikel*, die Quarz, Cristobalit oder Tridymit enthalten. Die Gef�hrdungw�chst mit der Zunahme der Staubkonzentration in der Atemluft, mit der Zunahmeder alveoleng�ngigen Staubfraktion*) sowie mit dem Gehalt an kristallinem Silizium-dioxid (SiO2) und mit der Expositionszeit (Valentin et al. 1985, Hnizdo und Sluis-Cremer 1993, Steenland und Brown 1995).

Gefahrenquellen sind z. B. die Gewinnung, Bearbeitung oder Verarbeitung vonSandstein, Quarzit, Grauwacke, Kieselerde (Kieselkreide), Kieselschiefer, Quarzit-schiefer, Granit, Porphyr, Bimsstein, Kieselgur, Steinkohle und keramischen Massen.Auch silikatisches Material kann, wenn freie kristalline Kiesels�ure darin enthaltenist, eine Gefahrenquelle sein, z. B. Talkum.

Gef�hrdet sind insbesondere Erz- (einschließlich Uranerz-) und Steinkohlebergleu-te, Tunnelbauer, Gußputzer, Sandstrahler, Ofenmaurer, Former in der Metallindustrieund Personen, die bei der Steingewinnung, -bearbeitung und -verarbeitung oder ingrob- und feinkeramischen Betrieben sowie in Dentallabors besch�ftigt sind.

II. Pathophysiologie

Quarzstaub zeichnet sich durch seine makrophagenzerstçrende Wirkung (Zytotoxizi-

t�t) und einen Lymphotropismus aus (Woitowitz in: Valentin et al. 1985). Staubparti-kel, die den Alveolarraum erreichen, werden von Alveolarmakrophagen phagozytiert,durch die physiologischen Reinigungsmechanismen in das Lungeninterstitium weiter-transportiert und bevorzugt in den Lymphknoten deponiert (Rom et al. 1991, Beck-lake 1994).

Phagozytierte Quarzpartikel aktivieren die Alveolarmakrophagen. Es kommt zuderen Proliferation und einer Alveolitis mit erhçhter Bildung von Sauerstoffradikalen,die eine direkte Parenchymsch�digung auslçsen kçnnen. Zus�tzlich werden z. T. zell-toxische Zytokine (z. B. Fibronektin, Tumor-Nekrose-Faktor oder Insulin like growthfactor) frei, die die Fibroblastenproliferation und deren Kollagensynthese stimulieren(Begin 1987, Ghio et al. 1990, Rom et al. 1987, Lapp et al. 1993, Becklake 1994,Vanhee et al. 1995).

Der typische silikotische Herd ist bei reiner Quarzstaubbelastung ein scharf abge-setztes, konzentrisch geschichtetes hyalin-schwieliges Knçtchen (Hartung und Seong

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 291

* -fr�here Bezeichnung: „Feinstaub“

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 277

Page 292: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Moon 1992). Diese, und infolge des lymphogenen Abtransportes auch die hil�renoder mediastinalen Lymphknoten, kçnnen verkalken (Eierschalensilikose) (Reichel1994).

Bei quarzarmen Mischst�uben, wie bei Einwirkung des Kohlegrubenstaubs, wer-den die Gewebsreaktionen wesentlich durch die Begleitst�ube mitgepr�gt. Es bildensich Granulationsgewebsm�ntel um die silikotischen Kerne, die einen breiten Saumvon Staubphagozyten aufweisen (Reichel 1994).

Dicht beisammenliegende Knçtchen konfluieren. Dadurch entstehen Ballungenund ausgedehnte Schwielen mit Auswirkung auf die Architektur des Parenchyms, derBronchien und der Gef�ße. Beim Fortschreiten der Silikose treten in der Regel zuneh-mend meßbare Stçrungen der Ventilation, Diffusion und Perfusion auf. Durch Ein-engung der Lungenstrombahn kann es zur Druckerhçhung im kleinen Kreislauf mitDruckbelastung des rechten Herzens und Rechtsherzhypertrophie kommen.

Funktionelle Auswirkungen kçnnen bei disseminiert feinherdigen Silikosen (pin-head- oder Kçrner-Typ) schwerwiegender sein als bei Silikosen mit grçßeren Herden(Ballungstyp), wenn diese nur vereinzelt vorhanden sind.

Heute beobachtet man vor allem die chronische Silikose, die sich im allgemeinensehr langsam �ber Jahrzehnte entwickelt (Balaan et al. 1993, Hnizdo und Sluis-Cremer 1993). Die Silikose kann auch nach Beendigung der gef�hrdenden Arbeit fort-schreiten oder erst in Erscheinung treten (Hessel et al. 1988, Balaan et al. 1993, Rei-chel 1994, Hnizdo und Sluis-Cremer 1993, Becklake 1994, Finkelstein 1994).

Akute Silikosen entwickeln sich rasch progredient nach sehr hoher Quarzstaub-exposition (Banks et al. 1983, Balaan et al. 1993).

III. Krankheitsbild und Diagnose

Die Diagnose ist nur aufgrund von Rçntgenaufnahmen der Lunge unter besondererBer�cksichtigung der Arbeitsanamnese einschließlich der Art und des Umfangs derStaubbelastung mçglich (Woitowitz in: Valentin et al. 1985, Balaan et al. 1993).

Die Thorax�bersichtsaufnahme in Hartstrahltechnik stellt auch nach Einf�hrungder computertomographischen Untersuchungsverfahren die Standardmethode derSilikosediagnostik dar. Die rçntgenologisch nachweisbaren Ver�nderungen werdennach der Internationale Staublungenklassifikation (ILO) 1980/Deutsche Version(Bohlig et al. 1981) beschrieben und bewertet (siehe Anhang). Computertomographi-sche Untersuchungen kçnnen in besonderen F�llen ungekl�rter Differentialdiagnoseoder zur Fr�herkennung unter besonderer Fragestellung, z. B. der Hilussilikose, ange-zeigt sein.

Bei einer Silikose kçnnen anf�nglich Beschwerden fehlen sowie Auskultations-,andere klinische und funktionsanalytische Befunde normal sein.

Das Fortschreiten des Krankheitsprozesses und die Entwicklung von Komplikatio-nen f�hren sp�ter zu Atemnot, und uncharakteristischen Symptomen von seiten desAtemtraktes wie Husten, Auswurf und gelegentlich auch Brustschmerz. Die Lungen-funktionspr�fung weist zun�chst infolge einer Verminderung von Vital- und Total-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 292

278 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 293: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

kapazit�t eine restriktive Ventilationsstçrung sowie eine Einschr�nkung der Dif-fusionskapazit�t nach. Bronchitische Komplikationen bewirken eine obstruktive Ven-tilationsstçrung, kenntlich an einer Erhçhung des Atemwegswiderstandes. In fort-geschrittenen Stadien kommt es zu einer arteriellen Hypox�mie (respiratorische

Partialinsuffizienz) und Hyperkapnie (respiratorische Globalinsuffizienz). Es kçnnenechokardiographisch eine Druckerhçhung im kleinen Kreislauf, eine chronischeRechtsherzbelastung sowie klinisch das Vollbild eines Cor pulmonale nachweisbarsein.

Beschwerden, klinische, radiologische und funktionelle Befunde kçnnen - ins-besondere in der Fr�hphase – erheblich voneinander abweichen. F�r die Beurteilungder Silikosefolgen ist daher die gesamte Befundkonstellation, insbesondere unter kçr-perlicher Belastung, zu beachten. Die Krankheitsfolgen werden entscheidend von denLungen- und Bronchialkomplikationen gepr�gt. Insbesondere beeinflussen eine sichentwickelnde chronische obstruktive Atemwegserkrankung und ein Cor pulmonale

Lebensqualit�t und Prognose (Reiche] 1994). Eine weitere Komplikation der schwe-ren Silikose mit bullçsem Emphysem ist der Pneumothorax (Hartung und SeongMoon 1992). Selten ist die Quarzstaublunge mit rheumatischen Affektionen (Caplan-Syndrom) und anderen kollagenen Erkrankungen (pulmonale Sklerodermie) ver-gesellschaftet. Der zugrundeliegende Pathomechanismus dieser koinzidierenden Er-krankungen konnte bislang nicht gekl�rt werden.

IV. Weitere Hinweise

Eine Anzeige wegen des Verdachts auf das Vorliegen einer Berufskrankheit Nr. 4101ist begr�ndet, wenn nach entsprechender Arbeitsanamnese rçntgenologisch rund-liche-Schattengebungen (p, q, r) mindestens das Ausmaß 1/1 erreichen.

Die �rztliche Beurteilung der Silikose einschließlich der rçntgenologisch gering-gradigen Form richtet sich nach der durch sie verursachten Beeintr�chtigung der Lun-genfunktion und des Herz-Kreislauf-Systems. Die Lungenfunktionsanalyse in Ruheund unter kçrperlicher Belastung ist dabei zum objektiven Nachweis der Beeintr�chti-gung unverzichtbar.

Chronische obstruktive Bronchitis, Lungenemphysem, Druckerhçhung im kleinenKreislauf mit Cor pulmonale u. a. kçnnen Folge der Silikose sein. Da Gesundheitsstç-rungen auch anderweitig als durch die Silikose verursacht sein kçnnen, ist die Fragedes urs�chlichen Zusammenhangs mit der Silikose sorgf�ltig zu pr�fen.

Differentialdiagnostisch m�ssen auch eine Sarkoidose, eine miliare Lungentuber-kulose oder eine idiopathische Lungenfibrose in Erw�gung gezogen werden.

Eine gleichzeitig mit einer Silikose bestehende aktive Lungen-Tuberkulose f�llt un-ter BK-Nr. 4102 Anlage BKV.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 293

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 279

Page 294: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

V. LiteraturBalaan, M., Weber, S., Banks, D. 1993:

Clinical aspects of coal workers' pneumoconiosis and silicosis.Occupational Medicine: State of the Art Reviews 8 (1): 19–34.

Banks, D. Bauer, M., Castellan, R. 1983:Silicosis in surface coalmins drillersThorax 38: 275–278.

Becklake, M. 1994:PneumoconiosesIn: Murray, J.; Nadel, J. (Hrsg.) Textbook of Respiratory Medicine, 2nd editionW. B. Saunders, 1955–1966.

Beckett, W., Abraham, J., Becklake, M., Christiani, D., Cowie, R., Davis, G., Jones, R., Kreiss, K., Parker,J., Wagner, G. 1997:Adverse effects of crystaline Silicia exposure. Official statement of the American Thoracic SocietyAm J Respir Crit Care Med 155: 761–765

Begin, RO., Cantin, AM., Boileau, RD., Bisson, BY., 1987:Spectrum of alveolitis in quartz-exposed human subjectsChest 92: 1061–1067

Berufsgenossenschaftliche Grunds�tze f�r arbeitsmedizinische VorsorgeuntersuchungenG 1. 1 Gesundheitsgef�hrlicher Mineralischer Staub, Teil 1: Silikogener StaubGentner Verlag Stuttgart, 1. Auflage 1994, 111–119.

Bohlig, H., E. Hain, H. Valentin, H.-J. Woitowitz 1981:Die Weiterentwicklung der Internationalen Staublungenklassifikation und ihre Konsequenzen f�rdie arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen staubgef�hrdeter Arbeitnehmer (ILO 1980/Bun-desrepublik)Prax Pneumol. 35: 1134–1139

Finkelstein, M. 1994:Silicosis Surveillance in Ontario: Detection Rates, Modifying Factors, and Screening Intervalls.Am J Ind Med 25: 257–266.

Ghio, A., Kennedy, P., Schapira, R., Crurnbliss, A., Hoidal, J 1990:Hypothesis: is lung disease after silica inhalation caused by oxidant generationLancet 336: 967–969.

Hartung, W., Seong Moon, J. 1992:Das derzeitige Bild der Anthrako-Silikose, ihrer Komplikationen und Kollisionen mit anderweitigenErkrankungen.Pneumologie 46: 516–524

Hessel, P., Sluis-Cremer, G., Hnizdo, E., Glyn, T. Wiles, FJ. 1988:Progression of silicosis in relation to silica dust exposure.Ann Occup Hyg 32: 689–695.

Lapp, L., Castranoa, V. 1993:How silicosis and coal workers' pneumoconiosis develop – a cellular assesment.Occupational Medicine: State of the Art Review 8 (1): 35–56.

M�ller, K.-M., A. Meile 1996:Morphologie fibrosierender Lungenerkrankungen.In: W. Domschke: „Bindegewebe und innere Erkrankungen“Urban und Schwarzenberg 1996, 11–37

Reichel, G. 1994:Pneumokoniosen durch anorganische St�ube.In: Ferlinz, R. (Hrsg.): Pneumologie in Praxis und Klinik.Georg Thieme Verlag Stuttgart, New York, 1994.

Rom, W., Crystal, R.G. 1991:Consequences of chronic inorganic dust exposureIn: Crystat, R. G.; West, J. B.: The LungScientific Foundation; Raven Press, New York 1991: 1885–1897.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 294

280 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 295: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Steenland, K., Brown D. 1995:Silicosis among gold miners: exposure-response analyses and risk assessment.Am J Public Health. 85(10): 1372–7.

Th�rauf J. R. 1997:Berufskrankheiten – exogen verursachte Gesundheitssch�den.in: Marx H. H., Klepzig, H. (Hrsg.):Medizinische Begutachtung innerer Krankheiten 7. AuflageThieme Verlag Stuttgart

Vanhee, D., Gosset P., Boitelle A., Wallaert B., Tonne] A. B. 1995:Cytokines and cytokine network in silicosis and coal workers' pneumoconiosis.Eur Respir J 8(5): 834–42.

Woitowitz, H.-J. in: Valentin, H. et al. 1985:Die gesetzlichen Berufskrankheiten; Erkrankungen der Atemwege.In: Arbeitsmedizin, Band 2: BerufskrankheitenGeorg Thieme Verlag Stuttgart, New York 1985: 184–228.

Anhang zum Merkblatt Nr. 4101

Internationale Staublungen-Klassifikation (ILO) 1980/Deutsche Version/Schema nachTh�rauf (1977)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 295

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 281

Page 296: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Anhang

Internationale Staublungenklassifikation (ILO 1980/Deutsche Version)

Schema nach Prof. Dr. med. Th�rauf, Institut f�r praktische Arbeitsmedizin, Els�sserStraße 2 a, D-7800 Freiburg i. Br.(Vgl. ILO Occup. Sav. Hlth. Ser. No. 22 (Rev. 80) ISBN: 92-2-102463-6; Bohlig, H.,Hain, E.; Valentin, H., Woitowitz, H.-J.: Arbeitsmedizin aktuell, Loseblatt-Samm-lung, Fach 8.2, S. 149 ff., Fischer, Stuttgart 1982, ISBN: 3-437-11079-0)

Bildg�te n+ = gut n+– = annehmbar n+= = mangelhaft nu = unbrauchbar

Lungen- Streuung 12-Stufen-Skala 0/– 1/0 2/1 3/2Schatten (vgl. Standard-Filme) 0/0 1/1 2/2 3/3

0/1 1/2 2/3 3/+

Verbreitung rechts oben = RO LO = links oben(Lungenfelder) rechts mitte = RM LM = links mitte

rechts unten = RU LU = links unten

Grçße kleinForm: rundlich (Durchmesser) np = 1,5 mm

nq = 1,5–3 mmnr = 3–10 mm

unregelm�ßige (Breite) ns = 1,5 mmnt = 1,5–3 mmnu = 3–10 mm

gemischt (z. B.) np/s

nq/t

ns/t , etc.groß nA = 1–5 cm ˘ (+˘)

nB = 5 cm –nRO

nC = > nRO

Typ: nwd = • scharf begrenztnid = unscharf

begrenzt

Kostophrenischer Winkel Adh�renz rechtsseitig = nR nL = linksseitig(vgl. Standard-Film)

Pleura- LokalisationVerdickung (Brustwand/Zwerchfell/ rechtsseitig = nR nL = linksseitig

Sonstiges) nRO etc. (siehe oben)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 296

282 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 297: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

1. diffus, seitliche BrustwandGesamt-L�nge (Summe der maximalen L�ngen = Verbreitung)n0 = fehlt; o. B.; < 1 n1 = < 1/4 der lateralen Brustwandn2 = 1/4–1/2 der lateralen n3 = > 1/2 der lateralen Brustwand

BrustwandDicke (max. Saumbreite) na = < 5 mm nb = 5–10 mm nc = > 10 mm

2. umschrieben: hyaline PlaquesGesamt-L�nge und Dicke: siehe oben 1.

3. umschrieben: verkalkte PlaquesGesamt-L�nge (Summe der maximalen L�ngen = Verbreitung)n0 = fehlt; o. B.; < 1 n1 = < 2 cm˘ (+˘)n2 = 2–10 mm ˘ n3 = > 10 mm ˘

Symboleax = Konfluenz kleiner Schatten ho = Honigwabenlunge

bu = bullçses Emphysem idd = Zwerchfellunsch�rfe (> 1/3 Zwerchfellh�lfte)

ca = Cancer der Lunge idh = Herzkonturenunsch�rfe (> 1/3 li. Herzrand)

cn = Calcification in kleinen Schatten kl = Kerley-Linien (Basal, perihil�r)

co = Cor, Grçße/Form-Ver�nderungen me = Mesotheliom der Pleura

cp = Cor pulmonale od = sonstige Auff�lligkeiten/Erkrankungen

cv = Caverne (Erg�nzende Bemerkungen angeben!)

di = Distorsion (Verziehung) pi = Pleuraverdickung (interlob�r/mediastinal)

ef = Effusion (Pleuraerguß) px = Pneumothorax

em = Emphysem rp = rheumatoide Pneumokoniose

es = Eierschalenhilus (Verkalkungen) (Caplan-Syndrom)

fr = Fraktur der Rippe(n) tba = Tuberkulose, aktiv

hi = Hilus/Mediastinal- tbu = Tuberkulose, inaktiv

Lymphknotenvergrçßerung

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 297

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 283

Page 298: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 41 02 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 4/1998, 63–64

Quarzstaublungenerkrankung in Verbindung

mit aktiver Lungentuberkulose (Siliko-Tuberkulose)

Klinische Zuordnung:PneumologieHygiene/Umweltmed.Mikrobiol./Infekt.Ep.�ffentl. Gesundheitsw.

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Eine Siliko-Tuberkulose liegt vor, wenn neben einer Silikose (siehe Merkblatt zuNr. 4101) gleichzeitig eine aktive Lungentuberkulose nachgewiesen werden kann.

Die aktive Siliko-Tuberkulose beruht h�ufig auf einer Exazerbation alter Tuberku-loseherde, kann aber auch durch Neuinfektion einer silikotisch ver�nderten Lungeauftreten. Das geh�ufte Vorkommen einer aktiven Lungentuberkulose bei an SilikoseErkrankten ist lange bekannt. Aufgrund der wesentlich verbesserten arbeits- und seu-chenhygienischen Maßnahmen ist ein deutlicher R�ckgang der Siliko-Tuberkulose zuverzeichnen. Neuere Studien fanden 2,6 % bzw.3 % Tuberkulosen bei an Silikose Er-krankten im Verlauf einer 10- bzw. 20j�hrigen Beobachtungsperiode (Sherson undLander 1990, Westerholm et al. 1986). In 7 % der Obduktionen von Silikose-Patien-ten lag eine aktive Lungentuberkulose vor (Hartung und Seong Moon 1992). Eine po-sitive Korrelation besteht zwischen dem Schweregrad der Silikose und der Tuberkulo-seh�ufigkeit (Hartung und Seong Moon 1992, Cowie 1994). Vorwiegend erkranken�ltere Silikosepatienten.

II. Pathophysiologie

Pathogenetisch werden f�r die Neuinfektion oder Aktivierung einer Tuberkulose beiSilikose mechanische, biochemische und immunologische Faktoren verantwortlichgemacht, wobei der ver�nderten bzw. gestçrten Alveolarmakrophagenfunktion einezentrale Rolle zukommt (Balmes 1990). Die Makrophagen der Lunge kçnnen sowohlvon Quarz als auch von Tuberkelbakterien stimuliert werden. Auf dieser zellul�renEbene ist daher die pathogenetische Verkn�pfung beider Ursachen und die Quelle dererhçhten Inzidenz von Tuberkulose bei Silikose zu vermuten (Parkes 1994). So wirdin Makrophagenkulturen das Wachstum von Mykobacterium tuberculosis durch sub-

toxische Dosen von Quarz verst�rkt.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Das durchschnittliche Lebensalter bei Feststellung einer aktiven Siliko-Tuberkulose

liegt in neueren Untersuchungen zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr (Reichel 1994).Der heute meist zu beobachtende chronische Verlauf unterscheidet sich klinisch h�ufigkaum von dem eigentlichen Krankheitsbild der Silikose. Hinweise geben eine raschauftretende Beeintr�chtigung des Allgemeinbefindens, Gewichtsverlust, Temperatur-erhçhung, Verschlechterung der Atemsymptomatik mit Husten, Auswurf und zuneh-mender Dyspnoe. Unter den Laboruntersuchungen imponieren eine Beschleunigung

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 298

284 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 299: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

der Blutsenkungsgeschwindigkeit sowie Ver�nderungen des Bluteiweiß- und Blutzell-bildes.

Einerseits kçnnen die Siliko-Tuberkuloseherde so eng benachbart sein, daß sierçntgenologisch nicht voneinander zu trennen sind. Andererseits kçnnen sich die tu-berkulçsen und silikotischen Ver�nderungen auch çrtlich unabh�ngig voneinanderentwickeln.

Der Nachweis eines rçntgenologischen Bildwandels infolge von meist rasch ent-stehenden, unscharf begrenzten und relativ schnell sich ver�ndernden Lungenbefun-den sichert zusammen mit dem Nachweis von Mycobacterium tuberculosis, Typushumanus, im Sputum oder Magensaft die Diagnose.

IV. Weitere Hinweise

Die Siliko-Tuberkulose ist nicht eine von der Silikose unabh�ngige Berufskrankheit.Sie liegt vor, wenn eindeutige silikotische Einlagerungen sowie der Nachweis einer ak-tiven Tuberkulose bestehen. Da neben exogenen Einwirkungen auch eine endogeneQuelle der Tuberkelbakterien als Ursache der Erkrankung mçglich ist, kommt hier imGegensatz zur BK-Nr. 3101 (Infektionskrankheiten) dem Nachweis der Infektions-quelle keine Bedeutung zu. Pulmokardiale Funktionsausf�lle m�ssen nicht vorliegen.Nach Abheilung der Tuberkulose (inaktive Form) sind alle kardiorespiratorischenFolgeerscheinungen der vorangegangenen Erkrankung der BK-Nr. 4101 zuzuordnen,da mit dem �bergang in eine inaktive Form die Voraussetzungen der BK-Nr. 4102entfallen.

V. LiteraturBalmer, J., 1990:

Silica Exposure and Tuberculosis: An Old Problem with a new twistJOM 32(2): 114–11.

Cowie, R. L., 1994:The epidemiology of tuberculosis in gold miners with silicosisAm J Respir Crit Care Med. 150: 1460–2.

Hartung, W., Seong Moon. J., 1992:Das derzeitige Bild der Anthrako – Silikose, ihrer Komplikationen und Kollisionen mit anderweiti-gen ErkrankungenPneumologie 46: 516–524.

Parkes, W. R., 1994:Occupational Lung DisordersButterworth – Heinemann, Oxford, 1994.

Reichel, G., 1994:Pneumokoniosen durch anorganische St�ubeIn: Ferlinz, R. (Hrsg.): Pneumologie in Praxis und KlinikGeorg Thieme Verlag, Stuttgart – New York, 1994.

Sherson, D., Lander, F., 1990:Morbidity of pulmonary tuberculosis among Silicotic and Nonsilicotic foundry workers in DenmarkJOM 32(2): 110–113.

Westerholm, P., Ahlmark, A. Maasing, R., Segelgerg, I., 1986:Silicosis and risk of lung cancer or tuberculosis: a cohort studyEnviron Res. 41: 339–350.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 299

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 285

Page 300: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Anhang zum Merkblatt Nr. 4102

Internationale Staublungen-Klassifikation (ILO) 1980/Deutsche Version/Schema nachTH�RAUF (1997) – Vergleiche Anhang zum Merkblatt Nr. 4101

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 300

286 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 301: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 41 03 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 7–8/1991, 74–76

Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose)

oder durch Asbeststaub verursachte Erkrankung der Pleura

Klinische Zuordnung:Pneumologie

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Asbest ist ein Sammelbegriff f�r zwei Gruppen faserfçrmiger silikatischer Mineralien:die Serpentinasbeste und die Amphibolasbeste.

Als Arbeitsstoff kommt meist der Chrysotil (Weißasbest), ein Magnesiumsilikatmit geringem Eisenanteil aus der Gruppe der Schichtsilikate vor. Auf Chrysotil alswichtigsten Serpentinasbest entfallen etwa 90 % aller in der Welt gewonnenen und in-dustriell verarbeiteten Asbeste.

Die Gruppe der Amphibolasbeste hat einen Anteil von unter 10 % am Asbestwelt-verbrauch. Hierzu gehçren das Natriumeisensilikat Krokydolith, der sog. Blauasbest,ferner das Magnesiumeisensilikat Amosit, der sog. Braunasbest, sowie der Antho-phyllit.

In der Bundesrepublik Deutschland, welche Importland f�r Asbest ist, werden bzw.wurden aus Rohasbest zahlreiche Produkte hergestellt. Beispielhaft aufgef�hrt seiendie Asbestzementindustrie, die Reibbelagindustrie, die Gummi-Asbest(IT)-Industrie,die Asbestpapier-, -pappen-, -dichtungs- und -filterindustrie, die Asbesttextilindustrieund die Asbestkunststoffindustrie. Seit etwa 1980 ist der Verbrauch von Asbest deut-lich zur�ckgegangen und wird in den n�chsten Jahren voraussichtlich auslaufen.

Dar�ber hinaus werden bzw. wurden in den verschiedensten Gewerbezweigen as-besthaltige Produkte eingesetzt, z. B. bei bestimmten T�tigkeiten im Hoch- und Tief-baugewerbe, Kraftfahrzeuggewerbe, Isoliergewerbe, im L�ftungs-, Klima-, Heizungs-sowie Fahrzeugbau.

Wichtige Gefahrenquellen f�r das Einatmen von Asbeststaub sind bzw. waren ins-besondere:– Asbestaufbereitung. Hierbei wird in Kollerg�ngen, Prall- oder Schlagm�hlen ent-

weder asbesthaltiges Muttergestein zerkleinert, und/oder Rohasbest zu st�rkeraufgeschlossenen Fasern aufgelockert;

– Herstellung und Verarbeitung von Asbesttextilprodukten wie Garne, Zwirne,B�nder, Schn�re, Seile, Schl�uche, T�cher, Packungen, Kleidung usw. Dabei kom-men T�tigkeiten wie Abf�llen, Einwiegen, Mischen, Krempeln, Spinnen, Zwirnen,Flechten, Weben und Zuschneiden vor. Auch das Tragen unbeschichteter Asbe-starbeitsschutzkleidung ist ggf. zu ber�cksichtigen;

– industrielle Herstellung und Bearbeitung von Asbestzementprodukten, speziellwitterungsbest�ndige Platten und Baumaterialien einschließlich vorgefertigterFormelemente, z. B. f�r Dacheindeckungen, Fassadenkonstruktionen, baulichenBrandschutz usw.;

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 301

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 287

Page 302: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

– Bearbeitung und Reparatur der vorgenannten Asbestzementprodukte, z. B. T�tig-keiten wie S�gen, Bohren, Schleifen usw. im Baustoffhandel oder Bauhandwerk;

– industrielle Herstellung und Bearbeitung von asbesthaltigen Reibbel�gen, speziellKupplungs- und Bremsbel�gen;

– Ersatz von solchen Reibbel�gen, z. B. T�tigkeiten wie �berdrehen, Schleifen, Boh-ren, Fr�sen von Bremsbel�gen in Kfz-Reparaturwerkst�tten usw.;

– Herstellung, Anwendung und Ausbesserung von asbesthaltigen Spritzmassen zurW�rme-, Schall- und Feuerd�mmung (Isolierung);

– Herstellung, Verarbeitung und Reparatur von s�ure- und hitzebest�ndigen Dich-tungen, Packungen usw., z. B. im Leitungsbau der chemischen Industrie;

– Herstellung, Be- und Verarbeitung von Gummi-Asbest(IT)-Produkten;– Herstellung, Be- und Verarbeitung asbesthaltiger Papiere, Pappen und Filzmate-

rialien;– Verwendung von Asbest als Zusatz in der Herstellung von Anstrichstoffen, Fuß-

bodenbel�gen, Dichtungsmassen, Gummireifen, Thermoplasten, Kunststoffharz-preßmassen usw.;

– Entfernen, z. B. durch Abbrucharbeiten, Reparaturen usw. sowie Beseitigung dervorgenannten asbesthaltigen Produkte.

Außerdem enthalten verschiedene Minerale, z. B. Speckstein (Talkum), Gabbro, Dia-bas usw. geringe Asbestanteile, u. a. als Tremolit und Aktinolith. Sie kçnnen infolge-dessen �ber eine Mischstaubexposition zu Asbestrisiken f�hren.

II. Pathophysiologie

Asbeststaub ist ein typisch faserfçrmiger Staub. Asbestfasern kçnnen bis zu sub-mikroskopischer Feinheit aufspalten. Sie wirken u. a. fibroseerzeugend, wenn sie ein-geatmet werden. Von Durchmesser, L�nge und Form der Asbestfasern h�ngt ab, ob eszu einer Deposition in den peripheren Luftwegen oder den Alveolen kommt. Derweitaus grçßere Teil des eingeatmeten Staubes wird wieder ausgeatmet oder durchdie physiologischen Reinigungsmechanismen der Atemwege und Lungen ausgeschie-den. Ein Teil der jeweils in die Alveolen gelangten Fasern dringt in das Zwischenge-webe der Lunge ein. Im Bereich der Alveolarsepten, perivaskul�r und peribronchialkommt es zun�chst zur interstitiellen Retention. Nur sehr kleinkalibrige und kurzeFaserfraktionen sind auf dem Lymphwege transportf�hig. Manche Asbestfaserarten,insbesondere Chrysotil, kçnnen im Gewebe, Strukturver�nderungen erfahren.

Der retinierte Asbeststaub kann zu Reaktionen vorwiegend in Bronchioli und imalveol�ren Interstitium f�hren. Bevorzugt in den unteren bis mittleren Lungenpartienentsteht ein diffuser, alveolarseptal bindegewebsbildender Prozeß mit starkerSchrumpfungsneigung, die Asbestose (Asbest-Lungenfibrose). Mikroskopisch sindAsbestkçrperchen nachweisbar. Hierbei handelt es sich um Keulen- oder hantelfçr-mige Gebilde, bestehend aus dem zentralen Achsenfaden, umgeben von mehr oderminder segmentierten eisen- und eiweißhaltigen Gelh�llen.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 302

288 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 303: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Eingeatmete und in das Zwischengewebe der Lunge vorgedrungene Asbestfasernbesitzen aufgrund ihrer nadelfçrmigen Gestalt auch die F�higkeit, bis in den Pleura-bereich (Lungen- und Rippenfell) zu penetrieren.

Diese Pleurotropie (Pleuradrift) kann sowohl zu einer Asbestfaseranh�ufung imsubpleuralen Bereich als auch zu einem �bertritt in den Pleuraspalt f�hren. Infolgeder Pleuradrift entstehen oftmals diffus ausgedehnte oder umschriebene Bindege-websneubildungen der Pleura, die der Asbestfibrose im Bereich der Lungen entspre-chen. Sie stellen oft rçntgenologische Zufallsbefunde dar. Die diffuse Bindegewebs-neubildung bevorzugt meist doppelseitig die Pleura visceralis als diffuse Pleurafibrose

des Lungenfells. Umschriebene, plaquefçrmige Ver�nderungen manifestieren sichmeist doppelseitig besonders an der Pleura parietalis als bindegewebige (hyaline), sp�-ter verkalkende Pleuraplaques des Rippenfells, Zwerchfells oder Herzbeutels. Auchrezidivierende, meist einseitige Pleuraerg�sse gehçren zum Bild der nicht bçsartigen,durch Asbeststaub verursachten Erkrankungen der Pleura, die sich von der tumor-erzeugenden Wirkung (vgl. „Durch Asbest verursachtes Mesotheliom des Rippenfellsund des Bauchfells“ Nr. 4105 BeKV) abgrenzen lassen.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Als erstes Zeichen einer Asbestose treten nach langsam progredientem ReizhustenKurzatmigkeit, besonders bei Belastung und tiefer Inspiration, und Brustschmerzenauf. Sp�ter kommen nicht selten die Symptome einer chronischen Bronchitis (chron.unspez. respiratorisches Syndrom – CURS), emphysematçse Lungenver�nderungenund Rechtsherzhypertrophie (Cor pulmonale) hinzu. Auch der auskultatorische undperkutorische Befund ist uncharakteristisch. Er kann selbst bei fortgeschrittener As-bestose geringf�gig sein. Als Hinweis auf eine Lungenfibrose gilt feines Knisterras-seln, besonders am Ende des Inspiriums, �ber den seitlichen und unteren Lungenpar-tien. Im Auswurf kçnnen sich Asbestkçrperchen finden.

Das Ergebnis der Rçntgenfilmaufnahme* ist f�r die Diagnose entscheidend. Vor-nehmlich subpleural in den unteren zwei Dritteln der Lunge, mit meist zunehmenderIntensit�t zu Basis und Hilus hin, finden sich kleine unregelm�ßige (oder lineare)Schatten (ILO-Klassifikation: s-t-u). Sie kçnnen zun�chst nebelschwadenfçrmig mithaarfeinen Randfiguren auftreten und sich sp�ter zu einer netzfçrmigen Zeichnungs-vermehrung (ILO-Klassifikation: 1–2-3) bis zu diffusen fibrozystischen Ver�nderun-gen verdichten. Auch horizontal verlaufende Strichschatten (sog. KERLEY'sche„B“-Linien) nahe der lateralen Brustwand kommen vor. Mitunter erscheint die Fi-brose entlang der Grenze des Herzschattens besonders ausgepr�gt. In sp�teren Sta-dien kçnnen die Herzgrenzen und die Zwerchfellkuppen verwaschen erscheinen unddie Oberfelder vermehrt strahlendurchl�ssig sein.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 303

* Es wird empfohlen, bei der Diagnose im Rçntgenbild die Internationale Staublungen-Klassifikation (ILO 80/BRD) anzuwenden (s. Anhang zum Merkblatt).

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 289

Page 304: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Als besondere, durch Asbeststaub verursachte, nicht bçsartige Erkrankungen derPleura sind bei geeigneter Rçntgentechnik (Hartstrahl-Filmaufnahmen) folgende Be-funde anzusehen (vgl. auch Anhang „Hinweise zur Erstattung der �rztlichen Anzei-ge…“):– die bindegewebigen (hyalinen) Pleuraplaques,– die verkalkten Pleuraplaques,– die diffuse Pleuraverdickung der seitlichen Brustwand (diffuse Pleurafibrose),– der Pleuraerguß, auch ohne Lungenasbestose, insbesondere mit bindegewebig-

schwartigen, postpleuritischen Folgezust�nden (Hyalinosis complicata).Differentialdiagnostisch setzt die Annahme einer durch Asbeststaub verursachten Er-krankung der Pleura voraus, daß eine entsprechende Exposition bestand, die in derRegel zehn oder mehr Jahre zur�ckliegt und Hinweise auf andere, insbesondere tuber-kulçse, traumatisch-entz�ndliche oder tumorçse Pleuraver�nderungen anderer Ursa-che nicht vorliegen. Bei starkem �bergewicht (Broca-Index 120 %) sind als Differen-tialdiagnose der asbestverursachten diffusen Pleurafibrose beidseitige, subpleuraleFetteinlagerungen zu erw�gen. Hyaline und/oder verkalkte Pleuraplaques finden sichbevorzugt im Bereich der dorsalen Pleura. Charakteristisch sind Plaques der Pleuradiaphragmatica, auch wenn sie einseitig vorkommen. Ihre Nachweismçglichkeit wirdoftmals mittels zus�tzlicher seitlicher Thoraxaufnahme verbessert. Noch h�ufiger alsam Lebenden lassen sich Pleuraplaques autoptisch nachweisen. Durch Asbeststaubverursachte diffuse, plaquesfçrmige oder postpleuritische Pleuraver�nderungen kçn-nen allein oder nebeneinander vorkommen.

Die gesundheitliche Beeintr�chtigung infolge der durch Asbeststaub verursachtenErkrankungen der Lunge und/oder Pleura h�ngt vor allem von der Einschr�nkung derLungenfunktion ab. Diese tritt vorwiegend als restriktive Ventilations- und/oder Gas-

austauschstçrung auf. Durch Asbeststaub verursachte Erkrankungen der Lunge und/oder Pleura kommen auch im Zusammenhang mit anderen Pneumokoniosen vor.

IV. Weitere Hinweise

Die Erhebung einer eingehenden Arbeitsanamnese ist erforderlich. Durch Asbe-ststaub verursachte Erkrankungen der Lunge und/oder Pleura treten im allgemeinenerst nach jahre- bis jahrzehntelanger Exposition gegen�ber Asbeststaub auf. Eine Ex-position – auch von wenigen Jahren – f�hrt gelegentlich noch nach einer Latenz vonJahrzehnten zu einer Sp�tasbestose.

Rçntgenologisch nachweisbare Ver�nderungen der Lungenasbestose kçnnen imVergleich zu den bestehenden Funktionsstçrungen der Atmung und des Kreislaufs re-lativ geringgradig sein.

Eine �berh�ufige Assoziation von Asbestose und Lungentuberkulose ist bishernicht erwiesen.

Bez�glich des Lungenkrebses in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung(Asbestose) oder durch Asbeststaub verursachte Erkrankung der Pleura wird auf das

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 304

290 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 305: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu Nr. 4104, bez�glich des durch Asbest verursachten Mesothelioms desRippenfells und des Bauchfells auf das zu Nr. 4105 Anl. 1 BeKV verwiesen.

V. LiteraturAmerican Thoracic Society:

The diagnosis of nonmalignant diseases related to asbestos.Amer. Rev. respir. Dis., 134 (1986) 363–368

Bohlig, H., E. Hain, H. Valentin, H.-J. Woitowitz:Die Weiterentwicklung der Internationalen Staublungenklassifikation und ihre Konsequenzen f�rdie arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen staubgef�hrdeter Arbeitnehmer (ILO 80/BRD).Prax. Pneumol. 35 (1981) 1134–1139.

Bohlig, H., A Calavrezos:Development, radiological zone patterns, and importance of diffuse pleural thickening in relationto occupational exposure to asbestos.Brit. J. Industr. Med., 44 (1987) 673–681

Dodson, R. F., J. O. Ford:Early response of the visceral pleura following asbestos exposure: an ultrastructural study.J. Toxicol. environm. Hlth., 15 (1985) 673–686

Hillerdal, G.:Short report: Value of the lateral view in diagnosing pleural plaques.Arch. environm. Hlth., 41 (1986) 391–392

Martensson, G., S. Hagberg, K. Petterson, G. Thiringer.Asbestos pleural effusion: a clinical entity.Thorax 42 (1987) 646–651

Morgan, A., J. C. Evans, A. Holmes:Deposition and clearance of inhaled fibrous minerals in the rat. Studies using radioactive tracertechniques.In: W. H. Walton: Inhaled Particles IV.Pergamon Press, 1977, 259–274

Viallat, J. R., F. Raybuad, M. Passarel, C. Boutin:Pleural migration of chrysotile fibers after intratracheal injection in rats.Arch. environm. Hlth., 41 (1986) 282–286

Woitowitz H.-J., H.-J. Lange, U. Bolm-Audorff, K. Ulm, H.-J. Elliehausen, L. Pache:Pleura-Asbestose – Klinik und Epidemiologie.Atemw.-Lungenkrkh., 11 (1985) 291–296

Woitowitz, H.-J.:Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose),In: H. Valentin et al.: Arbeitsmedizin, Bd. 2: Berufskrankheiten. 3. AuflageThieme, Stuttgart, New York, 1985, 236–252

Anhang zum Merkblatt Nr. 4103 der Anl. 1 BeKV

Hinweise zur Erstattung der �rztlichen Anzeige nach § 5 BeKV f�r die Berufskrank-heit Nr. 4103 – Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) oder durch Asbeststaubverursachte Erkrankung der Pleura – der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung(BeKV):

Diese Hinweise wurden zur Erleichterung der �berlegungen, wann ein Arzt bei ei-nem Versicherten nach Asbestexposition von einem begr�ndeten Verdacht des Vorlie-gens der u. a. Berufskrankheit ausgehen kann, unter Mitwirkung medizinischer Sach-verst�ndiger erarbeitet. Sie sollen auf der Grundlage des amtlichen Merkblattes f�r

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 305

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 291

Page 306: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

die �rztliche Untersuchung zu der genannten Berufskrankheit allen �rzten praxis-gerechte Hinweise geben.

Auszugehen ist dabei von dem Rçntgenbefund nach der ILO-Klassifikation 1980,wobei die Anfertigung der Lungenaufnahme in optimaler Hartstrahltechnik Voraus-setzung ist.

Der Verdacht des Vorliegens einer Asbestose der Lungen ist

1. begr�ndet bei:

Rçntgenbefund der Lungen Auskultations- bzw.

nach ILO Klassifikation 1980 Lungenfunktionsbefund

Dichte der Schatten Form

a) 1/0 s, t bzw. u Knisterrasseln und/oder VKI

90 % von VKS (nach EGKS-

Mindestsollwert

unter BTPS-Bedingung)

b) 1/1 u. mehr s, t bzw. u auch wenn klinisch keine

Auff�lligkeiten und

keine Einschr�nkung der VKI

meßbar ist

2. nicht begr�ndet bei:

Rçntgenbefund der Lungen Auskultations- bzw.

nach ILO Klassifikation 1980 Lungenfunktionsbefund

Dichte der Schatten Form

0/1 s, t bzw. u mit Knisterrasseln

0/1 s, t bzw. u mit VKI unter 90 % von VKS

1/0 s, t bzw. u ohne Befund

(jedoch Notwendigkeit einer vorgezogenen nachgehenden Untersuchung)

VKI: Vitalkapazit�t (Istwert) – VKS: Vitalkapazit�t (Sollwert)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 306

292 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 307: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Der Verdacht des Vorliegens von durch Asbeststaub verursachten Ver�nderungen derPleura („Pleuraasbestose“) ist begr�ndet bei:

a) Pleuraplaques (hyalin)In der Regel ab ca. 3 mm Dicke rçntgenologisch erkennbar und/oder einer Ver-breitung von mehr als 2 cm Gesamtl�nge im Bereich der Brustwand (insbesonderedoppelseitig), des Zwerchfells, Mediastinums und/oder Herzbeutels.Bei en face sichtbaren Pleuraplaques l�sst sich eine Dickenangabe oftmals nichtvornehmen.

b) Pleuraplaques (verkalkt)Bei Hinweisen auf Asbeststaubexposition(en) in der Vorgeschichte sollten auchKalkplaques geringerer Dicke und Verbreitung angezeigt werden.

c) Hyalinosis complicata bzw. Pleuraerguß, Pleuritis mit Folgezust�nden, ein- oderbeidseitig

d) Pleuraverdickung (doppelseitig, diffus)In der Regel ab ca. 3 mm Dicke speziell im Bereich der Mittel- und Unterfelder.

F�r die Differentialdiagnose in Bezug auf die Asbeststaubgenese sind zu beachten:– Hinweise insbesondere f�r tuberkulçse oder Infarktpleuritis, traumatische, ent-

z�ndliche, tumorçse oder sonstige pleurale Begleitprozesse.– Auftreten oder wesentliche Zunahme der Befunde mehrere Jahre nach Beginn der

Asbeststaubgef�hrdung.

Literaturerg�nzung:Buhl, R., Vogelmeier, C.:

Erkrankungen der PleuraIn: Vogelmeier, C., Buhl, R.: Pneumologische Notf�lleWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 307

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 293

Page 308: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 41 04 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 12/1997, 32–35

Lungenkrebs oder Kehlkopfkrebs

– in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose)

– in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung der Pleura

oder

– bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Ar-

beitsplatz von mindestens 25 Faserjahren {25 x 106 [(Fasern/m�) x Jahre]}

Klinische Zuordnung:HNO-HeilkundePneumologie

I. Vorkommen und Gefahrenquellen (s. Merkblatt zu Nr. 4103)

II. Pathophysiologie (s. Merkblatt zu Nr. 4103)

Eingeatmete Asbestfasern besitzen neben fibrogenen f�r den Menschen gesichertekanzerogene Eigenschaften. Wie f�r andere Tumoren gilt sowohl f�r den asbestver-ursachten Lungenkrebs (hier synonym: Bronchialkarzinom) als auch f�r den as-bestverursachten Kehlkopfkrebs (hier synonym: Larynxkarzinom gem�ß der TNM-Klassifikation der UICC), daß die Erkrankungswahrscheinlichkeit im wesentlichenvom Lebensalter, der individuellen Disposition sowie der in den Kçrper aufgenom-menen und mit den Zielzellen in Wechselbeziehung tretenden Dosis beruflicher undaußerberuflicher krebserzeugender Noxen abh�ngt. Eingeatmete Asbestfasern kçn-nen eine lokale krebserzeugende Wirkung auf die Epithelzellen der mittleren undtieferen Atemwege aus�ben. Ergebnisse der Grundlagenforschung haben f�r Asbe-stfasern bestimmter kritischer Abmessungen sowohl tumorinitiierende als auch tu-morpromovierende Wirkungen nachgewiesen. Zu den Mechanismen der Asbestfaser-

kanzerogenese z�hlen u. a. die Stimulierung des Zellwachstums entsprechenddemjenigen maligner Zellen (Transformation) sowie Mitosestçrungen, welche zu Ver-�nderungen von Zahl (Aneuploidie, Polyploidie) und Struktur (Br�che, Fragmente)der Chromosomen f�hren.

Die vorliegenden Erkenntnisse sprechen daf�r, daß Erkrankungen an asbestfase-rinduzierter Fibrose, Lungenkrebs und Kehlkopfkrebs unterschiedliche Endpunkte angetrennten Zellsystemen ablaufender Pathomechanismen sind, bei denen Wechselwir-kungen vorkommen kçnnen.

Einen wesentlichen kanzerogenen Einfluß besitzen Durchmesser, L�nge und Formder eingeatmeten und im Atemtrakt deponierten Asbestfasern sowie ihre von der che-mischen Zusammensetzung abh�ngige Best�ndigkeit im Gewebe, mçglicherweiseauch Oberfl�cheneigenschaften. Individuelle Bedeutung haben das broncho-pulmo-nale Reinigungsvermçgen und weitere dispositionelle Faktoren. In seiner Bedeutungbekannt ist das Zusammenwirken von Asbestfasern mit anderen inhalativen und spe-ziell krebserzeugenden Noxen, insbesondere dem Zigarettenrauch.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 308

294 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 309: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Die Ablagerung von Asbestfasern kritischer Abmessungen im Kehlkopfbereich istprinzipiell auf 2 Arten mçglich:a) Durch Zentrifugalkr�fte aufgrund der Verwirbelung des Luftstromes infolge der

Kehlkopfgeometrie (Impaktion).b) Durch die mukoziliare Clearance (Deposition). Hierdurch werden im tiefergelege-

nen Atemtrakt abgelagerte Faserstaubpartikeln �ber das Flimmerepithel derSchleimhaut in Richtung Kehlkopf r�cktransportiert.

Hals-Nasen-Ohren�rztliche Untersuchungen haben gezeigt, daß ein erheblicher An-teil eingeatmeter Teilchen besonders im vorderen Stimmbandbereich abgelagert wird.Beim vorderen Stimmbandbereich handelt es sich um eine Pr�dilektionsstelle derKehlkopfkrebserkrankung. Asbestfasern in der Schleimhaut des Larynx konntennachgewiesen werden, ebenso Asbestkçrperchen im Larynxbereich. Nicht maligneasbestfaserbedingte Ver�nderungen sind als „laryngeal asbestosis“ beschrieben wor-den. Es liegen keine biologisch plausiblen Erkenntnisse dar�ber vor, daß die Wirkun-gen von Asbestfaserstaub auf das Zielgewebe des Larynx von denjenigen auf die tie-fergelegene Bronchialschleimhaut differieren.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Lungenkrebs

Der asbestverursachte Lungenkrebs weist klinisch und diagnostisch keine wesentli-chen Unterscheidungsmerkmale gegen�ber einem Lungenkrebs anderer �tiologieauf. Die Fr�hsymptome sind uncharakteristisch. Beispielhaft zu nennen sind therapie-resistenter Reizhusten, blutiger Auswurf, Atelektasen und bronchopneumonische

Prozesse mit verzçgerter Heilungstendenz. Bildgebende Verfahren, bronchoskopischeund Sputumuntersuchungen auf tumorverd�chtige Zellen st�tzen die Verdachtsdiag-nose. Bei Asbestfaserstaub-Einwirkung in der Arbeitsanamnese m�ssen alle verd�ch-tigen. z. B. rçntgenologischen Ver�nderungen und jeder Bildwandel dringend abge-kl�rt werden.*

Eine fr�hzeitige bioptische Kl�rung ist anzustreben. Feingeweblich werden alle be-kannten Tumorformen gefunden.

Relativ bevorzugt sind – wie bei der Lungenasbestose – die Unterfelder betroffen.Der Prim�rsitz des Tumors kann sich im Bereich sowohl der Lungenwurzel als auchder Lungenperipherie befinden. Differentialdiagnotisch m�ssen insbesondere Lun-genmetastasen eines Prim�rtumors anderer Lokalisation ausgeschlossen werden.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 309

* F�r die rçngtgenologische Diagnose der Asbestose von Lunge und/oder Pleura ist dieInternationale Staublungen-Klassifikation (ILO/80 Bundesrepublik Deutschland) in op-timaler Hartstrahltechnik anzuwenden (s. auch Anhang zum Merkblatt zu Nr. 4103)

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 295

Page 310: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Kehlkopfkrebs

Der wesentlich durch Abestfaserstaub am Arbeitsplatz mitverursachte Kehlkopfkrebsweist klinisch und diagnostisch keine verwertbaren Unterscheidungsmerkmale gegen-�ber Larynxkarzinomen anderer �tiologie auf. Die Erkrankung beginnt mit Heiser-keit, Schluckbeschwerden und Fremdkçrpergef�hl. Sp�ter treten Luftnot bzw.Halslymphknotenschwellungen hinzu. Die Diagnosesicherung erfolgt mittels Kehl-kopfspiegelung und bioptischer Verfahren zur histologischen Differenzierung. Bild-gebende Verfahren dienen nicht der prim�ren Diagnosestellung. Meist handelt es sichum verhornende Plattenepithelkarzinome, seltener um gering verhornende oder un-differenzierte Karzinome. Die gute Zug�nglichkeit und die Tatsache, daß Fr�hstadienan den Stimmb�ndern durch Heiserkeit auffallen, l�ßt Tumoren dieser Lokalisationoft rechtzeitig diagnostizieren und erfolgreich behandeln. In fortgeschrittenen Tumor-stadien f�hrt die komplette Entfernung des Kehlkopfes z. T. ebenfalls zu l�ngerfristi-gen tumorfreien �berlebenszeiten. Fr�hstadien lassen sich durch Teilresektion desKehlkopfes oder manchmal Radiotherapie behandeln. Die Sterblichkeit infolge desKehlkopfkarzinoms ist stadienabh�ngig. Sie liegt insgesamt bei 40 bis 50 % der Er-krankten.

IV. Weitere Hinweise

Lungenkrebs

Im Ursachenspektrum des Lungenkrebses werden zunehmend �ußere Einfl�sseerkannt. An erster Stelle ist das Zigarettenrauchen zu nennen. Unter den Risikofak-toren des Arbeitsplatzes besitzt Asbestfaserstaub Priorit�t. Die Asbestfaserstaub-Ein-wirkung am Arbeitsplatz und die Zigarettenrauchinhalation wirken offensichtlichmultiplikativ zusammen. Eine l�ngerfristige, intensive Einwirkung von Asbestfaser-staub am Arbeitsplatz erhçht das Grundrisiko, an Lungenkrebs zu erkranken, sowohlbei Nichtrauchern als auch bei Zigarettenrauchern um ein Mehrfaches.

Die individuellen Besonderheiten einer Asbestfaserstaub-Einwirkung kçnnen inder Regel nur durch eine gr�ndliche, sachverst�ndige und l�ckenlose Arbeitsplatz-und Berufsanamnese in Erfahrung gebracht werden. Hierbei ist stets die jahrzehnte-lange Latenzzeit seit Beginn der Asbestfaserstaub-Einwirkung zu ber�cksichtigen.Das Risiko besteht auch nach Ende der Asbestfaserstaub-Einwirkung fort. Die Anam-nese hat stets auch die Rauchgewohnheiten mçglichst detailliert zu erfassen.

Beim Vorliegen einer Lungenasbestose, einschließlich Minimalasbestose (s. Merk-blatt zu Nr. 4103) ist das Lungenkrebsrisiko erhçht. Der Nachweis einer Minimalas-bestose setzt eine gezielte lichtmikroskopisch-feingewebliche Untersuchung voraus.

Auch die durch Asbestfaserstaub verursachte Erkrankung der Pleura ist als Mar-ker f�r eine zur�ckliegende, wesentliche Asbestfaserstaub-Einwirkung und dar�berhinaus f�r ein erhçhtes Lungenkrebsrisiko anzusehen.

Die im Merkblatt zu Nr. 4103 genannten verschiedenen Formen der durch As-bestfaserstaub verursachten Pleuraerkrankungen sind ebenso, wie die Lungenasbesto-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 310

296 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 311: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

se, einschließlich Minimalasbestose, als Kriterium f�r die Wahrscheinlichkeit einerdurch Asbest verursachten Erkrankung an Lungenkrebs anzusehen.

Diese Kriterien zur Best�tigung einer wesentlichen Asbestfaserstaub-Einwirkungam Arbeitsplatz wurden aufgrund erweiterter und gefestigter Erkenntnisse �ber Do-sis-H�ufigkeits-Beziehungen durch das Faserjahrmodell erg�nzt.

F�r die Besch�ftigten dreier arbeitsmedizinisch bedeutsamer Bereiche (Asbestze-mentindustrie. Asbesttextilindustrie, Asbestisolierbranche) wurde eine Verdopplungder Sterberate an Lungenkrebs im Vergleich zur �brigen Bevçlkerung beim Erreicheneiner bestimmten kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis* epidemiologisch nachgewie-sen (Verdopplungsdosis). Als verallgemeinerungsf�hige Verdopplungsdosis werden25 Faserjahre angesehen. Die Verdopplungsdosis ist erreicht, wenn das Produkt k x Joder die Summe der Produkte mindestens 25 Faserjahre betr�gt.

Der begr�ndete Verdacht des Vorliegens eines durch Asbestfaserstaub verursach-ten Lungenkrebses ist gegeben bei langj�hriger und intensiver Asbestfaserstaub-Ge-f�hrdung am Arbeitsplatz, verbunden mit:1. Asbestose der Lungen

a) bei Vorliegen rçntgenologischer Lungenver�nderungen mindestens ab derStreuung 1/0 oder bei

b) „Minimalasbestose“ (durch histologisch best�tigten Befund) oder2. mit durch Asbestfaserstaub verursachten Ver�nderungen der Pleura, wie im An-

hang zu Merkblatt zu Nr. 4103 ausgef�hrt.Bei Lungenkrebserkrankungen nach langj�hriger und intensiver Asbestfaserstaub-Ge-f�hrdung am Arbeitsplatz ist auch bei schw�cheren oder fehlenden Anzeichen auf dieo. a. Befunde im Hinblick auf die erforderliche Ermittlung einer zur�ckliegenden ku-mulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Arbeitsplatz (mindestens 25 Faserjahre) eineAnzeige geboten.

Rechenbeispiele f�r 25 Faserjahre:

1) 25,0 x 106 F/m� x 1,0 J. = 25 Faserjahre

2) 2,0 x 106 F/m� x 12,5 J. = 25 Faserjahre

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 311

* Die Maßeinheit f�r die Asbestfaserstaub-Dosis ist das Faserjahr.Faserjahre sind das Produkt aus mittlerer Asbestfaserkonzentration k (in 106 Fasern derkritischen Abmessungen [L�nge �ber 5 m Durchmesser unter 3 m, Verh�ltnis L�nge:Durchmesser �ber 3:1] pro m� Atemluft) und der Dauer der Faserexposition J (in Jahrenbei 8-Stundenschichten). Bei wechselnder mittlerer Asbestfaserkonzentation (ki) �berwechselnde Expositionszeiten (Ji) ergeben sich die Faserjahre aus der Summe der Pro-dukte ki x Ji.

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 297

Page 312: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

3) 0,5 x 106 F/m� x 50,0 J. = 25 Faserjahre

4) 0,5 x 106 F/m� x 20,0 J. = 10 Faserjahre+ 106 F/m� x 15,0 J. = 15 Faserjahre

Summe = 25 Faserjahre

Kehlkopfkrebs

Die Inzidenz von Larynxkarzinomen in der Allgemeinbevçlkerung betr�gt 4 bis 7F�lle pro 100 000 Einwohner und Jahr. Die Latenzzeit, d. h. die Zeit zwischen Beginnder Einwirkung krebserzeugender Noxen und dem Krankheitsbeginn betr�gt erfah-rungsgem�ß mindestens 10 Jahre. Ein besonders bedeutsamer und vielfach best�tigterRisikofaktor f�r diese Karzinomlokalisation ist das Tabakrauchen. In einigen Studienkonnte dar�ber hinaus eine Assoziation zwischen dem Auftreten von Larynxkarzino-men und dem Alkoholkonsum nachgewiesen werden. Fall-Kontroll-Studien. bei de-nen die wichtigsten, nicht arbeitsbedingten Risikofaktoren adjustierend ber�cksich-tigt werden konnten, ergaben eine wesentliche Mitverursachung des Kehlkopfkrebsesdurch eine langj�hrige intensive Asbestfaserstaub-Einwirkung am Arbeitsplatz. Er-gebnisse der Kohortenstudien weisen in die gleiche Richtung. In Studien, in denensowohl die Rauchgewohnheiten ber�cksichtigt als auch die Asbestfaserstaub-Einwir-kung objektiv und quantitativ erfaßt werden konnten, fanden sich Expositions-Wirkungsbeziehungen. Hinzu kommt das molekularbiologische und zytogenetischeWissen �ber die lokal krebserzeugende Wirkung von Asbestfasern kritischer Abmes-sungen, das bevorzugte Depositions- und Impaktionsverhalten dieser Fasern im La-rynxbereich einschließlich des Vorkommens nicht maligner asbestfaserbedingter Ef-fekte. Dar�ber hinaus fanden sich in Studien nicht nur eine positive Assoziationzwischen Pleuraplaques und dem Kehlkopfkrebsrisiko, sondern auch Hinweise aufDosis-H�ufigkeitsbeziehungen und Konsistenz der Studienergebnisse. Letztere giltz. T. unter Adjustierung der wichtigsten, nicht arbeitsbedingten Risikofaktoren wieder Rauch- und Alkoholkonsumgewohnheiten. Hieraus ist beim Nachweis der gem.Nr. 4104 f�r die Anerkennung als asbestverursachter Lungenkrebs bereits bisher ge-forderten Rçntgenbefunde auch f�r den Kehlkopfkrebs die Asbestverursachung alswesentliche Mitursache begr�ndet. Zur Charakterisierung einer Risikoverdopplunggelten die o. g. Kriterien der Erkrankung an Lungenkrebs.

Die Ermittlung der zur�ckliegenden kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Ar-beitsplatz obliegt in der Regel dem Unfallversicherungstr�ger.

V. LiteraturAhrens W, Jçckel K-H, Patzak W, Elsner G (1991):

Alcohol, smoking and occupational factors in cancer of the larynx: A case-control study.Am J Ind Med 20: 477–493

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 312

298 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 313: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Antmann K, Aisner J (1987):Asbestos related malignancy.Grune & Stratton, Orlando, Florida

Barret IC, Lamb PW, Wiseman RW (1989):Multiple mechanisms for the carcinogenic effects of asbestos and other mineral fibres.Environ Health Perspect 81: 81–89

Berger J, Chang-Claude J, Mçhner M, Wichmann H E (1996):Larynxkarzinom und Asbestexposition: eine Bewertung aus epidemiologischer Sicht.Zbl Arbeitsmed 46: 166–186

Birnmeyer G. (1961):�ber die Beziehung zwischen Inhalationsnoxen und Lokalisation des Larynxcarcinoms.Z Krebsforsch 64: 283–286

Bridger GP, Proctor DF (1971):Laryngeal mucociliary clearance.Ann Otol 80: 445–449

Brown LM, Mason TJ, Pickle LW, Stewart PA, Buffler PA, Burau K, Ziegler RG,Fraumeni JF (1988):Occupational risk factors for laryngeal cancer on the Texas Gulf Coast.Cancer Res 48: 1960–1964

Bundesministerium f�r Arbeit und Sozialordnung (1996):Bekanntmachung einer Empfehlung des �rztlichen Sachverst�ndigenbeirats beim BMA – Sektion„Berufskrankheiten“: Kehlkopfkrebs durch Asbest.Bundesarbeitsblatt, H. 6, 25–28

Craighead JE, Mossmann BT (1982):The pathogenesis of asbestos-associated diseases.New Engl J Med 306: 1446–1455

Deitmer T (1990):Larynxkarzinom und Asbestexposition – Eine kritische Literatur�bersicht.Laryngo-Rhino-Otol 69: 589–594

Dement JM, Harris RL, Symons, MJ, Shy C (1982):Estimates of dose-response for respiratory cancer among chrysotile asbestos textile workers.Ann Occup Hyg 26: 869–887

Doll MJ, Stankus RP, HW Barkmann (1983):Immunopathogenesis of asbestosis, silicosis and coal worker pneumoconiosis.Clin Chest Med 4: 3–14

Doll R, Peto J (1985):Effects on health of exposure to asbestos.Health and Safety Commission. Her Majesty's Stationary Office, London

Edelman DA (1989):Laryngeal cancer and occupational exposure to asbestos.Int Arch Occup Environ Health 61: 223–227

Finkelstein MM (1983):Mortality among long-term employees of an Ontario asbestos-cement factory.Br J Ind Med 40: 138–144

Hammond EC, Selikoff IJ, Seidmann H (1979):Asbestos exposure, cigarette smoking and death rates.Ann NY Acad. Sci 330: 473–490

Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Hrsg.) (1997):Berufsgenossenschaftliche Hinweise zur Ermittlung der kumulativen Asbestfaserstaub-Dosisam Arbeitsplatz (Faserjahre) und Bearbeitungshinweisezur Berufskrankheit Nr. 4104 (Lungenkrebs).BK-Report 1/97, Sankt Augustin

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 313

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 299

Page 314: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Hillerdal G, Lindholm CE (1980):Laryngeal carcinoma and radiological pleural plaques.In: Hillerdal G (ed.): Pleural plaques.Acta universitatis Upsaliensis 363: 193–206

Hirsch A, Bignon J, Sebastien P, Gaudichet A (1979):Asbestos fibres in laryngeal tissues-findings in two patients with asbestosis associated with laryn-geal tumors.Chest 76: 697–699

Kambic V, Radsel Z, Gale N (1989):Alterations in the laryngeal mucosa after exposure to asbestos.Brit J Ind Med 46: 717–723

Kleinsasser O. (1987):Tumoren des Larynx und des Hypopharynx.Thieme, Stuttgart

Konetzke, GW (1994):Das Larynxkarzinom aus arbeitsmedizinischer und onkologischer Sicht – unter Ber�cksichtigungder in der ehemaligen DDR zur Frage des Ursachenzusammenhanges gewonnenen Erkenntnisse.In: Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Hrsg):BK-Report 2/94. Sankt Augustin

K�hn A, Sartorius Ch, Lamprecht J (1990):Deposition und Clearance inhalierter St�ube im menschlichen Kehlkopf.Arch Ohren-, Nasen- Kehlkopfheilk Suppl. II: 228

Maier H, Sennewald E, Dietz A, Fischer G, Gewelke U, Heller WD, Kura N,Zçller J (1994):Risikofaktoren f�r Plattenepithelkarzinome im Kopf-Hals-Bereich. Ergebnisse der Heidelberger Fall-kontrollstudien.Schriftenreihe des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften, Sankt Augustin

Mollo F, Andrion A, Colombo A, Segnan N, Pira E (1984):Pleura plaques and risk of cancer in Turin, Northwest Italy. An autopsy study.Cancer 54: 1418–1422

M�ller, KM (1994):Kehlkopfkarzinom – Pathologische Anatomie.In: Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Hrsg):BK-Report 2/94. Sankt Augustin

Oberdçrster G (1991):Deposition, elimination and effects of fibres in the respiratory tract of humans and animals. Faser-fçrmige St�ube, VDI-Berichte 853.VDI-Verlag D�sseldorf: 17–38

Peto J (1980):Lung cancer mortality in relation to measured dust levels in an asbestos textile factory.In: Wagner JC (ed.): Biological effects of mineral fibres.IARC scientific publication No. 30, Lyon: 829–839

Raffn E, Lynge E, Juel K, Korsgaard B (1989):Incidence of cancer and mortality among employees in the asbestos cement industry in Denmark.Br J Ind Med 46: 90–96

Rçdelsperger K. Woitowitz HJ (1991):Abestfaserstaub-Dosimetrie als Grundlage epidemiologischer Dosis-H�ufigkeits-Untersuchungen.Krebserzeugende Stoffe in der Umwelt, VDI-Berichte 888.VDI-Verlag, D�sseldorf: 293–324

Rçsler JA, Lange HJ, Woitowitz RH, Woitowitz HJ, Rçdelsperger K (1993):Forschungsbericht Asbest IV. Asbesteinwirkung am Arbeitsplatz und Sterblichkeit an bçsartigenTumoren in der Bundesrepublik Deutschland.Eingrenzung von Hochrisikogruppen anhand standardisierter proportionaler Mortalit�tsraten der„Berufskrebsstudie Asbest“.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 314

300 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 315: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Hrsg.: Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften e.V.,Sankt Augustin: 1–160

Roggli VL, Greenberg SD, McLarty JL, Hurst GA, Spivey CG, Hieger LR (1980):Asbestos body content of the larynx in asbestos workers. A study of five cases.Arch Otolaryngol 106: 533–535

Rom WN, Travis WD, Brody AR (1991):Cellular and molecular basis of the asbestos-related diseases.Am Rev Respir Dis 143: 408422

Saracci R (1981):Personal-environment interactions in occupational epidemiology.In: McDonald JC(Ed.): Recent Advances in Occupational HealthMcDonald JC, Churchill Livingstone, Edinburgh: 119–128

Schm�hl D (1981):Einige aktuelle Theorien �ber die Krebsentstehung.In: Schm�hl (Hrsg.): Maligne Tumoren.Cantor Aulendorf, 3. Auflage: 37

Seidman H, Selikoff U, Hammond EC (1979):Short-term asbestos work exposure and long-term observation.Ann NY Acad Sci 330: 61–89

Selikoff IJ, Hammond EC, Seidmann H (1979):Mortality experience of insulation workers in the United States and Canada.Arm NYAcad Sci 330: 91–116

Smith AH, Handley MA, Wood R (1990):Epidemiological evidence indicates asbestos causes laryngeal cancer.J Occup Med 32: 499–507

Stahlhofen W, Gebhart J, Heyder J, Scheuch G (1983):Deposition pattern of droplets from medical nebulizers in the human respiratory tract.Bull Eur Physiopathol Respir 19: 459–463

UICC 1993:Illustrierter Leitfaden zur TNM/pTNM-Klassifikation maligner Tumoren, 3. Aufl.Springer, 32–33

Voytek P, Anver M, Thorslund T (1990):Mechanisms of asbestos carcinogenicity.J Am Coll Toxicol 9: 540–550

Walker C, Barrett JC (1992):Possible cellular and molecular mechanisms for asbestos carcinogenicity.Am J Ind Med 21: 253–273

Weill H, Hughes I, Waggenspack C (1979):Influence of dose and fibre on respiratory risk in asbestos cement manufacturing.Am Rev Respir Dis 120: 345–354

Woitowitz HJ (1985):Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) in Verbindung mit Lungenkrebs.In: Valentin H et al.: Arbeitsmedizin Bd. 2:Berufskrankheiten. Kap. 13.5.2.4.Thieme, Stuttgart 3. Aufl.: 252–262

Woitowitz HJ (1988):Die Problematik der konkurrierenden Kausalfaktoren.Bericht �ber das Kolloquium „Krebserkrankungen und berufliche T�tigkeit“. Mainz. 13. Juli 1988.Hrsg.: S�ddeutsche Eisen- und Stahl-Berufsgenossenschaft, Mainz:37–61

Woitowitz HJ, Lange HJ, Ulm K, Rçdelsperger K, Woitowitz RH (1991):Medizinische Eingrenzung von Hochrisikogruppen ehemals asbeststaubexponierter Arbeitnehmer.Forschungbericht Asbest III.Schriftenreihe des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften, Sankt Augustin

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 315

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 301

Page 316: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Wortley P, Veughan TL, Davis S, Morgan MS, Thomas DB (1992):A case-control study of occupational risk factors for laryngeal cancer.Br J Ind Med 49: 837–844

Hinweis: Kapitel H Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten41 04 Kehlkopfkrebs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 316

302 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 317: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 41 05 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 1/1994, 67–68

Durch Asbest verursachtes Mesotheliom

des Rippenfells, des Bauchfells oder des Pericards

Klinische Zuordnung:GastroenterologieKardiologiePneumologie

I. Vorkommen und Gefahrenquellen siehe Merkblatt zu Nr. 4103

II. Pathophysiologie

Die Faserform des Asbests wird als wesentliches pathogenes Prinzip der Tumorentste-hung angesehen. Asbestfasern kritischer Abmessungen kçnnen mesotheliomerzeu-gend wirken. Mesotheliomerkrankungen kçnnen schon nach wenigen Wochen ent-sprechender Exposition auftreten. Die Latenzzeit betr�gt aber meist mehr als 10 bis15 Jahre und bis zu ca. 60 Jahre seit Beginn der Asbestexposition.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Das diffuse maligne Mesotheliom geht von den Deckzellen serçser Oberfl�chen aus.Es tritt im pleuralen Raum bevorzugt zun�chst mehr umschrieben, im peritonealenBereich diffus knçtchenfçrmig auf. Gekammerte Hçhlenbildung mit eiweiß- und fi-brinreichen Erg�ssen kommt h�ufig vor.

Das Anfangsstadium des Pleuramesothelioms ist oft relativ symptomarm. Sp�terwird �ber Schmerzen im Brustkorb, Luftnot, Husten und Auswurf geklagt. Persistie-rende oder rezidivierende Rippenfellerg�sse sind oft Initialsymptom. Im weiteren Ver-lauf kann die hçckrig-wulstige Grenze der tumorçsen Thoraxwandauflagerungennach Punktion des Ergusses rçntgenologisch dargestellt werden.

Beim Peritonealmesotheliom stehen zun�chst unklare Bauchbeschwerden, Obsti-pation und Aszites im Vordergrund. In sp�teren Stadien kann sich eine Ileussympto-matik entwickeln.

Das sehr seltene Perikardmesotheliom tritt unter dem Bild der Perikarditis mit Pe-

rikarderguß auf. Herzrhytmusstçrungen kommen vor.Das Mesotheliom wird nach dem rçntgenologischen und histologischen Befund

diagnostiziert. Hyaline oder verkalkte Plaques kçnnen wegweisend sein. Metastasie-rung kommt vor.

In allen F�llen ist eine fr�hzeitige histologische Kl�rung anzustreben. Es findensich epitheliale, sarkomatçse oder bivalente Strukturen, z. T. nebeneinander in ver-schiedenen Abschnitten desselben Tumors. Nur der bivalente Typ ist histologisch ambioptischen Ausschnitt auch ohne Autopsie kennzeichnend f�r das Mesotheliom.

Differentialdiagnostisch kommen pleurale oder peritoneale Metastasen eines Pri-m�rtumors anderer Lokalisierung in Frage; sie sind rçntgenologisch von Mesothelio-men kaum zu unterscheiden. Perikarditiden entz�ndlicher Genese kommen als Diffe-rentialdiagnose des Perikardmesothelioms in Betracht.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 317

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 303

Page 318: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

IV. Weitere Hinweise

In epidemiologischen Studien werden diffuse maligne Mesotheliome als stark mit ei-ner Asbesteinwirkung assoziierte Tumoren angesehen („Signaltumoren“). Sie gehç-ren in der �brigen Bevçlkerung zu den seltenen Tumorformen.

Obwohl die meisten Erkrankungen bei beruflich asbestgef�hrdeten Personen auf-treten, sind indirekte Gef�hrdungen, wie der fr�here Haushaltskontakt mit der Ar-beitskleidung von Asbestarbeitern oder in der Nachbarschaft ehemalig asbestver-arbeitender Betriebe zu beachten. Somit kçnnen offenbar verh�ltnism�ßig niedrigekumulative Asbestfaserstaub-Dosen Jahrzehnte sp�ter bei manchen Personen zumMesotheliom f�hren. Etwa ein Drittel der Pleuramesotheliomf�lle weist keine Asbe-stexposition in der Vorgeschichte auf. Die Exposition kann oft nur durch eine gr�ndli-che, sachverst�ndige und l�ckenlose Anamneseerhebung gekl�rt werden.

Ein Verdacht auf eine Berufskrankheit der Nr. 4105 ist bereits bei jedem Mesothe-

liom begr�ndet. Zus�tzliche Hinweise sind*:– Verdacht auf berufliche Asbestexposition,– rçntgenologische Hinweise auf eine Lungenasbestose,– Pleuraplaques,– vermehrt Asbestkçrperchen oder Asbestfasern im Lungengewebe.

V. LiteraturBecklake, M. R.:

State for the art – astbestos-related diseases of the lung and other organs, their epidemiology andimplications.Amer. Rev. Resp. Dis. 114 (1976), 187–227

Bohlig, H., H. Otto:Asbest und Mesotheliom.Thieme, Stuttgart, 1975

Bohlig, H.:Pneumokoniosen nach Inhalation vorwiegend silikathaltiger St�ube.In: Hb. Innere Medizin, Bd. IV/l: Pneumokoniosen.Hrsg.: W. T. Ulmer und G. ReichelSpringer, Berlin, Heidelberg, 1976, 389–466

Großgarten, K., H.-J. Woitowitz:Erkrankungen der Pleura durch Asbest- und Erionitfaserstaub.Dt. �rztebl. 90 (1993) A 1, 708–723 (Heft 10)

Hain, E., P. Dalquen, H. Bohlig, A. Dabbert, I. Hinz:Katamnestische Untersuchungen zur Genese des Mesothelioms.Int. Arch. Arbeitsmed., 33 (1974), 15–37

International Agency for Research on Cancer:On the evaluation of carcinogenic risk of chemicals to man. Asbestos.IARC-Monographs, Nr. 14, Lyon, 1977

McDonald, J. C., A. D. McDonald:Epidemiology of mesothelioma from estimated incidence.Prev. Med. 6 (1977), 426–446

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 318

* vergl. Anhang zum Merkblatt zu Nr. 4103

304 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 319: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Mirabella, F.:Epidemiology of Pericardial Mesothelioma.Pathologica 74 (1982) 215–229

Otto, H.:Versicherungsrechtliche Probleme bei der Beurteilung berufsbedingter Krebskrankheiten am Bei-spiel des Mesothelioms.Verh. Dtsch. Ges. Arbeitsmed. e. V., 19. Jahrestagung, M�nster, 2.–5. Mai 1979Gentner, Stuttgart, 1979, 283–295

Rçsler, J. A., H.-J. Woitowitz, H.-J. Lange, R. H. Woitowitz, K. Rçdelsperger:Forschungsbericht Asbest IV. Asbesteinwirkung am Arbeitsplatz und Sterblichkeit an bçsartigenTumoren in der Bundesrepublik Deutschland.Schriftenreihe des Hauptverbandes der gewerblichen BerufsgenossenschaftenSankt Augustin, 1993

Roggli, V. L.:Fiber analysis.In: W. N. Rom (Ed.): Environmental and Occupational Medicine.Little, Brown & Co, Boston, 2. Edition, 1992, 255–267

Selikoff, L. J., E. C. Hammond (Edit.):Health hazards of asbestos exposure.Ann. N. York Acad. Sci., Vol. 330, New York,1979

Valentin, H., G. Lehnert, H. Petry, G. Weber, H. Wittgens, H.-J. Woitowitz:Arbeitsmedizin. Band 2: Berufskrankheiten.Thieme, Stuttgart, 3. Aufl. 1985, 252–261

Woitowitz, H.-J., R. Paur, G. Breuer und K. Rçdelsperger:Das Mesotheliom, ein Signaltumor der beruflichen Asbeststaubgef�hrdung.Dtsch. med. Wschr. 109: (1984) 363–368

Woitowitz, H.-J., K. Rçdelsperger:Epidemiologie von Asbestinhalationsfolgen.In: UBA-Bericht 7/80: Umweltbelastung durch Asbest und andere faserige Feinst�ube.E. Schmidt, Berlin, 1980, 203–266

Zielhuis, R. L.:Public health risks of exposure to asbestos.Published by Pergamon press for the Commission of the European Communities, Luxemburg, 1977

Literaturerg�nzung:Buhl, R., Vogelmeier, C.:

Erkrankungen der PleuraIn: Vogelmeier, C., Buhl, R.: Pneumologische Notf�lleWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 319

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 305

Page 320: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 41 06 Anlage BKV

(Nr. 29/6. – 7. BK-VO)Arbeitsschutz 11/1963, 283–284

Erkrankungen der tieferen Atemwege und der Lungen

durch Aluminium oder seine Verbindungen

Klinische Zuordnung:Pneumologie

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Aluminium (Al) kommt nur in Form seiner Verbindungen, wie Feldspat, Glimmer,Hornblende, deren Verwitterungsprodukte, wie Bauxit, Kaolin, Ton und als Oxyde,wie Korund oder Schmirgel, in der Natur vor.

Erkrankungen der tieferen Luftwege und der Lungen werden bei Personen beob-achtet, die Aluminiumpulver, vor allem ungefetteten Aluminiumfeinstaub (sogenann-ten Pyroschliff), herstellen; insbesondere trifft dies f�r das Feinstampfen, Sieben undMischen zu. Auch die Herstellung von Aluminiumpulver durch Schmelzzerst�ubung,das Ausschmelzen von Aluminiumoxid aus Bauxit sowie die Herstellung von Alumi-niumlegierungen kçnnen u. U. eine Gefahrenquelle sein.

Die Verwendung des Aluminium-Bronze-Pulvers, auch im Spritzverfahren, ist inder Regel nicht gesundheitsgef�hrdend.

II. Aufnahme und Wirkungsweise

Aluminium oder seine Verbindungen werden als Staub, Rauch oder Dampf �ber dieAtemwege aufgenommen. In den tieferen Luftwegen und in der Lunge kommt es amOrt der Ablagerung des Al-Ions zu irreversiblen Eiweißver�nderungen im Gewebe. Esbildet sich ein dichtes, zellarmes, kollagenfaseriges Bindegewebe, das fr�hzeitig hya-lin degeneriert und eine hochgradige Schrumpfungstendenz zeigt. Lungenschrump-fung mit hyaliner Verdichtung der Alveolarsepten, teilweiser Verçdung der Alveolar-lichtungen und Atrophie des respiratorischen Epithels kçnnen die Folge sein.Hiluslymphknoten sind im Gegensatz zur Silikose an dieser diffusen Fibrose nicht be-teiligt; spezifische Granulombildungen fehlen.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Im Vordergrund stehen Husten, Auswurf, Kurzatmigkeit, zun�chst bei Anstrengung,dann auch bei Ruhe. Auskultatorisch finden sich oft Ger�usche einer Bronchitis; ggf.ist eine Minderung der Atemfunktion nachweisbar.

R ç n t g e n o l o g i s c h ist in leichteren F�llen nur eine verst�rkte Lungenzeich-nung zu erkennen

Sp�ter treten streifige, unscharf fleckige, teils fl�chenhaft wolkige Verschattungen,bevorzugt in den Mittel- und Oberfeldern, auf; Spitzenfelder und Hili sind frei, Ver-ziehung der Luftrçhre sowie spitz- oder breitzipflige, im medialen oder lateralen Drit-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 320

306 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 321: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

tel gelegene Zwerchfelladh�sionen sind typische Zeichen des fortgeschrittenenKrankheitsbildes.

Relativ h�ufig kann ein Spontanpneumothorax – auch rezidivierend und doppel-seitig – auftreten.

Die schweren Lungenver�nderungen f�hren fr�hzeitig zu chronischer Bronchitis

und Emphysem mit Einschr�nkung der Atemfunktionen sowie schließlich zum Cor

pulmonale. Blutbild, Blutsenkungsreaktion und Kçrpertemperatur sind uncharakte-ristisch.

IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung

Das Ergebnis einer eingehenden Arbeitsanamnese ist f�r die �rztliche Beurteilung be-sonders wichtig. Atem- und Herz-Kreislauffunktionsstçrungen kçnnen st�rker sein,als nach dem Rçntgenbild zu erwarten ist.

Die Latenzzeit zwischen der Exposition und dem Auftreten der Erkrankung ist un-terschiedlich, sie schwankt zwischen 6 Monaten bis zu 15 Jahren und mehr. Dabei istweniger die Dauer als die Intensit�t der Einwirkung des Aluminiums oder seiner Ver-bindungen von Bedeutung.

Nach Wegfall der Exposition ist ein Fortschreiten dieser Erkrankung seltener alsbei der Silikose.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 321

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 307

Page 322: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 41 07 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 7–8/1983, 54–55

Erkrankungen an Lungenfibrose durch Metallst�ube

bei der Herstellung oder Verarbeitung von Hartmetallen

Klinische Zuordnung:Pneumologie

Hartmetalle sind pulvermetallurgisch erzeugte Werkstoffe, die sich durch ihre großeVerschleißfestigkeit, Temperatur- und Korrosionsbest�ndigkeit auszeichnen. Man un-terscheidet Sinterhartmetalle, Aufschweißlegierungen und Aufspritzpulver auf Car-bidbasis. Nur noch geringe Bedeutung haben heute Gußcarbide.

Sinterhartmetalle bestehen vorwiegend aus hochschmelzenden Carbiden von be-sonders geeigneten Metallen, wie Wolfram, Titan, Tantal, Niob, Molybd�n, Chromund Vanadium. Als Bindemittel sind Kobalt, selten Nickel oder Eisen zugesetzt. DieHerstellung von Sinterhartmetallen verl�uft �ber mehrere Stufen:

Das feingemahlene Carbidpulver wird mit dem Metallpulver vermischt, isosta-tisch zu einer Form gepreßt und bei ca. 600 bis 900� C vorgesintert. Nach anschlie-ßender Rohbearbeitung in Form von Schleifen, Bohren, S�gen, Drehen, erfolgt dieFertigsinterung bei ca. 1350 bis 1600' C im Vakuum oder unter Schutzgas.Sinterhartmetalle werden1. als Schnittwerkzeuge in der spangebenden Verarbeitung bei der Metallbearbei-

tung,2. als Mahlwerkzeuge bei der Gesteinsbearbeitung (Bergbau und Tunnelbau),3. bei der spanlosen Verarbeitung als Preß- und Ziehwerkzeuge (Draht) und4. als Verschleißschutz eingesetzt.Sofern eine Nachbearbeitung von gesinterten Hartmetallen notwendig ist, geschiehtdies in der Regel durch Nassschleifen mit Diamant- und Korundscheiben. Dar�ber-hinaus findet auch das Funkenerosionsverfahren Anwendung.

Aufschweißlegierungen bestehen aus gegossenem und anschließend zerkleinertemWolframcarbid. Letzteres wird in Stahlrçhrchen gef�llt, die als Schweißelektrodenverwendet werden. Beim Schweißen entsteht eine hochharte Legierung, die der Panze-rung von Maschinen bzw. Maschinenteilen mit hohem abrasivem Verschleiß dient.

Aufspritzpulver bestehen aus gegossenen Wolframcarbidkçrnern und einem Bin-dematerial (Basis Nickel-Chrom-Bor). Diese Pulver werden mittels Auftragsbrenneroder Aufspritzpistolen auf verschleißbeanspruchte Stahlteile aufgebracht.

Gußcarbide sind gegossene Fremdkçrper aus Kobalt und Nickel oder Kobalt undEisen mit Carbidbildern wie Chrom, Molybd�n, Wolfram. Sie enthalten bis zu 4 %

Kohlenstoff.

I. Gefahrenquellen

Als Gefahrenquellen gelten insbesondere:– St�ube beim Mahlen und Mischen der Ausgangsstoffe (Carbide)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 322

308 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 323: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

– D�mpfe und Rauche beim metallischen Verh�ttungsprozeß in Sinterçfen, d. h.beim Reduzieren, Karburieren, Vorsintern und Fertigsintern der Ausgangsstoffeoder Zwischenprodukte

– St�ube bei der Rohbearbeitung, z. B. beim Drehen, Bohren, S�gen und Schleifender vorgesinterten Teile

– St�ube bei der Feinbearbeitung, z. B. beim Schleifen mittels Diamant- oder Ko-rundscheiben des fertiggesinterten Materials sowie bei der Nachbearbeitung vonSchneidwerkzeugen

II. Pathophysiologie

Lungeng�ngiger Staub oder Rauch des vor- und fertiggesinterten oder gegossenenMaterials kann in der Lunge zu fibrotischen Ver�nderungen f�hren. Die Pathogenesedieser Erkrankungen ist noch nicht in vollem Umfang bekannt.

Unter allen Exponierten sind die Hartmetallschleifer am st�rksten gef�hrdet.Durch den konstanten Hartmetallabrieb einerseits und die Wiederverwendung desSchleifwassers andererseits werden die Einzelbestandteile der Hartmetalle kontinuier-lich im Schleifwasser angereichert. Besondere Bedeutung scheint hierbei das Kobaltzu haben; �ber die Rolle einiger anderer Bestandteile der Hartmetalle sind sichereAussagen noch nicht mçglich.

Das metallische Kobalt wird im Schleifwasser ionisiert und kann als lungeng�ngi-ges Aerosol leichter resorbiert werden als der trockene Schleifstaub. Die ionisierteForm des Kobalt reagiert mit Proteinen und wirkt vermutlich als Hapten, wodurchdie Bildung spezifischer Antikçrper mçglich wird. In der Dermatologie sind Nickelund Kobalt bereits seit langem als Allergene bekannt.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Das Krankheitsbild ist durch eine interstitielle Lungenfibrose charakterisiert. Eine ob-struktive Atemwegserkrankung kann als Komplikation hinzutreten.

Die interstitielle Lungenfibrose wird nach mehrj�hriger Expositionsdauer beob-achtet. Fr�hsymptome sind Atemnot und trockener Husten. Neben einer Tachypnoeund basalem Knisterrasseln kçnnen im weiteren Verlauf Cyanose, Trommelschlegel-

finger und Zeichen des Cor pulmonale beobachtet werden.Von besonderer Bedeutung f�r die Diagnose ist die Thorax�bersichtsaufnahme. Je

nach Schweregrad der Erkrankung zeigt sich eine netzfçrmig-streifig vermehrte Lun-gengrundzeichnung. Sp�ter kann eine meist feine Kçrnelung mit Verschmelzungsten-denzen hinzutreten. Die Hili sind oft symmetrisch verdichtet und von der Umgebungscharf abgegrenzt. Außerdem kçnnen schmetterlingsfçrmige Tr�bungsbezirke auftre-ten. Diese im Rçntgenbild erkennbaren Ver�nderungen sind relativ uncharakteris-tisch und entsprechen den Rçntgenbildern bei anderen Fibrosen.

Die pulmokardialen Funktionsausf�lle entsprechen denen einer interstitiellen Lun-

genfibrose. Es finden sich Hinweise auf eine restiktive Ventilationsstçrung. Eine be-lastungsabh�ngige Erniedrigung des arteriellen Sauerstoffdrucks im Sinne einer Diffu-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 323

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 309

Page 324: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

sionsstçrung wird h�ufig beobachtet. Sp�ter kann eine obstruktive Komponente hin-zutreten.

Diagnostische Hinweise kann eine Schwermetallbestimmung im biologischen Ma-terial (Blut, Urin) geben.

IV. Weitere Hinweise

Der begr�ndete Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit ergibt sich aus derArbeitsanamnese, aus der Symptomatik und dem Rçntgenbefund der Lunge.

Bei der differentialdiagnostischen Kl�rung der Erkrankung m�ssen Lungenfibro-sen anderer oder unbekannter Genese in Betracht gezogen werden.

Bez�glich der Inhaltsstoffe Chrom und Nickel wird auf die entprechenden Merk-bl�tter verwiesen.

V. LiteraturFriberg, L., Nordberg, G. F., Vouk, V. B.:

Handbook on the Toxicology of MetalsElsevier/North Holland Biomedical Press (1979)

Hartung, M., Lang, C.:Aktuelle Aspekte zur Anerkennung einer Hartmetallfibrose der Lunge als Berufskrankheit.In: Bericht �ber die 20. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft f�r Arbeitsmedizin e. V., Inns-bruck, 27.–30. April 1980, S. 325–332,A. W. Gentner Verlag, Stuttgart (1980)

Hartung, M., Schaller, K. H., Schildmayer, H., Weltle, D., Valentin, H.:Untersuchungen zur Cobaltbelastung von Hartmetallschleifern.In: Bericht �ber die 21. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft f�r Arbeitsmedizin e. V. Berlin,13.–16. Mai 1981, S. 175–178.A. W. Gentner Verlag, Stuttgart

Hartung, M., Schaller, K. H., Brand, E.:On the Question of the Pathogenetic Importance of Cobalt for Hard Metal Fibrosis of the Lung.Int. Arch. Occup. Environ. Health 1982, S. 53–57, Springer Verlag 1982

Koelsch, F.:Gesundheitssch�den durch Metallkarbide und Hartmetalle.Zbl. Arbeitsmed. Arbeitssch., 33–40 (1959)

Konitzko, H., Fleischmann, R., Reill, G., Reinhard, U.:Lungenfibrosen bei der Bearbeitung von Hartmetallen.Dtsch. Med. Wschr. 105, 120–123, (1980)

McDermott, F. T.:Dust in the Cemented Carbide IndustryAmer. Industr. Hyg. Ass. 32, 188–193 (1971)

Morgan, W. K. C., Seaton, A.:Occupational lung diseases.W. B. Saunders, Philadelphia, London, Toronto (1975)

Moschinski, G., Jurisch, A., Reinl, W.:Die Lungenver�nderungen bei Sinterhartmetall-Arbeitern.Arch. Gewerbepath. Gewerbehygiene. 16, 697–720 (1959)

Reber, E., Burckhardt, P.:�ber Hartmetallstaublungen in der Schweiz.Respiration 27, 120–153 (1970)

Reichel, G.:Hartmetallfibrose.In: Handbuch der inneren Medizin. Bd. IV Pneumokoniosen S. 481–484

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 324

310 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 325: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Hrsg. W. T. Ulmer u. G. ReichelSpringer Verlag Berlin – Heidelberg – New York, 1976

Scherrer, M., Maillard, J.-M.:Hartmetall – Pneumopathien.Schweiz. Med. Wschr. 112, 198–207 (1982)

Valentin, H., Lehnert, G., Petry, H., Weber, G., Wittgens, H., Woitowitz, H.-J.:Arbeitsmedizin 2. Aufl., Bd. II, S. 274–277Thieme, Stuttgart (1979)

Criteria for Controlling Occupational Exposure to Cobalt.In: NIOSH, Occup Hazard Assessment.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 325

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 311

Page 326: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 41 08 Anlage BKV

(Nr. 36/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 9/1962, 205

Erkrankungen der tieferen Atemwege und der Lungen

durch Thomasmehl (Thomasphosphat)

Klinische Zuordnung:Pneumologie

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Thomasmehl (Thomasphosphat) besteht aus Phosphaten, Silikaten und Oxiden vonKalzium, Eisen und Mangan mit geringen Beimengungen von Vanadiumverbindun-gen u. a. Es wird gewonnen aus der Thomasschlacke, die bei der Roheisengewinnungim sogenannten Thomasverfahren anf�llt.

Gefahrenquellen sind z. B. beim Brechen und Mahlen der Thomasschlacke, beimAbsacken, Transport (Umf�llen besch�digter S�cke), Lagern sowie beim D�ngemit-telmischen und beim Ausstreuen des D�ngemittels gegeben.

II. Aufnahme und Wirkungsweise

Staub, der in hoher Konzentration �ber die Atemwege auf genommen wird, kann eineSch�digung der tieferen Luftwege und der Lunge bewirken. Inwieweit physikalische(mechanische), chemisch-toxische oder infektiçse Faktoren hierbei eine Rolle spielen,ist noch nicht gekl�rt.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Es kann zu akuten und chronischen Bronchitiden mit uncharakteristischem Verlaufkommen; im allgemeinen heilen diese nach Wegfall der Exposition komplikationslosab.

Akute kruppçse Pneumonien und Bronchopneumonien kçnnen unter einemschweren Krankheitsbild in k�rzester Zeit tçdlich verlaufen; sie werden aber heutenur noch selten beobachtet.

IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung

Unter Ber�cksichtigung der Arbeitsanamnese ist der zeitliche Zusammenhang zwi-schen Staubexposition und Erkrankung nachzuweisen.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 326

312 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 327: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 41 09 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 11/1989, 62–63

Bçsartige Neubildungen der Atemwege und der Lungen

durch Nickel oder seine Verbindungen

Klinische Zuordnung:HNO-HeilkundePneumologie

Nickel (Ni) und seine Verbindungen werden in zunehmendem Maße in allen hoch-industriellen L�ndern verwendet. Die j�hrliche Weltproduktion betr�gt z. Z. etwa800 000 t.

Reines Nickel ist ein silbergl�nzendes Metall, das sich, �hnlich wie Eisen, polieren,schmieden, schweißen, zu Blech walzen und zu Draht ziehen l�ßt. Es ist in massiverForm sehr widerstandsf�hig gegen Luft, Wasser, Alkalien und viele organische Stoffe,dagegen wird es von anorganischen S�uren wie Salz-, Schwefel- und Salpeters�ure be-sonders bei hçheren Temperaturen angegriffen.

Nickelverbindungen, wie z. B. Nickelsulfid (NiS), sulfidische Verbindungen, wiesie bei der Raffination nickelhaltiger Erze auftreten (Ni3S2) und Nickeloxid (NiO)gelten als in Wasser praktisch unlçslich, werden aber von oxidierenden mineralischenS�uren gelçst. Dagegen sind Nickelsulfat (NiSO4) und Nickelchlorid (NiCl2) in Was-ser leicht lçslich.

Das organische Nickeltetracarbonyl (Ni(O)4) ist eine farblose Fl�ssigkeit, die alsZwischenprodukt bei der Nickelraffination im sog. MOND-Verfahren auftritt. Es istin Wasser nur gering lçslich und aus arbeitsmedizinischer Sicht vor allem wegen sei-ner akuten toxischen und chemisch-irritativen Wirkung bedeutsam.

I. Vorkommen und Gefahrenquelle

Der Anteil des Elementes Nickel an der Erdkruste wird auf 0,015 Prozent gesch�tzt.Damit steht es in der H�ufigkeitsliste an 24. Stelle zwischen Chrom und Strontium. Inder Erdkruste ist Nickel fast immer an Schwefel, Kiesels�ure, Arsen oder Antimon ge-bunden. Wichtige Nickelmineralien sind z. B. der Garnierit, der Pentlandit, der Late-rit, das Nickelit sowie der Cobalt-Antimon- und Weißnickelkies. F�r die technischeNickelgewinnung sind vor allem der Garnierit und einige Magnetkiese wie der Pent-landit von Bedeutung.

Insgesamt finden heute �ber 3 000 verschiedene Nickellegierungen industriell undim privaten Bereich Verwendung. Der grçßte Teil der Nickel-Produktion (ca. 60 bis70 Prozent) wird zur Stahlveredelung und zur Herstellung sogenannter Nickelbasisle-gierungen bençtigt.

Entsprechend den vielf�ltigen industriellen Anwendungen besteht ein Risiko ins-besondere bei folgenden T�tigkeiten und Arbeitsprozessen:– Aufbereitung und Verarbeitung von Nickelerzen zu Nickel oder Nickelverbindun-

gen (auch Arbeiten an nachgeschalteten Staubfiltern) im Bereich der Raffination– Elektrolytische Abscheidung von Nickel unter Verwendung unlçslicher Anoden

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 327

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 313

Page 328: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

– Herstellen und Verarbeiten von Nickel und Nickelverbindungen in Pulverform– Herstellen nickelhaltiger Akkumulatoren und Magnete– Lichtbogenschweißen mit nickelhaltigen Zusatzwerkstoffen in engen R�umen

oder ohne çrtliche Absaugung in ungen�gend bel�fteten Bereichen– Plasmaschneiden von nickelhaltigen Werkstoffen– Thermisches Spritzen (Flamm-, Lichtbogen-, Plasmaspritzen) mit nickelhaltigen

Spritzzus�tzen– Schleifen von Nickel und Legierungen mit erheblichem Nickelgehalt– Elektrogalvanisation (elektrolytisches Vernickeln von z. B. Eisenoberfl�chen)– Fabrikation von nickelhaltigen Spezialst�hlen (z. B. Ferronickel)– Plattieren (mechanisches Vernickeln)– Verwendung von feinverteiltem Nickel als großtechnischer Katalysator in der or-

ganischen Chemie (z. B. bei der Fetth�rtung).

Organische Nickelverbindungen

Eine Exposition durch inhalative oder teilweise transkutane Aufnahme von Ni-ckeltetracarbonyl kann bei der Herstellung von Nickel nach dem MOND-Verfahrenvorliegen.

Grunds�tzlich muß mit dem Auftreten von Ni(CO)4 immer dann gerechnet wer-den, wenn Kohlenmonoxid mit einer reaktiven Form von Nickel in Kontakt kommt.

II. Pathophysiologie

Die Aufnahme von Nickel und seinen Verbindungen kann durch Einatmen oder Ver-schlucken und im Falle des Nickeltetracarbonyls auch durch die Haut erfolgen.

Nickel und seine anorganischen Verbindungen werden nach peroraler Aufnahme,�hnlich wie die Schwermetalle, nur in geringem Umfang �ber die Magen-Darm-schleimhaut resorbiert (ein bis f�nf Prozent). �ber die transkutane Aufnahme beimMenschen liegen bisher keine zuverl�ssigen Studien vor.

Auch die Aufnahme und Resorptionsrate nach inhalativer Exposition sind bishernicht eindeutig gekl�rt.

Im menschlichen Blut ist Nickel haupts�chlich an Albumin und L-Histidin gebun-den. Peroral appliziertes Nickel scheint sich, soweit es resorbiert wird, im wesentli-chen gleichm�ßig �ber den gesamten Organismus zu verteilen. Nach Belastungen mitlçslichen Nickelsalzen konnten die hçchsten Konzentrationen in der Niere nach-gewiesen werden. In j�ngster Zeit hat sich herausgestellt, daß es z. B. bei Nickelraf-fineriearbeitern zu einer erheblichen Kumulation in der Lunge kommen kann.

Grunds�tzlich muß festgehalten werden, daß Nickelresorption, -stoffwechsel und-wirkung von Art und Aufnahme der applizierten Verbindung abh�ngen.

Intestinal resorbierte anorganische Nickelverbindungen werden beim Menschenvor allem �ber die Faeces und in geringerem Umfang �ber den Urin ausgeschieden.Hingegen ist nach berufsbedingter, meist inhalativer Belastung �berwiegend eine re-nale Elimination beschrieben. Nach bisherigen Erkenntnissen wird das Ausschei-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 328

314 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 329: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 329

dungsmaximum im Urin nach peroraler Zufuhr lçslicher anorganischer Nickelver-bindungen im Laufe der ersten vier Stunden erreicht. Die Halbwertszeit der renalenElimination wurde zwischen 17 und 53 Stunden bestimmt.

Kanzerogene Wirkung

Epidemiologische Studien weisen derzeit insbesondere f�r den Bereich der Nickel-raffination eine erhçhte Pr�valenz von Erkrankungen im Bereich des Bronchialsys-

tems, der Nasenhaupt- und der Nasennebenhçhlen sowie des Kehlkopfes auf. DieseErgebnisse wurden sowohl in Nickelraffinerien, die das sog. Carbonyl-Verfahren(MOND-Prozeß) praktizieren, als auch in solchen, die eine elektrolytische Aufarbei-tung vornahmen, beobachtet.

Unter Ber�cksichtigung der Expositionsbedingungen in der Raffination sowie derbisher vorliegenden Tierversuche kann davon ausgegangen werden, daß vor allem imWasser schwer lçsliche sulfidische (Ni2S2) und oxidische Nickelerze sowie metalli-sches Nickel geeignet sind, karzinogene Wirkungen hervorzurufen. �ber den Patho-mechanismus der Karzinogenese sind derzeit keine zuverl�ssigen Aussagen mçglich.Epidemiologische Studien aus der nickelbe- und verarbeitenden Industrie erbrachtenbisher keine eindeutigen Anhaltspunkte f�r das vermehrte Vorkommen von Krebs-erkrankungen.

III. Krankheitsbild und Diagnose

F�r die Zeit zwischen Beginn der Nickel-Exposition und klinischer Manifestation derKrebserkrankungen im Bereich des Bronchialsystems bzw. der Nasenhaupt- und Na-

sennebenhçhlen werden in der Literatur teilweise divergierende Zeitr�ume genannt.Unter Ber�cksichtigung der relevanten Daten ist davon auszugehen, daß sie durch-schnittlich 20 bis 30 Jahre betr�gt.

Grunds�tzlich sind die bçsartigen Erkrankungen durch Nickel oder seine Verbin-dungen weder bez�glich ihrer klinischen Symptomatologie noch pathologisch-anato-misch von Karzinomen anderer Genese zu unterscheiden.

IV. Weitere Hinweise

Wichtig ist eine sorgf�ltige Erhebung der Arbeitsanamnese im Hinblick auf eine rele-vante Exposition. Luftanalysen und das Biological Monitoring sind w�nschenswert.

Die Nickel-Bestimmung im Lungengewebe kann vor allem nach Exposition gegen-�ber schwerlçslichen Nickelverbindungen wichtige Zusatzinformationen �ber einefr�here Exposition geben. Hierbei ist die Kinetik des Nickelstoffwechsels zu beach-ten. Bei der Beurteilung des Risikos sind ggf. langj�hrige inhalative Rauchgewohnhei-ten als konkurrierender außerberuflicher Faktor angemessen zu ber�cksichtigen (Syn-

karzinogenese).Nickelinduzierte Hauterkrankungen in Form eines allergischen Kontaktekzems

(„Nickelkr�tze“) fallen unter die Nr. 5101, durch Nickel oder seine Verbindungenverursachte obstruktive Atemwegserkrankungen unter die Nr. 4301 bzw. 4302 An-lage 1 BekV.

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 315

Page 330: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

V. LiteraturDoll, R.:

Nickel exposure: a human health hazard.In: F. W. Sunderman jr. (Hrsg.): Nickel in the Human Environment.IARC, Lyon, Vol. 53, (1984), 3–21

International Agency for Research on Cancer (IARC), Hrsg.:IARC-Monographs on the Evaluation of Carcinogenic Risks to Humans, Supplement 7 „Nickel andNickel Compounds»,Lyon, (1987) 264–269

Ludewigs, H. J., A. M. Thiess:Arbeitsmedizinische Erkenntnisse bei der NickelcarbonylvergiftungZbl. Arbeitsmed., 20 (1970), 329–339

National Institute for Occupational Safety and Health, (NIOSH), Hrsg.:Criteria for a Recommended Standard: Occupational Exposure to Inorganic Nickel.Publication 77–164,US Government Printing Office, Washington, D. C. (1977) 1–282

Nriagu, J. O., Ed.:Nickel in the EnvironmentEnviron. Sci. Technol. Ser., J. Wiley and Sons. New York, (1980) 833

Raithel, H. J.:Zur gutachterlichen Problematik bei fraglich Nickel-induziertem Malignomen.Arbeitsmed., Sozialmed., Pr�ventivmed., 22 (1987), 193 bis 199

Raithel, H. J.:Untersuchungen zur Belastung und Beanspruchung von 837 beruflich Nickel-exponierten Per-sonen.Schriftenreihe d. Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften e. V.,St. Augustin, (1987), 199

Reith, J. P.:Carciogenicity and Mutagenicity of Nickel and Nickel Compounds.In: F. W. Sunderman et al. (Hrsg.): Nickel in the Human EnvironmentIARC, Lyon, Vol. 53 (1984)

Rigaut, J. P.:Rapport pr�paratoire sur les criter�s de sant� pour le nickel.Commission des Communaut�s Europ�ennes, Luxembourg, Do. CCE/LUX/V/E/24/83 (1983)

Sunderman, F. W. jr.:Recent progress in nickel carcinogenesis.Toxicol. Environ. Chem. 8, (1984), 235–252

Vainio, H. et al.:Data on the Carcinogenicity of Chemicals in the IARC Monographs Programme.Carcinogenesis 6 (1985), 1953

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 330

316 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 331: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 41 10 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 2/1990, 135–136

Bçsartige Neubildungen der Atemwege

und der Lungen durch Kokereirohgase

Klinische Zuordnung:HNO-HeilkundePneumologie

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Man unterscheidet je nach Hçhe der einwirkenden Temperaturen die Schwelung (450bis 700� C) und die Verkokung (�ber 700� C). Die Entgasung der Kohle beginnt be-reits vor der Schwelung. Bei 100 bis 350� C tritt eine „Vorentgasung“ ein. Es entwei-chen Wasserdampf, Sauerstoff, Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Methan und Stick-oxide. Bei hçheren Temperaturen (bis 500� C) vollzieht sich die „Hauptentgasung“.Hier beginnt die thermische Zersetzung (Pyrolyse), bei der u. a. eine Vielzahl vonKohlenwasserstoffen entsteht, darunter bei hçheren Temperaturen auch polyzykli-sche aromatische Verbindungen (PAH = polycyclic aromatic hydrocarbons). In denheute �berwiegend eingesetzten Horizontalkammerçfen werden Koksendtemperatu-ren von 1OOO� C und mehr erreicht.

Die Gase am Ofenblock stammen aus allen Temperaturbereichen, die bis zu denHçchststufen der Kohleerhitzung durchlaufen werden.

Das bei der Kohleverkokung erzeugte „Rohgas“ wird in einem geschlossenen Sys-tem auf Umgebungstemperatur abgek�hlt, gereinigt und als „Stadtgas“ (Brenngas)f�r Verbrennungszwecke abgegeben.

Unter dem Ausdruck „Kokereirohgase“ im Sinne dieser Berufskrankheit werden so-wohl das so bezeichnete technische Produkt als auch Luftverunreinigungen verstanden,die beim Betreiben der �fen, insbesondere beim Beschicken und Entladen der Kam-mern, aber auch aufgrund von Kammerundichtigkeiten am Ofenblock frei werden.

Durch Leckagen aus den �fen austretende Gase k�hlen in der Außenluft rasch ab.Dabei kondensieren die PAH-Gemische. Sie lagern sich weitgehend anderen Schweb-stoffpartikeln an.

Gef�hrdungen ergeben sich f�r das am Ofenblock und in seiner unmittelbarenUmgebung eingesetzte Personal. Insbesondere gehçren hierzu T�tigkeiten als– F�llwagenfahrer,– Einfeger (Deckenmann),– Steigrohrreiniger,– Teerschieber,– Druckmaschinenfahrer,– Kokskuchenf�hrungswagenfahrer bzw. Koks�berleitungsmaschinist,– Lçschwagenfahrer,– T�rmann,– Rampenmann.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 331

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 317

Page 332: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Mit Gef�hrdungen ist auch bei der Wartung von Rohgasleitungen zu rechnen, wennsolche Arbeiten regelm�ßig durchzuf�hren sind und die Mçglichkeit des Freiwerdensvon Gasen besteht.

II. Pathophysiologie

Die Kokereirohgase enthalten eine Reihe krebserzeugender Substanzen. Von besonde-rer Bedeutung f�r bçsartige Neubildungen der Atemwege und der Lungen sind PAH-Gemische.

Entsprechend ihrem aerodynamischen Durchmesser werden solche Staubartenund Aerosole in verschiedenen Abschnitten der Atemwege deponiert. Es kann zu Ku-mulationen kommen und damit an solchen Stellen zu l�nger anhaltenden, auch �berdie Zeit der Exposition hinausreichenden Einwirkungen.

Die tracheobronchialen und lungeng�ngigen Fraktionen kçnnen als wesentlicheUrsache f�r Karzinome der tieferen Atemwege und der Lungen angesehen werden.Grçbere Partikel stellen Gef�hrdungen f�r die oberen Atemwege dar.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Die Atemwegstumoren durch Kokereirohgase unterscheiden sich in Verlauf undSymptomatik nicht von solchen anderer Verursachung. Dies trifft auch f�r die his-tologische Differenzierung zu. Die diagnostische Abkl�rung hat sich zu orientieren anden allgemeinen Regeln zur Erkennung von Atemwegstumoren.

IV. Weitere Hinweise

Die Konzentration und Zusammensetzung von Kokereirohgasen an den einzelnen Ar-beitspl�tzen von Kokereien sind Schwankungen unterworfen. Sie sind abh�ngig vonder Art der Kohle, der Garungszeit, von Witterungseinfl�ssen sowie von baulichenBedingungen. Am ung�nstigsten sind die Verh�ltnisse im Sommer und bei Windstille.Auch �berdachungen wirken sich bei ungen�gender Bel�ftung ung�nstig aus.

Wegen des langen Intervalls zwischen Beginn der beruflichen Einwirkung und derTumormanifestation sollten auch �ltere, heute nicht mehr gebr�uchliche Verfahrender Kohleverkokung Beachtung finden, zumal das Gef�hrdungspotential dort meisthçher einzusch�tzen ist als bei den heute gebr�uchlichen, in Blçcken zusammengefaß-ten Horizontalkammerçfen.

Die Tumoren treten im allgemeinen nach mehrj�hriger (mindestens 2 Jahre) Expo-sition gegen�ber Kokereirohgasen auf. Bei k�rzerer Dauer als 2 Jahre sind an die In-tensit�t der Exposition besonders hohe Anforderungen zu stellen.

Bei der Beurteilung des Risikos sind ggf. langj�hrige inhalative Rauchgewohnhei-ten als konkurrierender außerberuflicher Faktor angemessen zu ber�cksichtigen (Syn-

kanzerogenese).

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 332

318 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 333: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

V. LiteraturAhland, E.; G. Nashan; W. Peters; W. Weskamp (1977):

Schwelung und VerkokungIn: J. Falbe, Chemierohstoffe aus KohleG. Thieme, Stuttgart

Althoff, J. (1980):The local effects of PAH in the respiratory tractVDI-Berichte Nr. 358, 323VDI-Verlag, D�sseldorf

Blome, H. (1983):Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAH) am ArbeitsplatzBIA-Report 3/83, Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften

Doll, R.; M. P. Vessey; R. W. R. Beasley, A. R. Buckley; E. C. Fear; R. E. W. Fisher; E. J. Gammon; W Gunn;G. 0. Hughes, K.Lee; B. Norman-Smith (1972):Mortality of gasworkers – Final report of a prospective studyBritish Journal of Industrial Medicine 29, 394

Hurley, J. F.; R. Mcl. Archibald; P. L. Collings; D. M. Fanning; M. Jacobsen; R. C. Steele (1983):The Mortality of Coke Workers in BritainAmerican Journal of Industrial Medicine 4. 691

IARC/W. H. O. (1973):Dibenzo(a,h)pyrene, in Certain Polycyclic Aromatic Hydrocarbons and Heterocyclic Compounds.IARCMonographs on the Evaluation of Carcinogenic Risk of Chemicals to Man.International Agency for Research on Cancer, Lyon Vol. 3

IARC/W. H. O. (1984):Polynuclear Aromatic Compounds, Part. 3.Industrial Exposures in Aluminium Production, Coal Gasification, Coke Production and Iron andSteel FoundingMonographs on the Evaluation of Carcinogenic Risk of Chemicals to Man.International Agency for Research on Cancer, Lyon, Vol. 34

IARC/W. H. O. (1985):Polynuclear Aromatic Compounds, Part. 4.Bitumens, Coal-tars and Derived Products, Shale-Oils and SootsMonographs on the Evaluation of Carcinogenic Risk of Chemicals to Man.Internat. Agency for Research on Cancer, Lyon, Vol. 35

Lloyd, J. W. (1980):Problems of lung cancer mortality in the steelworkersVDI-Berichte Nr. 358, 237VDI-Verlag D�sseldorf

Manz, A.; J. Berger, H. Waltsgott (1983):Zur Frage des Berufskrebses bei Besch�ftigten der Gasindustrie; Cohortenstudie.Bundesanstalt f�r Arbeitsschutz und Unfallforschung, Dortmund, Forschungsbericht Nr. 352Wirtschaftsverlag NW, Bremerhaven

Masek, V. (1974):3,4-Benzpyrene in lungeng�ngigen und nicht lungeng�ngigen Teilen des Flugstaubes von KokereienZbl. Arb. med. 24, 213

TRGS 102 (1989):TRK-Wert f�r Benzo(a)pyrenBArbBl. 3/89, S. 84

Wargenau, M. (1984):Inhaltliche und methodische Aspekte bei der Bestimmung des BerufsrisikosDissertation Universit�t Dortmund

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 333

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 319

Page 334: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Hinweis: Kapitel I Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten nach§ 9 (2) SGB VII1 Lungenkrebs durch polyzyklische aromatische Kohlenwasser-

stoffe

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 334

320 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 335: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 41 11 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 12/1997, 35–36

Chronische obstruktive Bronchitis oder Emphysem von Bergleuten

unter Tage im Steinkohlenbergbau bei Nachweis der Einwirkung einerkumulativen Dosis von in der Regel 100 Feinstaubjahren [(mg/m�) x Jahre]

Klinische Zuordnung:Pneumologie

Neuere wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, daß die chronische ob-struktive Bronchitis oder das Lungenemphysem nach langj�hriger Untertage-T�tig-keit im Steinkohlenbergbau auch ohne Vorhandensein von silikosetypischen radio-logischen Ver�nderungen (vergleiche Nr. 4101) signifikant geh�uft vorkommen.Dabei besteht eine Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen eingeatmeter Staubmengeund dem Auftreten einer chronischen obstruktiven Bronchitis oder eines Lungen-

emphysems. Aus einer Reihe epidemiologischer Untersuchungen ist ableitbar, daß beidieser Personengruppe nach einer kumulativen Dosis von in der Regel 100 Feinstaub-jahren [(mg/m�) x Jahre ]* gegen�ber der �brigen Bevçlkerung eine Risikoverdoppe-lung auftritt, an einer chronischen obstruktiven Bronchitis oder einem Emphysem zuerkranken.

Die kumulative Feinstaubdosis errechnet sich aus den jeweiligen Feinstaubkon-zentrationen in der Luft am Arbeitsplatz in mg/m� multipliziert mit der Anzahl derJahre, in welchen der Versicherte unter den �blichen Arbeitsbedingungen (220Schichten zu je 8 Stunden pro Jahr) unter Tage verbracht hat.

I. Gefahrenquellen

Als Ursache dieser Berufskrankheit kommt nur die T�tigkeit im Steinkohlenbergbauunter Tage in Betracht. Nur f�r die Angehçrigen dieser Berufsgruppe ist erwiesen,daß sie nach einer kumulativen Feinstaubexposition von 100 [(mg/m�) x Jahre] in er-heblich hçherem Maße gef�hrdet sind, an einer chronischen obstruktiven Bronchitis

oder an einem Lungenemphysem zu erkranken. Urs�chlich bedeutsam sind nicht nurdie Staubkonzentrationen im Unter-Tage-Betrieb von Steinkohlenbergwerken, son-dern auch das Zusammenwirken von besonderen klimatischen Bedingungen mit Ex-position gegen�ber Hitze, Gasen und D�mpfen, gemeinsam mit schwerer kçrper-licher Belastung.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 335

* Der Begriff Feinstaub entspricht dem seit 1996 in der Europ�ischen Union neu einge-f�hrten Begriff „alveoleng�ngige Staubfraktion“ (MAK- und BAT-Werte-Liste Kap. V, Ae-rosole 1996)

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 321

Page 336: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

II. Pathophysiologie

Eine Bronchitis entsteht h�ufig durch �berforderung der Reinigungsmechanismen imLuftrçhrensystem. Es kommt zu entz�ndlichen Ver�nderungen der die Bronchien aus-kleidenden Schleimhaut mit Entwicklung einer qualitativ und quantitativ krankhaf-ten Schleimabsonderung. Inflammatorische Zytokine und eine Stçrung der lokalenImmunabwehr wirken mit. Durch Reizung von Nervenendigungen in der Schleim-haut entsteht Husten. Auch eine unspezifische bronchiale Hyperreagibilit�t kann be-obachtet werden. Der Entz�ndungsprozeß kann direkt durch Erschlaffen der Alveo-lareingangsringe, durch einen z�hen Schleim oder durch die Kontraktion der glattenBronchialmuskulatur, die �ber Zellmediatoren fehlgesteuert wird, zur Einengung derLuftrçhren�ste (Bronchial-Obstruktion) f�hren. Dadurch kann sich sowohl eine zen-trale als auch eine periphere obstruktive Atemwegserkrankung entwickeln. Vorwie-gend ist die Ausatmung behindert. Es bilden sich eine �berbl�hung peripherer Lun-genabschnitte mit Atrophie von Alveolarsepten und ein Lungenemphysem aus. F�rdiesen Prozeß werden auch Stçrungen des Proteasen-Antiproteasen-Gleichgewichtsund eine mangelhafte Detoxikation von Oxidantien als Folge von inhalativ auf-genommenen Schadstoffen verantwortlich macht.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Eine Bronchitis gilt als chronisch, wenn an den meisten Tagen von wenigstens 3 Mo-naten in 2 aufeinanderfolgenden Jahren Husten besteht und vermehrt Bronchial-schleim entleert wird. Bei einer obstruktiven Bronchitis liegen zus�tzlich Zeichen derBronchialeinengung in Form brummender und giemender Begleitger�usche vor, diedurch Auskultation des Brustkorbs oder in schweren F�llen auf Distanz wahrnehm-bar sind. Es kommt zu subjektiv empfundener Atemnot. Diese ist chronisch und wirdvor allem bei kçrperlicher Belastung empfunden. Sie tritt nicht, wie beim klassischenAsthma bronchiale, vorwiegend anfallsweise auf.

Entscheidend ist nicht nur die kritische Wertung von Anamnese und klinischemBefund, sondern vor allem die objektive Einschr�nkung der Lungenfunktion. Letztereist ausschlaggebend f�r die Lebensqualit�t und die Lebenserwartung des Betroffenen.

Objektive Beurteilungskriterien f�r die Bronchialobstruktion sind wenigstens zeit-weise eine gemessene Erhçhung des zentralen oder peripheren Atemwegswiderstandesoder eine erhebliche Verminderung des in der ersten Sekunde exspirierbaren Atemvo-lumens (Atemstoßtest). Die Bestimmung des Atemstoßtests, des maximal in 1 Sekundeausatembaren Luftvolumens (FEV1 = „forced exspiratory volume“ in 1 Sekunde), unddie maximale Strçmungsgeschwindigkeit der Ausatemluft sind stark von der Mitarbeitdes Probanden abh�ngig. Eine Verminderung des Atemspitzenflusses und ein vorzeitigrascher Abfall der Strçmungsgeschwindigkeiten im Fluß-Volumen-Diagramm weiseneine �berwiegend periphere Bronchialobstruktion nach. Als weitgehend mitarbeits-unabh�ngige Standardmethode gilt die Ganzkçrperplethysmographie.

Das Lungenemphysem wird durch eine Erhçhung des intrapulmonalen Residual-volumens und der Totalkapazit�t, rçntgenologisch durch abgeflachte Zwerchfellkup-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 336

322 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 337: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

pen, breite Zwischenrippenr�ume und vermehrt strahlentransparente Lungenfeldererkannt.

Eine chronische obstruktive Bronchitis mit einem Lungenemphysem (= obstruk-tive Atemwegserkrankung) kann in fortgeschrittenen F�llen eine �berlastung derrechten Herzkammer (Cor pulmonale) und eine respiratorische Insuffizienz mit ver-mindertem Sauerstoff- und sp�ter auch erhçhtem Kohlens�uregehalt im arteriellenBlut nach sich ziehen.

IV. Weitere Hinweise

Der Bronchialschleim kann pathogene Keime enthalten. Prim�r infektiçs und aller-gisch verursachte Bronchialerkrankungen sind aber abzugrenzen. F�r eine �berwie-gend infektiçse Genese spricht, wenn langj�hrige, rezidivierende Nasennebenhçhlen-entz�ndungen bestanden haben. Im wesentlichen allergisch verursachte obstruktiveBronchialerkrankungen kommen vorwiegend als Asthma bronchiale oder asthmoideBronchitis bei Sensibilisierung gegen�ber ubiquit�ren Umweltallergenen, z. B. Pflan-zenpollen, Hausstaubmilben oder Tierepithelien, zur Beobachtung.

Hinzuweisen ist auch auf das mçgliche Vorhandensein einer obstruktiven Atem-wegserkrankung nach Einwirkung chemisch-irritativer, toxischer oder allergisierenderArbeitsstoffe (vergleiche Nr. 4302, 4301 und 1315). Wichtig ist auch der differential-diagnostische Ausschluß eines Bronchialkarzinoms. Eine Silikose mit bronchopulmo-nalen Folgeerscheinungen (Bronchitis, Lungenemphysem) f�llt unter Nr. 4101 oder4102.

Die Berechnungen der kumulativen Feinstaubdosis unter Tage erfolgt durch denUnfallversicherungstr�ger.

V. LiteraturBauer H.-D., 1995:

Staubjahre: Mçglichkeiten ihrer Ermittlung unter Einbeziehung unterschiedlicher Meßsysteme undVerfahren der Arbeitseinsatzlenkung – Bearbeitungshinweise –Herausgeber: BIA-Report 7/95, Hauptverband der Gewerbl. Berufsgenossenschaften, Alte Heerstr.,53754 St. Augustin

Bundesministerium f�r Arbeit und Sozialordnung, 1995:Bekanntmachung zur Berufskrankheit „Chronische obstruktive Bronchitis oder Emphysem vonBergleuten unter Tage im Steinkohlenbergbau bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Fein-staubdosis von in der Regel 100 [(mg/m�) x Jahre]“Bundesarbeitsblatt, H. 10, 39–45

Collins H. P. R., J. A. Dick, J. G. Bennett P. O. Pern, M. A. Richards. D. J. Thomas, J.S. Washington,M. Jacobsen, 1988:Irregularly shaped small shadows on chest radiographs, dust exposure, and lung function in coal-worker's pneumoconiosisBrit. J. Industr. Med. 45, 43–55

Fruhmann G., H.-J. Woitowitz. 1997:Chronisch-obstruktive Bronchitis und LungenemphysemDtsch. �rzteblatt, 94, B, 198–199

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 337

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 323

Page 338: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Lange H. J., L. Pache, 1991:Bericht �ber Auswertungen von Daten der Knappschaftlichen Rentenversicherung (KnRV), der Ar-beiterrenten- (AtV) und der Angestelltenversicherung (AnV) zur Frage von chronischer Bronchitis(CB) und/oder Emphysem (E) als arbeitsbedingte Erkrankungen der BergleuteArbeitsmed. Sozialmed. Pr�ventivmed. – ASP Sonderheft – 17

Lange H. J., 1992:Chronische Bronchitis und Lungenemphysem als Rentenursachen bei Untertaget�tigenAtemw. Lungenkrkh. 18, 519–527

Lewis S., J. Bennett, K. Richards, J. Britton, 1996:A cross-sectional study of the independent effect of occupation on lung function in British coal mi-nersOccup Environ Med. 53, 125–128

Marine W. M., D. Gurr, M. Jacobsen, 1988:Clinically Important Respiratory Effects of Dust Exposure and Smoking in British Coal MinersAmer. Rev. Resp. Dis. 137, 106–112

Miller B. G., M. Jacobsen, 1985:Dust exposure, pneumoconiosis, and mortality of coalminers.Brit. J. Industr. Med. 42, 723–733

Morfeld P., C. Piekarski, 1996:Chronische Bronchitis und Emphysem als Berufskrankheit der SteinkohlenbergleuteSchriftenreihe Zentralblatt f�r Arbeitsmedizin, Band 15,Heidelberg, Haefner Verlag

Oxman A. D., D. C. F. Muir, H. S. Shannon, S. R. Stock, E. Hnizdo, H. J. Lange, 1993:Occupational dust exposure and chronic obstructive pulmonary disease.A systematic overview of the evidenceAmer. Rev. Resp. Dis. 148, 38–48

Soutar C., S. Campell, D. Gurr, M. Lloyd, R. Love, H. Cowie, A. Cowie, A. Seaton 1993:Import and deficits of lung function in three modern colliery populations. Relation with dust expo-sure.Amer. Rev. Resp. Dis. 147, 797–893

Literaturerg�nzung:Baur, X., Preisser, A.:

Asthma bronchiale und COPDWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2005

Hinweis: Kapitel H Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten41 11 Chronische obstruktive Bronchitis oder Emphysem

von Bergleuten

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 338

324 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 339: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 41 12 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 11/2002, 64–65

Lungenkrebs durch die Einwirkung von kristallinem Siliziumdioxid (SiO2) bei nach-

gewiesener Quarzstaublungenerkrankung (Silikose oder Siliko-Tuberkulose)

Klinische Zuordnung:Pneumologie

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Als kristalline Modifikationen des Siliziumdioxids (SiO2) werden in diesem Merk-blatt Quarz, Cristobalit und Tridymit behandelt. Quarzhaltige St�ube in Kohlengru-ben sind nicht Gegenstand dieser Berufskrankheit (vgl. auch Abschnitt IV).

Quarz ist das zweith�ufigste Mineral in der Erdkruste. Es kommt in vielen Gestei-nen zu nicht unerheblichen Anteilen und demzufolge auch in den daraus durch Ver-witterung entstandenen Bçden vor.

Arbeitsbedingte Gefahrenquellen bestehen durch Staubentwicklung bei der Ge-winnung, Be- oder Verarbeitung insbesondere von Sandstein, Quarzit, Grauwacke,Kieselerde (Kieselkreide), Kieselschiefer, Quarzitschiefer, Granit, Gneis, Porphyr,Bimsstein, Kieselgur und keramischen Massen.

Insbesondere sind die Natursteinindustrie bei der Gewinnung, Verarbeitung undAnwendung von Festgesteinen, Schotter, Splitten, Kiesen, Sanden, das Gießereiwesen– insbesondere beim Aufbereiten von Formsanden und Gußputzen, die Glasindustrie(Glasschmelzsande), die Emaille- und keramische Industrie (Glasuren und Fritten,Feinkeramik), die Herstellung feuerfester Steine sowie die Schmucksteinverarbeitungzu nennen. Weiterhin wird Quarzsand bzw. Quarzmehl als F�llstoff (Gießharze,Gummi, Farben, Dekorputz, Waschpasten), als Filtermaterial (Wasseraufbereitung)und als Rohstoff, z. B. f�r die Herstellung von Schwingquarzen, Siliziumcarbid, Sili-kagel, Silikonen und bei der Kristallz�chtung eingesetzt. Die Verwendung als Schleif-und Abrasivmittel (Polier- und Scheuerpasten) oder als Strahlmittel ist ebenfalls zu er-w�hnen.

Mit dem Vorkommen von Cristobalit und Tridymit ist zu rechnen, wenn Dia-tomeenerden, Sande oder Tone einer hohen Temperatur ausgesetzt wurden, so z. B. infeuerfesten Steinen und gebrannter Kieselgur. Solche Cristobalitsande und -mehlewerden als F�llstoffe in Farben, Lacken und Kunststoffputz, in keramischen Fliesen-massen, in Scheuermitteln sowie als Bestandteil von Einbettmassen f�r den Dental-,Schmuck- und anderen Pr�zisionsguß verwendet.

Als potentiell besonders durch lungeng�ngige Quarzst�ube exponierte Berufs-gruppen sind Erz- (einschließlich Uranerz-) bergleute, Schachthauer sowie Gesteins-hauer (auch im Steinkohlenbergbau, soweit diese T�tigkeiten des Schacht- und Ge-steinshauers die gesamte Quarzstaubdosis �berwiegend bedingt hat), Tunnelbauer,Gußputzer, Sandstrahler, Ofenmaurer, Former in der Metallindustrie zu nennen, wei-terhin Personen, die bei der Steingewinnung, -bearbeitung und -verarbeitung oder ingrob- und feinkeramischen Betrieben sowie in Dentallabors besch�ftigt sind.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 339

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 325

Page 340: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

II. Pathophysiologie

Die allgemeinen Wirkungen von kristallinen SiO2–Partikeln beruhen auf einer direk-ten Wechselwirkung der Kristalloberfl�che mit Zellmembranen oder Zellfl�ssigkei-ten.

Bez�glich der Wirkung von einatembarem kristallinem Siliziumdioxid sind zweipathogenetische Mechanismen zur unterscheiden:a. Die nach Alveolardeposition von Fibroblasten ausgehende fibrogene Wirkung, de-

ren Kenntnis zur Aufnahme der Silikose und Siliko-Tuberkulose in die Liste derBerufskrankheiten f�hrte (vgl. Merkbl�tter zu Nrn. 4101 und 4102 Anl. BKV)und

b. eine prim�r die Epithelzellen der mittleren und tiefen Atemwege betreffende kan-

zerogene Wirkung.

Allgemein w�chst die Gef�hrdung mit der Zunahme des alveoleng�ngigen Anteils ander Staubfraktion, mit dem Gehalt an kristallinem Siliziumdioxid (SiO2) sowie derExpositionszeit.

Die Erkenntnisse aus Studien bei Tier und Mensch veranlassten die IARC (Interna-tional Agency for Research on Cancer), im Jahre 1997 Quarz als „krebserregend f�rden Menschen“ einzustufen. Auch durch die Senatskommission zur Pr�fung gesund-heitssch�dlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft wurde 1999die krebserzeugende Wirkung von „Siliziumdioxid, kristallin – Quarz-, Cristobalit-,Tridymitstaub (alveoleng�ngiger Anteil – identisch mit der �lteren Definition ‚Fein-staub‘ – Formel SiO2)“ nach Kategorie 1 als f�r den Menschen gesichert krebserzeu-gend eingestuft.

Nach Adjustierung auf die Rauchgewohnheiten als wichtigstem Confounder zeigtsich in Metaanalysen, daß sich das Lungenkrebsrisiko beim Vorliegen einer Silikosesowohl f�r Nichtraucher als auch f�r Raucher im Mittel um mehr als das Zweifacheerhçht.

In einer Reihe von Industrie- und Wirtschaftszweigen wurden epidemiologischsolche �berh�ufigkeiten von Lungenkrebs beobachtet. Dies gilt vorrangig f�r denErzbergbau, die Gewinnung und Bearbeitung von Naturstein, die keramische Indus-trie, Silikat- und Tonsteinindustrie, die Aufbereitung und den Umschlag von Dia-tomeenprodukten und die Gießereiindustrie. Die Datenlage zum Lungenkrebsrisikovon Steinkohlenbergleuten ist noch uneinheitlich, so dass diese derzeit vom Geltungs-bereich der Nr. 4112 Anl. BKV ausgenommen sind.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Lungenkrebs im Sinne dieser BK ist das Bronchialkarzinom.Bez�glich der aus der fibrogenen Wirkung von Quarzstaub resultierenden Erkran-

kungen (Silikose und Siliko-Tuberkulose) wird auf die zu den BerufskrankheitenNr. 4101 und 4102 existierende und in den jeweiligen Merkbl�ttern zitierte Literaturverwiesen.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 340

326 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 341: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Die pathologisch-anatomisch und rçntgenologisch faßbaren Tumorlokalisationenlassen ebenso wie die histomorphologischen Eigenschaften keine spezifischen Merk-male in Abh�ngigkeit von der Staubexposition erkennen. Alle histologischen Wachs-tumsmuster kommen vor.

Die anzuwendende Diagnostik unterscheidet sich nicht vom Vorgehen bei Lungen-krebs anderer oder unbekannter Genese. Hinweise dazu finden sich in den aktuellenLeitlinien der medizinischen Fachgesellschaften.

Die Verdachtsdiagnose einer Silikose wird unter besonderer Ber�cksichtigung derArbeitsanamnese einschließlich der Art und der Intensit�t der Staubbelastung meistaufgrund von Rçntgenaufnahmen der Lunge anhand der Internationalen Staublun-genklassifikation (ILO) gestellt (vgl. Merkbl�tter zu Nrn. 4101 und 4102 Anl. BKV).

Computertomographische Untersuchungen dienen der Fr�herkennung oder diffe-rentialdiagnostischen Abkl�rung u. a. einer ebenfalls anzeigepflichtigen Hilussilikose.

Differentialdiagnostisch m�ssen u. a. eine Sarkoidose, eine miliare Lungentuber-kulose oder andere Formen granulomatçser Lungenfibrosen in Erw�gung gezogenwerden.

IV. Weitere Hinweise

Eine Anzeige wegen des Verdachts auf das Vorliegen einer Berufskrankheit Nr. 4112ist begr�ndet, wenn bei entsprechender Arbeitsanamnese – insbes. in den im Ab-schnitt I genannten Branchen und T�tigkeiten – bei einem an Silikose erkrankten Ver-sicherten zus�tzlich ein Lungenkrebs (Synonym: Bronchialkarzinom) diagnostiziertwird.

Die Anzeigepflicht gilt unabh�ngig von den Rauchgewohnheiten des Erkrankten.Bei der alleinigen Bewertung histologischer Befunde ist in diesen F�llen abzuw�-

gen, ob vor der Feststellung der Krebserkrankung eine Silikose der rçntgenologischenDiagnostik entgangen oder inwieweit im Zeitintervall zwischen der letzten Rçntgen-aufnahme und der Erkrankung an Lungenkrebs ein unkontrolliertes Fortschreiten derSilikose erfolgt sein kann bzw. deren Auftreten erst in diesem Zeitintervall denkbarist. Ferner ist zu bedenken, daß die Sensitivit�t der radiologischen Diagnostik im Ver-gleich zu histologischen Befunden allgemein unterlegen ist (HNIZDO & MURRAY,1998) und gerade autoptisch diagnostizierte, rçntgenologisch nicht erfaßte hiloglan-dul�re Silikosen eine besonders starke Assoziation zum Lungenkrebs aufweisen(HNIZDO & SLUIS-CREMER, 1991).

Neben den hier dargestellten Kriterien f�r das Krankheitsbild Lungenkrebs ist zu-s�tzlich zwingend das Krankheitsbild einer Silikose bzw. einer Siliko-Tuberkulose zufordern. Hierzu wird auf die o. g. Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten der Nrn.4101 und 4102 Anl. BKV verwiesen.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 341

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 327

Page 342: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

V. LiteraturBundesministerium f�r Arbeit und Sozialordnung – BMA (Hrsg.):

Merkblatt zur BK Nr. 4101. Bek. vom 3. Februar 1998BarbBl 4/1998, S. 61

Bundesministerium f�r Arbeit und Sozialordnung – BMA (Hrsg.):Merkblatt zur BK Nr. 4102. Bek. vom 3. Februar 1998BarbBl 4/1998, S. 63

Bundesministerium f�r Arbeit- und Sozialordnung – BMA (Hrsg.):Wissenschaftliche Begr�ndung f�r die Berufskrankheit „Lungenkrebs durch die Einwirkung vonkristallinem Siliciumdioxid (SiO2) bei nachgewiesener Quarzstaublungenerkrankung (Silikose oderSiliko-Tuberkulose)“. Bek. vom 1. August 2001BarbBl. 9/2001, S. 37–59

Bohlig, H.; Hain, E.; Valentin, H.; Woitowitz, H.-J.:Die Weiterentwicklung der Internationalen Staublungenklassifikation und ihre Konsequenzen f�rdie arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen staubgef�hrdeter Arbeitnehmer (ILO 1980/Bun-desrepublik).Prax. Pneumol. 35 (1981), 1134–1139

Bolm-Audorff, U.; Mçhner, M.; Morfeld, P.; Ahrens, W.; Br�ske-Hohlfeld, I.; Jçckel, K.-H.; Pohlabeln,H.; Wichmann, H. E.:Lungenkrebsrisiko durch berufliche Exposition – Quarzst�ube.In: Jçckel, K.-H., I. Br�ske-Hohlfeld, H. E. Wichmann (Hrsg.):Lungenkrebsrisiko durch berufliche Exposition. Fortschritte in der Epidemiologie.Landsberg: Ecomed 1998, 186–209

Greim, H. (Hrsg.):Gesundheitssch�dliche Arbeitsstoffe – Toxikologische Begr�ndung von MAK-Werten.Loseblatt, 29. LieferungM�nchen: WILWEY-VCH 1999

Hnizdo, E.; Murray, J.:Risk of pulmonary tuberculosis relative to silicosis and exposure to silica dust in South Africangold miners.Occup. Environ. Med. 55 (1998), 496–502

Hnizdo, E.; Sluis-Cremer, G. K.:Silica exposure, silicosis, and lung cancer: a mortality study of South African gold miners.Br. J. Ind. Med. 48 (1991), 53–60

Morfeld, P.; Piekarski, C.:Steinkohlengrubenstaub und Kanzerogenit�t – Stand der epidemiologischen Erkenntnisse.Kompass 12 (2000), 313–323

M�ller, K.-M.; Wiethege, Th.:Quarz und Lungentumoren – Daten und Fakten des Pathologen.Pneumologie 54 (2000), 24–31

Woitowitz, H.-J.:Erkrankungen der Atemwege.In: Valentin, H. et al.: Arbeitsmedizin, Band 2Stuttgart: Thieme 1985, 184–228

Woitowitz, H.-J.:Kanzerogenit�t des alveoleng�ngigen Anteils von Quarzstaub.Arbeitsmed. Sozialmed. Umweltmed. 34 (1999) 12, 524–532

Hinweis: Kapitel H Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten41 12 Lungenkrebs durch die Einwirkung von kristallinem Silizi-

umdioxid (SiO2)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 342

328 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 343: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

42 Erkrankungen durch organische St�ube

Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten Nr. 42 01 – Nr. 42 03 Anlage BKV

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 343

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 329

Page 344: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 42 01 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 11/1989, 63–64

Exogen-allergische Alveolitis

Klinische Zuordnung:Pneumologie

Exogen-allergische Alveolitiden (synonym: Hypersensitivit�ts-Pneumonitiden) sindakute, subakute und chronische Lungenentz�ndungen, die durch eingeatmete Anti-gene verursacht werden und zur Lungenfibrose neigen. Hierzu gehçren die Farmer-

lunge, die Vogelhalter-Lunge und die Befeuchter-Lunge sowie eine Reihe seltener be-obachteter Erkrankungen.

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Die Farmerlunge tritt bevorzugt in regenreichen Gebieten (Alpenrand, K�stengebiete)w�hrend der Sp�therbst-, Winter- und Fr�hjahrsmonate auf. Gef�hrdet sind vor allemPersonen, die bei landwirtschaftlichen Arbeiten den Staub von verschimmelten Fut-ter- und Einstreumitteln (Heu, Stroh u. a.) einatmen. Der Staub, der sich bei der Ge-fl�gelhaltung oder Weiterverarbeitung der Federn entwickelt, kann eine Vogelhalter-

Lunge hervorrufen. Die Befeuchter-Lunge wird vorwiegend in Druckereibetrieben,vereinzelt auch in vollklimatisierten Arbeitsr�umen beobachtet.

Seltene berufliche Gefahrenquellen entstehen u. a. durch:– Z�chtung von Speisepilzen (Pilzarbeiter-Lunge)– Malzgewinnung w�hrend �lterer Brauereiverfahren (Malzarbeiterlunge)– Herstellung und Lagerhaltung von K�se– Sch�larbeiten an Holzst�mmen und Kontakt zu S�gemehl– Schleifen von Perlmutt– Verwendung von Isocyanaten zur Herstellung von Polyurethanen, Lacken und

Klebstoffen– Einsatz von Phthals�ure- und Trimellith-Anhydrid f�r die Produktion von Epoxid-

harzen und als Weichmacher– Lagerung von Obst– Rçsten von Kaffee– Verarbeiten getrockneter Tabakbl�tter.

II. Pathophysiologie

Urs�chlich wirken sensibilisierende organische Materialien vor allem aus Sporen vonthermophilen Actinomyceten, Aspergillen und anderen Schimmelpilzen, ferner Be-standteile von Vogelfedern (Einfettsekrete?) und Proteine von Insekten und Schalen-tieren. Mit der Entdeckung weiterer gef�hrdender St�ube muß gerechnet werden.

Nach Einatmung der unterschiedlichen Antigene entwickelt sich bei entsprechen-der Disposition im Alveolarbereich ein allergisches Geschehen, wahrscheinlich �ber-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 344

330 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 345: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

wiegend nach Typ III der Immunologie-Klassifikation. Letztlich liegt eine Entz�n-dung durch Freisetzung intrazellul�rer Mediator-Substanzen vor, die von Immun-komplexen oder direkt von den durch Antigene sensibilisierten T-Suppressor-Lym-phozyten stammen. Die Immunkomplexe entstehen durch Reaktion der nachfr�heren Kontakten im Serum zirkulierenden IgG – Antikçrper mit den erneut inha-lierten Antigenen in der Lunge. Auch kann eine Aktivierung des Komplementsystemsauf dem alternativen Weg unter Komplementverbrauch mit verzçgerter Reizantwortnach Art des Arthus-Ph�nomens zustande kommen.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Die Erkrankung entwickelt sich oft erst nach jahrzehntelanger Exposition. Man kann– allerdings ohne scharfe Abgrenzung – einen akuten, einen subakuten und einenchronischen Krankheitsverlauf unterscheiden. In typischen F�llen beginnt die exogen-allergische Alveolitis mehrere Stunden nach meist massiver Staubeinwirkung (z. B.Stallarbeiten) mit dem klinischen Bild einer Pneumonie (Farmer-, Vogelhalter-Lunge).Nach prothahierter Einatmung des Antigens finden sich auch subakut oder chronischzunehmende Krankheitserscheinungen (z. B. Befeuchter-Lunge).

Es treten Atemnot, Husten ohne wesentlichen Auswurf, Engegef�hl im Brustkorb,Abgeschlagenheit und klassischerweise akut Fieber mit Frçsteln und Gliederschmer-zen auf. Auskultatorisch finden sich basal und in den Mittelfeldern ohrnahe fein- bismittelblasige Rasselger�usche. Funktionell handelt es sich zun�chst um eine restrik-tive Ventilationsstçrung und um eine pulmonale Diffusionsstçrung. In der Folge stel-len sich auch Appetitlosigkeit und Gewichtsabnahme ein. Die einzelnen Krankheits-sch�be kçnnen folgenlos ausheilen oder zu fortschreitender Lungenfibrose f�hren.

Rçntgenologisch sieht man im akuten Stadium Zeichen eines interstitiellen und al-veol�ren �dems, nicht selten auch feinere und grçbere, zur Konfluenz neigendeFleckschatten, meist Hilusnah und in den Unterfeldern. Bisweilen treten erst Tagenach der Exposition punktfçrmige Verschattungen auf, deren Streuung so dicht seinkann, daß sie dem bloßen Auge als milchig-glasige Tr�bungszonen erscheinen. Die Fi-brose des chronischen Stadiums stellt sich durch streifige, retikul�re, sp�ter auch zys-tische Strukturen mit zirrhotischen und emphysematçsen Ver�nderungen dar.

Funktionell handelt es sich um eine restriktive Ventilationsstçrung (Verminderungder Vitalkapazit�t) und pulmonale Diffusionsstçrung (Verminderung des CO-Trans-fer-Faktors, Abfall des Sauerstoffpartialdrucks im arteriellen Blut nach Ergometer-Be-lastung). Eine Bronchialobstruktion gehçrt prim�r nicht zum Krankheitsbild, siekann sich aber schleichend fr�her oder sp�ter einstellen, in aller Regel erst nachDurchlaufen rezidivierender, akuter Krankheitssch�be.

Unter den Laborbefunden tritt h�ufig eine Vermehrung der Gamma-Globuline imSerum hervor. Mit immunologischen Untersuchungen (Doppel-Immundiffusion nachOuchterlony, ELISA, Radioimmunoassays, Immunoblotverfahren usw.) kçnnen h�u-fig im Serum IgG-Antikçrper (z. B. gegen thermophile Actinomyceten, Aspergillenund Schimmelpilze, Extrakt aus arbeitsplatzbezogenem, verschimmeltem Heu) fest-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 345

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 331

Page 346: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 346

gestellt werden. Diese sind jedoch f�r die Diagnose nur bedingt aussagekr�ftig, da ei-nerseits ein derartiger Nachweis auch an �ber 20 Prozent von gesunden exponiertenPersonen gelingt und andererseits eine exogen-allergische Alveolitis auch durch di-rekte Antigen-Wirkung ohne Bildung von IgG-Antikçrpern entstehen kann. In derbroncho-alveolaren Lavage findet sich in der Regel eine Vermehrung der Lymphozy-ten mit einem erhçhten Anteil der T-Suppressorzellen. In der akuten Phase herrschttypischerweise eine Granulozytose vor.

Das histologische Bild ist gekennzeichnet durch eine diffuse, oft peribronchol�rbetonte, interstitiell-entz�ndliche Rundzellinfiltration mit Granulomen aus epitheloi-den sowie Fremdkçrper-Riesenzellen mit Lymphozytensaum. Die Sp�tphase mit derchronischen interstitiellen Lungenfibrose ist weder makroskopisch noch mikrosko-pisch krankheitsspezifisch und kann von anderen Formen der fortgeschrittenen Lun-

genfibrose nicht unterschieden werden.

IV. Weitere Hinweise

Die Erhebung einer eingehenden Arbeitsanamnese mit dem verzçgerten, 4 bis 6 Stun-den nach Exposition auftretenden, akuten Krankheitsbild ist besonders wichtig. Gele-gentlich ist zur Diagnose von schleichenden chronischen Verl�ufen sowie von Sp�tsta-dien mit ausgepr�gter, uncharakteristischer Lungenfibrose ein arbeitsplatzbezogenerinhalativer Provokationstest hilfreich. Er bedarf stets einer strengen Indikationsstel-lung und sollte besonders erfahrenen Untersuchern vorbehalten bleiben. Bei positi-vem Ausfall treten nach vier bis sechs Stunden nicht nur systemische Reaktionen (An-stieg der Kçrpertemperatur und der Leukozyten im peripheren Blut, Engegef�hl imBrustkorb, Gliederschmerzen), sondern auch ein erheblicher Abfall der Vital- undDiffusionskapazit�t sowie des arteriellen Sauerstoffpartialdrucks, aber keine wesent-liche Erhçhung des Atemwegwiderstandes auf. Ferner kçnnen feinblasig klingendeRasselger�usche und rçntgenologisch wahrnehmbare Ver�nderungen beobachtetwerden.

Differentialdiagnostisch m�ssen vor allem eine Sarkoidose, die sogenannte idio-pathische, fibrosierende Alveolitis (z. B. Haman-Rich-Syndrom) und Lungenfibrosenanderer Genese, abgegrenzt werden. Die Sarkoidose neigt in ihren Fr�hstadien abwei-chend von der exogen-allergischen Alveolitis zur deutlichen Vergrçßerung der Hilus-lymphknoten und zu einem bilateralen, spiegelbildlichen Rçntgenbefund. Sie bewirkteine Vermehrung der T-Helfer-Lymphozyten im Alveolarraum, die in der Sp�lfl�ssig-keit nachgewiesen werden kann. Der Krankheitsprozeß einer idiopathischen, fibrosie-renden Alveolitis ist gekennzeichnet durch eine anhaltende Vermehrung der Granulo-zyten in der bronchoalveol�ren Lavage.

V. LiteraturBaur, X., J. Behr, M. Dewair, W. Ehret, G. Fruhmann, C. Vogelmeier, W. Weiss, V. Zinkernagel:

Humidifier Lung and Humidifier Fever.Lung 166 (1988), 113

332 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 347: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Baur, X., M. Dewair, H. Rçmmelt:Acute Airway Obstruction Followed by Hypersensitivity Pneumonitis in an Isocyanate (MDI) Wor-ker.J. Occup. Med. 26 (1984), 285

Fruhmann, G.:Berufsbedingte exogen-allergische Alveolitiden.Arbeitsmed. Sozialmed. Pr�ventivmed., 23 (1988), 109

Fruhmann, G.:Pneumokoniosen durch Inhalation organischer St�ube.W. T. Ulmer, G. Reichel (Hrsg.): Pneumokoniosen, Handbuch der Inneren Medizin Bd. 4/1Springer, Berlin, (1976), 543

de Haller, R., F. Suter (edit.):Aspergillosis und Farmer's Lung in Man and Animal.Hans Huber Publishers, Bern, Stuttgart, Vienna, 1974

Kentner, M., M. Hartung:Beruflich verursachte exogen-allergische Alveolitiden – Probleme der Diagnostik und Begutach-tung.Zbl. Arbeitsmed.,33 (1983), 102

Reynolds, H. Y.:Concepts of Pathogenesis and Lung Reactivity in Hypersensitivity Pneumonitis.Ann. N. Y. Acad. Sci., 465 (1986), 287

Sennekamp, H. J.:Exogen-allergische Alveolitis und allergische bronchopulmonale Mykosen.Thieme, Stuttgart, 1984

Sennekamp, H. J.:Exogen-allergische Alveolitis.In: J. Konietzko u. H. Dupuis (Hrsg.)Handbuch der Arbeitsmedizin, Kap. IV–5.3.2.ecomed, Landsberg – M�nchen – Z�rich, 1989

Vogelmeier, C., X. Baur, G. Kçnig, R. Mauermayer, G. Fruhmann:Der Heustaub-Expositionstest f�r die Diagnostik der Farmerlunge:Staubmessungen und Testungen von Kontrollpersonen.Prax. Klin. Pneumol. (1988) 42, 749

Weiss, W., X. Baur, C. Vogelmeier:Serologische Diagnostik der Farmerlunge mittels partiell gereinigter Antigene von Micropolysporafaeni.Prax. Klin. Pneumol., 41 (1987), 1009

Woitowitz, H. J.:Farmer-(Drescher-)Lunge.in: H. Valentin, G. Lehnert, H. Petry, G. Weber, H. Wittgens, H. J., Woitowitz:Arbeitsmedizin, Bd. 2 Berufskrankheiten, 3. AuflageThieme, Stuttgart, New York, 1985, 275–281

Literaturerg�nzung:Sennekamp, J.:

Berufsbedingte allergische AlveolitidenAllergologie 7/2005, 287–289

Vogelmeier, C., Buhl, R.:Fibrosierende LungenerkrankungenIn: Vogelmeier, C., Buhl, R.: Pneumologische Notf�lleWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 347

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 333

Page 348: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 42 02 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 11/1989, 65

Erkrankungen der tieferen Atemwege und der Lungen

durch Rohbaumwolle-, Rohflachs- oder Rohhanfstaub (Byssinose)

Klinische Zuordnung:Pneumologie

Die Byssinose ist eine Bronchial-Lungenerkrankung, die durch die Einatmung vonSt�uben mit Pflanzenteilen auftritt, wie sie bei der Produktion von Textilien aus Roh-baumwolle, Rohflachs oder Rohhanf entstehen. Sie entwickelt sich erst nach mehr-j�hriger Exposition.

I. Vorkommen und Gef�hrdung

Gef�hrdet sind Personen, die in Vorreinigungsbereichen (Mischr�umen, Putzereien,Batteur- und besonders Kardenr�umen) von Baumwoll- oder Flachsspinnereien (He-chelr�umen) oder mit der Zubereitung (z. B. Ausklopfen) von verrotteten Hanfpflan-zen (Cannabis sativa) besch�ftigt sind. Sehr selten wird die Byssinose auch in denSpinnerei-R�umen angetroffen.

II. Pathophysiologie

Der Staub von ungereinigter Rohbaumwolle, Rohflachs oder verrotteten Hanfpflan-zen, der durch Inhalation in die tieferen Atemwege und in die Lungen gelangt, enth�ltverschiedene Pflanzenteile, z. B. Stengel, Bl�tter und Samenh�llbl�tter der Baumwoll-pflanze. Darin, nicht aber in den zu verarbeitenden Fasern selbst, konnte ein toxischwirksames Potential nachgewiesen werden, das mçglicherweise von polypheno-lischen Gerbs�uren herr�hrt, die kontrahierend auf die glatte Muskulatur wirken.Die fr�here Vorstellung, daß durch einen pflanzlichen Liberator aus menschlichenKçrperzellen ein Vielfaches von genuin enthaltenen Kreislauf aktiven Stoffen freige-setzt wird, sofern die Speicher nach Arbeitspausen wieder aufgef�llt worden sind,w�rde zwar die klinische Symptomatik (Montagssymptomatik) gut erkl�ren, er-scheint aber aufgrund unseres heutigen Wissens zu vereinfacht. Eine vermehrte Aus-scheidung von Histamin-Metaboliten wurde beispielsweise bei Personen beobachtet,deren respiratorische Sekundenkapazit�t nach Inhalation von Hanfstaub �berdurch-schnittlich stark abgenommen hat. Im w�ssrigen Extrakt von Baumwollstaub hatman nach Elimination mikrobieller Verunreinigungen auch Proteasen und Elastasengefunden, die mçglicherweise bronchokonstriktive Stoffe sowie Kallikrein und Bra-dykinin aktivieren. In vitro konnte nachgewiesen werden, daß ein Extrakt von Sa-mendeckbl�ttern der Baumwollpflanze Substanzen enth�lt, die den Stoffwechsel derArachidons�ure zur Freisetzung von Metaboliten (Leukotrienen, Thromboxan-A2,5-Hydroxytryptamin) anregen. Auch Endotoxine aus gramnegativen Bakterien imBaumwollstaub werden als Krankheitsursache diskutiert.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 348

334 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 349: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Eine pathogenetische Bedeutung immunologischer Faktoren war bisher nichtnachweisbar. Die Gr�nde f�r die oft langj�hrige Latenz zwischen Beginn der Exposi-tion und dem Auftreten der Beschwerden sind noch nicht gekl�rt.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Am ersten Arbeitstag im Anschluß an eine mindestens ein- bis zweit�gige Arbeits-pause (Wochenende, Urlaub) entwickelt sich nach mehrst�ndiger Staubexposition diesog. Montagssymptomatik. Sie besteht in Atemnot (Dyspnoe), Engegef�hl in derBrust bei der Atmung, Hitzegef�hl und allgemeiner Abgeschlagenheit. Sie h�lt meh-rere Stunden nach Arbeitsende noch an. Ein Anstieg der Kçrpertemperatur ist nichtcharakteristisch. Eine funktionsanalytisch nachweisbare Bronchialobstruktion w�h-rend der Arbeitsschicht ist f�r Byssinose nicht beweisend.

Im Stadium I der Byssinose dauern diese Beschwerden nur den ersten Arbeitstag�ber an, w�hrend sie im Stadium II bis zur Mitte der Arbeitswoche anhalten. Diesebeiden Stadien sind nach Wegfall der Exposition reversibel.

Im Stadium III, das sich selten und erst nach jahrzehntelanger Exposition aus denvorgehenden Stadien entwickelt, besteht ein unspezifisches chronisch-respiratorisches

Syndrom mit anhaltender Kurzatmigkeit, Husten und Auswurf. Klinisch und funktio-nell findet sich in diesem Stadium eine chronische obstruktive Bronchitis, die durchLungenemphysem und Hypertrophie des rechten Herzens kompliziert sein kann.

Eine f�r die Byssinose charakteristisches Rçntgenbild gibt es ebensowenig wie ei-nen spezifischen Hauttest oder typische immunserologische Befunde. Auch patholo-gisch-anatomisch findet sich kein krankheitsspezifisches Bild. Der inhalative Pro-vokations-Test mit Baumwollstaub-Extrakten liefert keine differentialdiagnostischverwertbaren Ergebnisse.

IV. Weitere Hinweise

Wesentliche Voraussetzung ist die gezielte Erhebung der Krankheits- und Arbeitsa-namnese. Besondere Beachtung verdient dabei die Schilderung des Beginns derBeschwerden mit der typischen „Montagssymptomatik“. Diese Symptomatik erleich-tert zugleich die Abgrenzung gegen das allergische Asthma bronchiale. Im Gegensatzhierzu tritt bei der Byssinose, zumindest in den Fr�hstadien, auch unter Fortdauer derExposition im Verlauf der Arbeitswoche eine Verminderung der Beschwerden ein.

Chronische Bronchitis, Lungenemphysem und Hypertrophie des rechten Herzenssind h�ufig anderweitig verursacht. Die Frage des urs�chlichen Zusammenhangs mitder spezifischen Exposition ist sorgf�ltig zu pr�fen.

Mit einer st�ndigen Beeintr�chtigung der allgemeinen kçrperlichen Leistungs-f�higkeit ist in der Regel erst im Stadium III der Byssinose zu rechnen. Untersuchun-gen der Atmungs- und der Herz-Kreislauffunktionen, u. a. zum Nachweis restriktiveroder obstruktiver Ventilationsstçrungen sowie des chronischen Cor pulmonale, sinderforderlich und bilden im allgemeinen eine ausreichende Grundlage f�r die Beurtei-lung.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 349

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 335

Page 350: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

V. LiteraturBouhuys, A., Barbero, A., Lindell, S.-E., Roach, S. A., Schilling, R. S. F.:

Byssinosis in Hemp Workers.Arch. Environ. Health, 14 (1967), 553

Committee on Byssinosis:Byssinosis: Clinical and Research Issues.National Academy Press, Washington, D. C., 1982

Fruhmann, G., Barth, M., Schmidt, J., Antweiler, H.:Byssinose in S�ddeutschland.M�nch. Med. Wschr. 113 (1971), 209

Fruhmann, G.:Pneumokoniosen durch Inhalation organischer St�ube.In: Ulmer, W. T., G. Reichel (Hrsg.): Pneumokoniosen.Handbuch der Inneren Medizin. Bd. 4/1.Springer, Berlin 1976, 545

Fruhmann, G.:Die Byssinose. Kurzfassung des heutigen Erkenntnisstandes.Atemwegs- und Lungenkrankheiten, 9 (1983), 367

Fruhmann, G.:ByssinoseIn: J. Konietzko und H. Dupuis (Hrsg.):Handbuch der Arbeitsmedizin, Kap. IV–5.3.1ecomed. Landsberg-M�nchen-Z�rich, 1989

Woitowitz, H.-J.:Erkrankungen der tieferen Atemwege und der Lungen durch Rohbaumwoll- oder Flachsstaub (Byssi-nose).In: H. Valentin, G. Lehnert, H. Petry, G. Weber, H. Wittgens, H.-J. Woitowitz:Arbeitsmedizin, Bd. 2 Berufskrankheiten, 3. Auflage.Thieme, Stuttgart, New York, 1986, 281–285

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 350

336 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 351: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 42 03 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 2/1990, 136–137

Adenokarzinome der Nasenhaupt- und Nasennebenhçhlen

durch St�ube von Eichen- oder Buchenholz

Klinische Zuordnung:HNO-Heilkunde

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Arbeitspl�tze, an denen Eichen- oder Buchenholz verarbeitet wird, sind sowohl im in-dustriellen als auch im handwerklichen Bereich anzutreffen. Vor allem bei maschinel-len Bearbeitungsvorg�ngen dieser Hçlzer ist mit einer Staubexposition zu rechnen.Als gef�hrdete Berufsgruppen sind insbesondere zu nennen: Bau- und Mçbelschreiner,Parkettleger, K�fer, Stellmacher. Diese T�tigkeiten sind dadurch gekennzeichnet, daßder Anteil von Eichen oder Buchenholz unter den verwendeten Hçlzern �berdurch-schnittlich hoch ist; außerdem waren zumindest in der Vergangenheit in diesen Berei-chen hohe Staubbelastungen festzustellen.

II. Pathophysiologie

Das kanzerogene Prinzip der Eichen- und Buchenholzst�ube ist bislang nicht bekannt.Die Frage, ob der Eichen oder Buchenholzstaub per se kanzerogen ist oder die Krebs-entstehung beispielsweise auf Chemikalien- oder Holzbe- oder -verarbeitung zur�ck-zuf�hren ist, ist noch Gegenstand der Forschung. Rhinologische Untersuchungsergeb-nisse sprechen daf�r, daß der Tumor bevorzugt seinen Ausgang von der mittleren

Nasenmuschel nimmt. Diese Region der Nasenhaupt- und Nasennebenhçhlen ent-spricht dem Schleimhautareal, wo aufgrund der aerodynamischen Verh�ltnisse diemeiste Staubablagerung nachzuweisen ist. Durch eine chronische Staubbelastung derNasenschleimhaut kann der Selbstreinigungsmechanismus der Nase gestçrt werden,woraus eine l�ngere Verweildauer des deponierten Holzstaubes resultiert. Dadurchwird die Kontaktzeit mit dem kanzerogenen Arbeitsstoff verl�ngert.

III. Krankheitsbild und Diagnose

H�ufiges Erstsymptom des Adenokarzinoms der Nasenhaupt- und Nasennebenhçh-len ist eine behinderte Nasenatmung. Chronischer blutig tingierter Schnupfen undNasenbluten kçnnen hinzutreten. In fortgeschrittenen Stadien klagen die Patientenaufgrund des raumfordernden Prozesses auch �ber Kopfschmerzen. Doppelbilderkçnnen als Folge von Augenmotilit�tsstçrungen auftreten.

Das Adenokarzinom der Nasenhaupt- und Nasennebenhçhlen ist gewçhnlich einlokal begrenzter Tumor, der langsam infiltrierend w�chst und sich im Bereich der Na-sennebenhçhlen, der Augenhçhlen und der Sch�delbasis ausbreiten kann. Fernmetas-tasen werden selten beobachtet. Die Diagnose sollte histologisch gesichert sein: Rezi-divtumoren werden h�ufig beobachtet, wodurch die prognostische Einsch�tzung desLeidens erschwert wird.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 351

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 337

Page 352: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

IV. Weitere Hinweise

Adenokarzinome der Nasenhaupt- und Nasennebenhçhlen sind relativ seltene Tu-more und kçnnen auch ohne berufliche Eichen- oder Buchenholzstaub-Expositionauftreten, was bei rund einem Drittel aller Patienten mit Adenokarzinom der Naseder Fall ist.

V. LiteraturAcheson, E. D., Cowdell, B. H., Rang, E. H.:

Nasal cancer in England and Wales: An occupational survey.Brit. J. Industr. Med. 38, 218–224 (1981)

Grimm, H.-G., M. Hartung, H. Valentin, J. Wolf:�ber das Vorkommen von Adenokarzinomen der Nasenhaupt- und Nasennebenhçhlen bei Holz-arbeitern.Arbeitsmed. Sozialmed. Pr�ventivmed., Sonderheft 4, 1984

Hadfield, E. H., R. G. Mac Beth:Malignant disease of the paranasal sinuses.J. Laryngol. 79, 592–612 (1965)

Hartung, M.:Adenokarzinom der Nase als Folge einer beruflichen Holzstaub-Exposition.Pathologe 6, 13–15 (1985)

Kleinsasser, O., Schroeder, H. G., Wolf, J.:Adenokarzinome der inneren Nase nach Holzstaubexposition – Vorsorgemaßnahmen und Fr�hdiag-nose.Arbeitsmed. Sozialmed. Pr�ventivmed. 22 (1987), S. 70–77

Kleinsasser, O., Schroeder, H. G.:Adenocarcinomas of the inner nose after exposure to wood dust – Morphological findings and rela-tionsships between histopathology and clinical behavior in 79 cases –Arch. Otorhinolaryngol (1988) 245: 1–15

Martin, E. P.:Das Auftreten maligner Tumoren in der inneren Nase unter besonderer Ber�cksichtigung von Arbeitund Beruf. Eine Auswertung von 163 F�llen aus den Jahren 1972–1984.Inaug. Diss. Univ. Erlangen, 1987

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 352

338 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 353: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

43 Obstruktive Atemwegserkrankungen

Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten Nr. 43 01 – Nr. 43 02 Anlage BKV

Literaturhinweis:Gewerbe�rztliche Abkl�rung obstruktiver Atemwegserkrankungen (BK-Nr. 4301 und 4302der BeKV) (M�sch, 1989)Asthma bronchiale und COPD (Buhl und Vogelmeier, 2004)Asthma bronchiale und COPD (Baur und Preisser, 2005)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 353

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 339

Page 354: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 43 01 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 7–8/1979, 73–74

Durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen

(einschließlich Rhinopathie), die zur Unterlassung aller T�tigkeiten gezwungen ha-ben, die f�r die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben derKrankheit urs�chlich waren oder sein kçnnen

Klinische Zuordnung:PneumologieHNO-Heilkunde

I. Gefahrenquellen

Berufliche Allergene sind Arbeitsstoffe mit allergisierender Potenz. Sie kommen anden verschiedensten Arbeitspl�tzen vor. Meist handelt es sich um einatembare Stoffepflanzlicher oder tierischer Herkunft. Bekannte Gefahrenquellen sind beispielsweisedie Exposition gegen�ber folgenden Allergenen:

Pflanzliche Allergenez. B. Staub von Mehl und Kleie aus Getreide, St�ube verschiedener Holzarten, Rizi-nusbohnenstaub, Rohkaffeebohnenstaub, Kakaobohnenstaub, Lykopodiumstaub, al-genhaltige Aerosole, z. B. aus Luftbefeuchtungsger�ten, Schalenstaub und Saft derZwiebeln von Narzissen und Tulpen, Futtermittelstaub wie von Luzerne, Staub vonJute, Kapok.

Tierische Allergenez. B. Insektenstaub, Federnstaub, Haarstaub, Rohseidenstaub, Perlmutterstaub, Asca-risgeruchsstoffe.

Sonstige AllergeneDaneben kommen zahlreiche weitere Arbeitsstoffe, z. B. auch Arzneimittel wie Anti-biotika, Sulfonamide, Salvarsan, ferner auch Proteasen sowie p-Phenylendiamin (Ur-sol) als berufliche Inhalationsallergene in Betracht.

II. Pathophysiologie

Haupteintrittspforte beruflicher Inhalationsallergene in den Organismus ist dasAtemorgan. In Abh�ngigkeit von der allergenen Potenz des Arbeitsstoffes sowie derDauer, H�ufigkeit und Konzentration des inhalativen Allergeneinstromes kçnnen dis-ponierte Personen Antikçrper, z. B. Immunglobulin E, bilden. Eine derartige substrat-spezifische Sensibilisierung f�hrt nach erneutem inhalativem Kontakt zu einer Anti-gen-Antikçrper-Reaktion.

Am Arbeitsplatz herrschen Allergien vom Sofortreaktionstyp (Typ 1 nach COOMBSu. GELL) vor. Hierbei kommt es zur Freisetzung verschiedener Mediatorsubstanzen.Sie �ben speziell �ber bestimmte Rezeptoren des autonomen Nervensystems einebronchokonstriktorische Wirkung aus. Als Leitsymptom resultiert die akut-intermit-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 354

340 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 355: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

tierende obstruktive Ventilationsstçrung, vor allem infolge des funktionellen Bron-

chiolospasmus. Eine damit einhergehende akute Lungen�berbl�hung (akutes Volu-men pulmonum auctum) wird beobachtet. Als Kennzeichen des Sofortreaktionstypsist das klinische und pathophysiologische Erscheinungsbild in den ersten 60 Minutennach inhalativer Auslçsung des allergischen Schockfragments am st�rksten ausge-pr�gt. Die allergisch verursachte akute obstruktive Atemwegserkrankung ist im Sta-dium ohne Sekund�rkomplikationen in der Regel nach etwa 4 Stunden spontan, d. h.auch ohne Behandlung abgeklungen.

Seltener kommt ein verzçgerter Reaktionstyp (Typ III) der obstruktiven Atem-

wegserkrankung vor. Die obstruktive Ventilationsstçrung setzt meist 4 bis 36 Stundennach der Allergeninhalation ein. Hierbei kçnnen pr�zipitierende Antikçrper, z. B. Im-munglobulin G, unter Bildung von Immunkomplexen bronchokonstriktorisch wir-ken. Der weitere Verlauf kann durch diffuse fibrotische Gewebsreaktion im Sinne ei-ner „allergischen Alveolitis“ gekennzeichnet sein.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Die durch allergisierende Arbeitsstoffe verursachten obstruktiven Atemwegserkran-kungen vom Soforttyp verlaufen h�ufig in drei Stadien:

AnfangsstadiumEs beginnt h�ufig mit Reizerscheinungen der Augenbindeh�ute und insbesondere imBereich der Atemwege als allergische Rhinopathie. Kennzeichen sind: Augenbrennen,vor allem aber zahlreich aufeinanderfolgendes Niesen, w�ßriges Nasensekret undVerlegung der Nasenatmung. Niessalven und Fließschnupfen folgen der Allergen-exposition zeitlich unmittelbar und sind reproduzierbar. Nasennebenhçhlenbetei-ligung kommt vor.

Stadium ohne Sekund�rkomplikationenAnfallsartige Beschwerden in Form von Luftnot, Husten und z. T. Auswurf zeigen das�bergreifen der Erkrankung auf die tieferen Luftwege an.

Objektiv l�ßt sich eine akut-intermittierende obstruktive Ventilationsstçrung,meist in Verbindung mit akuter Lungen�berbl�hung, nachweisen. Oft sind auchAtemnebenger�usche (Pfeifen, Giemen, Brummen) feststellbar. Der zeitliche Abstandzwischen Beginn der allergischen Rhinopathie und dem erstmaligen Auftreten des al-lergisch verursachten funktionellen Bronchiolospasmus ist individuell unterschied-lich. Es kommen Zeitr�ume in der Grçßenordnung von Tagen, aber auch von mehre-ren Jahren vor. Allergenkarenz f�hrt in diesem Erkrankungsstadium noch zuBeschwerde- und Symptomfreiheit, z. B. an arbeitsfreien Wochenenden oder w�hrenddes Urlaubs. Die vorgenannten Stadien sind bei Fortfall der Exposition im allgemei-nen reversibel.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 355

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 341

Page 356: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Stadium mit Sekund�rkomplikationenAls Komplikation ist h�ufig die unspezifische bronchiale Hyperreagibilit�t anzutref-fen. Anamnestisch wird hierbei angegeben, daß nach Beginn der Atemwegsallergie

auch unspezifische inhalative Noxen, wie Bratd�nste, Tabakrauch, St�ube ohne aller-gene Potenz, Kaltluft, Nebel usw. Atembeschwerden verursachen. Objektiv l�ßt sichim Inhalationstest eine in der Regel vor�bergehende obstruktive Ventilationsstçrungmessen. Differentialdiagnostisch ist sie aufgrund der k�rzeren zeitlichen Dauer, desgeringeren Schweregrads und des andersartigen zeitlichen Verlaufs von der allergischverursachten akut-intermittierenden obstruktiven Ventilationsstçrung meist abzu-grenzen.

Nach im Einzelfall unterschiedlicher Dauer f�hrt die allergisch verursachte ob-struktive Atemwegserkrankung h�ufig sekund�r zu einer Anf�lligkeit gegen�ber vira-len und bakteriellen Bronchialinfekten mit verzçgerter Heilungstendenz. InfolgeSchleimhautschwellung, Hypersekretion und Dyskrinie kommt es zur im allgemeinennicht mehr reversiblen Komplikation, der chronisch-obstruktiven Atemwegserkran-

kung mit oder ohne Emphysem, auch ohne erneute Allergeninhalation. Kennzeichendes Sp�tstadiums sind die respiratorische und rechtskardiale Insuffizienz.

IV. Weitere Hinweise

Die Verdachtsdiagnose und damit die BK-Anzeige einer allergisch verursachten ob-struktiven Atemwegserkrankung vom Sofortreaktionstyp l�ßt sich bereits mit dencharakteristischen Angaben zur Beschwerde-, Arbeitsplatz- und Expositionanamnesebegr�nden. Dies gilt speziell beim Vorliegen von Augenbrennen, Niessalven, Fließ-schnupfen und anfallsartigen Atembeschwerden unmittelbar und reproduzierbarnach beruflicher Allergeninhalation.

Die gezielte Erhebung der Arbeits-, der allergologischen und der Beschwerde-anamnese ist von besonderer Bedeutung. Eine kçrperlich-physikalische, elektro-kardiografische, rçntgenologische, laborklinische und funktionsanalytische Un-tersuchung dient dem Ausschluß konkurrierender Ursachen der obstruktivenVentilationsstçrung. �tiologisch sind z. B. Linksherzinsuffizienz bei Bluthochdruck,fr�here Lungenkrankheiten sowie starkes Rauchen zu ber�cksichtigen.

Auch aus einer nicht berufsbedingten chronisch-obstruktiven Atemwegserkran-kung als Vorschaden kann sich im Einzelfall nachfolgend eine durch Inhalation vonBerufsallergenen verursachte, zus�tzliche, akut-intermittierende obstruktive Ventila-tionswirkung entwickeln, die der vorbeschriebenen Pathogenese entspricht.

Zur Objektivierung und Quantifizierung der pulmo-kardialen Auswirkungen sindFunktionspr�fungen wie die Ganzkçrperplethysmografie, Spirografie, Blutgasanalyseund Ergometrie erforderlich. Funktionsanalytisch interessieren bei Untersuchungenin Kçrperruhe Kenngrçßen der obstruktiven Ventilationsstçrung, ventilatorische Ver-teilungsstçrung und Lungen�berbl�hung, daneben Kenngrçßen einer restriktivenVentilationsstçrung und Stçrung des respiratorischen Gasaustausches. Dar�ber hi-naus lassen Untersuchungen w�hrend Ergometerbelastung R�ckschl�sse auf eine ggf.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 356

342 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 357: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

bereits eingetretene Einschr�nkung der broncho-pulmonalen und/oder kardio-zirku-latorisch Leistungsbreite zu.

Der Nachweis der beruflichen Verursachung einer allergisch bedingten obstrukti-ven Atemwegserkrankung sollte nach Mçglichkeit anhand einer inhalativen Pro-vokation – welch besondere Erfahrung voraussetzt – gef�hrt werden. Hierf�r sind dieindividuell verwendbaren Arbeitsstoffe in Ann�herung an die jeweiligen Arbeitsplatz-verh�ltnisse zu bevorzugen (arbeitsplatzbezogener Inhalationstest). Das gleiche giltf�r den Einsatz registrierender und von der Mitarbeit des Untersuchten weitgehendunabh�ngiger Nachweisverfahren der obstruktiven Ventilationsstçrung und der Lun-gen�berbl�hung, wie der Ganzkçrperplethysmographie.

Eine vorausgehende Hauttestung mit den in Frage kommenden Allergenen kannangezeigt sein. Aus einem positiven Ergebnis des Hauttests allein kann jedoch nochnicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf eine beruflich bedingte obstruk-tive Atemwegserkrankung aus allergischer Ursache geschlossen werden. Erkran-kungsf�lle mit negativem Ergebnis des Hauttests und positivem Ergebnis des Inhala-tionstests kommen zur Beobachtung. Kontraindikationen inhaltiver Testung sind zuber�cksichtigen.

Hinsichtlich des Vorkommens beruflicher und außerberuflicher Inhalationsaller-gene sind folgende Expositionsbedingungen zu unterscheiden:1. Vorkommen ausschließlich bei der versicherten T�tigkeit,2. Vorkommen �berwiegend bei der versicherten T�tigkeit,3. Vorkommen sowohl bei der versicherten als auch bei nicht versicherten T�tigkei-

ten und4. Vorkommen ausschließlich bei nicht versicherten T�tigkeiten.In der Regel werden nur die unter Ziff. 1 und 2 genannten Expositionsbedingungendie Annahme einer beruflichen Verursachung begr�nden.

Der Schweregrad l�ßt sich anhand der in Ruhe und unter Arbeitsbedingungennachweisbaren Folgen der allergisch verursachten obstruktiven Atemwegserkran-

kung absch�tzen. Dar�ber hinaus stellt der Nachweis der unspezifischen bronchialenHyperreagibilit�t und/oder der chronisch-obstruktiven Atemwegserkrankung bei derberuflichen Rehabilitation eine Eignungsbeschr�nkung f�r T�tigkeiten mit Exposi-tion gegen�ber inhalativen Noxen (D�mpfen, Rauchen, Gasen oder St�uben) dar.

V. LiteraturBerufsgenossenschaftliche Grunds�tze f�r arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen:

G 23 Gef�hrdung durch Inhalation von Allergenen und chemisch-irritativen Stoffen, Fassung Nov.1974. Hrsg.: Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften e. V. LoseblattausgabeA. W. Gentner-Verlag, Stuttgart

Gell, P. G. H. and R. A. Coombs:Clinical aspects of Immunology, 2. Aufl.Blackwell, Oxford 1968

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 357

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 343

Page 358: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Gronemeyer, W. und E. Fuchs:Krankheiten durch inhalative Allergen-Invasion.In: K. Hansen, Lehrbuch der klinischen Allergie.Thieme, Stuttgart 1967

Matthys, H. und H. Herzog:Die Differentialdiagnose der obstruktiven Lungenkrankheiten mittels Ganzkçrperplethysmogra-phie.Pneumologie 144: (1971) 1–9

Michel, H.:Klinische Bedeutung von Hauttestungen bei Respirationsallergien.Med. Klin. 67: (1972) 651–655

Ulmer, W. T.; G. Reichel und D. Nolte:Die Lungenfunktion. Physiologie, Pathophysiologie, Methodik. 2. Aufl.Thieme, Stuttgart 1976

Valentin, H. et al.:Arbeitsmedizin. Ein kurzgefaßtes Lehrbuch f�r �rzte und Studenten. 2. Aufl.Thieme, Stuttgart 1979, S. 294–304

Woitowitz, H.-J.:Berufsbedingtes Allergisches Asthma bronchiale. Fortschritte der inhalativen Testmethodik.M�nch. med. Wschr. 19: (1970) 874–879

Woitowitz, H.-J. und H. G. Krieger:Diagnostik und Beurteilung berufsbedingter obstruktiver Atemwegserkrankungen aus allergischerUrsache.Arbeitsmed. Sozialmed. Pr�ventivmed. 13: (1978) 265–270

Literaturerg�nzung:Klaus, B., M�sch, F. H.:

Gutachterliche Abkl�rung von obstruktiven Atemwegserkrankungen (BK-Nr. 4301/4302)In: Meyer-Falcke, A., Jansen, G. (Hrsg.):29. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft f�r ArbeitsmedizinGentner, Stuttgart 1990

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 358

344 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 359: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 43 02 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 7–8/1979, 74–75

Durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atem-

wegserkrankungen, die zur Unterlassung aller T�tigkeiten gezwungen haben, die f�rdie Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit urs�ch-lich waren oder sein kçnnen

Klinische Zuordnung:Pneumologie

I. Gefahrenquellen

Chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Arbeitsstoffe kommen an zahlreichen Ar-beitspl�tzen als Inhalationsnoxen vor. Sie sind teilweise mit den fr�her �blichen Be-griffen „Reizstoffe“ oder „Reizgase“ identisch. Die BK Nr. 4302 betrifft jedoch nurdurch diese Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen. Bei den nachfol-gend beispielhaft aufgef�hrten Arbeitsstoffen liegen hier�ber zum Teil empirisch-ka-suistische Erfahrungen, zum Teil auch epidemiologisch gesicherte Erkenntnisse vor.

Die Noxen kçnnen in Form von Gasen, D�mpfen, St�uben oder Rauchen vorkom-men und lassen sich folgendermaßen gruppieren:– leicht fl�chtige organische Arbeitsstoffe: z. B. Acrolein, Athylenimin, Chloramei-

sens�ure�thylester, Formaldehyd, Phosgen;– schwer fl�chtige organische Arbeitsstoffe: z. B. einige H�rter f�r Epoxidharze, be-

stimmte Isocyanate, Maleins�ureanhydrid, Naphthochinon, Phthals�ureanhy-drid, p-Phenylendiamin;

– leicht fl�chtige anorganische Arbeitsstoffe: z. B. Nitrose Gase, einige Phosphor-chloride, Schwefeldioxid;

– schwer fl�chtige anorganische Arbeitsstoffe: z. B. Persulfat, Zinkchlorid, Beryl-lium und seine Verbindungen (BK Nr. 1110)*), Cadmiumoxid (BK Nr. 1104)*),Vanadiumpentoxid (BK Nr. 1107)*;

Auf zahlreiche weitere in der Literatur genannte Stoffe wird hingewiesen.Im Einzelfall sind Intensit�t und Dauer der Einwirkung zu ber�cksichtigen, immer

ist aber auch mit der Mçglichkeit einer individuellen Empfindlichkeitssteigerung zurechnen. Bedeutsam ist der zeitliche Zusammenhang zwischen Exposition undKrankheitsbeginn.

II. Pathophysiologie

Die Aufnahme erfolgt fast ausschließlich �ber das Atemorgan. In Abh�ngigkeit vonIntensit�t und Dauer der beruflichen Exposition gegen�ber chemisch-irritativ oder to-

xisch wirkenden Stoffen kommt es lokal zur Irritation sensorischer Rezeptoren und/

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 359

* In diesen F�llen hat die BK-Anzeige nach der in der Klammer angegebenen BK-Nr. zu er-folgen.

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 345

Page 360: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

oder zur prim�r-toxischen Schleimhautsch�digung vorwiegend im Bereich der mitt-leren und tieferen Atemwege. Diese Wirkungen kçnnen reversibel sein. Der �bergangin einen chronisch-obstruktiven Zustand ist aber mçglich.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Das Reaktionsmuster des broncho-pulmonalen Systems ist trotz der chemischen Ver-schiedenartigkeit der als Gefahrenquellen bekannt gewordenen Arbeitsstoffe verh�lt-nism�ßig einfçrmig. Im Vordergrund stehen akut oder schleichend einsetzende Be-schwerden in Form von Husten, unterschiedlich starkem Auswurf, Atemnot undvereinzelt Brustschmerzen. Reizwirkungen an den Schleimh�uten im Bereich der Au-gen und des Nasen-Rachenraums werden beobachtet.

Im Mittelpunkt des Krankheitsbildes steht die Atemwegsobstruktion, h�ufig inVerbindung mit einer Lungen�berbl�hung. Meist sind auch Atemnebenger�uscheauskultierbar. Bei den morphologischen Ver�nderungen der Bronchialschleimhautstehen Entz�ndungszeichen mit Schleimhautschwellung im Vordergrund. Danebenbestehen Hypersekretion, Dyskrinie und Stçrungen des Selbstreinigungsmechanismusder Atemwege. – Folgende Verlaufsformen lassen sich unterscheiden:– massive, akute Exposition: akutes Krankheitsbild, Reversibilit�t;– massive, akute Exposition: akutes Krankheitsbild, Irreversibilit�t;– chronische Exposition: schleichend beginnendes Krankheitsbild, Reversibilit�t

nach Expositionsende;– chronische Exposition: schleichend beginnendes Krankheitsbild, Irreversibilit�t

nach Expositionsende.Mischformen und Sonderverl�ufe kommen vor. Die Verlaufsform h�ngt vom Ausmaßder Exposition und der individuellen Reaktionsbereitschaft ab. Eine Anf�lligkeit ge-gen�ber viralen und bakteriellen Bronchialinfekten mit verzçgerter Heilungstendenzwird beobachtet. Als Komplikationen sind ferner u. a. Bronchopneumonien und daschronische Cor pulmonale zu nennen. Im chronischen Erkrankungsstadium bestehenBeschwerden und Befunde unabh�ngig von der beruflichen Exposition gegen�ber dengenannten Arbeitsstoffen.

IV. Weitere Hinweise

Hinsichtlich der Vorgeschichte, der Untersuchungsverfahren und der Beurteilung derbroncho-pulmonalen Funktionsstçrung einschließlich ihrer kardio-zirkulatorischenR�ckwirkung sowie der allgemeinen kçrperlichen Leistungsf�higkeit gelten die imMerkblatt zu BK Nr. 4301 wiedergegebenen Hinweise sinngem�ß.

Die Indikation zur inhalativen Testung ist streng zu stellen. Besondere Erfahrungund eine entsprechende apparative Ausstattung sind hierf�r Voraussetzung. Bei einerVielzahl von Arbeitsstoffen, insbesondere den prim�r-toxisch wirkenden, ist von In-halationstests in der Regel abzuraten.

Neben Intensit�t und Dauer der Einwirkung chemisch-irritativ oder toxisch wir-kender Arbeitsstoffe kann eine epidemiologisch-statistische H�ufung von obstrukti-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 360

346 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 361: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

ven Atemwegserkrankungen unter vergleichbaren Kollektiven auf eine t�tigkeits-bedingte Verursachung hinweisen.

Differentialdiagnostisch m�ssen obstruktive Atemwegserkrankungen infolge vonaußerberuflichen Ursachen, wie chronischem Nikotinabusus, Allergien, akuten undchronischen Infektionen der Atemorgane usw. bei der Beurteilung des Kausalzusam-menhanges ber�cksichtigt werden.

Schwierig wird die Beurteilung insbesondere, wenn bei einer vorbestehenden un-spezifischen bronchialen Hyperreagibilit�t und/oder chronisch-obstruktiven Bronchi-tis aus nichtberuflicher Ursache durch berufliche Exposition gegen�ber chemisch-irri-tativ oder toxisch wirkenden Stoffen eine obstruktive Atemwegserkrankung entstehtoder sich verschlimmert.

Eine unspezifische bronchiale Hyperreagibilit�t und/oder eine chronisch-obstruk-tive Bronchitis aus außerberuflicher Ursache und ohne wesentliche Verschlimmerungdurch Einwirkung chemisch-irritativ oder toxisch wirkender Arbeitsstoffe f�llt nichtunter die BK Nr. 4302 der BeKV.

V. LiteraturBerufsgenossenschaftliche Grunds�tze f�r Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen:

G 23 Gef�hrdung durch Inhalation von Allergenen und chemisch-irritativen Stoffen, Fassung Nov.1974.Hrsg.: Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften e. V., LoseblattausgabeA. W. Gentner Verlag, Stuttgart.

Ehrlicher, H.:Reizgasvergiftungen.In: Hb. ges. Arbeitsmed. II/1. Bd. Berufskrankheiten.Urban & Schwarzenberg Verlag, Berlin, M�nchen, Wien, 1961, 339–390

Reichel, G.:Diagnostik und Beurteilung berufsbedingter obstruktiver Atemwegserkrankungen aus toxischeroder chemisch-irritativer Ursache.Arbeitsmed. Sozialmed. Pr�ventivmed. 13 (1978) 270–275

Thiess, A. M.:Reizgasvergiftungen in der betrieblichen Praxis und ihre Beurteilung.�rztl. Fortbildung 17: (1970) 368–373

Ulmer, W. T.:Unspezifische chemisch-physikalische Reize als Ursache von Asthmaanf�llen.Schweiz. med. Wschr. 96 (1966) 941–944

Valentin, H. et al.:Arbeitsmedizin. Ein kurzgefaßtes Lehrbuch f�r �rzte und Studenten. 2 Aufl.;Thieme, Stuttgart 1979, S. 304–310

Woitowitz, H.-J.:Zur Problematik der berufsbedingten, durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe ver-ursachten obstruktiven Atemwegserkrankungen.In: Berufskrankheiten in der keramischen und Glas-Industrie, H. 29 (1979) S. 34–56

Woitowitz, H.-J., H. Valentin und H.G. Krieger:Durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkran-kungen.Praxis Pneumol. (1979)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 361

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 347

Page 362: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Worth, G. und W. Kersten:Klinik des beruflichen chemisch-toxisch bedingten Asthma bronchiale.Arbeitsmed. Sozialmed. Pr�ventivmed. 8 (1973) 106–108

Literaturerg�nzung:Klaus, B., M�sch, F. H.:

Gutachterliche Abkl�rung von obstruktiven Atemwegserkrankungen (BK-Nr. 4301/4302)In: Meyer-Falcke, A., Jansen, G. (Hrsg.):29. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft f�r ArbeitsmedizinGentner, Stuttgart 1990

Lorenz, A.:Untersuchung der irritativen Wirkung von Braunkohlenflugasche auf den Atemtrakt von Kraft-werksbetreibernMed. Diss., Rostock 1996

Nowak, D.:Inhalative Noxen: Toxisch irritative Gase und AerosoleIn: Vogelmeier, C., Buhl, R.: Pneumologische Notf�lleWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 362

348 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 363: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

5 Hautkrankheiten

Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten Nr. 51 01 – Nr. 51 02 Anlage BKV

Literaturhinweis:Das Berufsekzem (M�ller, 1980)Haut (Merk, 2002)Haut (Merk, 2004)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 363

Hautkrankheiten 349

Page 364: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 51 01 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 6/1996, 22–25

Schwere oder wiederholt r�ckf�llige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung allerT�tigkeiten gezwungen haben, die f�r die Entstehung, die Verschlimmerung oder dasWiederaufleben der Krankheit urs�chlich waren oder sein kçnnen.

Klinische Zuordnung:Dermatologie

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Schwere oder wiederholt r�ckf�llige Hauterkrankungen kçnnen bei zahlreichen be-ruflichen T�tigkeiten auftreten. Auf die wichtigsten wird im Anhang verwiesen.

Eine Gef�hrdung kann gegeben sein bei:1. Feuchtarbeit, die einen erheblichen Teil der Arbeitszeit einnimmt und bei der die

Haut nicht durch persçnliche Schutzausr�stung gesch�tzt werden kann, besondersbei zus�tzlicher mechanischer und chemischer Einwirkung. Erfahrungsgem�ß sinddabei T�tigkeiten als hautgef�hrdend anzusehen, bei denen die Besch�ftigten– regelm�ßig mehr als zwei Stunden t�glich mit ihren H�nden Arbeiten im feuch-

ten Milieu (Hautkontakt mit fl�ssigen w�ßrigen und nicht-w�ßrigen Medien)ausf�hren oder

– einen entsprechenden Zeitraum feuchtigkeitsdichte Handschuhe (Okklusion)tragen oder

– h�ufig bzw. intensiv ihre H�nde reinigen m�ssen, wobei h�ufig mit etwa 20 xpro Tag angesetzt werden kann; entsprechend weniger, wenn aggressive Rei-nigungsmaßnahmen zur Anwendung kommen.

2. Hautkontakt mit chemischen Substanzen mit irritativer bzw. allergener Potenz,

z. B. mit

– Metallionen (z. B. von Chrom, Nickel, Kobalt),– alkalischen Fl�ssigkeiten (z. B. wassergemischten K�hlschmiermitteln, Rei-

nigungslçsungen),– Detergentien (waschaktiven Substanzen),– Desinfektionsmitteln (z. B. Formaldehyd, Flutaraldehyd, Benzalkoniumchlo-

rid),– Bioziden (z. B. Chlormethylisothiazolon, Formaldehydabspalter),– Lçsemitteln (z. B. aliphatischen und aromatischen Kohlenwasserstoffen, hoch-

siedenden Mineralçlfraktionen, Nitroverd�nnungen, Terpentinçlen und Ter-pentinersatzpr�paraten),

– einigen Kunststoffmono- und -oligomeren und ihren H�rtern (z. B. Epoxid- undAcrylatharzsystemen, Aminh�rtern),

– Friseurchemikalien (z. B. Glycerylmonothioglykolat, p-Phenylendiamin),– Lçtsubstanzen (Kolophonium),– Gummihilfsstoffen (z. B. Thiurame, Carbamate),

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 364

350 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 365: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

– parasubstituierten aromatischen Aminen (p-Phenylendiamin, Gummichemika-lien, Farbstoffen, Farbentwicklern).

Auch nat�rliche Stoffe kçnnen eine Gefahrenquelle sein, wie z. B. Naturlatex, Mehle,Pflanzenbestandteile, Hçlzer, Tierhaare, Tierschuppen (sowie andere tierische Pro-teine).3. Einwirkung von physikalischen Faktoren, wie z. B. von Mineralfasern, Schnitt-

haaren bei Friseuren, aktinischen (Ultraviolettstrahlung) und evtl. thermischenReizen (Hitze und K�lte) sowie Mikrotraumen durch Metall- oder Glasteilchen.

4. Einwirkung von hautpathogenen Keimen (Pilze u. a.), die saprophyt�r vorhandenoder direkt �bertragen und infolge g�nstigen Milieus (Feuchtigkeit, W�rme) inWachstum und Ausbreitung gefçrdert werden.

Besonders gef�hrdet sind die im Anhang aufgef�hrten Berufsgruppen.

II. Aufnahme und Wirkungsweise

Beruflich bedingte Hauterkrankungen werden in der Regel verursacht durch �ußere(exogene) Einwirkung sch�digender Fl�ssigkeiten, fester Stoffe, St�ube, D�mpfe u. a.Vorwiegend sind die den sch�digenden Faktoren unmittelbar ausgesetzten Kçrperstel-len betroffen. Ausbreitung auf andere Kçrperteile und Ausbreitung auf den gesamtenKçrper (Generalisation) sind mçglich.

H�ufig entstehen diese Hauterkrankungen erst durch das Zusammenwirken ver-schiedener Einfl�sse, auch durch die Anwendung unzweckm�ßiger Hautreinigungs-mittel und durch mangelnden Hautschutz oder mangelnde Hautpflege.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Krankheitsbild und Verlauf h�ngen von Art, Menge und Einwirkungsdauer der sch�-digenden Faktoren sowie der individuell unterschiedlichen Reaktionsweise ab. Beruf-lich bedingte Hauterkrankungen kçnnen sich an der Haut, den Konjunktiven undden Hautanhangsgebilden (Haare, N�gel, Schweiß- und Talgdr�sen) manifestieren.Am h�ufigsten treten subtoxisch-kumulative und allergische Kontaktekzeme auf.

Das subtoxisch-kumulative Ekzem (Synonyme: degenerativ toxisches Kontaktek-

zem oder sog. Abnutzungsdermatose) kann durch fakultativ hautsch�digend wirkendeArbeitsstoffe in Abh�ngigkeit von der Konzentration und Kontaktzeit verursacht wer-den. Durch den langandauernden oder wiederholten direkten Hautkontakt zu diesenSubstanzen kommt es zu einer Stçrung der epidermalen Hautbarriere und nachfolgendzu einer Entz�ndung der Haut, die klinisch und histologisch als Ekzem imponiert. Kli-nisch sichtbare Zeichen kçnnen Rçtung, Schuppung, Bl�schen, Papeln, Pusteln, N�s-sen (Exsudation) und Exkoriationen sein. In chronischen F�llen kann es zu Rhagaden-

bildung, Lichenifikation und Hyperkeratosen kommen. Meist bestehen Juckreiz undBrennen. In der Regel ist das subtoxisch-kumulative Kontaktekzem an Kçrperstellen,die mit dem Arbeitsstoff unmittelbar in Ber�hrung kommen, z. B. an den H�nden (h�u-fig Handr�cken), lokalisiert.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 365

Hautkrankheiten 351

Page 366: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Auf vorgesch�digter Haut – oder bei potenten Allergenen auch auf intakter Haut– kann es nach erfolgter Sensibilisierung zu allergischen Kontaktekzemen kommen.Eine Allergie ist eine spezifische immunologische Reaktion des Organismus auf vonaußen einwirkende Stoffe, die durch wiederholten Kontakt mit diesen Stoffen erwor-ben wurde. Der Vorgang der Reaktionsver�nderung wird als Sensibilisierung bezeich-net. Allergien treten nur bei einem Teil der Exponierten auf. Dem allergischen Kon-taktekzem liegt meist eine Allergie vom Sp�ttyp (Typ-IV-Sensibilisierung), in seltenenF�llen auch eine Allergie vom Soforttyp (Typ-I-Sensibilisierung) zugrunde.

Eine Allergie vom verzçgerten Typ wird in der Regel durch wiederholten Haut-kontakt mit Kontaktallergenen verursacht. Stoffe, die durch Hautkontakt sensibilisie-ren (Kontaktallergene), sind �berwiegend niedermolekulare Stoffe (z. B. Metallionen,Amine, Kunststoffmonomere u. a.), die nach Sensibilisierung bei erneutem Hautkon-akt zeitlich verzçgert (nach mehreren Stunden bis Tagen) zu Kontaktekzemen am Ein-wirkungsort, gelegentlich mit Streureaktionen an anderen Kçrperstellen, f�hren.Lichtsensibilisierende Stoffe (sog. Photoallergene) sind Stoffe, die in Verbindung mitLichtexposition zur Sensibilisierung f�hren kçnnen. Berufsdermatologisch bedeutsamsind photosensibilisierende Substanzen wie Olaquindox, Phenothiazinderivate, Tetra-zykline, u. a. Davon zu unterscheiden sind phototoxische Reaktionen, die z. B. durchTeerprodukte oder Pflanzeninhaltsstoffe (z. B. Furocomarine) verursacht werden kçn-nen. Bei der phototoxischen Reaktion werden diese Substanzen unter Einwirkungvon UV-Licht direkt zu entz�ndungslçsenden Substanzen ver�ndert.

Die klinischen Erscheinungsbilder der unterschiedlichen Ekzemformen kçnnensehr variabel sein, so daß ein allergisches von einem subtoxisch-kumulativen Kontak-

tekzem weder klinisch noch histologisch zu unterscheiden sein kann. Das allergischeEkzem neigt zu Streureaktionen. Neben unmittelbarem ist auch an aerogenen Kon-takt zu denken, insbesondere wenn das Kontaktallergen als Staub, Gas, Dampf oderTrçpfchen-Aerosol vorliegt und �ber die Luft auf die Haut einwirkt.

Allergien vom Soforttyp (z. B. durch Protein, Naturlatex) kçnnen an der Haut zuumschriebenen oder generalisierten Hautreaktionen wie Schwellung, Rçtung, Quad-deln und/oder Juckreiz (Kontakturtikaria, Proteindermatitis) f�hren.

Die anfangs gegen einen einzelnen bestimmten Arbeitsstoff gerichtete �beremp-findlichkeit (Monovalenz) kann sich im weiteren Verlauf gegen die verschiedenstenSubstanzen (Polyvalenz) richten. Auch kann im Sinne eines sogenannten Zweiphasen-

ekzems auf dem Boden eines subtoxisch-kumulativen Kontaktekzems ein allergischesKontaktekzem entstehen.

Beide Ekzemtypen zeigen bei Wegfall der Exposition meist Besserung (am Wo-chenende) bzw. Abheilung (bei l�ngerer Arbeitskarenz wie Urlaub, Arbeitsunf�hig-keit), bei erneutem Kontakt kommt es h�ufig zu einem Rezidiv des Ekzems.

Neben der allergischen Reaktion, die durch den Nachweis von spezifischem IgEbest�tigt werden kann, gibt es auch nichtimmunologische Reaktionen.

Hautuntersuchungen (Epikutan-, Prick- und Intrakutantestungen), die f�r die Kl�-rung des urs�chlichen Zusammenhangs zwischen Schadstoff und Ekzem von Bedeu-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 366

352 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 367: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

tung sein kçnnen, sind in der Regel vorzunehmen. Sie sind nur unter Ber�cksichtigungdes Gesamtbefundes zu bewerten.

Eine atopische Hautdiathese, d. h. die Neigung, an der Haut ein atopisches Ekzem

zu entwickeln, ist ein wichtiger konstitutioneller Kofaktor bei der Entstehung undUnterhaltung der o. g. Kontaktekzeme. So sind Personen mit atopischer Hautdiathese

insbesondere bei beruflicher Feuchtarbeit (sowie mçglicherweise auch bei Staubexpo-sition) gef�hrdet, Kontaktekzeme zu entwickeln. Unter Atopie versteht man die gene-tisch determinierte Bereitschaft, gegen Substanzen der Umwelt �berempfindlichkeits-reaktionen zu entwicklen. Diese kçnnen sich klinisch im Bereich der Atemwege alsallergische Rhinitis (Rhinopathie) und/oder als allergisch verursachte obstruktiveAtemwegserkrankung (BK-Nr. 4301 Anlage 1 BeKV) manifestieren, am ZielorganHaut als Ekzem mit typischen Pr�dilektionsstellen und charakteristischem Verlauf,wobei wahrscheinlich als urs�chlich ein Zusammenspiel zwischen endogenen (anla-gebedingten) und exogenen (�ußeren) Faktoren anzunehmen ist. Ein konstitutionellesEkzem kann sich durch berufliche Einwirkungen vor�bergehend oder richtungswei-send verschlimmern.

Die beruflich verursachte Akne ist selten geworden. Sie tritt haupts�chlich bei Ar-beiten mit technischen �len und Fetten, Teer, Teerçlen, Pech und bestimmten Halo-genkohlenwasserstoffen (z. B. polyhalogenierte Biphenyle, Chlornaphthaline) auf.Gegen�ber der sogenannten juvenilen Akne ist ihre Lokalisation besonders zu beach-ten. Die �lakne findet sich meist an unbedeckten oder bei çldurchtr�nkter Kleidungauch an bedeckten Kçrperstellen (z. B. am Oberschenkel).

Außerberuflich verursachte und anlagebedingte Hautkrankheiten kçnnen durchberufliche Faktoren ung�nstig beeinflußt oder verschlimmert werden (z. B. Pilzinfek-tionen in feuchtem Milieu bei ungeeigneter Arbeitskleidung, Psoriasis vulgaris bei me-chanischer Belastung).

IV. Weitere Hinweise

Die „Schwere“ der Erkrankung wird aufgrund der klinischen Symptomatik nachMorphe und Beschwerdebild, Ausdehnung, Verlauf und Dauer der Erkrankung undaufgrund der Auspr�gung der beruflich verursachten Allergien beurteilt. Auch eineklinisch leichte Hauterkrankung kann allein wegen ihrer Dauer als schwer einzustu-fen sein, wenn ununterbrochene Behandlungsbed�rftigkeit von sechs und mehr Mo-naten gegeben ist.

„Wiederholt r�ckf�llig“ ist die Erkrankung dann, wenn mindestens drei Krank-heitssch�be, d. h. Ersterkrankung und zwei R�ckf�lle, vorliegen. R�ckfall setzt eineweitgehende Besserung oder Abheilung des vorangegangenen Krankheitsschubes so-wie den Zusammenhang mit der Ersterkrankung voraus, wenn der Erkrankte zwi-schenzeitlich beruflich wieder t�tig gewesen ist.

Der Verdacht auf das Vorliegen einer beruflich verursachten Hauterkrankung istauch dann anzuzeigen, wenn die gef�hrdende T�tigkeit noch nicht aufgegeben wor-den ist.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 367

Hautkrankheiten 353

Page 368: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Wenn die Voraussetzungen der Nr. 5101 Anlage 1 Berufskrankheiten-Verordnungnicht gegeben sind, ist jeweils zu pr�fen, ob die vorliegende Hauterkrankung zumKrankheitsbild anderer Berufskrankheiten gehçrt. Bei Hautkrebs vergleicheBK-Nr. 5102. Bei Hautinfektionen sind die BK-Nr. 3101, 3102 (z. B. tiefe Trichophy-tie) und 3104, bei Hautkrankheiten, wenn sie als Erscheinung einer Allgemeinerkran-kung durch Aufnahme des sch�digenden Stoffes in den Kçrper verursacht werden, dieBK-Nrn. 1101 bis 1110, 1201 und 1202, 1303 bis 1309 und 1315 in Betracht zu zie-hen. Auf die BK-Nr. 2402 (Einwirkung durch ionisierende Strahlen) wird hingewie-sen.

Literatur:Adams, R. M.:

Occupational Skin Diseases. 2nd Edition.W. B. Saunders, Philadelphia London Toronto (1990)

Diepgen, T. L., Fartasch, M., Hornstein, O. P.:Kriterien zur Beurteilung der atopischen Hautdiathese.Dermatosen 39: 79–83 (1991)

Diepgen, T. L.:Die atopische Hautdiathese.Gentner, Stuttgart (1991)

Diepgen, T. L., Schmidt, A., Schmidt, M., Fartasch, M.:Berufsekzeme und Berufskrankheitsverfahren – epidemiologische Aspekte.Allergologie 17: 84–89 (1994)

Elsner, P., Maibach, H.:Irritant Dermatitis: New clinical and experimental aspects.Karger, Basel (1995)

Fartasch, M., Schmidt, A., Diepgen, T. L.:Die „Schwere“ der Hauterkrankung nach BeKV 5101 in der gutachtlichen Beurteilung.Dermatosen 41: 242–245 (1993)

K�hl, M., Klaschka, F.:Berufsdermatosen.Urban & Schwarzenberg, M�nchen Wien Baltimore (1990)

Menn�, T., Maibach, H. I.:Hand Exzema.CRC Press Boca Raton Ann Harbor, London Tokyo (1993)

Rycroft, R. J. G., Menn�, T., Frosch, P. J.:Textbook of Contact Dermatitis. 2nd Edition.Springer, Berlin Heidelberg New York (1995)

Smit, H. A., Burdorf, A., Coenraads, P. J.:The prevalence of hand dermatitis in different occupations.Int. J. Epidemiol. 22: 288–293 (1993).

Literaturerg�nzung:Lange, C. E., Veltmann, G.:

Dermatologische Aspekte der Vinylchloridsch�den.In: Gutacker, H. W., Lelbach, W. K. (Hrsg.): Lebersch�den durch Vinylchlorid.Witzstrock, Baden-Baden Br�ssel Kçln New York 1977

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 368

354 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 369: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 369

Anhang:

Berufe mit deutlich erhçhtem Erkrankungsrisiko f�r Kontaktekzeme. Die meistendieser Berufsgruppen sind h�ufig mit Feuchtarbeit verbunden.

T�tigkeiten Einwirkungen wichtige Allergene und chemisch irritative

Substanzen

Friseure Dauerwellmittel Ester und Salze der Thioglykols�ure,

Fixiermittel

Haarfarben p-Phenylendiamin, p-Toluolendiamin u. a.

F�rbemittel, Resorcin, Parabene

Blondiermittel Persulfate

Haarwaschmittel Konservierungsstoffe, Duftstoffe,

Pflanzenextrakte, Cocamidopropylbetain u. a.

Emulgatoren und waschaktive Substanzen

Gummihandschuhe Acceleratoren 1), Naturlatex

B�cker, Teige Weizen-, Roggen-, Sojamehl, Amylase

Konditoren Aromen und Vanille, Bittermandel, Anis, Orangen-

Gew�rze schalenextrakt, Zimt u. a.

Konservierungs- Benzoes�ure, Sorbins�ure, Oktyl-, Propyl-,

mittel und Anti- Dodecylgallat

oxydantien

Reinigungsmittel Desinfektions- und Konservierungsstoffe,

waschaktive Substanzen

Galvaniseure galvanische B�der Nickel-, Chrom-2), Kobaltverbindungen,

S�uren, Alkalien

Entfettungsmittel Lçsemittel3)

Gummihandschuhe Acceleratoren 1), Naturlatex

G�rtner, Zierpflanzen Primeln, Chrysanthemen u. a. Asteraceae,

Floristen Alstroemerien, Tulpenzwiebeln u. a.

Pflanzenschutz- Carbamate, Thiurame, Pyrethrum u. a.

mittel

Bauarbeiter, Zement, (Bi)Chromate2) der Alkalien, Kobalt-

Maurer, Frischbeton verbindungen

Fliesenleger, Kunststoffe unausgeh�rtete Epoxidharze und H�rter,

Estrichleger Isocyanate

Hautkrankheiten 355

Page 370: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 370

Metall- K�hlschmierstoffe Konservierungsstoffe, (Formaldehydabspalter,

arbeiter (insbesondere Triazine, Isothiazolinone u. a.), Emul-

wassergemischte) gatoren, Korrosionsschutzmittel, Ethanol-

amine, Tallçl, Mineralçle

Metalle Nickel-, Kobaltverbindungen

Metallkleber Epoxidharze, Acrylate, H�rter

Metallreinigungs- Lçsemittel3)

und Entfettungs-

mittel

Kunststoff- unausgeh�rtete Epoxidharze und H�rter,

arbeiter Kunstharze Acrylate, Kobaltbeschleuniger, Peroxide,

Melamin-, Harnstoff-, Phenol-Formaldehydharze,

Isocyanate, Phtalate, Lçsemittel3)

Kçche, Lebensmittel Mehl, Enzyme, Fleisch, Fische, Krustentiere,

K�chenhilfen Gem�se, Gew�rze, Konservierungsstoffe,

Farbstoffe

Reinigungsmittel Desinfektions- und Konservierungsstoffe

(Isothiazolinone, Formaldehyd, Parabene u. a.),

waschaktive Substanzen

Gummihandschuhe Acceleratoren1), Naturlatex

Heil- und Desinfektions- Formaldehyd, Glutaraldehyd, Quecksilber-

Pflegeberufe mittel verbindungen, Chlorkresol, Phenole u. a.

Medikamente Antibiotika, Lokalan�sthetika, Phenotiazine

(Photoallergene), �therische �le

Gummihandschuhe Acceleratoren1), Naturlatex

Zahn- Dentalchemikalien unausgeh�rtete Acrylate und Mischharze,

techniker Eugenol, Nickel, Kobalt, Palladium, Amalgam,

S�uren

Textilher- Textilfarben, Azofarben, Anthrachinonfarben, Chrom-

steller und Beizen verbindungen2)

-verarbeiter Appreturen, Formaldehydharze, Acrylate, Polyurethane

Spezialausr�stungen

Gummif�den Acceleratoren1) Naturlatex

Kleidungszubehçr Nickel, Kobalt

356 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 371: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 371

Leder-, Fell- Gerbstoffe Chromverbindungen2), Tannin, S�uren, Laugen

verarbeitung Kleber Kollophonium, p-tert-Butylphenolformaldehyd-

harz, Lçsemittel3)

Impr�gniermittel Kunstharze

F�rbemittel Azofarben u. a.

Holzbear- Hçlzer Palisanderarten, Teak, Makore, Mahagoni,

beiter, Tischler Nadelhçlzer u. a.,

Zimmerer Klebstoffe Formaldehydharze, Kolophonium, Epoxidharze,

Acrylate

Beizen Chromverbindungen2), Azofarbstoffe u. a.

Holzschutzmittel Chromverbindungen2), Insektizide, Fungizide

Maler, Farben Kunstharze, Terpentin u.-ersatzstoffe, Farb-

Lackierer, pigmente (Chrom-2, Kobaltverbindungen u. a.)

Anstreicher, Klebstoffe Formaldehydharze, Kolophonium, Epoxidharze,

Fußboden- Acrylate, Isozyanate

leger Verd�nner Lçsemittel3)

Lçter, Lçtmittel Kolophonium, Metallchloride, S�uren

Elektroniker Alkohole, Salmiak

Metallkleber Epoxidharze, Actrylate, H�rter, Lçsemittel3)

Metalle Nickel, Kobalt, Zinn u. a.

Reinigungs- Reinigungsmittel Konservierungssmittel, waschaktive Sub-

dienste stanzen (Tenside u. Detergenzien)

Desinfektions- Formaldehyd, Glutaraldehyd, Phenole u. a.

mittel

Fußbodenpflege- Wachse, Terpentinçl oder Ersatzstoffe,

mittel Lçsemittel3)

Gummihandschuhe Acceleratoren1), Naturlatex

Foto- Farbentwickler p-substit. aromatische Amine (CD 2,3,4)

laboranten Fotochemikalien Chromverbindungen2) Formaldehyd

Gummihandschuhe Acceleratoren1), Naturlatex

Gummi- Gummichemikalien Naturlatex, Thiurame, Thiocarbamate, Mer-

hersteller und captobenzothiazole, p-substituierte Amine,

-verarbeiter Kolophonium

Hautkrankheiten 357

Page 372: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Land- Futtermittel- Getreide, Medikamente u. a. Futtermittel-

wirtschaft- st�ube zus�tze (Olaquindox,Phenotiazine,

liche Berufe Antibiotika)

Tierhaare, tierische Proteine

-speichel, -urin

Pflanzenbestand-

teile

Gummiartikel Accelatoren1)

Desinfektions- Formaldehyd, Chloramin u. a.

mittel

Melkfett Osmaron B, Lanolin

Pflanzenschutzmittel

D�ngemittel

1) Thiurame, Thiocarbamate, Mercaptobenzothiazole, Alterungsschutzmittel u. a.2) Alkalisalze der Chroms�ure (Cr VI) sind wahrscheinlich im Gegensatz zu den Salzen des

dreiwertigen Chroms (Cr III), wie dem Sulfat oder Alaun, keine Ekzematogene, penetrieren

aber wesentlich leichter die Haut und werden dort zu dem stark ekzematogenen Cr III redu-

ziert. Deshalb wird die Testung sowohl bei Chrom-VI-Exponierten (z. B. Maurern) wie

auch bei Chrom-III-Exponierten (z. B. Gerbern oder Galvaniseuren) in der Regel mit Kali-

um(bi)chromat oder Chroms�ureanhydrid (Cr03) durchgef�hrt.3) Kohlenwasserstoffe, Halogenkohlenwasserstoffe, Alkohole, Ether, Ketone, Ester und Ver-

treter anderer Stoffklassen

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 372

358 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 373: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 51 02 Anlage BKV

(Nr. 47/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 2/1963, 25

Hautkrebs oder zur Krebsbildung neigende Hautver�nderungen durch Ruß, Rohpa-

raffin, Teer, Anthrazen, Pech oder �hnliche Stoffe

Klinische Zuordnung:Dermatologie

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Hautkrebs oder zur Krebsbildung neigende Hautver�nderungen kçnnen durch Be-standteile in Ruß, Rohparaffin, Teer, Anthrazen, Pech oder �hnlichen Stoffen aus-gelçst werden.

R u ß als feinflockiger Kohlenstaub entsteht bei unvollst�ndiger Verbrennung vonKohlenwasserstoffen und wird bei der Herstellung von Tusche, Wichse, Farben,Kunststoffen und besonders in der Gummiindustrie bençtigt.

R o h p a r a f f i n wird gewonnen aus bituminçser Braunkohle, �lschiefer, Erdçlund Erdwachs; es wird in der Z�ndholz-, Papier- und Sprengstoffindustrie verwendet.Gereinigtes Paraffin enth�lt keine krebserzeugenden Stoffe.

T e e r als Destillationsprodukt von Stein- und Braunkohle, Torf und Holz wird inKokereien und Gasfabriken gewonnen und in Dachpappen- und Steinkohlenbrikett-fabriken, bei der Holzimpr�gnierung und im Straßenbau gebraucht.

A n t h r a z e n ist ein Teerdestillationsprodukt. Es wird verwendet als Rohstoff inder Farbenherstellung, beim Holzimpr�gnieren, bei der Herstellung von Lacken undDachpappen.

P e c h ist der letzte R�ckstand der Teerdestillation. Es wird als Bindemittel in derSteinkohlenbrikettfabrikation, f�r Kabelisolierung, Herstellung von Dachpappen,Lacken u. a. benutzt.

„� h n l i c h e S t o f f e“ sind solche mit �hnlich biologischer Wirkung. Hierzu ge-hçren z. B. verschiedene Erdwachse, Asphalte, Masut und Mineral-, Schmier-, Zylin-der- und Bohrçle, die bei 300� C und mehr sieden.

Arbeiter bei der Gewinnung, Herstellung, Verarbeitung oder Verwendung der ge-nannten Produkte sind je nach deren Gehalt an kanzerogenen Substanzen gef�hrdet.

II. Aufnahme und Wirkungsweise

Die Haut kann durch direkte Einwirkung (auch durch Staub und D�mpfe) der ge-nannten Stoffe oder durch mit diesen Stoffen behaftete Arbeitskleidung gesch�digtwerden. Sonnenbestrahlung, Hitze und mechanische Reize (Scheuern der Kleidung)kçnnen dies beg�nstigen.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Die Einwirkung obengenannter Produkte kann zu entz�ndlicher Rçtung und auch zuDermatitis (Ekzem) mit Juckreiz f�hren. Bei weiterer Exposition kçnnen sich br�un-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 373

Hautkrankheiten 359

Page 374: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

lich-fleckige Pigmentierungen (Melanose), Follikulitis und Akne entwickeln. Auf der-artig ver�nderter Haut, aber auch ohne dieses Vorstadium, ist die Entstehung einzel-ner oder multipler verschieden großer sogenannter Teer- oder Pechwarzen, die sichvon der Verruca vulgaris nicht unterscheiden, mçglich. Diese Warzen neigen zu karzi-nomatçser Entartung. Die Pech- und Teerwarzen kçnnen nach relativ kurzer Zeit,vielfach aber erst nach mehreren Jahren, besonders im Gesicht und am Handr�cken,mitunter auch am Unterarm, Unterbauch und Skrotum auftreten.

Die Expositionszeit bis zur Entstehung von Hautkrebs oder zur Krebsbildung nei-gender Hautver�nderungen durch die genannten Stoffe betr�gt in der Regel mehrereJahre bis Jahrzehnte. Die Latenzzeit, in der sich aus den Teer- oder Pechwarzen Karzi-

nome entwickeln kçnnen, betr�gt durchschnittlich 3 bis 4 Jahre. Bei entsprechenderBehandlung ist die Prognose im allgemeinen g�nstig.

IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung

Differentialdiagnostisch sind die Alterskeratose und karzinomatçse Ver�nderungen,die nicht auf die Einwirkung obengenannter Stoffe zur�ckzuf�hren sind, zu erw�gen.

Die Diagnose wird durch histologische Untersuchung, Lokalisation der Erkran-kung sowie durch die Melanose gesichert.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 374

360 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 375: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

6 Krankheiten sonstiger Ursachen

Merkblatt zu der Berufskrankheit Nr. 61 01 Anlage BKV

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 375

Krankheiten sonstiger Ursachen 361

Page 376: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Merkblatt zu der Berufskrankheit

Nr. 61 01 Anlage BKV

(Nr. 40/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 6/1962, 136–137

Augenzittern der Bergleute

Klinische Zuordnung:Ophthalmologie

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Die Erkrankung kann bei im Untertagebetrieb t�tigen Personen vorkommen. �ber-wiegend werden Bergleute befallen, die in engster Ber�hrung mit dem Fçrdergut amKohlenstoß stehen.

F�r die Entstehung dieser Erkrankung kommen verschiedene Ursachen (Ursachen-b�ndel) in Frage.

Einerseits handelt es sich um �ußere Noxen, die bei der Auslçsung des Augenzit-terns der Bergleute (auch Bergmannsnystagmus genannt) wesentlich sein d�rften, ins-besondere die mangelnde Helligkeit am Arbeitsplatz sowie die Verunreinigung derGrubenluft unter Tage durch Methan und andere Spuren atmungsfremder Gase. Da-neben spielen dispositionelle Faktoren eine Rolle.

Die Bewertung der von außen kommenden Einfl�sse ist erschwert, weil in der Re-gel mehrere Jahre lang dauernde Einwirkungen der Noxen Voraussetzung f�r die Ent-stehung des Augenzitterns der Bergleute sind.

Es hat sich gezeigt, daß mit zunehmender Verbesserung der Arbeitsbedingungenunter Tage – ortsfest beleuchtete und besser bewetterte Abbaubetriebe in langen Ab-baustrecken im Gegensatz zu kleinen Streb- und Ortsbetrieben das Augenzittern derBergleute seltener wird.

II. Krankheitsbild und Diagnose

Das Augenzittern besteht in einem wechselnden, aber f�r den einzelnen gleichbleiben-den, mehr oder weniger stark stçrenden Zittern der Aug�pfel, pendelfçrmig, oft mitRucken untermischt. Die Frequenzen liegen im allgemeinen bei 100 bis 400 Pendel-schwingungen je Minute. Die Schwingungsfrequenzen beider Augen sind gleich. DieSchwingungsrichtungen kçnnen aber ebenso wie die Ausschlagsgrçßen (Amplituden)rechts oder links verschieden groß sein.

Die Unterscheidung des Augenzitterns der Bergleute von dem angeborenen Au-genzittern, dem Augenzittern bei sehunt�chtigen Augen (Amblyopen-Nystagmus)oder dem durch bestimmte organische Erkrankungen oder durch schwere Arzneimit-telvergiftungen hervorgerufenen Augenzittern ist schwierig und in der Regel nurdurch einen Augenarzt, der �ber spezielle Kenntnisse des Nystagmus verf�gt, mçg-lich.

Manchmal tritt das Augenzittern der Bergleute, wenn es im Hellen zum Stillstandgekommen oder nicht manifest ist, erst nach l�ngerem Aufenthalt im Dunkeln wiederin Erscheinung.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 376

362 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten

Page 377: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Der Bergmannsnystagmus kann durch die sogenannten Scheinbewegungen dieSehsch�rfe beeintr�chtigen, Schwindel und Unsicherheitsgef�hl hervorrufen und da-durch die Leistungsf�higkeit mindern.

Bei schweren F�llen dieser Erkrankung besteht Nystagmus auch beim Blick ge-radeaus oder sogar in der unteren Blickfeldh�lfte.

III. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung

Die Begutachtung sollte durch einen Augenarzt, der �ber spezielle Kenntnisse desBergmannsnystagmus verf�gt, erfolgen, weil die Differentialdiagnose schwierig seinkann.

In Zweifelsf�llen ist zum Ausschluß organischer Erkrankungen des Nervensys-tems Begutachtung durch den Neurologen, evtl. auch durch andere Fach�rzte, erfor-derlich.

Der Erkrankte soll zu einem Arbeitsplatzwechsel, mçglichst nach �ber Tage, ange-halten werden. Die Prognose ist g�nstig, und die Leistungsminderung meist nur vor�-bergehend. Auch der schwere Bergmannsnystagmus ist in der Regel nach zwei Jahrenausgeheilt.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 377

Krankheiten sonstiger Ursachen 363

Page 378: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

HWissenschaftliche Begr�ndungenzu den Berufskrankheiten(BKV-Enumeration)

„verdankt doch die Arbeitsmedizin ihre wissenschafliche Existenzganz wesentlich der Handhabung des ‚unbestimmten Rechtsbegriffs‘ der ‚Berufskrankheit‘.“(Ferber, 2003)

Die in diesem Kapitel als Bekanntmachungen des ehemaligen Bundesministeriums f�r Ar-beit und Sozialordnung (BMA) vorgestellten Begr�ndungen f�r neue Berufskrankheiten ha-ben zu einer �bernahme dieser Krankheiten in die Berufskrankheitenliste der geltenden Be-rufskrankheiten-Verordnung (Anlage BKV) gef�hrt. Die dazugehçrigen Merkbl�tter findensich im Kapitel G.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 378

Page 379: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

1 Durch chemische Einwirkungenverursachte Krankheiten

13 Lçsemittel, Sch�dlingsbek�mpfungsmittel (Pestizide)und sonstige chemische Stoffe

Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten Nr. 13 16 und Nr. 13 17 AnlageBKV

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 379

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 365

Page 380: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Wissenschaftliche Begr�ndung

zu der Berufskrankheit Nr. 13 16 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 4/1996, 29–31

Erkrankungen der Leber durch Dimethylformamid

Klinische Zuordnung:Gastroenterologie

1. Aktueller Erkenntnisstand

1.1 Chemisch-physikalische Charakteristik von Dimethylformamid

N,N-Dimethylformamid C3H7N0 (DMF, Ameisens�uredimethylamid, Formyldi-methylamin) ist bei 20º C eine klare, farblose Fl�ssigkeit (Schmelzpunkt: – 61� C, Sie-depunkt 155� C) mit einem schwachen, jedoch typischen Amingeruch. Es ist mischbarmit Wasser und verschiedenen organischen Verbindungen.

1.2 Vorkommen und Gefahrenquellen

DMF ist keine nat�rlich vorkommende Substanz. Es ist aufgrund seiner chemisch-physikalischen Eigenschaften eines der am meisten verwendeten organischen Lçse-mittel. Die Weltproduktion lag im Jahr 1980 bei 225 000 t pro Jahr. Hauptabnehmerf�r DMF ist die Kunstlederproduktion. DMF wird insbesondere aber auch bei derHerstellung von pharmazeutischen und kosmetischen Produkten, von Polyacrylnitril-Fasern, von Pflanzenschutzmitteln und Speziallacken sowie bei der Kunststoff-beschichtung (Polyurethane) verwendet. In diesen Produktionsbereichen wird DMFals Lçsemittel, Absorptionsmittel f�r Gase und als Synthese-Ausgangsstoff eingesetzt.Bei der Aufarbeitung von Mineralçlen dient DMF als selektives Trennmedium zur Ex-traktion von aromatischen Kohlenwasserstoffen.

Beim offenen Umgang mit DMF gelangt DMF aufgrund seines relativ hohenDampfdruckes von 3,53 mbar bei 20� C in grçßeren Mengen in die Luft, so daß es in-halativ zur Aufnahme kommt. DMF wird aber auch aus der Dampfphase sowie beidirektem Hautkontakt perkutan leicht resorbiert (Lauwerys u. Mitarb. 1980). DaDMF nur schwach geruchsintensiv ist, entf�llt eine nennenswerte Warnwirkung beiniedrigen Konzentrationen. Messungen der DMF-Konzentration in der Raumluftspiegeln allerdings in Anbetracht einer mçglichen perkutanen Aufnahme auch nur be-grenzt die tats�chliche Exposition wider. Eine Absch�tzung der tats�chlich vom Orga-nismus aufgenommenen DMF-Menge erfordert daher ein biologisches Monitoring(Mraz u. Mitarb. 1989, 1992a, 1992b; Kawai u. Mitarb. 1992).

1.3 Kenntnisse zur Wirkung am Menschen

1.3.1 Pathomechanismen

Sowohl bei dermaler als auch bei inhalativer Aufnahme wird DMF rasch im Organis-mus verteilt. Die Metabolisierung von DMF erfolgt durch mikrosomale Enzymsys-teme in der Leber. Als Hauptmetabolit erscheint im Harn N-Hydroxymethyl-N-Me-thylformamid (Lauwerys u. Mitarb. 1980; ICPS 1991; Henschler 1992; Mraz u.Mitarb. 1992b). Der Metabolismus von DMF zeigt Wechselwirkungen mit dem Ab-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 380

366 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 381: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

bau von Ethylalkohol und eine hemmende Wirkung auf die Aldehyddehydrogenase(IPCS 1991; Henschler 1992; Eckey u. Mitarb. 1994). Dadurch kann die Aufnahmebereits geringer DMF-Mengen im Zusammenwirken mit Alkohol zu Intoleranz-erscheinungen vom Disulfiram-Typ (Flush-Syndrom) f�hren (Eckey u. Mitarb. 1994).

Arbeitsmedizinische Erfahrungen mit DMF, gesammelt insbesondere bei akziden-tell hohen Expositionen (IPCS 1991)und in epidemiologischen Studien (Redlich1988,Fleming 1990, Wang u. Mitarb. 1991), weisen die Leber sowohl nach akuter alsauch nach chronischer Einwirkung als kritisches Zielorgan einer DMF-Sch�digungaus (Scailteur u. Mitarb. 1987). In Leberbiopsien zeigten sich mikrovesikul�re Fett-einlagerungen und Ver�nderungen des Leberparenchyms ohne ausgepr�gte entz�ndli-che Infiltrate. Der feingewebliche Gesamteindruck entsprach einer Lebersch�digungtoxischen Ursprungs (Lun u. Mitarb. 1987). Ergebnisse aus Tierversuchen best�tigendiese spezielle Organsch�digung ungeachtet des Aufnahmeweges (Craig und Mitarb.1984; Kennedy u. Mitarb. 1986).Im Tierversuch �ußert sich die Hepatotoxizit�t ma-kroskopisch in herdfçrmigen, �ber allen Leberbereichen verteilten, nekrotischen Ver-�nderungen, besonders ausgepr�gt im Bereich der Leberpforte. Mikroskopisch impo-nieren die nekrotischen Areale durch eine Fibrose mit H�mosiderin- undCalciumablagerungen unter Beteiligung von Makrophagen mit scharfer Abgrenzungzu nicht gesch�digtem Gewebe (Itoh u. Mitarb. 1987).

1.3.2 Krankheitsbild und Diagnose

Klinisch entspricht das Krankheitsbild dem einer Leberverfettung bzw. einer Fett-leber, die h�ufig asymptomatisch ist oder nur ein leichtes, uncharakteristisches,rechtsseitiges Druck- oder Vçllegef�hl, �belkeit und Erbrechen verursacht. Palpato-risch ist die Leber vergrçßert, ihr Rand abgerundet, ihre Oberfl�che weich und ein-dr�ckbar.

Auch die klinisch-chemischen Befunde geben keinen verl�ßlichen Hinweis auf dasAusmaß der Leberzellverfettung. Geringe unspezifische Erhçhungen der Transamina-sen (SGOT > SGPT) und der g-GT im Serum Exponierter werden am h�ufigsten beob-achtet. Sonogramm und Computertomogramm und gegebenenfalls Leberbiopsie hel-fen, die Diagnose Leberverfettung bzw. Fettleber zu sichern.

Differentialdiagnostisch kommen als Ursachen der Leberverfettung u. a. in Be-tracht: Ethylalkohol-Abusus, Diabetes mellitus, Adipositas und Hyperalimentationsowie Hyperlipoprotein�mien.

1.3.3 Epidemiologische Untersuchungen

In l�nger zur�ckliegenden Publikationen wird die effektive Schadstoffexposition vonArbeitnehmern h�ufig nur unzureichend beschrieben. �ber den Anteil einer mçgli-chen perkutanen Aufnahme sowie �ber die Relevanz der nicht selten beobachtetenMischexpositionen finden sich darin meist keine Angaben. Aus diesem Grund er-scheint es sinnvoll, nur die neueren Arbeiten zu diskutieren.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 381

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 367

Page 382: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Redlich u. Mitarb. (1988) untersuchten in einer klinischen Studie 58 von 66 DMF-exponierten Arbeitern eines Polyurethan-kunststoffverarbeitenden Betriebes. Bei al-len Arbeitspl�tzen handelte es sich um schlecht gel�ftete R�ume, ein spezieller Haut-schutz wurde nicht angewendet. Die klinischen Untersuchungen umfaßten u. a.Leberfunktionstests, Hepatitis-A- und Hepatitis-B-Serologie und einen Blutstatus.Angaben zur inneren und �ußeren Belastung der Arbeiter mit DMF fehlen jedoch.Auch eine Beeinflussung durch andere, wenn auch in geringerem Umfang verwendeteChemikalien (Toluol, Methylethylketon, 1,1,1-Trichlorethan und Dichlorbenzol)konnte nicht ausgeschlossen werden.

Eine epidemiologische Auswertung dieser Studie erfolgte durch Fleming u. Mit-arb. (1990). Dieser Arbeit zufolge wies die DMF-exponierte Gruppe, die h�ufig �berAppetitlosigkeit, Oberbauchschmerzen, �belkeit, Kopfschmerzen, Schwindel und Al-koholintoleranz klagte, einen erhçhten SGPT-Spiegel auf. Erhçhungen auf mehr alsdas Doppelte des Normalwertes betrafen 35 von 46 Produktionsarbeiter, verglichenmit 12 nicht in der Produktion t�tigen, nicht DMF-exponierten Personen. Die Be-funde korrelierten mit der Dauer der Exposition. Alkoholabusus als mçgliche Ursa-che der Hepatopathie wurde von den Autoren ausgeschlossen. In einem expositions-freien Intervall von 1–5 Monaten normalisierte sich der SGPT-Spiegel wieder bei denmeisten exponierten Personen.

Nach akuter Lebererkrankung eines Arbeiters einer Kunstlederfabrik wurde imRahmen einer Studie die Pr�valenz der Lebersch�digung durch DMF an 183 Ex-ponierten dieses Betriebs von Wang u. Mitarb. (1991) untersucht. Neben der medi-zinischen Untersuchung (u. a. leberspezifische Laborparameter, CPK, Hepatitis-B-Serologie) wurde eine detaillierte Anamnese zu subjektiven Beschwerden, zurArbeitsplatzsituation und zum Konsumverhalten durchgef�hrt. Die Arbeitspl�tzewurden je nach DMF-Belastung in drei Expositionsgruppen eingeteilt:Expositionsindex 0: < 10 ppm, keine direkte Lçsemittelexposition,

kein Hautkontakt1: 10–40 ppm, seltener Hautkontakt2: 25–60 ppm, h�ufiger Hautkontakt

F�r die Indexgruppe 2 wurden statistisch signifikant h�ufiger erhçhte SGPT-Werte(‡35 U/I) gefunden. Die durch logistische Regression ermittelte Beziehung der SGPT-Werte zur Exposition war mit einem Odds Ratio (OR) = 6,16 (p = 0,01) f�r dieGruppe 2 hçher als zu dem HBs-Antigen-positiven Status mit einer OR = 2,81 (p =0,07). Es bestand eine statistisch signifikante Assoziation zwischen der DMF-Exposi-tion und erhçhten CPK-Werten. M�digkeit, Appetitlosigkeit, �belkeit und Ober-bauchschmerzen wurden von den hçher exponierten Arbeitern h�ufiger (statistischnicht signifikant) angegeben. Es gab Hinweise daf�r, daß HBs-Antigen-Tr�ger emp-findlicher auf DMF reagieren als HBs-Antigen-negative Personen.

Bei einer von Cai u. Mitarb. (1992) durchgef�hrten Betriebsstudie mit 318 DMF-exponierten Arbeitern einer Kunstlederfabrik wurden mit maximal 9,1 ppm relativ

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 382

368 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 383: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

geringe DMF-Konzentrationen in der Luft gemessen. Alle untersuchten Parameter,u. a. SGOT, SGPT und g-GT ergaben keine signifikanten Unterschiede zu den Kon-trollpersonen (n = 143). Ein dosisabh�ngiger Anstieg wurde bei den subjektivenSymptomen �belkeit und Oberbauchschmerzen und der Pr�valenz der Alkoholintole-ranz beobachtet.

Eine Leberzellsch�digung scheint erst ab DMF-Expositionen �ber 30 mg/m3 (10ppm) aufzutreten. Die Leberfunktionsstçrungen sowie die subjektiven Beschwerdenwerden als reversibel beschrieben. Irreversible Leberzellsch�digungen sind unter Be-r�cksichtigung der Literatur derzeit wenig wahrscheinlich.

1.3.4 Sonstige Wirkungen

Zyklusstçrungen und eine H�ufung von Aborten bei Frauen unter relativ hohen Ex-positionen bis 150 mg/m� wurden beschrieben. In Tierversuchen zeigten sich terato-gene Effekte nach dermaler, inhalativer und oraler Verabreichung von DMF. Auch beiEinhaltung der g�ltigen Grenzwerte kann ein Risiko der Fruchtsch�digung nicht aus-geschlossen werden (WHO 1991).

In der Literatur finden sich Hinweise f�r eine erhçhte Inzidenz von testikul�renTumoren (Levin u. Mitarb. 1987, Calvert u. Mitarb. 1990) und von Malignomen imBereich der Mundhçhle und des Pharynx. Im Jahr 1986 wurde �ber drei F�lle vonHodentumoren in einer Gruppe von 153 Besch�ftigten eines Flugzeugreparaturbetrie-bes berichtet, wobei einer der Erkrankten vermutlich nicht exponiert war (Ducatmanu. Mitarb. 1986, Ducatman 1989). Querschnittuntersuchungen in zwei weiteren Re-paraturbetrieben haben nur f�r einen dieser Betriebe (680 Besch�ftigte) f�r den Zeit-raum von 1970–1973 weitere Hodenkrebsf�lle ergeben (vier F�lle gegen�ber 0,95erwarteten, bezogen auf die Bevçlkerung). In den beiden Betrieben, in denen Hoden-krebsf�lle auftraten, bestanden vergleichbare Expositionsverh�ltnisse, insbesondereeine Exposition gegen�ber einem ca. 80 % DMF-enthaltenden Lçsemittel. DMF-Ar-beitsplatzmessungen lagen jedoch nicht vor. Eine nachtr�glich vorgenommene Be-schreibung des Arbeitsablauf es der erkrankten Besch�ftigten weist auf gleichzeitigeEinwirkung von aromatenhaltigen Elastomeren, Methylvinylsilikon und einer Reiheweiterer Chemikalien hin. Es wurde vermutet, daß DMF die perkutane Resorptionvon anderen Stoffen fçrdern kçnne (Gollins 1991). Die kasuistischen Mitteilungen�ber Hodenkrebsf�lle bei DMF-Exponierten gaben Anlaß zu einer Fall-Kontroll-Stu-die, bei der eine Population aus 8724 Besch�ftigten herangezogen werden konnte(Walrath u. Mitarb. 1989) und einer historischen Kohortenstudie mit 2530 DMF-mo-noexponierten, 13 929 DMF- und Acrylnitril- sowie 16 Acrylnitrilexponierten Be-sch�ftigten (Anzahl der Kontrollpersonen 1130) (Chen u. Mitarb. 1989). Eine H�u-fung von Hodenkrebsen konnte in diesen Studien nicht beobachtet werden. Andereregistrierte Malignome (Leberkrebs, Prostatakarzinom, Mundhçhlen- und Rachen-krebs) ließen keine Assoziation zur Expositionshçhe und -dauer erkennen und dieH�ufung der einzelnen Malignomtypen war in beiden Studien nicht konsistent.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 383

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 369

Page 384: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

2. Validit�t und Reliabilit�t der vorliegenden Erkenntnisse

Die aus akzidentellen Expositionen und epidemiologischen Untersuchungen vorlie-genden neueren Daten und gewonnenen arbeitsmedizinischen Erkenntnisse sind insich schl�ssig und plausibel. Sie belegen, daß DMF generell geeignet ist, Erkrankun-gen der Leber im Sinne einer Leberverfettung bzw. einer Fettleber zu verursachen.

Die verf�gbare epidemiologische Datenlage zum urs�chlichen Zusammenhangvon Krebserkrankungen und DMF-Exposition erlaubt derzeit keine abschließendeBeurteilung. DMF gilt bislang nicht als humankanzerogen (WHO 1991; Henschler1992; ACGIH 1994).

LiteraturAmerican Conference of Governmental Industrial Hygienists (ACGIH):

Threshold Limit Values for Chemical Substances and Physical Agents and Biological Exposure Indi-ces 1993–1994Cincinnati 1994

Cai, S. X. Huang, M. Y., Xi, L. Q., Li, Y. L., Qu, J. B., Kawai, T., Yasugi, T., Mizunuma, K., Watanabe, T.,Ikeda, M.:Occupational dimethylformamide exposure. 3. Health effects of dimethylformamide after occupa-tional exposure at low concentrationsInt. Arch. Occup. Environ, Health 63 (1992), 461–468

Calvert, G. M., Fajan, J. M., Hills, B. W., Halperin, W. E.:Testicular cancer, dimethylformamide and leather tanneriesLancet 336 (1990), 1253–1254

Craig, D. K., Weir, R. J., Wagner, W., Groth, D.:Subchronic inhalation toxicity of dimethylformamide in rats and miceDrug Chem. Toxicol. 7 (1984), 551–571

Ducatman, A. M., D. E. Conwill, J. Crawl:Germ Cell Tumors of the Testicle among Aircraft RepairmenJ. Urol. 136 (1986), 834–836

Ducatman, A. M.:Dimethylformamide, metal dyes and testicular cancerLancet 22 (1989), 911

Eckey, R., Gçhringer, H.:Untersuchungen zur Pathophysiologie der Alkohol-Intoleranz nach Dimethylformamide-ExpositionVerhandlg. Dtsch. Ges. Arbeitsmed., Gentner 34 (1994), 211–216

Fleming, L. E., Shalat, S. L., Redlich, C. A.:Liver injury in workers exposed to dimethylformamideScand. J. Work Environ, Health 16 (1990), 289–292

Gollins, W. J. F.:Dimethylformamide and testicular cancerLancet 337 (1991), 306

Henschler, D. (Hrsg.):DimethylformamidIn: Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begr�ndung von MAK-Werten der Kommission zur Pr�funggesundheitssch�dlicher Arbeitsstoffe der Deutschen ForschungsgemeinschaftVCH Verlagsgesellschaft, Weinheim (1992)

IPCS (WHO):Environmental Health Criteria 114: Dimethylformamide.United Nations Environment Programme, International Labour Organisation,World Health Organisation (1991)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 384

370 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 385: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Itoh, H., Uchikoschi, T., Oikawa, K.:Histopathological investigation of DMF-induced hepatotoxicityActa Pathol. Jap. 37 (1987); 1879–1911

Kennedy Jr., G. L., Sherman, H.:Acute and subchronic toxicity of dimethylformamide and dimethylacetamide following variousroutes of administrationDrug Chem. Toxicol. 9 (1986), 147–170

Lauwerys R.R., Kivits, A., Lhoir, M., Rigolet, P., Houbeau, D., Buchet, J. P., Roels, H. A.:Biological surveillance of workers exposed to dimethylformamide and the influence of skin pro-tection on it's percutaneous absorptionInt. Arch. Occup. Environ. Health 45 (1980), 189–203

Levin, S. M., Baker, D. B., Landrigan, P. J., Monaghan, S. V.:Testicular cancer in leather tanners exposed to dimethylformamideLancet 14 (1987), 1153

Lun, A., W. Schimmelpfennig, G. Roschlau:Zur Hepatotoxizit�t von DimethylformamidZ. klin. Med. 42 (1987), 2003–2006

Mraz, J., Cross, H., Gescher, A., Threadgill, M. D., Flek, J.:Differences between rodents and humans in the metabolic toxification of N,N-dimethylformamideToxicol. apl. Pharmacol. 89 (1989), 507–516

Mraz, J., Nohova. H.:Percutaneous absorption of N,N-dimethylformamide in humansInt. Arch. Occup, Environm., Health 64 (1992a), 79–83

Mraz, J., Nohova, H.:Absorption, metabolism and elimination of N,N-dimethylformamide in humansInt. Arch. Occup Environm. Health 64 (1992b), 85–92

Redlich, A., Beckett, W. S., Sparer, J., Barwick, K. W., Riely, C. A., Miller, H., Sigal, S. L., Shalat, S. L.,Cullen, M. R.:Liver disease associated with occupational exposure to the solvent dimethylformamideAnn. Intern. Med. 108 (1988), 68–686

Scailteur, V., Lauwerys, R. R.:Dimethylformamide (DMF) HepatoxicityToxicology 43 (1987), 231–238

Wang, J. D., Lai, M. Y., Chen, J. S., Lin, J. M., Chiang, J. R., Shiau, S. H., Chang, W. S.:Dimethylformamide-induced liver damage among synthetic leather workersArch. Environm. Hlth. 46 (1991), 161

Walrath, J., Fayerweather, W. E., Gilby, P. G., Pell, S.:A case control study of cancer among Du Pont employees with potential for exposure to dimethyl-formamideJ. Occup. Med. 31 (1989), 432–438

Hinweis: Kapitel G Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten13 16 Erkrankungen der Leber durch Dimethylformamid

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 385

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 371

Page 386: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Wissenschaftliche Begr�ndung

zu der Berufskrankheit Nr. 13 17 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 9/1996, 44–49

Polyneuropathie oder Enzephalopathie

durch organische Lçsungsmittel

oder deren Gemische

Klinische Zuordnung:NeurologiePsychiatrie

1. Organische Lçsungsmittel und deren Gemische

Organische Lçsungsmittel sind eine chemisch heterogene Stoffgruppe mit der gemein-samen Eigenschaft, Stoffe zu lçsen, ohne diese oder sich selbst chemisch zu ver�ndern.Sie werden deshalb in der Arbeitswelt vielf�ltig verwendet. Industriell werden sie vor-wiegend in Gemischen aus meist zwei bis sechs einzelnen Lçsungsmitteln eingesetzt.Die Verwendung von nur einem Lçsungsmittel stellt zunehmend die Ausnahme dar.Die Zusammensetzung der Gemische variiert je nach technischer Anforderung undHersteller ganz erheblich. Bei einer Analyse durch die Bundesanstalt f�r Arbeitsschutzwurden z. B. in 275 Zubereitungen folgende einzelne Lçsungsmittel nachgewiesen [1]:

CAS-Nr. CAS-Nr.

n-Hexan 110–54–3 n-Butanol 71–36–3

n-Heptan 142–82–5 Isobutanol 78–83–1

Aceton 67–64–1 Butylglykol 111–76–2

Methyl-Ethyl-Keton 78–93–3 Diacetonalkohol 123–42–2

Methyl-Isobutyl-Keton 108–10–1 Benzol 71–43–2

Cyclohexanon 108–94–1 Toluol 108–88–3

Essigs�uremethylester 79–20–9 Xylol 1330–20–7

Essigs�ureethylester 141–78–6 Ethylbenzol 100–41–4

Essigs�urebutylester 123–86–4 1,3,5-Trimethylbenzol 108–67–8

Essigs�ureisobutylester 110–19–0 Styrol 100–42–5

Methylglykolacetat 110–49–6 Dichlormethan 75–09–2

Ethylglykolacetat 111–15–9 1,1,1-Trichlorethan 71–55–6

Butylglykolacetat 112–07–2 Trichlorethen 79–01–6

Ethylglykolmono- 110–80–5 Tetrachlorethen 127–18–4

ethylether Trichlorfluormethan 75–69–4

Methanol 67–56–1 1,1,2-Trichlortri- 76–13–1

Ethanol 64–17–5 fluorethan

Isopropanol 67–63–0

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 386

372 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 387: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Benzine sind Erdçldestillate, bestehend aus einem Gemisch von mehr als 150 vorwie-gend aliphatischen Kohlenwasserstoffen und weiteren Inhaltsstoffen; sie kçnnen jenach Siedegrenzen bis zu 35 % n-Hexan enthalten. [2]

Technische Produkte enthalten produktionsbedingt immer Verunreinigungen, de-ren qualitativer und quantitativer Anteil im Einzelfall schwer abzusch�tzen ist. [3]

2. Neurotoxizit�t von einzelnen Lçsungsmitteln

2.1. Neurotoxische Lçsungsmittel

F�r mehrere organische Lçsungsmittel sind aufgrund von epidemiologischen Unter-suchungen, kasuistischen Beobachtungen am Menschen oder Tierexperimenten neu-rotoxische Wirkungen bekannt:– Aliphatische Kohlenwasserstoffe: n-Hexan [4–7], Heptan [8–11].– Ketone: Methyl-Ethyl-Keton [12–141, Methyl-Butyl-Keton [12, 15–17].– Alkohole: Methanol [18–21], Ethanol [22–25].– Aromatische Kohlenwasserstoffe: Benzol [26–33], Toluol [34 401, Xylol [41–44],

Styrol [45–53].– Chlorierte aliphatische Kohlenwasserstoffe: Monochlormethan [54–58], Dichlor-

methan [59–64], 1,1,1-Trichlorethan [65–69, 98], Trichlorethen [70–78], Tetra-chlorethen [79–83, 981].

2.2. Pathomechanismen

Organische Lçsungsmittel kçnnen am Arbeitsplatz als Dampf eingeatmet, aber auchdurch die Haut resorbiert werden. Aufgrund ihrer Fettlçslichkeit verteilen sie sich inallen Organen, bevorzugt im Nervensystem. Sie werden mit unterschiedlichen Halb-wertszeiten, die zwischen wenigen Stunden bis mehreren Tagen liegen, ausgeschieden.Ein wichtiger Ausscheidungsmechanismus ist die Abatmung der unver�nderten Sub-stanz durch die Lunge; ein Teil wird metabolisiert und �ber die Nieren bzw. die Galleausgeschieden [84]. Bei der Metabolisierung kçnnen aus relativ harmlosen Ausgangs-substanzen neurotoxische Metaboliten entstehen, z. B. 2,5-Hexandion aus n-Hexan[85] oder Trichlorethanol aus Trichlorethen [86].

Pathogenetisch sind physiko-chemische Wechselwirkungen von stoffwechselver-mittelten Lçsungsmitteleffekten zu unterscheiden. Bei ersteren kommt es durchhydrophobe Wechselwirkungen mit den Lipiden der Zellmembrane zu einer Locke-rung des Lipidverbandes und der Hydratationsh�lle, wodurch die Membranfluidit�tsteigt und die Membran schwillt [87 ]. Weitere komplexe Wechselwirkungen sind an-zunehmen [88–95]. Im zweiten Fall f�hren die Lçsungsmittel und/oder ihre neuroto-xischen Metaboliten zu Stçrungen der Lipid-und Proteinsynthese [96–100]. F�r dieneurotoxische Dauersch�digung d�rfte die Beeinflussung mischfunktioneller Oxige-nasen (Cytochrom P 450 2E 1) mit Bildung radikalischer Stoffwechselprodukte undder Mçglichkeit peroxidativer Zellsch�digung von besonderer Bedeutung sein [101,144].

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 387

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 373

Page 388: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Folgen sind zun�chst Funktionsstçrungen (z. B. pr�narkotische Symptome, Pa-r�sthesien), im weiteren Verlauf auch morphologische Ver�nderungen mit prim�raxonalen Sch�digungen. Histologisch finden sich z. T. riesenhafte paranodale Axon-auftreibungen, elektronenmikroskopisch Akkumulationen von kondensierten 10-nm-Neurofilamenten, Ansammlungen von Glykogengranula im Zytoplasma, denSchwann'schen Zellen oder innerhalb des Axons. Diese Ver�nderungen sind bei Ex-positionskarenz grunds�tzlich reversibel [102–106].

Die Pathomechanismen d�rften f�r die Zellen des zentralen und peripheren Ner-vensystems grunds�tzlich gleich sein. Die unterschiedliche klinische Symptomatik er-gibt sich in erster Linie aus der unterschiedlichen Lokalisation und den unterschiedli-chen Aufgaben der besonders betroffenen Zelle. �berlagerungen sind mçglich.Außerberufliche neurotoxische Faktoren (z. B. Alkohol, Medikamente oder Erkran-kungen wie Diabetes mellitus) kçnnen diesen Verlauf beeinflussen.

2.3. Krankheitsbilder

Polyneuropathie:Typisch f�r toxische Polyneuropathien sind symmetrisch-distale, beinbetonte, sen-

somotorische Ausf�lle mit strumpf- bzw. handschuhfçrmiger Verteilung. Sie beginnenmit distalen Par�sthesien und/oder Hyp�sthesien und Reflexabschw�chungen. Moto-rische Ausf�lle treten oft erst in fortgeschrittenen Stadien auf. Die Prognose ist grund-s�tzlich g�nstig, da die eindrucksvolle Symptomatik meist zur rechtzeitigen Diagnosef�hrt. Heilungen sind auch nach mehrmonatigem Verlauf mçglich. Als Residien ver-bleiben h�ufig Reflexabschw�chungen, die funktionell aber bedeutungslos sind.

Enzephalopathie:Unter einer Enzephalopathie versteht man diffuse Stçrungen der Hirnfunktion.

Auch f�r toxische Enzephalopathien sind Konzentrations- und Merkschw�che, Auf-fassungsschwierigkeiten, Denkstçrungen und Persçnlichkeitsver�nderungen – oft mitAntriebsarmut, Reizbarkeit und Affektstçrungen – typisch. Diese Symptome sind un-spezifisch, entwickeln sich je nach Exposition akut oder chronisch progredient imVerlauf von Monaten bis Jahren und werden deshalb h�ufig erst sp�t erkannt. Ausdiesem Grunde ist die Prognose ung�nstiger als bei den toxischen Polyneuropathien.Eine vollst�ndige Heilung ist h�ufig nicht zu erwarten.

F�r einige Lçsungsmittel sind weitere Krankheitsmanifestationen beobachtet wor-den:

Isolierte oder multiple Hirnnervenl�sionen [73], epileptische Anf�lle [27, 36], Par-kinson-Syndrome [173, 174], Kleinhirnataxien [35, 38] halluzinatorische Psychose[39, 172], partielle Querschnittsl�hmungen [74]. Sie sind jedoch selten und treten nurbei sehr schweren Vergiftungen auf.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 388

374 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 389: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

3. Neurotoxizit�t von Lçsungsmittelgemischen

3.1. Epidemiologie

Zu den epidemiologischen Studien ist zu bemerken, daß die quantitative und qualita-tive Zusammensetzung der im Einzelfall verwendeten Lçsungsmittelgemische in derRegel nicht bekannt ist. Eine japanische Untersuchung �ber die f�nf h�ufigsten Lç-sungsmittel in Farben, Klebern, Verd�nnern, Reinigungsmitteln und Drucker-schw�rze ergab jedoch, daß in diesen Gemischen mit hoher Wahrscheinlichkeit neu-rotoxische Lçsungsmittel enthalten sind [107]. Weiterhin ist zu bemerken, daß ineinigen Studien Confounder wie Alkohol oder Diabetes mellitus nicht ausreichend be-r�cksichtigt worden sind.

3.1.1. Kohortenstudien

Mikkelsen [108] verglich bei der Auswertung von Rentengutachten neuropsychiatri-sche Diagnosen (ICD) bei 2 601 Malern mit der Krankheitsh�ufigkeit von zwei Kon-trollgruppen(1 790 Maurer bzw. eine nicht bekannte Anzahl der Kopenhagener Be-vçlkerung). Das relative Risiko war f�r folgende Diagnosen signifikant erhçht:pr�senile Demenz ohne urs�chliche Angaben mit 3,4, pr�senile Demenz mit urs�chli-chen Angaben mit 2,4, Psychosen mit 2, 1, Neurosen/ Persçnlichkeitsstçrungen mit2,8, neurologische Erkrankungen einschließlich Polyneuropathien mit 2,9.

Van Vliet et al. [109] stellten bei 98 Malern gegen�ber 141 nicht lçsungsmittel-belasteten Bauarbeitern signifikante Risikoerhçhungen f�r depressive Stçrungen(Odds Ratio OR 5,47), sensilbe Polyneuropathien (OR 3) sowie Neurosen und An-passungsstçrungen (OR 1,62) fest.

3.1.2. Fallkontrollstudien

Maßgebend f�r die Einsch�tzung als Berufskrankheit waren vor allem Fallkontroll-studien. Die Diagnosen st�tzen sich in diesen Studien auf Krankenakten, Renten-unterlagen und Totenscheine.

Axelson et al. [110] untersuchte Invalidenrenten-Register und fand bei 151 Ma-lern, verglichen mit einer nicht exponierten Kontrollgruppe aus unterschiedlichen Be-rufsgruppen, signifikant h�ufiger (RR 1,8) psychiatrische Diagnosen (ICD). Das rela-tive Risiko (RR) �nderte sich nicht, wenn Alkoholismus ausgeschlossen wurde. Dasrelative Risiko erhçhte sich bei mehr als 30j�hriger Expositionsdauer auf 2,2.

Olsen und Sabroe [111] untersuchten 140 invalidisierte Mçbeltischler, die in ih-rem Beruf mit Klebe- und Lackierarbeiten besch�ftigt waren. Die exponierte Gruppeund die gleich große Kontrollgruppe wurde dem Gewerkschaftsregister entnommen.Nach Ausschluß von Sch�deltraumen und Adjustierung nach Alter und Alkoholkon-sum fand sich ein signifikant erhçhtes relatives Risiko f�r neuropsychiatrische Diag-nosen insgesamt (RR 2,8), f�r die Demenz (RR 2) und f�r Neurosen (RR 3,11).

Rasmussen et al. [112] untersuchten 207 lçsungsmittelexponierte Maler, Auto-mechaniker, Schlosser, Klempner, Typographen usw. und verglichen sie mit einer nichtexponierten gleichgroßen Kontrollgruppe. Die Odds Ratio (OR) f�r Enzephalo-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 389

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 375

Page 390: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

pathien war f�r die Gruppe der oft oder immer Exponierten mit 1,7 signifikant, f�rdie Gruppe der immer Exponierten mit 2 nicht signifikant erhçht. Die OR f�r dieSubgruppen senile/pr�senile Demenz und Psychosen war mit 2 bzw. 5,3 (nicht signifi-kant) erhçht.

O'Flynn et al. [113] konnten bei der Analyse von Totenscheinen von 557 lçsungs-mittelexponierten Verstorbenen kein erhçhtes Mortalit�tsrisiko f�r eine pr�senile De-menz (auch nach Ausschluß eines M. Alzheimer) feststellen. Schwere tçdliche Ver-laufsformen sind demnach unwahrscheinlich.

Brackbill et al. [114] analysierten psychiatrische Diagnosen (ICD) von Invaliden-rentnern aus den Rentenversicherungsunterlagen und konnten bei 3565 lçsungsmit-telexponierten Malern gegen�ber dem Kontrollkollektiv von 83 245 nicht exponier-ten Rentner eine signifikant erhçhte OR von l,42 f�r alle neuropsychiatrischenDiagnosen sowie nicht signifikante OR f�r affektive Psychosen (2,4 1), Neurosen(1,5) und andere Hirnerkrankungen (1,47) nachweisen.

Cherry et al. [115] analysierten 309 F�lle aus 18 Hospit�lern mit den Diagnoseneiner organischen Demenz, einer zerebralen Atrophie oder einem psychoorganischenSyndrom und verglichen sie mit 2 Kontrollgruppen (andere psychiatrische Diagnosenbzw. Patienten aus Allgemeinkrankenh�usern). Der Expositionsbewertung legten sieeinerseits eine Berufsklassifikation, andererseits eine individuelle Belastungseinsch�t-zung zugrunde. Unter Verwendung von zwei Kontrollgruppen ergaben sich Odds Ra-tio zwischen 1,1 bis 1,6, die z. T. signifikant waren. Bei zus�tzlichem Alkoholismus er-hçhten sich die 0dds-Ratio-Werte auf 2 bis 5,5 und waren meist signifikant.

3.1.3. Querschnittstudien und Verlaufskontrollen

Querschnittstudien und Verlaufskontrollen an lçsungsmittelexponierten Berufsgrup-pen liegen in grçßerer Zahl vor. In diesen Studien wurden meist gezielt einzelne Symp-tome oder Befunde mit Hilfe von Fragebçgen, psychometrischen Tests, klinischen,neurophysiologischen oder radiologischen Methoden untersucht.

Die �berwiegende Zahl der Querschnittsuntersuchungen belegt, daß mehrj�hrigeEinwirkungen von Lçsungsmittelgemischen zu Funktionsstçrungen des zentralenNervensystems f�hren [116–128, 175]. Einige Untersucher fanden keine oder keineeindeutige Korrelation zwischen Exposition, Leistungsbeeintr�chtigung und Funk-tionsstçrung [129–130]. Eine Korrelation zwischen Expositionsdauer und einer imzerebralen CT nachweisbaren Hirnatrophie konnte nicht gefunden werden [131]. Esergaben sich jedoch Hinweise auf hirnatrophische Prozesse im MRT bei hochbelaste-ten Malern [175].

Funktionsstçrungen des peripheren Nervensystems wurden von mehreren Auto-ren festgestellt [116, 118–121, 124, 132–136, 175].

Eine Beeintr�chtigung des autonomen Nervensystems mit Einschr�nkung derHerzfrequenzvariabilit�t wurde von Murata et al. [136] nachgewiesen. Verlaufskon-trollen konnten zeigen, daß bei Funktionsstçrungen oder Krankheiten des zentralenoder peripheren Nervensystems nicht nur Besserungen, sondern auch eine Persistenz

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 390

376 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 391: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

und sogar Verschlechterungen nach Beendigung der Exposition mçglich sind[116–123, 129, 132–135, 175].

3.2. Tierversuche

Tierversuche belegen, daß sich Lçsungsmittel in Gemischen in ihrer Wirkung gegen-seitig unterschiedlich beeinflussen kçnnen. Synergistische Effekte stehen im Vorder-grund. Hemmende Effekte und adaptive Ph�nomene werden jedoch ebenso beobach-tet [89–91, 97, 99, 100, 101, 105, 106, 143–171].

4. Bewertung der vorliegenden Erkenntnisse

Epidemiologische Untersuchungen und kasuistische Beobachtungen am Menschensowie Tierexperimente belegen, daß mehrere organische Lçsungsmittel als Einzelsub-stanzen neurotoxische Wirkungen haben. Aufgrund epidemiologischer Untersuchun-gen ist gesichert, daß auch Gemische organischer Lçsungsmittel neurotoxisch wirken,die sich beim Menschen unter den Bedingungen des Arbeitsplatzes als toxische Enze-phalopathie und Polyneuropathie manifestieren kçnnen. Andere neurologische Mani-festationen wie Multiple Sklerose sind mçglich, aber gegenw�rtig epidemiologischnoch nicht ausreichend abgesichert [137–142].

Literaturverzeichnis1. Greim, H.; Dessau, W.:

Kombinationswirkung organischer Lçsungsmittel. Toxische Wirkung auf Leber und Nervensystem.Wirtschaftsverlag NW, Dortmund (1985)

2. DGMK (Deutsche Gesellschaft f�r Mineralçlwissenschaft und Kohlechemie e. V.):Berichte: Wirkung von n-Hexan auf Mensch und Tier(Forschungsbericht), 174 (1982)

3. Lichtenstein, N.; Quellmalz, K.:Stabilisatoren und Verunreinigungen in 1,1,1-Trichlorethan.Staub-Reinhalt. Luft 44, 510–511 (1984)

4. Altenkirch, H.; Wagner, H. M.; Stoltenburg, G. et al.:Nervous system responses of rats to subchronic inhalation of n-hexane plus methylethyl ketonemixtures.J. Neurol. Sci., 57 (2–3), 209–220 (1982)

5. Wada, Y.; Okamoto, S.; Takagi, S.:Intoxication polyneuropathy following exposure to n-hexane.Clin. Neurol., 5, 591–597 (1965)

6. Yamada, S.:Intoxication polyneuritis in the workers exposed to n-hexane.Japan. J. Industr. Health., 9, 651–659 (1967)

7. Hall, S. M.; Gregson, N.:The effects of 2,5-hexanedione on remyelination in the peripheral nervous system of the mouse.J. Neuropathol. Exp. Neurol. 41, 642–651 (1982)

8. Salvolainen, H.; Pf�ffli, P.:Neurochemical effects on rats on n-heptane inhalation exposure.Arch. Environ. Contam. Toxicol., 9, 727–732 (1980)

9. Takeuchi, Y.; Ono, Y. et al.:A comparative study of the toxicity of n-heptane, n-hexane, and n-heptane to the peripheralnerve of the rat.Clin.Toxicol., 18, 1395–1402 (1981)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 391

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 377

Page 392: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

10. Takeuchi, Y.; Ono, Y.; Hisanaga, N.:An experimental study on the combined effects of n-hexane and toluene on the peripheral nerveof the rat.Br. J. Ind. Med., 38, 14–19 (1981)

11. Truhaut, R.; Laget, P.; Piat, G. et. al.:Premiers r�sultats electrophysiologiques apr�s intoxications experimentales par l'hexane et parl'heptane techniques chez le rat blanc.Arch. Mal. Prof., 34, 417–426 (1973)

12. Spencer, P. S.; Schaumburg, H. H.:Feline nervous system response to chronic intoxication with commercial grades of methyl n-bu-tylketone, methyl isobutyl ketone, and methyl ethyl ketone.Toxicol. Appl. Pharmacol. 37, 301–311 (1976)

13. Ralston, W. H.; Hilderbrand, R. L.; Uddin, D. E. et al.:Potentiation of 2,5-hexanedione neurotoxicity by methyl ethyl ketone. Toxicol. Appl. Pharmacol.81, 319–327 (1985)

14. Olson, B. A.; Gamberale, F.; Grçnqvist, B.:Reaction time changes among steel workers exposed to solvent vapors.Int. Arch. Occup. Environ. Health, 48211–218 (1981)

15. Abdel-Rahman, M. S.; Hetland, L. B.; Couri, D.:Toxicity and metabolism of methyl-n-butylketone.Amer. Industr. Hyg. Assoc. J. 37, 95–102 (1976)

16. Allen, N.; Mendell, J. R.; Billmaier, D. J. et al.:Toxic polyneuropathy due to methyl n-butylketone.An industrial outbreake.Arch. Neurol. 32, 214–219(1975)

17. Spaida, K.; Mendell, J. R.; Weiss, H. S.:Peripheral nerve changes induced by methyl n-butyl ketone and potentiation by methyl ethyl ke-tone.J. Neuropath. Exp. Neurol. 35, 207–225 (1976)

18. Hayreh, M. S.; Hayreh, S. S.; Baumbach, G. L. et al.:Ocular toxicity of methanol: An experimental study.In: Merigan, W. H.; Weiss, B.: Neurotoxicity of the visual system. 35–53Raven Press, New York (1980)

19. Bennett, I. L.; Cary, F. H.; Mitchell, G. L. et al.:Acute methyl alcohol poisoning: a review based on experiences in an outbreak of 323 cases.Medicine 32: 431–463 (1953)

20. Keeny, A. H.; Mellinkoff, S. M.:Methyl alcohol poisoning.Ann. Intern. Med. 34: 331–338 (1951)

21. Rçe, U.:The metabolism and toxicity of methanol.Pharmacol. Rev. 7: 399–412 (1955)

22. Beauge, F.; Fleuret, C.; Barin, F. et al.:Brain membrane disordering after acute in vivo administration of ethanol, isopropanol ort-buta-nol in rats.Biochem. Pharmacol. 33, 3591–3595 (1984)

23. Eade, N. R.:Mechanism of sympathomimetic action of aldehyds.J.Pharmacol. Exp. Therap. 127, 29–34 (1959)

24. Haguenoer, J.-M.; Bourrinet, P.; Frimat, P.:Les interrelations entre l'alcoholisme et l'exposition aux toxiques industrielles.Arch. mal. prof. 3, 461–473 (1982)

25. Sun, A. Y.; Seaman, R. N.; Middleton, C. C.:Effects of acute and chronic alcohol administration on brain membrane transport systems.Adv. Exp. Med. Biol. 85 A, 123–138 (1977)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 392

378 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 393: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

26. Albrecht, K.:Unter dem Bilde eines Hirntumors verlaufende chronische Benzolintoxikation.Mschr. Psychiat. Neurol. 82, 108 (1932)

27. Korvin, E.:�ber das Auftreten von Epilepsie bei chronischer Benzolvergiftung.Dtsch. Med. Wschr. 59, 816 (1933)

28. Kalinowski, L.:Benzolvergiftung mit Neuritis des N. medianus.Zbl. Ges. Neurol. Psychiat. 49, 727 (1928)

29. Lande,K.; Kalinowsky L.:Zur Klinik der gewerblichen Berufserkrankungen durch Benzol.Med. Klin. 2 4, 655 (1928)

30. Pihkanen, Temmes:Some electroencephalographical observations in a group of chronic benzene intoxication.XII. Int. Kongreß Arbeitsmed. Helsinki (1957)

31. Roth, B.; Klimkova-Deutschnova, E.:Hirnstrombilder bei Werkt�tigen im toxischen Milieu.Arbeitsmed. 2, 49 (1963)

32. Styblova, V.:The diagnostic value of EEG examination in persons.Cekoslovenski Neurol. 26, 399 (1963)

33. Dempster, A. M.; Evans, H. L.; Snyder, C. A.:The temporal relationship between behavioral and hematological effects of inhaled benzene.Toxicol. Appl. Pharmacol. 76, 195–203 (1984)

34. Antti-Poika, M.; Juntunen, J.; Matikainen, E. et al.:Occupational exposure to toluene: neurotoxic effects with special emphasis on drinking habits.Int. Arch. Occup. Eviron. Health 56, 31–40 (1985)

35. Coscia, G. C.; Tabaro, G.; Albera, C. et al.:Alterazioni vestibolari nell'esposizione a toluene.Med. Lav. 74, 23–29 (1983)

36. Biscaldi, C. P.; Mingardi, M.; Pollini, G. et al.:Acute toluene poisoning. Electroneurophysiological and vestibular investigations.Toxicol. Eur. Res. 3, 271–273 (1981)

37. Sasa, M.; Igarashi, S.; Miyazaki, T. et al.:Equilibrium disorders with diffuse brain atrophy in long-term toluene sniffing.Arch. Otorhinolaryngol. 221,163(169 (1978)

38. Kelly, T. W.:Prolonged cerebellar dysfunction associated with paint-sniffing.Pediatrics 56, 605–608 (1975)

39. Goldbloom, D.; Chouinard, G.:Schizophreniform psychosis associated with chronic industrial toluene exposure: case report.J. Clin. Psychiatry 46, 350–351 (1985)

40. Boor, J. W.; Hurtig, H. I.:Persistent cerebellar ataxia after exposure to toluene.Ann. Neurol. 2, 440–442 (1977)

41. Andersson, K.; Fuxe, K.; Nilsen, O. G. et al.:Production of discrete changes in dopamine and noradrenalin levels and turnover in various partsof the rat brain following exposure to xylene, ortho-, meta- and para-xylene and ethylbenzene.Toxicol. Appl. Pharmacol. 60, 535–548 (1981)

42. Hine, C. H.; Zuidema, H. H.:The toxicological properties of hydrocarbon solvents.Ind. Med. 39, 39–44 und 215–220 (1970)

43. Morley, R.; Eccleston, D. W.; Douglas, C. P. et al.:Xylene poisoning; A report on one fatal case and two cases of recovery after prolonged unconscio-usness.Br. Med. J. 3, 442–443 (1970)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 393

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 379

Page 394: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

44. Patel, J. M.; Harper, C.; Gupta, B. N. et al.:Changes in serum enzymes after inhalation exposure of p-xylene.Bull. Environ. Contam. Toxicol. 21, 17–24 (1979)

45. Stewart, R. D.; Dodd, H. C.; Baretta, E. D. et al.:Human exposure to styrene vapour.Arch. Environ. Health 16, 656–662 (1968)

46. Cherry, N.; Waldron, H. A.; Wells, G. G. et al.:An investigation of the acute behavioural effects of styrene on factory workers.Br. J. Ind. Med. 37, 234–240 (1980)

47. Gamberale, F.; Hultengren, M.:Exposure to styrene. II. Psychological functions.Work Environ. Health 11, 86–93 (1974)

48. Gotell, P.; Axelsson, O.; Lindelçf, B.:Field studies on human styrene exposure.Work Environ. Health 9, 76–83 (1972)

49. Lilis, R.; Lorimer, M. V.; Diamond, S. et al.:Neurotoxicity of styrene in production and polymerization workers.Environ. Res. 15, 133–138 (1978)

50. Lindstrçm, K.; H�rkçnen H.; Hernberg, S.:Disturbance in psychological functions of workers occupationally exposed to styrene.Scand. J. Work Environ. Health 2, 129–139 (1976)

51. Oltramare, M.; Desbaumes, E.; Imhoff, C. et al.:Toxicologie du styrene monomere. Recherches experimentales et cliniques chez l'homme.Geneva, Editions Medicine et Hygiene, 100pp (1974)

52. Rosen, I.; Haeger-Aronsen, B.; Rehnstrçm, S. et al.:Neurophysiological observations after chronic styrene exposure.Scand. J. Work, Environ. Health 4, 184–194 (1978)

53. Hruba, E.; Salomanova, Z.; Schwartzova, K.:Longterm follow-up of workers exposed to the hazards of styrene.CS Neurologie a Neurochirurge 38, 116–122 (1975).Zitiert nach: Niosh (1983) Criteria for a recommended standard. Occupational exposure to styre-ne.

54. Gudmundsson, G.:Methyl chloride poisoning 13 years later.Arch. Environ. Health 32, 236–237 (1977)

55. Kegel, A. H.; McNally, W. D.; Pope, A. S.:Methyl chloride poisoning from domestic refrigerators.J. Am. Med. Assoc. 93, 353–358 (1929)

56. Morgan Jones, A.:Methyl chloride poisoning.Q. J. Med. 11, 29–43 (1942)

57. Kolkmann, F. W.; Volk, B.:Necrosis in the granular cell layer of the cerebellum due to methyl chloride intoxication in guineapig.Exp. Pathol. 10, 298–308 (1975)

58. Pavkov, K. L.; Kerns, W. D.; Chrisp, C. E. et al.:Major findings in a twenty-four month inhalation toxicity study of methyl chloride in mice andrats.Toxicologist 2, 161 (Abstr. Nr. 566) (1982)

59. Barrowcliff, D. F.; Knell, A. J.:Cerebral damage due to endogenous chronic carbon monoxide poisoning caused by exposure tomethylene chloride.J.Soc. Occup. Med. 29, 12–14 (1979)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 394

380 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 395: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

60. Tariot, P. N.:Delirium resulting from methylene chloride exposure: Case report.J. Clin. Psych. 44, 340–342 (1983)

61. Weiss, G. v.:Toxische Enzephalose beim beruflichen Umgang mit Methylenchlorid.Zbl. Arbeitsmed. Arbeitsschutz 17, 282–285 (1969)

62. Putz, V. R.; Johnson, B. L.; Setzer, J. V.:A comparative study of the effects of carbon monoxide and methylene chloride on human perfor-mance.J. Environ. Pathol. Toxicol. 2, 97–112 (1976)

63. Winneke, G.:The neurotoxicity of dichloromethane.Neurobehav. Toxicol. Teratol. 3, 391–395 (1981)

64. Haun, C. C.; Vernot, E. H.; Darmer, K. I. et al.:Continuous animal exposure to low levels of dichloromethane.In: Proc. 3rd. Ann. Conf. Environ. Toxicol. Ohio, Wright Patterson Air Force Base, Aerospace Medi-cal Research Laboratory, 199–208 (1972)

65. Riihim�ki, V.; Pf�ffli, P.:Percutaneous absorption of solvent vapours in man.Scand. J. Work Environ. Health 4, 73–85 (1978)

66. Rouskova, V.:Photic stimulation in early diagnosis of the effects of some harmful industrial substances on thecentral nervous system.Int. Arch. Arbeitsmed. 34, 283–299 (1975)

67. Salvini, M.; Binaschi, S.; Riva, M.:Evaluation of the psychophysicological functions in humans exposed to the treshold limit valueof 1,1,1-trichloroethane.Brit. J. Ind. Med. 28, 286–292 (1971)

68. Stewart, R. D.; Gay, H. H.; Schaffer, A. W. et al.:Experimental human exposure to methyl chloroform vapor.Arch. Environ. Health 19, 467–472 (1969)

69. Torkelson, T. R.; Oyen, F.; Mc Collister, D. D. et al.:Toxicity of 1,1,1-trichloroethane as determined on laboratory animals and human subjects.Am. Ind. Hyg. Assoc. J. 19, 353–362 (1958)

70. Konietzko, H.; Elster, L; Bencsath, A. et al.:EEG-Ver�nderung unter definierter Trichlorethylen-Exposition.Int. Arch. Occup. Environ. Health 35, 257–264 (1975)

71. Konietzko, H.; Elster, L.; Bencsath, A. et al.:Psychomotorische Reaktionen unter definierter Trichlorethylenbelastung.Arch. Toxicol. 33, 129–139 (1975)

72. Konietzko, H.; Elster, I.; Schomann, P. et al.:Felduntersuchungen in Lçsungsmittelbetrieben. Hirnelektrische Korrelate der Trichlor�thylenein-wirkung im telemetrisch abgeleiteten EEG.Zbl. Arbeitsmed.26, 60–63 (1976)

73. Buxton, P. H.; Hayward, M.:Polyneuritis cranialis associated with industrial trichloroethylene poisoning.J. Neurol. Neurosurg. Psychiatr. 30, 511–518 (1967)

74. Sagawa, K.; Nishitani, H.; Kawai, H. et al.:Transverse lesions of the spinal chord after accidental exposure to trichloroethylene.Int. Arch. Arbeitsmed. 31, 257–264 (1973)

75. Grandjean, E.; Munchinger, R.; Turrian, V. et al.:Investigations into the effects of exposure to trichloroethylene in mechanical engineering.Br. J. Ind. Med. 12, 131–142 (1955)

76. Bartonicek, V.; Soucek, B.:Der Metabolismus des Trichlorethylens beim Kaninchen.Arch. Gewerbepathol. Gewerbehyg. 17, 283–293 (1959)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 395

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 381

Page 396: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

77. Kjellstrand, P.; Lanke, J.; Bjerkemo, M. et al.:Irreversile effects of trichloroethylene exposure on the central nervous system.Scand. J. Work Environ. Health 6, 40–47 (1980)

78. Baker, A. B.:The nervous system in trichloroethylene. An experimental study.J. Neuropath. Exp. Neurol. 17, 649–655 (1958)

79. Franke, W.; Eggeling, F.:Klinisch-statistische Untersuchungen bei Perchlor�thylen-exponierten Besch�ftigten in Che-misch-Reinigungs-Betrieben.Med. Welt 9, 453–460 (1969)

80. M�nzer, M. v.; Heder, K.:Ergebnisse der arbeitsmedizinischen und technischen �berpr�fung chemischer Reinigungsbetrie-be.Zbl. Arbeitsmed. 22, 133–138 (1972)

81. Tuttle, T. C.; Wood, G. D.; Grether, C. B.:Behavioral and neurological evaluation of workers exposed to perchloroethylene.Columbia MD (1976)

82. Chmielewski, J.; Tomaszewski, R.; Glombiowski, P. et al.:Klinische Beobachtungen bei beruflicher Tetrachlor�thylenexposition (Russ.).Biul. Inst. Med. Morskiej. 27, 197–206 (1976)

83. Dmitrieva, N. V.:Methoden zur Perchlor�thylenbestimmung am Arbeitsplatz (Russ.).Gig. Tr. Prof. Zabol. 11, 54–56 (1967)

84. Konietzko, J.:Organische Lçsungsmittel.In: Handbuch der Arbeitsmedizin, Bd. 2. Hrsg.: Konietzko, J.; Dupuis, H.Landsberg: ecomed (1989)

85. a) Spencer, P. S.; Bischoff, M. C.; Schaumburg, H. H.:One the specific molecular configuration of neurotoxic aliphatic hexaearbon compounds cau-sing central peripheral distal axonopathy.Toxicol. Appl. Pharmacol. 44, 17 (1978)

b) Spencer, P. S.; Schaumburg, H. H.:Experimental neuropathy produced by 2,5-hexanedione – a major metabolite of the neurotoxicindustrial solvent methyl n-buthylketone.J. Neurol. Neurosurg. Psychiat.38, 771 (1975)

c) Spencer, P. S.; Schaumburg, H. H.:Nervous system dying-back disease produced by 2,5-hexadione.Amer. neurol. Ass. 100, 148 (1975)

86. Bonse, J.; Henschler, D.:Chemical reactivity, biotransformation and toxicity of polychlorinated aliphatic compounds.CRC Crit. Rev. Toxicol. 4, 395–409 (1976)

87. Slater, S. J.; Ho, C.; Taddeo, F. J. et al.:Contribution of hydrogen bonding to lipid-lipid intractions in membranes and the role of lipid or-der – effects of cholesterol, increased phospholipid unsaturation, ethanol.Biochem. 32, 3714–3721 (1993)

88. Franks, IV. P.; Lieb, W. R.:Selective actions of volatile general anaesthetics at molecular and cellular levels.Br. J. Anaesth. 71, 65–76 (1993)

89. T�hti, H.:The neurotoxicity of organic solvents, studied with in vitro models.ATLA – Alternatives to Laboratory Animals 20, 290–296 (1992)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 396

382 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 397: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

90. T�hti, H.; Hyppçnen, S.; Oksanen, H. et al.:Evaluation of the effects of organic solvents and solvent mixtures on cell membrane integral pro-teins in vitro. In vitro toxicology.J. Mol. Cel. Toxicol. 5, 1–6 (1992)

91. T�hti, H.; Naskali, L.:The effects of organic solvents on neural membrane integral protein tested in neural cell cultures.Neurosci. Res. Com. 10, 71–77 (1992)

92. Fan, Z.; Nakayama, K.; Sawanobori, T. et al.:Aromatic aldehydes and aromatic ketones open ATP-sensitive K+ Channels in Guinea-pig ventricu-lar myocytes.Pfl�gers Archiv – Eur. J. Physiol. 421, 409–415 (1992)

93. Sander, E. G.; Jencks, W. P.:Equilibria for additions to the carbony group.J. Am. Chem. Soc. 90, 6154–6162 (1986)

94. Korpela, M.:Inhibition of synaptosome membranebound integral enzymes by organic solvents.Scand. J. Work Environ. Health 15, 64–68 (1989)

95. Korpela, M.; T�hti, H.:The effect of selected organic solvents on intact human red cell membrane acetylcholinesterasein vitro.Toxicol. Appl. Pharmacol. 85, 257–262 (1986)

96. Lebel, C. P.; Schatz, R. A.:Altered synaptosomal phospholipid metabolism after toluene: Possible relationship with mem-brane fluidity, Na+, K+-Adenosine Triphosphatase and Phospholipid Methylation.J. Pharmacol. Exp. Therap. 253, 1189–1197 (1990)

97. Kyrklund, T.; Haglid, K. G.:Brain lipid changes after organic solvent exposure.Ups. J. Med. Sci. Suppl. 48, 267–277 (1990)

98. Kyrklund, T.; Kjellstrand, P.; Haglid, K. G.:Effects of exposure to freon 11, 1,1,1-Trichloroethane or Perchloroethylene on the lipid and fatty-acid composition of rat cerebral cortex.Scand. J. Work Environ. Health 14, 91–94 (1988)

99. Gustafson, C.; Tagesson, C.:Influence of organic solvent mixtures on biological membranes.Br. J. Ind. Med. 42, 591–595 (1985)

100. Haglid, K. G.; Karlsson, J. E;. Kyrklund, T. et al.:Animal models of neurotoxicity – aspects on organic solvent-induced alterations in the gerbilbrain during and after exposure: Adaptation – tolerance and irreversibility. Organic solvents andthe central nervous system, chronic effects of organic solvents on the central nervous system anddiagnostic criteria, report on a joint WHO/Nordic Council of Ministers Working Group, Copenha-gen, 10–14 June 1985,World Health Organization, Regional Office for Europe, Copenhagen, 136–148 (1985)

101. Hansson, T.; Tindberg, N.; Ingelman-Sundberg, M. et al.:Regional distribution of ethanol-inducible cytochrome P 450 IIE 1 in the rat central nervous sys-tem.Neuroscience 34 (2), 451–463 (1990)

102. Altenkirch, H.:Neurotoxische Krankheitsbilder bei Lçsungsmittel-Abusus.In: Erstes Heidelberger Arbeitsmedizinisches Kolloquium.Die Lçsungsmittelinduzierte Enzephalopathie als Berufskrankheit, 11. und 12. Oktober1990/Hrsg.: Triebig, G.; Sokoll, G.:Schriftenreihe des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften, 25 (1990)

103. Altenkirch, H.; Stoltenburg, G.; Wagner, H.:Experimental studies on hydrocarbon neuropathies induced by methyl-ethyl-ketone (MEK).J. Neurol. 219, 159–170 (1978)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 397

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 383

Page 398: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

104. Altenkirch, H.; Wagner, H.; Stoltenburg-Didinger, G. et al.:Potentiation of hexacarbon neurotoxicity by methylethyl-ketone (MEK) and other substances: cli-nical and experimental aspects.Neurobehav. Toxicol. Teratol. 4, 623–627 (1982)

105. Stoltenburg-Didinger, G.; Altenkirch, H.; Wagner, M.:Neurotoxicity of organic solvent mixtures: Embryotoxicity and fetotoxieity.Neurotoxicol, Teratol. 12, 585–589 (1990)

106. Stoltenburg-Didinger, G.; Boegner, F.; Gr�ning, W. et al.:Specific neurotoxic effects of different organic solvents on dissociated cultures of the nervoussysteme.Neurotoxicol. 13, 161–164 (1992)

107. Ikeda, M.:Public health problems of organic solvents.Toxicol. Lett. 64/65, 191–201 (1992)

108. Mikkelsen, S.:A cohort study of disability pension and death among painters with special regard to disablingpresenile dementia as an occupational disease.Scand. J. Soc. Med. 16, 34–43 (1980)

109. Van Vliet, C.; Swaen, G.; Slangen, J.; De Boorder, T.; Stirmans, F.:The organic solvent syndrome.Int. Arch. Occup. Environ. Health 59, 493–501 (1987)

110. Axelson, O.; Hane, M.; Hogstedt, C.:A case-referent study on neuropsychiatric disorders among workers exposed to solvents.Scand. J. Work Environ. Health 2, 14–20 (1976)

111. Olsen, J.; Sabroe, S.:A case-referent study of neuropsychiatric disorders among workers exposed to solvents in the Da-nish wood and furniture industry.Scand. J. Soc. Med. 16 Suppl. 44–49 (1980)

112. Rasmussen, H.; Olsen, J.; Lauritsen, J.:Risk of encephalopathia among retired solvent-exposed workers.J. Occup. Med. 27, 561–566 (1985)

113. O'Flynn, R.; Monkman, S.; Waldron, H. Umds, London, UK:Organic solvents and presenile dementia: a case referent study using death certificates.Br. J. Ind. Med. 44, 259–262 (1987)

114. Brackbill, R.; Maizlish, N.; Fischbach, T.:Risk of neuropsychiatric disability among painters in the United States. Scand. J. Work Environ.Health 16, 182–188 (1990)

115. Cherry, N.; Labreche, F.; McDonald, J.:Organic brain damage and occupational solvent exposure.Br. J. Ind. Med. 49, 776–781 (1992)

116. Bruhn, P.; Arlien-Soborg, C.; Gyldensted, C.; Christensen, E.:Prognosis in chronic toxic encephalopathy.Acta Neurol. Scand. 64, 259–272 (1981)

117. Antti-Poika, M.:Prognosis of symptoms in patients with diagnosed chronic organic solvent intoxication.Int. Arch. Occup. Environ. Health 51, 81–89 (1982)

118. Antti-Poika, M.:Overall prognosis of patients with diagnosed chronic solvent intoxication. Int. Arch. Occup. Envi-ron. Health 51, 127–138 (1982)

119. Juntunen, J.; Antti-Poika, M.; Tola, S.; Partanen, T.:Clinical prognosis of patients with diagnosed chronic solvent intoxication.Acta Neurol. Scand. 65, 488–503 (1982)

120. Lindstrçm, K.; Antti-Poika, M.; Tola, S.; Hyyti�inen, A.:Psychological prognosis of diagnosed chronic organic solvent intoxication. Neurobehav. Toxicol.Teratol. 4, 581–588 (1982)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 398

384 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 399: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

121. Orbaek, P.; Lindgren, M.:Prospective clinical and psychometric investigation of patients with chronic toxic encephalopa-thy induced by solvents.Scand. J. Work. Environ. Health 14, 37–44 (1988)

122. Edling, C.; Ekberg, K; Ahlborg, G.:Long term follow up of workers exposed to solvents.Br. J. Ind. Med. 47, 7 5–82 (1990)

123. Morrow, L. A.; Ryan, C. M.; Hodgson, M. J.; Robin, N.:Risk factors associated with persistence of neuropsychological deficits in persons with organicsolvent exposure.J. Nerv. Ment. Dis. 179, 540–545 (1991)

124. Bleecker, M.; Bolla, K.; Agnew, J.; Schwartz, B.; Ford, R.:Doserelated subclinical neurobehavioral effects of chronic exposure to low levels of organic sol-vents.Am. J. Ind. Med. 19, 715–728 (1991)

125. Daniell, W.; Stebbins, A.; O'Donnell, J.; Horstmann, S. W.; Rosenstock, L.:Neuropsyhological performance and solvent exposure among car body repair shop workers.Br. J. Ind. Med. 50, 368–377 (1993)

126. a) White, R. F.; Robins, T. G.; Proctor, S.; Echeverria, D.; Rocskay, A. S.:Neuropsychological effects of exposure to naphtha among automotive workers.Occup. and Environm. Med. 51, 102–112 (1994)

b) White, R. F.; Proctor, S. P.; Echeverria, D.; Schweikert, J.; Feldman, R. G.:Neurobehavioral effects of acute and chronic mixed-solvent exposure in the screen printingindustry.Am J. Ind. Med. 28, 221–231 (1995)

127. Escalona, E.; Yanes, L.; Feo, O.; Maizlish, N.:Neurobehavioral evaluation of Venezuelan workers exposed to organic solvent mixtures.Amer. J. Ind. Med. 2 7, 15–2 7 (1995)

128. Bolla, K. I.; Schwartz, B. S.; Stewart, W.; Rignani, J. E.; Agnew, J.; Ford, D. P.:Comparison of neurobehavioral function in workers exposed to a mixture of organic and inorganiclead and in workers exposed to solvents.American Journal of Industrial Medicine 27, 231–246 (1995)

129. Gade, A.; Mortensen, E.; Bruhn, P.:„Chronic painter's syndrome“. A reanalysis of psychological test data in a group of diagnosed ca-ses, based on comparisons with matched controls.Acta Neurol. Scand. 77, 293–306 (1988)

130. a) Triebig, G.; Barocka, A.; Erbguth, F.; Hçll, R.; Lang, C.; Lehrl, S.; Rechlin, T.; Weidenhammer,W.; Weltle, D.:Neurotoxicity of solvent mixtures in spray painters. II. Neurologic. psychiatric, psychologi-cal, and neuroradiologic findings.Int. Arch. Occup. Environ. Health 64, 361–372 (1992b)

126. b) Triebig, G.; Schaller, K; Weltle, D.:Neurotoxicity of solvent mixtures in spray painters. I. Study design, workplace exposure, andquestionnaire.Int. Arch. Occup. Environ. Health 64, 353–359 (1992a)

131. Ellingsen, D.; Bekken, M.; Kolsaker, I.; Langard, S.:Patients with suspected solvent-induced encephalopathy examined with cerebral computed to-mography.J. Occup. Med. 35, 155–160 (1993)

132. Sepp�l�inen, A. M.; Antti-Poika, M.:Time course of electrophysiological findings for patients with solvent poisoning.Scand. J. Work. Environ. Health 9, 15–24 (1983)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 399

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 385

Page 400: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

133. Gregersen, P.; Klausen, H.; Elsnab, C.:Chronic toxic encephalopathy in solvent-exposed painters in Denmark 1976–1980: Clinical casesand social consequences after a 5 year follow up.Am J. Ind. Med. 11, 399–417 (1987)

134. Chang, Y-C.:An electrophysiological follow up of patients with n-hexane polyneuropathy.Br. J. Ind. Med. 48, 12–17 (1991)

135. Glaser, J.; Dessauer, M.; Proksch, E.:Akute Polyneuropathie durch Inhalation von Lçsemittelgemischen in handels�blichen Lackent-fernern und Verd�nnern.Deutsche Med. Wschr. 110, 1374–1377 (1985)

136. Murata, K.; Araki, S.; Yokoyama, K.; Maeda, K.:Autonomic and peripheral nervous system dysfunction in workers exposed to mixed organic sol-vents.Arch. Occup. Environ. Health 63, 335–340 (1991)

137. Amaducci, L.; Arfaioli, C.; Inzitari, D.; March, M.:Multiple sclerosis among shoe and leather workers: An epidemiological survey in Florence.Acta Neurol. Scandinav. 65, 94–103 (1982)

138. Gronning, M.; Albrektsen, G.; Kvale, G.; Moen, B.; Aarli, J. A.; Nyland, H.:Organic solvents and multiple sclerosis: a case-control study.Acta. Neurol. Scand. 88, 247–250 (1993)

139. Gunnarsson, L.; Bodin, L.; Sçderfeldt, B.; Axelson, 0.:A case-control study of motor neurone disease: its relation to heritability and occupational expo-sures, particularly to solvents.Br. J. Ind. Med. 49, 791–798 (1992)

140. Juntunen, J.; Kinnunen, E.; Antti-Poika, M.; Koskenvuo, M.:Multiple sclerosis and occupational exposure to chemicals: a co-twin control study of a nation-wide series of twins.Brit. J. 46, 417–419 (1989)

141. Landtblom, A.-M.; Flodin, U.; Karlsson, M.; Palhagen, S.; Axelson, C.; Sçderfeld, B.:Multiple sclerosis and exposure to solvents, ionizing radiation and animals.Scand. J. Work. Environ. Health 19, 399–404 (1993)

142. Nelson, N. A.; Robins, T. G.; White, R. F.; Garrison, R. P.:A case-control study of chronic neuropsychiatric disease and organic solvent exposure in auto-mobile assembly plant workers.Occup. and Environm. Med. 51, 302–307 (1994)

143. Garcia Estrada, J.; Garzon, A.; Rodriguez Segura, P.:Cerebral cortex and body growth development of progeny of rats exposed to thinner and turpen-tine inhalation.Gen. Pharmacol. 19, 467–470 (1988)

144. Mattia, C. J.; LeBel, C. P.; Bondy, S. C.:Effects of toluene and its metabolites on cerebral reactive oxygene species Generation.Biochem. Pharmacol. 42, 879–882(1991)

145. Savolainen, H.; Sepp�l�inen, A. M.:Biochemical and physiological effects of organic solvents on rat axon membranes isolated by anew technique.Neurotoxicol. 1, 467–477 (1979)

146. Edelfors, S.; Ravn-Jonsen, A.:Effects of simultaneous ethanol and toluene exposure on nerve cells measured by changes in sy-naptosomal calcium uptake and (Ca2+/Mg2+)-ATPase activity.Pharmacol. Toxicol. 69, 90–95 (1991)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 400

386 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 401: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

147. Padilla, S.; Lyerly, D. L.; Poe, C. N.:Subacute ethanol consumption reverses p-xylene-induced decreases in axonal Transport.Toxicol. 75, 159–167 (1992)

148. Jorgensen, N. K.; Cohr, K. H.:n-Hexane and its toxicologic effects. A review.Scand. J. Work Environ. Health 7, 157–158 (1981)

149. Takeuchi, Y.; Ono, Y; Hisanaga, N.:An experimental study on the combined effects of n-hexane and toluene on the peripheral nerveof the rat.Br. J. Ind. Med. 38, 14–19 (1981)

150. Veronesi, B.:An ultrastructural study of methyl ethyl ketone's effect on cultured nerves tissue.Neurotoxicol. 5, 31–43 (1984)

151. Riihim�ki, V.:Methyl ethyl ketone.Arbetarskyddsstyrelsen, Publikationsservice, 171 84 Solna, Sweden, 1983. 44p., 25, 7–44 (1983)

152. Ono, Y.; Takeuchi, T.; Hisanaga, N. et al.:Neurotoxicity of petroleum benzine compared with n-hexane.Int. Arch. Occup. Environ. Health 50, 219–229 (1982)

153. Savolainen, H.; Pf�ffli, P.:Neurochemical effects of extended exposure to white spirit vapour at three concentration levels.Chem.-Biol. Interact. 39, 101–110 (1982)

154. Clemedson, C.; Odland, L.; Walum, E.:Differential effect of carbon tetrachloride on the cell membranes of neurons and astrocytes.Neurotoxicol. Teratol. 12, 597–602 (1990)

155. Kyrklund, T.; Kjellstrand, P.; Haglid, K. G.:Long-term exposure of rats to perchlorethylene, with and without a post exposure solvent-free re-covery period: Effects on brain lipids.Toxicol. Lett. 52, 279–285 (1990)

156. Cavanagh, J. B.; Buxton, P. H.:Trichlorethylene cranial neuropathy: Is it really a toxie neuropathy or does it activate latent her-pes virus?J. Neurol. Neurosurg. Psychiatry 52, 297–303 (1989)

157. Rebert, C. S.; Boyes, W. K; Pryor, G. T. et al.:Combined effects of solvents on rat's auditory system: styrene and trichloroethylene.Int. J. Psychophysiol. 14, 49–59 (1993)

158. Anderson, R. J.; Glasgow, C. E.; Dunhamn, C. B.:Hemolysis as a possible indicator of neurotoxicity induces by organic solvents.Environ. Health Perspect. 58, 393–396 (1984)

159. Schaad, N. C.; Magistretti, P. J.; Schorderet, M.:Effects of ethanol on VIP-and/or noradrenaline-stimulated CAMP formation in mouse brain.Alcohol 5, 445–449 (1988)

160. Miles, M. F.; Diaz, J. E.; DeGuzman, V. S.:Mechanisms of neuronal adaptation to ethanol. Ethanol induces Hsc 70 gene transcription inNG108–15 neuroblastoma x glioma cells.J. Biol. Chem. 266, 2409–2414 (1991)

161. Buck, K. J.; Harris, R. A.:Neuroadaptive responses to chronic ethanol.Alcohol. Clin. Exp. Res. 15, 460–470 (1991)

162. North, P. E.; Mrak, R. E.:Synaptosomal uptake of choline and of gammaaminobutyric acid: effects of ethanol and of dime-thylsulfoxide.Neurotoxicology 10, 569–5 76 (1989)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 401

Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 387

Page 402: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

163. Harris, R. A.; Allan, A. M.; Daniell, L. C. et al.:Antagonism of ethanol and pentobarbital actions by benzodiazepine inverse agonists: Neuroche-mical studies.J. Pharmacol. Exp. Ther. 247, 1012–1017 (1988)

164. Buck, K. J.; Mc Quilkin, S. J.; Harris, R. A.:Modulation of gammaaminobutyric acid. A receptor-operated chloride channels by benzodiaze-pine inverse agonists is related to genetic differences in ethanol withdrawal seizure severity.J. Neurochem. 57, 2100–2105 (1991)

165. Rees, D. C.; Balster, R. L.:Attenuation of the discriminatives stimulus properties of ethanol and oxazepam, but not of pen-tobarbital, by Ro 15–4513 in mice.J. Pharmacol. Exp. Ther. 244, 592–598 (1988)

166. Pirozhkov, S. V.; Watson, R. R.; Chen, G. J.:Ethanol enhances immunosuppression induced by cocaine.Alcohol. 9, 489–494 (1992)

167. Collins, A. C.:Interactions of ethanol and nicotine at the receptor level.Recent Dev. Alcohol. 8, 221–231 (1990)

168. Stewart, P. A.; Hayakawa, E. M.; Carlen, P. L.:Ethanol and pentobarbital in combination increase blood-brain barrier permeability to horsera-dish peroxidase.Brain Res. 443, 12–20 (1988)

169. Anonymous:Effects of methyl (wood) alcohol when patient is treated with ethyl alcohol.J. Am. Geriat. Soc. 19, 814–815 (1971)

170. Kini, M. M.; Cooper, J. R.:Biochemistry of methanol poisoning III. The enzymic path-way for the conversion of methanol toformaldehyde.Biochem. Pharmacol. 8, 207–215 (1961)

171. Strange, P.; Moller, A.; Ladefoged, O. et al.:Total number and mean cell volume of neocortical neurons in rats exposed to 2,5-hexanedionewith and without acetone.Neurotoxicol. Teratol. 13, 401–406 (1991)

172. Konietzko, H.:Erkrankungen durch organische Lçsemittel.Therapiewoche 30, 4001–4005 (1980)

173. Mc Lean, J. H.; Jacobs, H.; Mielke, B. W.:Methanol poisoning: a clinical and pathological study.Ann. Neurol. 8, 161–167 (1980)

174. Ley, C. O.; Gali, F. G.:Parkinsonian syndrom after methanol intoxication.Eur. Neurol. 22, 405–409 (1983)

175. Lundberg, I.; Michelsen, H.; Nise, G. et al.:Neuropsychiatric function of housepainters with previous long-term heavy exposure to organicsolvents.Scand. J. Work. Environ. Health 21 suppl., 1:44 p (1995)

Hinweis: Kapitel G Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten13 17 Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische

Lçsungsmittel

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 402

388 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 403: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

2 Durch physikalische Einwirkungenverursachte Krankheiten

21 Mechanische Einwirkungen

Wissenschaftliche Begr�ndung zu der Berufskrankheit Nr. 21 06 Anlage BKV

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 403

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 389

Page 404: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Wissenschaftliche Begr�ndung

zu der Berufskrankheit Nr. 21 06 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 9/2001, 59–63

Drucksch�digung der Nerven

Klinische Zuordnung:Neurologie

Inhalt

1. Aktueller Erkenntnisstand

1.1. Biomechanische und pathophysiologische Charakteristik der urs�chlich

sch�digenden Einwirkung

1.2. Vorkommen und Gefahrenquellen

1.3 Kenntnisse zur Wirkung am Menschen

1.3.1. Pathomechanismen

1.3.1.1. Histologisches Bild und Pathophysiologie

1.3.2. Krankheitsbilder und Diagnosen

1.3.2.1. Nervensch�den an der oberen Extremit�t

1.3.2.2. Nervensch�den an der unteren Extremit�t

1.3.2.3. Sonstige Nervensch�den

1.4. Differentialdiagnostische Erw�gungen

2. Validit�t und Reliabilit�t der vorliegenden Erkenntnisse

3. Abgrenzung bestimmter Personengruppen

4. Literatur

1. Aktueller Erkenntnisstand

1.1. Biomechanische und pathophysiologische Charakteristik der urs�chlich

sch�digenden Einwirkung

Nerven kçnnen sowohl akut als auch chronisch durch mechanische Druckeinwirkun-gen gesch�digt werden. Es kann sich dabei um eine einmalige Druckeinwirkung oderum sich wiederholende Druckbelastungen handeln (Armstrong 1979, Erdil 1994,Plancher 1996). Druckeinwirkungen kçnnen von der Kçrperaußenseite her auf denNerv einwirken oder es kann sich um Druckeinwirkungen auf den Nerven innerhalbeiner intakten Kçrperh�lle handeln (z. B. Anschwellungen des Weichteilgewebes,Dehnungsvorg�nge). Im Weiteren sollen nur diejenigen Druckeinwirkungen betrach-tet werden, die aufgrund ihrer Charakteristik einen diagnostizierbaren und evtl. blei-benden Nervenschaden hervorrufen.

Nicht Gegenstand dieser Berufskrankheit sind akute traumatische Nervensch�di-gungen, das Carpaltunnel-Syndrom (CTS, auch Karpaltunnelsyndrom) bzw. Nerven-sch�den durch bestimmte Erkrankungen, die �ber andere Berufskrankheiten erfasstsind (z. B. bandscheibenbedingte Erkrankungen der Hals- oder Lendenwirbels�ule).

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 404

390 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 405: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

1.2. Vorkommen und Gefahrenquellen

Eine arbeitsbedingte Drucksch�digung eines Nerven im Sinne dieser Berufskrankheitsetzt eine sich wiederholende mechanische und durch Druck sch�digende Einwirkungvoraus. Betroffen sind meist relativ oberfl�chlich verlaufende Nerven, die einer von au-ßen kommenden anhaltenden Einwirkung gut zug�nglich sind (Lahoda 1988, Rompe1998, Gelberman 1993). Eine Drucksch�digung ist auch dann mçglich, wenn ein Nervdiesen wiederholten mechanischen Einwirkungen aufgrund einer anatomischen Engenicht gen�gend ausweichen kann, z. B. �ber einer knçchernen Unterlage, innerhalb ei-nes knçchernen oder fibrçsen Kanals (z. B. Sulcus-ulnaris-Syndrom) oder an Sehnen-kreuzungen (Debrunner 1988, Plancher 1996). Es kçnnen sowohl motorische als auchsensorische Nerven oder Nervenanteile gesch�digt werden (Mumenthaler 1980 und1988, Poeck 1996, Debrunner 1988, Gelberman 1993).

Gef�hrdend sind vor allem T�tigkeiten mit kçrperlichen Zwangshaltungen, Hal-tungskonstanz, einseitigen Belastungen oder Arbeiten mit hohen Repetitionsraten(Rompe 1992, Zeller 1992, Lederman 1995, Lçffler 1996, Yassi 1997, Gross 1999).

Als Gefahrenquellen kommen sich st�ndig wiederholende, gleichartige Kçrper-bewegungen im Sinne von mechanischen �berbelastungen (Menger 1992), �berwie-gend haltungskonstante Arbeiten mit nicht oder nur schwer korrigierbaren Zwangs-haltungen, z. B. Daueraufst�tzen des Handgelenkes oder der Ellbogen, Andr�ckeneines Werkzeuges oder bestimmte Gelenkstellungen, die l�ngere Zeit beibehalten wer-den m�ssen (Dupuis 1989) sowie �berbeanspruchung von Muskeln mit nachfolgen-der Druckeinwirkung auf Nerven (Rompe 1992) infrage.Weiterhin wurden als Sch�digungsmechanismen beschrieben:– Dehnungs- und Traktionswirkungen mit indirekter Einwirkung auf den Nerven

(Magun 1961, Feldman 1983, Tackmann 1989)– von außen kommende direkte Druck- oder Zugbelastungen (Dupuis 1989, Mu-

menthaler 1988, Neundçrfer 1992, Lçffler 1996)– wiederholte Schl�ge (Magun 1961, Feldman 1983)– Friktionswirkungen (Magun 1961, Feldman 1983, Sch�cke 1986, Silverstein

1987, Erdil 1994) und– h�ufiges Greifen mit hohem Kraftaufwand (Hagberg 1992).Sch�den kçnnen ebenso durch das Aus�ben bestimmter Sportarten hervorgerufenwerden (Shea 1969, Menger 1992, Plancher 1996). Dies ist sowohl von �tiologischemInteresse als auch beim berufsm�ßigen Aus�ben bestimmter Sportarten zu beachten(z. B. Radfahrer, Golfer, Kegler, Reiter).

1.3. Kenntnisse zur Wirkung am Menschen

1.3.1. Pathomechanismen

Kennzeichnend f�r das Vorliegen einer Berufskrankheit gem�ß dieser Begr�ndung isteine eindeutige Beziehung zwischen der Lokalisation des einwirkenden Drucks unddem anatomisch zuzuordnenden klinisch-neurologischen Befund. Der periphere Nervreagiert relativ uniform auf unterschiedliche Noxen und bei jeder Nervenl�sion ist die

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 405

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 391

Page 406: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Nervenleitung gestçrt. Eine spontane Wiederherstellung der Nervenleitung h�ngt vonArt und Ausmaß der L�sion und der Beseitigung der sch�digenden Einwirkung ab.F�r Drucksch�digungen der Nerven wurden folgende physiologische Unterscheidun-gen getroffen:– Neuropraxie (Nerv und Axone anatomisch unversehrt; reversibler Leitungsblock

durch umschriebene funktionelle Ver�nderungen an den Markscheiden; die elek-trische Erregbarkeit ist distal der L�sion erhalten)

– Axonotmesis (Kontinuit�tsunterbrechung von Axonen und endoneuralen Struk-turen bei erhaltener Nervenh�lle, distal der L�sion Waller’sche Degeneration mitentsprechenden elektroneuromyographischen Ver�nderungen) und

– Neurotmesis (komplette Durchtrennung von Nervenfasern und Nervenh�lle)(Seddon 1943, Masuhr 1989, Menger 1992).Jede Drucksch�digung am peripheren Nerv beginnt mit einer Neurapraxie. Bei

chronischem oder intermittierendem Weiterwirken der Druckbelastung kommt es je-doch zum umschriebenen Untergang der Myelinscheide (segmentale Demyelinisie-rung); dieses nosologisch typische Stadium ist in der o. g. Klassifizierung nicht erfasst.Gleichzeitig oder sp�ter kann es zur Axonotmesis kommen. Eine Neurotmesis istnicht zu erwarten.

Mehrfachen und unterschiedlich lokalisierten Einwirkungen auf den Nerven, sog.Double-Crush-Syndromen, wird ein kumulativer Effekt zugeschrieben (Upton 1973,Mackinnon 1992). Ein geringf�giger proximal lokalisierter Druck, der allein nichtausreicht, um einen Schaden zu verursachen, kann die Empfindlichkeit der distal gele-genen Nervenanteile gegen�ber Druck deutlich erhçhen (Simpson 1996).

1.3.1.1. Histologisches Bild und Pathophysiologie

Die histologischen Ver�nderungen der Nervenfasern kçnnen vielf�ltig sein: Quellungund Invagination der Myelinscheide mit Absplitterung der �ußeren Lamellen, Sen-kung des Serum-Plasmalogengehaltes in der Myelinscheide und Auflçsung des Axonsdurch Lysophosphatide, Entmischung und Verklumpung des Axoplasmas, diffuseGranulierung der axonalen Mitochondrien, Aufnahme von Markfragmenten in dasZytoplasma der Schwann schen Scheide sowie das Auftreten von Fettkçrnchenzellenund Bildung von Markballen (Lahoda 1988, Tackmann 1989).

Druck- oder Zugeinwirkungen verursachen mechanische Deformationen in dendirekt betroffenen Nervenoberfl�chen und in den �bergangsbereichen zwischendruckbelasteten und unbelasteten Zonen. Der intrazellul�re axonale Stoffwechselwird ebenso gestçrt wie die Durchl�ssigkeit intraneuraler Blutgef�ße. Ein Ansteigendes intraneuralen interstitiellen Druckes und Ver�nderungen der intraneuralen Mi-krozirkulation kann im Experiment schon bei relativen geringen Drucken beobachtetwerden. Steigender Druck und l�nger anhaltende Druckbelastungen verursachenStruktur- und Funktionsver�nderungen der peripher gelegenen Nervenanteile und derNervenzellkçrper (Gelberman 1993).

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 406

392 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 407: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

1.3.2. Krankheitsbilder und Diagnosen

Das typische pathophysiologische und klinische Bild einer durch Druck verursachtenNervensch�digung ist ein Nebeneinander von segmentaler De- und Remyeliniserung.Betroffen sein kçnnen die Nervenwurzel, ein Plexusbereich (z. B. Plexus cervicalis,Plexus brachialis, Plexus lumbo-sacralis) und periphere Nerven (Rosenbaum 1994).Isolierte Ausf�lle peripherer Nerven (Mononeuropathien) haben nahezu immer me-chanische Ursachen (Debrunner 1988). Unterbrechungen im peripheren motorischenNeuron zwischen der Vorderhornzelle und der Endaufzweigung des Neuriten f�hrenzu einer schlaffen L�hmung, deren Symptomatik vom Schweregrad der Sch�digungabh�ngig ist. Fr�hsymptome sind Reizerscheinungen, Sensibilit�tsstçrungen undKraftminderung in den betroffenen Regionen. Bei fortgeschrittener Sch�digung sindMuskelhypotonie und –atrophie sowie ausgepr�gte Paresen oder Paralysen zu beob-achten.

Bei Drucksch�digungen von Nerven werden typischerweise schon in fr�hen Sta-dien anamnestische Angaben �ber „Kribbeln, pelziges Gef�hl, Ameisenlaufen, einge-schlafener Kçrperteil etc.“ oder „allgemeines Erm�dungsgef�hl“ gemacht. Insbeson-dere bei Kompressionssyndromen finden sich ebenfalls schon fr�h Schmerzen imVersorgungsgebiet des Nerven. Diese treten h�ufig auch in Ruhe und nachts auf undkçnnen �ber den unmittelbar sch�digenden Druckbereich hinausgehen. Typischer-weise finden sich bei diesen Nervenl�sionen auff�llige elektromyographische undelektroneurographische Befunde, beispielsweise eine herabgesetzte Nervenleit-geschwindigkeit (Gelberman 1993, Johnson 1993, Ross 1995).Folgende Sensibilit�tsstçrungen sind zu unterscheiden:– Reizsymptome (z. B. Schmerzen, Par�sthesien, Dys�sthesien, Neuralgien, Hyper-

pathien)– Ausfallsymptome (z. B. An�sthesie, taktile Hyp�sthesie, thermische Hyp�sthesie

oder An�sthesie, Hypalgesie oder Analgesie, Oberfl�chen- oder Tiefensensibili-t�tsstçrungen)

– partielle Leitungsstçrungen mit pathologischem Funktionswandel (z. B. Kausal-gien, Phantomschmerzen) (Poeck 1996).Meist bestehen Reiz- und Ausfallsymptome sowie trophische Stçrungen neben-

einander. Partielle Leitungsstçrungen sind bei arbeitsbedingten Drucksch�digungenkaum zu erwarten. Bei Plexussch�den oder L�sionen peripherer Nerven, die auch au-tonome Fasern f�hren, ist auch mit Reiz- oder Ausfallserscheinungen der vegetativenInnervation zu rechnen. Eine vollst�ndige Unterbrechung eines peripheren Nervenverursacht dann beispielsweise eine Anhidrose. Die Symptome sind auf das Versor-gungsgebiet des jeweiligen Nerven begrenzt und besitzen somit hohe diagnostischeBedeutung (Poeck 1996, Lahoda 1988, Hopf 1993). Histologisch ist zu beachten,dass aufgrund der Markscheidenver�nderungen die Symptomatik �ber der Bereichder unmittelbaren Druckeinwirkung hinausreichen kann.

Weitere mçgliche Symptome sind ohne wertende Rangfolge in Tabelle 1 auf-gelistet.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 407

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 393

Page 408: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Tab. 1: Symptome bei Nervensch�den

– Spontanschmerzen mit Ausstrahlung

– Klopfschmerzen im Nervenverlauf

– Druckschmerzempfindlichkeit

– �berempfindlichkeit

– Missempfindungen

– Unempfindlichkeit

– Muskelschw�che, -atrophie

– Reflexausf�lle, – abschw�chungen

– Gestçrte Schweißsekretion

– Trophische Stçrungen von Haut- und Hautanhangsgebilden

– „Elektrisierende Sensationen“ durch Beklopfen des Nervenkompressionsortes

– Herabsetzung der Nervenleitgeschwindigkeit

– Ver�nderungen im Elektromyogramm

– Entartungsreaktion in der Reizstromdiagnostik

Nachfolgend werden beispielhaft und ohne Anspruch auf Vollst�ndigkeit f�r betrof-fene Nerven (N) die typischen morphologischen Sch�digungsmçglichkeiten, ggf. mitHinweisen auf anatomische Varianten (V), und bekannte arbeitsbedingte Belastungen(B) sowie ggf. bestimmte Krankheitsbilder aufgelistet.

1.3.2.1. Nervensch�den an der oberen Extremit�t

N.: Armplexusschaden im Wurzelbereich (C4) C5 – Th1

(„thoracic outlet“ – Syndrom)V.: Engpassproblematik im Bereich der Skalenusl�cken, der kostoklavikul�ren Pas-

sage und/oder des KorakoidsB.: Lastendruck auf der Schulter, Lastenzug am Arm, repetitive Abduktions- und

Adduktionsbewegungen im Schultergelenk, �berkopfarbeiten mit nach hintengestrecktem Arm, Spielen von Streichinstrumenten (Erdil 1994, Feldman 1983,Leahy 1992, Lederman 1995, Menger 1992, Mumenthaler 1980 u.1993, Simp-son 1996, Yassi 1997 u. 2000)

N.: N. axillaris

V.: Einengung der lateralen Achsell�ckeB.: Passiver Druck in der Axilla durch Hebel (Anto 1996, Leahy 1992, Menger

1992, Mumenthaler 1980)

N.: N. medianus (mit Ausnahme des Carpaltunnel-Syndroms)

V.: Beeintr�chtigung der A. brachialis und des Muskelbauches des M. brachialis, su-prakondyl�re Prozesse („Struthers ligament“), M. pronator teres, Muskelkopf

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 408

394 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 409: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 409

M. flexor pollicis longus, M. interosseus anterior. Wird der Nerv in der Ellen-beuge oder proximal davon gesch�digt, fallen die Hand- und die langen Finger-beuger aus („Schwurhand“). Bei einer Sch�digung distal der Ellenbeuge kommtes vorwiegend zu Sensibilit�ts- und vegetativ-trophischen Stçrungen, aber auchzu motorischen Stçrungen.

B.: Pronatorteres-Syndrom: Repetitive Pro- und Supinationsbewegungen bei gleich-zeitigen repetitiven Fingerbewegungen, insbesondere Fingerflexion Interosseus-

anterior-Syndrom (Kiloh-Nevin): Forcierte Pronation mit gleichzeitiger Beu-gung, Tragen von Lasten auf dem gebeugten Unterarm (Anto 1996, Erdil 1994,Feldman 1983, Gelbermann 1993, Hopf 1993, Ivins 1996, Leahy 1992, Lewit1992, Menger 1992, Mumenthaler 1980, 1988 u. 1993, Simpson 1996, Tack-mann 1989)

N.: N. musculocutaneus

V.: Meist im Rahmen einer Armplexussch�digungB.: Tragen schwerer Lasten, am gebeugten Unterarm h�ngendes Gewicht, exzessi-

ves fortlaufendes Schrauben (Menger 1992)

N.: N. radialis

V.: Axilla, Humerusschaft, M. triceps brachii, Radialistunnel bzw. M.supinator (Su-pinatorsyndrom), Kompression des Ramus superficialis N. radialis. Wird derNerv proximal der Ellenbeuge gesch�digt, finden sich muskul�re Stçrungen beider Unterarmstreckung bis zu einem Totalausfall, Sensibilit�tsauff�lligkeiten undSupinationsstçrungen („Fallhand“). Beim Supinatorsyndrom finden sich motori-sche Ausf�lle der Hand- und Fingerstrecker, aber keine Sensibilit�tsausf�lle.

B.: Axilla und Oberarmkompression: Druck von Hebeln („Kr�ckenl�hmung“),chronische �berbeanspruchung des M. triceps brachii, z. B. bei Maurern, Zim-merleutenSupinatorsyndrom: Repetitive Pro- und Supinationsbewegungen bei extendier-tem EllbogengelenkRamus superficialis (Cheiralgia paraesthetica): Repetitive Pro- und Supinationmit Drehbewegungen, z. B. Wickeln, Blumenbinden; Druck auf den Unterarm beigestrecktem Handgelenk, z. B. Steinetragen, Spielen von Tasteninstrumenten etc.(Anto 1996, Debrunner 1988, Gelbermann 1993, Hopf 1993, Menger 1992, Mu-menthaler 1980, 1988 u.1993, Poeck 1996, Roquelaure 2000, Tackmann 1989)

N.: N. suprascapularis

V.: Relative Fixation des Nerven in der Incisura scapulae mit mechanischem Rei-bungsschaden

B.: Repetitive kombinierte Außen/Innenrotationsbewegungen in Abduktion zur Ge-genseite, z. B. Spielen von Musikinstrumenten, repetitive �berkopfarbeiten, ein-seitiges Heben und Tragen schwerer Lasten �ber der Schulter (Anto 1996, Feld-meier 1988, Lederman 1995, Menger 1992, Mumenthaler 1980)

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 395

Page 410: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

N.: N. thoracicus longus

V.: Untere Armplexussch�digung (C8, Th1) oder klavikul�rer EngpassB.: Tragen starrer und schwerer Lasten auf den Schultern („Rucksackl�hmung“),

Arbeiten im Liegen mit Zwangshaltungen (z. B. Untertage), wuchtige Schl�gemit schwerem Werkzeug (Anto 1996, Mumenthaler 1980)

N.: N. ulnaris

V.: Medialer Epikondylus bzw. Sulcus ulnaris, Muskelkopf M. flexor carpi ulnaris(Kubitaltunnelsyndrom), Guyon sche Loge. Die motorischen Ausf�lle bei Ner-vensch�digungen proximal des Handgelenkes sind unter dem Begriff „Krallen-hand“ bekannt.

B.: Sulcus-ulnaris-Syndrom: von außen einwirkender Druck, z. B. bei aufgest�tzemEllbogen, Friktionstrauma im Sulcus durch repetitive Flexion und Extension imEllbogengelenk, z. B. bei Pianisten, Bl�sern und SaiteninstrumentalistenKubitaltunnel-Syndrom: Repetitive Bewegungen im Ellbogengelenk und Druck-einwirkungen am proximalen Unterarm bei gebeugtem Ellbogengelenk, z. B.H�mmern, Heben/TragenGuyon’sche Loge: Druck von Arbeitsmitteln im Hohlhandbereich, gelegentlichmit Hyperextension im Handgelenksbereich verbunden, z. B. Kristallglasschlei-fer, Elektronikarbeiter, Kellner (Anto 1996, Erdil 1994, Feldman 1983, Feldmeier1988, Gelbermann 1993, Hopf 1993, Ivins 1996, Leahy 1992, Ledermann 1995,Lçffler 1996, Lukas 1986, Mumenthaler 1980 u.1993, Sch�cke 1986, Schuppert1999, Shea 1969, Simpson 1996, Tackmann 1989, Yassi 2000, Zeiss 1992)

1.3.2.2. Nervensch�den an der unteren Extremit�t

N.: Beinplexusschaden im Wurzelbereich Th12 – S5

V.: N. ilioinguinalis beim Durchtritt durch die Mm. transversus abdominis und obli-quus internus abdominis, N. cutaneus femoris lateralis, N.obturatorius, N. is-chiadicus

B.: Anhaltende Ventralbeugung des Rumpfes, anhaltend angespannte Bauchmusku-latur, Hyperflexion oder Hyperextension im H�ftgelenk, selten Druckparesendes N. ischiadicus, z. B. bei Reitern (Menger 1992, Poeck 1996, Seyfert 1993)

N.: N. tibialis

V.: Kompression unter dem Retinaculum flexorum (Tarsaltunnelsyndrom)B.: Enges Schuhwerk, langes Gehen unter Belastung, repetitive Fußbeugung und –

streckung, z. B. Pedalbet�tigungen, Arbeiten im Knien mit zur�ckgelegter Kçr-perhaltung, Arbeiten im Sitzen mit h�ngenden Beinen (Feldman 1983, Menger1992, Poeck 1996)

N.: N. peronaeus (N. fibularis)

V.: Oberfl�chliche Lage des Nerven am Capitulum fibulae

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 410

396 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 411: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

B.: Hocken und Knien, z. B. Fliesenlegen, Asphaltieren; l�ngerdauernde K�lteexpo-sition (Debrunner 1988, Menger 1992)

1.3.2.3. Sonstige Nervensch�den

N.: N. facialis, N. trigeminus

V.: DruckneuropathieB.: Druckbelastungen im Versorgungsbereich des Nerven, z. B. beim Gebrauch von

Blasinstrumenten, Ansatzstçrung, fokale Dystonie (Lederman 1995, Schuppert1999, Zeller 1992)

1.4. Differentialdiagnostische Erw�gungen

Nichtarbeitsbedingte Ursachen f�r Nervensch�digungen m�ssen ggf. ausgeschlossenwerden. Beim Zusammenwirken von arbeitsbedingten und nichtarbeitsbedingtenFaktoren muß deren jeweilige Bedeutung abgewogen werden. Die wichtigsten diffe-rentialdiagnostischen Erw�gungen zur Drucksch�digung von Nerven sind in Tab. 2zusammengefasst.

Tab. 2: Differentialdiagnostische �berlegungen

– Anatomische Varianten (z. B. suprakondyl�re Prozesse, Halsrippe etc.)

– angeborene Sch�den (z. B. Geburtsl�hmung d. Plexus)

– Nervenverlaufsvarianten

– Erkrankungen des zentralen Nervensystems (z. B. Neuritis, multiple Sklerose, Syringo-

myelie, Vorderhornprozesse etc.)

– Idiopathische Fazialisparese

– Tendovaginitiden oder andere Erkrankungen des Sehnengleitgewebes

– Prim�re Muskelerkrankungen

– Infiltration durch Tumore (z. B. Pancoasttumor)

– Bandscheibensch�den

– Blutkrankheiten

– Frakturen und Frakturfolgen (z. B. Drucksch�den durch Gipsbandage, Fehlstellungen)

– Schnitt-, Scher-, Stich- und Quetschverletzungen

– Schwangerschaft

– Stoffwechselstçrungen oder Einwirkung toxischer Substanzen (z. B. Polyneuropathie

bei Diabetes mellitus, Alkoholabusus, Urik�mie etc.)

– Stromeinwirkung

– Thermische Sch�den

– Iatrogene Sch�den (z. B. Injektionen, Operation, Anwendung von Rçntgenstrahlen, me-

dikamentçse Therapien)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 411

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 397

Page 412: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

(Debrunner 1988, Lahoda 1988, Rompe 1992, Neundçrfer 1992, Hopf 1993, Seyfert1993, Erdil 1994, Rosenbaum 1994, Lederman 1995, Ivins 1996, Bingham 1997, Po-eck 1996, Yassi 1997)

2. Validit�t und Reliabilit�t der vorliegenden Erkenntnisse

Es gibt eine Vielzahl epidemiologischer Erkenntnisse zu arbeitsbedingten Nerven-sch�den, allerdings befaßt sich ein Großteil neuerer Publikationen mit bestimmtenStoffeinwirkungen (Aluminium, Mangan, Blei etc.) und daraus resultierenden Ner-vensch�den (z. B. Sjçgren 1996, Yeh 1995) oder mit dem Auftreten eines Carpaltun-nel-Syndroms (�bersicht bei Hagberg 1992 und Gerhardt 1996). Diese Publikationenfinden im folgenden keine Bewertung.

Nilsson (1994) vergleicht in einer Querschnittsstudie insgesamt 179 Metallarbei-ter mit Vibrationst�tigkeiten und B�roangestellte ohne derartige Arbeiten. Die Unter-suchung zeigt einerseits, daß Vibrationseinfl�sse von ergonomisch-biomechanischenFaktoren nicht oder nur sehr schwer zu trennen sind, daß aber andererseits druck-bedingte Nervensch�den durch ergonomisch-biomechanische Belastungen wie Grei-fen mit hohem Kraftaufwand oder extreme Handpositionen auch ohne zus�tzlicheVibrationen verursacht werden.

Analoge Hinweise finden sich auch in der vergleichenden Untersuchung von Bris-mar (1992) bei Arbeitern mit Vibrationsbelastung im Vergleich zu Arbeitern mit He-ben und Tragen schwerer Lasten.

F�r Nervenkompressionssyndrome in der Guyon’schen Loge liegen vereinzelt Ka-suistiken, zusammenfassende Arbeiten oder sonstige Hinweise vor (Mumenthaler1980, Tackmann 1989, Lçffler 1996). Diese Literaturhinweise lassen Analogie-schl�sse zu einer arbeitsbezogenen Verursachung zu.

Roquelaure und Co-Autoren (2000) weisen in einer Fall-Kontroll-Studie mit 21F�llen und ebensovielen nach Alter und Geschlecht vergleichbaren Kontrollpersonenaus 3 unterschiedlichen Fabriken in Frankreich (TV-Ger�teherstellung, Schuhfabrika-tion und Fahrzeugbremsenproduktion) auf die Notwendigkeit hin, bei der Diagnoseeiner Epikondylitis bzw. eines CTS differentialdiagnostisch auch an ein Radialtunnel-Syndrom (RTS) zu denken, d. h. an eine mçgliche Drucksch�digung des N. radialsbeim Durchtritt durch den M. supinator. Das Bewegen von Lasten �ber 1 kg mit derHand mehr als 10 mal in der Stunde, l�ngerdauernde statische Belastung des Unter-arms und der Hand sowie vorwiegend supinierte Arbeitshaltungen mit gestrecktemEllbogen, z. B. beim Halten von Werkzeugen sind in dieser Untersuchungen als diedrei wesentlichsten arbeitsbedingten Risikofaktoren f�r ein RTS benannt. Kein Zu-sammenhang wurde f�r repetitive Arbeitsaufgaben beschrieben.

Nervensch�den aufgrund physikalischer Sch�digungsfaktoren wie repetitive T�-tigkeiten mit hohen Wiederholungsraten, z. B. bei Arbeiten mit einer PC-Tastatur, un-g�nstigen Kçrperhaltungen und Vibrationen sind h�ufig zus�tzlich mit muskuloske-lettalen Beschwerden vergesellschaftet (McFarland 1998, Novak 1998, Gross 1999).Dies kann eine direkte Kausalit�tsbeurteilung im Einzelfall schwierig machen und da-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 412

398 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 413: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

durch auch die Einflußnahme durch ergonomische Gestaltungsmaßnahmen relativie-ren (Amell 1998). Auch Yassi (2000) weist in einer �bersichtsarbeit zu arbeitsbeding-ten muskuloskelettalen Beschwerden auf diesen Umstand hin. Er f�hrt weiter aus,dass in der Literatur oft auch Nervensch�den unter dem Oberbegriff „musculoskele-tal disorders“ erfasst werden. Dabei werden im Allgemeinen weniger bestimmteBerufszuordnungen diskutiert, als vielmehr unterschiedliche T�tigkeiten und Arbeits-haltungen beschrieben, wie beispielsweise arbeitsbedingte Ulnar- oder Radialdevia-tion im Handgelenksbereich, repetitive Arbeiten �ber Schulter- oder Armhçhe, l�nge-res Lastentragen auf einer Kçrperseite, Tragen von Rucks�cken oder Lasten auf derSchulter usw.

Ein mittlerweile im Hinblick auf druckverursachte Nervensch�den gut untersuchtesBerufsfeld sind Berufsmusiker. Lederman (1995) kann anhand einer Untersuchung von640 Instrumentalmusikern (Streicher, Pianisten, Holz- und Blechblasinstrumente,Zupfinstrumente, Perkussionsinstrumente) fast alle Formen der Nervenkompressions-syndrome sowie auch Druckneuropathien, z. B. an den Nn. digitales, aufzeigen (Tab. 3).Das Zusammentreffen von kraftintensiven und repetitiven Arm-, Hand- und Finger-bewegungen mit h�ufig ung�nstigen Kçrperpositionen wird als eine der Hauptursa-chen angesehen. Druckneuropathien werden auch als Ursache von Blasansatzstçrun-gen bei Blechblasinstrumentalisten betrachtet (Schuppert 1999, Zeller 1992 u. 1996).

Tab. 3: Nervenkompressionssyndrome bei 640 Musikern (Lederman 1995)

Anzahl

Thoracic outlet 45

N. medianus 40

davon Karpaltunnel 35

andere 5

N. ulnaris 33

davon Ellenbogen 29

andere 4

Cervicale Wurzelreizung 14

Fingernerven 7

N. radialis 2

Sonstige 2

Summe 143

Das konsequente Vermeiden der sch�digenden Druckbelastungen und eine entspre-chende Umstellung der Arbeitsgewohnheiten und Arbeitstechniken kçnnen zu einerdauerhaften Beschwerdelinderung oder Heilung f�hren (Mumenthaler 1987, Rompe1992, Hopf 1993, Poeck 1996).

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 413

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 399

Page 414: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Die vorliegenden arbeitsmedizinischen Erkenntnisse und epidemiologische Unter-suchungsdaten sind in sich schl�ssig und plausibel. Erg�nzt und best�tigt werdendiese Daten außerdem durch Verçffentlichungen aus chirurgischen, orthop�dischen,neurologischen und sportmedizinischen Fachgebieten. Durch diese Untersuchungenkann gut belegt werden, daß Drucksch�digungen der Nerven durch eine Vielzahl ar-beitsbedingter Einflußfaktoren verursacht oder wesentlich mitverursacht werdenkçnnen. Eine sorgf�ltige Einzelfallpr�fung auf objektivierbare und reproduzierbareneurologische und neurophysiologische Parameter, differentialdiagnostische �ber-legungen sowie eine sorgf�ltige Arbeitsanamnese sind unentbehrlich, um eine eindeu-tige Diagnose vor allem im Hinblick auf eine arbeitsbedingte Ursache stellen zu kçn-nen. Die Expositionsvermeidung mit Ausschaltung der sch�digenden Druckbelastungist f�r die Heilung bzw. f�r die Besserung der Symptome unerl�ßlich.

3. Abgrenzung bestimmter Personengruppen

In der Literatur lassen sich Hinweise auf vermehrt betroffene Berufsgruppen finden,z. B. Berufsmusiker, Schleifer, Metzger, Lebensmittelh�ndler, Besch�ftigte in der Tief-k�hlkostherstellung, Supermarktkassiererinnen und Bodenreiniger. Zus�tzlich gibt eszahlreiche Verweise auf bestimmte sch�digende berufliche Expositionsfaktoren (z. B.großer Kraftaufwand bei Greifbewegungen, repetitve Bewegungen im Handgelenk,gebeugtes bzw. �berstrecktes Handgelenk). Diese Expositionsfaktoren treten in denuntersuchten Berufsgruppen vermehrt auf, sind aber auch bei einer Vielzahl andererT�tigkeiten zu finden.

4. LiteraturAnto C., Aradhya P.:

Clinical diagnosis of peripheral nerve compression in the upper extremityOrthopedic Clinics of North America, 1996, 27(2), 227–236

Amell T. K., Kumar S.:Cumulative trauma disorders and keyboarding workInt J Ind Ergonom 1998, 25, 69–78

Armstrong T. J., Chaffin D. B.:Some biomechanical aspects of the carpal tunnelJ Biomech 1979, 2, 567

Ashbury F. D.:Occupational repetitive strain injuries and gender in Ontario 1986–1991J Occ Environ Med 1995, 37, 479–485

Bingham R. C., Rosecrance J. C., Cook Th.:Prevalence of abnormal Median nerve conduction in applicants for industrial jobsAm J Ind Med 1996, 30, 355–361

Brismar T., Ekenvall L.:Nerve-conduction in the hands of vibration exposed workersElectroencephalog Clin Neurophys 1992, 85(3), 173–176

Debrunner A. M.:Orthop�dieVerlag Huber Verlag Bern 1988

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 414

400 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 415: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Dupuis H.:Kçrperhaltungin: Konietzko J., Dupuis H.: Handbuch der ArbeitsmedizinEcomed Verlag Landsberg 1989

Erdil M., Dickerson O. B., Glackin E.:Cumulative trauma disorders of the upper extremityin: Zenz C., Dickerson O.B., Horvath E.P.:Occupational MedicineMosby St.Louis 1994

Feldman R. G., Goldman W., Kayserman M.:Classical syndromes in occupational medicine. Peripheral nerve entrapment syndromes and ergono-mic factorsAm J Ind Med 1983, 4, 661–681

Feldmeier Ch.:Verletzungen und Sch�den der HandZuckschwerdt Verlag M�nchen 1988

Gelberman R., Eaton R., Urbaniak J.:Peripheral nerve compressionJ Bone Jt Surg Ser A, 1993, 75(12), 1854–1878

Gerhardt R. H.:Zusammenhang zwischen beruflicher T�tigkeit und dem Auftreten des Carpaltunnelsyndroms – eineLiteratur�bersichtMedizinische Inauguraldissertation, Johannes-Gutenberg-Universit�t Mainz 1996

Gross P. T., Tolomeo E. A.:Proximal median neuropathiesNeurol Clin 1999, 17(3), 425–445

Hagberg M., Morgenstern H., Kelsh M.:Impact of occupations and job tasks on the prevalence of carpal tunnel syndromeScand J Work Environ Health 1992, 18, 337–345

Hopf H. Ch., Poeck K., Schliack H. (Hrgs.):Neurologie in Klinik und Praxis Band IIIThieme Verlag Stuttgart New York 1993

Ivins G. K., Fulton MO.:Supracondylarprocess syndrome: a case reportJ Hand Surg 1996, 21 (2), 279–281

Johnson E. W.:Diagnosis of carpal tunnel syndrome: the gold standardAm J Phys med Rehabil 1993, 72 (1), 1

Lahoda F.:Neurologische Untersuchung in der Praxis – Erkrankungen des peripheren Nervensystems – 5. Auf-lageEinhorn-Presse Verlag Reinbek 1988

Leahy P. M., Mock III L. E.:Myofascial release technique and mechanical compromise of peripheral nerve of the upper extre-mityChiropractic Sports Medicine 1992, 6(4), 139–150

Lederman R. J.:Neurologische Problemein: Blum J. (Hrsg.): Medizinische Probleme bei MusikernThieme Verlag Stuttgart New York 1995

Lewit K.:Manuelle Medizin, 6. �berarb. u. erg. AuflageBarth Verlag Leipzig 1992

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 415

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 401

Page 416: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Lçffler M., Kukowski B., Exsternbrink T., Emde B.:Das Nervenkompressionssyndrom der Guyonschen Loge, gutacherliche Kausalbeurteilung als Varia-nte der Berufskrankheit Nr. 2106 BeKV – ein kasuistischer BeitragZbl Arbeitsmed 1996, 46, 220–224

Luk s E., Simko A.:Exogene und endogene Ursachen der Ulnarisparesein: Sch�cke G. et al (Hrsg): Berufliche Sch�digung des Nervus ulnarisDr. Curt Haefner Verlag Heidelberg 1986

Mackinnon SE.:Double and multiple „crush“ syndromesHand Clin 1992, 8, 389

Magun R.:Druckl�hmungen der Nervenin: Baader W. (Hrsg.): Handbuch der gesamten ArbeitsmedizinUrban und Schwarzenberg Berlin M�nchen Wien 1961

Masuhr K. F.:NeurologieHippokrates Verlag Stuttgart 1989

McFarland E. G., Curl L. A.:Shoulder problems in musiciansMaryland Med J 1998, 47(1), 19–22

Menger H.:Affektionen peripherer Nerven im SportDt Z Sportmed 1992, 43 (2), 44–58

Merkblatt zur �rztlichen Untersuchung zu Nr. 2106 der Anlage 1 zur BeKVin: Berufskrankheiten Merkbl�tterD�ringshofen Verlag Berlin 1988

Mumenthaler M. (Hrsg.):Der Schulter-Arm-Schmerz – Leitfaden f�r die PraxisVerlag Hans Huber Bern Stuttgart Wien 1980

Mumenthaler M., Schliack H.:L�sionen peripherer Nerven, 6. AuflageThieme Verlag Stuttgart New York 1993

Mumenthaler M.:Klinische Untersuchung und Analyse neurologischer SyndromeThieme Verlag Stuttgart New York 1988

Neundçrfer B., Claus D.:Periphere Nervenerkrankungen und ihre berufliche Verursachung – Teil 1Arbeitsmed Sozialmed Pr�ventivmed 1992, 27, 357–363

Nilsson T., Hagberg M., Burstrçm L., Kihlberg S.:Impaired nerve conduction in the carpal tunnel of platers and truck assemblers exposed to hand-arm vibrationScand J Work Environ Health 1994, 20, 189–199

Novak Ch. B., Mackinnon S.:Nerve injury in repetitive motion disordersClin Orthop Rel Diseas 1998, 351, 10–20

Plancher K. D., Peterson R. K., Streichen J. B.:Compressive neuropathies and tendinopathies in the athletic elbow and wristClinics in Sports Medicine 1996, 15(2), 331–371

Poeck K.:Neurologie, 9. neubearbeitete AuflageSpringer Verlag Berlin 1996

Rompe G., Erlenk�mper A.:Begutachtung der Haltungs- und BewegungsorganeThieme Verlag Stuttgart, 2. Aufl. 1992

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 416

402 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 417: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Roquelaure Y., Raimbeau G., Dano C., Martin YH., Pelier-Cady C., Mechali S., Benetti F., Mariel J., Fa-nello S., Penneau-Fontbonne D.:Occupational rsik facorts for radial tunnel syndrome in industrial workersScand J Environ Health 2000, 26(6), 507–513

Rosenbaum R. B., Donaldson J. O.:Peripheral nerve and neuromuscular disordersNeurologic Clinics 1994, 12(3), 461–478

Ross M., Kimura J.:AAEM case report #2: the carpal tunnel syndromeMuscle and Nerve 1995, 18, 567–573

Sch�cke G., Wolff H. J.:Die Sch�digung des Nervus ulnaris in verschiedenen Berufenin: Sch�cke G. et al (Hrsg): Berufliche Sch�digung des Nervus ulnarisDr. Curt Haefner Verlag Heidelberg 1986

Schuppert M., Altenm�ller E.:Berufsspezifische Erkrankungen bei MusikernVersicherungsmedizin (1999), 51(4), 173–179

Seddon J. H.:Three types of nerve injuryBrain 1943, 66, 237

Seyfert S., Schliack H.:L�sionen der langen Beinnervenin: Hopf H.Ch., Poeck K., Schliack H. (Hrgs.):Neurologie in Klinik und Praxis Band IIIThieme Verlag Stuttgart New York 1993

Shea J. D., McClain F. J.:Ulnar Nerve Compression Syndromes at and below the WristJ Bone It Surg 51 A (1969), 1095

Silverstein B. A., Fine L. J., Armstrong T. J.:Occupational factors and carpal tunnel syndromeAm J Ind Med 1987, 11, 343–348

Simpson R. L., Fern S. A.:Multiple compression neuropathies and the double crush syndromeOrthopedic Clinics of North America, 1996, 27(2), 381–388

Sjçgren B., Iregren A., Frech W., Hagman M., Johansson L., Tesarz M., Wennberg A.:Effects on the nervous system among welders exposed to aluminium and manganeseOccup Environ Med 1996, 53, 32–40

Tackmann W., Richter H. P., Stçhr M.:Kompressionssyndrome peripherer NervenSpringer Verlag Berlin, Heidelberg, New York 1989

Upton A., McComas A.:The double crush in nerve entrapment syndromesLancet 1973, 2, 359

Yassi A.:Repetitve strain injuriesLancet 1997, 349, 943–947

Yassi A.:Work-related musculoskeletal disordersCurrent Opinion in Rheumatology 2000, 12, 124–130

Yeh J. H., Chang Y. C., Wang J. D.:Combined electroneurographic and electromyographic studies in lead workersOccup Environ Med 1995, 52, 415–419

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 417

Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 403

Page 418: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Zeiss J., Jakab E., Khimji T., Imbriglia J.:The ulnar tunnel at the wrist (Guyon’s canal): normal MR anatomy and variantsAm J Roentgenol 1992, 158 (5), 1081–1085

Zeller H. J.:Neurogene Ansatzstçrungen bei Blechblasinstrumentalistenin: Kreutz R., Piekarski C. (Hrsg), Verh Dtsch Ges Arbeitsmed, 764–768,Gentner Verlag Stuttgart 1992

Hinweis: Kapitel G Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten21 06 Drucksch�digung der Nerven

Kapitel I Wissenschaftliche Begr�ndungen f�r eine Berufskrankheitnach § 9 (2) SGB VII2 (Karpaltunnelsyndrom durch mechanische Belastung)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 418

404 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 419: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

4 Erkrankungen der Atemwege und der Lunge,des Rippenfells und Bauchfells

41 Erkrankungen durch anorganische St�ube

Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten Nr. 41 04 (Erg�nzung),Nr. 41 11 und Nr. 41 12 Anlage BKV

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 419

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 405

Page 420: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Wissenschaftliche Begr�ndung (Erg�nzung)zu der Berufskrankheit Nr. 41 04 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 6/1996, 25–28

Kehlkopfkrebs

– in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose),

– in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung

der Pleura

oder

– bei Nachweis einer Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Ar-

beitsplatz von mindestens 25 Faserjahren {25 x 106 [(Fasern/m�) x Jahre]}.

Klinische Zuordnung:HNO – Heilkunde

1. Aktueller Erkenntnisstand

1.1 Chemisch-physikalische und/oder biologische Charakteristik

der urs�chlich sch�digenden Einwirkung(en)

1.2 Vorkommen und Gefahrenquellen

Bez�glich chemisch-physikalischer und/oder biologischer Charakteristik sowie desVorkommens von Gefahrenquellen wird auf die Merkbl�tter zu den Berufskrankhei-ten Nr. 4103, 4104 oder 4105 Anlage 1 Berufskrankheiten-Verordnung (BeKV) ver-wiesen.

1.3 Kenntnisse zur Wirkung am Menschen

1.3.1 Pathomechanismen

Eingeatmete Asbestfasern besitzen neben fibrogenen f�r den Menschen gesicherte lo-kal tumorerzeugende Eigenschaften. Wie f�r andere Tumore gilt auch f�r den asbe-stverursachten Kehlkopfkrebs (synonym: Larynxkarzinom, Kehlkopfkarzinom), dassdie Erkrankungswahrscheinlichkeit im wesentlichen vom Lebensalter, der individuel-len Disposition sowie der in den Kçrper aufgenommenen und lokal mit den Zielzellenin Wechselbeziehung tretenden Dosis arbeitsbedingter und nicht arbeitsbedingterkrebserzeugender Noxen abh�ngt [Maier et al. 1991 und 1992]. Von Durchmesser,L�nge und Form der Asbestfasern h�ngt es ab, ob es zu einer Deposition in den Alveo-len, den peripheren oder zentralen Atemwegen einschließlich des Kehlkopfes kommt.Die Ablagerung von Asbestfasern im Kehlkopfbereich ist prinzipiell auf zwei Artenmçglich:– Verwirbelung des Luftstromes infolge der Kehlkopfgeometrie. Die Depositions-

wahrscheinlichkeit von Asbestfasern im Kehlkopfbereich schwankt individuell be-tr�chtlich [Stahlhofen et al. 1983].

– Die sog. mukoziliare Clearance. Hierdurch werden die im tiefergelegenen Atem-trakt abgelagerten Faserstaubpartikel �ber das Flimmerepithel der Schleimhaut inRichtung Kehlkopf r�cktransportiert.

Medizinische Untersuchungen haben nachgewiesen, dass sich ein erheblicher Anteileingeatmeter Teilchen besonders im vorderen Stimmbandbereich niederschl�gt [Brid-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 420

406 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 421: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

ger und Proctor 1971, Birnmeyer 1961, K�hn 1990]. In diesem Bereich sind vorwie-gend die glottischen Kehlkopfkarzinome lokalisiert. Asbestfasern in der Schleimhautdes Larynx konnten nachgewiesen werden [Hirsch et al. 1979], ebenso Asbestkçrper-chen im Larynxbereich [Roggli et al. 1980]. Asbestfaserbedingte nicht maligne Ver-�nderungen wurden als „laryngeal asbestosis“ beschrieben [Kambic et al. 1989]. Esliegen keine biologisch plausiblen Erkenntnisse dar�ber vor, dass die Wirkungen vonAsbestfaserstaub auf das Zielgewebe des Larynx von denjenigen auf die tiefergelege-nen Bronchialschleimhaut (vgl. Nr. 4104 BeKV: Asbestverursachter Lungenkrebs)differieren [Deitmer 1990]. Bez�glich der lokal krebserzeugenden Wirkungen ein-schließlich der Pathomechanismen eingeatmeter Asbestfasern auf die Epithelzellendes tieferen Atemtraktes sei daher auf die Begr�ndung zur Berufskrankheit derNr. 4104 BeKV verwiesen [Bundesratsdrucksache 772/92].

1.3.2 Krankheitsbild und Diagnose

Der asbestverursachte Kehlkopfkrebs weist klinisch und diagnostisch keine wesentli-chen Unterscheidungsmerkmale gegen�ber Larynxkarzinomen anderer �tiologie auf.Die Erkrankung beginnt mit Heiserkeit, Schluckbeschwerden und Fremdkçrper-gef�hl. Sp�ter treten Luftnot bzw. Halslymphknotenschwellungen hinzu. Die Diagno-sesicherung erfolgt u. a. mittels Kehlkopfspiegelung und bioptischer Verfahren zurhistologischen Differenzierung [M�ller 1993]. Meist handelt es sich um verhornendePlattenepithelkarzinome, seltener um gering oder undifferenzierte Karzinome [Klein-sasser 1987]. Die gute Zug�nglichkeit und die Tatsache, dass Fr�hstadien an denStimmb�ndern durch Heiserkeit auffallen, l�sst diese Tumorlokalisation rechtzeitigdiagnostizieren und behandeln. Fortgeschrittenere Tumorstadien kçnnen oftmalsu. a. durch eine komplette Entfernung des Kehlkopfes behandelt werden, wodurchebenfalls l�ngerfristige tumorfreie �berlebenszeiten erzielt werden. Die Sterblichkeitinfolge des Kehlkopfkarzinoms ist stadienabh�ngig. Sie liegt insgesamt bei 40 bis50 % [Kleinsasser 1987].

Die Tatsache dieser relativ niedrigen Letalit�t des Kehlkopfkrebses ist epidemiolo-gisch von erheblicher Bedeutung. Kohortenstudien, in denen lediglich die Toten-scheindiagnose ermittelt wurde, f�hren dazu, dass die 50–60 % Patienten mit erfolg-reicher Therapie nicht erfasst werden.

1.3.3 Erkenntnisse aus epidemiologischen Untersuchungen

Nach Kleinsasser [1987] betr�gt die Inzidenz von Larynxkarzinomen in der All-gemeinbevçlkerung 4 bis 7 F�lle pro 100 000 Einwohner und Jahr. Die Latenzzeit,d. h. die Zeit zwischen Beginn der Einwirkung der Noxe und Krankheitsbeginn be-tr�gt mindestens 10 Jahre [Konetzke 1994]. Ein vielfach best�tigter Risikofaktor f�rdiese Karzinomform ist das Tabakrauchen. In der US-Veteranenstudie [zit. nach Edel-man 1989] war das Risiko, an einem Larynxkarzinom zu erkranken, f�r Raucher11,5-, f�r Exraucher immer noch 4,8-fach hçher als f�r Nichtraucher. In einigen Stu-dien konnte dar�ber hinaus ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten von La-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 421

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 407

Page 422: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

rynxkarzinomen und dem Alkoholkonsum nachgewiesen werden. F�r die Bewertungder Studienergebnisse bez�glich der Exposition gegen�ber Asbestfaserst�uben ist esdaher erforderlich, diese Kofaktoren zu ber�cksichtigen [Maier et al. 1994].

Erkenntnisse aus Kohortenstudien

F�r alle bisher durchgef�hrten Kohortenstudien gilt, dass die Studien nicht prim�r ge-zielt im Hinblick auf die Fragestellung geplant und durchgef�hrt wurden. In der Regelist der durch Asbest verursachte Kehlkopfkrebs eine unter vielen beobachteten Tu-morlokalisationen. Bei den Kohortenstudien von Navratil et al. 1991, Bittersohl1977, Botha et al. 1986, Blot et al. 1979 und Graham et al. 1977 lassen sich wegen zugrober Expositionseinstufung keine verbindlichen Aussagen weder f�r noch gegeneine Assoziation zwischen der Asbestfaserstaub-Einwirkung am Arbeitsplatz unddem Auftreten von Kehlkopfkrebs ableiten. In weiteren 17 Kohortenstudien erscheintdies mçglich. Bei einigen Studien mit Quantifizierung der Asbestfaserstaub-Einwir-kung [Berry et al. 1983, Gardner et al. 1986, Hughes et al. 1987] sind Standard-Mor-talit�ts(SMR)-Werte unter 1 beobachtet worden. Enterline et al. l987 und McDonaldet al. 1980 fanden SMR-Werte zwischen 1,0 und 1,5. Bei anderen Studien konntenSMR-Werte zwischen 1,5 und 2,0 festgestellt werden [Szeszina-Dabrowska et al.1986, Raffn et al. 1989 und Peto et al. 1985]. Bei den Studien von Clemmesen et al.1981, Newhouse et al. 1985, Selikoff et al. 1979 und Rubino et al. 1979 wurdenWerte �ber 2,0 berechnet. Statistisch signifikant erhçhte SMR-Werte wiesen die Stu-dien von Raffn et al. 1989, Newhouse et al. 1985, Selikoff et al. 1979 und Rubino etal. 1979 auf. In einer von der Sektion „Berufskrankheiten“ beim BMA veranlasstenMetaanalyse [Berger et al. 1996] wurden die Risikosch�tzungen aller vorgenanntenStudien zusammengefasst. Danach liegt das relative Risiko bei 1,5 mit einem95 %-Konfidenzintervall von 1,3 bis 1,86.

Erkenntnisse aus Fall-Kontroll-Studien

Die Mehrzahl der Fall-Kontroll-Studien wurde mit geringem Stichprobenumfangdurchgef�hrt. Die Wahrscheinlichkeit, eine relevante Risikoerhçhung zu identifizie-ren, ist daher a priori gering. Die gesch�tzten Odds Ratios (OR) von 15 ausgewerte-ten Studien liegen zwischen 0,92 [Blot et al. 1980] bis 14,5 [Stell und McGill 1973],in der Mehrzahl zwischen 1 und 2. Werden die berechneten Odds Ratios (OR) �beralle Studien gewichtet zusammengefasst, ergibt sich aufgrund der o.a. Metaanalysevon Berger et al. 1996 ein von 1 signifikant erhçhter Sch�tzer von OR = 1,58(90 %-Konfidenzintervall: 1,36 bis 1,84; 95 %-Konfidenzintervall: 1,32 bis 1,90).Werden Studien ohne ausreichende Adjustierung nach den Rauch- und Alkoholkon-sum-Gewohnheiten ausgeschlossen, dann entfallen die Studien von Viallat et al.1986, Morgan et al. 1976 sowie Stell und McGill 1973 mit den hohen Odds Ratio-Werten. Der gewichtete Sch�tzer von OR = 1,40 (90 %-Konfidenzintervall: 1,19 bis1,66; 95 %-Konfidenzintervall: 1,15 bis 1,71) bleibt statistisch signifikant erhçht.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 422

408 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 423: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

2. Validit�t und Reliabilit�t der vorliegenden Erkenntnisse

Der Metaanalyse von Berger et al. 1996 ist zu entnehmen, dass detaillierte Dosis-Wir-kungs- Beziehungen im Hinblick auf das Risiko, an einem asbestverursachten Kehl-kopfkrebs zu erkranken, in den einzelnen Publikationen nicht aufgef�hrt werden.Zwei Gr�nde lassen sich hierf�r benennen: In den Kohortenstudien stand diese Tu-morlokalisation in der Regel nicht gezielt im Vordergrund des Interesses; in den Fall-Kontroll-Studien zum Kehlkopfkrebs wurden stets zahlreiche berufsbedingte Noxen– neben Asbestfaserstaub – auf ihre �tiologische Bedeutung untersucht. Die Publika-tionen enthalten dennoch folgende Hinweise auf eine Dosis-Wirkungs-Beziehung:– Bei Schichtung nach zunehmender kumulativer Asbestexposition (exposure score)

ergibt sich anhand der Fall-Kontroll-Studie von Wortley et al. 1992 ein Anstiegdes Odds Ratio f�r den Kehlkopfkrebs von OR = 1,0 �ber OR = 1,1 (95 %-Kon-fidenzintervall: 0,6 bis 2,1) bzw. auf OR = 1,4 (95 %-Konfidenzintervall: 0,7 bis2,5).

– Brown et al. 1988 beschreiben in ihrer Fall-Kontroll-Studie einen signifikantenTrend f�r das relative Risiko (Odds Ratio) einer Erkrankung an Kehlkopfkrebs (p= 0,024) in Personengruppen bei Schichtung nach der Hçhe der Asbestexposition.Bei niedriger Asbestexposition betrug das OR = 1,2 (95 %-Konfidenzintervall: 0,7bis 2,1). Es stieg bei mittlerer Asbestexposition auf OR = 1,5 (95 %-Konfidenz-intervall: 0,9 bis 2,5) bzw. bei hoher Intensit�t auf OR = 2,8 an (95 %-Konfidenz-intervall: 1,0 bis 7,9). Die Autoren weisen ferner darauf hin, dass das OR derKehlkopfkrebs-Erkrankung f�r folgende Berufsgruppen mit potentieller Asbestex-position erhçht ist:– Kesselhersteller OR = 7,42 (95 %-Konfidenzintervall: 0,82 bis 66,93),– Installateure/Rohrverleger OR = 1,9 (95 %-Konfidenzintervall: 0,86 bis 4,19),– Zimmerleute OR = 1,67 (95 %-Konfidenzintervall: 0,80 bis 3,47).

– Analoge Risikoerhçhungen f�r den Kehlkopfkrebs finden sich u. a. auch in dero. g. Arbeit von Wortley et al. 1992:– Installateure/Rohrverleger OR = 4,1 (95 %-Konfidenzintervall: 0,9 bis 17,9),– Zimmerleute OR = 1,3 (95 %-Konfidenzintervall: 0,6 bis 2,7).Die Autoren beziffern die statistische Power ihrer Studie, ein zweifach erhçhtesKehlkopfkrebs-Risiko feststellen zu kçnnen – selbst f�r Besch�ftigte mit 10- odermehrj�hriger Asbestexposition – lediglich auf 50 %. Sie weisen auf die jeder be-rufsgruppenbezogenen Analyse aufgrund des „Misclassification-Bias“ innewoh-nende Tendenz einer systematischen Ann�herung an die Nullhypothese, d. h. einesniedrigen OR, hin.

– Die Arbeit von Ahrens et al. 1991 enth�lt die Beobachtung, dass unter den anKehlkopfkrebs Erkrankten h�ufiger als bei den Kontrollpersonen diejenigen achtBerufsgruppen mit einer 20-fach gegen�ber dem Durchschnitt erhçhten Rate asbe-stverursacht entsch�digter Berufskrankheiten (Asbestose, Asbestose in Verbin-dung mit Lungenkrebs, Mesotheliom) nachweisbar waren. F�r diese Berufsgrup-pen betrug die adjustierte OR = 5,7 (95 %-Konfidenzintervall: 1,1 bis 28,7). Vier

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 423

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 409

Page 424: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

der neun an Kehlkopfkrebs Erkrankten hatten im gleichen Asbestzementbetriebgearbeitet, jedoch keine der beiden Kontrollpersonen.

– Olsen und Sabroe 1984 fanden f�r jede Art der beruflichen Asbestexposition – un-ter Ber�cksichtigung des Lebensalters sowie der Rauch- und Trinkgewohnheiten –ein OR = 1,8 (95 %-Konfidenzintervall: 1,0 bis 3,4). F�r Besch�ftigte in der Her-stellung von Beton und Zement, einschließlich Asbestzement, ergab sich das be-tr�chtlich hçhere Risiko, an Kehlkopfkrebs zu erkranken, von OR = 17,3(95 %-Konfidenzintervall: 3,3 bis 30,6).

– In der Inzidenzstudie von Clemmesen et al. 1981 wird f�r die gegen�ber Asbestze-ment exponierten Besch�ftigten eine standardisierte Inzidenzrate von SIR = 2,08(95 %-Konfidenzintervall: 0,8 bis 4,5) festgestellt.

– Aus der ebenfalls in D�nemark durchgef�hrten Kohortenstudie von Raffn et al.1989 ergibt sich f�r die vor 1941 in die Asbestindustrie eingetretenen und daherst�rker gegen�ber Asbest exponierten Besch�ftigten f�r den Kehlkopfkrebs einnicht adjustiertes RR = 5,5 (95 %-Konfidenzintervall: 1,8 bis 12,8) gegen�ber ei-nem RR = 1,7 (95 %-Konfidenzintervall: 0,9 bis 2,8) f�r die nach 1941 Besch�ftig-ten. Bei Schichtung nach der Expositionsdauer mit einer Grenzziehung unter- bzw.oberhalb von 5 Jahren fanden die Autoren f�r den Kehlkopfkrebs ein RR = 0,8(95 %-Konfidenzintervall: 0,09 bis 2,9) bzw. RR = 2,27 (95 %-Konfidenzinter-vall: 0,8 bis 4,9).

– In der Arbeit von Szeszenia-Dabrowska et al. 1986 zeigte sich f�r hoch asbestex-ponierte Kohortenmitglieder eine nicht adjustierte SMR = 2,16 (95 %-Konfidenz-intervall: 0,4 bis 6,3) gegen�ber einer SMR = 1,8 f�r den Kehlkopfkrebs bei allenasbestexponierten Besch�ftigten.

– Schließt man sich der Argumentation von Smith et al. 1990 an, wonach ein in Ko-hortenstudien durch Asbestexposition nachgewiesenes relatives Risiko f�r denLungenkrebs von mehr als 2,0 einen biologischen Marker f�r eine besonders hoheAsbestfaserstaub-Einwirkung am Arbeitsplatz darstellt (vgl. Abschnitt 3), so erge-ben 4 der 6 Studien standardisierte Mortalit�tsverh�ltnisse f�r den Kehlkopfkrebszwischen 1,9 und 3,8. Auch weisen diese Autoren darauf hin, dass in der Fall-Kon-troll-Studie von Stell und McGill 1973 die hohe OR = 14,5 f�r den Kehlkopfkrebsoffenbar auf eine sehr starke Asbestexposition als Isolierer oder Kesselreiniger bei22 der 31 Erkrankten zur�ckzuf�hren ist.Insgesamt belegen die Studienergebnisse nach Ansicht von Berger et al. 1996, dass

f�r den asbestassoziierten Kehlkopfkrebs eine Dosis-Wirkungs-Beziehung ableitbarist und dass eine massive Asbestfaserstaub-Einwirkung am Arbeitsplatz das Risiko,an einem Kehlkopfkrebs zu erkranken, mindestens verdoppelt.

Bei einem Teil der Studien ist davon auszugehen, dass das Risiko, an einem La-rynxkarzinom zu erkranken, untersch�tzt wurde. Dies gilt wegen der niedrigen Leta-lit�t besonders bei Mortalit�tsstudien.

Pleuraplaques mit oder ohne Verkalkungen sowie diffuse Pleuraverdickungenkçnnen bei differentialdiagnostischem Ausschluss anderweitiger Ursachen als Marker

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 424

410 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 425: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

einer stattgehabten Asbestfaserstaub-Einwirkung dienen. In 3 Studien wurde dieKoinzidenz derartiger pleuraler Erkrankungen bei Patienten mit Kehlkopfkrebs un-tersucht. Hillerdal et al. 1980 �berpr�ften 156 Rçntgenbilder von Patienten mitKehlkopfkrebs. Eine bilaterale pleurale Plaquesbildung wurde bei 14 dieser 156 Er-krankungsf�lle diagnostiziert und differentialdiagnostisch auf eine Asbestfaserstaub-Einwirkung zur�ckgef�hrt. Die Rate an Pleuraplaques war im Vergleich zu einemKontroll-Kollektiv signifikant erhçht. Mollo et al. 1984 werteten 1097 konsekutiveAutopsien hinsichtlich des Vorliegens pleuraler Ver�nderungen aus. In 20 % der Sek-tionsf�lle waren pleurale Verdickungen nachweisbar. Der Anteil an Larynxkarzino-men in diesem Kollektiv war signifikant hçher als erwartet (OR = 8,79; 95 %-Kon-fidenzintervall: 1,46 bis 52,95). Wain et al. 1984 stellten bei 443 Autopsien 25 malPleuraplaques fest. 4 dieser 25 Verstorbenen mit Pleuraplaques litten an einem Bron-chialkarzinom, 3 an einem Larynxkarzinom. S�mtliche Patienten waren Raucher. Beieinem der Larynxkarzinom-Patienten war ein erhçhter Alkoholgenuss bekannt. Die�berh�ufigkeit der Koinzidenz von Kehlkopfkrebs und Pleuraplaques erwies sich alssignifikant.

Zusammenfassend sprechen insbesondere die Fall-Kontroll-Studien, bei denen diewichtigsten nicht arbeitsbedingten Risikofaktoren, d. h. die Rauch- und Alkohol-Konsumgewohnheiten, ber�cksichtigt werden konnten, f�r die wesentliche Mitver-ursachung eines Kehlkopfkrebses durch eine langj�hrige und intensive Asbestfaser-staub-Einwirkung am Arbeitsplatz. Auch die Ergebnisse der Kohortenstudien weisenin die gleiche Richtung.

In Studien, in denen man die Rauchgewohnheiten ber�cksichtigt hat und die As-bestfaserstaub-Einwirkung objektiv und quantitativ erfassen konnte [Brown et al.1988, Wortley 1992], finden sich Expositions-Wirkungs-Beziehungen. Hinzu kommtdas molekularbiologische Wissen �ber die lokal krebserzeugende Wirkung von Asbe-stfasern kritischer Abmessungen, das bevorzugte Depositionsverhalten dieser Fasernim Larynxbereich, einschließlich des Vorkommens nicht maligner asbestfaserbeding-ter Effekte. Die Evidenzkriterien f�r den Nachweis eines Kausalzusammenhangessind damit als hinreichend valide und reliabel anzusehen.

Aufgrund des vorgenannten Kenntnisstandes wird eine langj�hrige, intensive As-bestfaserstaub-Einwirkung am Arbeitsplatz als generell geeignet bewertet, um nichtnur Lungen-, sondern auch Kehlkopfkrebs zu verursachen oder wesentlich mit zu ver-ursachen.

3. Ableitung von Kriterien f�r eine Verdoppelung

des expositionsbedingten Risikos

Aufgrund der genannten Studien l�sst sich eine besonders gef�hrdete Personengruppe– mit einer Risikoverdoppelung oder mehr – nicht ohne weitere �berlegungen ein-grenzen. Entscheidende Hilfestellung bei der Begr�ndung des urs�chlichen Zusam-menhanges bieten jedoch die von Smith et al. 1990 analysierten Kohortenstudien. Siebeschr�nken sich ausdr�cklich auf Personengruppen mit besonders hoher Asbestfa-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 425

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 411

Page 426: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

serstaub-Einwirkung am Arbeitsplatz. Als Maßzahl diente ein mindestens verdoppel-tes Lungenkrebsrisiko (SMR bzw. RR > 2,0 f�r Bronchialkarzinom). Bei 3 Kohorten-studien mit einer SMR oder einem RR oberhalb 2,0 (4,06; 3,28; 2,24) ergaben sichbei einem 90 %-Konfidenzintervall signifikant erhçhte SMR bzw. RR f�r Kehlkopf-krebs (1,91; 3,75; 1,96) [Smith et al. 1990]. Dar�ber hinaus fanden sich auch in die-sen Studien nicht nur eine positive Assoziation zwischen Pleuraplaques und demKehlkopfkrebs-Risiko, sondern sowohl Hinweise auf Dosis-H�ufigkeits-Beziehungenals auch Konsistenznachweise. Letztere gilt z. T. selbst unter Ber�cksichtigung derwichtigsten, nicht arbeitsbedingten Risikofaktoren wie den Rauch- und Alkoholkon-sum-Gewohnheiten. Hieraus ist zu folgern, dass beim Nachweis der gem. Nr. 4104Anlage 1 BeKV f�r die Anerkennung als asbestverursachtem Lungenkrebs bereits bis-her geforderten „Br�ckenbefunde“ auch f�r den Kehlkopfkrebs die Asbestverursa-chung begr�ndet ist. Zur Charakterisierung der besonders gef�hrdeten Personen-gruppe mit einer Risikoerhçhung um mindestens den Faktor 2, d. h. einem derAsbestfaserstaub-Einwirkung am Arbeitsplatz attributablen Risiko von mindestens100 %, werden daher die Kriterien der Nr. 4104 Anlage 1 BeKV herangezogen. Als„bestimmte Personengruppe“, die durch ihre Arbeit der „besonderen Einwirkung“von Asbestfaserstaub am Arbeitsplatz in erheblich hçherem Maße als die �brige Be-vçlkerung langj�hrig und intensiv ausgesetzt war, gelten Versicherte, deren Erkran-kung an Kehlkopfkrebs vorliegt– in Verbindung mit einer Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose)

oder– in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung der Pleura

oder– bei denen die Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Arbeits-

platz von mindestens 25 Faserjahren nachgewiesen werden kann.

LiteraturhinweiseAhrens W, Jçckel K-H, Patzak W, Elsner G (1991):

Alcohol, smoking and occupational factors in cancer of the larynx: A case-control study.Amer J Ind Med 20: 477–493

Berger J. Chang-Claude J, Mçhner M, Wichmann HE (1996):Larynxkarzinom und Asbestexposition: eine Bewertung aus epidemiologischer Sicht.Zbl Arbeitsmed 46: 166–186

Berry G, Newhouse ML (1983):Mortality of workers manufacturing friction materials using asbestos.Br J Ind Med 40: 1–7

Birnmeyer G (1961):�ber die Beziehung zwischen Inhalationsnoxen und Lokalisation des Larynxcarcinoms.Z Krebsforsch 64: 283–286

Bittersohl G (1977):Zum Problem des asbestinduzierten Larynx-Karzinoms.Z Ges Hyg 13: 27–30

Blot WJ, Stone BJ, Fraumeni JF, Morris LE (1979):Cancer mortality in U.S. counties with shipyard industries during World War II.Eviron Res 18: 281–290

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 426

412 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 427: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Blot WJ, Morris LE, Stroube R, Tagnon I, Fraumeni JF (1980):Lung and laryngeal cancers in relation to shipyard employment in coastal Virginia.J Nat Inst 65: 571–575

Botha JL, Irwing LM, Strebel PM (1986):Excess mortality from stomach cancer, lung cancer and asbestosis and/or mesothelioma in crocido-lite mining districts in South Africa.Am J Epidem 123: 30–40

Bridger GP, Proctor DF (1971):Laryngeal mucociliary clearance.Ann Otol 80: 445–449

Brown LM, Mason TJ, Pickle LW, Stewart PA, Buffler PA, Burau K, Ziegler RG, Fraumeni JF (1988):Occupational risk factors for laryngeal cancer on the Texas Gulf Coast.Cancer Res 48: 1960–1964

Bundesratdrucksache 772/92:Verordnung der Bundesregierung: Zweite Verordnung zur �nderung der Berufskrankheiten-Verord-nung, 12–14

Clemmesen J, Hjalgrim-Jensen S (1981):Cancer incidence among 5686 asbestoscement workers followed from 1943 though 1976.Exotoxicology and Environmental Safety 5: 15–23

Deitmer T (1990):Larynxkarzinom und Asbestexposition – Eine kritische Literatur�bersicht.Laryngo-Rhino-Otol 69: 589–594

Edelman DA (1989):Laryngeal cancer and occupational exposure to asbestos.Int Arch Occup Environ Health 61: 223–227

Enterline PE, Hartley J, Henderson V (1987):Asbestos and cancer: A cohort followed up to death.Br J Ind Med 44: 396–401

Gardner MJ, Winter PD, Pannett B, Powell CA (1986):Follow-up study of workers manufactoring chrysotile asbestos cement products.Br J Ind Med 43: 726–732

Graham S, Blachet M, Rohrer T (1977):Cancer in asbestos-mining and other areas of Quebec.J Nat Cancer Inst 65: 1139–1145

Hillerdal G, Lindholm CE (1980):Laryngeal carcinoma and radiological pleural plaques.In: Hillerdal G (ed.): Pleural plaques.Acta universitatis Upsaliensis 363: 193–206

Hirsch A, Bignon J, Sebastien P, Gaudichet A (1979):Asbestos fibres in laryngeal tissues – findings in two patients with asbestosis associated with la-ryngeal tumors.Chest 76: 697–699

Hughes JM, Weill H, Hammad YY (1987):Mortality of workers employed in two asbestos cement manufacturing plants.Br J Ind Med 44: 161–174

Kambic V, Radsel Z, Gale N (1989):Alterations in the laryngeal mucosa after exposure to asbestos.Brit J Ind Med 46: 717–723

Kleinsasser O (1987):Tumoren des Larynx und des Hypopharynx.Thieme, Stuttgart

Konetzke, GW (1994):Das Larynxkarzinom aus arbeitsmedizinischer und onkologischer Sicht unter Ber�cksichtigung derin der ehemaligen DDR zur Frage des Ursachenzusammenhanges gewonnenen Erkenntnisse.In: Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Hrsg):BK-Report 2/94. Sankt Augustin

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 427

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 413

Page 428: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

K�hn A, Sartorius Ch, Lamprecht J (1990):Deposition und Clearance inhalierter St�ube im menschlichen Kehlkopf.Archiv f�r Ohren-, Nasen- und Kehlkopfheilkunde, Suppl. II: 228

Maier H, Dietz A, Gewelke U, Heller WD (1991):Berufliche Exposition gegen�ber Schadstoffen und Krebsrisiko im Bereich von Mundhçhle, Oropha-rynx, Hypopharynx und Larynx.Laryngo-Rhino-Otol 70: 93–98

Maier H, Gewelke U, Dietz A, Thamm H, Heller WD, Weidauer H (1992):Kehlkopfkarzinom und Berufst�tigkeit. Ergebnisse der Heidelberger Kehlkopfkrebsstudie.Hals-Nasen-Ohren-Krankheiten 40: 44–51

Maier H, Sennewald E, Dietz A, Fischer G, Gewelke U, Heller WD, Kura N, Zçller J (1994):Risikofaktoren f�r Plattenepithelkarzinome im Kopf-Hals-Bereich. Ergebnisse der Heidelberger Fall-kontrollstudien.Schriftenreihe des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften Sankt Augustin

McDonald JC, Liddell FDK, Gibbs GW, Eyssen GE, McDonald (1980):Dust exposure and mortality in chrysotile mining, 1910–75.Br J Ind Med 37: 11–24

Mollo F, Andrion A, Colombo A, Segnan N, Pira E (1984):Pleural plaques and risk of cancer in Turin, Northwest Italy. An autopsy study.Cancer 54: 1418–1422

Morgan RW, Shettigara PT (1976):Occupational asbestos exposure, smoking, and laryngeal carcinoma.Ann NY Acad Sci 271: 308–310

M�ller, KM (1994):Kehlkopfkarzinom – Pathologische Anatomie.In: Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Hrsg):BK-Report 2/94. Sankt Augustin

Navratil M, Svandova E, Hruska F, Gafronova M (1991):Inzidenz von Krebserkrankungen im Bereich des Atmungssystems unter spezieller Ber�cksichtigungdes Kehlkopfkarzinoms bei asbestexponierten Erwerbst�tigen.Zbl Arbeitsmed 41: 223–227

Newhouse ML, Berry G, Wagner JC (1985):Mortality of factory workers in east London 1933–80.Br J Ind Med 42: 4–11

Olsen J. Sabroe S (1984):Occupational causes of laryngeal cancer.J Epid Comm Health 38: 117–121

Peto J, Doll R, Hermon C, Binns W, Clayton T, Goffe T (1985):Relationsship of mortality to measures of environmental asbestos pollution in an asbestos textilefactory.Ann Occup Hyg 29: 305–355

Raffn E, Lynge E, Juel K, Korsgaard B (1989):Incidence of cancer and mortality among employees in the asbestos cement industry in Denmark.Br J Ind Med 46: 90–96

Roggli VL, Greenberg SD, McLarty JL, Hurst GA, Spivey CG, Hieger LR (1980): Asbestos body contentof the larynx in asbestos workers. A study of five cases.Arch Otolaryngol 106: 533–535

Rubino GF, Piolatto G, Newhouse ML, Scansetti G, Aresini GA, Murray R (1979):Mortality of chrysotile asbestos workers at the Balangero mine, Northern Italy.Br J Ind Med 36: 187–194

Selikoff IJ, Hammond EC, Seidman H (1979):Mortality experience of insulation workers in the United States and Canada, 1943–1976.Ann NY Acad Sci 330: 91–116

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 428

414 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 429: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Smith AH, Handley MA, Wood R (1990):Epidemiological evidence indicates asbestos causes laryngeal cancer.J Occup Med 32: 499–507

Stahlhofen W, Gebhart J, Heyder J, Scheuch G (1983):Deposition pattern of droplets from medical nebulizers in the human respiratory tract.Bull Eur Physiopathol Respir 19: 459–463

Stell MP, McGill T (1973):Asbestos and laryngeal carcinoma.Lancet II: 416–417

Szeszenia-Dabrowska N, Wilczynska U, Szymczak W (1986):The cancer risk in men exposed to asbestos dust (poln.).Medycyny Pracy 37: 129–138

Viallat JR, Farisse P, Rey F, Boutin C, Henin Y, Jausseran M, Colonna D'Istria J (1986):Amiante et Cancer du Larynx.Ann Otolaryng 103: 63–66

Wain SL, Roggli VL, Foster WL (1984):Parietal pleural plaques, asbestos bodies and neoplasia. A clinical, pathological and roentgenogra-phic correlation of 25 consecutive cases.Chest 88: 707–713

Wortley P, Veughan TL, Davis S, Morgan MS, Thomas DB (1992):A case-control study of occupational risk factors for laryngeal cancer.Br J Ind Med 49: 837–844

Hinweis: Kapitel G Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten41 04 Lungenkrebs oder Kehlkopfkrebs

– in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (As-bestose),

– in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachter Er-krankung der Pleuraoder

– bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbest-faserstaub-Dosis am Arbeitsplatz von mindestens 25Faserjahren {25 x 106 [(Fasern/m�) x Jahre]}

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 429

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 415

Page 430: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Wissenschaftliche Begr�ndung

zu der Berufskrankheit Nr. 41 11 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 10/1995, 39–45

Chronische obstruktive Bronchitis oder Emphysem von Bergleuten unter Tage imSteinkohlenbergbau bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Feinstaubdosisvon in der Regel 100 Feinstaubjahren [(mg/m�) x Jahre]

Klinische Zuordnung:Pneumologie

Nach �bereinstimmender Meinung der Sektion „Berufskrankheiten“ des �rztlichenSachverst�ndigenbeirates beim Bundesministerium f�r Arbeit und Sozialordnung (SV-BR) haben neuere wissenschaftliche Untersuchungen ergeben, daß eine Erkrankungder tieferen Luftwege und der Lungen nach langj�hriger Unter-Tage-T�tigkeit imSteinkohlenbergbau signifikant geh�uft vorkommt.

Es besteht eine Dosis-Wirkungsbeziehung zwischen eingeatmeter Staubmenge unddem Auftreten einer chronischen obstruktiven Bronchitis oder eines Lungenemphy-sems. Die kumulative Feinstaubdosis errechnet sich aus der Feinstaubkonzentrationin der Luft am Arbeitsplatz in mg/m� multipliziert mit der Anzahl der Expositionsjah-re, bezogen auf 220 gefahrene Schichten zu je 8 Stunden.

Die generelle Eignung dieser Einwirkung, eine chronische obstruktive Bronchitisoder ein Lungenemphysem zu verursachen, st�tzt sich im wesentlichen auf folgendeSachverhalte:

I. LANGE u. PACHE 1991, erg�nzt LANGE 1992:

Es wurde die Anzahl der Berufsunf�higkeits- bzw. Erwerbsunf�higkeitsrentenzug�ngenach bestimmten Rentenursachen sowohl der Knappschaftlichen Rentenversicherung(KnRV) insgesamt und gesondert f�r Unter- und �ber-Tage-T�tige, ferner der Arbei-terrentenversicherung (ArV) und der Angestelltenversicherung (AnV) in den Jahren1986, 1987 u. 1988 in der Bundesrepublik altersgeschichtet ausgewertet. Die Unter-Tage-T�tigkeit wurde gegliedert in bis zu 10 Jahre, 11–20 Jahre und 21–30 Jahre.Die Diagnosen entstammen dem ICD-Schl�ssel „chronische Bronchitis (CB) und Em-physem (E) (491–492)“.

Die Relation ArV zu KnRV u. T. (= unter Tage) betragen 1987 f�r CB 1:3,0; f�r E1:5,8; bezogen auf die AnV 1:11,4 und 1:38,7. Die entsprechenden Relationen KnRV�ber Tage zu KnRV unter Tage lauten 1:3,9 f�r CB und 1:6,3 f�r E. F�r CB und E las-sen sich „Dosis-H�ufigkeitsbeziehungen“ erkennen, wenn man die Relationen derRentenzugangsh�ufigkeiten in der KnRV nach den Jahren u. T. gliedert. Die Ergeb-nisse der Jahre 1986 und 1988 st�tzen die des Jahres 1987.

Der SV-BR ber�cksichtigt zwar Stçrfaktoren, die durch die Sekund�rauswertungvon Prozeßdaten, z. B. durch die Art und mçglicherweise Zweckgebundenheit der Di-agnoseerhebung in den unterschiedlichen Rentensystemen, bestehen kçnnten, kommtaber zu dem Schluß, daß die vorliegende Arbeit ein starkes wissenschaftliches Indizf�r die Ursache-Wirkungsbeziehung darstellt, auch wenn in der Studie von LANGE

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 430

416 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 431: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

u. PACHE jene Emphysemf�lle nicht erfaßt werden, die beispielsweise in der Ange-stelltenversicherung (AnV) trotz dieser Erkrankung die Rentenaltersgrenze erreichen.

Dem Einwand, die DFG-Studie von 1975 und 1981 �ber „Chronische Bronchitis“(VALENTIN et al.) sei zu wenig ber�cksichtigt, ist entgegenzuhalten, dass in derenEndaussage dem Tabakrauch unter den Verursachungsfaktoren einer chronischenBronchitis die Maßzahl 5, dem Lebensalter die Maßzahl 3 und der Staubbelastung anden untersuchten Arbeitspl�tzen der Faktor 2 zugeordnet werden m�sse. So ist auchdurch diese Studie in der Staubbelastung ein wesentlicher Verursachungsfaktor f�rdie chronische Bronchitis erkannt worden.

II. LANGE (Gutachten f�r die Bundesknappschaft vom 15.3.1991):

Einzelne Stçrfaktoren f�r seine epidemiologische Auswertung (siehe I) werden dis-kutiert und nach Meinung des SV-BR als unwesentlich bewertet. So handelt es sichbei den Vergleichen der Inzidenzen um statistisch vergleichbare Bevçlkerungsgrup-pen. Das angemessene Vergleichkriterium zwischen KnRV (u. T.) und ArV ist die Inzi-denz von BU-EU-F�llen zusammengenommen. Die Diagnose einer CB und eines Ewurden nicht Leichenscheinen, sondern den Ergebnissen von zweckgerichteten Gut-achten nach Anamnese und �rztlichem Untersuchungsergebnis entnommen. F�r dieVersicherten in der KnRV (u. T.) erkennt man f�r CB und E zusammen sowie f�r CBund E getrennt einen Anstieg des relativen Risikos im Ablauf der Zeit, w�hrend dieentsprechenden Inzidenzen der ArV absinken (S. 12). Zum Rauchverhalten als Stçr-faktor wird angef�hrt, dass aus fr�heren Untersuchungen bekannt sowie aufgrunddes Rauchverbots an der Arbeitsst�tte verst�ndlich, der Nichtraucheranteil bei denBergleuten hçher als bei den Arbeitern �ber Tage gefunden worden ist.

Zu den Ergebnissen des DFG-Schwerpunktprogramms „Chronische Bronchitis“f�hrt LANGE auf S. 16 f. aus, dass neben Alter und Rauchen die Staubbelastung zueiner statistisch signifikanten Erhçhung des CB-Risikos f�hrt (DFG-Forschungs-bericht „Chronische Bronchitis“ (VALENTIN et al.), Teil 2, z. B. S. 328 und 342). Solassen sich also auch aus den Ergebnissen des DFG-Schwerpunktprogrammes „Chro-nische Bronchitis“ („CB“) sowohl f�r Raucher als auch f�r Nicht- bzw. ExraucherDosis-H�ufigkeitsbeziehungen zwischen Fein- bzw. Gesamtstaubkonzentration undchronische Bronchitis, bezogen auf eine 35j�hrige Berufst�tigkeit, statistisch signifi-kant nachweisen.

Selbst unter Ber�cksichtigung der Einw�nde, die gegen die Methodik der Studienvon LANGE und PACHE, LANGE vorgebracht werden kçnnen, ergibt sich aus ihnennach Meinung des SV-BR ein starkes Indiz daf�r, dass die obstruktive Bronchitis unddas Lungenemphysem bei unter Tage t�tig gewesenen Steinkohlenbergarbeiterndurch ihre besondere berufliche Belastung in einem erheblich hçheren Ausmaß als beider �brigen Bevçlkerung auftritt. Die gesetzlich geforderte erheblich hçhere Inzidenzeiner Erkrankung wird vom Sachverst�ndigenbeirat angenommen, wenn ein im Ver-gleich zur �brigen Bevçlkerung auf das Doppelte erhçhtes Risiko besteht, eine der-artige Erkrankung zu erwerben. Aufgrund der Arbeiten von LANGE und PACHE ist

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 431

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 417

Page 432: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

f�r die Personengruppe der Steinkohlenbergleute auf dem 95 %-Niveau ein �ber 2fa-ches Risiko zum Erwerb dieser Krankheit nachgewiesen. Dieses Ergebnis f�hrt nachAnsicht des SV-BR zur wissenschaftlichen Sicherheit, wenn man noch weitere Ergeb-nisse wissenschaftlicher Studien, die im folgenden diskutiert werden, ber�cksichtig.Denn die �berzeugung des Sachverst�ndigenbeirats, auf der die Anerkennungsemp-fehlung beruht, st�tzt sich nicht allein auf die Arbeiten von LANGE und PACHE.

III. C. PIEKARSKI, P. MORFELD:

„Zur Frage der Anerkennung von chronischer Bronchitis und/oder Emphysem als

Listen-Berufskrankheit der deutschen Steinkohlebergarbeiter.“

Aufgrund ihrer zusammenfassenden Wertung kommen die Autoren in ihren 128Seiten umfassenden Bericht nach Sichtung von 534 Publikationsstellen und n�hererAuswertung von 150 Publikationen zu folgenden Ergebnissen: Es weisen „alle be-trachteten epidemiologischen Studien aus dem Steinkohlenbergbau“…„ohne Aus-nahme eine Berufsbedingtheit der Erkrankung mit der Bezeichnung „ChronischeBronchitis/Lungenemphysem“ nach“. Nach Einbeziehung von Rçntgenbildbefundengelingt auch die Abgrenzung zur Bergarbeiter-Pneumokoniose (Silikose).

F�r die spezielle Fragestellung einer Risikoverdoppelung konnten nur wenige Stu-dien aus dem englischen Steinkohlenbergbau herangezogen werden, die die epidemio-logisch-methodischen Voraussetzungen zur Beantwortung erf�llen. Eine Risikover-doppelung leiten die Autoren aus den verwerteten epidemiologischen Studien dannab, wenn eine mindestens 20j�hrige Unter-Tage-T�tigkeit in staubhaltigen Wetternoder eine mindestens 15j�hrige Unter-Tage-T�tigkeit in staubhaltigen Wettern unddas Vorliegen eines rçntgenologisch gesicherten Silikosebefundes (Streuung grçßerals 1/1 nach ILO 1980) vorhanden sind.

Im einzelnen f�hren PIEKARSKI und MORFELD an:ROGAN et al. (1973) berichten im Rahmen des Pneumoconiosis Field Research

eine zunehmende Reduktion der Lungenfunktion in Abh�ngigkeit von der Feinstaub-exposition, unabh�ngig vom Pneumokoniosegrad und Rauchverhalten. Die Aussagebasiert auf einer Studiengruppe von 3581 Bergleuten ohne rçntgenologisch erkenn-bare Silikose in 20 britischen Kohlegruben. Ebenso finden die Autoren eine Zunahmeder chronischen Bronchitis, definiert mit Husten und Auswurf �ber wenigstens 3 Mo-nate im Jahr. Das Ergebnis dieser Querschnittsbetrachtung wird in einer darauf beru-henden Longitudinalstudie an 1677 Bergarbeitern von LOCE und MILLER (1982)(S. 16) tendenziell hinsichtlich der Reduktion der Lungenfunktion best�tigt.

Im deutschen Steinkohlenbergbau konnten MORFELD et al. (1992) (S. 23) undREISCHIG et al. (1989) eine Reduktion von Lungenfunktionsparametern mit zuneh-mender Staubbelastung im Steinkohlenbergbau feststellen. Bei durchschnittlichenFeinstaubkonzentrationen von 2,3 mg/m� ergibt sich eine gesch�tzte j�hrliche Staub-summe von ca. 2,5 gh/m�* und somit ein gesch�tzter R�ckgang des Atemstoßtestesvon ungef�hr 6 ml/(gh/m�) (S. 24). �hnliche Ergebnisse konnten im US-amerikani-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 432

418 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 433: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

schen Steinkohlenbergbau von ATTFIELD und HODOUS (1992) und SEIXAS et al.(1992) vorgelegt werden. Die Aussage dieser amerikanischen Studien ist allerdingswegen der unzureichenden Vertrauensw�rdigkeit der eingesetzten Staubmessergeb-nisse zweifelhaft.

In Australien berichtet LEIGH (1990) (S. 30/30) auch von einer Abh�ngigkeit derPr�valenz f�r einfache chronische Bronchitis vom Staubindex. Es betraf verschiedeneAlterskohorten einheitlich. Auch eine Verminderung der funktionellen Messwertewurde analog beobachtet. Aus Frankreich und Belgien liegen �hnliche Untersuchungs-ergebnisse vor (BATES et al. (1985), MINETTE (1986), NEMERY et al. (1987)). AusMortalit�ts- und Obduktionsstudien von ATUHAIRE et al. Und MILLER und JA-COBSEN (1985) (S. 19) ergibt sich geh�uft die Diagnose „Bronchitis“ als Todesursa-che. In Obduktionsstudien wird auf eine �berh�ufigkeit des Emphysems (centro-aci-n�res Emphysem) unter Steinkohlenbergarbeitern hingewiesen (COCKCROFT et al.(1982a), (LAMB 1976)). RUCKLEY et al. (1989) (S. 20) konnten fr�here Unter-suchungsergebnisse best�tigen: Ein Zusammenhang von Feinstaubbelastung unterTage und Pr�valenz von centro-acin�ren Emphysems von der Staubexposition (S.20/21). LEIGH et al. (1982) und (1993) (S. 29/30) finden eine Zunahme des Schwere-grades des pathologisch-anatomisch diagnostizierten Lungenemphysems mit der un-tert�gigen T�tigkeitsdauer. Allerdings werden �berschneidungen mit silikotischenVer�nderungen nicht eliminiert.

PIEKARSKI und MORFELD kommen, vornehmlich gest�tzt auf die Studien vonROGAN et al. (1973), MARINE et al. (1988), COLLINS et al. (1998) sowie ATT-FIELD und HODOUS (1992) zu dem Schluß, daß das Vorliegen eines gesichertenrçntgenologischen Befundes (Streuungskategorie gleich/grçßer 1/1 nach ILO 1980)keine notwendige Voraussetzung f�r die Entwicklung oder das Vorliegen einer chro-nischen Bronchitis und/oder eines Emphysems bei Steinkohlenbergarbeitern darstellt.

Unter den Morbidit�tsstudien, die aufgrund ihrer Anlage die Sch�tzung relativerRisiken erlauben, erscheinen folgende drei Studien von hervorragender Bedeutung:COLLINS et al. (1988), MARINE et al. (1988), LANGE und ULM (1983).

– COLLINS et al. (1988) (S. 34):

Das Ziel dieser Untersuchung war es, den Einfluß des Rçntgenbildes, d. h. das Vorlie-gen rundlicher und unregelm�ßiger kleiner Schatten, unabh�ngig von der Staubbelas-tung auf die Lungenfunktion zu sch�tzen. Ausgehend von dem vierten Unter-suchungsdurchgang des Pneumoconiosis Field Research (3 600 Bergleute von 10Zechen) wurde eine Untergruppe von 900 Bergleuten geschichtet und so ausgew�hlt,daß eine weitgehende Gleichverteilung des Alters und der Staubexposition in denSpannen der Gesamtgruppe erreicht wurde. Aus den Fragebogenergebnissen des Vier-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 433

* gh/m� = Gramm x Stunde pro Kubikmeter, wobei von diesen Autoren mit 180 unter Tagegefahrenen Schichten bei 6st�ndiger Exposition gerechnet wurde.

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 419

Page 434: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

ten Untersuchungsdurchganges wurden die Angaben zur Diagnose einer chronischenBronchitis (Husten und Auswurf mehr als in drei Monaten im Jahr) und die Fragennach Atemnot als Zielgrçßen eingesetzt. Die Staubexposition stellt f�r diese beidenZielgrçßen einen hochsignifikanten Risikofaktor dar.

PIEKARSKI und MORFELD schr�nken die Aussagekraft dieser Studie ein, da beider Modellkonstruktion von einem unabh�ngigen Einfluß des Rçntgenbildes und derStaubexposition ausgegangen wird, teilweise Erl�uterungen zur angewendeten Me-thodik fehlen und grunds�tzlich eine mehrfache Selektion des Ausgangsmaterials er-folgt ist.

– MARINE et al. (1988) (S. 38/39):

Als Zielgrçße werden die Angaben zur „chronischen Bronchitis“ auf dem Fragebogenvon 3 380 Bergleuten ohne rçntgenologisch progressive massive Fibrose verwertet.Gesondert folgt auch der Einsatz des Atemstoßtestwertes (FEV1) als Zielgrçße nacheiner internen Standardisierung mit linearen Modellen an der Teilgruppe von 451Nichtrauchern ohne bronchitische Symptome. Die Risikoanalysen werden getrenntf�r Raucher (n = 2837) und Nichtraucher (n = 543) durchgef�hrt. Als Zielgrçßen-kombinationen dienen: FEV1 kleiner als 80 % des internen Sollwerts, chronischeBronchitis, chronische Bronchitis mit FEV1 kleiner als 80 %, FEV1 kleiner als 65 %.Die Querschnittsanalyse wird im Hilfe logistischer Modelle vorgenommen, in denendas Alter, die Staubsumme und ein Interaktionsterm aus Alter und Staubsumme be-r�cksichtigt werden. F�r alle Zielgrçßen ergibt sich unabh�ngig vom Raucherstatusein signifikanter Staubeinfluß. Den Hinweis auf eine Verdoppelung des Risikos im Ar-beitsleben ersehen die Autoren PIEKARSKI und MORFELD aufgrund der Tab. 4 inder Publikation MARINE et al. (1988), S. 109. PIEKARSKI u. MORFELD bilden aufS. 41 die im Anhang als Tafel 1 wiedergegebene Tabelle ab.

Auch unter Ber�cksichtigung kritischer Anmerkungen zu dieser Studie sprechendie Ergebnisse f�r einen Zusammenhang zwischen Staubeinwirkung bei Unter-Tage-Arbeit und dem Auftreten chronischer Bronchitis.

– LANGE und ULM unter Mitwirkung von COENEN et al. (1983) (S. 42):

Die Studie basiert auf zwei Teilkollektiven aus den Studienkollektiven der DFG-Schwerpunktstudie (VALENTIN et al. (1975)), n�mlich auf 855 Bergleuten aus Reck-linghausen und 342 aus Bochum, die sowohl bei der ersten als auch bei der zweitenUntersuchung der DFG-Studie Staubkarten aufwiesen und somit zu diesen Zeitpunk-ten aktiv waren. Die Ergebnisse der 1983 publizierten Auswertung dienten als Ent-scheidungsgrundlage f�r die Festlegung des Allgemeinen Staubgrenzwertes. DemAuswertungsziel entsprechend wurden nur Bergleute einbezogen, deren Alter bei Be-ginn der Unter-Tage-T�tigkeit nicht grçßer als 23 Jahre war. Somit verblieben 1 090Bergleute, die diesen Bedingungen entsprachen. Eine wesentliche rçntgenologisch er-kennbare Silikose war wahrscheinlich nicht vorhanden. Urspr�nglich vorhandenetyndalloskopische Streulichtintensit�tswerte wurden auf gravimetrische Gesamt-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 434

420 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 435: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

staubkonzentrationen umgerechnet. Die Resultate der logistischen Modellrechungkçnnen der Tabelle 13a in LANGE und ULM (1983, S. 42) entnommen werden. Jededer Variablen (Staubkonzentration, Jahre im Staubbetrieb, Rauchverhalten) ist unab-h�ngig von den anderen signifikant mit der Pr�valenz der chronischen bronchialenReaktion positiv assoziiert (p kleiner als 0,01). Die Auswertung im Hinblick auf einerVerdoppelung des Risikos im Arbeitsleben ergibt eine Tabelle auf S. 45 (siehe An-hang, Tafel 2).

PIEKARSKI und MORFELD kommen trotz der Diskussion von M�ngeln am Stu-diendesign zu dem Schluß, daß grunds�tzlich eine �berh�ufung chronischer Bronchi-tis durch langj�hrige T�tigkeit im Steinkohlenbergbau nachgewiesen ist.

PIEKARSKI und MORFELD stellen in einer Tabelle 6, S. 52 (siehe Anhang, Tafel3), die kritischen Feinstaubkonzentrationen zusammen, die nach Auswertung der lo-gistischen Modelle in COLLINS et al. (1988), MARINE et al. (1988) und LANGEund ULM (1983) als Mindestdurchschnittsbelastung innerhalb eines 35j�hrigen Ar-beitslebens notwendig sind, um die Grundpr�valenz in staubunbelasteten Nichtrau-cher- bzw. Raucherkollektiven durch die Exposition zu verdoppeln (S. 52).

Die aus den Analysen von LANGE und ULM (1983) von PIEKARSKI und MOR-FELD abgeleiteten kritischen Konzentrationen stellen vermutlich aufgrund der vonPIEKARSKI und MORFELD gew�hlten Bezugswerte zur Separierung des Alters-effekts deutliche �bersch�tzungen dar, so daß diese Werte in der weiteren Diskussionder Autoren PIEKARSKI und MORFELD nicht ber�cksichtigt werden.

Bei einer unterstellten oberen Durchschnittskonzentration von ca. 7 mg/m� Fein-staub w�hrend einer 35j�hrigen Unter-Tage-T�tigkeit liegen die aufgef�hrten kri-tischen Konzentrationen nach COLLINS et al. (1988) und MARINE et al. (1988)sowohl f�r Nichtraucher als auch f�r Raucher mit einer Ausnahme (chronische Bron-chitis unter Rauchern) im realistischen Bereich. Damit muß von einer Pr�valenzver-doppelung (insbesondere bei den bedeutenderen Zielgrçßen Atemnot, chronischeBronchitis und FEV1 kleiner als 80 %, FEV1 kleiner als 65 %) unter den Staubexpo-sitionsbedingungen des Ruhrbergbaus ausgeglichen werden. PIEKARSKI und MOR-FELD untersuchen zus�tzlich in ihrer Tabelle 7 auf S. 54 (siehe Anhang, Tafel 4) dief�r die Verdoppelung des Risikos festgestellten kritischen Feinstaubkonzentrationenunter den beiden Bedingungen: Alter von 40 Jahren und 20j�hrige Exposition sowieAlter von 35 Jahren und 15j�hrige Exposition. Es ergeben sich tendenziell zuneh-mende kritische Feinstaubkonzentrationen bei abnehmender Expositionsdauer trotzdes geringeren Alters. Dies spricht f�r eine Dosis-Wirkungsrelation. Da im deutschenSteinkohlenbergbau von einer oberen realistischen Durchschnittskonzentration von5 mg/m� nach Meinung der Autoren ausgegangen werden kann, ist von dieser Tabelle7 nach integrativer Betrachtung schon ableitbar, dass in der Regel nach einer kumula-tiven Staubbelastung von 20 Jahre x 5 mg/m� eine Risikoverdoppelung auftritt (N�-heres zur kumulativen Feinstaubdosis siehe unter IX.).

Die zus�tzliche Bedeutung des positiven Rçntgenbefundes mit einer Streuung vongleich/grçßer 1/1, vorwiegend rundliche Schatten, werten die Autoren aufgrund ihrer

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 435

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 421

Page 436: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Studien dahingehend, daß ein Verdoppelungsrisiko f�r das Entstehen einer chro-nischen Bronchitis bei Vorliegen eines derart positiven Rçntgenbildbefundes schonnach 15j�hriger Unter-Tage-T�tigkeit in staubhaltigen Wettern gegeben ist.

Der SV-BR hielt es jedoch nicht f�r begr�ndbar, die Anerkennung einer chro-nischen Bronchitis im Unter-Tage-Berbau von dem Vorhandensein eines Rçntgenbe-fundes abh�ngig zu machen, der f�r eine (beginnende) Silikose spricht.

IV. X. BAUR, C. HILLENBACH, P. DEGENS:

Literaturstudie „Chronische Bronchitis und Emphysem – eine Berufskrankheit der

Bergleute?“ Bochum, 9.11.1994

Die Ergebnisse von 19 Querschnitt- und 14 L�ngsschnittuntersuchungen aus der zurVerf�gung stehenden internationalen Literatur wurden hinsichtlich der Lungenfunk-tionswerte von Steinkohlenbergarbeitern ausgewertet und tabellarisch dargestellt. Esergeben sich im Durchschnitt f�r einen ca. 30 Jahre unter Tage besch�ftigten Berg-mann im Vergleich zur geringer belasteten Bevçlkerung folgende, auf seine spezifischeArbeitssituation zur�ckzuf�hrende Lungenfunktionsver�nderungen (S. 65):Bronchiale Hyperaktivit�t geh�uftVitalkapazit�t – 150–600 mlAtemstoßvolumen (FEV1) – 200–600 mlAtemwegswiderstand + 0,1 kPa * s * L-1

Sauerstoffpartialdruck im arteriellen Blut – 5–10 mmHg

Die absoluten Abweichungen sind unter Rauchern ausgepr�gter als unter Nichtrau-chern. Die Autoren stellen �bereinstimmend mit den Erkenntnissen von PIEKARSKIund MORFELD fest, daß Nie-Raucher mit zunehmender Staubbelastung einen hçhe-ren Funktionsverlust als Raucher aufweisen. Erhçhte Pr�valenzen in Inzidenzen vonchronischer Bronchitis erkennen BAUR und Mitarbeiter auch aus der DFG-Schwer-punktstudie (VALENTIN und andere (1975 u. 1981)), erg�nzt durch eine Zusatz-publikation von LANGE und ULM (1983). Aus logistischen Modellen ergab sich f�rdas Auftreten einer chronischen Bronchitis eine Dosis-Wirkungsbeziehung in Abh�n-gigkeit von den Staubkonzentrationen und Jahren der T�tigkeit unter Tage. Eine Ver-doppelung des Bronchitisrisikos f�r Nichtraucher wurde nach 19 Jahren und f�r Rau-cher nach 22 Jahren unter Hinweis auf persçnliche Mitteilungen von LANGE(1993a) angenommen, wenn eine mittlere Feinstaubbelastung von 4 mg/m� zugrundegelegt wird (S. 36).

Eine Auswertung von Mortalit�tsdaten durch MILLER und JACOBSEN (1985)spricht nach Ansicht der Autoren BAUR und Mitarbeiter daf�r, dass das Risiko desBergmanns, innerhalb von 22 Jahren an chronischer Bronchitis oder Emphysem zuversterben, verdoppelt ist. Grunds�tzlich weisen die Auswertungen der Daten des Na-tional Coal Board in Großbritannien, der DFG-Studien und aus den USA (SEIXAS etal.) darauf hin, dass die Anzahl der Erkrankungen mit der Staubdosis positiv korre-liert ist. RUCKLEY et al. (1984) werten die Befunde von 450 verstorbenen Steinkoh-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 436

422 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 437: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

lebergarbeitern der Pneumoconiosis Field Research Study nach dem Vorhandenseineiner von der Silikose unabh�ngigen Erkrankung der Atmungsorgane aus. Die Auto-ren kommen zu dem Schluß, daß das centro-acin�re Emphysem in urs�chlichem Zu-sammenhang mit dem eingeatmeten Staub steht.

Zur Absch�tzung der Risikoverdoppelung f�r das Auftreten einer chronischen ob-struktiven Bronchitis ziehen BAUR und Mitarbeiter im wesentlichen auch die Arbei-ten von JACOBSEN (1988), MARINE et al. (1988), COLLINS et al. (1988) sowie diedeutsche DFG-Studie mit erweiterter Interpretation nach LANGE und ULM (1983)heran. Obwohl die Bronchitisdefinitionen der englischen Autoren auf der WHO-De-finition und einer Verminderung des Atemstoßtestes auf weniger als 80 % des Soll-wertes basieren und in die DFG-Studie ein komplexer, klinisch-anamnestischer undlungenfunktionsanalytischer Entscheidungsbaum eingeht, ergibt sich im relevantenStaubkonzentrationsbereich eine weitgehende �bereinstimmung in den beiden, 3 380bzw. 1 090 Bergleute umfassenden Kollektiven: Bei einer Feinstaubkonzentration von4 mg/m� erreicht demnach der Nichtraucher nach ca. 20 Jahren eine Verdoppelungdes Risikos, an einer obstruktiven Bronchitis zu erkranken. Eine Feinstaubkonzentra-tion von 7,5 mg/m� f�hrt bei ihm nach ca. 15 Jahren und eine Feinstaubkonzentra-tion von 2,5 mg/m� nach etwa 25 Jahren zu einer Risikoverdoppelung. Beim Raucherliegen die f�r die Risikoverdoppelung bez�glich einer obstruktiven Bronchitis erfor-derlichen Staubdosen um 20–60 % hçher.

Nach Feststellung von BAUR und Mitarbeiter ergeben die Literaturmitteilungenkeinen �berzeugenden Hinweis, dass die Risikoverdoppelungen bez�glich einer ob-struktiven Bronchitis und eines pathomorphologisch definierten Lungenemphysemsmit radiologisch fassbaren Ver�nderungen assoziiert sind. So beobachteten beispiels-weise MARINE et al. (1988) unter 3 380 Besch�ftigten des englischen Steinkohlen-bergbaus 346 Nichtraucher mit auffallend hohem Lungenfunktionsverlust, ohne daßein abnormer Rçntgenbefund nachweisbar gewesen w�re. BAUR und Mitarbeiterkommen nach ihrer Literaturauswertung zu dem Schluß, daß eine obstruktive Bron-chitis nach mindestens 20j�hriger T�tigkeit unter Tage im Steinkohlenbergbau dop-pelt so h�ufig wie bei der Durchschnittsbevçlkerung auftrete. Bei wesentlichen Ab-weichungen der stattgehabten Belastung von der als durchschnittlich anzusehendenStaubbelastung im MAK-Bereich sind k�rzere oder l�ngere T�tigkeitszeiten f�r dieRisikoverdoppelung anzunehmen, wie Abbildung 1a und 1b (S. 77) erkennen lassen.Diese Abbildungen zeigen eine gute �bereinstimmung mit dem Schaubild von JA-COBSEN (persçnliche Mitteilung 1993), das ihrem Bericht als letzte Seite des An-hangs beigegeben ist.

V. M. JACOBSEN (1993):

„Doubling Risks – Notes on some implications of results from the British Pneumoco-

niosis Field Research on relationships between exposure to respirable coal mine dust

and various indices of obstructive lung disease.“

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 437

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 423

Page 438: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Stellungnahme (31.8.1993) im Auftrag der Bergbau-Berufsgenossenschaft auf der Ba-sis der Literaturstudien von BAUR et al. (1993) und PIEKARSKI und MORFELD(1993).

Die Auswertung der Daten von MARINE et al. (1988) mittels 6 Schaubildern, diedie Abh�ngigkeit der Entwicklung von Einschr�nkungen des Atemstoßtestes und einerchronischen Bronchitis mit und ohne Verminderung des Atemstoßtestes von einer ku-mulativen Staubexposition und von einer mittleren Staubkonzentration zeigen, unter-st�tzen die Schl�sse von PIEKARSKI und MORFELD (1993). Aufgrund der Annahmedieser Autoren, daß in den deutschen Steinkohlegruben eine mittlere Staubbelastungvon etwa 5 mg/m� in den letzten 20 Jahren bestanden habe, ergibt sich eine Risikover-doppelung f�r eine chronische obstruktive Bronchitis zwischen 14 und 35 Exposi-tionsjahren; diese ergibt sich auch f�r Raucher unter Ber�cksichtigung ihres Grund-risikos f�r einen Atemstoß kleiner als 65 % des Solls, wenn sie im Mittel zwischen19–24 Jahren 5 mg/m� Kohlengrubenstaub ausgesetzt sind. Nichtraucher entwickelnnach 16 Jahren Exposition mit etwa 5 mg/m� eine Risikoverdoppelung f�r obstruk-tive Bronchitis. Die Auswertung der Arbeit von COLLINS et al. (1988) hinsichtlich ei-ner Risikoverdoppelung wird in den Schaubildern 9–12 dargestellt. As Auftreten vonAtemnot findet sich doppelt so h�ufig nach einer Exposition von 5 mg/m� Kohlengru-benstaub nach 27 Jahren Exposition unter Zigarettenrauchern und nach 23 JahrenExposition unter Nichtrauchern. Die von BAUR und Mitarbeiter (1993) aus einerMortalit�tsstudie von MILLER und JACOBSEN (1985) abgeleiteten Schl�sse werdenerh�rtet. Das Verdoppelungsrisiko, an einer Bronchitis und an einem Emphysem zuversterben, war bei den untersuchten Kohlenbergarbeitern eng an die Feinstaubkon-zentration gebunden, das Risiko war mehr als verdoppelt, wenn die Exposition 180gh/m� �berstieg.

Zusammenfassend kommt JACOBSEN in seiner Analyse zu dem Schluß, daß dieExposition gegen�ber einatembarem Kohlengrubenfeinstaub das Risiko f�r die Ent-stehung einer chronischen obstruktiven Lungenerkrankung sowohl bei Rauchern alsauch bei Nichtrauchern erhçht, unabh�ngig von rçntgenologischen Hinweisen aufeine Pneumokoniose. Von dem britischen Datenmaterial ist abzuleiten, daß mindes-tens ein Symptom einer Bronchialobstruktion zweifach geh�uft auftritt nach einer20j�hrigen Exposition gegen�ber Staubkonzentrationen, wie sie in den vergangenen20 Jahren in Großbritannien und in Deutschland (nach PIEKARSKI und MORFELD)anzunehmen waren.

VI. Die dem Bundesministerium f�r Arbeit und Sozialordnung zugesandte

Stellungnahme des GESAMTVERBANDS DES DEUTSCHEN

STEINKOHLENBERGBAUS vom 10.2.1994 (SPIES u. REHATSCHEK)

gibt zu folgender Erwiderung Anlaß:

Die Tatsache, daß die Empfehlung der Europ�ischen Kommission �ber die Annahmeeiner europ�ischen Liste der Berufskrankheiten vom 22.5.1990 keine Ziffer f�r eineStaubbronchitis bei Bergleuten enth�lt, spricht nicht gegen das Bestehen des zu for-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 438

424 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 439: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

dernden Zusammenhangs, da dieser erst durch neue und neueste Forschungserkennt-nisse aufgezeigt worden ist.

In diesem Kontext ist auch festzuhalten, daß Herr Prof. NEWMAN-TAYLOR(Mitglied des Indust. Injuries Advisory Council) als arbeitsmedizinisch ausgerichteterAllergologe international hoch anerkannt ist, f�r die hier zu entscheidende Frage je-doch nicht �ber die nçtigen Informationen und Fachkompetenz verf�gt hat, wieschon aus seiner Nicht-Kenntnis der bedeutenden DFG-Schwerpunkt-Studie zumThema „Staubbronchitis“ (VALENTIN et al. (1981)) hervorgeht.

In dem Schriftsatz des Gesamtverbands des deutschen Steinkohlenbergbaus wirdauf eine Leserzuschrift von MORGAN aus Kanada hingewiesen (Brit. J. Industr.Med. 1990: 50, 1051–53) in welcher dieser Aussagen im Herausgeberartikel vonSEATON (Brit. J. Industr. Med. 1990: 47, 433–35) hinsichtlich der Emphysementste-hung durch Kohlenstaub ohne gleichzeitige Einwirkung von Tabakrauch kritisiert.SEATON (1993) sowie ATTFIELD und HODOUS (1994) entkr�ften �berzeugenddie Einw�nde von MORGAN. Der SV-BR sieht die Einw�nde MORGANs und somitauch einen wesentlichen Teil jener des Gesamtverbandes des deutschen Steinkohlen-bergbaus widerlegt. Entsprechend hat sich auch die Mehrheit der britischen Expertenaufgrund neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse der Meinung angeschlossen, dieCHRONISCHE BRONCHITIS und das LUNGENEMPHYSEM seien unter den an-gegebenen Voraussetzungen als Berufskrankheit anzusehen. Dies ist unter VII.) n�herausgef�hrt.

Es besteht nach Meinung des SV-BR kein relevanter Grund, die Vergleichbarkeitder Verh�ltnisse in britischen Steinkohlengruben mit jenen im deutschen Steinkohlen-bergbau bez�glich der Krankheitsverursachung in Zweifel zu ziehen.

Schließlich sei noch der Hinweis auf S. 10 ber�cksichtig, daß in der 1989 im ErichSchmidt Verlag erschienenen Brosch�re E. MENZEL: BERGBAU EINST UNDJETZT, S. 155, ausgef�hrt ist, nach neueren Statistiken sei die Emphysembronchitisbeim Bergmann nicht nennenswert h�ufiger als im Querschnitt der Gesamtbevçlke-rung. Diese Aussage beruht im wesentlichen auf einer Interpretation von Ergebnissender 1. DFG-Bronchitis-Studie (VALENTIN et al. (1971)), dem entsprechenden Hea-ring des Bundesministers f�r Arbeit und Sozialordnung am 5. April 1973 und auf ei-ner Jahreszahlenangabe aus der Schweiz, die in einer 1987 von GEISLER zitierten Pu-blikation enthalten sei. Der SV-BR sieht diese Aussagen durch neuere Erkenntnisse,wie sie oben in den Abschnitten I.) bis V.) erçrtert worden sind, f�r die diskutierteThematik als �berholt an.

VII. Anerkennungsempfehlung in anderen L�ndern der Europ�ischen Union

Großbritannien:

J. M: HARRINGTON u. a.: Industrial Injuries Advisory CouncilAufgrund neuerer epidemiologischer Untersuchungen (ohne Angabe der Literatur-

stelle) wurde empfohlen, dass in Großbritannien chronische Bronchitis und Emphy-sem als entsch�digungspflichtige Berufskrankheit bei unter Tage t�tigen Steinkohlen-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 439

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 425

Page 440: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

bergarbeitern anerkannt wird, wenn sie mindestens 20 Jahre unter Tage gegen�berKohlenstaub exponiert waren und definitive Zeichen einer Pneumokoniose mit be-deutsamen Verminderungen der Lungenfunktion aufweisen. Daraus ist zu ersehen,dass sich die Mehrheit der britischen Experten aufgrund neuerer wissenschaftlicherErkenntnisse der Meinung angeschlossen hat, die chronische Bronchitis und das Lun-genemphysem seien unter den angegebenen Voraussetzungen als Berufskrankheit an-zusehen, selbst wenn in der Fachliteratur noch Diskussionen stattfinden.

Frankreich:

In die franzçsische Berufskrankheiten-Liste wurde folgendes „Schema Nr. 91“ einge-f�gt: „Chronische obstruktive Bronchial-Lungen-Erkrankung bei Kohlebergleuten“.Unter Beschreibung der Krankheit heißt es: „Chronische obstruktive Bronchial-Lun-gen-Erkrankung, die zu einem chronischen Atmungsdefizit f�hrt. Sie wird durch dieVerbindung von klinischen Befunden wie Dyspnoe, Husten, �berm�ßiger Sekretionder Bronchien und einem obstruktiven Atmungssyndrom mit einer Senkung des maxi-malen Atmungsvolumens (V.E.M.S.) um mindestens 40 % in bezug auf den theoreti-schen Mittelwert charakterisiert. Diese Senkung ist außerhalb von akuten Anf�llen zuermitteln. Voraussetzung ist eine Exposition von 10 Jahren durch Unter-Tage-Arbeitin Kohlenzechen.“ (Beschluß der franzçsischen Regierung vom 23.12.1992, TableauNo. 91: „Bronchopneumopathie chronique du mineur de carbon“).

VIII. Neuere Einzelarbeiten

C. SOUTAR, S. CAMPBELL, D. GURR, M. LLOYD, R. LOVE, H. COWIE, A. CO-WIE, A. SEATON: Import and deficits of lung function in three modern colliery po-pulations. Relation with dust exposure (Am. Rev. Respir. Dis. 1993: 147, 797–893)

Die Ergebnisse fr�herer Studien best�tigen den sch�digenden Effekt der kumulier-ten Kohlengrubenstaubmenge auf die Lungenfunktion. In neueren Untersuchungenzwischen 1981 und 1986 konnte ein derartiger Zusammenhang nurmehr bei den An-gehçrigen einer Kohlengrube nachgewiesen werden. Bei Nichtrauchern ohne Staub-belastung wurde in 3,5 % der F�lle und nach einer Kohlenstaubbelastung von 400gh/m� (entspricht etwa 7 mg/m�) in 20 %, bei Rauchern in 10,5 % bzw. 45 % eineFunktionseinbuße festgestellt. Die Verbesserung des Gesundheitszustandes der Mit-arbeiter in den beiden anderen Kohlenrevieren wird auf die Wirkung pr�ventiverMaßnahmen seit 1970 zur�ckgef�hrt.

Diese Publikation ist nach Meinung des SV-BR nicht geeignet, die generelle Eig-nung der chronischen Bronchitis als Berufskrankheit unter den empfohlenen Voraus-setzungen in Frag zu stellen. Allerdings weist sie darauf hin, daß mit zunehmenderVerminderung der Staubexposition in Zukunft eine Verdoppelung des Erkrankungs-risikos nach 20j�hriger Exposition nicht mehr besteht, weshalb anstelle eines reinenZeitbezuges der Expositionsdauer eine kumulative Kohlengruben-Feinstaubdosis alsKriterium vorzuziehen war.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 440

426 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 441: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

A. D. OXMAN, D. C. F. MUIR, H. S. SHANNON, S. R. STOCK, E. HNIZDO, H. J.LANGE: Occupational dust exposure and chronic obstructive pulmonary disease. Asystematic overview of the evidence (Am. Rev. Respir. Dis. 1993: 148, 38–48)

Es wurde eine Metaanalyse von Studien mit quantitativer Messung der Staub-exposition in Assoziation mit chronischer obstruktiver Lungenerkrankung bei 13Mitteilungen �ber 4 Kohorten, davon eine im Goldbergbau, drei im Kohlenbergbau,durchgef�hrt. Auch die deutsche DFG-Bronchitis-Studie 1976/81 ist ber�cksichtigt.Die Arbeiten fanden eine statistisch signifikante Assoziation zwischen Lungenfunk-tionsminderung und Staubkumulation. Die Sch�tzungen ergaben, dass 80 von 1 000Nichtraucher-Bergleuten mit einer kumulative Staubexpositionsdosis von 122,5gh/m�, entsprechend 35 Jahren Arbeit unter einer Staubexposition von 2 mg/m�, un-ter dem Risiko stehen, eine klinisch bedeutsame Minderung des Atemstoßtestes vonmehr als 20 % zu erwerben. F�r Raucher betrug das Risiko 66 von 1 000. Aus zweiStudien schließen die Autoren, daß nach Einwirkung der genannten Staubmenge un-ter 1 000 Nichtrauchern 45 eine dieser Einwirkung zuzuordnende chronische Bron-chitis entwickeln. Unter 1 000 Rauchern betr�gt die Zahl 74. Das geh�ufte Auftreteneines Lungenemphysems ohne Pneumokoniose konnten die Autoren bei Steinkohlen-bergleuten aufgrund ihrer Metaanalyse nicht sichern.

Die Ergebnisse unterst�tzen qualitativ die in den dargestellten Literatur�bersich-ten enthaltenen Aussagen �ber den Zusammenhang zwischen chronischer obstrukti-ver Bronchitis oder Emphysem nach langj�hriger, in der Regel mindestens 20j�hrigerT�tigkeit unter Tage im Steinkohlenbergbau.

IX. Kumulative Feinstaubdosis:

Die Dokumentation der Staubexposition im deutschen Steinkohlenbergbau ist nachH. D. Bauer seit den sechziger Jahren l�ckenlos. Die vorhandenen Messergebnissekçnnen aufgrund gleicher methodischer Ans�tze direkt mit jenen in Großbritannienvergleichen werden. Die f�r die tracheobronchiale Belastung wesentliche thorakaleGesamtstaubfraktion ist nach H. D. Bauer mit der Feinstaubkonzentration eng asso-ziiert. Deshalb kann f�r die Berechnung der kumulativen Dosis die mittels des Gravi-kon-Ger�tes (MPG II) ermittelte Feinstaubkonzentration eingesetzt werden. Zur Um-rechnung der fr�her tyndalloskopisch erfassten Gesamtstaub- auf Feinstaubwertedient n�herungsweise der Faktor 0,3.

LANGE errechnet in einer Tischvorlage vom 22.10.1994 f�r die 20. Sitzung desSV-BR am 29.11.1994 aus Daten von 267 Nichtrauchern und 823 Rauchern, die erder DFG-Studie (VALENTIN et al. (1981)) entnimmt, eine Verdoppelung des relati-ven Risikos f�r einen Steinkohlenbergarbeiter, an einer obstruktiven Bronchitis zu er-kranken, zwischen Kumulationswerten von 78 (Nichtraucher; 4,1 mg/m� Feinstaub-belastung w�hrend 19 Jahren T�tigkeit unter Tage) und 92 (Raucher; 4,2 mg/m�Feinstaubbelastung w�hrend 22 Jahren T�tigkeit unter Tage). Er stellt fest, daß auchbei JACOBSEN (1994) f�r Nichtraucher eine Verdoppelung bei einer kumulativenExposition von 86 zu ersehen ist. Der Wert f�r eine Verdoppelung des Risikos nach

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 441

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 427

Page 442: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

20j�hriger T�tigkeit unter Tage kann auch aus der Formel von MARINE et al. Mit 94errechnet werden. Mittels des logistischen Modells von LANGE und ULM (1983) be-rechnete LANGE (19.10.1994) f�r Raucher und Nichtraucher gemeinsame Fein-staub-Verdoppelungsdosen zwischen 75 (3,4 mg/m�; 22 Jahre) und 108 (5,7 mg/m�;19 Jahre).

LANGEs fr�here Berechnungen anhand von Tabellen (Schreiben vom 18.3.1994an den BMA) kamen grçßenordnungsm�ßig zu denselben Resultaten (Nichtraucher:4mg/m� x 19 Jahre = 76; Raucher: 4 mg/m� x 22 Jahre = 88).

Nach zus�tzlicher m�ndlicher Erl�uterung am 29.11.1994 vor dem SV-BR, ins-besondere hinsichtlich eines nat�rlichen Altersgangs, schl�gt LANGE als kumulativeFeinstaubdosis 100 [(mg/m�) x Jahre] schichtbezogen als mehrfach begr�ndetes Aner-kennungskriterium f�r eine Risikoverdoppelung des Erkrankungseintritts an chro-nischer obstruktiver Bronchitis oder Lungenemphysem vor.

Der SV-BR hat außerdem die Ausf�hrungen von JACOBSEN (1994) getrennt vonden Darstellungen LANGEs gew�rdigt. Auch unter Ber�cksichtigung einer gewissenStreubreite und der Hinweis auf das partielle Wirksamwerden eines Healthy WorkerEffects zeigen die Graphiken „Feinstaub-Summenwerte“, die zu einer relativen Risi-koverdoppelung f�hren, in Hçhe von 90 [(mg/m�) x Jahre] f�r Nichtraucher und60–200 [(mg/m�) x Jahre] bei Rauchern bis zu 35 Jahren Exposition.

X. BAUR et al. legten dem SV-BR eine erg�nzte Fassung vom 9.11.1994 ihrer Lite-raturstudien vor. BAUR erl�uterte seine zusammengefaßten Ergebnisse und Empfeh-lungen schriftlich am 25.3.1994 und (Eingang am) 18.11.1994 sowie m�ndlich am29.11.1994. Auch dieser extern zugezogene Sachverst�ndige kommt zu grçßenord-nungsm�ßig gleicher Risikobeurteilung.

Die Gutachter vertreten einheitlich die Auffassung, daß die von SEIXAS et al.(1992) gefundene Dosis-Wirkungsbeziehung, die zu deutlich kleineren Verdoppe-lungsdosen f�hrt, wegen Unzul�nglichkeit der verwendeten Daten keine Ber�cksichti-gung f�r die anh�ngige Grenzwertfindung erfahren soll.

Der SV-BR hat auch die Frage diskutiert, ob Mittelwerte oder obere Konfidenz-intervalle f�r die Deklarierung des relevanten Staubsummenwertes eingesetzt werdensollen. Mehrheitlich bestand die Meinung, daß die Mittelwerte bevorzugt werden, dadie Abweichungen nach oben und unten gleich verteilt sind.

Nach sorgf�ltiger Abw�gung der vorgetragenen Argumente, Berechnungsgrund-

lagen und Einw�nde kommt der SV-BR zu der Auffassung, daß als kumulative Stein-

kohlengrube-Feinstaubdosis, die zu einer Verdoppelung des Erkrankungsrisikos

f�hrt, 100 [(mg/m�) x Jahre] schichtbezogen eine generell gesicherte und f�r die Ver-

ordnungsgeber bestmçgliche Sch�tzgrçße darstellt. Hierbei ist sich der SV-BR be-wußt, daß die Unter-Tage-T�tigkeit im Steinkohlenbergbau neben der Staubbelastungmit zus�tzlichen erkrankungsbeg�nstigenden Einwirkungen wie Arbeitsschwere, Hit-ze, Gase, D�mpfe verbunden ist, welche indirekt bei der Generierung des Staubsum-menwertes Eingang gefunden haben.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 442

428 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 443: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

X. Zusammenfassende Wertung:

Die Ergebnisse der epidemiologischen Untersuchungen hinsichtlich der generellenEignung sind koh�rent. Es wird eine Dosis-Wirkungsbeziehung zwischen Staubbelas-tung und dem Auftreten von CHRONISCHER BRONCHITIS und EMPHYSEMauch ohne Vorhandensein von radiologischen Ver�nderungen erkennbar. F�r die Be-antwortung der Frage eines Zusammenhanges zwischen langj�hriger T�tigkeit unterTage im Steinkohlenbergbau mit einer kumulativen Feinstaubdosis von 100 [(mg/m�)x Jahre] einerseits und CHRONISCHER OBSTRUKTIVER BRONCHITIS oder EM-PHYSEM andererseits sind folgende Kriterien hinsichtlich der Kausalit�tsbeurteilungstatistisch erkannter Assoziationen erf�llt (nach B. HILL):

1. St�rke der Assoziation,2. Konsistenz der Ergebnisse von Studie zu Studie,3. Zeitlicher Verlauf: bei den geschilderten Studien an Bergleuten ist es erkennbar,

daß die Unter-Tage-T�tigkeit dem Auftreten von chronischer Bronchitis und Em-physem vorangegangen ist, da Bergleute mit chronischer Bronchitis und Emphy-sem nicht angelegt (angestellt) werden;

4. Nachweis von Dosis-H�ufigkeits- bzw. Dosis-Wirkungsbeziehungen,5. Plausibilit�t,6. Die Ergebnisse stehen im Einklang mit pathologisch-anatomischen Resultaten.Im Einzelfall m�ssen aber nach B. HILL nicht alle Kriterien erf�llt sein.

Die zur Aufnahme in die Berufskrankheitenliste empfohlene Erkrankung erf�llt dieVoraussetzungen nach dem BSG-Urteil vom 30.1.1986–2 RU 80/84: Es bestehen derNachweis einer F�lle gleichartiger Gesundheitsbeeintr�chtigungen und eine langfris-tige zeitliche �berwachung derartiger Krankheitsbilder in einer bestimmten Per-sonengruppe im Rahmen der versicherten T�tigkeit, so daß man mit Sicherheit daraufschließen kann, dass die Ursache f�r die Krankheit in einem sch�digenden Arbeits-leben liegt.

XI. Ergebnis:

Beurteilt man die in I.) – V.) dargestellten neuen Studien-Ergebnisse und die Erçrte-rungen unter VI.) – X.), so ergibt sich, dass ihre Synopsis den in § 551 Abs. 1 RVO ge-forderten Voraussetzungen entspricht. Deshalb empfiehlt der SV-BR, „Chronischeobstruktive Bronchitis oder Emphysem von Bergleuten unter Tage im Steinkohlen-bergbau bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Feinstaubdosis von in derRegel 100[(mg/m�) x Jahre]“ in die Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung alsneue Berufskrankheit aufzunehmen.

Die mit unterschiedlichen methodischen Ans�tzen, die jeweils im einzelnen unter-schiedliche Schwachpunkte aufweisen mçgen, gewonnenen Erkenntnisse stimmen�berein.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 443

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 429

Page 444: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Anhang: Tafeln 1–4

Anhang Tafel 1

aus PIEKARSKI und MORFELD 1993, S. 41

P1/% ORkrit Skrit Ckrit

/ghm-3 /mg·m-3

Nichtraucher

FEV1 <80 % 10,0 2,25 263 4,7

CB 7,7 2,18 189 3,4

CB und FEV1 <80 % 1,2 2,02 125 2,2

FEV1 <65 % 3,9 2,08 275 4,9

Raucher

FEV1 <80 % 23,5 2,89 317 5,7

CB 42,7 7,85 1451 25,9

CB und FEV1 <80 % 13,8 2,38 277 4,9

FEV1 <65 % 10,9 2,28 431 7,7

Tab. 3: F�r Nicht-Raucher bzw. Zigaretten-Raucher im Alter von 55 Jahren gesch�tzte Grundpr�valenz

P1 ohne Staubbelastung sowie kritische Odds Ratio ORkrit, kritische Staubsumme Skrit und zuge-

hçrige kritische durchschnittliche Staubkonzentration Ckrit, die mit einer Verdoppelung der

Grundpr�valenz P1 bei einer angenommenen Staubbelastung von 35 Jahren mit 200 Schichten

pro Jahr und 8 Stunden pro Schicht verkn�pft sind. CB steht f�r „Chronische Bronchitis“. Vgl.

auch die Ausf�hrungen zur Methodik im Anhang.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 444

430 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 445: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Anhang Tafel 2

aus PIEKARSKI und MORFELD 1993, S. 45

4.3.3 Auswertung im Hinblick auf eine Verdoppelung des Risikos im Arbeitsleben

Die Auswertung von Tabelle 13a in LANGE und ULM (1983), S. 42, zeigtdie nachstehende Tabelle.

P1/% ORkrit Skrit Ckrit

/ghm-3 /mg·m-3

Nichtraucher

cbR 23,9 2,92 – 16,9

Raucher

cbR 44,4 9,93 – 36,2

Tab. 4.: F�r Nicht-Raucher bzw. Zigaretten-Raucher gesch�tzte Grundpr�valenz P1 ohne Staubbelastung

sowie kritische Odds Ratio ORkrit und die zugehçrige kritische durchschnittliche Staubkonzentra-

tion Ckrit bei einer angenommenen T�tigkeit von 35 Jahren im untert�gigen Staubbetrieb, die

mit einer Verdoppelung der Grundpr�valenz P1 verkn�pft sind. Zielgrçße ist die chronische bron-

chiale Reaktion (cbR). Vgl. auch die Ausf�hrungen zur Methodik im Anhang.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 445

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 431

Page 446: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Anhang Tafel 3

aus PIEKARSKI und MORFELD 1993, S. 52

Tabelle 6 enth�lt eine Zusammenstellung der kritischen Konzentrationen ckrit, dienach Auswertung der logistischen Modelle in Collins et al. (1988), Marine et al.(1988) sowie Lange und Ulm (1983) als Mindestdurchschnittsbelastung innerhalbeines 35j�hrigen Arbeitslebens notwendig sind, um die Grundpr�valenz bei staubun-belasteten Nicht-Rauchern bzw. Rauchern durch die Exposition zu verdoppeln (vgl.Kapitel 4).

Ckrit/mg/m�

Nicht-Raucher Raucher

Collins et al. 1988

(Streuung = 0/0, ILO 1980)

CB ohne Atemnot 5,4 7,7

Atemnot 3,3 4,1

Marine et al. (1988)

FEV1 < 80 % 4,7 5,7

CB 3,4 25,9

CB und FEV1 < 80 % 2,2 4,9

FEV1< 65 % 4,9 7,7

Lange und Ulm (1983)

cbR 16,9 36,2

Tab. 6.: Kritische Feinstaubkonzentration ckrit f�r Nicht-Raucher und Raucher im Alter von 55 Jahren bei

einer unterstellten untert�gigen Exposition von 35 Jahren mit 200 Schichten pro Jahr und 8

Stunden pro Schicht. CB = chronische Bronchitis, cbR = chronische bronchiale Reaktion. Verglei-

che auch die Ausf�hrungen zur Methodik im Anhang.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 446

432 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 447: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Anhang Tafel 4

aus PIEKARSKI und MORFELD 1993, S. 54

Ckrit/mg/m�

Alter = 40 a und Alter = 35 a und

Exposition = 20 a Exposition = 15 a

Nicht-Raucher Raucher Nicht-Raucher Raucher

Collins et al. 1998

(Streuung =

0/0, ILO 1980)

CB ohne Atemnot 9,6 14,7 12,9 20,2

Atemnot 5,5 6,4 7,3 8,3

Marine et al. 1988

FEV1 < 80 % 8,1 7,9 10,8 10,2

CB 6,0 8,3 8,0 8,2

CB und FEV1 < 80 % 3,9 4,2 5,3 4,8

FEV1 < 65 % 8,4 4,9 11,2 5,5

Tab. 7.: Kritische Feinstaubkonzentration Ckrit f�r Nicht-Raucher und Raucher im Alter von 40 (bzw. 35)

Jahren bei einer unterstellten untert�gigen Staubexposition von 30 (bzw. 15) Jahren mit 200

Schichten pro Jahr und 8 Stunden pro Schicht.

CB = Chronische Bronchitis. Vergleiche auch die Ausf�hrungen zur Methodik im Anhang.

Tabelle 6 und 7 zeigen tendenziell zunehmende kritische Feinstaubkonzentrationenbei abnehmender Expositionsdauer trotz des geringeren Alters.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 447

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 433

Page 448: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

LiteraturAttfield M. D., T. K. Hodous:

Pulmonary Function of U. S. Coal Miners Related to Dust Exposure Estimates.Amer. Rev. Resp. Dis. 1992: 145, 605–609

Attfield M. D., T. K. Hodous:Coal Mining, Emphysema, and Compensation revisited.Occup. Environ. Med. (former Brit. J. Industr. Med.) 1994: 51, 647

Atuhaire L. K., M. J. Campbell, A. L. Cochrane, M. Jones, F. Moore:Mortality of men in the Rhondda Fach 1950–80.Brit. J. Industr. Med. 1985: 42, 741–745

Bates D. V., Q. T. Pham, N. Cha u, C. Pivotea u, J. Dechoux, P. Sadoul:A Longitudinal Study of Pulmonary Function in coal Miners in Lorraine, France.Amer. J. Industr. Med. 1985:8, 21–32

Bauer H. D.:Staubjahre. Mçglichkeiten ihrer Ermittlung unter Einbeziehung unterschiedlicher Meßsysteme undVerfahren der Arbeitseinsatzlenkung – Bearbeitungshinweise –.Bochum, September 1994

Baur X., C. Hillenbach, P. Degens:Literaturstudie „Chronische Bronchitis und Emphysem – eine Berufskrankheit der Bergleute?“9.11.1994

Cockcroft A., R. M. E. Seal, J. C. Wagner, J. P. Lyons, R. Ryder, N. Anderson:Post-Mortem Study of Emphysema in Coalworkers and Non-Coalworkers.The Lancet 1982a: 600–603

Collins H. P. R., J. A. Dick, J. G. Bennett, P. O. Pern, M. A. Richards, D. J. Thomas, J. S. Washington, M.Jacobsen:Irregularly shaped small shadows on chest radiographs, dust exposure, and lung function in coal-workers pneumoconiosis.Brit. J. Indust. Med. 1988: 45, 43–55

Gesamtverband des deutschen Steinkohlebergbaus:Stellungnahme an das Bundesministerium f�r Arbeit und Sozialordnung vom 10.2.1994

Harrington J. M. et al.:Industrial Injuries Advisory Council. Social Security Administration Act 1992London: HMSO Publications, 1992

Jacobsen M.:Doubling Risks. Notes on some implications of results from the British Pneumoconiosis Field Re-search on relationship between exposure to respirable coal mine dust and various indices of ob-structive lung disease.Gutachten f�r die Bergbau-BG vom 31.3.1993

Jacobsen M.:Relative Risks. Supplementary notes from Dr. M. Jacobsen on dust exposure smoking and bronchitisin coalminers. 15.7.1994

Lamb D.:A survey of Emphysema in Coal-workers and the General Population (Abstract).Proc. Roy. Soc. Med. 1976: 69,14

Lange H. J. und K. Ulm unter Mitwirkung von W. Coenen, H. Drasche, M. Reisner, K. Rçdelsperger undH.-J. Woitowitz:Mathematische Modelle zur Frage eines allgemeinen Staubgrenzwertes.Verlag Chemie, Weinheim, 1983

Lange H. J. und L. Pache:Bericht �ber Auswertungen von Daten der knappschaftlichen Rentenversicherung (KnRV), der Ar-beiterrenten- (ArV) und der Angestelltenversicherung (AnV) zur Frage von chronischer Bronchitis(CB) und/oder Emphysem (E) als arbeitsbedingte Erkrankungen der Bergleute.ASP Sonderheft 1991

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 448

434 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 449: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Lange H. J.:Stellungnahme zur Frage: Sind chronische Bronchitis (CB) und/oder Emphysem (E) Berufskrankhei-ten der Bergleute?Gutachten f�r die Bundesknappschaft vom 15.3.1991 mit Anhang

Lange H. J.:Chronische Bronchitis und Lungenemphysem als Rentenursachen bei Untertaget�tigen.Atemw. Lungenkrkh. 1992: 18, 519–527

Leigh J.:15 Year Longitudinal Studies of FEV1 Loss and Mucus Hypersecretion Development in Coal Workersin New South Wales, Australia. VII. International Pneumoconiosis Conference 1988 PittsburghPittsburgh 1990: 112–121

Leigh J., K. G. Outhred, H. I. McKenzie, A. N. Wiles:Multiple regression analysis of quantified aetiological, clinical and post-mortem pathological va-riables related to respiratory disease in coal workers.Ann. Occup. Hyg. 1982: 26, 383–400

Love R. G., B. G. Miller:Longitudinal study of lung function in coal-miners.Thorax 1982: 37, 193–197

Marine W. M., D. Gurr, M. Jacobsen:Clinically Important Respiratory Effects of Dust Exposure and Smoking in British Coal Miners.Amer. Rev. Resp. Dis. 1988: 137,106–112

Miller B. G., M. Jacobsen:Dust exposure, pneumoconiosis, and mortality of coalminers.Brit. J. Industr. Med. 1985: 42. 723–733

Minette A.:Is chronic bronchitis also an industrial disease?Europ. J. Resp. Dis. 1986 (Suppl. 146): 87–98

Morfeld P., H.-J. Vautrin, F. Rohleder, A. Kçsters, K. Lampert, M. Frese, B. Kampmann, C. Piekarski:Epidemiologische Untersuchungen zur Feinstaubexposition und zur Inzidenz der Bergarbeiterpneu-mokoniose (Streuungskategorie 1/1, ILO 1980) in untert�gigen Betrieben des Ruhr und Saar-Koh-lenbergbaus zwischen 1974 und 1990.Zbl. Arbeitsmed. 1992: 42, 92–111

Morgan W. K. C.:Coalmining, emphysema, and compensation revisited – Leserzuschrift.Brit. J. Industr. Med. 1990: 47,1051–1052

Nemery B., C. Veriter, L. Brasseur, A. Frans:Impairment of ventilatory function and pulmonary gas exchange in non-smoking coalminers.The Lancet 1987: 1427–1430

Oxman A. D., D. C. F. Muir, H. S. Shannon, S. R. Stock, E. Hnizdo, H. J. Lange:Occupational dust exposure and chronic obstructive pulmonary disease. A systematic overview ofthe evidence.Amer. Rev. Resp. Dis. 1993: 148, 38–48

Piekarski C., P. Morfeld:Zur Frage der Anerkennung von chronischer Bronchitis und/oder Emphysem als Listen-Berufskrank-heit der deutschen Steinkohlenbergarbeiter. 1993

Reischig H. L. et al.:Das Sonderprogramm „Lungenfunktion“.In: Robock K. et al.:Epidemiologische Untersuchungen zu den Auswirkungen der Feinstaubbelas-tungen am Arbeitsplatz auf Lunge und Atemwege bei Saarbergleuten (3. Phase). S. 91–96. Wissen-schaftlicher Abschlußbericht.Kommission der Europ�ischen Gemeinschaften 1989

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 449

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 435

Page 450: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Rogan J. M., M. D. Attfield, M. Jacobsen, S. Rae, D. D. Walker, W. Walton:Role of dust in the working environment in development of chronic bronchitis in British coal mi-ners.Brit. J. Industr. Med. 1973: 30, 217–226

Ruckley V. A., J. M. Fernie, S. J. Campbell, H. A. Cowie:Causes of disability in coalminers: a clinico-pathological study of emphysema, airways obstructionand massive fibrosis. Report No TM/89/05.Institute of Occupational Medicine, Edinburgh 1989

Seaton A.:Coal mining, emphysema and compensation. (editorial)Br. J. Industr. Med. 1990: 47, 433–435

Seaton A.:Leserbriefantwort auf Zuschrift von W. K. C. Morgan.Brit. J. Industr. Med. 1993: 50, 1052–1053

Seixas N. S., T. G. Robins, M. D. Attfield, L. H. Moulton:Exposure-Response Relationship for Coal Mine Dust and Obstructive Lung Disease FollowingEnactment of the Federal Coal Mine Health and Safety Act of 1969.Amer. J. Industr. med. 1992: 21, 715–734

Soutar C., S. Campbell, D. Gurr, M. Lloyd, R. Love, H. Cowie, A. Cowie, A. Seaton:Import and deficits of lung function in three modern colliery populations. Relation with dust expo-sure.Amer. Rev. Resp. Dis. 1993: 147, 797–893

Valentin H. et al.:Forschungsbericht chronische Bronchitis und Staubbelastung am Arbeitsplatz.Arbeitsmedizinische Querschnittsuntersuchungen zur Bedeutung chronisch-inhalativer Belastun-gen f�r das bronchopulmonale System. Deutsche Forschungsgemeinschaft.Harald Boldt Verlag, Boppard 1975

Valentin H. et al.:Forschungsbericht chronische Bronchitis und Staubbelastung am Arbeitsplatz.Teil 2. Arbeitsmedizinische L�ngsschnittsuntersuchungen zu den Auswirkungen inhalativer Noxenam Arbeitsplatz. Deutsche Forschungsgemeinschaft.Harald Boldt Verlag, Boppard 1981

Hinweis: Kapitel G Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten41 11 Chronische obstruktive Bronchitis oder Emphysem von

Bergleuten

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 450

436 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 451: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Wissenschaftliche Begr�ndung

zu der Berufskrankheit Nr. 41 12 Anlage BKV

Bundesarbeitsblatt 9/2001, 37–59

Lungenkrebs durch die Einwirkung von kristallinem Siliziumdioxid (SiO2) bei

nachgewiesener Quarzstaublungenerkrankung (Silikose oder Siliko-Tuberkulose)

Klinische Zuordnung:Pneumologie

1. Aktueller Erkenntnisstand

1.1. Physikalisch-chemische Charakteristik der urs�chlich sch�digenden

Einwirkung

Die kristallinen Modifikationen des Siliziumdioxids (SiO2) sind vorrangig unter denBezeichnungen Quarz, Cristobalit und Tridymit bekannt, wenngleich dar�ber hinauseine Vielzahl weiterer Modifikationen existiert (Abbildung 1, Weiss et al. 1982).

Bergkristall

Rauchquarz Citrin Amethyst Rosenquarz Gangquarz

Saphirquarz Merion Katzenauge Tigerauge Eisenkiesel Milchquarz Falkenauge Gangquarz

FaserquarzZepterquarz KappenquarzTrümmerquarzPorphyrquarzFensterquarz

Minerale Gestein

kryptokristalliner Quarz Chalzedon

Minerale

Tief- und Hoch-Cristobalit

Tief- und Hoch-Tridymit

Coesit

Stishovit

Keatit

Melanophlogit

Faserige Kieselsäure

Quarzit Kiesel- Schiefer Lydit

Sand- stein

Quarzsand Quarzkies

Hoch-QuarzTief-Quarz kristalliner Quarz

farbig und mit Einschlüssen

wasserklar transparent nicht transparent

durch besondereFormen gekennzeichnet

Sio2

573°C

kompakt lose

Synthetisches amorphes Sio2

Sinter-, Tuff- underdige Bildungen

Kieselsinter (Geyserit)Perlsinter Kieseltuff Diatomeenerde Kieselgur, Triple Polierschiefer Moler Erde

Hornstein Feuerstein (Flintstein) Silexstein

vorwiegend grau trüb

farbig geschichtet faserig

Carneol Chrysopras Plasma Heliotrop Jaspis Sarder

Achat Onyx Sardonyx Moosachat

Quarzin

natürliches amorphes SiO2 Opal

wasserfrei wasserhaltig

Edelopal, Feueropal, Hydrophan (Milchopal),Hyalit, Glasopal, Prasopal, Jasopal, Holzopal

wasserfrei

Kieselglas(Quarzglas, Quarzgut)

wasserhaltig

Kieselsol, Kieselgel, gefällteund pyrogene Kieselsäure

Kieselglas (Lechatelierit, Fulgurit)

Abb. 1: Ausbildungsformen und Modifikationen des SiO2 (nach Weiss et al. 1982)

Es handelt sich meist um glasklare, evtl. auch unterschiedlich gef�rbte oder einge-tr�bte Kristalle mit großer H�rte und piezoelektrischen Eigenschaften. Sie sind gegen-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 451

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 437

Page 452: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

�ber S�uren, mit Ausnahme von Fluorwasserstoff, best�ndig, kçnnen aber von alka-lischen Lçsungen angegriffen werden.

1.2. Vorkommen und Gefahrenquellen

Quarz ist das zweith�ufigste Mineral in der Erdkruste. Es kommt in vielen Gesteinenzu nicht unerheblichen Anteilen und demzufolge auch in den daraus durch Verwitte-rung entstandenen Bçden vor.

Arbeitsbedingte Gefahrenquellen bestehen durch Staubentwicklung bei der Ge-winnung, Bearbeitung oder Verarbeitung insbesondere von Sandstein, Quarzit, Grau-wacke, Kieselerde (Kieselkreide), Kieselschiefer, Quarzitschiefer, Granit, Gneis, Por-phyr, Bimsstein, Kieselgur und keramischen Massen*.

Im Detail sind insbesondere die Natursteinindustrie (Gewinnung, Verarbeitungund Anwendung von Festgesteinen, Schotter, Splitten, Kiesen, Sanden), das Gießerei-wesen (Gießform- und Kernformsande), die Glasindustrie (Glasschmelzsande), dieEmail- und keramische Industrie (Glasuren und Fritten, Feinkeramik), die Herstellungfeuerfester Steine und die Schmucksteinverarbeitung zu nennen. Weiterhin wirdQuarzsand bzw. Quarzmehl als F�llstoff (Gießharze, Gummi, Farben, Dekorputz,Waschpasten), als Filtermaterial (Wasseraufbereitung) und als Rohstoff – z. B. f�r dieHerstellung von Schwingquarzen, Siliziumcarbid, Silikagel, Silikonen bei der Kristall-z�chtung – eingesetzt. Die Verwendung als Schleif- und Abrasivmittel (Polier- undScheuerpasten) oder gar als Strahlmittel ist eher aus historischer Sicht zu erw�hnen.

Cristobalit und Tridymit kommen ebenfalls in einigen Gesteinen vor. Sie sindnachzuweisen, wenn Diatomeenerden, Sande oder Tone einer hohen Temperatur aus-gesetzt wurden, so z. B. in feuerfesten Steinen und gebrannter Kieselgur.

Synthetische Cristobalitsande und -mehle werden als F�llstoffe in Farben und La-cken, in keramischen Fließmassen, in Scheuermitteln sowie als Bestandteil von Ein-bettmassen f�r den Pr�zisionsguss verwendet.

Als potentiell besonders durch lungeng�ngige Quarzst�ube exponierte Berufs-gruppen sind Erz- (einschließlich Uranerz-) bergleute, Tunnelbauer, Gussputzer, Sand-strahler, Ofenmaurer, Former in der Metallindustrie zu nennen, weiterhin Personen,die bei der Steingewinnung, -bearbeitung und -verarbeitung oder in grob- und feinke-ramischen Betrieben sowie in Dentallabors besch�ftigt sind.

1.3. Kenntnisse zur Wirkung am Menschen

1.3.1. Pathomechanismen

Bez�glich der Wirkung von einatembarem kristallinen Siliziumdioxid sind zwei pa-thogenetische Mechanismen zu unterscheiden:

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 452

* Zu Gefahrenquellen durch Quarzstaubexposition im Steinkohlenbergbau s. Abschnitt1.3.4

438 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 453: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

a. die nach Alveolardeposition von Fibroblasten ausgehende fibrogene Wirkung, de-ren Kenntnis im Jahre 1929 zur Aufnahme der Silikose in die Liste der Berufs-krankheiten f�hrte und

b. eine prim�r die Epithelzellen der mittleren und tiefen Atemwege betreffende kan-zerogene Wirkung.

Die allgemeinen Wirkungen von kristallinen SiO2-Partikeln beruhen auf einer direk-ten Wechselwirkung der Kristalloberfl�che mit Zellmembranen oder Zellfl�ssigkei-ten. Bis heute sind erhebliche Fortschritte in der Aufkl�rung der genauen Mechanis-men f�r die beiden „Wirklinien“ zu verzeichnen. Allerdings besteht noch keineKlarheit dar�ber, ob die quarzstaubbedingte Lungenfibrose (Silikose) eine Vorbedin-gung f�r die Entstehung von Lungenkrebs ist. Gut und seit langem bekannt sind dage-gen die Zytotoxizit�t in Form einer makrophagenzerstçrenden Wirkung und der„Lymphotropismus“ von Quarzstaub (Woitowitz in: Valentin et al. 1985).

Quarzstaubpartikel, die im Alveolarraum deponiert werden, kçnnen von Alveo-larmakrophagen phagozytiert werden. In Kçrperfl�ssigkeiten ist Quarzstaub kaumlçslich. Die mit Partikeln beladenen Makrophagen werden durch die physiologischenReinigungsmechanismen z. T. mukoziliar entfernt, z. T. aber in das Lungenintersti-tium weitertransportiert und u. a. in den Lymphknoten deponiert (Rom et al. 1991,Becklake 1994). Diese Clearence kann durch Zigarettenrauchen, ebenso durch dieunmittelbar zytotoxische Wirkung von SiO2 behindert werden. Phagozytierte Quarz-partikel aktivieren die Alveolarmakrophagen. Es kommt zu deren Proliferation undzur erhçhten Bildung von Sauerstoffradikalen und reaktiven Stickstoffoxidspezies.Zus�tzlich werden z. T. zelltoxische Zytokine, bioaktive Lipide, Wachstumsfaktorenund Proteasen frei. Sie kçnnen eine chronische entz�ndliche Reaktion bewirken, inderen Rahmen eine direkte Parenchymsch�digung ausgelçst, die Kollagensynthese sti-muliert (Begin 1987, Ghio et al. 1990, Rom et al. 1987, Lapp et al. 1993, Becklake1994, Vanhee et al. 1995) werden oder- vorrangig durch den „oxidativen Stress“ –Mutationen in Epithelzellen, z. B. durch Inaktivierung von Tumor-Suppressorgenenoder Aktivierung von Protoonkogenen, erfolgen kçnnen. In vitro kann Quarz in zell-freien Systemen DNA-Sch�den, in S�ugerzellen auch Mikronuklei und Zelltransfor-mationen induzieren. Ob diese experimentell nachgewiesenen DNA-Sch�den auch invivo vorkommen, ist fraglich.

In Tierversuchen konnte die Entwicklung von Tumoren nach Applikation vonQuarzstaub induziert werden, f�r deren Entstehung in Abbildung 2 der heutige Wis-sensstand �ber den Pathomechanismus dargestellt ist (Donaldson und Borm 1998;Driscoll et at. 1998; IARC 1997; Shi et al. 1998; Vallyathan et al. 1998).

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 453

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 439

Page 454: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Oxidativer Stress

DNA- Schädigung

Zellfunktion CA24, p53

AP-1Aktivierung

NFKB Aktivierung

Persistierende Inflammation

Krebs

Onkogene Cytokine, Wachstumsfaktoren

Cytokine, Chemokine

Mutation

Exzeß - Proliferation

Epithelzell

Quarzstaub (alveolengängiger Anteil)

Makrophag

Azelluläre (direkte) ROS +

zelluläre ROS

Abb. 2: Mechanismus der quarzstaubbedingten Tumorgenese (Donaldson und Borm, 1998, Driscoll et

al. 1998; IARC 1997; Shi et al. 1998; Vallyathan et al. 1998 und Woitowitz 1999)

Als Indiz f�r eine Genotoxizit�t beim Menschen werden trotz einger�umter Schw�-chen die Ergebnisse zytogenetischer Untersuchungen an peripheren Lymphozytenzitiert (Sobti und Bhardwaj 1991). Bei 50 gegen�ber Sandsteinstaub exponierten indi-schen Arbeitern war die H�ufigkeit von Chromosomenaberrationen und Schwester-chromatidaustausch auch nach Ausschluss des Einflusses der Rauch- und Trinkge-wohnheiten signifikant hçher als bei 25 Kontrollpersonen.

Die vorliegenden Erkenntnisse �ber den allgemeinen Wirkungscharakter und dieKinetik des Quarzstaubes im Organismus sowie die nachstehend referierten Ergeb-nisse epidemiologischer Studien veranlassten die IARC (International Agency for Re-search on Cancer), im Jahre 1997 Quarz als „krebserregend f�r den Menschen“ ein-zustufen.

Die Senatskommission zur Pr�fung gesundheitssch�dlicher Arbeitsstoffe derDeutschen Forschungsgemeinschaft nahm 1999 eine Neubewertung von Quarz vor.Dabei wurde die krebserzeugende Wirkung von Siliziumdioxid (kristallin) – Quarz-,Cristobalit-, Tridymitstaub (alveoleng�ngiger Anteil – identisch mit der �lteren Defi-nition „Feinstaub“-Formel SiO2) nach „Kategorie 1“ eingestuft. Diese Kategorie be-zeichnet „Stoffe, die beim Menschen krebserzeugend wirken und bei denen davonauszugehen ist, dass sie einen nennenswerten Beitrag zum Krebsrisiko leisten“. In derMAK- und BAT-Werte-Liste 1999 wird demzufolge die Einstufung von kristallinemSiliziumdioxid (Quarz, Cristobalit, Tridymit) in Kategorie 1 der krebserzeugenden

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 454

440 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 455: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Arbeitsstoffe ausgewiesen. Die ausf�hrliche wissenschaftliche Begr�ndung daf�r fin-det sich bei Greim (Hrsg., 1999).

1.3.2. Krankheitsbilder und Diagnosen

Bez�glich der aus der fibrogenen Wirkung von Quarzstaub resultierenden Er-krankungen (Silikose und Siliko-Tuberkulose) kann auf die zu den BerufskrankheitenNr. 4101 und 4102 existierende und in den jeweiligen Merkbl�ttern zitierte Literaturverwiesen werden (Bek. des BMA vom 3. Februar 1998 – IVa 4-45206-4101/4102;BArbBl 4/1998, S. 61 ff).

F�r die neu zu begr�ndende Berufskrankheit ist die hçhere H�ufigkeit von Lun-genkrebs (Synonym: Bronchialkarzinom) bei gegen�ber kristallinem SiliziumdioxidExponierten im Vergleich zur „�brigen Bevçlkerung“ relevant.

In einer Reihe von Industrie- und Wirtschaftszweigen wurde epidemiologisch eine�berh�ufigkeit von Lungenkrebs beobachtet. Dies gilt vorrangig f�r den Erzbergbau,die Gewinnung und Bearbeitung von Naturstein, die keramische Industrie, Silikat-und Tonsteinindustrie, die Aufbereitung und den Umschlag von Diatomeenproduktenund die Gießereiindustrie.

Die dabei makroskopisch und rçntgenologisch fassbaren Tumorlokalisationen,ebenso die histomorphologischen Eigenschaften lassen keine spezifischen Merkmalein Abh�ngigkeit von der Staubexposition erkennen. Als f�hrende histologischeWachstumsmuster werden sowohl plattenepithelial und dr�sig als auch kleinzelligdifferenzierte Tumoren diagnostiziert (M�ller 1999).

Die anzuwendende Diagnostik und Therapie unterscheidet sich nicht vom Vor-gehen bei Lungenkrebs anderer oder unbekannter Genese.

1.3.3. Erkenntnisse aus epidemiologischen Studien

Ausf�hrliche Darstellungen und Bewertungen epidemiologischer Studien sind in derMonographie der IARC (1997), durch die Senatskommission zur Pr�fung gesund-heitssch�dlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Greim –Hrsg., 1999) und von Heuchert (1999) vorgenommen worden.

F�r die systematische arbeitsmedizinisch-epidemiologische �bersicht wurden– 48 Kohortenstudien, einschließlich eingebetteter Fall-Kontroll-Studien, zur Ana-

lyse der Beziehung zwischen silikoseinduzierender Staubexposition und Lungen-krebs,

– 9 Fall-Kontroll-Studien zur Beziehung zwischen silikoseinduzierender Staubexpo-sition und Lungenkrebs,

– 23 Kohortenstudien zur Analyse der Beziehungen zwischen quarzstaubinduziertenPneumokoniosen und Lungenkrebs und

– 2 Metaanalysen von Studien zu Beziehungen zwischen Pneumokoniose und Lun-genkrebs ber�cksichtigt.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 455

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 441

Page 456: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Eine �bersicht dazu vermitteln die Tabellen 1 bis 4:

Tab. 1.: Kohortenstudien (mit eingebetteten Fall-Kontroll-Studien) zur Beziehung zwischen silikosein-

duzierender Staubexposition und Lungenkrebs

Herkunft Autoren Jahr

Goldminenarbeiter in South Dakota/USA McDONALD et al.

STEENLAND & BROWN

(1978)

(1995)

Goldminenarbeiter/S�dafrika HNIZDO &

SLUIS-CREMER

HNIZDO et al.

REID & SLUIS-CREMER

(1991)

(1997)

(1996)

Goldminenarbeiter in Ontario/Canada KUSIAK et. al. (1991)

Goldminenarbeiter in Westaustralien DE KLERK & MUSK (1998)

Bergleute aus den Haematiterzgruben von Longyan

und Taochong/China

CHEN et al. (1990)

Bergleute aus Zinnerzgruben der Region

Cornwall/Großbritannien

HODGSON & JONES (1990)

Bergleute aus Kupfer. oder

Zinkerzminen/Ostfinnland

AHLMAN et al. (1991)

Bergleute aus verschiedenen Erzbergwerken ohne

Exposition im Uranbergbau und ohne Exposition

gegen�ber Dieselrusspartikel/USA

AMANDUS &

COSTELLO

(1991)

Erzbergleute und

Keramikarbeiter/S�d-Zentralchina

CHEN et al.

McLAUGHLIN et al.

(1992)

(1992)

�bertagebergleute aus Taconit

(Eisenjaspiliterz)minen/Minnesota, USA

COOPER et al. (1992)

Bergleute aus Blei- und Zinkruinen auf

Sardinien/Italien

COCCO et al.

CARTA et al.

COCCO et al.

(1994a)

(1994)

(1994b)

Granitsteinarbeiter in Vermont/USA COSTELLO & GRAHAM (1988)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 456

442 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 457: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Fortsetzung

Herkunft Autoren Jahr

Steingewinner und –bearbeiter/D�nemark GU�NEL et al. (1989)

Steinmetze/Japan EBIHARA & KAWAMI (1998)

Schiefergrubenarbeiter/Deutschland MEHNERTet al. (1990)

Steinbrucharbeiter/USA COSTELLO et al. (1995)

Besch�ftigte in der Stein-, Steinbruch- und

Keramikindustrie/Deutschland

ULM & WASCHULZIK

ULM et al.

(1998)

(1999)

Besch�ftigte in der Keramikindustrie/USA THOMAS (1982)

Sanit�rkeramikarbeiter/USA THOMAS & STEWART

THOMAS

(1987)

(1990)

Besch�ftigte in der Keramikindustrie/Niederlande MEIJERS et al. (1996)

Keramikhersteller (Pottery

Workers)/S�d-Zentralchina

CHEN et al.

McLAUGHLIN et al.

(1992)

(1992)

Keramikhersteller (Pottery

Workers)/Großbritannien

WINTER et al.

McDONALD et al.

CHERRYet al.

BURGESS et al.

CHERRYet aI.

McDONALD et al.

CHERRYet al.

(1990)

(1995)

(1995)

(1997)

(1997)

(1997)

(1998)

Besch�ftigte in der Herstellung feuerfester

Silikasteine/Italien

MERLO et al.

PUNTONI et al.

(1991)

(1988)

Besch�ftigte in der Herstellung feuerfester Silika-

und Tonsteine China

DONG et al. (1995)

Diatomeenerdegewinner und -aufbereiter

(Kieselgur) in S�dkalifornien/USA

CHECKOWAYet al.

CHECKOWAYet al.

CHECKOWAYet al.

CHECKOWAYet al.

(1993)

(1996)

(1997)

(1999)

Diatomeenarbeiter (Gewinnung, Aufbereitung.

Transport)/Nordisland

RAFNSSON &

GUNNARS-DOTTIR

(1997)

Gießereiarbeiter/D�nemark SHERSON et al. (1991)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 457

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 443

Page 458: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Fortsetzung

Herkunft Autoren Jahr

Gießereiarbeiter in Michigan/USA ANDJELKOVICH et al.

ANDJELKOVICH et al.

ANDJELKOVICH et al.

(1990)

(1992)

(1994)

Tab. 2: Fall-Kontroll-Studien zur Beziehung zwischen silikoseinduzierender Staubexposition und Lun-

genkrebs

Herkunft Autoren Jahr

Norditalien, Region Belluno (klinikbasiert) MASTRANGELO et al. (1988)

S�dafrika (autopsieregister- und industriebasiert,

Goldminenarbeiter)

HESSEL et al. (1990)

Provinz Guangxi/China (industriebasiert,

Zinnbergleute)

FU et al. (1994)

New Mexico/USA (industriebasiert, Uranbergleute) SAMETet al. (1994)

Westaustralien (industriebasiert,

Goldminenarbeiter)

de KLERK et al. (1995)

Zentralitalien (populationsbasiert in einer Region

mit traditioneller Bodenst�ndigkeit von

keramischen Betrieben)

FORASTIERE et al.

LAGORIE et al.

(1986)

(1990)

Niederlande (klinik- bzw. autopsieregisterbasiert

mit regionalem Bezug zur feinkeramischen

Industrie)

MEIJERS et al. (1990)

China (industriebasierte eingebettete

Fall-Kontroll-Studie, Eisen- und Stahlindustrie)

XU et al. (1996)

Deutschland (bevçlkerungsbasiert) BOLM-AUDORFF et al. (1998)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 458

444 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 459: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Tab. 3: Kohortenstudien zur Analyse der Beziehungen zwischen quarzstaubinduzierten Pneumokonio-

sen und Lungenkrebs

Herkunft Autoren Jahr

Schwedisches Silikoseregister WESTERHOLM (1980)

Als Berufskrankheit entsch�digte Silikosen in der

Region Piemont/Italien

RUBINO et al. (1985)

Als Berufskrankheit best�tigte entsch�digte

Silikosen/Schweiz

SCH�LER & R�TTNER (1986)

An Silikose Erkrankte aus dem Nationalen

Pneumokonioseregister/Schweden

WESTERHOLM et al. (1986)

Als Berufskrankheit entsch�digte Silikosen in

Ontario/Canada

FINKELSTEIN et al. (1987)

Als Berufskrankheit entsch�digte Silikosen in

Veneto/Italien

ZAMBON et al. (1987)

Als Berufskrankheit entsch�digte

Silikosen/Siliko-Tuberkulosen/�sterreich

NEUBERGER et al. (1986,

1988)

Als Berufskrankheit entsch�digte Silikosen in der

Region Latium/Italien

FORASTIERE et al. (1989)

Als Berufskrankheit entsch�digte Silikosen in

Quebec/Canada

INFANTE-RIVARD et al. (1989)

Station�r behandelte Silikosepatienten/Japan CHIYOTANI et al. (1990)

Silikosen der Keramikarbeiter im Schwedischen

Pneumokonioseregister

TORNLING et al. (1990)

Im Rahmen der �berwachung von

staubexponierten Arbeiten diagnostizierte

Silikosen/North Carolina

AMANDUS et al.

AMANDUS et al.

AMANDUS et al.

(1991)

(1985)

(1992)

Entsch�digte Silikosen aus der Datei des Instituts

f�r Arbeitsmedizin Cagliari/Italien

CARTA et al. (1991)

Silikosen aus Granitsteinbr�chen des Nationalen

Silikoseregisters/Singapur

CHIA et al. (1991)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 459

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 445

Page 460: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Fortsetzung

Herkunft Autoren Jahr

Entsch�digte und nicht entsch�digte Silikosen des

Nationalen Berufskrankheitenregisters/Finnland

PARTANEN et al. (1994)

Im Rahmen der �berwachung von

staubexponierten Bergleuten diagnostizierte

Silikosen/Ontario Canada

FINKELSTEIN

FINKELSTEIN

(1995)

(1998)

Antragsteller auf Entsch�digung einer Silikose/USA GOLDSMITH et al. (1995)

In einer Berufskrankheitenklinik diagnostizierte

Silikosen/Italien

MERLO et al. (1995)

Silikosen aus 47 Bergbau- und Industriebetrieben

der Metallurgie/China

WANG et al. (1996)

Als Berufskrankheit entsch�digte

Pneumokoniosen/Japan

EBIHARA & KAWAMI (1998)

Tab. 4: Metaanalysen

Herkunft Autoren Jahr

Metaanalyse von Studien zum Lungenkrebs unter

an Silikose Erkrankten

SMITH et al. (1995)

Metaanalyse zu den Beziehungen zwischen

Pneumokoniose und Lungenkrebs

TSUDA et al. (1997)

Zur besseren Differenzierung und in Anbetracht unterschiedlicher Expositionsver-h�ltnisse wird die Bewertung der Kohortenstudien zu Beziehungen zwischen silikos-einduzierender Staubexposition und Lungenkrebs f�r unterschiedliche Wirtschafts-bereiche gesondert vorgenommen.• Die Studien aus dem Erzbergbau (Tabelle 5) lassen folgende Schlussfolgerungen

zu:(1) F�r quarzstaubexponierte Personen kann keine Verdopplung des Lungenkrebs-risikos nachgewiesen werden, wenn sich die Effektmaße auf den Vergleich mitnicht an Silikose Erkrankten oder mit einer nach dem Silikosestatus undifferen-zierten Gesamt- oder Subkohorte beziehen. Sofern sich das Lungenkrebsrisikovon Besch�ftigten mit einer hohen Quarzstaubexposition verdoppelt und das Ri-siko f�r an Silikose Erkrankte nicht kontrolliert werden kann, muss in Anbetracht

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 460

446 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 461: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

des in vielen Studien gefundenen hohen silikoseassoziierten Lungenkrebsrisikosangenommen werden, dass auch in der betrachteten Kohorte nicht diagnostizierteSilikosen vorliegen. Demzufolge ist es nach dieser Datenlage nicht mçglich, wis-senschaftlich begr�ndete Kriterien anzugeben, aus denen unabh�ngig vom Vorlie-gen einer Silikose eine Verdopplung des Lungenkrebsrisikos abgeleitet werdenkann.(2) Es ist mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit ableitbar, dass im Verlauf dermedizinischen �berwachung radiologisch diagnostizierte Silikosen/Siliko-Tuber-kulosen mit einem mehr als verdoppelten Lungenkrebsrisiko korrelieren. Im Ver-gleich mit silikoseregister-basierten Kohorten- oder mit Fall-Kontroll-Studien sinddie belegschaftsbasierten Kohortenstudien �berwiegend nicht durch „SelektionBias“ belastet. Das Lungenkrebsrisiko der an Silikose Erkrankten wird meistensdurch drei Faktoren mehr oder weniger stark untersch�tzt. Der erste Faktor be-trifft den Vergleich der an Silikose Erkrankten mit nicht an Silikose Erkrankten,deren radiologischer Status sich auf den zur�ckliegenden Zeitraum der periodi-schen �berwachungsuntersuchungen bezieht und sich in der Periode zwischendem Ende der Quarzexposition und dem Auftreten von Lungenkrebs �ndernkann, aber unkontrolliert bleibt. Der zweite betrifft den Healthy-Worker-Effekt,der – wie mehrere Studien zeigen – insbesondere bei Untertagebergleuten auchhinsichtlich des Lungenkrebsrisikos wirksam werden kann und in SMR-Studienohne zus�tzlichen internen Vergleich potentiell zu einer Untersch�tzung kanzero-gener Effekte f�hrt. Der dritte betrifft Kohorten mit einem sehr hohen Silikoseri-siko mit der Folge, dass unter den Todesursachen nichtmaligne quarzstaubindu-zierte Krankheiten mit dem Lungenkrebs konkurrieren (bias from competingrisk).(3) Die Verdopplung des Lungenkrebsrisikos unter den an Silikose Erkrankten trittunabh�ngig vom Rauchen auf, sie betrifft sowohl Raucher als auch Nichtraucher.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 461

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 447

Page 462: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 462

Tab.

5:Zu

sam

men

fass

ung

derE

rgeb

niss

evo

nKo

hort

enst

udie

nzu

rBez

iehu

ngzw

isch

enQu

arzf

eins

taub

expo

siti

onun

dLu

ngen

kreb

sim

Erzb

ergb

au

Aut

oren

Jahr

Ber

eich

/Var

iabl

eB

eoba

chte

teF�

lle

bzw

.F�l

le/

Kon

trol

len

Eff

ektm

aßC

I 95

%

Mc

Don

ald

1978

Gol

dmin

enar

beit

er/U

SA6

SMR

1,76

Stee

nlan

d&

Bro

wn

1995

Gol

dmin

enar

beit

er/U

SA

‡2

[(m

g/m

3 )x

Jahr

e]*

10–2

0E

xpos

itio

nsja

hre

>30

Jahr

ena

chE

xpos

itio

nsbe

ginn

115

28 35 90

SMR

þ1,0

7

1,31

1,55

1,27

0,88

–1,2

8

0,87

–1,8

9

1,08

–2,1

6

1,02

–1,5

5

Rei

d&

Slui

s-C

rem

er19

96G

oldm

inen

arbe

iter

/S�d

afri

ka

Kum

ulat

ive

Fein

stau

bexp

osit

ion

bis

5Ja

hre

vor

dem

Tod

pro

[(m

g/m

3 )x

Jahr

e]

143

SMR

1,40

OR

þ1,1

2

1,18

–1,6

5

0,97

–1,3

0

Hni

zdo

etal

.19

97G

oldm

inen

arbe

iter

/S�d

afri

ka78

/386

<0,8

1[(

mg/

m3 )

xJa

hre]

**O

Rþ1

,0

0,81

–1,2

9[(

mg/

m3 )

xJa

hre]

1,83

(0,8

–4,1

)

1,32

–1,8

9[(

mg/

m3 )

xJa

hre]

1,85

(0,8

–4,3

)

>1,8

9[(

mg/

m3 )

xJa

hre]

3,19

(1,3

–7,6

)

Kus

iak

etal

.19

91G

oldm

inen

arbe

iter

/Kan

ada

SMR

1,29

1,15

–1,4

5

Exp

osit

ions

begi

nnna

ch19

4598

0,95

0,77

–1,1

6

448 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 463: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

deK

lerk

&M

usk

1998

Gol

dmin

enar

beit

er/W

esta

ustr

alie

nSi

likot

iker

138

SMR

1,49

OR

þ1,5

9

1,26

–1,7

6

1,10

–2,2

8

Che

net

al.

1990

Hae

mat

iter

zgru

ben/

Chi

na

Unt

erta

gear

beit

er29

SMR

3,7

2,5–

5,3

Nac

hde

rSt

aube

xpos

itio

n

–ni

chte

xpon

iert

21,

20,

1–4,

2

–ni

edri

gex

poni

ert

32,

60,

5–7,

6

–m

itte

lexp

onie

rt4

2,6

0,7–

6,6

–st

ark

expo

nier

t22

4,2

2,7–

6,4

Silik

otik

er14

5,3

2,9–

8,8

Nic

ht-S

iliko

tike

r15

2,9

1,6–

4,7

Silik

o-T

uber

kulo

se7

6,6

2,6–

13,5

Hod

gson

&Jo

nes

1990

Zin

nerz

berg

leut

e/

Gro

ßbri

tann

ien

105

SMR

1,58

1,29

–1,9

1

Nac

hJa

hren

der

Unt

erta

gear

beit

08

0,83

<515

0,91

0,51

–1,5

0

5–10

141,

720,

94–2

,88

10–2

021

1,76

1,09

–2,7

0

20–3

017

3,55

2,07

–5,6

9

>30

154,

472,

50–7

,37

Fort

setz

ung

Tab

elle

5au

fn�c

hste

rSe

ite

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 463

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 449

Page 464: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 464

Fort

setz

ung

Tabe

lle5

Aut

oren

Jahr

Ber

eich

/Var

iabl

eB

eoba

chte

teF�

lle

bzw

.F�l

le/

Kon

trol

len

Eff

ektm

aßC

I 95

%f

Ahl

man

net

al.

1991

Kup

fer-

und

Zin

nerz

berg

leut

e/Fi

nnla

nd10

SMR

1,45

0,7–

2,7

Am

andu

s&

Cos

tello

1991

Nic

ht-U

ran-

Erz

berg

leut

e/U

SA

Nic

ht-S

iliko

tike

r11

8SM

R1,

180,

98–2

,90

Silik

otik

er14

1,73

0,94

–2,9

0

Silik

otik

ervs

.Nic

ht-S

iliko

tike

r(i

min

tern

en

Ver

glei

ch)

RR

þþ2,

591,

44–4

,68

Che

net

al.

1992

Erz

min

en-u

ndK

eram

ikar

beit

er/C

hina

330

SMR

0,79

0,71

–0,8

8

Imin

tern

enV

ergl

eich

:

–ke

ine/

nied

rige

Stau

bexp

osit

ion

RR

1,0

–m

ittl

ere

Stau

bexp

osit

ion

1,38

1,0–

1,9

–ho

heSt

aube

xpos

itio

n1,

100,

9–1,

4

–Si

likot

iker

vs.N

icht

-Sili

koti

ker

RR

1,22

0,9–

1,6

McL

augh

linet

al.

(ein

gebe

ttet

e

Fall-

Kon

trol

l-St

udie

)

1992

Eis

en-u

ndK

upfe

rmin

enar

beit

er(T

eild

erK

ohor

te

von

Che

net

al.1

992)

Qua

rzfe

inst

aub,

kum

ulat

iv

[(m

g/m

3 )x

Jahr

e]

Kei

ne(0

)11

7/11

3O

Rþ1

,0

0,1–

8,69

31/1

381,

3

8,7–

26,2

21/6

81,

3

‡26

,35/

250,

7

450 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 465: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 465

Coo

per

etal

.19

92Ta

coni

tmin

en-�

bert

agea

rbei

ter/

USA

62SM

R0,

670,

52–0

,86

Coc

coet

al.

und

Car

taet

al.

1994

(a)

Ble

i-un

dZ

inkm

inen

arbe

iter

/Ita

lien

1994

‡26

Jahr

eun

ter

Tage

Ble

imin

e5

SMR

2,04

Zin

kmin

e1

1,35

Coc

coet

al.

1994

(b)

Bel

tPic

kers

(nur

Frau

en)

52,

830,

91–6

,60

þad

just

iert

f�r

Rau

chen

,bzw

.Rau

chen

indi

rekt

kont

rolli

ert

þþad

just

iert

f�r

Rau

chen

,Aus

schl

uss

von

hohe

rR

adon

expo

siti

on

*K

onve

rsio

nau

s‡

48.0

00St

aubt

agen

mit

1m

ppcf

;Ber

echn

ungs

grun

dlag

e:

1m

ppcf

=0,0

1m

g/m

3pr

oSt

aubt

agbe

i240

Schi

chte

npr

oJa

hr

**O

rigi

nald

aten

(res

pira

ble

dust

)x30

%(Q

uarz

geha

lt)=

resp

irab

lesi

lica

•F�

rN

atur

stei

ngew

inne

run

d-b

earb

eite

r(T

abel

le6)

isti

nsge

sam

tein

eV

erdo

pplu

ngde

sL

unge

nkre

bsri

siko

soh

neV

orlie

gen

eine

rSi

likos

eni

chtb

ewei

sbar

.

Ver

dopp

elte

oder

meh

ral

sve

rdop

pelt

ere

lati

veR

isik

ensi

ndm

itho

her

Wah

rsch

einl

ichk

eit

silik

osea

ssoz

iiert

.D

iein

den

Stud

ien

gefu

nden

ener

hçht

en

rela

tive

nR

isik

enf�

rL

unge

nkre

bsko

rrel

iere

nst

ark

mit

der

Inte

nsit

�tun

dD

auer

der

Qua

rzst

aube

xpos

itio

nso

wie

dem

Vor

liege

nei

ner

Silik

ose.

Tro

tzde

r

z.T.

unvo

llst�

ndig

enK

ontr

olle

des

Rau

chen

sis

tes

desh

alb

unw

ahrs

chei

nlic

h,da

ssdi

ese

enge

Bez

iehu

ngdu

rch

ein

rauc

herb

edin

gtes

Con

foun

ding

herv

orge

rufe

nw

ird.

Die

Wah

rsch

einl

ichk

eit

eine

rka

usal

enA

ssoz

iati

onw

ird

durc

hdi

em

itde

rIn

tens

it�t

der

Qua

rzst

aube

xpos

itio

nko

nsis

tent

einh

erge

hend

eK

ombi

nati

oner

hçht

erR

isik

enf�

rL

unge

nkre

bs,S

iliko

se,S

iliko

-Tub

erku

lose

und

ande

requ

arzs

taub

asso

ziie

rte

nich

tmal

igne

Kra

nkhe

iten

des

Atm

ungs

syst

ems

gest

�tzt

.

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 451

Page 466: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Tab.

6:Zu

sam

men

fass

ung

derE

rgeb

niss

evo

nKo

hort

enst

udie

nzu

rBez

iehu

ngzw

isch

enQu

arzf

eins

taub

expo

siti

onun

dLu

ngen

kreb

sin

derN

atur

stei

ngew

innu

ngun

d

-bea

rbei

tung

Aut

oren

Jahr

Ber

eich

/Var

iabl

eE

ffek

tmaß

CI 9

5%

/

p-W

ert

Cos

tello

&G

raha

m19

88G

rani

tarb

eite

r/U

SA11

8SM

R1,

160,

96–1

,39

Shed

Wor

ker

981,

27p<

0,05

>25

Jahr

eL

aten

z,‡

10E

xpos

itio

nsja

hre

171,

731,

01–2

,77

Qua

rry

Wor

ker

200,

82

Gu�

nele

tal.

1989

Stei

ngew

inne

r/-b

earb

eite

r/D

�nem

ark

Fach

arbe

iter

44SI

R2,

001,

49–2

,69

–B

ornh

olm

81,

190,

51–2

,69

–K

open

hage

n18

3,06

*1,

81–4

,82

Sand

stei

narb

eite

r7

8,08

*3,

23–1

6,6

Gra

nita

rbei

ter

114,

04*

2,02

–7,2

3

–�b

rige

Reg

ione

n18

1,92

1,67

–3,0

3

Ung

eler

nte

Arb

eite

r(n

urB

ornh

olm

er)

241,

811,

16–2

,70

–H

erst

elle

rvo

nSt

raße

n-un

dB

aum

ater

ial

172,

461,

43–3

,94

Kos

kela

etal

.19

94G

rani

tarb

eite

r/Fi

nnla

nd36

1,40

0,98

–1,9

3

–Sc

hwar

zer

Gra

nit

1

–R

oter

Gra

nit

181,

170,

69–1

,85

–G

raue

rG

rani

t17

1,75

1,02

–2,8

1

‡10

Exp

osit

ions

jahr

e13

2,32

p<0,

01

‡10

Jahr

eL

aten

z

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 466

452 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 467: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Rot

erG

rani

tSI

R2,

031,

32–3

,00

Gra

uer

Gra

nit

2,18

1,27

–3,4

9

Cos

tello

etal

.19

95St

einb

ruch

arbe

iter

/USA

–w

eiße

Arb

eite

r51

SMR

1,29

0,96

–1,7

0

–ni

cht-

wei

ßeA

rbei

ter

401,

190,

88–1

,62

–G

rani

tarb

eite

r(‡

10E

xpos

itio

nsja

hre

und

‡20

Jahr

eL

aten

z)

73,

541,

42–7

,29

–K

alks

tein

arbe

iter

(‡20

Jahr

ena

ch

Exp

osit

ions

begi

nn)

231,

500,

95–2

,25

Ulm

&W

asch

ulzi

k19

98St

einb

ruch

arbe

iter

/Deu

tsch

land

Nac

hku

mul

ativ

erQ

uarz

fein

stau

bexp

osit

ion

<2,0

4[(

mg/

m3 )

xJa

hre]

OR

þ1,0

0

2,04

–3,8

7[(

mg/

m3 )

xJa

hre]

1,76

0,85

–3,6

5

>3,

87[(

mg/

m3 )

xJa

hre]

1,73

0,83

–3,6

0

Ebi

hara

&K

awam

i19

98St

einm

etze

/Jap

an13

SMR

2,07

p<0,

05

Nac

hPn

eum

okon

iose

kate

gori

e

01

2,44

13

3,49

0un

d1

zusa

mm

en4

3,15

p<0,

05

24

6,87

p<0,

01

Fort

setz

ung

Tab

elle

6au

fn�c

hste

rSe

ite

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 467

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 453

Page 468: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Fort

setz

ung

Tabe

lle6

Aut

oren

Jahr

Ber

eich

/Var

iabl

eE

ffek

tmaß

CI 9

5%

/

p-W

ert

32

6,25

43

1,95

Meh

nert

etal

.19

90Sc

hief

ergr

uben

arbe

iter

/Deu

tsch

land

271,

090,

72–1

,59

–N

icht

-Sili

koti

ker

180,

910,

54–1

,44

–Si

likot

iker

91,

830,

84–3

,48

–‡

20Ja

hre

besc

h�ft

igt

Nic

ht-S

iliko

tike

r11

1,32

0,66

–2,3

6

Silik

otik

er6

2,40

0,88

–5,2

2

þad

just

iert

f�r

Rau

chen

,Sili

kose

als

Ber

ufsk

rank

heit

,Asb

este

xpos

itio

n,PA

H’s

,Die

selr

ußun

dSc

hwei

ßrau

che

*ad

just

iert

f�r

regi

onal

eU

nter

schi

ede

und

Rau

chge

woh

nhei

ten

•A

usal

len

betr

acht

eten

rele

vant

enSt

udie

nde

rke

ram

isch

enIn

dust

rie

(Tab

elle

7)re

sult

iere

nH

inw

eise

auf

eine

Ass

ozia

tion

zwis

chen

Qua

rzst

aube

xpos

itio

nen

und

Lun

genk

rebs

.W

urde

nD

osis

-H�u

figk

eits

-Bez

iehu

ngen

anal

ysie

rt,

sosi

ndsi

ein

der

Ten

denz

posi

tiv,

insb

eson

dere

auch

in

rauc

hera

djus

tier

ten

Stud

ien.

Ein

eV

erdo

pplu

ngde

sL

unge

nkre

bsri

siko

sbz

w.

ein

Tre

ndda

hin

zeig

tsi

chf�

rdi

eE

rkra

nkun

gan

Silik

ose,

f�r

hohe

kum

ulat

ive

Qua

rzst

aube

xpos

itio

nen

und

hohe

mit

tler

eQ

uarz

stau

bkon

zent

rati

onen

inde

rL

uft

amA

rbei

tspl

atz

wie

bei

T�t

igke

iten

inFe

ueru

ngs-

und

Post

feue

rung

spro

zess

en.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 468

454 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 469: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Tab.

7:Zu

sam

men

fass

ung

derE

rgeb

niss

evo

nKo

hort

enst

udie

nzu

rBez

iehu

ngzw

isch

enQu

arzf

eins

taub

expo

siti

onun

dLu

ngen

kreb

sin

derk

eram

isch

enIn

dust

rie

Aut

oren

Jahr

Ber

eich

/Var

iabl

eB

eoba

chte

teF�

lle

Eff

ektm

aßC

I 95

%/

p-W

ert

Tho

mas

1982

Ker

amik

arbe

iter

/USA

178

PMR

1,21

p<0,

01

–Sa

nit�

rker

amik

er62

1,80

p<0,

01

Tho

mas

1990

Sani

t�rk

eram

iker

/USA

52SM

R1,

431,

07–1

,88

<15

Exp

osit

ions

jahr

e19

1,62

1,0–

2,5

15–2

0E

xpos

itio

nsja

hre

191,

681,

0–2,

6

Mei

jers

etal

.19

96K

eram

ikar

beit

er/N

iede

rlan

de30

0,88

Qua

rzfe

inst

aube

xpos

itio

n

–ge

ring

9SM

R0,

82

–m

itte

l10

0,75

–ho

ch11

1,15

–N

icht

-Pne

umok

onio

tike

r20

0,68

–Pn

eum

okon

ioti

ker

102,

20p<

0,05

Che

net

al.

1992

Ker

amik

arbe

iter

/Chi

naSM

R0,

58p<

0,05

Rel

ativ

esL

unge

nkre

bsri

siko

imin

tern

enV

ergl

eich

Silik

otik

ervs

.Nic

ht-S

iliko

tike

rR

R1,

630,

8–3,

4

Fort

setz

ung

Tab

elle

7au

fn�c

hste

rSe

ite

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 469

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 455

Page 470: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Fort

setz

ung

Tabe

lle7

Aut

oren

Jahr

Ber

eich

/Var

iabl

eB

eoba

chte

teF�

lle

Eff

ektm

aßC

I 95

%/

p-W

ert

McL

augh

linet

al.

1992

Ein

gebe

ttet

eFa

ll-K

ontr

oll-

Stud

ie

(die

selb

eK

ohor

tew

iebe

iChe

net

al.1

992!

)

Nac

hQ

uarz

fein

stau

b(r

espi

rabl

esi

lica)

,

kum

ulat

iv[(

mg/

m3 )

xJa

hre]

Kei

ne(0

)11

OR

1,0

0,1–

8,69

171,

8þ1,

04–2

,87*

8,7–

26,2

271,

5þ0,

99–2

,18

‡26

,37

2,lþ

0,80

–4,1

2

Win

ter

etal

.19

90K

eram

ikar

beit

er/G

roßb

rita

nnie

n60

SMR

1,32

1,00

–1,6

9

Nac

hku

mul

ativ

erQ

uarz

fein

stau

bexp

osit

ion

[(m

g/m

3 )x

Jahr

e]

0–0,

145

1,08

þ0,

35–2

,54

0,15

–0,4

98

0,99

þ0,

43–1

,95

0,50

–1,4

925

1,62

þ1,

05–2

,39

‡1,

5021

1,51

þ0,

93–2

,31

McD

onal

det

al.

1995

Ker

amik

arbe

iter

/Gro

ßbri

tann

ien

112

PMR

1,04

CI 9

0%

:

0,86

–1,2

5

Pneu

mok

onio

tike

r(l

autT

oten

sche

in)

71,

75C

I 90

%:

0,70

–3,6

0

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 470

456 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 471: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Ein

gebe

ttet

eFa

ll-K

ontr

oll-

Stud

ie

(F�l

leun

dK

ontr

olle

nsi

ndR

auch

er)

‡10

j�hr

ige

Qua

rzex

posi

tion

OR

2,8

CI 9

0%

:

1,1–

7,5

Che

rry

etal

.19

95K

eram

ikar

beit

er/G

roßb

rita

nnie

n68

loka

le

SMR

1,28

CI 9

0%

:

1,04

–1,5

7

nati

onal

eSM

R

1,91

CI 9

0%

:

1,62

–2,5

5

Che

rry

etal

.19

97E

inge

bett

ete

Fall-

Kon

trol

l-St

udie

Kum

ulat

ive

Qua

rzfe

inst

aube

xpos

itio

n

‡4

[(m

g/m

3 )x

Jahr

e]

OR

0,60

þþC

I 90

%:

0,26

–1,4

1

‡20

Exp

osit

ions

jahr

e0,

48þþ

CI 9

0%

:

0,2

1–1,

09

Mit

tler

eQ

uarz

fein

stau

bexp

osit

ion

‡0,

2m

g/m

3

1,68

1þþ

CI 9

0%

:

0,93

–3,0

3

Max

.Qua

rzfe

inst

aube

xpos

itio

n

‡0,

4m

g/m

3

2,07

þþC

I 90

%:

1,04

–4,1

4

Feue

rung

s-un

dPo

stfe

ueru

ngsp

roze

sse

(100

0–14

00�C

)

2,17

þþC

I 90

%:

1,16

–4,0

7

Che

rry

etal

.19

98(R

eana

lyse

der

Subk

ohor

tede

rSt

affo

rdsh

ire-

Pott

erie

s)

Mit

tler

eQ

uarz

fein

stau

bkon

zent

rati

on0,

1(m

g/m

3 )1,

66þþ

1,14

–2,3

1

Fort

setz

ung

Tab

elle

7au

fn�c

hste

rSe

ite

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 471

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 457

Page 472: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Fort

setz

ung

Tabe

lle7

Aut

oren

Jahr

Ber

eich

/Var

iabl

eB

eoba

chte

teF�

lle

Eff

ektm

aßC

I 95

%/

p-W

ert

Ulm

&W

asch

ulzi

k19

98B

esch

�fti

gte

der

kera

mis

chen

und

Gla

sind

ustr

ie/D

euts

chla

nd

Nac

hku

mul

ativ

erQ

uarz

fein

stau

b-

expo

siti

on

<2,0

4[(

mg/

m3 )

xJa

hre]

OR

1,0*

*

2,04

–3,8

7[(

mg/

m3 )

xJa

hre]

0,92

**0,

50–1

,71

>3,

87[(

mg/

m3 )

xJa

hre]

1,40

**0,

71–

2,77

Nac

hdu

rchs

chni

ttlic

her

Qua

rzfe

inst

aube

xpos

itio

n

<0,0

75m

g/m

31,

0**

0,07

5–0,

15m

g/m

31,

29**

0,83

–1,9

8

>0,1

5m

g/m

31,

25**

0,51

–3,0

6

þad

just

iert

f�r

Rau

chen

*na

chA

ngab

ende

rIA

RC

-Arb

eits

grup

peSi

lica/

1997

þþad

just

iert

nach

Rau

chen

und

radi

olog

isch

enV

er�n

deru

ngen

und

unte

rB

er�c

ksic

htig

ung

eine

r10

j�hr

igen

Lat

enz

**ad

just

iert

f�r

Rau

chen

,Sili

kose

als

Ber

ufsk

rank

heit

,Asb

este

xpos

itio

n,PA

H's

,Die

selr

ußun

dSc

hwei

ßrau

che

•A

usde

ndr

eiSt

udie

nde

rSi

lika

t-un

dT

onst

eini

ndus

trie

(Tab

elle

8)ka

nnab

gele

itet

wer

den,

dass

eine

Ver

dopp

lung

des

Lun

genk

rebs

risi

kos

von

quar

zsta

ubex

poni

erte

nB

esch

�fti

gten

mit

eine

mho

hen

Silik

oser

isik

oin

erst

erL

inie

beim

Vor

liege

nei

ner

Silik

ose

evid

ent

wir

d.M

itde

mst

arke

nE

infl

uss

von

konk

urri

eren

den

Tode

surs

ache

nw

ird

das

Lun

genk

rebs

risi

kode

ran

Silik

ose

Erk

rank

ten

eher

unte

rsch

�tzt

.F�

rdi

eni

chtr

auch

ende

nan

Silik

ose

Erk

rank

ten

inde

rD

ON

G-S

tudi

ew

ird

das

Lun

genk

rebs

risi

ko(S

RR

=2,

13)

alle

rdin

gsni

cht

unte

rsch

�tzt

,da

nich

tdi

eB

evçl

keru

ng,

sond

ern

eine

Indu

stri

earb

eite

rkoh

orte

die

Ver

glei

chsb

asis

bild

et.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 472

458 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 473: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Tab.

8:Zu

sam

men

fass

ung

derE

rgeb

niss

evo

nKo

hort

enst

udie

nzu

rBez

iehu

ngzw

isch

enQu

arzf

eins

taub

expo

siti

onun

dLu

ngen

kreb

sin

derS

ilika

t-un

dTo

nste

inin

dust

rie

Aut

oren

Jahr

Ber

eich

/Var

iabl

eB

eoba

chte

teF�

lle

Eff

ektm

aßC

I 95

%/

p-W

ert

Punt

onie

tal.

1988

Silik

atst

eini

ndus

trie

/Ita

lien

11SM

R1,

830,

91–3

,27

Nic

ht-S

iliko

tike

r5

2,08

0,67

–4,8

4

Silik

otik

er*

61,

670,

61–3

,64

Mer

loet

al.

1991

Silik

atst

eini

ndus

trie

/Ita

lien

281,

511,

00–2

,18

>19

Jahr

ebe

sch�

ftig

tund

>19

Jahr

ese

itB

esch

�fti

gung

sbeg

inn

132,

011,

07–3

,44

Don

get

al.

1995

Silik

at-u

ndTo

nste

inhe

rste

ller

65SS

Rþþ

1,49

1,15

–1,9

Nac

hZ

eits

eitE

xpos

itio

nsbe

ginn

0–9

Jahr

e2

0,88

10–1

9Ja

hre

110,

76

20–2

9Ja

hre

351,

77p<

0,01

‡30

Jahr

e17

2,39

p<0,

01

Nic

ht-S

iliko

tike

r30

1,11

0,75

–1,5

Silik

otik

er35

2,10

1,46

–2,9

Rau

cher

212,

34p<

0,01

Nic

htra

uche

r12

2,13

p<0,

05

Fort

setz

ung

Tab

elle

8au

fn�c

hste

rSe

ite

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 473

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 459

Page 474: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Fort

setz

ung

Tabe

lle8

Aut

oren

Jahr

Ber

eich

/Var

iabl

eB

eoba

chte

teF�

lle

Eff

ektm

aßC

I 95

%/

p-W

ert

Silik

otik

erna

chra

diol

ogis

cher

Kat

egor

ie

I21

1,97

p<0,

01

II10

2,34

p<0,

05

III

42,

55

*al

sB

eruf

skra

nkhe

iten

tsch

�dig

t

þC

I 95

%be

rech

netv

onde

rIA

RC

-Arb

eits

grup

peSi

lica/

1997

þþSt

anda

rdiz

edR

ate

Rat

ios

bere

chne

tim

Ver

glei

chm

itde

rM

orta

lit�t

eine

rK

ohor

tevo

nSt

ahla

rbei

tern

•U

nter

Exp

osit

ion

gege

n�be

rge

gl�h

ten

Dia

tom

een

(Tab

elle

9)ka

nnei

neV

erdo

pplu

ngde

sL

unge

nkre

bsri

siko

sab

eine

rku

mul

ativ

en

Qua

rzfe

inst

aube

xpos

itio

nvo

n‡

5[(

mg/

m3)

xJa

hre]

vera

nsch

lagt

wer

den,

die

aber

mit

hohe

rW

ahrs

chei

nlic

hkei

tm

itsi

likot

isch

enV

er�n

deru

ngen

asso

ziie

rtis

t.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 474

460 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 475: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Tab.

9:Zu

sam

men

fass

ung

derE

rgeb

niss

evo

nKo

hort

enst

udie

nzu

rBez

iehu

ngzw

isch

enQu

arzf

eins

taub

expo

siti

onun

dLu

ngen

kreb

sin

derD

iato

mee

ngew

innu

ngun

d

-auf

bere

itun

g

Aut

oren

Jahr

Ber

eich

/Var

iabl

eB

eoba

chte

teF�

lle

Eff

ektm

aßC

I 95

%/

p-W

ert

Che

ckow

ayet

al.

1993

Dia

tom

eena

rbei

ter/

S�dk

alif

orni

en59

SMR

1,43

1,09

–1,8

4

Nac

h15

j�hr

igem

Lat

enzi

nter

vall

in

Abh

�ngi

gkei

tvon

der

kum

ulat

iven

Qua

rzex

posi

tion

(Int

ensi

t�ts

scor

ex

Jahr

e)

<50

(Ref

eren

zim

inte

rnen

Ver

glei

ch)

RR

1,0

50–9

91,

190,

52–2

,73

100–

199

1,37

0,61

–3,0

6

‡200

2,74

1,38

–5,4

6

Che

ckow

ayet

al.

1996

Rea

naly

seun

ter

Kon

trol

levo

nA

sbes

t

Nic

ht-A

sbes

texp

onie

rte

nach

kum

utiv

er

Qua

rzex

posi

tion

(Int

ensi

t�ts

scor

ex

Jahr

e)

31

<50

15SM

R1,

130,

63–1

,86

50–9

93

0,87

0,18

–2,5

3

100–

199

72,

140,

86–4

,41

‡200

62,

000,

73–4

,35

Fort

setz

ung

Tab

elle

9au

fn�c

hste

rSe

ite

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 475

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 461

Page 476: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 476

Fort

setz

ung

Tabe

lle9

Aut

oren

Jahr

Ber

eich

/Var

iabl

eB

eoba

chte

teF�

lle

Eff

ektm

aßC

I 95

%/

p-W

ert

Che

ckow

ayet

al.

1997

Ver

l�ng

erte

Follo

w-u

p-Pe

riod

e

Nac

hku

mul

ativ

erQ

uarz

fein

stau

bexp

osit

ion

[(m

g/m

3 )x

Jahr

e]*

771,

441,

14–1

,80

0,5

(Ref

eren

zim

inte

rnen

Ver

glei

ch)

22R

R**

1,0

0,5-

<1,

112

0,96

0,47

–1,9

8

1,1

-<2,

19

0,77

0,35

–1,7

2

2,1

-<5,

014

1,26

0,62

–2,5

7

‡50

202,

151,

08–4

,28

Che

ckow

ayet

al.

1999

Rea

naly

sede

rL

unge

nkre

bsm

orta

lit�t

nach

radi

olog

isch

emSi

likos

esta

tus

und

kum

ulat

iver

Qua

rzfe

inst

aube

xpos

itio

n

[(m

g/m

3 )x

Jahr

e]

ILO

<1/

0(n

=17

98)

<0,5

[(m

g/m

3 )x

Jahr

e]13

SMR

1,05

0,56

–1,7

9

0,5–

1,9

[(m

g/m

3 )x

Jahr

e]13

0,86

0,46

–1,4

8

2,0–

4,9

[(m

g/m

3 )x

Jahr

e]10

1,25

0,60

–2,2

9

‡5,

0[(

mg/

m3 )

xJa

hre]

122,

401,

24–4

,20

ILO

‡1/

0od

ergr

oße

Scha

tten

(n=8

1)

‡5,

0[(

mg/

m3 )

xJa

hre]

42,

940,

80–7

,53

462 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 477: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Raf

nsso

n&

Gun

nars

d�tt

ir

1997

Gew

innu

ng,A

ufbe

reit

ung

und

Haf

en-U

msc

hlag

von

Dia

tmee

n/N

ordi

slan

5SI

R1,

140,

37–2

,65

–m

�nnl

iche

Haf

enum

schl

agar

beit

er5

1,62

0,53

–3,7

9

‡30

0h

Bes

ch�f

tigu

ng3

4,48

0,92

–13,

1

*be

zoge

nau

fkri

stal

linen

Qua

rzim

Fein

stau

b

**be

zoge

nau

f15

Jahr

eE

xpos

ure

Lag

þSi

likos

enw

urde

nbe

ij�h

rlic

hen

Vor

sorg

eunt

ersu

chun

gen

nich

tbeo

bach

tet

Inei

ner

Rea

naly

sezu

rSt

udie

von

Che

ckow

ayer

al.(

1997

)bes

t�ti

gen

Ric

eet

al.(

2001

)das

sign

ifik

anta

nste

igen

deL

unge

nkre

bsri

siko

der

Dia

tom

eena

rbei

ter

inA

bh�n

gigk

eitv

onde

rku

mul

ativ

enE

xpos

itio

nge

gen

kris

talli

nes

Siliz

ium

diox

id(h

aupt

s�ch

lich

Cri

stob

alit

)in

alve

olen

g�ng

iger

Form

.

•F�

rB

esch

�fti

gte

inG

ieße

reie

n(T

abel

le10

)m

itei

ner

hohe

nQ

uarz

fein

stau

bexp

osit

ion

und

eine

mho

hen

Silik

oser

isik

ode

utet

sich

eine

Ver

dopp

lung

des

Lun

genk

rebs

risi

kos

an,e

inep

idem

iolo

gisc

her

Bew

eis

ista

nhan

dde

rvo

rlie

gend

enSt

udie

nab

erni

chtm

çglic

h.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 477

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 463

Page 478: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Tab.

10:

Zusa

mm

enfa

ssun

gde

rErg

ebni

sse

von

Koho

rten

stud

ien

zurB

ezie

hung

zwis

chen

Quar

zfei

nsta

ubex

posi

tion

und

Lung

enkr

ebs

inGi

eßer

eibe

trie

ben

Aut

oren

Jahr

Ber

eich

/Var

iabl

eB

eoba

chte

teF�

lle

Eff

ektm

aßC

I 95

%/

p-W

ert

Sher

son

etal

.19

91G

ieße

reia

rbei

ter/

D�n

emar

k

Nic

ht-S

urve

y-Te

ilneh

mer

5SI

R2,

660,

86–6

,21

Teiln

ehm

eram

frei

will

igen

Surv

ey16

11,

281,

10–1

,49

Nac

hB

esch

�fti

gung

sdau

er(J

ahre

)

<10

410,

990,

73–1

,34

10–1

934

1,19

0,85

–1,6

7

20–2

938

1,28

0,93

–1,7

6

‡30

481,

851,

39–2

,45

Ohn

era

diol

ogis

chen

Silik

oseb

efun

d15

01,

251,

07–1

,47

Mit

radi

olog

isch

emSi

likos

ebef

und

111,

710,

85–3

,06

0%

023

0,95

0,60

–1,4

2

1–39

%o

471,

190,

89–1

,58

40–2

50%

075

1,40

1,16

–1,7

6

Nur

Met

allg

ieße

r15

2,13

1,19

–3,5

2

And

jelk

ovic

het

al.

1992

Gie

ßere

iarb

eite

r/U

SA

Alle

M�n

ner

139

SMR

1,27

p<0,

01

Ker

nmac

her

191,

01

Schm

elze

r6

0,64

Form

er36

1,32

Putz

er29

1,51

p<0,

05

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 478

464 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 479: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Serv

ice-

/Ins

tand

halt

ungs

pers

onal

431,

42p<

0,05

Mus

terb

au6

1,38

And

jelk

ovic

het

al.

1994

Ein

gebe

ttet

eFa

ll-K

ontr

olls

tudi

e

Ker

nmac

her

(‡5

Jahr

ebe

sch�

ftig

tund

10j�

hrig

e

Lat

enzp

erio

de)

OR

þ2,5

21,

06–5

,97

Nac

hku

mul

ativ

erQ

uarz

fein

stau

bexp

osit

ion

bei

l5j�

hrig

erL

aten

zper

iode

1.Q

uant

il(R

efer

enz)

1,0

2.vs

.1.Q

uant

il1,

74p<

0,05

3.vs

.1.Q

uant

il1,

20

4.vs

.1.Q

uant

il1,

26

þim

kond

itio

nale

nlo

gist

isch

enR

egre

ssio

nsm

odel

lunt

erA

djus

tier

ung

f�r

Rau

chen

Aus

den

Fall-

Kon

trol

l-St

udie

nzu

rB

ezie

hung

zwis

chen

silik

osei

nduz

iere

nder

Qua

rzst

aube

xpos

itio

nun

dL

unge

nkre

bsis

tabz

ulei

ten:

•So

woh

ldie

bevç

lker

ungs

-als

auch

die

klin

ikba

sier

ten

Fall

-Kon

trol

l-St

udie

n(T

abel

le11

)wei

sen

sign

ifik

ante

,vom

Rau

chen

unab

h�ng

ige,

zwei

fach

und

meh

rer

hçht

eL

unge

nkre

bsri

sike

nin

Bez

iehu

ngzu

eine

rQ

uarz

stau

bexp

osit

ion

auf.

Inde

rde

utsc

hen

Stud

ie(B

olm

-Aud

orff

etal

.199

8)w

urde

zus�

tzlic

h

f�r

eine

pote

ntie

lleA

sbes

texp

osit

ion

adju

stie

rt.K

eine

der

vier

Stud

ien

konn

tedi

eB

ezie

hung

enzw

isch

enra

diol

ogis

chem

Silik

oses

tatu

sun

dL

unge

nkre

bs

unte

rsuc

hen.

Bei

mV

orlie

gen

eine

ren

tsch

�dig

ten

Silik

ose

zeig

tsi

chei

nbe

deut

end

hçhe

res

Lun

genk

rebs

risi

koal

sun

ter

quar

zsta

ubex

poni

erte

nPe

rson

en

ohne

ents

ch�d

igte

Silik

ose.

Die

zwei

fach

und

meh

rer

hçht

enre

lati

ven

Lun

genk

rebs

risi

ken

inA

bh�n

gigk

eit

von

eine

rho

hen

kum

ulat

iven

Qua

rzst

aube

xpos

itio

nin

den

Stud

ien

von

Mei

jers

etal

.(1

990)

und

Bol

m-A

udor

ffet

al.

(199

8)si

ndw

ahrs

chei

nlic

hm

itsi

likot

isch

enV

er�n

deru

ngen

asso

ziie

rt.Z

umin

dest

istn

ach

dem

Stud

iend

esig

nni

chta

uszu

schl

ieße

n,da

sssi

likot

isch

eV

er�n

deru

ngen

vorl

agen

.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 479

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 465

Page 480: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Tab.

11:

Zusa

mm

enfa

ssun

gde

rErg

ebni

sse

von

bevç

lker

ungs

-und

klin

ikba

sier

ten

Fall-

Kont

roll-

Stud

ien

zurB

ezie

hung

zwis

chen

Quar

zfei

nsta

ubex

posi

tion

und

Lung

enkr

ebs

Aut

oren

Jahr

Ber

eich

/Var

iabl

ezu

rE

xpos

itio

nF�

lle

Kon

trol

len

Eff

ektm

aßC

I95

%/

Fora

stie

reet

al.

1986

Bev

çlke

rung

sbas

iert

mit

hohe

mre

gion

alem

Ant

eilv

onE

xpon

iert

en/I

talie

n

7231

4

Nic

ht-Q

uarz

expo

nier

te34

191

OR

1,0

þ

Stei

nbru

char

beit

er5

241,

0,4–

2,4

Ker

amik

arbe

iter

3310

42,

1,1–

3,5

–oh

neen

tsch

�dig

teSi

likos

e18

791,

0,7–

2,8

–m

iten

tsch

�dig

ter

Silik

ose

1525

3,9

þ1,

8–8,

3

Mas

tran

gelo

etal

.19

88K

linik

basi

ert/

Ital

ien

309

309

Nic

htra

uche

r6

44R

R1,

0

–oh

neQ

uarz

expo

siti

on3

321,

0

–Q

uarz

expo

siti

on,o

hne

Silik

ose

18

1,3

0,0–

13,8

–Q

uarz

expo

siti

on,m

itSi

likos

e2

45,

30,

5–43

,5

Rau

cher

303

265

8,4

3,9–

20,4

–oh

neQ

uarz

expo

siti

on17

015

211

,94,

2–46

,5

–Q

uarz

expo

siti

onoh

neSi

likos

e85

8710

,42,

9–44

,4

–Q

uarz

expo

siti

onm

itSi

likos

e48

2619

,75,

1–89

,7

Log

isti

sche

Reg

ress

ions

anal

yse

f�r

mat

ched

pair

sun

ter

Kon

trol

lede

sR

auch

ens:

–O

hne

Qua

rzex

posi

tion

173

184

OR

1,0

–Q

uarz

expo

siti

on,o

hne

Silik

ose

8695

0,9

0,7–

1,6

–Q

uarz

expo

siti

on,m

itSi

likos

e50

301,

91,

1–3,

2

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 480

466 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 481: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Nac

hZ

eitd

erQ

uarz

expo

siti

on

1–4

Jahr

e56

531,

1

5–9

Jahr

e21

191,

0

10–1

4Ja

hre

1713

1,4

‡15

Jahr

e27

161,

6

–St

einb

ruch

arbe

iter

58

0,7

–T

unne

lbau

er65

501,

3

Mei

jers

etal

.19

90K

linik

basi

ert/

Nie

derl

ande

(M�n

ner)

381

381

Nac

hIn

dex

der

kum

ulat

iven

Qua

rz-

expo

siti

onin

der

Fein

kera

mik

indu

stri

eþþ

<1

(Ver

glei

chsl

evel

)17

28O

R1,

0

1–9

3225

2,11

0,95

–4,6

8

10–3

916

141,

880,

74–4

,79

40–7

98

52,

640,

74–9

,40

‡80

61

9,88

1,09

–89,

3

Bol

m-A

udor

ffet

al.

1998

Bev

çlke

rung

sbas

iert

/Deu

tsch

land

M�n

ner

nach

Qua

rzex

posi

tion

Nic

htex

poni

ert

2.67

92.

990

OR

þþ1,

0

Exp

onie

rt81

955

11,

411,

22–1

,62

Fort

setz

ung

Tabe

lle11

aufn

�chs

ter

Seit

e

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 481

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 467

Page 482: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 482

Fort

setz

ung

Tabe

lle11

Aut

oren

Jahr

Ber

eich

/Var

iabl

ezu

rE

xpos

itio

nF�

lle

Kon

trol

len

Eff

ektm

aßC

I95

%/

M�n

ner

nach

Exp

osit

ions

jahr

en

[0,3

]27

220

71,

341,

08–1

,68

[3,1

0]22

015

41,

331,

04–1

,70

[10,

20]

126

771,

451,

04–2

,02

[20,

30]

100

452,

281,

50–3

,47

>30

101

681,

210,

84–1

,73

M�n

ner

nach

Silik

oser

isik

o

Nie

drig

316

237

1,28

1,04

–1,5

8

Mit

tel

111

801,

180,

85–1

,65

Hoc

h39

223

41,

621,

32–1

,98

M�n

ner

inSi

likos

eris

ikob

eruf

enna

ch

kum

ulat

iver

Qua

rzfe

inst

aube

xpos

itio

n

[0,1

][(m

g/m

3 )x

Jahr

e]16

812

61,

210,

92–1

,60

[1,5

][(m

g/m

3 )x

Jahr

e]17

911

51,

391,

05–1

,84

[5,¥

][(m

g/m

3 )x

Jahr

e]16

680

1,91

1,39

–2,6

3

M�n

ner

nach

Silik

oses

tatu

s

Neg

ativ

3.36

83.

491

1,0

Posi

tiv

5227

1,46

0,87

–2,4

6

kein

eA

ngab

en78

233,

452,

00–5

,95

Frau

enna

chQ

uarz

expo

siti

on

Nic

htex

poni

ert

643

649

1,0

Exp

onie

rt43

182,

131,

12–4

,05

468 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 483: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Frau

enna

chE

xpos

itio

nsja

hren

[0,3

]24

102,

060,

87–4

,88

[3,1

0]12

32,

780,

69–1

1,27

Frau

enna

chSi

likos

eris

iko

Nie

drig

2815

1,71

0,83

–3,5

0

Mit

tel

152

5,39

1,12

–26,

03

þad

just

iert

f�r

Rau

chen

þþal

leO

Rs

dies

erSt

udie

adju

stie

rtf�

rR

auch

enun

dpo

tent

ielle

Asb

este

xpos

itio

n

•A

usde

ner

mit

telt

enre

lati

ven

Ris

iken

der

f�nf

indu

stri

ebas

iert

enFa

ll-K

ontr

oll-

Stud

ien

(Tab

elle

12)

ergi

btsi

chim

Ver

glei

chm

itde

nbe

vçlk

erun

gs-

und

klin

ikba

sier

ten

Fall-

Kon

trol

l-St

udie

nei

nesc

hw�c

here

Ass

ozia

tion

zwis

chen

Qua

rzst

aube

xpos

itio

nun

dL

unge

nkre

bs.

Sign

ifik

ant

verd

oppe

lte

bzw

.

ann�

hern

dve

rdop

pelt

eL

unge

nkre

bsri

sike

nze

igte

nnu

rdi

eSt

udie

nvo

nFu

etal

.(1

994)

und

Xu

etal

.(1

996)

,be

ide

nen

hohe

Qua

rzst

aube

xpos

itio

nen

betr

acht

etbz

w.r

adio

logi

sch

posi

tive

mit

radi

olog

isch

nega

tive

nB

efun

den

verg

liche

nw

erde

n.In

beid

enSt

udie

ngi

btes

met

hodi

sche

Asp

ekte

,die

eher

auf

eine

Unt

ersc

h�tz

ung

als

auf

eine

�be

rsch

�tzu

ngde

sL

unge

nkre

bsri

siko

shi

nwei

sen.

Die

durc

hm

etho

disc

hePr

oble

me

bela

stet

enSt

udie

nvo

nH

esse

let

al.

(199

0)un

dSa

met

etal

.(1

994)

zeig

endi

esc

hw�c

hste

und

stat

isti

sch

nich

tsig

nifi

kant

eB

ezie

hung

zwis

chen

Silik

ose

und

Lun

genk

rebs

.In

dies

enSt

udie

n

kom

mt

eszu

eine

rU

nter

sch�

tzun

gde

sL

unge

nkre

bsri

siko

sde

ran

Silik

ose

Erk

rank

ten,

wei

lsi

eke

inen

Bez

ugzu

Nic

ht-Q

uarz

stau

bexp

onie

rten

ber�

cksi

chti

gen.

Inde

rSt

udie

von

deK

lerk

etal

.(19

95)w

erde

nw

eder

der

Ein

flus

svo

nsi

likot

isch

enB

efun

den

noch

der

Ein

flus

svo

nqu

anti

tati

ven

Dat

en

der

Qua

rzfe

insr

aube

xpos

itio

nau

fda

sL

unge

nkre

bsri

siko

betr

acht

et.

Die

auss

chlie

ßlic

heV

erw

endu

ngde

rD

auer

der

Unt

erta

gear

beit

als

Exp

osit

ions

vari

able

erw

eist

sich

inde

rSt

udie

mçg

liche

rwei

seal

sw

enig

erge

eign

etes

Surr

ogat

f�r

die

quan

tita

tive

Exp

osit

ions

bew

ertu

ng.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 483

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 469

Page 484: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Tab.

12:

Zusa

mm

enfa

ssun

gde

rErg

ebni

sse

von

indu

strie

basi

erte

nFa

ll-Ko

ntro

ll-St

udie

nzu

rBez

iehu

ngzw

isch

enQu

arzf

eins

taub

expo

siti

onun

dLu

ngen

kreb

s

Aut

oren

Jahr

Ber

eich

/Var

iabl

ezu

rE

xpos

itio

nF�

lle

Kon

trol

len

Eff

ektm

aßC

I95

%

Hes

sele

tal.

1990

Indu

stri

ebas

iert

/S�d

afri

ka

Gol

dmin

enar

beit

er23

131

8

–pa

renc

hym

atçs

eSi

likos

e12

416

3O

R*

1,10

0,77

–1,5

8

–hi

logl

andu

l�re

Silik

ose

192

252

1,31

0,83

–2,0

8

–pl

eura

leSi

likos

e51

830,

790,

52–1

,19

Fuet

al.

1994

Indu

stri

ebas

iert

/Chi

na

Zin

nber

gleu

te79

188

Nac

hZ

eitd

erSt

aube

xpos

itio

nun

ter

Tag

e

(Jah

re)

021

82**

*O

R1,

0

<10

2455

1,69

1,08

–2,5

0

10-

2237

2,18

1,31

–3,1

7

20-

1215

3,21

1,70

–5,6

0

Stau

bexp

osit

ion

gesa

mt

5810

62,

131,

27–3

,60

Nac

hra

diol

ogis

chem

Silik

oseb

efun

d

Neg

ativ

4213

21,

0

Posi

tiv

3756

2,03

1,25

–3,2

9

Sam

etet

al.

1994

Indu

stri

ebas

iert

/USA

Ura

nber

gleu

te65

216

Ers

ter

radi

olog

isch

erB

efun

dzu

Bes

ch�f

tigu

ngsb

egin

n(‡

1/0)

OR

**1,

330,

31–5

,72

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 484

470 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 485: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Zw

eite

sR

çntg

enbi

ld‡

1/0)

,Med

ian

des

Inte

rval

ls12

Jahr

e

1,16

0,35

–3,8

4

deK

lerk

etal

.19

95In

dust

rieb

asie

rt/W

esta

ustr

alie

n

Gol

dmin

enar

beit

er98

744

Nac

hZ

eitd

erU

nter

tage

arbe

it

Kei

neU

nter

tage

arbe

itO

Rþ1

,0

0–4

Jahr

e0,

90,

4–2,

1

5–9

Jahr

e0,

90,

4–2,

3

10–1

9Ja

hre

1,1

0,6–

2,3

20–2

9Ja

hre

0,9

0,4–

1,7

30–3

9Ja

hre

1,1

0,6–

2,3

‡40

Jahr

e2,

30,

8–6,

5

nich

tf�r

Rau

chen

adju

stie

rt:

50,

9–7,

0

Xu

etal

.19

96In

dust

rieb

asie

rt/C

hina

Bes

ch�f

tigt

ein

der

Eis

en-u

ndSt

ahlin

dust

rie

610

952

Nac

hku

mul

ativ

erE

xpos

itio

n

Qua

rzst

aub*

***)

[(m

g/m

3 )x

Jahr

e]

<3,7

8210

1O

Rþþ

1,7

1,2–

2,4

3,7–

10,3

974

104

1,5

1,0–

2,1

10,4

–27,

7192

102

1,5

1,0–

2,1

‡27

,72

108

104

1,8

1,2–

2,5

Fort

setz

ung

Tabe

lle12

aufn

�chs

ter

Seit

e

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 485

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 471

Page 486: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Fort

setz

ung

Tabe

lle12

Aut

oren

Jahr

Ber

eich

/Var

iabl

ezu

rE

xpos

itio

nF�

lle

Kon

trol

len

Eff

ekt-

maß

CI

95%

Ges

amts

taub

[(m

g/m

+ )x

Jahr

e]

<69

102

136

1,4

1,2–

1,9

69–2

7986

136

1,2

1,0–

1,9

280–

882

109

138

1,4

1,0–

2,0

‡88

313

913

61,

91,

3–2,

5

*Im

logi

stis

chen

Reg

ress

ions

mod

ell,

adju

stie

rtna

chA

lter

,Rau

chen

und

kum

ulat

iver

Exp

osit

ion;

beiA

ussc

hlus

svo

nge

ring

erE

xpos

itio

n(<

1.00

0

Schi

chte

n)

**ad

just

iert

f�r

Stra

hlen

expo

siti

ondu

rch

Rad

onun

dR

adon

zerf

alls

prod

ukte

þad

just

iert

f�r

Rau

chen

þþbe

zoge

nau

fnic

htod

erge

ring

f�gi

gE

xpon

iert

e,ad

just

iert

f�r

Rau

chen

***

nach

Pr�f

ung

der

Sum

me

der

Kon

trol

len

sind

inde

rO

rigi

nala

rbei

t189

stat

t188

Kon

trol

len

ange

gebe

n

****

InO

rigi

nala

rbei

tder

chin

esis

chen

und

amer

ikan

isch

enA

utor

enbe

zieh

ensi

chdi

eA

ngab

enzu

rSt

aube

xpos

itio

nau

ftota

ldust

und

aufs

ilic

adust

,der

Ter

min

usre

spir

able

sili

caw

ird

anke

iner

Stel

leer

w�h

nt.S

ilic

adust

isth

ier

der

Qua

rzge

halt

imG

esam

tsta

ub[E

SiO

2=(

Ecu

m-t

ot-d

ust)x

(%Si

O2)

]

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 486

472 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 487: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Inde

nzu

rA

usw

ertu

ngge

lang

ten

zwei

Met

aana

lyse

nsi

nddi

ese

it19

80zu

den

Bez

iehu

ngen

zwis

chen

Silik

ose/

Pneu

mok

onio

seun

dL

unge

nkre

bs

verç

ffen

tlic

hten

epid

emio

logi

sche

nU

nter

such

ungs

erge

bnis

sena

chm

etho

disc

hen

Qua

lit�t

skri

teri

enau

sgew

�hlt

und

zusa

mm

enge

fass

t.

Smit

het

al.(

1995

)bez

og23

Stud

ien

indi

eM

etaa

naly

seei

n.F�

ral

leSt

udie

ner

gab

sich

ein

erhç

htes

Ris

iko

f�r

anSi

likos

eE

rkra

nkte

.Die

Erg

ebni

sse

sind

in

den

nach

steh

ende

nT

abel

len

13

bis

19

zusa

mm

enge

fass

tdar

gest

ellt

.

Tab.

13:

Zusa

mm

enfa

ssun

gde

rin

die

Met

aana

lyse

von

Smit

het

al.

(199

5)ei

nbez

ogen

enSt

udie

nzu

rBe

zieh

ung

zwis

chen

Silik

ose

und

Lung

enkr

ebs

mit

Effe

ktm

aßen

,

Konf

iden

zint

erva

llen

und

Wic

htun

gen

(W)

Stud

ient

yp/A

utor

enD

aten

quel

le/B

ranc

heL

unge

nkre

bsf�

lle

Eff

ektm

aßC

I95

%W

Koh

orte

nstu

dien

SMR

Am

andu

s/C

oste

llo19

91M

Eþ/B

ergb

au14

1,7

0,9–

2,9

11,2

Am

andu

set

at.1

991

ME

/Gem

isch

t33

3,0

2,2–

4,2

27,9

Arm

stro

nget

al.1

979

ME

/Ber

gbau

211,

10,

6–2,

010

,6

Car

taet

al.1

991

ME

/Gem

isch

t22

1,3

0,8–

2,0

18,3

Che

net

al.1

992

Silik

oser

egis

ter/

Gem

isch

t?

1,2

0,9–

1,6

46,9

Fink

elst

ein

etal

.198

7C

Rþþ/

Unt

er-/

�be

rtag

eber

gbau

782,

41,

8–3,

246

,4

Infa

nte-

Riv

ard

etal

.198

9C

R/G

emis

cht

833,

52,

8–4,

3*83

,5

Meh

nert

etat

.199

0C

R/S

chie

ferb

ergb

au9

1,8

0,8–

3,5

7,1

Neu

berg

eret

at.1

986

CR

/Gem

isch

t42

1,4

1,0–

1,9

37,3

Ng

etat

.199

0C

R/G

emis

cht

282,

01,

4–2,

929

,0

Punt

onie

tat.

1988

CR

/Feu

erfe

stst

eini

ndus

trie

61,

70,

7–3,

65,

7

Fort

setz

ung

Tabe

lle13

aufn

�chs

ter

Seit

e

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 487

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 473

Page 488: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Fort

setz

ung

Tabe

lle13

Stud

ient

yp/A

utor

enD

aten

quel

le/B

ranc

heL

unge

nkre

bsf�

lle

Eff

ektm

aßC

I95

%W

Torn

ling

etat

.199

0Pn

eum

okon

iose

regi

ster

/Gem

isch

t9

1,9

0,8–

3,6

6,8

Wes

terh

olm

etal

.198

6Pn

eum

okon

iose

regi

ster

/Gem

isch

t17

4,4

2,0–

8,3

7,6

Zam

bon

etat

.198

6C

R/G

emis

cht

492,

31,

7–3,

047

,6

Fall-

Kon

trol

l-St

udie

nO

R

Coc

coet

at.1

990

ME

/Gem

isch

t15

2,4

1,0–

6,2

4,6

Lag

orio

etal

.199

0C

R/G

emis

cht

153,

91,

8–8,

36,

6

Mas

tran

gelo

etal

.198

8C

R/G

emis

cht

501,

81,

1–2,

817

,6

Stee

nlan

d/B

eaum

ont1

986

Silik

ose

aufT

oten

sche

in/G

rani

t26

3,2

1,6–

6,3*

*8,

2

Stan

dard

isie

rte

Inzi

denz

rati

osSI

R

Chi

aet

al.1

991

Silik

oser

egis

ter/

Gem

isch

t9

2,0

0,9–

3,9

7,1

Part

anen

etat

.199

4Si

likos

ereg

iste

r/G

emis

cht

101

2,9

2,4–

3,5

107,

9

Sher

son

etal

.199

1M

E/G

ieße

reie

n11

1,7

0,9–

3,1

10,0

Mor

talit

�ts

Odd

sR

atio

sM

OR

Fora

stie

reet

at.1

989

CR

/Ker

amik

641,

51,

1–1,

951

,4

Sch�

ler/

R�t

tner

1986

CR

/Gem

isch

t18

02,

21,

8–2,

7**

93,5

*be

rech

netn

ach

Bya

r's

App

roxi

mat

ion

**te

stba

sier

tes

Kon

fide

nzin

terv

alln

ach

Mie

ttin

en(1

976)

þM

E=M

ediz

inis

che

Unt

ersu

chun

g(S

urve

y/Su

rvei

lanc

e)

þþC

R=S

iliko

se-K

ompe

nsat

ions

-Reg

iste

r

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 488

474 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 489: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Tab.

14:

Von

der

Met

aana

tyse

(von

Smit

het

al.

1995

)au

sges

chlo

ssen

eSt

udie

nzu

rBe

zieh

ung

zwis

chen

Silik

ose

und

Lung

enkr

ebs

mit

Effe

ktm

aßen

,Ko

nfid

enzi

nter

valle

n

und

adju

stie

rten

Odds

Ratios

Aut

oren

Dat

enqu

elle

/Bra

nche

Lun

genk

rebs

f�lle

Eff

ektm

aßC

I 95

%O

Rad

j

Stud

ien

mit

eine

rU

nter

sch�

tzun

g

des

Lun

genk

rebs

risi

kos

Rub

ino

etal

.199

0Si

likos

e-K

ompe

nsat

ions

-Reg

iste

r/G

emis

cht

81PM

R=1

,4

MO

R=2

,1**

1,1–

1,7*

Hes

sel/S

luis

-Cre

mer

1986

Ber

gbau

–ra

diol

ogis

che

Silik

ose

22O

R=

1,1

1,8

–au

topt

isch

eSi

likos

e96

OR

=1,2

1,9

Hes

sele

tat.

1990

Aut

opsi

ereg

iste

r/B

ergb

au

–pa

renc

hym

atçs

eSi

likos

e12

4O

R=1

,10,

8–1,

51,

8

–pl

eura

leSi

likos

e51

OR

=0,8

0,5–

1,2

1,3

–hi

logl

andu

l�re

Silik

ose

192

OR

=1,3

0,8–

2,0

2,1

Hni

zdo/

Slui

s-C

rem

erþ1

991

Ber

gbau

–pa

renc

hym

atçs

eSi

likos

e?

OR

=0,9

0,5–

1,6

1,4

–pl

eura

leSi

likos

e?

OR

=1,2

0,7–

2,0

1,9

–hi

logl

andu

l�re

Silik

ose

69O

R=3

,91,

2–12

,76,

2

Fort

setz

ung

Tabe

lle14

aufn

�chs

ter

Seit

e

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 489

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 475

Page 490: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Fort

setz

ung

Tabe

lle14

Aut

oren

Dat

enqu

elle

/Bra

nche

Lun

genk

rebs

f�lle

Eff

ektm

aßC

I 95

%O

Rad

j

Stud

ien

mit

eine

r�

bers

ch�t

zung

des

Lun

genk

rebs

risi

kos

Chi

yota

niet

at.1

990

Klin

ikba

sier

t/G

emis

cht

44O

R=6

,04,

4–8,

1

Mer

loet

at.1

990

Klin

ikba

sier

t/G

emis

cht

26SM

R=5

,03,

3–7,

4

*be

rech

netn

ach

Bya

r's

App

roxi

mat

ion

**M

OR

bere

chne

tunt

erB

er�c

ksic

htig

ung

nich

tlun

genk

rebs

bedi

ngte

rTo

desf

�lle

.die

der

Silik

ose

zuzu

rech

nen

sind

þdi

eSt

udie

kont

rolli

ertd

asR

auch

enun

ddi

eku

mul

ativ

eQ

uarz

fein

stau

bexp

osit

ion

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 490

476 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 491: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Tab. 15: Proportion der aus 11 Studien (mit angegebenen zur Silikose attributablen Todesf�llen)

berechneten Lungenkrebstodesf�lle [Smith et al. 1995]

Autoren/Jahr Nicht

adjustiert*

Adjustiertþ Ratio

Infante-Rivard et at. 1989 0,17 0,31 1,8

Amandus et al. 1991 0,07 0,12 1,7

Carta et al. 1991 0,05 0,11 2,2

Finkelstein et al. 1987 0,08 0,13 1,6

Forastiere et al. 1989 0,12 0,17 1,4

Kurpa et al. 1986 0,14 0,23 1,6

Mehnert et al. 1990 0,10 0,16 1,6

Merlo et al. 1990 0,13 0,25 1,9

Ng et al. 1990 0,09 0,15 1,7

Puntoni et al. 1988 0,12 0,16 1,3

Zambon et al. 1986 0,08 0,10 1,3

Durchschnitt: 1,6

Range 1,3–2,2

* nicht adjustierte Proportion = alle Todesf�lle durch Lungenkrebs dividiert durch alle

Todesf�lle ohne Lungenkrebs

þ adjustierte Proportion = alle Todesf�lle durch Lungenkrebs dividiert durch alle Todesf�lle

ohne Lungenkrebs minus attributable Todesf�lle

Tab. 16: Ergebnisse der Metaanalyse zu Studien �ber die Beziehungen zwischen Silikose und Lungen-

krebs: Analyse f�r alle Studien zusammen und nach Studiendesign [Smith et al. 1995]

Alle

Studien

Kohorten Fall-

Kontroll-

Studien

MOR SIR

RR 2,2 2,0 2,5 2,0 2,7

CI95 % f�r RR 2,1–2,4 1,8–2,3 1,8–3,3 1,7–2,4 2,3–3,2

Homogenit�t

Chi-Quadrat

(FG=a- 1)

89,l** 57,7** 4,0 5,6** 4,2

Anzahl der

Studien (a)

23 14 4 2 3

** signifikante Inhomogenit�t p<0,05

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 491

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 477

Page 492: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Tab. 17: Ergebnisse der Metaanalyse zu Studien �ber die Beziehungen zwischen Silikose und Lungen-

krebs: Analyse f�r alle Studien nach den Quellen der Erhebung von an Silikose Erkrankten

[Smith et al. 1995]

Kompensations-

register

Silikoseregister Freiwillige

medizinische

Untersuchungen

RR 2,2 2,2 2,6

CI 95 % f�r RR 2,0–2,5 1,9–2,6 1,8–3,4

Homogenit�t

Chi-Quadrat

(FG=a- 1)

35,5** 30,5** 2,7

Anzahl der

Studien (a)

10 5 2

** signifikante Inhomogenit�t p<0,05

Tab. 18: Nach dem Rauchen adjustiertes Lungenkrebsrisiko von in die Metaanalyse einbezogenen Stu-

dien [Smith et al. 1995]

Autoren/Jahr Effektmaße und CI 95 %

Nicht adjustiert

Effektmaße und CI 95 %

F�r Rauchen adjustiert

Amandus/Costello 1991 SMR = 1,6 (0,9–2,7) SMR= 2,0 (1,2–3,2)

Amandus et al. 1991 SMR = 2,4 (1,5–3,9) SMR = 3,9 (2,4–6,4)

Cocco et al. 1990 OR = 1,9 (0,9–3,9)* OR = 2,4 (1,0–6,2)

Lagorio et al. 1990 OR = 3,4 (1,7–7,0) OR = 3,9 (1,8–8,3)

* Testbasiertes Konfidenzintervall berechnet nach Miettinen (1976)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 492

478 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 493: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Tab. 19: Lungenkrebsrisiko in Studien mit Daten f�r nichtrauchende an Silikose Erkrankte [Smith et al.

1995]

Autoren/Jahr Beobachtete

F�lle

Erwartete

F�lle

Effektmaße CI95 %

Studien, in denen die erwarteten

F�lle von Nichtrauchern berechnet

wurden

Amandus et al. 1991 4 0.5 SMR = 8,6 (3,6–20,5)

Mastrangelo et al. 1988 2 0,4 OR = 5,3 (0,5–43,5)

Studien, in denen die erwarteten

F�lle in der Bevçlkerung berechnet

wurden (Raucher und

Nichtraucher kombiniert)

Amandus/Costello 1991 1 1,9 SMR = 0,5

Carta et al. 1991 4 5,9 SMR=0,7

Chia et al. 1991 1 0,7 SIR= 1,3

Infante-Rivard et al. 1989 0 1,5 SMR = 0

Partanen et al. 1994 1 2.3 SIR = 0,4

Zambon et al. 1986 3 2,8 SMR = 1,1

= 10 = 15,1

Adjustiert*

= 3,0*

Gepoolte

SMR = 0,7

Adjustierte*

SMR = 3,3

* Insgesamt erwartete Todesf�lle durch Lungenkrebs dividiert durch 5 unter der Annahme,

dass ann�hernd 80 % der Lungenkrebsf�lle in der Bevçlkerung dem Rauchen anzurechnen

sind

Nach Ausschluss aller Studien mit einem potentiellen Bias durch Selektion ergab sichein gepooltes RR = 2,2 (CI 95 % 2,1–2,4). In den vier f�r das Rauchen adjustierten Stu-dien war das rauchenadjustierte Effektmaß f�r das Lungenkrebsrisiko bei den an Sili-kose Erkrankten hçher als die nichtadjustierten Resultate.Aus der Metaanalyse ist zu folgern, dass(1) die gefundene Verdopplung des Lungenkrebsrisikos bei den an Silikose Erkrank-

ten nicht durch ein Confounding vom Rauchen oder Bias aus anderen Quellen er-kl�rt werden kann und dass

(2) die Ergebnisse die Annahme einer kausalen Assoziation zwischen Silikose undLungenkrebs st�tzen.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 493

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 479

Page 494: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Die Metaanalyse von Tsuda et al. (1997) basiert auf Mortalit�tsstudien der Erschei-nungsjahre 1980 bis 1994, von denen nach Ausschluss bias-belasteter oder anderwei-tig ungeeigneter Studien 30 in die weitere Auswertung einbezogen wurden.

Die Ergebnisse sind in den Tabellen 20 und 21 dargestellt.

Tab. 20: Liste der Studien zu den Beziehungen zwischen Pneumokoniose und Lungenkrebs mit Angabe

der Effektmaße [Tsuda et al. 1997]

Autoren Jahr Studiendesign Ermittelte Rate CI95 %

Westerholm 1980 PMR. AB 4,46 (3,21–6,21)

Ames 1983* CC. DR. AB 0,99 (0,57–1.73)

Nakagawa et al. 1985 CHT. CRR. B 5,50 (2,73–10,58)

Hessel et al. 1986* CC. DR. AB 1,08 (0,64–1,83)

Forastiere et al. 1986 CC. MHRR.

AB CD

3,9 (1,8–8,3)

Sch�ler & R�ttner 1986 CHT. SMR. AB 2,41 (2,06–2,82)

Kurpa et al. 1986 CHT. SMR. AB 3,12 (2,51–3,89)

Westerholm et al. 1986 CHT. SMR. AB 4,36 (2,64–7,01)

Steenland &

Beaumont

1986 CC. DR. B 3,16 (1,47–6,87)

Zambon et al. 1987 CHT. SMR. AB 2,39 (1.86–3,02)

Finkelstein et al. 1987 CHT. SMR. AB 2,30 (1,87–2,97)

Finkelstein et al. 1987 CHT. SMR. AB 3,02 (1,73–4,89)

Mastrangelo et al. 1988 CC. LROR.

AB CD

1,9 (1,1–3,2)

Puntoni et al. 1988 CHT. SMR. AB 1,67 (0,6 1–3,64)

Neuberger et al. 1988* CC. MOR. AB 1,41 (1,2 1–1,64)

Infante-Rivard et al. 1989 CHT. SMR. AB 3,47 (2.8–4,3)

Forastiere et al. 1989 PMR. MOR. AB 1,5 (1,1–1,9)

Chiyotani et al. 1990 CHT. SMR. AB 4,80 (3,73–6,17)

Mehnert et al. 1990 CHT. SMR. AB 1,83 (0.84–3,48)

Tornling et al. 1990 CHT. SMR. AB 1,88 (0,85–3,56)

Chen et al. 1990 CHT. SMR. AB 5,3 (2,9–8,8)

Ng et al. 1990 CHT. SMR. AB 2,3 (1,35–2,93)

Merlo et al. 1990 CHT. SMR. AB 6,85 (4,47–10,0)

Hnizdo et al. 1991* CC. MOR. AB 0,9 (0.5–1,6)

Amandus et al. 1991 CHT. MHRR.

AB CD

3,9 (2,4–6,4)

Amandus et al. 1991 CHT. MHRR.

AB C

1,96 (0,98–3.67)

Sherson et al. 1991 CHT. SMR. AB 1,71 (0,85–3,06)

Fortsetzung Tabelle 20 auf n�chster Seite

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 494

480 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 495: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Fortsetzung Tabelle 20

Autoren Jahr Studiendesign Ermittelte Rate CI95 %

Carta et al. 1991 CHT. SMR. AB 1,29 (0,85–1,93)

Meijers et al. 1991 CHT. SMR. AB 1,31 (0,81–2.06)

Hua et al. 1994 CC. OR. AB 2,03 (1,25–3,29)

Adjustierte Confounder:

A = Alter, C = Rauchen, D = Andere, B = nur M�nner, CC = Fall-Kontroll-Studie,

CHT = Kohortenstudie.

PMR = Proportionale Mortalit�tsstudie. SMR = Standardisierte Mortalit�ts (Inzidenz) Ratio.

OR = Odds Ratio. MHRR = Mantel-Haenszel Rate Ratio. CRR = Crude Rate Ratio. LROR =

Odds Ratio nach logistischer Regressionsanalyse.

* = ausgeschlossene Studien

Tab. 21: Liste der 10 japanischen Studien zu den Beziehungen zwischen Pneumokoniose und Lungen-

krebs mit Angabe der Effektmaße [Tsuda et al. 1997]

Autoren Jahr Studiendesign Ermittelte Rate CI95 %

Tashiro et al. 1986 PMR. B 2,49 (1,14–5,45)

Ebihara et al. 1990 CHT. SMR. AB 3,18 (2,77–3,65)

Ebihara et al. 1990 CHT. SMR. AB 3,09 (2,19–4,38)

Shima et al. 1991 CHT. SMR. AB 2,14 (1,06–4,12)

Morinaga et al. 1991 CHT. SMR. AB 3,70 (1,78–6,8 1)

JISHA 1993 PMR. AB 1,77 (1,03–3,03)

JISHA 1993 CHT. SMR. AB 2,14 (1,84–2,47)

JISHA 1993 PMR. AB 3,55 (2,16–5,83)

Yamamoto 1993 CC. MOR. AB 3,84 (2,64–5,60)

Ugaki 1994 PMR. B 4,17 (1,30–14,88)

Adjustierte Confounder:

A = Alter, B = nur M�nner. CC = Fall-Kontroll-Studie. CHT = Kohortenstudie

PMR = Proportionale Mortalit�tsstudie (diese Studien wurden nicht einbezogen). SMR =

Standardisierte Mortalit�ts Ratio. JISHA = Japan Industrial Safety and Health Association

Insgesamt weisen die Ergebnisse der Metaanalyse von Tsuda et al. (1997) hinsichtlichder Beziehungen zwischen Silikose/Pneumokoniose und Lungenkrebs �bereinstim-mend mit der Metaanalyse von Smith et al. (1995) auf einen urs�chlichen Zusammen-hang hin. Dies kann beinhalten, dass Lungenkrebs als eine wichtige Komplikationbzw. Begleiterkrankung der Silikose auftritt oder dass damit eine direkte Kanzeroge-nit�t von Quarz ausgewiesen wird.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 495

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 481

Page 496: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

1.3.4. Zusammenfassende Bewertung

der epidemiologischen Untersuchungsergebnisse

Die Ergebnisse aus den vorstehend referierten Studien lassen sich folgendermaßenzusammenfassen:

• Die Mehrheit der ber�cksichtigten Kohortenstudien aus den Bereichen Erzberg-bau, Gewinnung und Umschlag von Diatomeenprodukten und Gießereiindustriezeigt eine enge Assoziation zwischen silikoseinduzierenden Staubexpositionen ei-nerseits und dem vermehrten Auftreten von Lungenkrebs andererseits.

• Das Lungenkrebsrisiko von Steinkohlenbergleuten ist umstritten und im Rahmender Beratungen zu dieser Empfehlung noch nicht hinreichend gepr�ft. Teilweisepositiven Studien (Morfeld et al. 1998, Bolm-Audorff et al. 1998) stehen negativeStudien gegen�ber. �bersichten dazu bieten die Monographie der IARC (1997)und Greim (Hrsg.; 1999). Ergebnisse laufender Untersuchungen stehen noch aus.Lungenkrebs in Verbindung mit Silikose bei Steinkohlenbergleuten ist beim gegen-w�rtigen Wissensstand daher von der o. g. Empfehlung einer neuen Berufskrank-heit zun�chst ausgenommen (Greim – Hrsg. 1998).

• Fernerhin wird aus den Studien deutlich, dass das Lungenkrebsrisiko in Abh�ngig-keit von einer ansteigenden Intensit�t der Exposition gegen�ber alveoleng�ngigenSt�uben, die kristallines Siliziumdioxid enthalten, sowie beim Vorliegen einer Sili-kose – bzw. mit steigendem Silikoserisiko – tendenziell deutlich zunimmt.

• Diese Zusammenh�nge best�tigen sich in der Mehrzahl der bevçlkerungs- und kli-nikbasierten wie auch der industriebasierten Fall-Kontroll-Studien sowie in denunabh�ngig voneinander durchgef�hrten Metaanalysen zum Lungenkrebsrisikovon an Silikose erkrankten Besch�ftigten.

• Die st�rkste Assoziation besteht zwischen dem Vorhandensein silikotischer Ver-�nderungen und dem vermehrten Auftreten von Lungenkrebs. Hier kann ein z. T.mehr als verdoppeltes Lungenkrebsrisiko auch unter Ausschluss des Einflusses desRauchens und anderer Confounder angenommen werden.

• Eine Differenzierung von einzelnen Berufsgruppen nach Maßgabe der aus Studiender Metaanalyse von Tsuda et al. (1997) entnommenen Rate Ratios (RR's) ergibt:

RR Studien

Erzbergleute 2,68 Ebihara et al. 1990; Zambon et al. 1987; Finkelstein et al.

1987; Infante-Rivard et al. 1989; Forastiere et al. 1989;

Hua et al. 1994; Kupra et al. 1986

Steinbrucharbeiter 2,65 Ebihara et al. 1990; Westerholm et al. 1986; Steenland und

Beaumont 1986; Zambon et al. 1987; Finkelstein et al.

1987; Puntoni et al. 1988; Infante-Rivard et al. 1989; Foras-

tiere et al. 1989; Amandus et al. 1991; Kupra et al. 1986;

Mehnert et al. 1990

Gießereiarbeiter 2,61 Westerholm et al. 1986; Infante-Rivard et al. 1989; Foras-

tiere et al. 1989; Sherson et al. 1991; Kupra et al. 1986

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 496

482 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 497: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Keramikarbeiter 2,60 Shima et al. 1991; Forastiere et al. 1989; Finkelstein et al.

1987; Infante-Rivard et al. 1989; Chen et al. 1990

• Aus einigen Studien resultiert eine Dosis-Risiko-Beziehung zwischen der kumula-tiven Exposition gegen�ber der alveoleng�ngigen Masse an kristallinem SiO2 undLungenkrebs. Danach ist bei Expositionen gegen�ber einer alveoleng�ngigenMasse an kristallinem SiO2 von kumulativ ‡ 1,9 [(mg/m3) x Jahre] in einer Studiemit einer Verdreifachung des Lungenkrebsrisikos zu rechnen.

• Auch dazu ist eine Differenzierung nach einzelnen Berufsgruppen mçglich:

[(mg/m3) OR CI95 % Studie

x Jahre]

Diatomeenarbeiter ‡ 5,00 2,15 1,10–4,30 Checkoway et al. 1997

Goldminenarbeiter ‡ 1,90 3,19 1,30–7,60 Hnizdo et al. 1997

Keramikarbeiter <8,70 1,80 1,04–2,87 McLaughlin et al. 1992

Versicherte der

Steinbruch-BG 2,04–3,87 1,76 0,90–3,70 Ulm u. Waschulzik 1998

Exponierte

(alle Branchen) ‡ 5,00 1,90 1,40–2,60 Bolm-Audorff et al. 1998

• Kumulative Expositionen der genannten Grçßenordnung korrelieren gleichzeitigmit einem hohen Silikoserisiko, insbesondere wenn dieser Dosisbereich bereits inrelativ kurzen Expositionszeiten, z. B. innerhalb von 10 Jahren, erreicht wird.Dennoch ist die kumulative Dosis allein wohl kein Indikator, der unter allen Expo-sitionsverh�ltnissen zuverl�ssig mit dem Auftreten von Silikose und Lungenkrebskorreliert.

• In Studien, in denen kumulative Expositionen gegen eine alveoleng�ngige Massean kristallinem SiO2 von ‡ 5 [(mg/m3) x Jahre] mit einer ann�hernden Verdopp-lung des Lungenkrebsrisikos korrelieren, ließ sich der Effekt von silikotischen Ver-�nderungen nicht immer bzw. nicht vollst�ndig kontrollieren (Checkoway et al.1997, 1999 und Bolm-Audorff et al. 1998).

• Studien mit kontrolliertem Einschluss der Silikose zeigen, dass die Silikose (‡ 1/1)eine st�rkere Assoziation zum Lungenkrebsrisiko aufweist als die kumulativeFeinstaubexposition. Bei wieder anderen Untersuchern war das Lungenkrebs-risiko in Abh�ngigkeit von der kumulativen Exposition unter Kontrolle der Sili-kose (‡ 1/0) nicht erhçht, wohl aber in Abh�ngigkeit von der durchschnittlichenKonzentration des kristallinen SiO2 (Hnizdo et al.. 1997; Cherry et al. 1998).

• Nach dem gegenw�rtigen Kenntnisstand ist zu folgern, dass eine durch kristallinesSiO2 induzierte Verdopplung des Lungenkrebsrisikos nur in Verbindung mit demNachweis einer Silikose (‡ 1/1 nach der ILO- Rçntgenklassifikation) als eine wis-senschaftlich gesicherte Assoziation betrachtet werden kann.

• Die gegenw�rtigen Kenntnisse rechtfertigen es nicht, eine hohe kumulative Dosisvon eingeatmetem kristallinen Siliziumdioxid (SiO2) allein und ohne Zeichen ei-ner Lungenfibrose als urs�chlich f�r den Lungenkrebs anzusehen.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 497

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 483

Page 498: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

2. Validit�t und Reliabilit�t der vorliegenden Erkenntnisse

Die Sichtung und Bewertung aller verf�gbaren Studien erfolgte unter Beachtung desf�r Confounding, Effektmodifikation und Bias existierenden Potentials wie

Confounder• Rauchen• Konkurrierende Kanzerogene am Arbeitsplatz (z. B. Radonzerfallsprodukte, As-

bestfasern, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, Dieselmotorenemis-sion),

Effektmodifikatoren• Unterschiedliche Effekte von

* Art und Zusammensetzung des quarzhaltigen Feinstaubes* Intensit�t und Dauer der Quarzfeinstaubexposition

• Einfluss physischer Belastung auf die alveolare Feinstaubdeposition• Potentielle Interaktionen durch feinstaubinduzierte, mit dem Lungenkrebs als To-

desursache konkurrierende Krankheiten• Potentieller Einfluss unterschiedlicher Silikoseformen auf das Lungenkrebsrisikound

Verzerrende Faktoren• Bias durch unvollst�ndige Confounder- und Effektmodifikatorenkontrolle• Bias durch geringe Sensitivit�t der Diagnostik zur Differenzierung von Gruppen• Unvollst�ndige Silikoseregister• Fehlklassifikation bei der retrospektiven Sch�tzung der Exposition• Unkontrollierter Healthy-Worker-Effekt

In Anbetracht der Bedeutung des Zigarettenrauchens f�r die Entstehung des Lungen-krebses ist es erforderlich, die Rolle dieses Confounders genauer zu betrachten, zumalin neueren Publikationen das durch epidemiologische Studien belegte erhçhte Lun-genkrebsrisiko auch bei Silikosepatienten auf den Einfluss des Rauchens zur�ck-gef�hrt und ein direkter Zusammenhang zwischen Quarzstaubexposition und Lun-genkrebs eher bezweifelt wird (BIA-Report 2/2001 – Vorabverçffentlichung). Dierelevanten Ergebnisse der betrachteten epidemiologischen Studien, in denen zu denRauchgewohnheiten verl�ssliche und verwertbare Angaben enthalten sind, werden inden Abbildungen 3 bis 11 nochmals synoptisch dargestellt:

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 498

484 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 499: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

2,17

1,67

1,93

0,47

0,53

0,24

1,73

1,18

0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 4,5 5

ohne Silikose SMR

– insges.(118 F.)

– „Non-Smoker”(5 F.)

– „Ex-Smoker”(7 F.)

– „Current-Smoker”(106 F.)

mit Silikose

– insges.(14 F.)

– „Non-Smoker”(1 F.)

– „Ex-Smoker”(4 F.)

– „Current-Smoker”(9 F.)

Abb. 3: Lungenkrebsmortalit�t unter Erzbergleuten (SMR und CI 95 %)

Amandus & Costello 1991; N=9. 912; 1959–1975, USA

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 499

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 485

Page 500: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

80,5

77,3

95,2

69,1

65,1

816141210186420

Vergleich Erkrankter„mit” gegenüber „ohne” Silikose

retlA :.tsujda

nehcuaR+retlA :.tsujda

regirdein tim nenosrePnoitisopxenodaR

nehcuaR+r etlA :.tsujda

.segsni – ”rekomsnoN„da j retlA :.tsu

regirdein tim ”rekomsnoN„ runnoitisopxenodaR

retlA :.tsujda

RR

Abb. 4: Lungenkrebsmortalit�t unter Erzbergleuten; Interner Vergleich Erkrankter (mit/ohne Silikose)

(RR Mantel-Haenszel und CI 95 %);

Amandus & Costello 1991; N=9.912; 1959–1975, USA

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 500

486 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 501: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

90,1

43,2

31,2

01,2

94,1

02,1

58,0

11,1

94,1

35,225,115,00

”srekoms-noN„ ;esokiliS50,0 < p ).F 21(

”srekomS„ ,esoiliS10,0 < p ;).F 12(

gnikomS„ ;esokiliSsn ;).F 2(”nwonknu

sberknegnuL10,0 < p ;).F 56(

.segsni ;esokiliS10,0 < p ).F 53(

gnikomS„ ;esokiliS enieKsn ;).F 2( ”nwonknu

”srekomS„ ;esokiliS enieKsn ;).F 12(

;esokiliS enieKsn ;).F 7( ”srekomS-noN„

.segsni ;esokiliS enieKsn ;).F03(

RSS

Abb. 5: Lungenkrebsmortalit�t unter Silikat- und Tonsteinherstellern (SRR)

Dong et al. 1995; N=6.266 M�nner; 1963–1985, China

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 501

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 487

Page 502: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

9,11

4,8

4,01

7,91

3,1

0,1

0,1

3,5

0908070605040302010

,noitisopxezrauQ tim – srekomS.K 62/.F 84 ;esokiliS tim

,noitisopxezrauQ tim – srekomS-noN.K 4/.F 2 ;esokiliS tim

,noitisopxezrauQ tim – srekomS.K 78/.F 58 ;esokiliS enho

,noitisopxezrauQ tim – srekomS-noN.K 8/.F 1 ;esokiliS enho

;noitisopxezrauQ enho – srekomS.K 251/.F 071

;noitisopxezrauQ enho – srekomS-noN.F 3 / .K 23

;.segsni srekomS.F 303 / .K 562

;.segsni – srekomS-noN.F 6 / .K 44

okisiR sevitaleR

Abb. 6: Lungenkrebsrisiko in Relation zu Quarzexposition, Silikose und Rauchen; klinikbasierte Fall-

Kontroll-Studie – (Relatives Risiko und CI 95 %)

Mastrangelo et al. 1988

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 502

488 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 503: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

84,3

02,2

86,1

97,0

6543210

gaT/netteragiZ 0elläF .boeb 4

gaT/netteragiZ 9 sib 1elläF .boeb 91

gaT/netteragiZ 91 sib 01elläF .boeb 52

gaT/netteragiZ rhem dnu 02elläF .boeb 01

RMS

Abb. 7: Lungenkrebsmortalit�t von an Silikose Erkrankten in Relation zum Zigarettenkonsum (SMR und

CI 95 %; bezogen auf lokale Raten)

Zambon et al. 1987

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 503

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 489

Page 504: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

8,1

8,1

7,1

6,2

2,3

2,4

6,8

0,01

540453035202510150

dekoms revE).segsni ;PWC tim( etuelgrebnelhoK

evitka :retnuradetuelgrebnelhoK

egilamehe :retnuradetuelgrebnelhoK

negirhäj 96-06 ella :retnuradetuelgrebnelhoK

negirhäj 96-06 ella :retnuradetuelgrebzrE

dekoms revEesokiliS enho etuelgrebzrE

dekoms reveNesokiliS enho etuelgrebzrE

negirhäj 96-06 ella :retnuradetuelgrebzrE

Abb. 8: Lungenkrebsrisiko bei an Silikose Erkrankten (NC); Einfluß der Rauchgewohnheiten; Vergleich

unterschiedlicher Industriearbeiter (RR und CI 95 %)

Amandus et al. 1991, 1995

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 504

490 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 505: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

75,2

90,2

35,225,115,00

srekomS-noNelläF etethcaboeb 23

10,0<p

srekomSelläF etethcaboeb 27

10,0<p

Abb. 9: Lungenkrebsmortalit�t unter Erkrankten an Silikose in Beziehung zum Rauchen (SMR); Wang et

al. 1996

13,3

82,1

88,3

84,3

78,2

5,445,335,225,115,00

)331=N( srekomS-noNelläF etethcaboeb 9

10,0<p

)591=N( srekomS-xEelläF etethcaboeb 41

100,0<p

)173=N( srekomSelläF etethcaboeb 62

100,0<p

)151=N( nwonknUelläF etethcaboeb 2

)058=N( latoTelläF etethcaboeb 15

100,0<p

RMS

Abb. 10: Mortalit�t durch Lungenkrebs bei Pneumokoniose-Erkrankten in Abh�ngigkeit vom Raucher-

status (SMR); Ebihara & Kawami 1998

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 505

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 491

Page 506: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 506

9,84

9,7

1,4

7,11

1,5

0,1

08070605040302010

esokiliS enieK

sraey kcap 01>).K38/.F2(

esokiliS

sraey kcap 92 sib 01( .F02 / .K031 )

sraey kcap rhem dnu 03).K89/.F43(

sraey kcap 01>( .K8/.F1 )

sraey kcap 92 sib 01).K81/.F4(

sraey kcap rhem dnu 03).K8/.F01(

RR

//232

Datenbasis: N=2600 weiße Goldminenarbeiter, 351 Silikosen, 78 Lungenkrebsf�lle; eingebettete Fall-

Kontroll-Studie

Abb. 11: Multiplikativer Effekt der Kombination von Rauchen und Silikose auf das Lungenkrebsrisiko

(RR; CI 95 %) nach Hnizdo et al. 1997

In allen Studien mit quantifizierenden Angaben zu den Rauchgewohnheiten kommt –wie erwartet – der Effekt des Rauchens f�r die Erhçhung des Lungenkrebsrisikos zurDarstellung (Amandus und Costello 1991, 1995; Dong et al. 1995; Wang et al 1996;Ebihara und Kawami 1998; Mastrangelo et al. 1988). In den Studien von Zambon etal. 1987 und von Hnizdo et al. 1997 wird zus�tzlich eine Dosis-H�ufigkeits-Bezie-hung des Zigarettenkonsums deutlich.

Des weiteren liefern die zitierten Studien den Beleg, dass das z. T. erheblich �berden Faktor 2 hinaus erhçhte Lungenkrebsrisiko bei Quarzstaubexposition, insbeson-dere bei Vorliegen einer Silikose, nicht durch das Confounding „Rauchen“ bedingtist, wohl aber in seiner Hçhe modifiziert wird:• Bei den Nichtrauchern bzw. Nie-Rauchern unter den an Silikose Erkrankten gibt

es deutliche Hinweise auf eine Verdopplung des Lungenkrebsrisikos (Erzbergleu-te: Amandus und Costello 1991, verschiedene Berufsgruppen Nord-Carolina1995; Silikat- und Tonsteinindustrie: Dong 1995; Bergbau und Metallurgie: Wanget al 1996; verschiedene Industriezweige: Ebihara und Kawami 1998).

• Bei Adjustierung auf den Raucherstatus und das Alter zeigen Erzbergleute mit Sili-kose im internen Vergleich mit der Gruppe „ohne Silikose“ etwa eine Verdopp-

492 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 507: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

lung der Lungenkrebsmortalit�t (Amandus und Costello 1991). Die Subgruppender Nichtraucher dieser Studie zeigen nach Alters-Adjustierung relative Risikenvon 3,77 bzw. 5,08 (bei Ausschluss von Personen mit hoher Radon-Exposition).

• Beim Zusammentreffen von Rauchen und Silikose erhçht sich das Lungenkrebs-risiko multiplikativ: Aus der Studie von Hnizdo et al. (1997) ist zu entnehmen,dass sich bei Personen mit einem Tabakkonsum von <10 pack years unter den er-fassten quarzstaubexponierten Goldminenarbeitern beim Vorhandensein einer Si-likose das Lungenkrebsrisiko um den Faktor 4,1 und bei starken Rauchern (>30pack years) multiplikativ von 11,7 auf 48,9 erhçht.

Somit kann auch unter Beachtung des Confounders „Rauchen“ die Annahme einesKausalzusammenhanges zwischen Quarzstaubexposition und Lungenfibrose einer-seits und der Entstehung eines Lungenkrebses andererseits beibehalten werden. Diearbeitsbedingte Einwirkung ist aufgrund der Studienergebnisse als eigenst�ndiger Ef-fekt qualifiziert. Demzufolge sind im Einzelfall bei der gutachterlichen Beurteilungdie Rauchgewohnheiten nicht relevant, da sich das Lungenkrebsrisiko beim Vorliegeneiner Silikose sowohl f�r Nichtraucher als auch f�r Raucher um den Faktor 4 erhçht.Nach dieser Sachlage halten die in der Vorabverçffentlichung des BIA-Reports2/2001 getroffenen Schlussfolgerungen einer wissenschaftlichen �berpr�fung nichtstand.

3. Zusammenfassung

Die bewerteten Untersuchungsergebnisse entsprechen den Kriterien, welche als Belegder Kausalit�t eines statistischen Zusammenhanges zwischen Einwirkung und Effektzu erf�llen sind:Konsistenz: Wiederholte Beurteilungen unterschiedlicher Popula-

tionen f�hren zu Ergebnissen mit �hnlicher Tendenz.St�rke der Assoziation: Beziehungen zwischen Hçhe der kumulativen Exposi-

tion und Erkrankungsrisiko sind vorhanden.Spezifit�t: Die beobachteten Effekte kçnnen als spezifisch auf-

gefasst werden, da konkurrierende Ursachen teils aus-geschlossen, teils durch Adjustierung ber�cksichtigtoder anderweitig transparent gemacht wurden.

Zeitabfolge: Die zeitlichen Zusammenh�nge zwischen Einwirkungund Effekt sind plausibel.

Dosis-Wirkungs-Beziehungen: Dosisabh�ngige Effekte werden sichtbar.

Plausibilit�t, Koh�renz, Die beobachteten Effekte erg�nzen andere wissen-experimentelle Evidenz: schaftliche Daten bis hin zum tier- und zellexperimen-

tellen Nachweis der Krebsentstehung durch die ange-schuldigte Einwirkung; sie sind aufgrund der aus all-gemeinen Kenntnissen zur Karzinogenese herleitbaren

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 507

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 493

Page 508: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Erw�gungen biologisch plausibel und bez�glich „vo-raussagbarer Effekte“ hypothesenkonform.

Aufgrund des vorhandenen Kenntnisstandes ist eine arbeitsbedingte Exposition ge-gen�ber kristallinem Siliziumdioxid in Form des alveoleng�ngigen Staubes generellgeeignet, bei Vorliegen einer Silikose Lungenkrebs zu verursachen.

Als „bestimmte Personengruppe“ gem�ß § 9(Abs. 1) des SGB VII gelten Ver-sicherte, die aufgrund ihrer Exposition gegen�ber alveoleng�ngigem Staub mit kris-tallinem Siliziumdioxid (SiO2) – insbesondere in den im Kapitel 1.3.3 genanntenBranchen – an einer Lungenfibrose (Silikose, Siliko-Tuberkulose) erkrankt sind.

Eine Berufskrankheit im Sinne dieser Begr�ndung liegt vor, wenn ein Versicherternach T�tigkeiten mit einer Exposition gegen�ber alveoleng�ngigem Staub mit kristal-linem Siliziumdioxid (SiO2) an Silikose (radiologisch festgestellte Silikose der ILO-Kategorie ‡ 1/1) bzw. Siliko-Tuberkulose und außerdem an Lungenkrebs erkrankt ist.

4. LiteraturverzeichnisAhlmann, K.; Koskela, R. S.; Kuikka, P.; Koponen, M.; Annanm�ki, M.:

Mortality among sulfide ore miners.Am. J. Ind. Med. 19 (1991), 603–617

Amandus, H.; Costello, J.:Silicosis and lung cancer in U. S. metal miners.Arch. Environ. Health 46 (1991), 82–89

Amandus, H. E.; Castellan, R. M.; Shy, C.; Heinemann, E. F.; Blair, A.:Reevaluation of silicosis and lung cancer in North Carolina dusty trades workers.Am. J. Ind. Med. 22 (1992), 147–153

Amandus, H. E.; Shy, C.; Castellan, R. M.; Blair A.; Heinemann, E. F.:Silicosis and lung cancer among workers in North Carolina dusty trades.Scand. J. Work Environ. Health 21(1995), Suppl. 2, 81–83

Amandus, H. E.; Shy, C.; Wing, S.; Blair, A.; Heineman, E. F.:Silicosis and lung cancer in North Carolina dusty trades workers.Am. J. med. Med. 20 (1991), 57–70

Andjelkovich, D. A.; Mathew, R. M.; Richardson; R. B.; Levm, R. J.:Mortality of iron foundry workers. I. Overall findings.J. Occup. Med. 32 (1990), 529–540

Andjelkovich, D. A.; Mathew, R. M.; Yu, R. C.; Richardson, R. B.; Levine, R. J.: Mortality of iron foundryworkers. II. Analysis by work area.J. Occup. Med. 34 (1992), 391–401

Andjelkovich, D. A.; Shy, C. M.; Brown, M. H.; Janszen, D. B.; Levine, R. J.;Richardson, R. B.:Mortality of iron foundry workers. III. Lung cancer case-control study.J. Occup. Med. 36 (1994), 1301–1309

Axelson, O.:Aspects of confounding in occupational health epidemiology.Scand. J. Work Environ. Health 4 (1978), 85–88

Balaan, M., Weber, S., Banks, D.:Clinical aspects of coal workers’ pneumoconiosis and silicosisOccupational Medicine: State of the Art Reviews 8 (1993): 1, 19–34.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 508

494 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 509: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Becklake, M.:PneumoconiosesIn: Murray, J.; Nadel, J. (Hrsg.): Textbook of Respiratory Medicine, 2nd editionW. B. Saunders, 1955–1966.

Bochmann, F.; Nold, A.; Arndt, V.; Mçhring, D.:Quarz und Lungenkrebs: Zusammenfassung epidemiologischer Studien.In: BIA-Report 2/200 1 (Vorabverçffentlichung), Hrsg.:Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften, Sankt Augustin 2001

Bolm-Audorff, U.; Mçhner, M.; Morfeld, P.; Ahrens, W.; Br�ske-Holfeld, I; Jçckel, K.-H.; Pohlabeln, H.;Wichmann, H. E.:Lungenkrebsrisiko durch berufliche Exposition – Quarzst�ube.In: Jçckel, K.-H.; Br�ske-Holfeld, L; Wichmann, H. E. (Hrsg.):Lungenkrebsrisiko durch berufliche Exposition.Landsberg: ecomed 1998; 186–209

Burgess, G. L.; Turner, S.; McDonald, J. C.; Cherry, M.:Cohort mortality study of Staffordshire pottery workers: (I) Radiographic validation of an exposurematrix for respirable crystalline silica.Ann. Occup. Hyg. 41(1997) Suppl. 1, 403–407

Carta, P.; Cocco, P.; Picchiri, G.:Lung cancer mortality and airways obstruction among metal miners exposed to silica and low levelsof radon daughters.Am. J. Ind. Med. 25 (1994), 489–506

Carta, P.; Cocco, P. L.; Casula, D.:Mortality from lung cancer among Sardinian patients with silicosis.Br. J. Ind. Med. 48 (1991), 122–129

Checkoway, H.; Heyer, N. J.; Seixas, N. S.; Welp, E. A. E.; Demers, P. A.; Hughes, J. M.; Weill, H.:Dose-response associations of silica with nonmalignant respiratory diseases and lung cancer mor-tality in the diatomaceous earth industry.Am. J. Ind. Med. 145 (1997), 8, 680–688

Checkoway, H.; Heyer, N. J.; Demers, P. A.; Breslow, N. E.:Mortality among workers in the diatomaceous earth industry.Br. J. Ind. Med. 50(1993), 586–597

Checkoway, H.; Heyer, N. J.; Demers, P. A.; Gibbs, G. W.:Reanalysis of mortality from lung cancer among diatomaceous earth industry workers, with consi-deration of potential confounding by asbestos exposure.Occup. Environ. Med. 53 (1996), 645–647

Checkoway, H.; Hughes, J. M.; Weill, H.; Seixas, N. S.; Demers, P. A.:Crystalline silica exposure, radiological silicosis, and lung cancer mortality in diatomaceous earthindustry workers.Thorax 54 (1999), 56–59

Chen, L; McLaughlin, J. K.; Zhang, J. -Y.; Stone, B. J.; Luo, L; Chen, R.; Dosemeci, M.; Rexing, S.; Wu,Z; Hearl, F. J.; McCawley, M. A.; Blut, W. J.:Mortality among dust exposed Chinese mine and pottery workers.J. Occup. Med. 34(1992), 311–316

Chen, S.-Y.; Hayes, R. B.; Wang, L-M.; Liang, S. R.; Blair, A.:Nonmalignant respiratory disease among hematite mine workers in China.Scand. J. Work Environ. Health 15 (1989), 319–322

Chen, S-Y.; Hayes, R. B.; Liang, Li, Q. G.; Stewart, P. A.; Blair, A.:Mortality experience of haematite mine workers in China.Br. J. Ind. Med. 47 (1990), 175–181

Cherry, N.; Burgess, G. L.; Turner, S.; McDonald, J. C.:Cohort study of Staffordshire pottery workers: (II) Nested case referent analysis of lung cancer.Ann. Occup. Hyg. 41(1997), Suppl. 1, 408–411

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 509

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 495

Page 510: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Cherry, N.; Burgess, G-; McNamee, R.; Turner, S.; McDonald, C.:Initial findings from a cohort mortality study of British pottery workers.Appl. Occup. Environ. Hyg. 10 (1995), 12, 1042–1045

Cherry, N. M.; Burgess. O. L.; Turner, S.; McDonald, J. C.:Crystalline silica and risk of lung cancer in the potteries.Occup. Environ. Med. 55 (1998), 779–785

Chia, S. E.; Chia, K.-S.; Phoon, W. -H.; Lee, H.-P.:Silicosis and lung cancer among Chinese granite workers.Scand. J. Work Environ. Health 17 (1991), 170–174

Chiyotani, K.; Saito, K.; Okubo, T.; Takahashi, K.:Lung cancer risk among pneumoconiosis patients in Japan, with special reference to silicotics.In: Simonato, L.; Fletcher, A. C.; Saracci, R.; Thomas, T. L. (eds.):Occupational Exposure to Silica and Cancer Risk (IARC scientific publications 97).Lyon: IARC 1990, 95–104

Cocco, P. L.; Carta, P.; Belli, S.; Picchiri, O. F.; Flore, M. V.:Mortality of Sardinien lead and zinc miners: 1960–1988.Occup. Environ. Med. 51 (1994a), 674–682

Cocco, P. L.; Carta, P.; Eure, V.; Picchin, G. F.; Zucca, C.:Lung cancer mortality among female mine workers exposed to silica.J. Occup. Med. 36 (1994b), 894–898

Cooper, W. C.; Wong, O.; Trent, L. S.; Harns, E;An updated study of taconite miners and millers exposed to silica an non-asbestiform amphiboles.J. Occup. Med. 34 (1992), 1173–1180

Costello, L; Castellan, R. M.; Swecker, G. S.; Kullman, G. J.:Mortality of a cohort of U. S. workers employed in the crushed stone industry, 1940–1980.Am. J. md. Med. 27 (1995), 625–640

Costello, L; Graham, W. G. B.:Vermont granite workers’ mortality study.Am. J. Ind. Med. 13 (1988), 483–497

De Klerk, N. H.; Musk, A. W.:Silica compensated silicosis, and lung cancer in Western Australian goldminers.Occup. Environ. Med. 55 (1998), 243–248

De Klerk, N. H.; Musk, A. W.; Teltow, S.; Hansen, L; Eccles, J. L.:Preliminary lung cancer mortality among Western Australian gold miners exposed to silica.Scand. J. Work Environ. Health 21 (1995), Suppl. 2, 66–68

Dong, D.; Xu, G.; Sun, Y.; Hu, P.:Lung cancer among workers exposed to silica dust in Chinese refractory plants.Scand. J. Work Environ. Health 21(1995), Suppl. 2, 69–72

Ebihara, I; Kawami, M.:Lung cancer and immunopathologic diseases among copper miners in a small copper mine, stonemasons and pneumoconiotic patients in Japan.J. Science of Labour 74 (1998), 3, Part II, 1–14

Finkelstein, M.:Silicosis Surveillance in Ontario: Detection Rates. Modifying Factors, and Screening IntervallsAm J Ind Med 25 (1994) 257–266.

Finkelstein, M.:Radiographic silicosis and lung cancer risk among workers in Ontario.Am. J. Ind. Med. 34 (1998), 244–251

Finkelstein, M.; Liss, G. M.; Kraner, F; Kusiak, R. A.:Mortality among workers receiving compensation awards for silicosis in Ontario, 1940–85.Br. J. Ind. Med. 44 (1987), 588–594

Finkelstein, M. M.:Silicosis, radon and lung cancer risk in Ontario miners.Health Phys. 69 (1995), 396–399

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 510

496 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 511: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Forastiere, E; Lagorio, S.; Michellozzi, P.; Cavariani, F; Arca, M.; Borgia, P.; Perucci, C.; Axelson, O.:Silica, silicosis and lung cancer among ceramic workers: A case-referent study.Am. J. Ind. Med. 10 (1986), 363–370

Forastiere, F.; Lagorio, S.; Michelozzi, P.; Perucci, C. A.; Axelson, O.:Mortality pattern of silicotic subjects in the Latium region. Italy.Br. J. Ind. Med. 46 (1989), 877–880

Fu, Hua; Gu, X.-Q.; Jin, X.-P.; Yu, S.-Z.; Wu, K.-O.; Goudutti, T. L.:Lung cancer among tin miners in Southeast China: Silica exposure, silicosis, and cigarette smo-king.Am. J. Ind. Med. 26 (1994), 373–381

Ghio, A., Kennedy, P., Schapira, R., Crurnbliss, A., Huidal, J.:Hypothesis: is lung disease after silica inhalation caused by oxidant generation.Lancet 336 (1990) 967–969.

Goldsmith, D. F.; Beaumont, J. J.; Murrin, L. A.; Schenker, M. B.:Respiratory cancer and other chronic disease mortality among silicotics in Califomia.Am. J. Ind. Med. 28 (1995), 459–467

Greenland, S.; Pearl, J; Robins, J. M.:Causal diagrams for epidemiologic research.Epidemiology 10(1999), 37–48

Greim, H. (Hrsg.):Gesundheitssch�dliche Arbeitsstoffe – Toxikologische Begr�ndungvon MAK-Werten (Sonderdruck) 29. Lieferung, M�nchen: WILWEY-VCH 1999

Greim, H. (Hrsg.):Gesundheitssch�dliche Arbeitsstoffe – Toxikologische Begr�ndungvon MAK-Werten (Sonderdruck) 27. Lieferung, M�nchen: WILWEY-VCH 1998

Gu�nel, P.; Hojberg, O.; Lynge, E.:Cancer incidence among Danish stone workers.Scand. J. Work Environ. Health 15 (1989), 265–270

Hessel, P. A.; Sluis-Cremfa, O. K.; Hnizdo, E.:Silica exposure, silicosis, and lung cancer: a necropsy study.Br. J. Ind. Med. 47 (1990), 4–9

Heuchert, G.:Bewertung epidemiologischer Studien zur Analyse der Beziehungen zwischen silikoseinduzieren-den Feinstaubexpositionen und Lungenkrebs.Schriftenreihe der Bundesanstalt f�r Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Sonderheft S. 57,Dortmund Berlin: Wirtschaftsverlag 1999

Hnizdo, E; Sluis-Cremer, G. K.:Silica exposure, silicosis, and lung cancer: a mortality study of South African gold miners.Br. J. Ind. Med. 48 (1991), 53–60

Hnizdo, E.; Murray, J.:Risk of pulmonary tuberculosis relative to silicosis and exposure to silica dust in South Africangold miners.Occup. Environ. Med. 55 (1998), 496–502

Hnizdo, E.; Murray, J.; Klepman, S.:Lung cancer in relation to exposure to silica dust, silicosis and uranium production in South Africangold miners.Thorax 52 (1997), 271–275

Hnizdo, E.; Murray, L; Sluis-Cremer, O. K.; Thomas, R. O.:Correlation between radiological and pathological diagnosis of silicosis: An autopsy population ba-sed study.Am. J. Ind. Med. 24 (1993), 427–445

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 511

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 497

Page 512: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Hodgson, J. T.; Jones, R. D.:Mortality of a cohort of tin miners 1941–86.Br. J. Ind. Med. 47 (1990), 665–676

Hua et al. (1994): siehe Fu et al. (1994)IARC Monographs on the evaluation of carcinogenic risks to humans.

Silica, some silicates, coal dust and para-aramid fibrils. Vol. 68,Lyon: IARC 1997, 41–242

Infante-Rivard, C.; Armstrong, B.; Petiitclerk, M.; Cloutier, L.; Theriault, O.:Lung cancer mortality and silicosis in Quebec. 1938–85.Lancet 23 (1989), 1504–1507

Katsnelson, B. A.; Mokronosova, K. A.:Non-fibrous mineral dusts and malignant tumors. An epidemiological study of mortality.J. Occup. Med. 21(1979), 15–20

Koskela, R. S.; Klockars, M.; Laurent, H.; Holopainen, M.:Silica dust exposure and lung cancer.Scand. J. Work. Environ. Health 21 (1994), 407–416

Kusiak, R. A.; Springer, L; Ritchie, A. C.; Muller, J.:Carcinoma of the lung in Ontario gold minders: possible aetiological factors.Br. J. Ind. Med. 48 (1991), 808–817

Lagorio, S.; Forastiere, E; Michelozzi, P.; Cavariani, F; Perucci, C. A.; Axflson O.:A case-referent study on lung cancer mortality among ceramic workers.In: Simonato, L.; Fletcher, A. C.; Saracci, R.; Thomas, T. L. (eds.):Occupational exposure to silica and cancer risk.Lyon: IARC 1990, 21–28. (IARC scientific publications, 97)

Lapp, L., Castranoa, V. 1993:How silicosis and coal workers' pneumoconiosis develop – a cellular assessment Occupational Medi-cine: State of the Art Review 8 (1): 35–56.

Mastrangelo, O.; Zambon, P.; Simonato, L.; Rizzi, P.:A case referent study investigating the relationship between exposure to silica dust and lung can-cer.Int. Arch. Occup. Environ. Health 60 (1988), 299–302

McDonald, J. C.; Cherry, N.; McNamee, R.; Burgess, G.; Turner, S.:Preliminary analysis of proportional mortality in a cohort of British pottery workers exposed to cry-stalline silica.Scand. J. Work Environ. Health 21(1995), Suppl. 2, 63–65

McDonald, J. C.; Gibbs, O.; Liddell, W.; McDonald, A.:Mortality after long exposure to cummingtonite-grunerite.Am. Rev. Respir. Dis 118 (1978), 271–277

McDonald; J. C.; Burgess, O. I.; Turner, S.; Cheny, N. M.:Cohort study of Staffordshire pottery workers:(III) lung cancer, radiographic changes, silica exposure and smoking habit.Ann. Occup. Hyg.41 (1997), Suppl. 1,412–414

McLaughlin, J. K.; Jing-Qiong, Ch.; Dosemeci, M.; Rong-An, Ch.; Rexing, S. H.; Zhien, W.; Jearl, F. J.;McCawley, M. A.; Blot, W. J.:A nested case-control study of lung cancer among silica exposed workers in China.Br. J. Ind. Med. 49 (1992), 167–171

Mehnert, W. H.; Staneczek, W.; Mçhner, M.; Konetzke, G.; M�ller, W.; Ahlendorf, W.; Beck, B.; Winkel-mann, R.; Simonato, L.:A mortality study of a cohort of slate quarry workers in the German Democratic Republic.In: Simonato, L.; Fletcher, A. C.; Saracci, R.; Thomas, T. L. (eds.):Occupational Exposure to Silica an Cancer Risk.Lyon: IARC 1990, pp. 55–64 (IARC scientific publications, 97)

Meijers, J. M. M.; Swaen, G. M. H.; Swaen, O. M. H.:Mortality and lung cancer in ceramic workers in the Netherlands: Preliminary results.Am. J. Ind. Med. 30 (1996), 26–30.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 512

498 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 513: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Meijers, J. M. M.; Swaen, G. M. H.; Volovics, A.; Siagen, J. J. M.; Van Vliet, K.:Silica exposure and lung cancer in ceramic workers: A case-control study.Int. J. Epidemiol. 19 (1990), 19–25

Merlo, F.; Duria, M.; Fontana, L.; Ceppi, M.; Chesi, E.; Santi, L.:Mortality from specific causes among silicotic subjects: A historical prospective study.In: Simonato, L.; Fletcher, A. C.; Saracci, R.; Thomas, T. L. (eds.):Occupational Exposure to Silica an Cancer Risk.Lyon: IARC 1990, 105–111. (IARC scientific publications, 97)

Merlo, F; Custanini, M.; Reggiardu, G.; Ceppi, M.; Puntoni, R.:Lung cancer risk among refractory brick workers exposed to crystalline silica:A retrospektive cohort study.Epidemiology 2 (1991), 299–305

Merlo, F; Fontana, L.; Reggiardo, O.; Ceppi, M.; Barisione, G.; Garrone, E.; Dotia, M.:Mortality among silicotics in Genua, Italy, from 1961 to 1987.Scand. J. Work Environ. Health 21 (1995), Suppl. 2, 77–80

Miettinen, O.:Estimability and estimation in case-referent studies.Am. J. Epidemiol. 103 (1976), 226–235

Miettinen, O.; Wang, J-D.:An alternative to the proportionate mortality ratio.Am. J. Epidemiol. 114 (1981), 144–148

Morfeld, P., Piekarski, C.:Epidemiologische Erkenntnisse zur kanzerogenen Wirkung von Steinkohlengrubenst�uben. Ergeb-nisse von Untersuchungen auf dem Gebiet der Staub- und Silikosebek�mpfung im Steinkohlenberg-bau, Bd. 20.Hrsg.: Ministerium f�r Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, (1998), 281–324

M�ller, K.-M., Meile, A.:Morphologie fibrosierender LungenerkrankungenIn: W. Domschke: „Bindegewebe und innere Erkrankungen“Urban und Schwarzenberg 1996, 11–37

M�ller, K.-M.:Welchen Beitrag kann der Pathologe und Gutachter zum Thema „Quarz und Lungenkrebs“ leisten?In: Berufskrankheiten in der keramischen und Glas-Industrie, Heft 40,W�rzburg: Berufsgenossenschaft der keramischen und Glas-Industrie 1999

Neuberger, M.; Kundi, M.; Westphal, O.; Grundorfer, W.:The Viennese dusty worker study.In: Goldsmith. D. M.; Shy, C. M. (eds.):Silica, Silicosis and Cancer. Controversy in Occupational Medicine.New York. Praeger 1986, 415–422

Neuberger, M.; Westphal, O.; Bauer, P.:Long-term effect of occupational dust exposure.Jpn. J. Ind. Health 30 (1988), 362–370

Ng, T.-P.; Chan, S.-L.; Lee, J.:Mortality of a cohort of men in a silicosis register: Further evidence of an association with lungcancer.Am. J. Ind. Med. 17 (1990), 163–171

Official statement of the American Thoracic Society, Am J Respir Crit Care Med 155: 761–765Begin, RO., Cantin, AM., Boileau, RD., Bisson, BY., 1987:Spectrum of alveolitis in quartz-exposed human subjectsChest 92: 1061–1067

Partanen, T.; Pukkala, E.; Vainio, H.; Kurppa, K.; Koskinen, H.:Increased incidence of lung and skin cancer in Finnish silicotic patients.J. Occup. Med. 36 (1994), 616–622

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 513

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 499

Page 514: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Puntoni, R.; Goldsmith, D. F.; Valeno, E; Vercelli, M.; Bonassi, S.; Di Giorgio, E; Ceppi, M.; Stagnaro,E.; Filiberti, R.; Santi, L.; Merlo, F.:A cohort study of workers employed in a refractory brick plant.Tumori 74 (1988), 27–33

Rafnsson, V.; Gunnarsdottir, H.:Lung cancer incidence among an Icelandie cohort exposed to diatomeeous earth and cristobalite.Scand. J. Work Environ. Health 23 (1997), 187–192

Reid, P. L; Sluis-Cremer, O. K.:Mortality of white South African gold miners.Occup. Environ. Med. 53 (1996), 11–16

Rice, F. L.; Park, R.; Stayner, L.; Smith, R.; Gilbert, S.; Checkoway, H.:Cristalline silica exposure and lung cancer mortality in diatomaceous earth industry workers: aquantitative risk assesment.Occup. Environ. Med. 58 (2001), 38–45

Rom, W., Crystal, R. O.:Consequences of chronic inorganic dust exposureIn: Crystat, R. O.; West, J. B.: The Lung Scientific Foundation;Raven Press, New York 1991: 1885–1897.

Rubino, O. F.; Scansetti, O.: Coggiola, M.; Pira, E.; Piolatto, O.; Coscia, O. C.:Studio epidemiologico di mortalita in una coorte di silicotici nellaregione Piemonte.In: DEUTSCH & MARCATO (eds.): Silice, Silicosi e Cancero.Padua: University of Padua 1985, 121–132

Samet, J. M.; Pathak, D. R.; Morgan, M. V.; Coultas, D. B.; James, D. S.; Hunt, W. C.:Silicosis and lung cancer risk in underground uranium miners.Health Phys. 66 (1994), 450–453

Sch�ler, O.; R�ttner, J. R.:Silicosis and lung cancer in Switzerland.In: GOLDSMITH, D. F.; WINN, D. M.; SHY, C. M. (eds.):Silica, Silicosis and Cancer. Controversy in Occupational Medicine.New York: Praeger 1986, 357–366

Sherson, D.; Svane, O.; Lynge, E.:Cancer incidence among fondry workers in Denmark.Arch. Environ. Health 46 (1991), 75–81

Smith, A. H.; Lopipero, P.; Barroga, V. R.:Meta-analysis of studies of lung cancer among silicotics.Epidemiology 6 (1. 995), 617–624

Steenland, K.; Beaumont, J.:A proportionate mortality study of granite cutters.Am. J. Ind. Med. 9 (1986), 189–201

Steenland, K.; Brown, D.:Mortality study of gold miners exposed to silica and nonasbestiform amphibole minerals: An updatewith 14 more years of follow-up.Am. J. Ind. Med. 27(1995), 217–229

Thomas, T. L.:A preliminary investigation of mortality among workers in the pottery industrie.J. Epidemiol. 11(1982), 175–180

Thomas, T. L.:Lung cancer mortality among pottery workers in the United States.In: Simonato, L.; Fletcher, A. C.; Saracci, R.; Thomas, T. L. (eds.):Occup. Exposure to Silica and Cancer RiskLyon: LARC 1990, 75–81. (IARC scientific publications, 97)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 514

500 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 515: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Thomas, T. L.; Stewart, P. A.:Mortality from lung cancer and respiratory disease among pottery workers exposed to silica andtalk.Am. J. Epidemiol. 125 (1987), 35–43

Tornling, O.; Hogestedt, C.; Westerholm, P.:Lung cancer incidence among Swedish ceramic workers with silicosis.In: Simonato, L.; Fletcher, A. C.; Saracci, R.; Thomas, T. L. (eds.):Occupational Exposure to Silica and Cancer Risk.Lyon: IARC 1990, 113–119. (IARC scientific publications 97),

Tsuda, T.; Babazono, A.; Yamamoto, E.; Mino, Y.; Matsuoka, H.:A meta-analysis on the relationship between pneumoconiosis and lung cancer.J Occup. Health 39 (1997), 285–294

Ulm, K., Waschulzik, B.:Quarzfeinstaub und Lungenkarzinom – Ergebnisse einer Fallkontrollstudie zur Untersuchung einesZusammenhanges zwischen einer Exposition gegen�ber langj�hrigem Quarzfeinstaub und dem Auf-treten von Lungenkarzinomen.Hrsg. Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften. Meckenheim: DCM 1998

Ulm, K.; Waschulzik, B.; Ehnes. H.; Guldner, K.; Thomasson, B.; Schwebig, A.; No, H.:Silica dust and lung cancer in the German Stone, quarrying, and ceramics industries: results of a ca-se-control study.Thorax 54 (1999), 347–351

Vanhee, D., Gosset, P., Boitelle, A., Wallaert, B., Tonne, A. B.:Cytokines and cytokine network in silicosis and coal workers' pneumoconiosis.Eur Respir J 8 (1995) 5, 834–842.

Wang, Z.; Dung, D.; Liang, X; Qu, O.; Wa. L; Xu, X.:Cancer mortality among silicotics in China's metallurgical industry.Int. J. Epidemiol. 25 (1996), 913–917

Weiss R., Paschen S., Schober P., Merz O., Schlimper H-U., Ferch H., Kreher A., Habersang S.:Siliciumdioxid.In: Bartholom�, E (Hrsg): Ullmanns Encyklop�die der technischen Chemie,Korrosion bis Lacke. Band 21, 4. Aufl.Weinheim: Verlag Chemie 1982, 439–476

Westerholm, P.:Silicosis: observations on a cancer register.Scand. J. Work Environ. Health 6 (1980), Suppl. 2, 26–37

Westerholm, P.; Ahlmark, A.; Maasing, R.; Segelberg,I.:Silicosis and lung cancer-a cohort study.In: GOLDSMITH, D. F.; WINN, D. M.; SHY, C. M. (eds.):Silica, Silicosis and Cancer. Controversy in Occupational Medicine.New York: Praeger 1986, pp. 327–333

Winter, P. D.; Gardner, M. J.; Fletcher, A. C.; Jones, R. D.:A mortality follow-up study of pottery workers: preliminary findings on lung cancer.In: Simonato, L.; Fletcher, A. C.; Saracci, R.; Thomas, T. L. (eds.):Occupational Exposure to Silica and Cancer RiskLyon: IARC 1990; 83–94 (IARC scientific publications, 97)

Woitowitz, H.-J.:Die gesetzlichen Berufskrankheiten; Erkrankungen der AtemwegeIn: Valentin, H. et al.: Arbeitsmedizin, Band 2: BerufskrankheitenGeorg Thieme Verlag Stuttgart, New York 1985: 184–228.

Woitowitz, H.-J.:Kanzerogenit�t des alveoleng�ngigen Anteils von Quarzstaub.Arbeitsmed. Sozialmed. Umweltmed. 34 (1999) 524–532

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 515

Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 501

Page 516: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Xu, Z; Brown, L. M.; Pan, O. W. et al.:Cancer risk among iron and steel workers in Anshan, China, Part II: Case-control studies of lungcancer and stomach cancer.Am. J. Ind. Med. 30 (1996), 7–15

Zambon, P.; Simonato, L.; Mastrangelo, O.; Wikelmann, R.; Sala, B.; Crepet, M.:Mortality of workers compensated for silicosis during the period 1959–1963 in the Veneto regionof Italy.Scand. J. Work Environ. Health 13 (1987), 118–123

Hinweis: Kapitel G Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten41 12 Lungenkrebs durch die Einwirkung von kristallinem Silizi-

umdioxid (SiO±) bei nachgewiesener Quarzstaublungen-erkrankung (Silikose oder Siliko-Tuberkulose)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 516

502 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)

Page 517: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

IWissenschaftliche Begr�ndungenzu den Berufskrankheiten nach§ 9 (2) SGB VII(„Quasi“-Berufskrankheiten)

Die Verçffentlichung von wissenschaftlichen Begr�ndungen durch den Verordnungsgeberentspricht den gesetzlichen Vorgaben in § 9 (1) SGB VII und dient der Vorbereitung derBezeichnung einer neuen Berufskrankheit durch Absicherung der wissenschaftlichen Er-kenntnisse. Von dem Zeitpunkt der Bekanntmachung bis zur Aufnahme in die Berufskrank-heiten-Verordnung bieten sie dar�berhinaus dem Unfallversicherungstr�ger eine fundierteEntscheidungshilfe in Anerkennungsverfahren bei „Quasi“-Berufskrankheiten nach § 9 (2)SGB VII (vgl. Kapitel C).

1 Lungenkrebs durch polyzyklische aromatischeKohlenwasserstoffe

2 (Karpaltunnelsyndrom durch mechanischeBelastung)

3 (Gonarthrose durch mechanische Belastung)

4 (Nasenkrebs durch Lederstaub)

5 (Schweißerlungenfibrose)

Literaturhinweis:Zur Bedeutung der „Risikoverdopplung“ in der arbeitsmedizinischen Begutachtung und bei der Neude-

finierung von Berufskrankheiten (Manz, 1999)Von der Wahrscheinlichkeit des Irrtums (Weihe, 2004)Volkskrankheiten als Berufskrankheit? Grunds�tzliche Bemerkungen zur sogenannten Berufskrankhei-

tenreife (Wilde und Schulte, 2004)Multikausalit�t im Berufskrankheitenrecht – Rechtsprobleme des § 9 SGB VII bei konkurrierenden Ur-

sachen (Keller, 2005)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 517

Page 518: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Wissenschaftliche Begr�ndung

f�r eine Berufskrankheit nach § 9 (2) SGB VII

Bundesarbeitsblatt 4/1998, 54–61

Lungenkrebs durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe

bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis von mindestens100 Benzo[a]pyren-Jahren [(�g/m3) x Jahre]

Klinische Zuordnung:Pneumologie

1. Aktueller Erkenntnisstand

1.1 Chemische Charakteristik der urs�chlich sch�digenden Einwirkung

Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) sind eine Gruppe von Substan-zen mit 3 bis mehr als 6 aromatischen Ringsystemen. Diese Substanzgruppe enth�ltviele hundert Substanzen, arbeitsmedizinisch-toxikologisch sind bislang jedoch nurca. 40 PAK genauer untersucht (IARC 1983, Henschler 1984). Die Strukturformelneiniger gut untersuchter PAK sind in Abbildung 1 dargestellt.

1.2 Probenahme- und Analyseverfahren

Die Probenahme partikelfçrmiger oder an Partikel adsorbierter PAK, auch von Ben-zo[a]pyren (BaP), erfolgt durch Erfassung der einatembaren Partikelfraktion und Ab-scheidung auf Filtern (Glasfaserfilter, Teflonfilter). Von den beladenen Filtern werdenBaP und andere PAK mit einem Lçsungsmittel extrahiert. Zur analytischen Bestim-mung stehen (ggf. nach weiteren Anreicherungs- und Reinigungsschritten) mit derD�nnschicht-, der Gaschromatographie und der Hochleistungsfl�ssigkeitschromato-graphie verschiedene Analysenmethoden zur Verf�gung (Hauptverband der gewerb-lichen Berufsgenossenschaften 1997).

Bei der Ableitung des kumulativen BaP-Dosiswertes wurden Messungen auf Basisvon CTPV (coal tar pitch volatiles; mit einem Lçsungsmittel extrahierbarer Anteil)und mit Hilfe eines Probenahmekopfes durchgef�hrt, dessen Erfassungs-Charakteris-tik nicht dokumentiert ist (NIOSH 1994). Bei �berpr�fung und Anwendung dieserErgebnisse auf die in Deutschland �blichen Randbedingungen und Verfahren mußtensowohl die stoffinhaltlichen Beziehungen von CTPV zu BaP als auch die probenahme-technischen Unterschiede im Hinblick auf die einatembare Aerosolfraktion beachtetund quantifiziert werden.

Durch umfangreiche Untersuchungen konnte der durchschnittliche BaP-Gehalt imCTPV mit ca. 0,8 % ermittelt werden (Hahn et al. 1995, Armstrong et al. 1994).

Probenahmetechnisch war zu beachten, daß in den USA und Kanada bei der Be-stimmung der BaP-Gehalte in der Luft am Arbeitsplatz h�ufig Probenahmesystemeverwendet wurden, die als sog. „total dust sampler“ nicht den Anforderungen derNorm EN 481 entsprechen. Die seit langem in Deutschland gebr�uchlichen Pro-benahmesysteme f�r die einatembare Staubfraktion erf�llen im Bereich geringer undmittlerer Umgebungsluftgeschwindigkeiten die EN 481 (BerufsgenossenschaftlichesInstitut f�r Arbeitssicherheit 1996).

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 518

504 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten nach § 9 (2) SGB VII

Page 519: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Ein Vergleich des Berufsgenossenschaftlichen Instituts f�r Arbeitssicherheit zwi-schen den amerikanischen und dem in der Bundesrepublik �blichen Meßverfahren er-gab bislang f�r ein erstes Meßwerte-Kollektiv keine relevanten Unterschiede derHçhe der BaP-Konzentration.

1.3 Vorkommen und Gefahrenquellen

Die wesentlichen Expositionsquellen von Benzo[a]pyren und anderen polyzyklischenaromatischen Kohlenwasserstoffe am Arbeitsplatz sowie die dabei in der Vergangen-heit aufgetretene Expositionshçhe werden im BaP-Jahre-Report des Hauptverbandesder gewerblichen Berufsgenossenschaften dargestellt.

1.3.1 Kokereien und Generatorgasherstellung

F�r die Herstellung von Koks werden Steinkohle oder Braunkohle in Kokereien unterLuftabschluß erhitzt und dabei die fl�chtigen Bestandteile ausgetrieben. In einer mo-dernen Steinkohlenkokerei wird gemahlene Steinkohle von der Kokereiofendeckeoder der Seite mit einem F�llwagen in die Ofenkammern verf�llt, die in Batterien von10 bis 100 �fen angeordnet sind. Der Ofen wird anschließend versiegelt und die Ver-kokung bei 1000 bis 1400 �C �ber 16 bis 35 Stunden, je nach gew�nschter Koksart,durchgef�hrt. Die w�hrend des Verkokungsprozesses freiwerdenden Kokereirohgasewerden in Nebenbetrieben weiterverarbeitet und Steinkohlenteer sowie aromatischeKohlenwasserstoffe wie Benzol gewonnen. Nach dem Verkokungsprozeß wird dieOfenkammer auf einer Seite geçffnet und der Koks von der anderen Seite mit einerDr�ckmaschine herausgepreßt. Dabei f�llt der heiße Koks auf einen Eisenbahnwag-gon und wird danach mit Wasser gelçscht oder mit Luft gek�hlt (IARC 1984).

Kokereiarbeiter sind bei der Arbeit durch freiwerdende Kokereirohgase in der Re-gel einer hohen PAK-Exposition ausgesetzt. Messungen in �lteren Kokereien in derBundesrepublik Ende der 70er Jahre ergaben 8-Stunden-Mittelwerte der Benzo[a]py-ren-Konzentration auf der Ofendecke zwischen 22 und 33 �g/m3 und an der Ofen-seite zwischen 1 und 5 �g/m3 (Blome 1981). Zum Vergleich: die heutige technischeRichtkonzentration f�r Benzo[a]pyren in Kokereien und Strangpechanlagen betr�gt5 �g/m3, ansonsten 2 �g/m3.

Kokereiarbeiter scheiden im Vergleich zu unbelasteten Kontrollprobanden imUrin vermehrt Hydroxy-PAK aus. Beispielsweise lag die Konzentration von Gesamt-Hydroxyphenanthren bei Kokereiarbeitern um den Faktor 21 �ber der von unbelaste-ten Personen (70,3 versus 3,5 �g/l). �hnliche Konzentrationsunterschiede fanden sichf�r Hydroxyfluoranthen, -pyren, -chrysen und -benzo[a]pyren (Grimmer et al. 1991).F�r eine �bersicht der PAK-Exposition in Kokereien siehe IARC (1984).

Die Vergasung von Kohle f�r die Herstellung von Generator- oder Stadtgas wurdeAnfang des 19. Jahrhunderts entwickelt. Bis in die Mitte dieses Jahrhunderts besaßendie meisten großen St�dte eine eigene Gasfabrik f�r die Herstellung von Stadtgas. Ver-schiedene Techniken standen daf�r zur Verf�gung. In den �lteren Anlagen wurde Stein-kohlenpulver in horizontal oder vertikal angeordneten Generatoren auf 1000 bis 1200

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 519

Lungenkrebs durch PAK 505

Page 520: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

�C f�r 8 bis 10 Stunden erhitzt und die gasfçrmigen Bestandteile f�r die Herstellungvon Generator- oder Stadtgas ausgetrieben. Das dabei entstehende Rohgas wurde an-schließend gereinigt und stand dann f�r den Verbrauch bereit. Bei einer anderen Me-thode wurde Wasserdampf �ber rotgl�hende Kohle geleitet, um Generator- oder Stadt-gas zu erzeugen. In moderneren Vergasungsverfahren, z. B. im Lurgivergaser, wirdstatt dessen reiner Sauerstoff �ber rotgl�hende Kohle geleitet (IARC 1984).

In der Atemluft von Besch�ftigten in Gasgeneratoren wurde eine Konzentrationvon Benzo[a]pyren zwischen 0,2 und 4,8 �g/m3 festgestellt (IARC 1984). Die PAK-Exposition von Besch�ftigten in Gasgeneratoren liegt somit im Bereich der PAK-Ex-position der Besch�ftigten an der Kokereiofenseite und ist deutlich niedriger als dievon Besch�ftigten auf der Ofendecke von Kokereien.

1.3.2 Teerraffinerien

1981 wurden in der Bundesrepublik 1,1 Mio. t Steinkohlenteer in Kokereien undGaswerken produziert. Diese wurden zu 99 % in Teerraffinerien weiterverarbeitet(IARC 1985). In Teerraffinerien wird Steinkohlenteer erhitzt, wobei verschiedeneDestillationsfraktionen abgeschieden werden.

Besch�ftigte in Teerraffinerien sind durch Emissionen in der Anlage teilweise einerhohen PAK-Exposition ausgesetzt. Schunk (1979) stellte in einer Teerraffinerie in derehemaligen DDR eine Exposition mit Gesamt-PAK in Hçhe von 29 �g/m3 fest, darun-ter Benzo[a]pyren in Hçhe von 3,6 �g/m3. Verçffentlichte Meßwerte �ber die PAK-Exposition in Teerraffinerien liegen ansonsten nicht vor (IARC 1985).

1.3.3 Elektrographitindustrie

Werkstoffe aus Kohlenstoff und Elektrographit werden als Elektroden in der Stahl-und Aluminiumindustrie oder als leitende Materialien in der Elektroindustrie verwen-det. Elektrographit wird aus einer Mischung von Steinkohlenteerpech und Petrolkokshergestellt. Diese Produkte werden zur sogen. Gr�nkohle gemischt, anschließend indie gew�nschte Form gepreßt, bei 1200 �C gesintert, bei 2800 �C graphitiert sowieabschließend mit Steinkohlenteerpech impr�gniert (Franck und Knop 1979).

Durch Emissionen in den Mischern sowie Staub- und Rauchbelastungen beimPressen und Impr�gnieren kann es in der Elektrographitindustrie zu einer erheblichenPAK-Exposition kommen. Blome (1983) berichtete �ber Extremwerte der Benzo[a]-pyrenexposition bis zu 600 �g/m3 im Bereich einer Steinkohlenteerpechm�hle,41 �g/m3 im Bereich der Mischerei, 48 �g/m3 in der Presserei und 3,9 �g/m3 in derSinteranlage. Andere verçffentlichte Meßwerte liegen deutlich niedriger, zeigen aberh�ufig Werte �ber dem gegenw�rtigen TRK-Wert f�r Benzo[a]pyren in Hçhe von2 �g/m3 (Tobias et al. 1987).

1.3.4 Aluminiumherstellung

Metallisches Aluminium wird aus Aluminiumoxid, das in Kryolith (Na3[AlF6]) zurSchmelzpunktsenkung gelçst wurde, durch Elektrolyse bei ca. 950 �C gewonnen.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 520

506 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten nach § 9 (2) SGB VII

Page 521: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Dazu werden 2 Verfahren eingesetzt. Im sogen. Prebake-Verfahren werden fertig gra-phitierte Elektrographitelektroden eingesetzt. Im sogen. Sçderberg-Verfahren wirdnoch gr�ne, ungebrannte Elektrographitkohle als Elektrode verwendet, die durch dieHitze der Aluminiumoxidschmelze graphitiert. Derweil die im Prebake-Verfahren ge-wonnenen Elektroden PAK-frei sind, enthalten die gr�nen Sçderbergelektroden großeMengen an PAK, die w�hrend der Elektrolyse in der heißen Aluminiumoxidschmelzeausgetrieben werden (IARC 1984). W�hrend in der Elektrolysehalle mit Prebake-Ver-fahren nur eine geringe Benzo[a]pyren-Konzentration von < 0,1 �g/m3 festgestelltwurde, fand sich in Sçderberganlagen oft eine hohe PAK-Exposition mit einer Ben-zo[a]pyren-Konzentration von h�ufig 20 bis 30 �g/m3 (Shuler und Bierbaum 1974,Bjçrseth et al. 1978, Lindstedt und Sollenberg 1982, IARC 1984).

1.3.5 Eisen- und Stahlerzeugung

Steinkohlenteer wird im Hochofenbereich als Stopfmasse und f�r die Rinnenzustel-lung verwendet. Weiterhin wird Steinkohlenteer als Stampfmasse f�r die Auskleidungvon Schmelzaggregaten und bei der Zustellung von basischen Pfannen verwendet(Blome 1983).

Tabelle 1 ist die Konzentration von Benzo[a]pyren in der Atemluft an verschiedenenArbeitspl�tzen in der eisen- und stahlerzeugenden Industrie zu entnehmen. Teilweisewar der heutige TRK-Wert f�r Benzo[a]pyren in Hçhe von 2 �g/m3 �berschritten.

1.3.6 Gießereien

W�hrend des Gießvorganges kann es zu einer pyrolytischen Umsetzung von kohlen-stoffhaltigen Additiven im Formsand wie Steinkohlenteerpech, Steinkohlenpulver,Holzmehl, Getreidemehl etc. zu PAK kommen. Diese kohlenstoffhaltigen Additivewerden als Glanzbildner bezeichnet und verhindern eine Reaktion des gegossenenMetalls mit der quarzsandhaltigen Form (IARC 1984). Experimentelle Untersuchun-gen ergaben, daß die PAK-Bildung nach dem Gießen bei der Verwendung von Stein-kohlenteerpech als Glanzbildner am grçßten ist, gefolgt von Steinkohlenpulver undHolzmehl (Schimberg et al. 1981).

Messungen der Benzo[a]pyren-Konzentration in Gießereien ergaben �berwiegendKonzentrationen unter 1,0 �g/m3 (Zdrasil und Picha 1962, Verma et al. 1982, Knechtet al. 1986, Coenen 1988). Lediglich in Gießereien, in denen Steinkohlenteerpech alsGlanzmittel verwendet wurde, lag die mittlere Benzo[a]pyren-Konzentration bei5,1 �g/m3 mit Spitzen bis 12,6 �g/m3 beim Ausleeren der Form (Schimberg et al.1980).

1.3.7 Straßenbau

Beim Straßenbau wurde bis Ende der 60er Jahre �blicherweise Steinkohlenteerpechals Binder von Splitt und Kies verwendet. Unterschieden wird die Tr�nk- von derMischmakadambauweise. Bei der Tr�nkmakadambauweise wird das auf ca. 100 �Cerhitzte Steinkohlenteerpech mit einer Spritze auf eine Schotterschicht aufgetragen,

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 521

Lungenkrebs durch PAK 507

Page 522: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Splitt aufgetragen und der Belag festgewalzt. Bei der Mischmakadambauweise wirdein Gemisch zwischen Steinkohlenteerpech und Splitt, welches auf ca. 120 �C erhitztwird, per Hand oder mit einer Fertigungsmaschine auf den vorbereiteten Straßen-unterbau aufgetragen und anschließend mit Walzen verfestigt. Seit Ende der 60erJahre wird als Binder haupts�chlich Bitumen und teilweise auch eine Mischung ausBitumen und Steinkohlenteerpech, sogen. Carbobitumen oder Teerbitumen, verwen-det (Knecht und Woitowitz 1989).

Steinkohlenteerpech hat einen Benzo[a]pyren-Gehalt von ca. 10.000 mg/kg, Teer-bitumen (Carbobitumen) von ca. 1700 mg/kg, Steinkohlenteerçle, die ebenfalls imStraßenbau verwendet wurden, von 250 bis 400 mg/kg und Bitumen von 0,2 bis18,6 mg/kg (Neumann und Kaschani 1977, Blome 1983, Grimmer et al. 1987b,Knecht und Woitowitz 1989). Die Konzentration von Benzo[a]pyren in der Atemluftbeim Straßenbau in Abh�ngigkeit von der Art des verwendeten Binders ist Tabelle 2zu entnehmen. Die hçchste Benzo[a]pyren-Exposition fand sich bei Verwendung vonSteinkohlenteerpech, gefolgt von Teerbitumen. Bei Verwendung von Bitumen liegt dieBenzo[a]pyren-Exposition teilweise nur unwesentlich �ber der der unbelasteten Au-ßenluft. Die Werte in Tabelle 2 gelten f�r Straßenbauarbeiten im Freien. Der hoheMeßwert von 4,0 �g/m3 bei Verwendung von Bitumen wurde nach personenbezoge-ner Probenahme bei d�nischen Besch�ftigten ermittelt, die beim Asphaltieren vonStraßen, Flachd�chern und Fluren und beim Gl�tten von Asphalt einer hohen Exposi-tion ausgesetzt waren.

Beim Verlegen von Bitumenpappe in einer Turnhalle, die mit 280 bis 300 �C hei-ßem Bitumen verklebt wurde, fand sich eine Benzo[a]pyren-Konzentration in derAtemluft von 36,5 �g/m3 (Grimmer et al. 1987b).

Jongeneelen et al. (1988) bestimmten die PAK-Konzentration in der Atemluft undim Urin von 15 holl�ndischen Straßen- und Deichbauern, die Teerbitumen (Carbobi-tumen) als Bindemittel verwendeten. Der in Cyclohexan lçsliche Teil der Gesamt-staubkonzentration in der Atemluft lag zwischen 0,2 und 0,6 mg/m3 Im Vergleichhierzu liegt der holl�ndische MAK-Wert bei 0,2 mg/m3. Die Kontamination derH�nde mit Pyren stieg w�hrend der Schicht von 5,5 auf 70,4 �g an. Bei unbelastetenKontrollprobanden lag sie unter der Nachweisgrenze von 1,0 �g. Das heißt, die Stra-ßenbauer waren auch noch nach der Schicht mit PAK hautbelastet. Die Konzentrationvon 1-Hydroxypyren im Spontanurin stieg auf einer Baustelle w�hrend der Schichtvon 1,8 auf 2,8 �mol/mol Kreatinin an. Zwischen der Kontamination der H�nde mitPyren und der Konzentration von 1-Hydroxypyren im Urin fand sich eine signifikanteRangkorrelation (rs=0,6, p<0,01).

Grimmer et al. (1991) fanden bei Straßenbauern, die Teerbitumen (Carbobitu-men) als Binder verwendeten, im Vergleich zu einer nicht exportierten Kontroll-gruppe eine erhçhte Konzentration von Hydroxyphenantren (34,9 versus 3,5 �g/l),Hydroxypyren (1,3 versus 0,3 �g/l) und anderen hydroxylierten PAK im Urin. DerStudie ist die Zahl der untersuchten Straßenbauer nicht zu entnehmen.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 522

508 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten nach § 9 (2) SGB VII

Page 523: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

1.3.8 Dachdecker

Zum Abdichten von Flachd�chern wurde fr�her h�ufig Steinkohlenteerpech verwen-det, welches erhitzt und auf das abzudichtende Dach gegossen wurde. Beim Ausgie-ßen des Steinkohlenteerpechs wurde eine hohe Benzo[a]pyren-Konzentration in derAtemluft zwischen 14 und 75 �g/m3 ermittelt, in unmittelbarer N�he des offenenTeerkochers von 6 000 �g/m3 (Sawicki 1967).

Hammond et al. (1976) ermittelten die Benzo[a]pyren-Exposition von Dach-deckern, indem Atemschutzmasken, die w�hrend einer 7-Stunden-Schicht getragenwurden, auf ihren Benzo[a]pyren-Gehalt untersucht wurden. Dabei fand sich einmittlerer Benzo[a]pyren-Gehalt von 16,7 �g pro Maske. Unter der Annahme einesAtemvolumens von 1 m3/h und einer Schichtl�nge von 7 h ergibt sich daraus einemittlere Benzo[a]pyren-Exposition bei Dachdeckern von 2,4 �g/m3, darunter amhçchsten bei Teerschauflern (7,6 �g/m3), Teerkratzern (7,4 �g/m3), Schlauchbedie-nern (4,0 �g/m3) und Teerkochern (4,4 �g/m3). An den o. g. Arbeitspl�tzen wurde an-sonsten kein Atemschutz getragen. Die berichteten Expositionsabsch�tzungen stelleneher eine Untersch�tzung dar, weil an Arbeitspl�tzen, an denen mit erhitzten Teerpro-dukten umgegangen wird, ein erheblicher Anteil an gasfçrmigen PAK zu erwarten ist,die von der Maske nicht zur�ckgehalten werden kçnnen.

In einer anderen Studie bei amerikanischen Dachdeckern, die Flachd�cher mitSteinkohlenteerpech abdichteten, fand sich eine Benzo[a]pyren-Exposition bei Teer-kochern zwischen 0,6 und 11,3 �g/m3 sowie bei Besch�ftigten, die Steinkohlenteerauf das Dach auftrugen, zwischen 0,4 und 1,2 �g/m3 (Malaiyandi et al. 1982).

Beim Entfernen von alten steinkohlenteerpechhaltigen Flachdachabdeckungenwurde eine Benzo[a]pyren-Belastung zwischen 5,5 und 11,0 �g/m3 ermittelt (Tharr1982, Reed 1983).

�ber die Verwendung von Steinkohlenteerpech bei Dachdeckern in der Bundes-republik und der damit einhergehenden PAK-Exposition liegen keine Verçffent-lichungen vor. Heute werden Flachd�cher mit Kunststoffplanen oder Bitumenbahnenabgedichtet.

1.3.9 Schornsteinfeger

Schornsteinfeger sind beim Reinigen von Haus- und Industriekaminen, das mit B�rsteund Kugel vom Dach oder Boden vorgenommen wird, sowie beim Auffegen des Ka-minrußes von der Sohle mit Schaufel und Feger einer Exposition mit Kaminruß aus-gesetzt.

Kaminruß enth�lt in Abh�ngigkeit von der Art der verwendeten Brennstoffe unter-schiedliche Konzentrationen von PAK. Der BaP-Gehalt von Kaminruß ist am hçchs-ten bei Verwendung von Kohle als Brennstoff und am niedrigsten bei Koks. Bei Ver-brennung von �l oder Holz liegen die Werte in einem Mittelbereich (Tabelle 3). DerBenzo[a]pyren-Gehalt von Kaminruß bei Verwendung von Gasbrennem ist bislangnicht untersucht.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 523

Lungenkrebs durch PAK 509

Page 524: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Die PAK-Emissionen bei Verbrennung unterschiedlicher Kohlearten in die Umweltdifferieren nach Art des in den Kohlenbriketts verwendeten Binders erheblich. DiePAK-Emission bei Verbrennung von Kohlenbriketts, die mit Steinkohlenteerpech ge-bunden wurden, liegt um das 40fache hçher als bei bitumengebundenen Kohlenbri-ketts (200 versus 5 �g BaP/kg Kohle) (Grimmer et al. 1985). Die Verwendung vonpechgebundenen Kohlenbriketts ist in der Bundesrepublik seit der Verordnung �berFeuerungsanlagen aus dem Jahre 1974 verboten. Es ist anzunehmen, daß entspre-chend diesen Angaben �ber den PAK-Gehalt in Kaminemissionen in die Umwelt auchder PAK-Gehalt im Kaminruß von der Art des verwendeten Binders in Kohlenbrikettsabh�ngt. Daten dar�ber fehlen allerdings.

Die Hçhe der Benzo[a]pyren-Exposition beim Kaminkehren ist Tabelle 4 zu ent-nehmen. Nach den bisher vorliegenden Messungen kann es beim Kaminkehren zuBenzo[a]pyren-Expositionen oberhalb der jetzigen technischen Richtkonzentrationf�r Benzo[a]pyren in Hçhe von 2,0 �g/m3 kommen. Schornsteinfeger arbeiten bei die-sen Expositionen in der Regel ohne Atemschutz. Bei Staubexpositionen wird lediglichdas traditionelle Mundtuch von den Schonsteinfegern getragen. Die reine Fegezeitpro Tag betr�gt nach Holzhauser und Schaller (1977) ca. zwei Stunden. Die t�glicheBaP-Aufnahme der Schornsteinfeger betrug nach personenbezogener Probenahme imMittel 98 �g. Bei einem mittleren inhalierten Luftvolumen von 12,5 m3 pro 8-Stun-den-Schicht ergibt sich daraus ein Schichtmittelwert von 7,84 �g BaP/m3. Nach denMessungen von Knecht et al. (1989) fand sich bei 20,7 % der personenbezogenen Pro-benahmen eine �berschreitung einer BaP-Konzentration von 1,0 �g/m3 und bei9,2 % eine �berschreitung von 2,0 �g/m3.

Die niedrigeren Ergebnisse dieser Studie im Vergleich zu der Untersuchung vonHolzhauser und Schaller (1977) begr�nden sich vermutlich mit dem Umstand, daß1977 noch teilweise steinkohlenteerpechgebundene Briketts verbrannt wurden, was1989 nicht mehr der Fall war.

Letzel et al. (1992) konnten bei 27 Schornsteinfegern im Vergleich zur Kontroll-gruppe keine erhçhte Ausscheidung von 1-Hydroxypyren, das Hauptausscheidungs-produkt von Pyren, im Urin nachweisen.

Schornsteinfeger, die am Tag vor der Urinabgabe Kamine gekehrt hatten, wiesenbei insgesamt normalen Werten die hçchsten Ausscheidungswerte f�r 1-Hydroxypy-ren im Urin auf.

1.4 Kenntnisse zur Wirkung am Menschen

1.4.1 Pathomechanismen

Benzo[a]pyren und andere PAK kçnnen nach metabolischer Aktivierung eine kova-lente Bindung mit der DNA eingehen und wirken mutagen im Ames-Test. In Zellkul-turen wurden nach Applikation von Benzo[a]pyren und anderen PAK Schwesterchro-matidaustausch, Chromosomenaberrationen und Punktmutationen nachgewiesen(IARC 1983).

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 524

510 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten nach § 9 (2) SGB VII

Page 525: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

PAK wirken in Tierexperimenten nach subkutaner Injektion oder Tropfen auf dieM�usehaut eindeutig krebserzeugend. Zwischen der applizierten Dosis und der H�u-figkeit von gutartigen und bçsartigen Hauttumoren findet sich eine lineare Beziehung(Abbildung 2). Am st�rksten ist die krebserzeugende Wirkung auf die Haut nach Ap-plikation von Benzo[a]pyren und Dibenz[a,h]anthracen, w�hrend sie f�r andere PAKwie Benzo[b]fluoranthen, Benzo[j]fluoranthen, Benzo[k]fluoranthen, Benz[a]anthra-cen und Chrysen deutlich schw�cher ist. F�r eine �bersicht siehe IARC (1983) sowiePott und Heinrich (1990).

F�r die Absch�tzung des Risikos f�r die Entwicklung von Atemwegstumorendurch PAK wurden von verschiedenen Autoren tierexperimentelle Untersuchungenmit intratrachealer Instillation von PAK durchgef�hrt. Beispielsweise fanden Stein-hoff et al. (1986) nach intratrachealer Instillation von Benzo[a]pyren in hoher Dosie-rung (350 mg BaP/kg) bei 9 von 10 Ratten Plattenepithelkarzinome der Lunge.

Eine andere Methode besteht in der Implantation von Benzo[a]pyren und anderenPAK, die in Bienenwachs suspendiert wurden, in die Rattenlunge. Dabei fand sicheine positive Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen der implantierten Benzo[a]pyren-Dosis und der Inzidenz von Lungenkarzinomen (Deutsch-Wenzel et al. 1983, Iwa-gawa et al. 1989, Horikawa et al. 1991). Beispielsweise stieg die Lungenkrebsinzi-denz von 0 % bei den unbelasteten Kontrolltieren dosisabh�ngig an und betrug 44 %nach Implantation einer Benzo[a]pyren-Dosis von 200 �g (Horikawa et al. 1991).Deutsch-Wenzel et al. (1983) wiesen nach Implantation verschiedener PAK in die Rat-tenlunge eine positive Dosis-Wirkungs-Beziehung in bezug auf die Entwicklung vonLungentumoren nach, die am steilsten f�r Benzo[a]pyren verlief.

Weiterhin wurden Inhalationsexperimente mit PAK-haltigen Emissionen durch-gef�hrt. Heinrich et al. (1986) belasteten M�use mit den Abgasen von Kohleçfen undreicherten diese mit den Emissionen von Steinkohlenteerpech an, das auf 750 �C er-hitzt wurde. Auf diese Weise wurde eine Atmosph�re erzeugt, die neben den Abgasenund St�uben aus den Kohleofenemissionen 60 �g/m3 Benzo[a]pyren enthielt. Nachzweij�hriger Exposition mit dieser Emission (16 h/d und 5 d/Wo.) fanden sich bei86 % der Tiere gutartige und bçsartige Lungentumoren im Vergleich zu 3 % bei unbe-lasteten Kontrolltieren (p<0,01).

In einer weiteren Inhalationsstudie wurde durch Erhitzen von Steinkohlenteerpechauf 750 �C ein PAK-haltiges Aerosol erzeugt und damit Gruppen von jeweils 72 Rat-ten mit einer Gesamtstaubkonzentration von 1,1 und 2,6 mg/m3 exponiert. Die Ben-zo[a]pyren-Konzentration bei diesen Expositionen lag bei 20 bzw. 46 �g/m3. In derExpositionskammer wurden unter den o. g. Randbedingungen außer Benzo[a]pyrennoch 32 andere PAK nachgewiesen. Die H�ufigkeit von gut- und bçsartigen Lungen-tumoren nach 10- bzw. 20monatiger Expositionsdauer (17 h/d und 5 d/Wo.) ist Abbil-dung 3 zu entnehmen. Es fand sich eine deutliche Abh�ngigkeit der Tumorinzidenzvon der Benzo[a]pyren-Dosis (Heinrich et al. 1994).

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 525

Lungenkrebs durch PAK 511

Page 526: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Die Arbeitsgruppe von Grimmer f�hrte experimentelle Untersuchungen zu derFrage durch, welche Fraktion innerhalb der großen Gruppe der PAK die krebserzeu-gende Wirkung im Bereich der Haut und Atemwege erkl�rt.

Das Kondensat der Emissionen von steinkohlengeheizten Ofen wirkte auf derM�usehaut stark krebserzeugend. In Abh�ngigkeit von der applizierten Dosis nahmdie Tumorh�ufigkeit von 18,8 �ber 62,5 auf 82,8 % zu. Bei den unbehandelten Kon-trollen traten Hauttumoren nicht auf. Nach Trennung des Kondensats in verschie-dene Fraktionen war insbesondere die Fraktion mit mehr als drei Ringsystemen – wieBenzo[a]pyren etc. – stark krebserzeugend, w�hrend von der PAK-Fraktion mit zweibis drei Ringen, der Fraktion mit Azaarenen (stickstoffsubstituierte PAK) und derPAK-freien Fraktion nur eine geringe krebserzeugende Wirkung auf die Haut ausging(Grimmer et al. 1984).

Nach Implantation des Kondensats der Emissionen von steinkohlengeheiztenOfen in die Lunge von Ratten nimmt die H�ufigkeit von Lungenkarzinomen ebenfallsdosisabh�ngig zu. Die st�rkste krebserzeugende Wirkung in diesem Experiment hatdie Fraktion von PAK und Thiaarenen (schwefelsubstituierte PAK) mit mehr als dreiRingen wie Pyren, Fluoranthen, Coronen, Benz[a]anthracen, Benzo[a]pyren etc. Beiden mit dieser Fraktion behandelten Tieren traten dosisabh�ngig bis zu 42,1 % Lun-genkarzinome auf. In den nicht behandelten Kontrollen waren keine Lungentumorenzu beobachten (Grimmer et al. 1987a).

1.4.2 Krankheitsbild und Diagnose

Unter Lungenkrebs im Sinne dieser Berufskrankheit wird das Bronchialkarzinom ver-standen. Lungenkrebs durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe unter-scheidet sich in Klinik und Diagnose nicht von Lungenkrebserkrankungen andererGenese. Die Fr�hsymptome sind uncharakteristisch. Beispielhaft zu nennen sind the-rapieresistenter Reizhusten, blutiger Auswurf, Atelektasen und bronchopneumo-nische Prozesse mit verzçgerter Heilungstendenz, Rçntgenaufnahmen des Brustkorbsund Sputumuntersuchung auf tumorverd�chtige Zellen st�tzen die Verdachtsdiagno-se. Eine fr�hzeitige zytologische und/oder bioptische Kl�rung ist anzustreben. Feinge-weblich werden alle bekannten Tumorformen gefunden.

1.4.3 Ergebnisse epidemiologischer Studien

In verschiedenen epidemiologischen Studien bei Besch�ftigten in Kokereien und derHerstellung von Generatorgas konnte ein signifikant erhçhtes Lungenkrebsrisikonachgewiesen werden (IARC 1984). Beispielsweise fanden Manz et al. (1983) in einerKohorte von 724 Hamburger Generatorgasherstellern eine um den Faktor 3,5 signifi-kant erhçhte Sterblichkeit an Atemwegskarzinomen, basierend auf 68 beobachtetenund 19,3 erwarteten Tumoren. Bei den 68 Atemwegstumoren handelt es sich in 65F�llen um Bronchialkarzinome, 2 Larynxkarzinome und 1 Mesotheliom. Die epi-demiologische Evidenz des erhçhten Tumorrisikos bei Kokerei- und Generatorgas-arbeitern f�hrte 1988 zur Aufnahme von „bçsartigen Neubildungen der Atemwege

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 526

512 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten nach § 9 (2) SGB VII

Page 527: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

und der Lungen durch Kokereirohgase“ als BK 4110 in die Berufskrankheiten-Ver-ordnung.

Neben Kokereien und der Generatorgasherstellung fand sich bei Besch�ftigten anverschiedenen anderen PAK-exponierten Arbeitspl�tzen ein signifikant erhçhtes Lun-genkrebsrisiko; darunter Besch�ftigte in der Aluminiumherstellung nach dem Sçder-berg-Verfahren (Gibbs 1985, Armstrong et al. 1994), Besch�ftigte in der Herstellungvon Elektrographit (Rockette und Arena 1983), Former und Gießer in Eisengieße-reien mit einer Benzo[a]pyren-Exposition von > 2,0 �g/m3 (Tola et al. 1979), Straßen-bauer (Hansen 1999, Jçckel et al. 1992), Dachdecker, die Flachd�cher mit Steinkoh-lenteerpech abdichteten (Hammond et al. 1976), sowie Schornsteinfeger (Evanoff etal. 1993).

In mehreren epidemiologischen Studien zeigte sich eine Dosis-Wirkungs-Bezie-hung zwischen der Dauer der PAK-Exposition und der Hçhe des Lungenkrebsrisikos(Mazumdar et al. 1975, Gibbs 1985, Evanoff et al. 1993, Costantino et al. 1995).

In 3 PAK-exponierten Kohorten bestand eine positive Dosis-Wirkungs-Beziehungzwischen der kumulativen PAK-Dosis und dein Lungenkrebsrisiko, darunter in– Untersuchungen bei amerikanischen Kokereiarbeitern (Mazumdar et al. 1975,

Costantino et al. 1995) sowie– Untersuchungen bei 2 kanadischen PAK-exponierten Kohorten von Aluminium-

herstellem nach dem Sçderberg-Verfahren (Spinelli et al. 1991, Armstrong et al.1994).Tabelle 5 zeigt die Tumor-Verdopplungsdosis in den 3 genannten PAK-exponier-

ten Kohorten. Dabei wird unter Tumor-Verdopplungsdosis die PAK-Dosis verstan-den, die im Vergleich zur nichtexponierten Kontrollgruppe das Lungenkrebsrisikoum den Faktor 2 erhçht. F�r die Berechnung der PAK-Dosis werden in der Fachlitera-tur zwei verschiedene Meßverfahren verwendet, die Messung der in Benzol oder Cy-clohexan lçslichen Fraktion des steinkohlenteerpechhaltigen Gesamtstaubes (coal tarpitch volatiles) oder von Benzo[a]pyren. Da die in Benzol oder Cyclohexan lçslichenorganischen Bestandteile der steinkohlenteerpechhaltigen Gesamtstaubfraktion auchviele andere nicht krebserzeugend wirkende Stoffe erfaßt, ist die BaP-Verdopplungs-dosis als spezifischer f�r die krebserzeugende Wirkung an der Bronchialschleimhautanzusehen. In Tabelle 5 sind jeweils die aktuellsten Auswertungen der drei Kohortenaufgef�hrt.

2. Validit�t der vorliegenden Erkenntnisse

Die Angabe der PAK-Verdopplungsdosis f�r Lungenkrebs in der Studie von Spinelli etal. (1991) von > 20 [(mg CTPV/m3) x Jahre] basiert auf 2 beobachteten und 0,9 er-warteten Lungenkrebsf�llen und ist statistisch nicht signifikant. Diese Absch�tzungder Verdopplungsdosis ist somit sehr unsicher. Bei der Untersuchung von Armstronget al. (1994) handelt es sich um eine Fall-Kontroll-Studie bei 338 Lungenkrebsf�llenin einer Kohorte von 16.297 Besch�ftigten in einer nach dem Sçderberg-Verfahren ar-beitenden Aluminiumh�tte und einer Kontrollgruppe von 1.138 Besch�ftigten dersel-

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 527

Lungenkrebs durch PAK 513

Page 528: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

ben Kohorte ohne Lungenkrebs (Abb. 4). Bei F�llen und Kontrollen wurde die lebens-lange CTPV- und BaP-Dosis gesch�tzt. Die Studie von Armstrong et al. (1994) hat imVergleich zu den beiden �brigen Studien den wesentlichen Vorteil, daß die Sch�tz-werte der PAK-Verdopplungsdosis f�r Rauchen adjustiert sind. Dies ist gerade in Be-zug auf das Bronchialkarzinom von herausragender Bedeutung. Armstrong und The-riault (1996) weisen darauf hin, daß die PAK-Verdopplungsdosis f�r Lungenkrebs beiNichtrauchern deutlich niedriger als bei Rauchern liegt. Von den Autoren wird alsKonvention eine Anerkennung von Lungenkrebs bei PAK-exponierten Besch�ftigtenbei einer kumulativen PAK-Dosis von 100 [(�g BaP/m3) x Jahre] vorgeschlagen.

Costantino et al. (1995) beschrieben in ihrer Studie die Lungenkrebssterblichkeitbei einer Kohorte von 5.321 amerikanischen Kokereiarbeitern und verglichen diesemit 10.497 Stahlarbeitern. Informationen �ber die CTPV-Exposition der Kokerei-arbeiter wurden nur in den 60er Jahren ermittelt. Informationen �ber die Abnahmeder PAK-Exposition im Zeitraum danach konnten nicht ermittelt werden. Die Ablei-tung der Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen PAK-Dosis und Lungenkrebsrisiko istaus diesen Gr�nden nur sinnvoll f�r die follow-up-Periode zwischen 1951 und 1965.Dabei zeigt sich bei einer kumulativen PAK-Dosis von >16,7 [(mg CTPV/m3) x Jahre]ein Lungenkrebsrisiko von 3,0 (p<0,01), basierend auf 22 beobachteten und 7,3 er-warteten Lungenkrebstodesf�llen (Abb. 5).

Insgesamt ist aufgrund der vorliegenden toxikologischen und epidemiologischenErkenntnisse davon auszugehen, daß polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffegenerell geeignet sind, ein Bronchialkarzinom bei ausreichend hoher kumulativer Do-sis zu verursachen.

3. Abgrenzung der bestimmten Personengruppe gem�ß § 9 Abs. 1 SGB VII

Als bestimmte Personengruppe, die durch ihre Arbeit in erheblich hçherem Maße alsdie �brige Bevçlkerung einer PAK-Exposition ausgesetzt ist, und bei der auftretendeLungenkrebserkrankungen urs�chlich auf die berufliche Exposition zur�ckzuf�hrensind, gelten Besch�ftigte mit einer kumulativen PAK-Dosis von mindestens 100 [(�gBaP/m3) x Jahre].

Dies begr�ndet sich mit dem Umstand, daß bei Besch�ftigten mit dieser kumulati-ven PAK-Dosis im Vergleich zur nicht belasteten Wohnbevçlkerung ein um mehr alsden Faktor 2 erhçhtes Lungenkrebsrisiko vorliegt und die Wahrscheinlichkeit der be-ruflichen Verursachung bei jedem Lungenkrebsfall im Einzelfall �ber 50 % liegt. F�reine detaillierte Begr�ndung siehe Armstrong und Theriault (1996).

Die BaP-Werte in der Studie von Armstrong et al. (1994) wurden mit Hilfe desamerikanischen Probenahme- und Meßverfahrens gewonnen. Zur Bedeutung desMeßverfahrens siehe Kapitel 1.2 sowie den BaP-Jahre-Report des Hautverbandes dergewerblichen Berufsgenossenschaften.

Eine Anerkennung von anderen Atemwegstumoren außer Lungenkrebs ist nachder o. g. Definition nicht mçglich.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 528

514 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten nach § 9 (2) SGB VII

Page 529: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Mehrere Autoren berichteten �ber ein erhçhtes Kehlkopfkrebsrisiko bei PAK-exponierten Berufsgruppen, darunter bei Kokerei- und Generatorgasarbeitern(Kennaway und Kennaway 1936), Naphthalindestillierern (Wolf 1978) und Straßen-bauarbeitern (Hansen 1989). In keiner dieser Arbeiten wurde f�r Rauch- und Trink-gewohnheiten als wesentliche außerberufliche Ursachen des Kehlkopfkarzinorns ad-justiert. Die Studie von Kennaway und Kennaway (1936) leidet weiterhin darunter,daß keine Angaben zu den Auswirkungen der Expositionsdauer und Latenzzeit ge-macht werden konnten. Zudem ist an der Studie problematisch, daß bei der Ermitt-lung der Berufsangaben auf dem Totenschein bzw. anhand der Volksz�hlung keine Be-obachtungsgleichheit besteht. Dies kçnnte zu einer Verf�lschung der Ergebnissegef�hrt haben (IARC 1984, S. 170). Dagegen beschrieben Maier et al. (1992) ein sig-nifikant um den Faktor 2,67 erhçhtes Risiko f�r Kehlkopfkrebs nach beruflicher Ex-position gegen�ber Steinkohlenprodukten und Teerprodukten, das f�r Rauchen undAlkohol adjustiert war. In die exponierte Gruppe wurden jedoch auch Besch�ftigtemit einer Kohlen-, Bitumen- oder Karbolineumexposition aufgenommen, derenkrebserzeugende Wirkung beim Menschen im Bereich der Atemwege nicht erwiesenist bzw., was Kohleprodukte angeht, unwahrscheinlich ist. In einer anderen Fall-Kon-troll-Studie in der Bundesrepublik konnte ein erhçhtes Kehlkopfkrebsrisiko durchPAK nach Adjustierung f�r Rauchen und Alkohol nicht festgestellt werden (Ahrens etal. 1991). In der Kohortenstudie von Costantino et al. (1995) bei Kokereiarbeiternfand sich f�r sonstige Atemwegskarzinome außer Lungenkrebs ein relatives Risikovon 0,98, basierend auf 9 beobachteten und 9,2 erwarteten Tumortodesf�llen. EineAuswertung f�r Kehlkopfkrebs allein wurde nicht durchgef�hrt. Auch zeigten Kohor-tenstudien mit Erfassung der Tumorinzidenz, die f�r die Bewertung des Kehlkopf-krebsrisikos wegen der relativ geringen Letalit�t dieser Tumorart von besonderer Be-deutung sind, keinen �berzeugenden Beweis f�r ein erhçhtes Kehlkopfkrebsrisikovon PAK-exponierten Besch�ftigten. So fanden Evanoff et al. (1993) bei 5.542 schwe-dischen Schornsteinfegern ein relatives Risiko f�r Kehlkopfkrebs von 1,4, basierendauf 4 beobachteten und 2,8 erwarteten Kehlkopfkrebsneuerkrankungen, welches sta-tistisch nicht signifikant war.

Insgesamt gibt es aufgrund der oben beschriebenen positiven Studien wichtigeHinweise f�r ein erhçhtes Kehlkopfkrebsrisiko von PAK-exponierten Besch�ftigten,welche jedoch aufgrund der widersprechenden anderen Studienergebnisse zur Zeit alsnicht gesichert angesehen werden kçnnen.

Mehrere Autoren beobachteten ein erhçhtes Risiko f�r Blasenkrebs bei verschie-denen der in Kapitel 1.4.3 besprochenen Berufsgruppen, darunter bei Generatorgas-werkern (Manz 1983, Berger und Manz 1992), Besch�ftigten in Sçderberg-Alumini-umh�tten (Gibbs 1985, Spinelli et al. 1991), Straßenbauarbeitern (Hansen 1989) undSchornsteinfegern (Evanoff et al. 1993). Clavel et al. (1994) beschrieben im Rahmeneiner Fall-Kontroll-Studie eine positive Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen derPAK-Dosis, die durch einen Experten eingesch�tzt wurde, und dem relativen Risikof�r Blasenkrebs.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 529

Lungenkrebs durch PAK 515

Page 530: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Die oben genannten Studien beweisen eine krebserzeugende Wirkung von PAK imBereich der ableitenden Harnwege nicht, da in Steinkohlenteerprodukten auch krebs-erzeugende aromatische Amine wie 2-Naphthylamin nachgewiesen wurden (Hoff-mann und Boente 1933, Grimmer et al. 1987b). Einer Erweiterung der Anlage zur Be-rufskrankheiten-Verordnung um Blasenkrebs in den oben genannten Berufsgruppenbedarf es nicht, weil Blasenkrebserkrankungen in den genannten Berufsgruppen beiNachweis einer ausreichend hohen Exposition mit krebserzeugenden aromatischenAminen bereits jetzt im Rahmen der Berufskrankheit Nr. 1301 anerkannt werdenkçnnen.

Mehrere Autoren beobachteten ein erhçhtes Colonkarzinomrisiko bei PAK-expo-nierten Berufsgruppen, darunter bei Kokereiarbeitern (Chau et al. 1993), Generator-gaswerkern (Manz 1983), PAK-exponierten Metallarbeitern (Silverstein et al. 1985)und Straßenbauarbeitern (Hansen 1989). Eine orale PAK-Exposition bei den o. g. Be-rufsgruppen ist durch Verschlucken von PAK-haltigem Sputum denkbar. Allerdingsfand sich in der Mehrzahl der in Kapitel 1.4.3 beschriebenen epidemiologischen Stu-dien kein erhçhtes Colonkarzinomrisiko. Beispielsweise beschrieben Costantino et al.(1995) bei Kokereiarbeitem ein relatives Risiko f�r Colonkrebs von 0,7, basierendauf 25 Todesf�llen. Evanoff et al. (1993) fanden ein relatives Risiko f�r Colonkrebsvon 1,1, basierend auf 18 inzidenten Colonkrebsf�llen. Auch liegen bislang keine Stu-dien vor, die eine Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen einer beruflichen PAK-Exposi-tion und dem Colonkarzinomrisiko fanden. Insgesamt kann daher eine Anerkennungdes Colonkarzinomns nach beruflicher PAK-Exposition zur Zeit nicht empfohlenwerden.

4. LiteraturAhrens, W., Jçckel, K.-H., Patzak, W., Elsner, G.:

Alcohol, smoking and occupational factors in cancer of the larynx: a casecontrol studyAm. J. Industr. Med. 20 (1991) 477–493

Armstrong, B, Tremblay, C., Baris, D., Theriault, G.:Lung cancer mortality and polynuclear aromatic hydrocarbons: a case-cohort study of aluminiumproduction workers in Arvida, Quebec, CanadaAm. J. Epid. 139 (1994) 250–262

Armstrong B., Theriault G.:Compensating lung cancer patients occupationally exposed to coal tar pitch volatilesOccup. Environ. Med. 53 (1996) 160–167

Bagchi, N. H., Zimmermann, R. E.:An industrial hygiene evaluation of chimmey sweepingAm. Ind. Industr. Hyg. Assoc. 41 (1980) 297–299

Berger, J., Manz, A.:Cancer of the stomach and the colon-rectum among workers in a coke gas plantAm. J. Industr. Med. 22 (1992) 825–834

Berufsgenossenschaftliches Institut f�r Arbeitssicherheit (BIA):BIA-Arbeitsmappe, Messungen von Gefahrstoffen, Kennziffer 0210,Grundlagen der Messung von Gefahrstoffen, BielefeldErich Schmidt Verlag, Loseblatt-Sammlung, 17. Lieferung, 1996

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 530

516 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten nach § 9 (2) SGB VII

Page 531: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Bjçrseth, A., Bjçrseth, O., Fjeldstad, P. E.:Polycyclic aromatic hydrocarbons in the work atmosphere, 1. Determination in an aluminium re-duction plantScand. J. Work Environ. Health 4 (1978) 212–223

Blome, H.:Messungen polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe an Arbeitspl�tzen – Beurteilung der Er-gebnisseStaub-Reinhaltung der Luft 41 (1981) 225–229

Blome, H.:Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAH) am Arbeitsplatz,herausgegeben vom Berufsgenossenschaftlichen Institut f�r Arbeitssicherheit,BIA-Report 3/83, St. Augustin, 1983

Bridbord, K., Finklea, J. F., Wagner, J. K., Moran, J. B., Caplan, P.:Human exposure to polynuclear aromatic hydrocarbonsIn: Freudenthal, R. I., Jones, P. W. (eds.): Carcinogenesis – a comprehensive survey, Vol. 1, Poly-nuclear aromatic hydrocarbons, chemistry, metabolism and carcinogenesisNew York, Reven Press, 1976, 319–324, zitiert nach IARC (1985)

Chau, N., Bertrand, J. P., Mut, J. M., Figueredo, A., Patris, A., Moulin, J. J., Pham, Q. T.:Mortality in retired coke oven plant workersBrit. J. Industr. Med. 50 (1993) 127–135

Coenen, W.:Expositionssituation in GießereienStaub – Reinhaltung der Luft 48 (1988) 189–195

Costantino, J. P., Redmond, C. K., Bearden, A.:Occupationally related cancer risk among coke oven workers:30 years of follow-upJ. Occup. Environ. Med. 37 (1995) 597–604

Deutsch-Wenzel R. P., Brune, H., Grimmer, G., Dettbarn, G., Misfeld, J.:Experimental studies in rat lungs on the carcinogenicity and doseresponse relationships of eightfrequently occurring environmental polycyclic aromatic hydrocarbonsJNCI 71 (1983) 539–544

Evanoff B. A., Gustavsson P., Hogstedt C.:Mortality and incidence of cancer in a cohort of Swedish chimney sweeps:an extended follow up studyBrit. J. Industr. Med. 50 (1993) 450–459

Franck, H. G., Knop, A.:KohleveredelungBerlin, Springer-Verlag, 1979

Gibbs, G. W.:Mortality of aluminium reduction plant workers, 1950 through 1977J. Occup. Med. 27 (1985) 761–770

Grimmer, G., Brune, H., Deutsch-Wenzel, R., Dettbarn, G., Misfeld, J., Abel, U., Timm, J.:The contribution of polycyclic aromatic hydrocarbons to the carcinogenic impact of emission con-densate from coal-fired residential furnaces evaluated by topical application to the skin of miceCancer Let. 23 (1984) 167–176

Grimmer, G., Jacob, J., Dettbarn, G. et al.:Determination of polycyclic aromatic hydrocarbons, azaarenes, and thiaarenes emitted from coal-ired residential fumaces by gas chromatography/mass spectrometry, FreseniusZ. Anal. Chem. 322 (1985) 595–602

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 531

Lungenkrebs durch PAK 517

Page 532: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Grimmer, G., Brune, H., Deutsch-Wenzel, R. et al.:Contribution of polycyclic aromatic hydrocarbons and polar polycyclic aromatic compounds to thecarcinogenic impact of flue gas condensate from coal-fired residential furnaces evaluated by im-plantation into the rat lungJ. Nat. Cancer Inst. 78 (1987a) 935–942

Grimmer, G., Naujack, K.-W., Dettbarn, G.:Beitrag zur Ursachenforschung exogen bedingter Blasenkarzinome – Profilanalyse aromatischerAmine am Arbeitsplatz –, herausgegeben vom Projekttr�ger „Humanisierung des Arbeitslebens“Bremerhaven, Wirtschaftsverlag, 1987b

Grimmer, G., Dettbarn, G., Naujack, K.-W., Jacob, J.:Excretion of hydroxy derivatives of polycyclic aromatic hydrocarbons of the masses 178, 202, 228and 252 in the urine of coke and road workersInt. J. Environ. Anal. Chem. 43 (1991) 177–186

Hahn, J. U., Assenmacher-Maiworm, H.:Beurteilung von Arbeitspl�tzen auf der Basis von CTPV und Benzo[a]pyren beim Umgang mit Pyro-lyseprodukten aus organischem MaterialStaub-Reinhalt. Luft 55 (1995) 441–44

Hammond, E. C., Selikoff, I. J., Lawther, P. L., Steidman, H.:Inhalation of benzpyrene and cancer in manAnn. N.Y. Acad. Sci. 27 (1976) 116–124

Hansen, E. S.:Cancer incidence in an occupational cohort exposed to bitumen fumesScand. J. Work. Environ. Health 15 (1989) 101–105

Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften, Fachausschuß Chemie (Hrsg.):ZH1–120.25: Von den Berufsgenossenschaften anerkannte Analyseverfahren zur Feststellung derKonzentration krebserzeugender Arbeitsstoffe in der Luft in Arbeitsbereichen, 1997

Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Hrsg.):BaP-Jahre-ReportSt. Augustin, 1998, in Vorbereitung

Heinrich, U., Pott, F., Mohr, U., Fuhst, R., Kçnig, J.:Lung tumors in rats and mice after inhalation of PAH-rich emissionsExp. Pathol. 29 (1986) 29–34

Heinrich, U., Roller, M., Pott, F.:Estimation of a lifetime unit lung cancer risk for benzo[a]pyrene (BaP) based on tumour rates inrats exposed to coal tar/pitch condensation (CTP) aerosolToxicology Letters 72 (1994) 155–61

Henschler, D. (Hg.):Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, krebserzeugende (PAH)In: Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begr�ndung von MAK-WertenWeinheim, Verlag Chemie, Loseblattsammlung, 10. Lieferung, 1984

Hoffmann, F., Boente, L.:Beitr�ge zur PechchemieBrennstoff-Chemie 14 (1933) 381–382

Holzhauser, K. P., Schaller, K.-H.:Arbeitsmedizinische Untersuchungen bei SchornsteinfegernStuttgart, Thieme-Verlag, 1977

Horikawa, K., Sera, N., Otofuji, T., Murakami, K., Tokiwa, H., Iwagawa, M., Izumi, K., Otsuka, H.:Pulmonary carcinogenicity of 3,9- and 3,7-Dinitrofluoranthene, 3-Nitrofluoranthene and Benzo[a]-pyrene in F344 ratsCarcinogenesis 12 (1991) 1003–1007

International Agency for Research on Cancer (IARC):IARC monographs on the evaluation of the carcinogenic risk of chemicals to humans, polynucleararomatic compounds, Part 1, chemical, environmental and experimental data, volume 32, Lyon,1983

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 532

518 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten nach § 9 (2) SGB VII

Page 533: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

International Agency f�r Research on Cancer (IARC):IARC monographs on the evaluation of the carcinogenic risk of chemicals to humans, polynucleararomatic compounds, Part 3, industrial exposures in aluminium production, coal gasification, cokeproduction, and iron and steel founding, volume 34, Lyon, 1984

International agency for research on cancer (IARC):IARC monographs on the evaluation of the carcinogenic risk of chemicals to humans, polynucleararomatic compounds, Part 4, bitumens, coal tars and derived products, shale-oils and soots, vo-lume 35, Lyon, 1985

Iwagawa, M., Maeda, T., Izumi, K., Otsuka, H., Nishfuji, K., Ohnishi, Y., Aoki, S.:Comparative dose-response study on the pulmonary carcinogenicity of1,6-Dinitropyrene and Benzo[a]pyrene in F344 ratsCarcinogenesis 10 (1989) 1285–1290

Jçckel, K.-H., Ahrens, W., Wichmann, H.-E., Becher, H., Bolm-Audorff, U., Jahn, I., Molik, B., Greiser,E., Timm, J.:Occupational and environmental hazards associated with lung cancerInt. J. Epidemiol. 21 (1992) 202–213

Jongeneelen, F. J., Scheepers, P. T. J., Groenendijk, A., van Aerts, L., Anzion, R., Bos, R. P., Veenstra,S. J.:Airborne concentrations, skin contamination, and urinary metabolite excretion of polycyclic aro-matic hydrocarbons among paving workers exposed to coal tar derived road tarsAm. Ind. Hyg. Assoc. J. 49 (1988) 600–607

Kennaway, N. M., Kennaway, E. L.:A study of the incidence of cancer of the lung and larynxJ. Hyg. 36 (1936) 236–267

Knecht, U., Elliehausen, H., Woitowitz, H.-J.:Gaseous and adsorbed PAH in an iron foundryBrit. J. Industr. Med. 43 (1986) 834–838

Knecht, U., Bolm-Audorff, U., Woitowitz, H.-J.:Atmospheric concentrations of polycyclic aromatic hydrocarbons during chimney sweepingBrit. J. Industr. Med. 46 (1989) 479–482

Knecht, U., Woitowitz, H.-J.:Risk of cancer from the use of tar bitumen in road worksBrit. J. Industr. Med. 46 (1989) 24–30

Kutscher, W., Tomingas, R.:Untersuchung von Rußen und Luftst�uben im Mannheimer RaumStaub 26 (1966) 230–233

Letzel, S., Weber, A., Schaller, K.-H. et al.:Investigations on health hazards of chimney sweeps in Germany: results of a follow up studyInt. Arch. Occup. Environ. Health 64 (1992) 43–48

Lindstedt, G., Sollenberg, J.:Polycyclic aromatic hydrocarbons in the occupational environment, with special reference to ben-zo[a]pyrene measurements in Swedish industryScand. J. Work Environ. Health 8 (1982) 1–19

Maier, H., Gewelke, U., Dietz, A., Thamm, H., Heller, W.-D. Weidauer, H.:Kehlkopfkarzinom und Berufst�tigkeit – Ergebnisse der Heidelberger KehlkopfkrebsstudieHNO 40 (1992) 44–51

Malaiyandi, M., Benedek, A., Halko, A. P., Bansci, J. J. H.:Measurement of potentially hazardous polynuclear aromatic hydrocarbons from occupational expo-sure during roofing and paving operationsIn: Cooke, M., Dennis, A. J., Fisher, G. L. (eds.):Polynuclear aromatic hydrocarbons: physical and biological chemistry, 6th intemational Symposi-um, Columbus, OHBattelle Press, 1982, 471–489

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 533

Lungenkrebs durch PAK 519

Page 534: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Manz, A., Berger, J., Waltsgott, H.:Zur Frage des Berufskrebses bei Besch�ftigten der Gasindustrie – Kohortenstudie –, herausgegebenvon der Bundesanstalt f�r Arbeitsschutz und Unfallforschung Bremerhaven,Wirtschaftsverlag, 1983

Masek, K.:Ruß in Arbeitsst�tten eines H�ttenunternehmensZbl. Arbeitsmed. 2 (1974) 38–42.

Mazumdar, S., Redmond, C., Sollecito, W., Sussman, N.:An epidemiological study of expurse to coal tat pitch volatiles among coke oven workersJ. Air Poll. Contr. Ass. 25 (1975) 382–389

Medalia, A. I., Rivin, D., Sanders, D. R.:A comparison of carbon black with sootSci. total Environ. 31 (1983) 1–22

Neumann, H. J., Kaschani, D. T.:Bestimmung und Gehalt von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen in BitumenWasser, Luft und Betrieb 21 (1977) 648–659

NIOSH (ed.):NIOSH-Manual of analytic methods, 4. ed.US Department of Health and Human Services, Method 5515, Cincinnati, 1994

Pott, F., Heinrich, U.:Staub und Staubinhaltsstoffe / Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAH)In: Wichmann, H. J., Schlipkçter, F�lgraff (Hg.): Handbuch f�r Umweltmedizin, Landsberg/Lech,Ecomed-Verlag, Loseblattsammlung, 1. Lieferung, 1990

Reed, L. D.:Health hazard evaluation report HETA 82–067–1253, anchor hocking glass company, roofing siteLancaster, Ohio, National Institute for Occupational Safety and Health, Cincinnati, 1983, zitiertnach IARC (1985)

Rockette, H., Arena, V. C.:Mortality studies of aluminium reduction plant workers: potroom and carbon departmentJ. Occup. Med. 25 (1983) 549–557

Rondia, D.:La solution reelle d'un probleme d'hygiene dans un acierieArch. Mal. Prof. Med. Trav. Secur. Soc. 25 (1964) 403–306

Sawicki, E.:Airborne carcinogens and allied compoundsArch. Environ. Health 14 (1967) 46–53

Schimberg, R. W., Pf�ffli, P., Tossavainen, A.:Polycyclic aromatic hydrocarbons in foundriesJ. Toxicol. Environ. Health 6 (1980) 1187–1194

Schimberg, R. W., Toivonen, E., Tossavainen, A.:Polizyklische aromatische Kohlenwasserstoffe aus Gießereiformsanden mit verschiedene Kohlen-stofftr�gernStaub-Reinhaltung der Luft 41 (1981) 221–224

Schunk, W.:Zur Frage der Beziehung zwischen der Exposition gegen�ber polyzyklischen Kohlenwasserstoffenund der H�ufigkeit von Krebserkrankungen in zwei Chemiebetrieben Th�ringensZ. �rztl. Fortb. 73 (1979) 84–88

Shuler, P. J., Bierbaum, P. J.:Environmental surveys of aluminium reduction plants (HEW NIOSH Publ. No. 74–101)Cincinnati, OH, National Institute for Occupational Safety and Health, 1974,zitiert nach IARC 1984

Silverstein, M., Meizlish, N., Park, R., Mirer, F.:Mortality among workers exposed to coal tar pitch volatiles and welding emissions: an exercise inepidemiologic triageAm. J. Public Health 75 (1985) 1283–1287

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 534

520 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten nach § 9 (2) SGB VII

Page 535: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Spinelli, J. J., Band, P. R., Svirchev, L. M.. Gallagher, R. P.:Mortality and cancer incidence in aluminium reduction plant workersJ. Occup. Med. 33 (1991) 1150–1155

Steinhoff, D., Gad, S. C., Hatfield, G. K., Mohr, U.:Carcinogenicity study with sodium dichromate in ratsExp. Pathol. 30 (1986) 129–141

Tanimura, H.:Benzo[a]pyrene in an iron and steelworkArch. Environ. Health. 17 (1968) 172–177

Tharr, D. J.:Health hazard evaluation report HETA 81–432–1105, roofing sites, rochester and buffaloNew York, National Institutes for occupational safety and health, Cincinnati, 1982,zitiert nach IARC (1985)

Tobias, S., Knecht, U., Bolm-Audorff, U., Bienfait, H.-G., Woitowitz, H.-J.:Gef�hrdung durch PAH bei der Herstellung von ElektrographitIn: Norpoth, K. (Hg.): Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft f�r ArbeitsmedizinStuttgart, Gentner-Verlag, 1987, S. 137–138

Tobias, S., Knecht, U., Woitowitz, H.-J.:Verringerung der Krebsgef�hrdung durch Verwendung von Bitumen im SchwarzdeckenbauIn: Meyer-Falke, A., Jansen, G. (Hg.): Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft f�r ArbeitsmedizinStuttgart, Gentner-Verlag 1990, S. 239

Tola, S., Koskela, R.-S., Hemberg, S., J�rvinen, E.:Lung cancer mortality among iron foundry workersJ. Occup. Med. 21 (1979) 753–760

Virtamo, M., Riala, R., Schimberg, R., Tolonen, M., Lund, G., Peltonen, Y., Eronen, R.:Bituminous products in road paving operations (Finn.) (Publication No. 20),Institute of Occupational Health, Helsinki, 1979, zitiert nach IARC (1985)

Verma, D. K.; Muir, D. C. F., Cunliffe, S., Julian, J. A., Vogt, J. H., Rosenfeld, J., Chovil, A.:Polycyclic aromatic hydrocarbons in Ontario foundry environmentsAnn. Occup. Hyg. 25 (1982) 17–25

Wolf, O.:Larynxkarzinome bei NaphthalinreinigernZ. ges. Hyg. 24 (1978) 737–739

Zdrazil, J.-I., Picha, F.:Bestimmung des 3,4-Benzpyrens durch ChromatographieCs. Hyg. 9 (1962) 495, zitiert nach Holzhauser und Schaller (1977)

Ziem, U., Pott, F.:Pr�fung der Kanzerogenit�t von 16 polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen im Sub-kutantest bei der MausTeil des Abschlußberichtes der Arbeitsgruppe „Untersuchung �ber die karzinogene Belastung desMenschen durch Luftverunreinigung“ f�r das Umweltbundesamt, Berlin, 1983,zitiert nach Pott und Heinrich (1990)

Literaturerg�nzung:Hanke, Ch., Scheidt, R., Otto, J.:

Geh�uftes Auftreten von Krebserkrankungen der Atemwege nach TeerexpositionZbl. Arbeitsmed. 274–278, 1995

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 535

Lungenkrebs durch PAK 521

Page 536: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Tab. 1: Benzo[a]pyren-Konzentration in der Atemluft an Arbeitspl�tzen in der eisen- und stahlerzeu-

genden Industrie

Arbeitsplatz Benzo[a]pyren-Konzentration Literatur

(g/m3)

Hochofen 0,05–2,7 2–4

Elektrostahlofen 0,02–4,9 2,3

Siemens-Martin-Ofen 0,20–2,5 2,3

Bessemer-Konverter 0,20–0,3 2

AOD-Stahlwerk 0,04–6,8 4

Auskleiden von Kokillen

mit Teer 90,00–126,0 1

Aufheizen von Gießpfannen

nach Neuerstellung mit

Teer/Dolomit 0,05–4,7 4

Literatur: 1 = Rondia (1964), 2 = Tanimura (1968), 3 = Lindstedt und Sollenberg (1982),

4 = Blome (1983)

Tab. 2: Benzo[a]pyren-Exposition im Straßenbau in Abh�ngigkeit von der Art des verwendeten Binders

Art des Binders Benzo[a]pyren-Exposition Literatur

(g/m3)

Minimum/Maximum/Median

Steinkohlenteerpech k. A. 78,0 k. A. Sawicki 1967

k. A. 75,0 k. A. Bridbord et al. 1976

Teerbitumen

(Carbobitumen) <0,01 22,0 0,7 Knecht und Woitowitz 1989

Bitumen k. A. <0,05 k. A Virtamo et al. 1979

k. A. <0,05 k. A. Blome 1983

k. A. k. A. 4,00 Hansen 1989

k. A. k. A. 0,02 Tobias et al. 1990

Abk�rzungen: k. A.= keine Angaben

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 536

522 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten nach § 9 (2) SGB VII

Page 537: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Tab. 3: Benzo[a]pyren-Konzentration im Kaminruß bei Verwendung verschiedener Brennstoffe

Brennstoff Benzo[a]pyren-Konzentration

(mg/kg Ruß)

Koks 0,1– 0,2

Holz 11,0– 40,5

�l 3,3– 96,7

Kohle 65,0–130,8

Quelle: Zdrazi et al. (1962), Kutscher und Tomingas (1966), Masek 1974, Holzhauser

und Schaller (1977), Medalia et al. 1983, Knecht et al. (1989)

Tab. 4: Hçhe der Benzo[a]pyren-Konzentration in der Atemluft beim Schornsteinfegen

Autoren T�tigkeit Benzo[a]pyren-

Konzentration

(g/m3)

Holzhauser und Kaminkehren vom Dach, 1,2–42,9

Schaller (1977) Auffegen des Rußes

Bagchi und Kaminkehren vorn Dach 40,0

Zimmermann(1980)

Knecht et al. (1989) Kaminkehren vom Dach,

Auffegen des Rußes

von der Sohle:

�lheizung 0,4 (0,1–1,9) *

Holz- und Kohlenheizung 0,8 (0,1–8,4) *

�l-, Holz- und Kohlenheizung 0,8 (0,1–3,7) *

* arithmetischer Mittelwert und Schwankungsbereich

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 537

Lungenkrebs durch PAK 523

Page 538: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 538

Tab. 5: PAK-Verdopplungsdosis f�r Lungenkrebs in verschiedenen epidemiologischen Studien

Autor Jahr Kohortengrçße [(mg CTPV/m3) Jahre] [(g BaP/m3) Jahre]

Spinelli

et al. 1991 4.213 >201) k. A.

Armstrong

et al. 1994 16.297 >102) >1002

Costantino

et al. 1995 5.321 >16,73) k. A.

1) unter Ber�cksichtigung einer mindestens zehnj�hrigen Latenzzeit2) f�r Rauchen adjustiert3) basierend auf einem follow-up bis 1965

k. A. = keine Angaben

ml k

nj

oqp

i

r

h

ac

bs

g fe

d

1

2

3

3a

4

5

66a6b

77a

8

9

10

1111a

1212a

12b

mn

l k

o

j

p q

i

r

h g fe

d

sa b

c

lm

k

n

j

o p

i h g fe

qdc

br

a

1

2

3

44a

4b

56

6a7

8

9

1010a

11

1212a

10b

lk

j m

h g fn

op q

e d cb

a

BENZO[a]PYRENE DIBENZ[a,h]ANTHRACENE

BENZ[a]ANTHRACENE

BENZO[b]FLUORANTHENE

BENZO[k]FLUORANTHENEBENZO[l]FLUORANTHENE

CHRYSENE

1

2

3

3a

45

5a6

6a7

8

9

1010a

11

1212a

10b

ab

cop q

f ed

gh

n

i

mkj

l

1

2

3

4

4a

5

66a

77a

7b

8

9

10

1111a

12

1313a

1414a

14b

nm l

ok

jp

q r

i

s

h

t

g

ue

f

ac

bv

d

1

2

3

3a3b

45

67

7a7b8

8a9

10

1112

12a12b

op

n

q

m

r

l k

sa b

c

d

h

fg

e

i

1

2

3

3a

4

5

66a6b

6c

7

8

9

1010a

11

1212a

12b

1

2

3

44a

5

66a

77a

8

9

10

1111a

1212a

12b

r

j

r

Abb. 1: Strukturformel einiger polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe (nach IARC 1983)

524 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten nach § 9 (2) SGB VII

Page 539: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 539

90

70

50

30

10

1

0,1 1 10 100 1000 µg PAH

% Mäuse mit s.c. Tumor

BaP

DBahA BbFT

BkFT

BaA

CHR

BjFT

BaPDBahABbFTBjFTBkFTBaACHR

Abb. 2: Beziehungen zwischen der Dosis subcutan applizierter PAK und der H�ufigkeit von gut- und bçs-

artigen Hauttumoren bei M�usen (nach Ziem und Pott, 1983)

Abk�rzungen: BaP = Benzo[a]pyren

DBaHa = Dibenz[a,h]anthracen

Bbft = Benzo[b]fluoranthen

BjFT = Benzo[j]fluoranthen

BkFT = Benzo[k]fluoranthen

BaA = Benz[a]anthracen

CHR = Chrysen

Lungenkrebs durch PAK 525

Page 540: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 540

Inzidenz gut- und bösartigerLungentumoren (%)

120

100

80

60

40

20

0Kontrollen

Expositionshöhe

20 µg BaP/m³ 46 g BaP/m³

Expo

siti

onsd

auer

97

3933

40

10 Monate20 Monate

Abb. 3: Zusammenhang zwischen Hçhe und Dauer der PAK-Exposition und der H�ufigkeit von Lungentu-

moren bei Ratten (nach Heinrich et al. 1994)

2,5

2

1,5

1

0,5

0< 10 10-99 100-199 200-299 300-

Kumulative PAK-Dosis [(Mikrogramm B³aP/m) Jahre]

1

1,5*

2,2 2,1*1,9*

*p< 0,05

Relatives Risiko

Abb. 4: Beziehung zwischen der kumulativen Benzo(a)pyren – Dosis und dem f�r Rauchen adjustierten

Lungenkrebsrisiko bei Besch�ftigten in Sçderbergaluminiumh�tten (nach Armstrong et al.

1994)

526 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten nach § 9 (2) SGB VII

Page 541: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 541

Relatives Risiko

Kumulative PAK-Dosis [(mg CTPV/m³) Jahre]

876543210

0 >0-<16,7 16,7-<33,3 33,3-<50 50-

1 1,09

3* 3,35*

6,76*

Abb. 5: Beziehung zwischen der kumulativen CTPV – Dosis und dem Lungenkrebsrisiko bei Kokereiarbei-

tern (nach Costantino et al. 1995)

Hinweis: Kapitel G Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten41 10 Bçsartige Neubildungen der Atemwege und der Lungen

durch Kokereirohgase

Lungenkrebs durch PAK 527

Page 542: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Wissenschaftliche Begr�ndung

f�r eine Berufskrankheit nach § 9 (2) SGB VII

(Verçffentlichung in Vorbereitung)

2 (Karpaltunnelsyndrom durch mechanische Belastung)

Klinische Zuordnung:Orthop�dieNeurologie

Literaturhinweis:Karpaltunnelsyndrom (Vogt, 1998)Das Karpaltunnelsyndrom (Fricker, 2004)

Hinweis: Kapitel G Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten21 06 Drucksch�digung der Nerven

Kapitel H Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten21 06 Drucksch�digung der Nerven

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 542

528 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten nach § 9 (2) SGB VII

Page 543: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Wissenschaftliche Begr�ndung

f�r eine Berufskrankheit nach § 9 (2) SGB VII

(Verçffentlichung in Vorbereitung: BArbBl. 10/2005)

3 (Gonarthrose durch mechanische Belastung)

Klinische Zuordnung:Orthop�die

Literaturhinweis:Arthrosen – Basiswissen zu Klinik, Diagnostik und Therapie (Hackenbroch, 2002)Gedanken zur geplanten Aufnahme ausgew�hlter Gonarthrosen…in die Liste der Berufskrankheiten

(Hackenbroch, 2003)

Hinweis: Kapitel G Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten21 02 Meniskussch�den

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 543

(Gonarthrose durch mechanische Belastung) 529

Page 544: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Wissenschaftliche Begr�ndung

f�r eine Berufskrankheit nach § 9 (2) SGB VII

(Verçffentlichung in Vorbereitung)

4 (Nasenkrebs durch Lederstaub)

Klinische Zuordnung:HNO-Heilkunde

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 544

530 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten nach § 9 (2) SGB VII

Page 545: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Wissenschaftliche Begr�ndung

f�r eine Berufskrankheit nach § 9 (2) SGB VII

(Verçffentlichung in Vorbereitung)

5 (Schweißerlungenfibrose)

Klinische Zuordnung:Pneumologie

Literaturhinweis:Die Lungensiderose (Worth, 1954)Schweißerlungenfibrose: Begr�ndung f�r die Aufnahmen als neue Berufskrankheit

(Buerke et al., 2003)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 545

(Schweißerlungenfibrose) 531

Page 546: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

JAbk�rzungsverzeichnis

Hinweis: Dieses Verzeichnis bezieht sich nicht auf die in den Kapiteln G, H und I vor-gestellten amtlichen Bekanntmachungen.

AAIDS Acquired Immuno Deficiency Syndrome�ndV �nderungsverordnungASiG Arbeitssicherheitsgesetz

BBAuA Bundesanstalt f�r Arbeitsschutz und ArbeitsmedizinB�K Bundes�rztekammerBArbBl BundesarbeitsblattBGB B�rgerliches GesetzbuchBK Berufskrankheit/-enBKV Berufskrankheiten-VerordnungBMA Bundesministerium f�r Arbeit und SozialordnungBMGS Bundesministerium f�r Gesundheit und Soziale SicherungBMWA Bundesministerium f�r Wirtschaft und ArbeitBSE Bovine spongiforme EncephalopathieBT BundestagBVA BundesversicherungsamtBWS Brustwirbels�ule

CCO-Hb Kohlenmonoxid-H�moglobin

EEG Europ�ische GemeinschaftEHEC Enteroh�morrhagische Escherichia coliEU Europ�ische Union

GGKV Gesetzliche KrankenversicherungGUV Gesetzliche Unfallversicherung

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 546

Page 547: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

HHg „Quecksilber“HNO Hals-Nasen-Ohren-HeilkundeHOV Halogenorganische VerbindungenHWS Halswirbels�ule

IIAA Internationales ArbeitsamtICD International Classification of DiseasesILO International Labour OrganisationIVSS Internationale Vereinigung f�r soziale Sicherheit

LLCM Lymphozyt�re Choriomeningitis

PPAK Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe

RRVO Reichsversicherungsordnung

SSGB Sozialgesetzbuch

UUVAV Unfallversicherungs-Anzeigeverordnung

WWHO World Health OrganizationWVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft

ZZNS Zentralnervensystem

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 547

Abk�rzungsverzeichnis 533

Page 548: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

KLiteratur

Adler, R. H., Herrmann, J. M., Kçhle, K., Langewitz, W., Schonecke, O. W., Uexk�ll, von, T., Wesiak, W.(Hrsg.):Psychosomatische MedizinUrban & Fischer, M�nchen · Jena 2003

Andr�, J.:Sozialgesetzbuch 1. Buch Allgemeiner TeilIn: BMA (Hrsg.): �bersicht �ber das SozialrechtBonner Universit�ts-Buchdruckerei, Bonn 2000

Andreas, K., Ray, D. E.:NervensystemIn: Marquardt, H., Sch�fer, S. G. (Hrsg.): Lehrbuch der ToxikologieWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Baldamus, C. A., Friederes, B. A.:NiereIn: Dott et al. (Hrsg.): Lehrbuch der UmweltmedizinWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002

Bauer, X., Preisser, A.:Asthma bronchiale und COPDWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2005

Beck-Texte:SozialgesetzbuchDeutscher Taschenbuch Verlag, M�nchen 2002

Berghoff, B. E.:Vorhersagbarkeit einer koronaren Herzkrankheit im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Vorsor-geuntersuchungMed. Diss., M�nchen 2004

Bialas, R.:Berufsunf�lle und -krankheitenPreisg�nstiger Schutz f�r niedergelassene �rzteDeutsches �rzteblatt, 79, 2003

Bolt, H. M., Thier R.:Halogenierte KohlenwasserstoffeIn: Marquardt, H., Sch�fer, S. G. (Hrsg.): Lehrbuch der ToxikologieWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Breuer, C., Hanrath, P.:Atemwegs- und LungenerkrankungenIn: Dott et al. (Hrsg.): Lehrbuch der UmweltmedizinWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002

Brusik, D. J., M�sch, H.:GenotoxikologieIn: Marquardt, H., Sch�fer, S. G. (Hrsg.): Lehrbuch der ToxikologieWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Buerke, U., Schneider, J., M�ller, K. M., Woitowitz, H. J.:Schweißerlungenfibrose: Begr�ndung f�r die Aufnahmen als neue BerufskrankheitPneumologie, 9–14, 2003

Buhl, R., Vogelmeier, C.:Asthma bronchiale und COPDIn: Buhl, R., Vogelmeier, C.: Pneumologische Notf�lleWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Bullinger, M.:BefindlichkeitsstçrungenIn: Dott et al. (Hrsg.): Lehrbuch der UmweltmedizinWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 548

Page 549: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Bundes�rztekammer (Hrsg.):(Muster-) WeiterbildungsordnungArbeitsgemeinschaft der Deutschen �rtzekammern, Kçln 1992

Bundesanstalt f�r Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.):Dienststellenverzeichnis „Arbeitsschutz“, Bundesrepublik DeutschlandSchriftenreihe der BAuA – S 2, Dortmund/Dresden/Berlin, 2003

Bundesministerium f�r Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.):�bersicht �ber das SozialrechtBMA, Bonn 2000

Bundesministerium f�r Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.):Die gesetzliche Unfallversicherung in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2000BMA, Bonn 2002

Bundesministerium f�r Gesundheit und Soziale Sicherung (Hrsg.):Die gesetzliche Unfallversicherung in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2001BMGS, Bonn 2003

Bundesministerium f�r Gesundheit und Soziale Sicherung (Hrsg.):Die gesetzliche Unfallversicherung in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2002BMGS, Bonn 2004

Bundesministerium f�r Gesundheit und Soziale Sicherung (Hrsg.):Die gesetzliche Unfallversicherung in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2003BMGS, Bonn 2005

Bundesministerium f�r Gesundheit und Soziale Sicherung (Hrsg.):Anhaltspunkte f�r die �rztliche Gutachtert�tigkeitBMGS, Bonn 2004

Bundesministerium f�r Gesundheit und Soziale Sicherung (Hrsg.):�bersicht �ber das SozialrechtBMGS, Bonn 2005

Cojocel, C.:NiereIn: Marquardt, H., Sch�fer, S. G. (Hrsg.): Lehrbuch der ToxikologieWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Daubenb�chel, R.:Gutachtenqualit�t in der UnfallversicherungIn: Bundesversicherungsamt: T�tigkeitsbericht 1999Bundesarbeitsblatt 9/2000, 15–16

Daubenb�chel, R.:Vorschlagsrecht der Gewerbe�rzte im BerufskrankheitenverfahrenIn: Bundesversicherungsamt: Aspekte aus 2000Bundesarbeitsblatt 8/2001, 17

Daubenb�chel, R.:Fusionen von gewerblichen Berufsgenossenschaften, �nderung von § 118 Abs. 1 SGB VIIIn: Bundesversicherungsamt – Jahresbericht zur Sozialversicherung 2002Bundesarbeitsblatt 9–2003, 24–26

Deutscher Bundestag (Hrsg.):Bericht der Bundesregierung �ber den Stand von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit und �berdas Unfall- und Berufskrankheitengeschehen in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2002/BT– Drucksache 15/2300Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft, Kçln 2003

Dçrr, W., Hagen, U. F. W., Eckardt-Schupp, F.:StrahlungenIn: Marquardt, H., Sch�fer, S. G. (Hrsg.): Lehrbuch der ToxikologieWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Dott, W., Merk, H. F., Neuser, J., Osieka, R. (Hrsg.):Lehrbuch der UmweltmedizinWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 549

Literatur 535

Page 550: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Engelke, J.-C., Westhofen, M.:HNOIn: Dott et al. (Hrsg.): Lehrbuch der UmweltmedizinWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002

Erdmann, E. (Hrsg.):HerzinsuffizienzWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2003

European Commission:Information notices on diagnosis of occupational diseasesReport EUR 14768, Luxembourg 1997

Exner, M.:�ffentliches GesundheitswesenIn: Dott et al. (Hrsg.): Lehrbuch der UmweltmedizinWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002

Eyer,P.:Gasfçrmige VerbindungenIn: Marquardt, H., Sch�fer, S. G. (Hrsg.): Lehrbuch der ToxikologieWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Eyer, P., Klimmek, R.:Blut und Blut bildende OrganeIn: Marquardt, H., Sch�fer, S. G. (Hrsg.): Lehrbuch der ToxikologieWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Ferber, von, C.,:Arbeit, Gesundheit und KrankheitIn: Adler et al.: Psychosomatische MedizinUrban & Fischer, M�nchen Jena 2003

Freund, R., Goeke, H.:Sozialgesetzbuch 7. Buch UnfallversicherungIn: BMA (Hrsg.): �bersicht �ber das SozialrechtBonner Universit�ts-Buchdruckerei, Bonn 2000

Fricker, R.:Das KarpaltunnelsyndromSchweiz. Med. Forum, 1211–1217, 2004

Fuchs, M.:Die Konformit�t des Unfallversicherungsmonopols mit dem GemeinschaftsrechtDie Sozialgerichtsbarkeit, 65–75, 2005

Goeke, H.:Persçnliche Mitteilung, 2003

Hackenbroch, M. H.:Arthrosen – Basiswissen zu Klinik, Diagnostik und TherapieThieme, Stuttgart, New York, 2002

Hackenbroch, M. H.:Gedanken zur geplanten Aufnahme ausgew�hlter Gonarthrosen und Coxarthrosen in die Liste derBerufskrankheitenZ. Orthop., 617–620, 2003

Hallier, E.:Genetische Disposition bei fremdstoffbedingten ErkrankungenDeutsches �rzteblatt, A 112 – A 114, 2001

Hartleb, U.:Sozialgesetzbuch 10. Buch VerwaltungsverfahrenIn: BMA (Hrsg.): �bersicht �ber das SozialrechtBonner Universit�ts-Buchdruckerei, Bonn 2000

HippokratesZit. nach Valentin, 1971

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 550

536 Literatur

Page 551: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Hollender, J., Dott, W.:Anorganische GaseIn: Dott et al. (Hrsg.): Lehrbuch der UmweltmedizinWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002

Hollender, J., F�rber, H., Schçler, H. F.:Aromatische und nicht halogenierte KohlenwasserstoffeIn: Dott et al. (Hrsg.): Lehrbuch der UmweltmedizinWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002

Idel, H., Leng, G.:PestizideIn: Dott et al. (Hrsg.): Lehrbuch der UmweltmedizinWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002

Internationales Arbeitsamt:Aufzeichnung und Meldung von Arbeitsunf�llen und Berufskrankheiten sowie IAO-Liste der Berufs-krankheitenILO Publications, Geneva 2001

International Labour Organization:Encyclopaedia of Occupational Health and SafetyILO Publications, Geneva 1989

International Labour Organization:Guidelines for the ILO International Classification of Radiographs of PneumoconiosisILO Publications, Geneva 2002

Institut National de Recherche et de Securit�:Les maladies professionnellesINRS, Paris 2004

Jçdicke, B., Neubert, D.:Reproduktion und EntwicklungIn: Marquardt, H., Sch�fer, S. G. (Hrsg.): Lehrbuch der ToxikologieWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

K�mpfer, P.:BioaerosoleIn: Dott et al. (Hrsg.): Lehrbuch der UmweltmedizinWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002

Kahl, R.:Morphologie und Funktion der LeberIn: Marquardt, H., Sch�fer, S. G. (Hrsg.): Lehrbuch der ToxikologieWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Keller, W.:Multikausalit�t im Berufskrankheitenrecht – Rechtsprobleme des § 9 SGB VII bei konkurrierendenUrsachenDie Sozialgerichtsbarkeit, 205–210, 2005

Kirchhof, B., Schrage, N.:AugeIn: Dott et al. (Hrsg.): Lehrbuch der UmweltmedizinWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002

Knipping, H. W., Bolt, W., Valentin, H., Venrath, H.:Untersuchung und Beurteilung des HerzkrankenEnke, Stuttgart 1960

Knipping, H. W., Rink, H.:Klinik der LungenkrankheitenSchattauer, Stuttgart 1964

Kommission der Europ�ischen Gemeinschaften:Merkbl�tter zu der Berufskrankheitenliste der Europ�ischen GemeinschaftenAmt f�r Amtliche Verçffentlichungen der EG, Luxemburg 1972

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 551

Literatur 537

Page 552: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Kommission der Europ�ischen Gemeinschaften:Allgemeinmediziner und BerufskrankheitenAmt f�r Amtliche Verçffentlichungen der EG, Luxemburg 1993

Kommission der Europ�ischen Gemeinschaften:Empfehlung der Kommission �ber die Europ�ische Liste der BerufskrankheitenAmtsblatt der EG, L 238/28, 25.9.2003

Koss, G.:KohlenwasserstoffeIn: Marquardt, H., Sch�fer, S. G. (Hrsg.): Lehrbuch der ToxikologieWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Koss, G., Schrenk, D., Wçlfle, D.:Polychlorierte Dioxine, Furane und BiphenyleIn: Marquardt, H., Sch�fer, S. G. (Hrsg.): Lehrbuch der ToxikologieWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Laber, J.:Arbeitsunf�higkeitsbescheinigung: Falsches Ausf�llen ist strafbarDeutsches �rzteblatt, C 584, 2003

Lelbach, W.K.:Vinylchlorid und LeberHepatologie aktuell, 12, 4–8, 1977

Lçffler, M., Glake, R., Hack, H. P., Schaller, H.:�konomischer Nutzen der Beratung gesetzlicher Krankenkassen in BerufskrankheitenfragenGesundheitswesen, 438–442, 2003

Lonz, L.:Sozialgesetzbuch 2. Buch Organisation und SelbstverwaltungIn: BMA (Hrsg.): �bersicht �ber das SozialrechtBonner Universit�ts-Buchdruckerei, Bonn 2000

Manz, A.:Zur Bedeutung der „Risikoverdoppelung“ in der arbeitsmedizinischen Begutachtung und bei derNeudefinierung von BerufskrankheitenGesundheitswesen, 331–336, 1999

Marquardt, H., Sch�fer, S. G. (Hrsg.):Lehrbuch der ToxikologieWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Marschall, H.-U., Opfermann, U. C. T.:Leber-EntgiftungIn: Dott et al. (Hrsg.): Lehrbuch der UmweltmedizinWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002

Meiburg, S., Goeke, H.:Sozialgesetzbuch 7. Buch UnfallversicherungIn: BMGS (Hrsg.): �bersicht �ber das SozialrechtBW Bildung und Wissen, N�rnberg 2005

Merchant, J.A (ed.):Occupational Respiratory DiseasesDHHS (NIOSH) Publication No. 86–102, 1986

Merk, H. F.:HautIn: Dott et al. (Hrsg.): Lehrbuch der UmweltmedizinWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002

Merk, H. F.:HautIn: Marquardt, H., Sch�fer, S. G. (Hrsg.): Lehrbuch der ToxikologieWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Mertz, D. P.:Das Leib – Seele – Problem im europ�ischen (westlichen) WeltbildVersicherungsmedizin, 141–144, 2003

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 552

538 Literatur

Page 553: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

M�ller, W.:Das BerufsekzemAcron, Berlin 1980

M�nchener R�ckversicherungs-Gesellschaft:Die Haftung des ArbeitgebersM�nchener R�ck 2123-E-d, M�nchen 1993

M�sch, F. H.:Lumbalsyndrom bei Erdbaumaschinenfahrern mit langj�hriger Ganzkçrper-VibrationsbelastungIn: Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (Hrsg.): Vibration am Arbeitsplatz3. Internationales Kolloquium der IVSS – Internationale Sektion „Forschung“, Wien 1989

M�sch, F. H.:Gewerbe�rztliche Abkl�rung obstruktiver Atemwegserkrankungen (BK-Nr. 4301 und 4302 derBeKV)MAGS – Jahresbericht 1989, NRW 122 – NRW 123

M�sch, F. H.:Lumbalsyndrom durch Ganzkçrper-VibrationsbelastungIn: XII. Weltkongress f�r ArbeitsschutzKongressbericht Deutscher Organisationsausschuß, Sankt Augustin 1990

M�sch, F. H.:Lumbalsyndrom durch Ganzkçrper-VibrationsbelastungIn: Rheumatologische Probleme am ArbeitsplatzCongr�s Commun, Z�rich 1991

M�sch, F. H.:The Prevention of Occupational Respiratory DiseasesIn: International Centre for Prevention of Occupational Respiratory DiseasesICPORD, Montreal 1996

M�sch, F. H.:The Use of International Classification of Diseases (ICD-10) in Occupational HealthIn: WHO-Consultation on Strengthening of Health Surveillance of Working PopulationsWHO, Genf 1998

M�sch, F.H.:Occupational Respiratory CancerIn: 10th International Conference on Respiratory DiseaseICORD, Beijing 2005 (im Druck)

Muhle, H.:Schwebstoff und StaubinhaltsstoffeIn: Dott et al. (Hrsg.): Lehrbuch der UmweltmedizinWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002

Muhle, H., McClellan, R. O.:RespirationstraktIn: Marquardt, H., Sch�fer, S. G. (Hrsg.): Lehrbuch der ToxikologieWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Muhle, H., Warheit, D. B.:FasernIn: Marquardt, H., Sch�fer, S. G. (Hrsg.): Lehrbuch der ToxikologieWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Mutschler, E., Geisslinger, G., Kroemer, H. K., Sch�fer-Korting, M.:Lehrbuch der Pharmakologie und ToxikologieWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2001

Neulen, J.:Reproduktionsorgane – Fertilit�tIn: Dott et al. (Hrsg.): Lehrbuch der UmweltmedizinWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 553

Literatur 539

Page 554: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Nguyen, H.:Magen- und DarmerkrankungenIn: Dott et al. (Hrsg.): Lehrbuch der UmweltmedizinWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002

Nowak, D.:Inhalative Noxen. Toxisch irritative Gase und AerosoleIn: Vogelmeier, C., Buhl, R.: Pneumologische Notf�lleWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Osieka, R.:Blut bildendes System, BlutIn: Dott et al. (Hrsg.): Lehrbuch der UmweltmedizinWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002

Podoll, K., Noth, J.:NervensystemIn: Dott et al. (Hrsg.): Lehrbuch der UmweltmedizinWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002

Richter, E., Pfau, W.:Aromatische Amine, Nitroaromaten und heterozyklische aromatische AmineIn: Marquardt, H., Sch�fer, S. G. (Hrsg.): Lehrbuch der ToxikologieWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Ricke, W.:Fehldarstellungen zum Monopol der UnfallversicherungDie Sozialgerichtsbarkeit, 9–13, 2005

Rieser, S.:Einwerbung von DrittmittelnDeutsches �rzteblatt, A 764 – A 765, 2004

Sch�fer, S. G., Elsenhans, B., Forth, W., Sch�mann, K.:MetalleIn: Marquardt, H., Sch�fer, S. G. (Hrsg.): Lehrbuch der ToxikologieWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Schçler, H. F., F�rber, H.:Halogenorganische Verbindungen (HOV)In: Dott et al. (Hrsg.): Lehrbuch der UmweltmedizinWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002

Schmahl, F. W., Weizs�cker, von, C. F.:Moderne Physik und Grundfragen der MedizinDeutsches �rzteblatt, A-165 – A-167, 2000

Schulenberg, D.:GebietsgrenzenRheinisches �rzteblatt 12/2003, 16

Schuler-Harms, M.:Gesetzliche KrankenversicherungDeutsches �rzteblatt, 62, 2003

Schulin, B.:Einf�hrungIn: Beck – Texte: SozialgesetzbuchDeutscher Taschenbuch Verlag, M�nchen 2002

Seewald, O.:Kein Monopol der gesetzlichen UnfallversicherungDie Sozialgerichtsbarkeit, 387–397 und 453–464, 2004

Solecki, R., Pfeil, R.:Biozide und PflanzenschutzmittelIn: Marquardt, H., Sch�fer, S. G. (Hrsg.): Lehrbuch der ToxikologieWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 554

540 Literatur

Page 555: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Stevens, A., Foerster, K.:�ber den Ursachenzusammenhang in der medizinischen BegutachtungMED SACH, 104–109, 2003

Tag, B., Trçger, J.:Drittmitteleinwerbung – strafbare Disziplin?Deutsches �rzteblatt, A 2776, 2003

Thews, G., Mutschler, E., Vaupel, P.:Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie des MenschenWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1999

Thomas, H. P.:Die sozialrechtlichen Vorgaben f�r die Aufnahme einer Krankheit in die BerufskrankenlisteArbeitsmed. Sozialmed. Pr�ventivmed., 182–184, 1991

Thomas, M. J., Thomas, J. A., Thole, H. H.:Endokrine SytemeIn: Marquardt, H., Sch�fer, S. G. (Hrsg.): Lehrbuch der ToxikologieWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Valentin, H.:Professor Hugo Wilhelm Knipping 70 Jahre altM�nchener Medizinische Wochenschrift, 1361–1363, 1965

Valentin, H.:EinleitungIn: Valentin, H. et al.: ArbeitsmedizinThieme, Stuttgart 1971

Valentin, H., Lehnert, G.:Professor Dr. Hugo-Wilhelm Knipping †Arbeitsmed. Sozialmed. Pr�ventivmed., X (Personalia), 1985

Valentin, H., Lehnert, G., Petry, H., Weber, G., Wittgens, H., Woitowitz, H. J.:Arbeitsmedizin, Band 2: BerufskrankheitenThieme, Stuttgart New York 1985

Vogel, F., Lebert, C.:Infektionen in Klinik und PraxisWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Vogelmeier, C., Buhl, R.:Pneumologische Notf�lleWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Vogt, J.:Wirkungen von physikalischen NoxenIn: Dott et al. (Hrsg.): Lehrbuch der UmweltmedizinWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002

Vogt, W.:KarpaltunnelsyndromSUVA, Luzern 1998

Wagner, R., Zerlett, G.:Die Berufskrankheiten nach der 7. BKVOKohlhammer, Kçln 1968

Weber, St., Luthermann, Ch., Hollender, J.:Endokrin wirksame SubstanzenIn: Dott et al. (Hrsg.): Lehrbuch der UmweltmedizinWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002

Weihe, W.:Von der Wahrscheinlichkeit des IrrtumsDeutsches �rzteblatt, A 834 – A 838, 2004

Weizs�cker, von, C. F.:Zeit und WissenCarl Hanser Verlag, M�nchen – Wien 1992

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 555

Literatur 541

Page 556: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Wilde, K., Schulte,K.:Volkskrankheiten als Berufskrankheit? Grunds�tzliche Bemerkungen zur sogenannten Berufskrank-heitenreifeDie Sozialgerichtsbarkeit, 599–609, 2004

Wilhelm, M., Idel, H.:Metalle und MetalloideIn: Dott et al. (Hrsg.): Lehrbuch der UmweltmedizinWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002

Winneke, G.:Wirkungen chemischer NoxenIn: Dott et al.: Lehrbuch der UmweltmedizinWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002

Woitowitz, H.-J., M�sch, F. H.:Occupational Lung Cancer – what’s newIn: 10th International Conference on Respiratory DiseaseICORD, Beijing 2005 (im Druck)

Worth, G.:Die LungensideroseIn: Die PneumokoniosenStaufen Verlag, 1954

Zerlett, G.:Hugo Wilhelm KnippingArbeitsmed. Sozialmed. Pr�ventivmed., 335, 1994

Zolk, O., Eschenhagen, T.:Kardiotoxizit�tIn: Marquardt, H., Sch�fer, S. G. (Hrsg.): Lehrbuch der ToxikologieWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 556

542 Literatur

Page 557: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

LAnhang

1 Versicherter Personenkreis(§ 2 SGB VII)

2 Gewerbliche Berufsgenossenschaften(Anlage 1 zu § 114 (1) SGB VII)

3 Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften(Anlage 2 zu § 114 (1) SGB VII)

4 Arztdaten f�r die Berufskrankheitenforschung(§ 206 SGB VII)

5 Landesbehçrden f�r den medizinischen Arbeitsschutz(Gewerbe�rzte)

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 557

Page 558: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

1 Versicherter Personenkreis (§ 2 SGB VII)

§ 2 Versicherung kraft Gesetzes.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert1. Besch�ftigte,2. Lernende w�hrend der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsst�tten, Lehr-

werkst�tten, Schulungskursen und �hnlichen Einrichtungen,3. Personen, die sich Untersuchungen, Pr�fungen oder �hnlichen Maßnahmen unter-

ziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten T�-tigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten T�tigkeit erforderlich sind,soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behçrde veranlaßt wor-den sind,

4. behinderte Menschen, die in anerkannten Werkst�tten f�r behinderte Menschenoder in nach dem Blindenwarenvertriebsgesetz anerkannten Blindenwerkst�ttenoder f�r diese Einrichtungen in Heimarbeit t�tig sind,

5. Personen, diea) Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unter-nehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,b) im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vor�bergehend mitarbeitendeFamilienangehçrige sind,c) in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Per-sonenhandelsgesellschaften regelm�ßig wie Unternehmer selbst�ndig t�tig sind,d) ehrenamtlich in Unternehmen t�tig sind, die unmittelbar der Sicherung, �ber-wachung oder Fçrderung der Landwirtschaft �berwiegend dienen,e) ehrenamtlich in den Berufsverb�nden der Landwirtschaft t�tig sind, wenn f�rdas Unternehmen eine landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zust�ndig ist.

6. Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegat-ten oder Lebenspartner,

7. selbst�ndig t�tige K�stenschiffer und K�stenfischer, die zur Besatzung ihres Fahr-zeugs gehçren oder als K�stenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelm�ßig nichtmehr als vier Arbeitnehmer besch�ftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegattenoder Lebenspartner,

8. a) Kinder w�hrend des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Tr�ger f�r den Be-trieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Er-laubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bed�rfen,b) Sch�ler w�hrend des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen undw�hrend der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von derSchule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgef�hrten Betreuungsmaßnahmen,c) Studierende w�hrend der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,

9. Personen, die selbst�ndig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Ge-sundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege t�tig sind,

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 558

544 Anhang

Page 559: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 559

10. Personen, die f�r Kçrperschaften, Anstalten oder Stiftungen des çffentlichenRechts oder deren Verb�nde oder Arbeitsgemeinschaften, f�r çffentlich-rechtlicheReligionsgemeinschaften oder f�r die in den Nummern 2 und 8 genannten Ein-richtungen ehrenamtlich t�tig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen f�r dieseT�tigkeit teilnehmen,

11. Personen, diea) von einer Kçrperschaft, Anstalt oder Stiftung des çffentlichen Rechts zur Unter-st�tzung einer Diensthandlung herangezogen werden,b) von einer dazu berechtigten çffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebungherangezogen werden,

12. Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Ungl�cksf�llen oder im Zivilschutzunentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich t�tig sind oder an Ausbildungsveranstal-tungen dieser Unternehmen teilnehmen,

13. Personen, diea) bei Ungl�cksf�llen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen an-deren aus erheblicher gegenw�rtiger Gefahr f�r seine Gesundheit retten,b) Blut oder kçrpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden,c) sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verd�ch-tig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persçnlich einsetzen,

14. Personen, die nach den Vorschriften des Dritten Buches oder des Bundessozialhil-fegesetzes der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Ein-zelfall gerichteten Aufforderung einer Dienststelle der Bundesanstalt f�r Arbeitnachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,

15. Personen, diea) auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Tr�gers der gesetzlichen Rentenver-sicherung oder einer landwirtschaftlichen Alterskasse station�re oder teilstatio-n�re Behandlung oder station�re, teilstation�re oder ambulante Leistungen zurRehabilitation erhalten,b) zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforde-rung eines Tr�gers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesanstaltf�r Arbeit einen dieser Tr�ger oder eine andere Stelle aufsuchen,c) auf Kosten eines Unfallversicherungstr�gers an vorbeugenden Maßnahmennach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,

16. Personen, die bei der Schaffung çffentlich gefçrderten Wohnraums im Sinne desZweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumfçr-derung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 desWohnraumfçrderungsgesetzes im Rahmen der Selbsthilfe t�tig sind,

17. Pflegepersonen im Sinne des § 19 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebe-d�rftigen im Sinne des § 14 des Elften Buches; die versicherte T�tigkeit umfaßtPfleget�tigkeiten im Bereich der Kçrperpflege und – soweit diese T�tigkeiten �ber-wiegend Pflegebed�rftigen zugute kommen – Pfleget�tigkeiten in den Bereichender Ern�hrung, der Mobilit�t sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung (§ 14Abs. 4 des Elften Buches).

Versicherter Personenkreis (§ 2 SGB VII) 545

Page 560: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte t�tig wer-den. Satz 1 gilt auch f�r Personen, die w�hrend einer aufgrund eines Gesetzes ange-ordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwalt-lichen oder jugendbehçrdlichen Anordnung wie Besch�ftigte t�tig werden.(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch f�r1. Deutsche, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der L�n-

der oder bei deren Leitern, deutschen Mitgliedern oder Bediensteten besch�ftigtsind,

2. Entwicklungshelfer im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes, die Entwicklungs-dienst oder Vorbereitungsdienst leisten.

Soweit die Abs�tze 1 und 2 weder eine Besch�ftigung noch eine selbst�ndige T�tigkeitvoraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches f�r alle Per-sonen, die die in diesen Abs�tzen genannten T�tigkeiten im Inland aus�ben; § 4 desVierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch f�r Personen, die im Aus-land t�tig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewçhnlichen Aufenthalthaben.(4) Familienangehçrige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind1. Verwandte bis zum dritten Grade,2. Verschw�gerte bis zum zweiten Grade,3. Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches) der Unternehmer, ihrer Ehegat-

ten oder ihrer Lebenspartner.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 560

546 Anhang

Page 561: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

2 Gewerbliche Berufsgenossenschaften(Anlage 1 zu § 114 (1) SGB VII)

Anlage 1

(zu § 114)

Gewerbliche Berufsgenossenschaften1. Bergbau-Berufsgenossenschaft2. Steinbruchs-Berufsgenossenschaft3. Berufsgenossenschaft der keramischen und Glas-Industrie4. Berufsgenossenschaft der Gas-, Fernw�rme- und Wasserwirtschaft5. H�tten- und Walzwerks-Berufsgenossenschaft6. Maschinenbau- und Metall-Berufsgenossenschaft7. Norddeutsche Metall-Berufsgenossenschaft8. S�ddeutsche Metall-Berufsgenossenschaft9. Edel- und Unedelmetall-Berufsgenossenschaft

10. Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik11. Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie12. Holz-Berufsgenossenschaft13. Binnenschiffahrts-Berufsgenossenschaft14. Papiermacher-Berufsgenossenschaft15. Berufsgenossenschaft Druck und Papierverarbeitung16. Lederindustrie-Berufsgenossenschaft17. Textil- und Bekleidungs-Berufsgenossenschaft18. Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastst�tten19. Fleischerei-Berufsgenossenschaft20. Zucker-Berufsgenossenschaft21. Bau-Berufsgenossenschaft Hamburg22. Bau-Berufsgenossenschaft Hannover23. Bau-Berufsgenossenschaft Rheinland und Westfalen24. Bau-Berufsgenossenschaft Frankfurt am Main25. S�dwestliche Bau-Berufsgenossenschaft26. W�rttembergische Bau-Berufsgenossenschaft27. Bau-Berufsgenossenschaft Bayern und Sachsen28. Tiefbau-Berufsgenossenschaft29. Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft30. Berufsgenossenschaft f�r den Einzelhandel31. Berufsgenossenschaft der Banken, Versicherungen, Verwaltungen, freien Berufe

und besonderer Unternehmen – Verwaltungs-Berufsgenossenschaft32. Berufsgenossenschaft der Straßen-, U-Bahnen und Eisenbahnen33. Berufsgenossenschaft f�r Fahrzeughaltungen

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 561

Gewerbliche Berufsgenossenschaften (Anlage 1 zu § 114 (1) SGB VII) 547

Page 562: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

34. Berufsgenossenschaft f�r Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege35. See-Berufsgenossenschaft

Literaturhinweis:Dienststellenverzeichnis Arbeitsschutz (BAuA, 2003)

Postanschrift des Spitzenverbandes:Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG)53745 Sankt Augustin

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 562

548 Anhang

Page 563: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

3 Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften(Anlage 2 zu § 114 (1) SGB VII)

Anlage 2

(zu § 114)

Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften1. Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Schleswig-Holstein und Hamburg2. Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Niedersachsen-Bremen3. Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Nordrhein-Westfalen4. Land- und forstwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Hessen, Rheinland-Pfalz und

Saarland5. Land- und forstwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Franken und Oberbayern6. Land- und forstwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Niederbayern/Oberpfalz

und Schwaben7. Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Baden-W�rttemberg8. Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Berlin9. S�chsische landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft

10. Gartenbau-Berufsgenossenschaft

Literaturhinweis:Dienststellenverzeichnis Arbeitsschutz (BAuA, 2003)

Postanschrift des Spitzenverbandes:Bundesverband der landwirtschaflichen Berufsgenossenschaften (BLB)Postfach 410356, 34114 Kassel

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 563

Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften (Anlage 2 zu § 114 (1) SGB VII) 549

Page 564: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 564

4 Arztdaten f�r die Berufskrankheitenforschung(§ 206 SGB VII)

§ 206 �bermittlung von Daten f�r die Forschung zur Bek�mpfung

von Berufskrankheiten

(1) Ein Arzt oder Angehçriger eines anderen Heilberufes ist befugt, f�r ein bestimmtesForschungsvorhaben personenbezogene Daten den Unfallversicherungstr�gern undderen Verb�nden zu �bermitteln, wenn die nachfolgenden Voraussetzungen erf�lltsind und die Genehmigung des Forschungsvorhabens çffentlich bekanntgegeben wor-den ist. Die Unfallversicherungstr�ger oder die Verb�nde haben den Versichertenoder den fr�heren Versicherten schriftlich �ber die �bermittelten Daten und �ber denZweck der �bermittlung zu unterrichten.(2) Die Unfallversicherungstr�ger und ihre Verb�nde d�rfen Sozialdaten von Ver-sicherten und fr�heren Versicherten erheben, verarbeiten und nutzen, soweit dies1. zur Durchf�hrung eines bestimmten Forschungsvorhabens, das die Erkennung

neuer Berufskrankheiten oder die Verbesserung der Pr�vention oder der Maßnah-men zur Teilhabe bei Berufskrankheiten zum Ziele hat, erforderlich ist und

2. der Zweck dieses Forschungsvorhabens nicht auf andere Weise, insbesonderenicht durch Erhebung, Verarbeitung und Nutzung anonymisierter Daten, erreichtwerden kann.

Voraussetzung ist, daß die zust�ndige oberste Bundes- oder Landesbehçrde die Erhe-bung, Verarbeitung und Nutzung der Daten f�r das Forschungsvorhaben genehmigthat. Erteilt die zust�ndige oberste Bundesbehçrde die Genehmigung, sind die Bundes-�rztekammer und der Bundesbeauftragte f�r den Datenschutz anzuhçren, in den �bri-gen F�llen der Landesbeauftragte f�r den Datenschutz und die �rztekammer des Lan-des.(3) Das Forschungsvorhaben darf nur durchgef�hrt werden, wenn sichergestellt ist,daß keinem Besch�ftigten, der an Entscheidungen �ber Sozialleistungen oder derenVorbereitung beteiligt ist, die Daten, die f�r das Forschungsvorhaben erhoben, ver-arbeitet oder genutzt werden, zug�nglich sind oder von Zugriffsberechtigten weiter-gegeben werden.(4) Die Durchf�hrung der Forschung ist organisatorisch und r�umlich von anderenAufgaben zu trennen. Die �bermittelten Einzelangaben d�rfen nicht mit anderen per-sonenbezogenen Daten zusammengef�hrt werden. § 67c Abs. 5 Satz 2 und 3 desZehnten Buches bleibt unber�hrt.(5) F�hren die Unfallversicherungstr�ger oder ihre Verb�nde das Forschungsvor-haben nicht selbst durch, d�rfen die Daten nur anonymisiert an den f�r das For-schungsvorhaben Verantwortlichen �bermittelt werden. Ist nach dem Zweck des For-schungsvorhabens zu erwarten, daß R�ckfragen f�r einen Teil der Betroffenenerforderlich werden, sind sie an die Person zu richten, welche die Daten gem�ß Absatz1 �bermittelt hat. Absatz 2 gilt f�r den f�r das Forschungsvorhaben Verantwortlichenentsprechend. Die Abs�tze 3 und 4 gelten entsprechend.

550 Anhang

Page 565: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

5 Landesbehçrden f�r den medizinischenArbeitsschutz (Gewerbe�rzte)

Baden-W�rttemberg

Staatlicher GewerbearztUhlandstraße 1470182 Stuttgart(0711) 212-4187

Bayern

Gewerbe�rztlicher DienstSchellingstr. 15580797 M�nchen(089) 2170-01

Berlin

Landesamt f�r Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische SicherheitAlt-Friedrichsfelde 6010315 Berlin(030) 9021-0

Brandenburg

Gewerbe�rztlicher DienstHorstweg 5714478 Potsdam0331) 8683-0

Bremen

LandesgewerbearztDoventorscrontrescarpe 17228195 Bremen(0421) 361-15119

Hamburg

Staatlicher GewerbearztBillstraße 8020539 Hamburg(040) 42837–0

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 565

Landesbehçrden f�r den medizinischen Arbeitsschutz (Gewerbe�rzte) 551

Page 566: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Hessen

LandesgewerbearztDostojewskistraße 465187 Wiesbaden(0611) 817-0

Mecklenburg-Vorpommern

LandesgewerbearztWerderstraße 12419055 Schwerin(0385) 588-0

Niedersachsen

Gewerbe�rztlicher DienstGçttinger Straße 1430449 Hannover(0511) 4446-0

Nordrhein-Westfalen

Landesanstalt f�r ArbeitsschutzUlenbergstraße 127-13140225 D�sseldorf(0221) 3101-0

Rheinland-Pfalz

Staatlicher GewerbearztRheinallee 97-10155118 Mainz(06131) 967-497

Saarland

Medizinischer ArbeitsschutzMalstatter Straße 1766117 Saarbr�cken(0681) 3000-965

Sachsen

S�chsisches Landesinstitut f�r Arbeitsschutz und ArbeitsmedizinReichstraße 3909112 Chemnitz(0371) 3685-0

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 566

552 Anhang

Page 567: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Sachsen-Anhalt

LandesgewerbearztK�hnauer Straße 7006846 Dessau(0340) 6501-0

Schleswig-Hostein

LandesgewerbearztAdolph-Westphal-Straße 424143 Kiel(0431) 988-0

Th�ringen

Landesamt f�r Arbeitsschutz und ArbeitsmedizinSchleusinger Straße 3098527 Suhl(03681) 73-5400

Hinweis: Die Einbettung der Dienststellen in die Behçrdenstrukturen der einzelnen Bun-desl�nder und ihre Personalausstattung kçnnen dem „Dienststellenverzeich-nis Arbeitsschutz“ (BAuA, 2003) entnommen werden.

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 567

Landesbehçrden f�r den medizinischen Arbeitsschutz (Gewerbe�rzte) 553

Page 568: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 568

Stichwortverzeichnis

Das Stichwortverzeichnis vermittelt eine Begriffsauswahl f�r den sozialmedizinisch orien-tierten Leserkreis. Dabei wurden die in den Tabellen und Diagrammen behandelten Ausdr�-cke nicht wiederholt.

AAbnutzungsdermatose 351Abrissbr�che 173 f.Agranulozytose 102AIDS 229, 231Akkomodationsstarre 115Akkomodationsstçrungen 109Akne 353Akrocyanose 75Akroosteolysen 98Akustikussch�digung 109Alkoholintoleranz 102, 144Alkylaryloxide, halogenierte

122 ff.Alkylarylsulfide, halogenierte

126Alkyloxide, halogenierte

122 ff.Alkylsulfide, halogenierte 126Allgemeinmedizin 36Aluminiumherstellung 506Alveolitis 138 f., 277–, allergische 341–, exogen-allergische 330 ff.Amalgam 59Amenorrhoe 219Amine, aromatische 91 f.Amçbiasis 258An�mie 57, 67, 76, 107�nderungsverordnung (BKV –

�ndV) 19Anerkennungsf�lle, Fallzahlen

12Anerkennungsverfahren 503Anerkennungsvoraussetzung

28Angiologie 85, 101, 108, 113,

120, 162, 185, 207, 225,234

–, Berufskrankheit 41–, Krankheitsbilder 41Angiostrongylose 258Anhidrose 168Anosmie 67Anspruch, verschuldens-

unabh�ngiger 6Anurie 60, 111Anzeige, �rztliche 32–, strafrechtliche 29

Anzeigeempf�nger 30 f.Anzeigekriterien 17, 29Anzeigepflicht 29Aphasie 208Arbeitgeberhaftpflicht 6Arbeitsanamnese 2, 21Arbeitsmedizin 14, 36, 364Arbeitsschutz, medizinischer

8 f., 10, 16 f., 20 ff., 33–, staatlicher 23Arbeitsschutzaufsicht 16Arbeitssicherheitsgesetz

(ASiG) 35Arbeitsunf�higkeit 8, 10, 33Arbeitsunfall 7Armplexusschaden 169, 394Arsen 74 f.Arteriosklerose 109Arthrosis deformans 154, 157Aryloxide, halogenierte 122 ff.Arylsulfide, halogenierte 126Arzneimittel 60Arzt, behandelnder 33Arztdaten 550�rzte 10, 18, 21, 30–, Angestellte 17–, Anzeigepflicht 17–, Auskunftspflicht 18�rzteschaft 31�rztliche Anzeige 32Arzt-Patienten-Verh�ltnis 2Arztwahl 14Asbestkçrperchen 288, 295,

304Asbest-Lungenfibrose 288Asbestose 287 ff., 291 f.,

294 f., 297, 406, 412Asbeststaublungenerkrankung

287 ff., 291, 406, 412Asphyxie 208Astigmatismus 131Ateml�hmung 86, 98, 102,

111, 115Atemwege 26, 276 ff., 405 ff.–, bçsartige Neubildungen

313, 317–, – –, Kokereirohgase 317–, – –, Nickel 313–, tiefere 312, 334

–, –, Aluminium 306–, –, Thomasmehl 312Atemwegsallergie 342Atemwegserkrankungen 279–, chronisch-obstruktive 342–, obstruktive 27, 80, 139,

309, 315, 323, 339 ff.,346 f., 353

–, –, allergisierende Stoffe340

–, –, chemisch-irritativeStoffe 345

–, –, toxische Stoffe 345Atemwegsobstruktionen 346Atemwegstumoren, Kokerei-

rohgase 318Atmungsorgane, Karzinome 76Auge 131Augenheilkunde, Berufskrank-

heit 37–, Krankheitsbilder 37Augenzittern, Bergleute 362Ausfallserscheinungen, cere-

brale 86Ausfallsymptome 393Ausf�hrungsbehçrde 16Axonotmesis 167, 392Azoospermie 219

BBakterien 235, 255Balantidiose 239Bambusstabbild, eburnisiertes

118Bandans�tze, verknçcherte

118 f.Bandscheibenprolaps 192Bandscheibenprotrusion 192Bandscheibenvorfall 178Bandscheibenvorwçlbung 178Bauchfell 26, 276 ff., 405 ff.Befeuchter-Lunge 330 f.Befundkonstellation 36Begutachtung 23Behandlungsbed�rftigkeit 8,

10, 32Beinplexusschaden 170, 396Beitragsfreiheit 7, 14Beitragsrecht 14

Page 569: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 569

Benzo[a]pyren 522 f.Benzochinon 131Benzol 101 f., 106 f.–, Aminoverbindungen 106–, Nitroverbindungen 106Benzolrausch 102Bergbehçrde 16Bergleute 422Bergmannsnystagmus 363Berufe, Gesundheitsgefahren 1Berufsaufgabe 10, 28Berufsgenossenschaften,

gewerbliche 14, 547–, –, Fusionen 4–, landwirtschaftliche 14, 549Berufskrankheiten 1, 6 ff., 10,

13, 19, 28–, Anerkennung 8, 22 f.–, Anhaltspunkte 15 f., 30, 34–, Anzeige 15 f., 18, 22 f., 30 f.–, Anzeigekriterien 31–, Anzeigenformulare 32–, Anzeigepflicht 2, 15, 29, 31–, begr�ndeter Verdacht 30–, ’dem Grunde nach’ 28–, Dunkelziffer 5–, Fachgebiete 36–, Fallzahlen 12–, Pr�vention 11–, Renten 13–, Verdacht 32–, wissenschaftliche Begr�n-

dungen 364 ff., 503 ff.Berufskrankheitenforschung

550Berufskrankheitenliste 23, 27,

364–, Europ�ische Union (EU) 2–, Internationales Arbeitsamt

(IAA) 2Berufskrankheitenmerkbl�tter

54Berufskrankheitenreife 9Berufskrankheitenverdacht 31Berufskrankheitenverfahren 6,

9, 17, 22, 27Berufskrankheiten-Verordnung

(BKV) 9 f., 17, 19, 36, 364,503

–, �nderungs-Verordnung 19Berufskrankheitsrecht, Fort-

entwicklung 9Berufsmusiker 399Berylliose 82 f.Beryllium 81 ff.Berylliumpneumonie 82Berylliumrachitis 83Besch�ftigte, abh�ngige 7Betriebs�rzte 15 f., 35

Betriebs- oder Personalrat15 f., 34

Betroffene, Aufkl�rung 27Beweiserhebungen 20Bewusstlosigkeit 86, 115Bewusstseinstr�bung 96Biss, offener 129Bisssenkung 204BKV s. Berufskrankheiten-Ver-

ordnungBl�schenkrankheit des

Schweines 239Blasenkrebs 107Blasenpapillome 107Blei 55 ff.Bleidepot 57Bleierkrankung 57 f.Bleikoliken 57Bleikolorit 56Bleil�hmung 57Bleitr�ger 56Borreliose 258Bronchialasthma 107Bronchialkarzinom 124, 294,

326 f., 441, 512Bronchial-Lungenerkrankung

334Bronchialobstruktion 139Bronchialsystem, Krebserkran-

kungen 315Bronchiektasen 126Bronchitiden 73, 76, 312Bronchitis 66, 306 f.–, chronische 65, 89, 126,

289, 418, 422–, –, obstruktive 279, 322 f.,

335–, –, –, Bergleute 321, 416,

429Bronchopneumonie 66, 73,

126, 312Bronchospasmus 115Brucellose 239Bulb�rparalyse 71Bundes�rztekammer (B�K) 36Bundesministerium f�r Arbeit

und Sozialordnung (BMA)54, 364

–, f�r Gesundheit und SozialeSicherheit (BMGS) 54

Bundesrat 7Bundesregierung 7Bundesversicherungsamt

(BVA) 4burning feet 71Buruli-Ulcus 259Butylphenol, para-terti�r-

133 ff.Byssinose 334 f.

CCadmium 66 f.Campylobacter-Infektionen

239Carpaltunnel-Syndrom 390,

394Cheiralgia paraesthetica 170,

395Chemosis 76Chikungunya 259Chirurgie 173Chlamydien 235, 255Chlamydien-Infektionen 230Chlamydiosen 240Chlorakne 97, 124Cholera 230Chondrose 192Choriomeningitis, lymphozy-

t�re 243Chrom 62 ff.Chromatgeschw�re 64Chromatlungenkrebs 65CO-Erkrankungen 86 f.Cor pulmonale 309Coxsackie-Viruskrankheit 230c5-Senke 211CTS (Karpaltunnel-Syndrom)

167, 390, 503, 528

DDachdecker 509Datenschutz 16 f.Dauerepilation 219Deckplatteneinbr�che 192Deltahepatitis 227Demenz 148Dengue-Fieber 259Depotblei 56Dermatitiden 61, 64, 76, 124Dermatitis 140, 359–, mercurialis 60Dermatologie 55, 59, 62,

70, 72, 74, 77, 81, 93,101, 106, 108, 117, 122,126, 133, 136, 217, 225,234, 252, 254, 350,359

Desinfektionsmittel 96Diarrhoe 89Dioxin 124Diphterie 230Dosisgrenzwert 28Dosis-Wirkungs-Beziehungen

28Double-Crush-Syndrome 167Dracunculose 260Drittmittelvergabe 10Druckfallbeschwerden 208Druckluft 25, 206 ff.

Stichwortverzeichnis 555

Page 570: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 570

Druckneuropathie 171, 397,399

Durchblutungsstçrungen 163Dysenterie 231Dyskrinie 346Dystonie, fokale 171–, –, Blasinstrumente 397

EEbola-Virus-Fieber 260Echinokokkosen 240Eierschalensilikose 278Einwirkungen, besondere 8, 10–, chemische 23, 54, 365–, gef�hrdende 33 f.–, gesundheitssch�dliche 9–, mechanische 24, 151, 389–, physikalische 24, 151, 389Einzelfallentscheidung 2Eisenerzeugung 507Eisenmangelan�mie 253Ekzem 75, 359–, konstitutionelles 353–, vesikopapul�res 82Ekzeme 64, 97, 104, 219Elektrographitindustrie 506Ellenbogengelenk, Arthrose

159–, Osteochondrosis dissecans

157, 159Emphysem 126, 279, 307,

342, 418, 422–, Bergleute 321, 416Encephalopathie 57, 61Encephalose 111Endokrinologie 68, 108, 133,

217–, Berufskrankheit 41–, Krankheitsbilder 41Enteroh�morrhagische Esche-

richia coli (EHEC)-Infek-tionen 240

Entgeltfortzahlung 34Entsch�digung 7Entsch�digungsaufwand 15Entsch�digungsleistungen 13Entsch�digungsvorausset-

zungen 28Enzephalopathie 149, 374,

377–, organische Lçsungsmittel

146, 372–, toxische 148Eosinophilie 127, 253Epicondylitis 152Erblindungen 86, 111Erethismus mercurialis 61Erkenntnisse, wissenschaft-

liche 9

Erkrankungen 33Erkrankungsh�ufigkeit 9Ermittlungsergebnisse 20 ff.Ermittlungspflicht 17, 22Erm�dungsbr�che 173 f.Ersch�tterung, Druckluftwerk-

zeuge 156Erstickungsgase 23, 84Erwerbsf�higkeit, Minderung

8, 10Erythem 75Erzbergbau 446Exostosen 118

FFacettensyndrom 177, 193Fachgebiete, Gebiete und

Schwerpunkte 36Farmerlunge 330 f.Fascioliasis 260Fasciolopsiasis 260Faserjahre 28, 297 f., 406, 412Feinstaubdosis, kumulative

416, 427, 429Feinstaubjahre 28Feinstaubkonzentration 432 f.Feststellungsverfahren 16, 20Fettleber 367, 370Feuchtarbeit 350, 355Feuerlamelle 216Feuerlçschmittel 95Filariosen 261Fleckfieber 19, 254, 256, 258,

262Fluor 117 ff.Fluorerkrankung 119Fluorose 119Follikulitis 75Forschung 9, 18Forschungseinrichtungen 10Frambçsie 263Frauenheilkunde (s. a. Gyn�ko-

logie), Berufskrankheit 37–, Krankheitsbilder 37Fr�hsommer-Meningoenzepha-

litis 241Fr�hstadien, klinische 28F�nftagefieber 264Furunkulose 127

GGangr�n 75Ganzkçrper-Schwingungen

191, 197Gastritiden 126 f.Gastritis 65Gastroenteritiden 126Gastroenterologie 55, 59, 62,

66, 68, 70, 74, 77, 81, 85,

88, 93, 101, 106, 108, 110,113, 117, 122, 126, 133,143, 217, 225, 234, 252,303, 366

–, Berufskrankheit 42–, Krankheitsbilder 42Geb�hren 21Gef�hrdungen, t�tigkeitsbezo-

gene 21, 23Gef�hrdungsbereiche 8, 27Gef�hrdungsbeurteilung 34Gef�hrdungsfaktoren 34Gefahrklasse 15Gefahrtarife 14Gef�ßerkrankungen 76Gef�ßwandsch�digung 102Gehirnnerven, Sch�digungen

111Gelbfieber 264Geldleistungen 7, 12Gelenksch�den, arthrotische

160Gerechtigkeit, soziale 3Gesamtverband des deutschen

Steinkohlenbergbaus 424Gesetzliche Krankenversiche-

rung (SGB V) 11Gesichtsdermatitis 82Gesundheitsdienst 27, 225Gesundheitsschaden 12Gesundheitsschutz 12Gesundheitswesen, çffent-

liches, Berufskrankheit 49–, –, Krankheitsbilder 49Gewerbe�rzte 551–, staatliche 10, 17, 22, 35–, Vorschlagsrecht 4Gewerbeaufsichts�mter, staat-

liche 11, 17Gewichtsabnahme 89Giardiasis 241Gießereien 507Gonarthrose 154, 503, 529Granulome 82Grauer Star, W�rmestrahlung

215 f.Gutachten 9, 21–, Zweck 10, 16 f.Gutachtenauftrag 16 f.Gutachtenqualit�t 4Gutachter, Qualifikation 16Guyon-Logensyndrom 170Gyn�kologie (s. a. Frauenheil-

kunde) 101, 217, 225, 234

HHaarausfall 71, 75, 97Haftpflichtversicherung 6Hakenwurmkrankheit 252 f.

556 Stichwortverzeichnis

Page 571: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 571

Halogenkohlenwasserstoffe93 ff.

Hals-Nasen-Ohrenheilkunde62, 66, 72, 74, 77, 101,126, 207, 210, 225, 234,294, 313, 317, 337, 340,406, 530

–, Berufskrankheit 38–, Krankheitsbilder 38Halswirbels�ule, bandscheiben-

bedingte Erkrankungen 185H�mangioendothelsarkom,

Leber 98H�matologie 74, 101, 106,

126, 217, 225, 234, 252–, Berufskrankheit 43–, Krankheitsbilder 43H�molyse 76H�nde, vibrationsbedingte

Durchblutungsstçrungen162

Hantavirus-Erkrankungen 241Harnblase, Karzinome 127Harnwege, Krebs 91 f.–, Neubildungen 91 f.–, Schleimhautver�nderungen

91 f.Haut, Karzinome 76, 219Hautgranulome 83Hautkrankheiten 27, 65, 67,

82, 107, 349 ff., 353Hautkrebs 360–, Ruß, Rohparaffin, Teer,

Anthrazen, Pech 359Hautsch�den 108Hauttumoren, M�use 525Hautulcera 76Haut- und Geschlechtskrank-

heiten, Berufskrankheit 39–, Krankheitsbilder 39Hautver�nderungen, ekzema-

tçse 73Heben 175Heilbehandlung 12 f., 18Helicobacter-Infektionen 231Hepatitis A 226, 231–, B 226, 231–, C 227, 231–, D 231–, E 228, 231–, G 231–, toxische 123Hepatopathie, toxische 144Hepatose 134Hepatotoxizit�t 143Herpes-simplex-Infektion 231Herzinfarkt 208Herz-Kreislauf-Versagen 79,

115

Herzversagen 86, 121Hilussilikose 278Hinterbliebene 7Hinterbliebenenrente 13Hirnatrophie 148Histoplasmose 265HIV-Infektion 229, 231Hochtonverluste 212Hornhauterkrankungen 132Hornhautsch�digungen,

Benzochinon 131 f.Hornhaut-Ulzera 76Hornhautvascularisation 131Hyalinosis complicata 290,

293Hygiene 225, 254, 284Hyperkeratosen 75 f.Hyperostosen 79Hyperpyrexie 124Hypersekretion 346Hypersensibilit�t 71

IIkterus, h�molytischer 76ILO-Rçntgenklassifikation

292, 483Infektionsepidemiologie 225,

252, 254, 284–, Berufskrankheit 47–, Krankheitsbilder 47Infektionserreger 25, 224Infektionsgefahr 225Infektionskrankheiten 225 ff.,

230–, m�tterliche 11Inhalationsnoxen 345Innenohrschwerhçrigkeit 212Innere Medizin 40, 225, 234,

254–, Berufskrankheit 40Inokulationstuberkulose 228Interessenskollision 17Interosseus-anterior-Syndrom

169, 395Isocyanate 136 ff.Isoliermittel 95

JJapan-Enzephalitis 265

KKahnbein, Erm�dungsbruch

157, 160Kahnbeinfraktur 158Kahnbeinpseudarthrose 157 f.K�ltemittel 95Kardiologie 74, 77, 85, 88, 93,

110, 117, 120, 207, 234, 303–, Berufskrankheit 44

–, Krankheitsbilder 44Karpaltunnel-Syndrom (CTS)

167, 390, 503, 528Karzinom, hepatozellul�res

227Katarakte 220Katzenkratzkrankheit 242Kaudakompressionsssyndrom

178Kaudasyndrom 178, 193 f.Kausalit�t, haftungsausf�l-

lende 1, 10, 17–, haftungsbegr�ndende 1,

10, 17Kausalit�tsbegriff 1Kehlkopfkrebs 294 ff., 298,

406 ff., 412, 515Keloidbildung 82Keratektasie 131Keuchhusten 232Kinderheilkunde, Berufskrank-

heit 47–, Krankheitsbilder 47Kniegelenke 154Knochendegenerationspro-

zesse 79Knochenfluorose 118Knochensklerosierung 118Kohlenmonoxid 85 ff.–, Erkrankungen 86 f.Kokereien 505Koma 115Konjunktivitiden 76, 78Kontaktdermatitis 64, 134Kontaktekzem 140, 353, 355–, allergisches 63, 352Kontakturtikaria 352Kçrperschaften des çffent-

lichen Rechts 6Korsakow 71Kostentr�ger 13Kostentr�gerschaft 11Kr�mpfe, tonisch-klonische

115Krankenbehandlung 13Krankenhaus, behandelndes

33Krankenkassen 11, 33 f.–, Auskunftspflicht 15Krankenversicherung 15–, gesetzliche 5Krankheiten 23 f.–, �bertragbare, Tier/Mensch

234, 239Krankheitsbilder 36–, psychotische 71Krankheitsdiagnose 23Krankheitserscheinungen 32, 34Kreislaufinsuffizienz 111

Stichwortverzeichnis 557

Page 572: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 572

Kreislaufkollaps 121Kreislaufversagen 98Kreuzbeinfugen, Ankylosie-

rung 118Krim-Kongo-Fieber 265Kryptosporidiose 242Kubitaltunnel-Syndrom 170Kunstfehler 18

LLaboratorium 225L�hmungen 71, 75, 109, 115,

208Landesbehçrde 16–, medizinischer Arbeits-

schutz 551Landesgewerbe�rzte 10, 17,

22, 35L�rm 25, 209 ff.L�rmschwerhçrigkeit 210 ff.laryngeal asbestosis 295, 407Larynxkarzinom 294, 296,

298, 406 f.Lassa-Fieber 265Lasten, schwere 175, 185Lastgewichte 180, 189Leber, Carcinome 76–, Dimethylformamid 143, 366Leberdystrophie 79Leberparenchymsch�den 69Lebersch�den 98Lebersch�digung 144Leberschwellung 76, 111Lebertoxizit�t 98Leberverfettung 367, 370Leberzellkarzinom 227Leberzellsch�digungen 144–, toxische 124Leberzirrhose 79, 227Legionellose 232Leibesfrucht 11–, Gesundheitsschaden 10,

229–, Sch�digung 237Leichençffnung 32Leiharbeitnehmer 34Leishmaniose 266Leistungsanspr�che 6Leitungsstçrungen 393Lendenwirbels�ule, bandschei-

benbedingte Erkrankungen175, 180 f., 191, 195 f.

Lepra 267Leptospirosen 242Leuk�mie 102, 220, 223Leukopenie 102, 126Linksverschiebung, j�ngere

Altersgruppen 193Linsentr�bungen 216

Listeriose 243Lçsemittel 23, 90, 93, 365Lçsungsmittel, organische

146Luftwege, Dichlordi�thyl-

sulfid, kanzerogeneWirkung 127

Lumbago 177Lumbalsyndrom, akutes 181–, lokales 177, 193Lunatummalazie 157 f.Lunge 26, 276 ff., 405 ff.–, Aluminium 306–, bçsartige Neubildungen

313, 317–, Kokereirohgase 317–, Nickel 313–, Thomasmehl 312Lungenasbestose 296, 304Lungenemphysem 67, 279,

321 ff., 335, 416Lungenfibrose 64, 139, 219,

289, 309 f., 330 ff., 483,493

–, interstitielle 309–, Metallst�ube 308 ff.Lungenkrebs 219, 294 ff.,

326 f., 442, 444 f., 448,452, 455, 459, 461, 464,466, 470, 473, 475, 477 f.,480 ff., 491, 493 f., 512 f.,524

–, Benzo[a]pyren-Jahre 504–, Erkrankungen 297–, kristallines Siliziumdioxid

(SiO2) 325, 437, 441–, Mortalit�t 485 ff., 489, 491–, polyzyklische aromatische

Kohlenwasserstoffe 503 f.–, Risiko 478 f., 482 f., 488,

490, 492, 526 f.–, Todesf�lle 477Lungençdem 66, 79, 115, 118,

123, 126–, toxisches 79, 138Lungenparenchymerkrankung

139Lungentuberkulose 284 f.Lungentumoren 526Lungen�berbl�hung 346Lunulastreifen 71Lyme-Borreliose 243Lymphome, maligne 223Lymphopenie 76Lymphozyt�re Choriomenin-

gitis 243Lymphozytose 102

MMagen, Dichlordi�thylsulfid,

kanzerogene Wirkung 127Malaria 268Mangan 68 f.Manganismus 68Manganpneumonie 68Marburg-Virus-Fieber 268Masern 232Maskengesicht 69Massenprolaps, medianer 179Maul- und Klauenseuche 244Meessche Nagelb�nder 75Melanose 75 f., 360Meldekriterien 17Meldepflicht 10Meldung 29Melkerknoten 244Meni�resches Syndrom 208Meningealtuberkulose 228Meningokokken-Infektion 232Meniskopathie 154 f.Meniskusschaden 154 f.Merkbl�tter 27, 31, 54 ff.Mesotheliom 304–, Bauchfell 303–, Pericard 303–, Rippenfell 303Metall-Dampffieber 82Metalle 23, 54 ff.Metalloide 23, 54 ff.Methanol 110 ff.Methylalkohol 110Mikrobiologie 225, 234, 252,

254, 284–, Berufskrankheit 47–, Krankheitsbilder 47Mikrosporie 244Milkmansches Syndrom 67Milzbrand 244Minderung der Erwerbsf�hig-

keit 8, 10Minimalasbestose 296 f.Mondbeinnekrose 157 f., 160Mononeuropathien 167, 393Mononukleose 232Mono-Paraplegie 208Montagskrankheit 121Montagssterbef�lle 121Montagssymptomatik 335Morbus Basedow 69–, Kienbçck 158Mumps 232Mund-Kiefer-Gesichtschirur-

gie, Berufskrankheit 47–, Krankheitsbilder 47Muskelans�tze 152 f.Muskelatrophien 167Muskelsteife 115

558 Stichwortverzeichnis

Page 573: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 573

Muskulatur, Tonusverlust 208Mykoplasmen-Infektionen

232Myzetom 269

NNarkose 102Narkosemittel 96Nasenhaupt- und Nasenneben-

hçhlen, Adenokarzinome,Eichen- oder Buchenholz-staub 337 f.

–, Krebserkrankungen 315Nasenkrebs, Lederstaub 503,

530Nasenraum, Krebserkran-

kungen 64Nasenscheidewand, Geschw�re

75–, Perforation 64Nebelsehen 109Nebenhçhlenaffektionen 127Neonatalogie 225, 234–, Berufskrankheit 47–, Krankheitsbilder 47Nephrologie 55, 59, 66, 74,

77, 93, 110, 117, 122, 217,225, 234

–, Berufskrankheit 44–, Krankheitsbilder 44Nephrose, toxische 123Nerven, Drucksch�digungen

166, 390 ff., 400Nervenkompressionssyndrome,

Guyon'sche Loge 398–, Musiker 399Nervenl�hmungen 83Neurapraxie 167Neuritiden 109–, periphere 75, 97–, retrobulb�re 97Neurologie 55, 59, 68, 70,

74, 81, 85, 93, 101, 108,110, 113, 122, 146, 162,166, 175, 185, 191, 207,217, 225, 234, 254, 372,390, 528

–, Berufskrankheit 48–, Krankheitsbilder 48Neuropathie, toxische 97Neuropraxie 392Neurotmesis 392Neurotoxizit�t 373Newcastle-Krankheit 245Nickel 313 f.Nickelkr�tze 315Nierenfunktion 79Nierensch�den 98Nystagmus 363

Oobstructive lung disease 423�ffentliches Gesundheits-

wesen 225, 234, 252, 254,284

Ohnmachtsanf�lle 86Ohrger�usche 211�lakne 353Oligurie 76Ophthalmologie 62, 74, 77,

88, 101, 113, 131, 136,215, 217, 225, 234, 362

Opisthorchiasis 269Opticusneuritis 71Organtuberkulose 228Oroya-Fieber 264, 270Orthop�die 66, 77, 81, 117,

152, 154, 156, 165, 173,175, 185, 191, 217, 234,528 f.

–, Berufskrankheit 49–, Krankheitsbilder 49�sophagitis 65�sophagusvarizen 98Osteochondrose 179, 181,

190, 192Osteochondrosis dissecans

159 f.Osteomyelitiden 79Osteoporose 67, 79, 127Osteosklerose 118

Ppack-years 28Papillom 91Paraesthesien 163Paragonimiasis 269Paralysen 115, 167Parasiten 25, 224, 236, 256Paratenonitis crepitans 152Paresen 75, 167Parodontose 127Pasteurellosen 245Pathologie 50–, Berufskrankheit 50Pechwarzen, Karzinome 360Perikarditis 303Perikardmesotheliom 303Periostosen 152Peritonealmesotheliom 303Perna-Krankheit 97, 124Personalrat 15 f., 34Personengruppen, bestimmte

8 f.Personenkreis, versicherter 7,

544Personenschaden 14Persçnlichkeitsver�nderungen

148

Pest 270Pestizide 23, 90, 94, 365Pflege 12Pflegebed�rftigkeit 12 f.Pflegeleistungen 13Pflichtversicherungsverh�lt-

nisse 14Phoniatrie 59, 68, 93, 113–, Berufskrankheit 51–, Krankheitsbilder 51Phosgen 80Phosphor 77 ff.Phosphornekrosen 79Phosphorverbindungen, orga-

nische 113 ff.Pilze 236, 256Plasmocyten 223Pleura, Asbeststaub 287, 291,

294, 296, 406, 412Pleuraasbestose 293Pleuraerguss 290Pleuraerkrankungen 296Pleurafibrose 289 f.Pleuramesotheliom 303Pleuraplaques 289 f., 293, 304Pleuritis 293Pneumokoniosen 290, 345,

445, 480 f., 491Pneumologie 62, 66, 68, 72,

74, 77, 81, 88, 113, 117,122, 126, 136, 217, 225,234, 277, 284, 287, 294,303, 306, 308, 312 f., 317,321, 325, 330, 334, 340,416, 437, 504, 531

–, Berufskrankheit 45–, Krankheitsbilder 45Pneumonie 312, 331–, toxische 79Pneumothorax 279Pneumozystose 246Poliomyelitis 232Polyarthralgie 119Polyneuritiden, periphere 71,

111–, toxische 124Polyneuropathie 98, 104,

147 ff., 374, 377–, organische Lçsungsmittel

146, 372Porphyrien, kutane 97Pr�saturnismus 56 f.Pr�vention 7Pr�ventionsdefizit 12Pr�ventionsmaßnahmen 11, 27prima-facie-Beweise 10Prim�rkomplex 228Pronator-teres-Syndrom 169,

395

Stichwortverzeichnis 559

Page 574: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 574

Proteindermatitis 352Proteinurie 67Protozoen 236, 256Psellismus mercurialis 61Pseudotabes 109Psychiatrie 55, 59, 68, 70, 74,

85, 93, 101, 108, 113, 146,207, 234, 372

–, Berufskrankheit 51–, Krankheitsbilder 51Psychose 57Psychosyndrom 104Pupillenstarre 109Pyelonephritis 91Pyramidenbahnausf�lle 109

QQ-Fieber 246Quarz 438Quarzstaublungenerkrankung

277 ff., 284 f., 325, 437Quasi-Berufskrankheiten 10,

503Quecksilber 59 ff.Quecksilberkranke 61Quecksilberrachen 60

RRadialisl�hmung 57Rattenbisskrankheit 246Rechtsanspruch auf Sozialleis-

tungen 3Rechtsverordnung 7 f.Rehabilitation 7, 12Reichsversicherungsordnung

(RVO) 6, 54Reizdentin 128Reizknie 154Reizsymptome 393Renten, Gesamtzahl 13–, Hinterbliebene 13–, Versicherte 13Rentenleistungen 12Rentenversicherung 15Rhinitis 79–, allergische 353Rhinopathie 353–, allergische 341–, allergisierende Stoffe 340Rickettsien 235, 255Rift-Tal-Fieber 270Ringelrçteln 232Rippenfell 26, 276 ff., 405 ff.Risikobezug 15Risikozuweisung 2Rçntgen 222Rçntgenstrahlen 218, 222Rotavirus-Infektionen 232Rçteln 232

Rçtelnembryopathie 229Rotlauf 246Rumpfbeugehaltung 175, 181

SSalmonella-Enteritis 232Salmonellosen 247Salpeters�ureester 120 f.Saturnismus 56 f.S�uren, anorganische 128–, organische 128–, Z�hne 128Schadensausgleich 18Schadensersatzanspruch, zivil-

rechtlicher 6Sch�dlingsbek�mpfungsmittel

23, 90, 94Schallempfindungsschwerhç-

rigkeit 211Scharlach 233Schipperkrankheit 173Schistosomiasis 271Schleimbeutel, Druck 165Schleimbeutelerkrankungen

165Schleimbeutelhygrom 165Schluckpneumonie 86Schmerzensgeld 13Schmerzensgeldersatzfunktion

13Schornsteinfeger 509Schrumpfniere 57Sch�ler 7Schulter 185Schultereckgelenk, Arthrose

159Schwangerschaft 10, 229, 237Schwefelkohlenstoff 108 f.Schwefelwasserstoff 88 f.Schweigepflicht, �rztliche 17Schweißerlungenfibrose 503,

531Schweregrad 17Schwerhçrigkeit 208Schwerpunkte, internistische

40Seefahrt 19Segmentverschiebung 192Sehnenans�tze 152 f.–, Verknçcherung 118Sehnengleitgewebe 152 f.Sehnenscheiden 152 f.Sekund�ran�mie 253Selbstverwaltung, Arbeit-

geber 6–, Versicherte 6Sensibilit�tsstçrungen 168,

393SGB VII 6

Sicherheit, soziale 3Sicherheitsfachkraft 15Signaltumoren 304Silikose 277 ff., 284 f., 325 ff.,

437, 441, 473, 475, 477 ff.,482 f., 486, 488 ff., 494

Silikosepatienten 484Silikoserisiko 482Siliko-Tuberkulose 284 f.,

325 ff., 437, 441, 494Siliziumdioxid, kristallines

494Skotom 109, 111Sozialdatenschutz 5Sozialgerichte 4Sozialgesetzbuch (SGB) 3 ff.–, Aufgaben 3Sozialleistungen, Rechts-

anspruch 3Sozialrecht 13Sozialstaatsprinzip 3Sozialversicherung, gemein-

same Vorschriften 4Sozialverwaltungsverfahren 5Spondylarthrose 179, 181, 192Spondylose 179, 181, 190,

192Spontanpneumothorax 307Sporotrichose 247Sprachstçrungen 69Staatlicher Gewerbearzt 10,

17, 22, 35Stadieneinteilung 17Stahlerzeugung 507St�ube, anorganische 26, 276,

405–, organische 26, 329 ff.Steinkohlebergarbeiter 418Steinkohlenbergbau 321, 416,

429Steinkohlenbergleute 482Sterilit�t 219Stoffe, chemische 23, 90Stomatitis mercurialis 60Stçrungen, psychische 86Strahlen 25, 214 ff.–, ionisierende 217 f.Strahlenempfindlichkeit,

maligne Erkrankungen 223Strahleninsult 218Strahlenkrankheit 218, 220Strahlenschaden, akuter 218–, –, lokaler 218–, chronischer allgemeiner

219–, –, lokaler 219Strahlensp�tsch�den 220Strahlensyndrom 218Straßenbau 507

560 Stichwortverzeichnis

Page 575: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 575

Streptococcus equi-Infek-tionen 248

Streptococcus suis-Infek-tionen 248

Struma diffusa 134Studenten 7Styloiditis 152Styrol 101, 103 f.Sulcus-ulnaris-Syndrom 170,

396Supinatorsyndrom 169 f., 395Synkanzerogenese 318Synkarzinogenese 315Syntheseausgangsstoffe 95Syphilis 233

TTarsaltunnelsyndrom 171, 396Tatbest�nde, offene 27T�tigkeit, gef�hrdende 16, 34,

20–, versicherte 8Teer- oder Pechwarzen, Karzi-

nome 360Teerraffinerien 506Tendovaginitis crepitans 152–, stenosans 152Thallium 70 f.Thoracic-outlet-Syndrom 169,

394Thrombopenie 102Tierpocken 248Todesf�lle, Fallzahlen 12Tollwut 249Toxikologie, Berufskrankheit

51–, Krankheitsbilder 51Toxoplasmose 249Tracheitis 66Trachom 273Tragen 175, 185Treibgase 95Tremor mercurialis 61Trennmittel 95Trichopythie 250Trommelschlegelfinger 309Tropenkrankheiten 19, 25,

224, 254 f., 258Trypanosomiasis 273Tsutsugamushi-Fieber 275Tuberkulose 228, 233, 251,

284 f.Tular�mie 251Tumoren, maligne 220–, strahlenbedingte 220Tumorgenese, quarzstaubbe-

dingte 440Typhus 233

U�bergangsleistung 20Ulcus serpens 131Umweltmedizin 225, 254, 284Unfallkassen 14Unfallverh�tungsbericht 12Unfallversicherung 15, 21, 23–, gesetzliche (SGB VII) 6Unfallversicherungs-Anzeige-

verordnung (UVAV) 16 f.,22 f., 29

Unfallversicherungsfall 29Unfallversicherungstr�ger 6,

8 f., 11 ff., 20 f., 30 f.,33 ff., 503

–, Verantwortung 11Unterlassung aller T�tigkeiten

8, 28Unternehmen 33, 35Unternehmer 10, 16, 30–, Anzeige 34–, Anzeigepflicht 15, 30–, Haftung 14–, Verantwortung 11Unternehmeranzeigen 16, 35Unternehmersph�re 2Untersuchungsgrundsatz 5Ur�mie 60, 76, 111Urologie 55, 59, 66, 74, 106,

110, 126, 217, 234–, Berufskrankheit 52–, Krankheitsbilder 52Ursachen, sonstige 27, 361 ff.–, wesentliche 2Ursachenbewertung 2Ursachenzusammenhang 1, 9,

21, 23Ursache-Wirkungs-Beziehung 1Urtikaria 140

VVanadium 72 f.Vasospastisches Syndrom,

vibrationsbedingtes (VVS)162

Ventilationsstçrung 309Verbrennungen 79Verdacht, begr�ndeter 17Verdachtsanzeigen, Fallzahlen

12Verhaltens- und Verh�ltnispr�-

vention 14Verh�ltnispr�vention 11Vermutungsannahme 10Versicherte 2, 10, 21–, Mitwirkung 11Versichertenrente 13Versicherungsfall 1, 7 f., 10,

13 ff., 18, 21 f.

Versicherungsleistungen 18Versicherungsschutz 8, 19Versicherungstr�ger,

Aufsichtsbehçrden 4Verursachung 8Verursachungsprinzipien 1Vibrationsbedingtes Vasospas-

tisches Syndrom (VVS) 162Viren 236, 255Virusgrippe 233Virushepatitiden 226Virushepatitis A 226–, B 226–, C 227–, D 227–, E 228Vitiligo 134Vogelhalter-Lunge 330 f.Vollrente 20Voraussetzungen, arbeitstech-

nische 10, 17, 22Vorsorgeuntersuchungen,

arbeitsmedizinische 34

WWaisenrente 13Weißfleckung 134Weiterbildungsordnung 36, 40West-Nil(e)-Virus-Fieber 275Windpocken 233Wirbelforts�tze, Abrissbr�che

173Wirbels�ulenerkrankungen,

degenerative 180Witwen- und Witwerrente 13Wohlfahrtspflege 225W�rmer 236, 256Wurmkrankheit 253–, Bergleute 252Wurzelreizsyndrome, lumbale

193–, zervikale 188Wurzelsyndrom, lumbales

177 f., 194

YYersiniose 251

ZZahnabrasionen 204–, quarzstaubbelastende

T�tigkeit 203Zahn�rzte 17 f., 30Zahnausfall 60Z�hne, Keilform 128–, S�uren 128 ff.–, S�ureschaden 119Zahnfleisch, Hg-Saum 60Zahnfleischrand, Bleisaum 56

Stichwortverzeichnis 561

Page 576: Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1 · Inhaltsverzeichnis VORWORT V A EINFHRUNG 1 B SOZIALGESETZBUCH(SGB) 3 1 Inhalt desSozialgesetzbuchs 3 2 AufgabendesSozialgesetzbuchs

Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 576

Zahnh�lse, Gelbf�rbung 66Zahnhartsubstanzverlust 203Zahnheilkunde 36, 55, 59, 66,

117, 126, 128, 203–, Berufskrankheit 52–, Krankheitsbilder 52Zahnstummel 129

Zentralnervensystem, Sch�di-gung 61

Zervikalsyndrom, akutes 189–, chronisches 186–, lokales 187 f.Zervikobrachiales Syndrom

187

Zervikozephales Syndrom188

Zoonosen 234, 237, 256Zuckerb�ckercaries 129 f.Zusammenhangsgutachten

8 ff., 17, 21 ff.Zytomegalie 233

562 Stichwortverzeichnis