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Der erste Streckenabschnitt von Putbus nach Binz, der noch heute in Betrieb ist, wurde 1895 eröff- net. Der Betreiber, der damals als Rügensche Kleinbahn-Aktiengesellschaft (RüKB) firmierte, er- weiterte sein Netz bis 1899 auf 97,3 Kilometer. Eine Strecke führte vom Bahnhof Altefähr, gegen- über Stralsund, über Putbus nach Göhren. Die andere Strecke führte von Altenkirchen, nahe dem Kap Arkona, über die Wittower Fähre nach Bergen. Ende der 1960er Jahre wurden die meisten Streckenabschnitte stillgelegt. Errichtet wurden die Strecken von der Rügenschen Kleinbahn-Aktiengesellschaft RüKB, an der das bauausführende Unternehmen Lenz & Co. einen gewichtigen Anteil am Aktienkapital besaß. Lenz & Co. übernahm zunächst auch die Betriebsführung. Ab 1. April 1910 ging diese an den Provinzi- alverband der Provinz Pommern über. 1940 übernahmen die als Körperschaft des öffentlichen Rechts neu gegründeten Pommerschen Landesbahnen die Rügensche Kleinbahn-Aktiengesellschaft in ihr Eigentum. Nach 1945 wurde die Strecke wie alle privaten Kleinbahnen in Mecklenburg-Vorpommern dem Landesbahnamt Demmin unterstellt. Am 1. April 1949 wurden die Strecken dann von der Deutschen Reichsbahn übernommen. Bei einem Gleisumbau zwischen 1977 und 1979 wurde die Strecke Putbus–Göhren mit Oberbau K und größtenteils der Schienenform S 33 ausgerüstet. Bei erneuten Umbauten zu Anfang der Neun- ziger wurden Schienen der Form S 49 verlegt und die Kies- durch lagestabilere Schotterbettung ersetzt. Am 1. Januar 1996 ging der Betrieb der verbliebenen Strecke von der nunmehrigen Deutschen Bahn AG an die neu gegründete Rügensche Kleinbahn GmbH & Co. über, welche damals zur Karsdorfer Eisenbahngesellschaft KEG gehörte.

Nach der Insolvenz der Karsdorfer … · Brennstoffvorrat [t] 0.8 Indizierte Leistung [PSi] 235 Hochdruckzylinder-Ø [mm] 350 Steuerungsbauart Heusinger Strahlungsheizfläche [m²]

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Page 1: Nach der Insolvenz der Karsdorfer … · Brennstoffvorrat [t] 0.8 Indizierte Leistung [PSi] 235 Hochdruckzylinder-Ø [mm] 350 Steuerungsbauart Heusinger Strahlungsheizfläche [m²]

Der erste Streckenabschnitt von Putbus nach Binz, der noch heute in Betrieb ist, wurde 1895 eröff-net. Der Betreiber, der damals als Rügensche Kleinbahn-Aktiengesellschaft (RüKB) firmierte, er-weiterte sein Netz bis 1899 auf 97,3 Kilometer. Eine Strecke führte vom Bahnhof Altefähr, gegen-über Stralsund, über Putbus nach Göhren. Die andere Strecke führte von Altenkirchen, nahe dem Kap Arkona, über die Wittower Fähre nach Bergen. Ende der 1960er Jahre wurden die meisten Streckenabschnitte stillgelegt.

Errichtet wurden die Strecken von der Rügenschen Kleinbahn-Aktiengesellschaft RüKB, an der das bauausführende Unternehmen Lenz & Co. einen gewichtigen Anteil am Aktienkapital besaß. Lenz & Co. übernahm zunächst auch die Betriebsführung. Ab 1. April 1910 ging diese an den Provinzi-alverband der Provinz Pommern über.

1940 übernahmen die als Körperschaft des öffentlichen Rechts neu gegründeten Pommerschen Landesbahnen die Rügensche Kleinbahn-Aktiengesellschaft in ihr Eigentum.

Nach 1945 wurde die Strecke wie alle privaten Kleinbahnen in Mecklenburg-Vorpommern dem Landesbahnamt Demmin unterstellt. Am 1. April 1949 wurden die Strecken dann von der Deutschen Reichsbahn übernommen.

Bei einem Gleisumbau zwischen 1977 und 1979 wurde die Strecke Putbus–Göhren mit Oberbau K und größtenteils der Schienenform S 33 ausgerüstet. Bei erneuten Umbauten zu Anfang der Neun-ziger wurden Schienen der Form S 49 verlegt und die Kies- durch lagestabilere Schotterbettung ersetzt.

Am 1. Januar 1996 ging der Betrieb der verbliebenen Strecke von der nunmehrigen Deutschen Bahn AG an die neu gegründete Rügensche Kleinbahn GmbH & Co. über, welche damals zur Karsdorfer Eisenbahngesellschaft KEG gehörte.

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Nach der Insolvenz der Karsdorfer Eisenbahngesellschaft verkaufte deren Geschäftsführer Bernhard van Engelen die ihm persönlich gehörende RüKB im März 2004 an die Eisenbahn-Betriebsgesellschaft (EBG) von Ludger Guttwein. Ein Streit über den Kaufpreis und über die Wei-terführung des Betriebs führte dazu, dass der Vertrag im Mai 2004 rückgängig gemacht wurde. Im November 2004 wurde die RüKB schließlich an Hermann Schöntag verkauft.

Da die Verkehrsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern den Verkehrsvertrag aus rechtlichen Grün-den nicht verlängern wollte und stattdessen die auf der Strecke erbrachten Nahverkehrsleistungen im Herbst 2007 neu ausgeschrieben hatte, endete am 31. Dezember 2007 die Leistungspflicht der RüKB. Das Verfahren ging zugunsten der Eisenbahn-Bau-Betriebsgesellschaft Pressnitztalbahn

mbH (PRESS) aus, die den Rasenden Roland 20 Jahre betreiben soll. Der neue Vertrag sieht vor, dass die neue Betreibergesellschaft die Infrastruktur für den Betrieb leihweise vom Landkreis Vor-pommern-Rügen erhält.

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Wegen Streitigkeiten des Landkreises Rügen mit dem ehemaligen Betreiber bezüglich des Rück-kaufs des Fahrzeugparks bestand seit dem 18. März 2008 ein Übergangsbetrieb zwischen Binz und Göhren mit von der PRESS angemieteten Fahrzeugen.[1] Am 9. April 2008 erhielt die PRESS die Verfügungsgewalt über die zurückgekauften Fahrzeuge. Seit dem 26. April 2008 fährt die Bahn wieder im Zwei-Stunden-Takt mit zwei Zügen zwischen Putbus und Göhren.[2] Am 1. Juni 2008 übernahm sie die Mitarbeiter und die Eisenbahninfrastruktur von der RüKB.[3] Seit dem 7. Juni 2008 setzt die RüBB einen dritten Zug zwischen Binz und Göhren ein, sodass dort ein Stundentakt realisiert wird.

Die Strecke erschloss vor allem das landwirtschaftlich geprägte Hinterland der Insel Rügen und besaß im Ausflugsverkehr auf der Insel Rügen keine Bedeutung. Als Besonderheit bestand zwi-schen Wittower Fähre und Fährhof eine Eisenbahnfährverbindung, die auch dem Straßenverkehr diente. Eingesetzt wurden die 1896 gebaute Fährschiffe Wittow und die 1911 gebaute Jaspar von

Maltzhahn (ab 1945 Bergen). Genutzt wurde die Fähre nur im Güterverkehr und für die Überfüh-rung von Lokomotiven und Wagen, im Reisezugverkehr wurden keine Wagen übergesetzt. Die Ab-kürzung „LB“ hinter den Bahnhofsnamen Putbus und Binz steht für „Landesbahn“.

Pläne zur Erweiterung der Strecke gab es mehrere, realisiert wurde letztlich nur der Abzweig auf den Bug aus militärischen Gründen. Schon genehmigte Streckenprojekte, wie die Streckenverlänge-rung nach Kap Arkona und von Trent nach Schaprode wurden letztlich nicht errichtet. Auch die Verbindung von Bubkevitz nach Garz, 1907 genehmigt, wurde nicht gebaut, obwohl die Verbin-dung der beiden Strecken auf Rügen sicherlich enorme betriebliche Vorteile gebracht hätte.

In den 1960er Jahren verlor die Strecke im Güterverkehr ihre Bedeutung, da immer mehr Transpor-te auf den Straßenverkehr übergingen. Am 10. September 1968 wurde der Betrieb auf der Nordstre-cke Fährhof–Altenkirchen eingestellt, am 19. Januar 1970 endete auch der Verkehr auf der Strecke Bergen–Wittower Fähre. Der Abzweig zur Halbinsel Bug war schon 1955 endgültig eingestellt worden.

Die Fährverbindung zwischen Wittower Fähre und Fährhof blieb noch bis 1975 im Eigentum der Deutschen Reichsbahn und ging erst dann an die Weiße Flotte über. Erst in den 1990er Jahren wur-den die alten Eisenbahnfährschiffe außer Dienst gestellt und durch Neubauten ersetzt.

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Deutsche Reichsbahn

Nach der Übernahme der Strecke durch die Deutsche Reichsbahn kamen Lokomotiven anderer Bahnen hinzu, manche nur für kurze Zeit, so die Baureihen 99451, 99453, 99464, 99465 und 99480, vor allem aber die Baureihe 9951–60, die sächsische IV K, ab den 1980er Jahren auch Neubauloks der Baureihe 9977–79. Letztere ist neben Lokomotiven der Type M und der Baureihe 99480 auch heute noch vorhanden. Heute sind auch verschiedene Dampflokomotiven aus Privatbesitz auf der Strecke unterwegs. Seit 1965 gab es auch Diesellokomotiven, vornehmlich für Rangieraufgaben, zunächst zwei ehemalige Heeresfeldbahn Köf, von denen eine noch vorhanden ist. Seit 1998 fährt auch die von der Deutschen Bundesbahn stammende V 51 901 auf Rügen.

Im Rügenschen Schmalspurnetz wurde von Anfang an die Görlitzer Gewichtsbremse verwendet. 1965 begann die Umstellung auf Druckluftbremse. Im Gegensatz zu vielen anderen Schmalspur-strecken sind die Leitungskupplungen an den Fahrzeugen symmetrisch angeordnet. Da die ur-sprünglichen Maschinen keine Heizkupplungen hatten, mussten die Personenwagen mit Öfen aus-gerüstet werden. Auch die seit den 1960er Jahren von sächsischen Strecken umgesetzten Wagen wurden mit Öfen nachgerüstet. Von Anfang an wird die Balancierhebelkupplung benutzt. Einen Betrieb mit Rollfahrzeugen gab es nie.

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Rügensche Bäderbahn

Der Übergangsverkehr ab dem 21. März 2008 erfolgte mit der Diesellokomotive 199 008-4 der IG Pressnitztalbahn, der 99 773 der SDG sowie der Dampflok 99 787 der Sächsisch-Oberlausitzer Ei-senbahngesellschaft. Gepäck- und Reisezugwagen wurden von der SDG und SOEG angemietet.[4] Nachdem der Betrieb mit Leihfahrzeugen zu Beginn des Winterfahrplans 2008/09 beendet wurde, wurden die Fahrzeuge wieder nach Sachsen zurückgebracht.

Als neue Lok ist seit Oktober 2008 die ehemalige Lok 7 der Mansfelder Bergwerksbahn unter der Nummer 99 4011 im Einsatz.

RüKB-Lok 52 Mh, gebaut bei Vulcan, Stettin 1925

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Dampflokomotive 99 4632

Allgemeine Daten

Bezeichnung Dampflokomotive

Nummer 99 4632

Hersteller Stettiner Maschinenbau-Aktiengesellschaft Vulcan

Herstellungsort Stettin

Bauzeit 1925

Seriennummer 3851

Beschreibung Schmalspurlokomotive

Quelle div. Lokbaureihen-Bücher und Baulisten

Betriebsnummern

Betr-Nr. von bis

099 771-8 31.12.1992

99 4633 Verstaatlichung der RüKB EDV-Nummernplan der DR (1970)

99 4633-6 EDV-Nummernplan (DR) 01.01.1992

RüKB 259 1925 Verstaatlichtung, an DR

Technische Daten

Spurweite [mm] 750 Höchstgeschwindigkeit [km/h] 30

Kolbenhub [mm] 400 Treibrad-Ø [mm] 850

Dampfdruck [bar] 12 Rostfläche [m²] 0.9

Verdampfungs-Heizfläche [m²] 33.7 Überhitzer-Heizfläche [m²] 13

Länge über Puffer [mm] 8000 Leermasse (ohne Tender] [t] 20.5

Reibungslast [Mp] 25.5 Achslast [Mp] 6.38

Brennstoffvorrat [t] 0.8 Indizierte Leistung [PSi] 235

Hochdruckzylinder-Ø [mm] 350 Steuerungsbauart Heusinger

Strahlungsheizfläche [m²] 3.52 Achsstand Lok [mm] 3450

Dienstmasse (ohne Tender) [t] 25.5 Wasservorrat [m³] 2.2