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225 Alle anderen fiir die Zeuffung nfithigen Organe finde ich ganz nor- mal entwickelt, eben so die m'~innlichen Geschlechtstheile; ein eigent- iicher Penis fehlt giinzlich, und ist letzterer nicht einmal durch eine warzen- oder znngenfOrmige Auflreibung, wie sic bei einigen Raub- vOgeln, Trappen and einigen Wadvfigeln vorkommt, ersetzt. Schliesslich noch hier die Bemerkung', dass die Nieren ungleich gelappt sind and yon den Schenkelvenen nicht durchbohrt werden, eine Beobachtung, die bereits Nit z sch gemacht hat and in seinen anatomi- schen Beitriigen zu N a u m a n n's Werke wiedergiebt. (Schluss folgt ) Nachtr~gliches, in Betreff der Ornis der canarischen Inseln. Yon Dr. Oarl Bolle. Ks ist im ,Journal ~ so manchem Faunengebiete bereits ein tiefer eindringendes, die Wissenschaft wesentlich f0rderndes Studium zuge- wendet worden, dass es auch far den, der nut verhiiltnissmtissig nnbe- deutende Beitr~ige nach dieser Richtung bin zu liefern vermochte, Pflicht erscheint, den einmal betretenen Weg zu verfolgen. Wit glauben auf dem yon uns eingeschlagenen ein Paar Schritte vorw~irts zu than, indem wit die Ornis der canarischen Inseln, die uns bereits zu verschiedenen in diesen Bl/ittern niedergelegten Arbeiten Stott' darbot, einiges That- s~ichliche hinzufUgen, dutch welches die Liste der aus jener Gegend bekannten VOgel die erste yon den Bereicherungen erfiihrt, die ihr far die Zuknnft wahrseheinlich noch bevorstehen. Dasselbe ist einem sch~itzenswerthen Buche des friiheren englisehen Consuls auf den ge- nannten Inseln, Francis Coleman Mac-Gregor entnommen, welches den Titel: Die eanarischen Iuseln naeh ihrem gegenw~irtigen Zustande, Han- nover 1831, fiihrt nnd yon dem in G~ttingen gebildeten Verfasser in deutscher Sprache geschrieben worden ist. Es war uns zwar bereits seit l~tngerer Zeit bekannt, doch hatten wit den darin enthaltnen ornitho- logischen Abschnitt bisher iihersehen. Trotz seiner Ktirze verdient der- selbe um so mehr Berttcksichtigung, da in ihm, neben des Autors eignen Wahrnehmungen, auch mehre sonst nirgend verOtTentliehte Beobach- tungen Sabin Berthelot's, der in seiner Jugend ein intimer Freund Mac- Gregor's war nnd Hand in Hand mit ihm manehe seiner so hfichst inter- essanten Fusswandernngen dutch Teneriffa gemacht hat, niedergelegt Jourr~, f. Ortttth ~ "~I. Jahrg., Nr. ~3j Mai 1058. 15

Nachträgliches, in Betreff der Ornis der canarischen Inseln

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Alle anderen fiir die Zeuffung nfithigen Organe finde ich ganz nor- mal entwickelt, eben so die m'~innlichen Geschlechtstheile; ein eigent- iicher P e n i s fehlt giinzlich, und ist letzterer nicht einmal durch eine warzen- oder znngenfOrmige Auflreibung, wie sic bei einigen Raub- vOgeln, Trappen and einigen Wadvfigeln vorkommt, ersetzt.

Schliesslich noch hier die Bemerkung', dass die Nieren ungleich gelappt sind and yon den Schenkelvenen nicht durchbohrt werden, eine Beobachtung, die bereits N i t z sch gemacht hat and in seinen anatomi- schen Beitriigen zu N a u m a n n's Werke wiedergiebt.

(Schluss folgt )

Nachtr~gliches, in Betreff der Ornis der canarischen Inseln. Yon

Dr. Oarl Bolle.

Ks ist im ,Journal ~ so manchem Faunengebiete bereits ein tiefer eindringendes, die Wissenschaft wesentlich f0rderndes Studium zuge- wendet worden, dass es auch far den, der nut verhiiltnissmtissig nnbe- deutende Beitr~ige nach dieser Richtung bin zu liefern vermochte, Pflicht erscheint, den einmal betretenen Weg zu verfolgen. Wit glauben auf dem yon uns eingeschlagenen ein Paar Schritte vorw~irts zu than, indem wit die Ornis der canarischen Inseln, die uns bereits zu verschiedenen in diesen Bl/ittern niedergelegten Arbeiten Stott' darbot, einiges That- s~ichliche hinzufUgen, dutch welches die Liste der aus jener Gegend bekannten VOgel die erste yon den Bereicherungen erfiihrt, die ihr far die Zuknnft wahrseheinlich noch bevorstehen. Dasselbe ist einem sch~itzenswerthen Buche des friiheren englisehen Consuls auf den ge- nannten Inseln, Francis Coleman Mac-Gregor entnommen, welches den Titel: Die eanarischen Iuseln naeh ihrem gegenw~irtigen Zustande, Han- nover 1831, fiihrt nnd yon dem in G~ttingen gebildeten Verfasser in deutscher Sprache geschrieben worden ist. Es war uns zwar bereits seit l~tngerer Zeit bekannt, doch hatten wit den darin enthaltnen ornitho- logischen Abschnitt bisher iihersehen. Trotz seiner Ktirze verdient der- selbe um so mehr Berttcksichtigung, da in ihm, neben des Autors eignen Wahrnehmungen, auch mehre sonst nirgend verOtTentliehte Beobach- tungen Sabin Berthelot's, der in seiner Jugend ein intimer Freund Mac- Gregor's war nnd Hand in Hand mit ihm manehe seiner so hfichst inter- essanten Fusswandernngen dutch Teneriffa gemacht hat, niedergelegt

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sind, beide aber ftir den Orldthologen der Vergessenheit entrissen zu werden verdienen.

,Gr0sseres Interesse, heisst es darin naeh einer biindigen Ueber- sieht der niederen Thierklassen, muss dem Freunde der I'~alurgesehiehte die Ornithologie gewahren, nieht so sehr wegen der auf den Inseln wirklieh einheimizchen VOgel als in Riieksieht der exotisehen oder Zug- viigel, die yon der afrieanisehen l(tiste, besonders im Winter~ weun die Winde tange Ost oder Stid-Ost geweseu sind, in grosser Anzahl her- tiber zu fliegen pflegen. Alsdann trifft man oft,die seltensten Arteu, yon deneu der gr(isste Theil zur Ordnung der Stelz- oder plattfiissigen VOgel geh0rt." Der Edelfalk~ Falco peregrinus, wird als im Laade nistender Vogel neben dem Buteo wdgaris angeftihrt; er soil, wie dieser ,zum 0fteren angetrott'en werden. Von den Eulen ist die Sehleier- eu!e die gew0!mliehste, doeh giebt es noeh e iae andere Gattung ohne Federn au den Ohreu mit diekem l, fopfe und sehmutzig weissem Getie- d e r m i t brauuen Fleekeu. ~ (?) ~Neben Emberi~a miliaria wird ein anderer Vogel desselben Gesehleehts aufgefiihrt ,weleher der Gold- ammer ~.ihnlieh ist Der Meisen sind zwei Arten bekannt: die Blau- meise und eine kleinere Meise~ Paras minor, welche die Eingebornen Fraile nennen. Unter den Feigensehn~ibleru ist das Rotbkehlehen ge- wiihnlieh und eine andere Gattung mit brau~n'othen Sehwanzfedern" . . . Diejenige Art~ welehe Herr Ledru Motacilla le~lcogastra nennt~ ist se.ltner als M. alricapilla; sie hat ebenfalls einen sehwarzen Kopf, untersche[det sieh abet dureh rothe Augenr~nder. (Es ist Sylvia me- lanocephala). Ausser der gemeinen Grasmiieke giebt es noeh eine rothbraune Art an den Kiisten. ~

,Wir kommen jetzt zu den ZugvSgeln. Unter den Raubv6geln stellt sieh ein Habieht ein, weleher Circus aeruqinosus zu sein seheint und ein Falke yon schmutzig blauer Farbe, der Haleon real (l(6nigs- falk) genannt wird. (H0ehst wahrseheinlieh der dem nieht allzu ent- fernten Senegambien angeh0rige Falco ardesiacus Vieill.)

Vom Kukuk zweiArten: eine~ die dem europfiisehen ziemlieh nahe kommt und eine andere mit brannrothen ziemtieh langett Sehwanz- federn. (Sollte letztere vietleieht Cuculus Cayanus L., Piaya I, ess., Pyrrhococcyx Cab, sein? Die yon Berthelot sowohl als yon t)Iae-Gregor gegebene Andeutung seheint auf ihn am besten zu passen, und leiehter noeh als Cucu[cts americanus naeh Irland und England~ kiinnte sieh fiber den meist sttirmelosen Golfo de las Damns aueh dieser Bewohner der westliehen Hemisphfire yon der Tierra firma nach den Canaren bin und wieder einmat verfliegen) . . . . . . Im Winter zeigen sieh man-

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eherlei Gattungen Enten, unter denen einige sehr seltene z. B. eine nankinfarbene mit einem Haubenkopfe, (wir deulen diese, yon der wit bereits dureh Berthelot Kunde hatten~ jetzt unzweifelhaft auf das Weib- ehen yon Arias rufina), eine andere ganz sehwarze, eine kleine braune Ente yon der Gr(isse einer'rurteltaube und mehreTaueher. Von Waeh- teln erbliekt man im Winter zuweilen eine Art mit weissem Gefieder, aber yon der Griisse der ge.,neinen Waehtet (!!) Von Stelzftissern den Ltiffelreiber , nebst vielen andern Gattungen seines Gesehleehts, die yon Zeit zu Zeit an den l'fiisten erseheinen. Zu den vorztigliehsten gehiiren der kleine asiatische weisse Reiher; ein ehoeoladefarbener grosser (ohne Zweifel Arden purpurea); ein kleiner gelbtieh weisser Reiher mit einem Federbiisehel auf dem l(opfe und feinen sehr ausgebreiteten Federn auf der Brust Ebenfalls mehre Gattungen St/irehe~ unter denen sieh der grosse weisse am hfiufigsten einfindet. Zu demselben GeL sehleeht gehiirt wahrscheinlieh aueh ein weisser Vogel mit rothem Schnabel und Beinen yon gleicher Farbe; welehe letztere slark aus- wfirts gebogen sind. ('?) Seolopax gaUinago (also nicht gallinula, wie die Ornithologie canarienne unwahrseheinlich genug angiebt. Wit ver- siiumten es leider die Species selbst zn konstatiren,) wird auf Tene- riffa' im Winter in grosser 1)lenge angetrolt'el~. Ausserdem f(ihrt Herr Ledru in sei~em Verzeiehnisse noeh zwei Arten Leimsehnepfen an~ niim- lieh Scolopax totanus und aegocephahts~ wahrscheinlieh identiseh mit denjenigen, die man im Lande Chirles neant und die sieh an fenchten Orten und an den i~liindungen yon Barraneos aufhalten . . . . . . . . . Endlieh tretI'en im Winter Hahne (I(ampf?) in grosser Anzahl und yon mannigfaltigen Farben ein und wenn der Wind anhaltend aus ether slid- lichen Riehtung geweht hat~ zeigen sieh llings den l(iisten ganze Sehaa- ren von Eisviigeln. (Ob Halcyon rufi~entris Sw.?). Es ist nieht selten, dass viele unter den gefiede]'ten AnkSmmlingen so ermattet sind~ dass sie sich an dem ersten besten 0rte niederlassdn, um ausznruhen, wo sie sieh dana in einem Zustande der Bet~iubung ira eigentliehen Sinne des Wortes mit Hfinden greifen tassen.

Soweit die Mittheilungen Mae-Gregor's: welche der Summe der als canariseh anzuerkennenden Species neben einer gewissen Anzahl~ hin- siehtlich der Art Zweifelbafter~ Ardea purpurea Lin. und Anas rufina Pall. bestimmt; andere, wie z. B. Falco ardesiacus Vieill. mit mebr oder minder-grosset Wahrscheinliehkeit, hinzufiigen.

Zum Schluss bemerke ieh noeh, dass aus den Aufzeiehnungen ~ilte- rer Historiker die unzweifelhafte Thatsaehe hervorgeht~ wie Perdix pelrosa Lath. keine eigentlieh canarisehe Speeies~ sondern dureh Men-

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schenhand auf den htseln einheimisch gemacht worden sei. Die Jagd- lust tier allen Grafen yon Gomera scheint die friihste Vera,flassung hierzu gewesen zu sein, denn dem Pater Abreu Galindo zufolge war es Sancho de Herrera; der sie in der zweileu tl~ilfte des funfzehnten Jahr- hunderts zuerst aus der Barbarei nach Gomera brachte, wo sie sich bald so ungeheuer vermehrtea, dass sie zu einer Landptage ftir die Feldfrtichte warden and der Clerus mehr als einmal zn dem seltsamen Mittel seine Zuflucht nahm. sie dutch beschwiirende Exorcismen in die Steinwiisten des Gebirgs zuriickznhannea. Auf den gr~sseren der Krone direct unterworfenen Eilanden ward die Einbiirgerung yon Perdix pe- tvosa dutch die Regierung systematisch betrieben. Es findet sich in Nunnez de la Penna eine Stelle in tier er die grossc Billigkeit der Le- bensbedtirfnisse in der guten allen Zeit schildert, die unmitlelbar auf die Conquista folgte. Damals kosteten tier Aussage des genannten Autors zufolge ein Paar Tauben 7 Maravedis, ein Paar Toreaze 16, ein Dutzend Grauammern 6 Maravedis~ ein Hahn 10 Cuartos etc., ein Steinhuhn dagegen 1 Real, so selten wareu sie damals noch. Man fiihrte sie aus Spanien zur Zucht auf den I~seln ein nnd in einem 15~6 yon den Regidoren erlassenen Dekret wird befohlen, class jedes aus dem Mutterlande herkommende Schiff 10 Paar lebender ,,Perdizes" cStein- htihner) und zwei Paar Hasen heriiber zu briugen habe. Die Hasen hielten sich nicht, w~ihrend die Htihner sich reichlich vermehrten. Sie sind jetzt auf Gran-Canaria~ Tcnerilra~ Gomera and Ferro so verbrei- tete V~igel, dass es der Autorit~it geschichtlicher Nachweise bedarf, um den Glauben an ihr urspriinglichesWildsein daselbst aufzugeben. Hfitten Sie sich indess vom africanischen Continente her selbstst~indig tiber das Inselland verbreitet, so w~irden ihnen nothwe~dig Fuertaventura nnd Lanzarote, die ~stlichsten and Afrika am n~chsten gelegenen der Eilande zu Uebergangspuncten haben dienen miissen Auf diesen fehlen sie jedoch ganzlich; w~hrend auf Madera~ wohin man sie aus Portugal brachte, nicht das Sleinhahn: sondern das rothe Repphuhn (Perdix vubva) die die Gattung vertretende Species ist. Warum soil abet yon den die naturgem~issen Grenzen einer Vogelart alhn~ilig erweiternden Agentien das Eingreifen menschlicher 'rh~tigkeit ganz ausgeschlossen bleiben? Und so m0ge dean auch Pel"dix petrosa seine Stelle im Ver- zeichniss tier Ornisbtirger der Canaren~ nach wie vor, beibehalten.

Berlin, am ~ . April 1858.