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Zbl. Vet. Med. B, 27, 608-615 (1980) @ 1980 Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg ISSN 0514-7166/InterCode: ZVRBAZ Aus dem Institut fur Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenmedizin, Tierarztliche Fakultat der Ludwig-Maximilians-Universitat Miinchen Nachweis enteropathogener Escherichia coli-Stamme wnd Rotaviren in Kotproben von Kalbern mit Diarrhoe Von G. BALJER und P. A. BACHMANN Mit 3 Tabellen (Eingegangen am 20. Juni 1980) Die neonatalen Kalberdiarrhoen standen wahrend der letzten Jahre im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses. Als atiologische Erreger sind seit langem Escherichia coli-Bakterien sowie Salmonellen und Chlamydien bekannt (3, 10). Daneben werden seit einiger Zeit auch verschiedene Virusarten, vor allem Rota- sowie Coronaviren und BVD-Virus oder Parvoviren fur die Genese von Diarrhoen bei Kalbern verantwortlich gemacht (8, 9, 13, 18). Ferner scheinen Cryptosporidien im Zusammenhang mimt neonatalen Durch- fallen eine Rolle zu spielen. Ober die Haufigkeit des Vorkommens der einzelnen Erreger existieren unterschiedliche Angaben. Der Anteil enteropathogener E. coli-Stamme schwankte bei Durchfallkalbern je n a h Untersuchungsgebiet zwischen 13 O/u (45 von 345 iscrlierten Stammen, 11) und 63 O/o (74 von 117 isolierten E. coli- Stammen, 5). Rota- und Coronaviren wurden bei bis zu 80 O/o aller unter- suchten erkrankten Kalber nachgewiesen (9). Auffallig ist bei den meisten Untersuchungen, dai3 in der Regel mehrere Erreger gleichzeitig nachgewiesen werden konnen. Haufig sind Mischinfektionen von viralen Erregern mit E. coli (1, 13). Interessant ist in diesem Zusammen’hang, dai3 vielfach auch mehrere verschiedene Virusarten gleichzeitig auftreten konnen. MARSOLAIS und Mit- arbeiter (9) fanden bei 54 O/o von 134 untersuchten Kalbern Rotaviren und Coronaviren. Xhnliche Ergebnisse liegen auch von anderen Autoren vor (19). Im Hinblidc auf die Schwere der klinischen Erscheinungen scheinen Misch- infektionen zwischen Rotaviren und E. coli eine besondere Rolle zu spielen (4). Bei Doppelinfektionen von E. coli und Rotaviren, haftet E. coli besser bzw. vermehrt sich starker und das geschadigte Zottenepithel regeneriert sich lang- samer (12). U. S. Copyright Clearance Center Code Statement: 05 14-71 66/80/2708-0608$02.50/0

Nachweis enteropathogener Escherichia coli-Stämme und Rotaviren in Kotproben von Kälbern mit Diarrhoe

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Zbl. Vet. Med. B, 27, 608-615 (1980) @ 1980 Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg ISSN 0514-7166/InterCode: ZVRBAZ

Aus dem Institut f u r Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenmedizin,

Tierarztliche Fakultat der Ludwig-Maximilians-Universitat Miinchen

Nachweis enteropathogener Escherichia coli-Stamme wnd Rotaviren

in Kotproben von Kalbern mit Diarrhoe

Von

G. BALJER und P. A. BACHMANN

M i t 3 Tabellen

(Eingegangen am 20. Juni 1980)

Die neonatalen Kalberdiarrhoen standen wahrend der letzten Jahre im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses. Als atiologische Erreger sind seit langem Escherichia coli-Bakterien sowie Salmonellen und Chlamydien bekannt (3, 10). Daneben werden seit einiger Zeit auch verschiedene Virusarten, vor allem Rota- sowie Coronaviren und BVD-Virus oder Parvoviren fur die Genese von Diarrhoen bei Kalbern verantwortlich gemacht (8, 9, 13, 18). Ferner scheinen Cryptosporidien im Zusammenhang mimt neonatalen Durch- fallen eine Rolle zu spielen.

Ober die Haufigkeit des Vorkommens der einzelnen Erreger existieren unterschiedliche Angaben. Der Anteil enteropathogener E . coli-Stamme schwankte bei Durchfallkalbern je n a h Untersuchungsgebiet zwischen 13 O/u (45 von 345 iscrlierten Stammen, 11) und 63 O / o (74 von 117 isolierten E . coli- Stammen, 5). Rota- und Coronaviren wurden bei bis zu 80 O / o aller unter- suchten erkrankten Kalber nachgewiesen (9). Auffallig ist bei den meisten Untersuchungen, dai3 in der Regel mehrere Erreger gleichzeitig nachgewiesen werden konnen. Haufig sind Mischinfektionen von viralen Erregern mit E. coli (1, 13). Interessant ist in diesem Zusammen’hang, dai3 vielfach auch mehrere verschiedene Virusarten gleichzeitig auftreten konnen. MARSOLAIS und Mit- arbeiter (9) fanden bei 54 O / o von 134 untersuchten Kalbern Rotaviren und Coronaviren. Xhnliche Ergebnisse liegen auch von anderen Autoren vor (19).

Im Hinblidc auf die Schwere der klinischen Erscheinungen scheinen Misch- infektionen zwischen Rotaviren und E. coli eine besondere Rolle zu spielen (4). Bei Doppelinfektionen von E . coli und Rotaviren, haftet E . coli besser bzw. vermehrt sich starker und das geschadigte Zottenepithel regeneriert sich lang- samer (12).

U. S. Copyright Clearance Center Code Statement: 05 14-71 66/80/2708-0608$02.50/0

Nachweis enteropathogener Escherichia coli-Stamme und Rotaviren in Kotproben 609

Aufgrund der relativ groi3en regionalen Schwankungen wurden wir ver- anlaat, die Verbreitung und das gleichzeitige Vorkommen enteropathogener E. coli-Sdmme und Rotaviren bei Kalberdiarrhoen im siiddeutschen Raum zu untersuchen. Die Bestimmung der Enteropathogenitat bei den isolierten E. coli-Stammen stutzte sich auf den Nachweis der Enterotoxinbildung und der Anheftungsfaktoren (Fimbrien- bzw. Piliantigene). Aus epidemiologischen Griinden wurde das 0-Antigen zusatzlich mitbestimmt.

Material und Methoden Untersuchungsmaterial

Insgesamt wurden 100 Kotproben von Kalbern mit schwerer, wassriger Diarrhoe unter- sucht. Die Proben wurden zu unterschiedlichen Zeitpunkten bis zu 72 Stunden nach Beginn der Erkrankung entnommen. Die Kalber stammten aus verschiedenen Betrieben im Raum Sud- deutschland und waren zwischen 3 und 14 Tagen alt.

Bakteriologische Untersuchung Die Kotproben wurden auf Blut-, Gassner- und Minca-Agar mittels Dreiosenausstrich

angezuchtet und 18 Stunden bei 37 "C bebrutet. Eine zweite Minca-Agarplatte wurde zu- satzlich bei 18 OC bebriitet. Der Nachweis der Fimbrien- bzw. Pilus-Antigene wurde mit dem frischen ,,Minca-Material" durchgefuhrt. Die Minca-Platten wurden nach dem Rezept von GUINEE und Mitarbeiter (5, 6) hergestellt. Fur den Enterotoxinnachweis und die O-Antigen- Bestimmung verimpften wir den isolierten E. coli-Stamm auf Schragagar und bewahrten ihn bis zur weiteren Verwendung bei 4 OC auf.

Enterotoxinnachweis Zum Nachweis der Enterotoxinbildung verwendeten wir den Darmligaturtest bei 10

bis 14 Tage alten Ferkeln. Jeder E.coli-Stamm wurde bei 3 verschiedenen Ferkeln aus- getestet. Der Test wurde nach der Methode von SMITH und HALLS (16, 17) durchgefuhrt. Die Lange der Segmente betrug 10 cm. Zwischen den belasteten Segmenten lagen 5 cm lange, nur mit Nahrbouillon beimpfte Kontrollsegmente. Am Anfang und Ende der Versuchsreihe im Dunndarm wurde derselbe positive E. coli-Stamm (0 149 : K 88) ausgetestet um das Nachlassen der Empfindlichkeit zwischen Anfang und Ende des Dunndarmes bei der Ablesung mit- berudrsichtigen zu konnen.

Als Inokulum dienten 3 ml einer 1 8stundigen Bouillonkultur. Die Ablesung der Reaktion erfolgte 16 Stunden post operationem. Als positiv wurde ein E. coli-Stamm bewertet der bei allen 3 Ferkeln pro Segment eine Flussigkeitsmenge von mehr als 10 ml induzierte. E. coli- Stamme, die nur bei einem oder zwei der 3 Ferkel positiv waren, wurden als fraglich positiv (k) beurteilt.

Nachweis des K 99-Antigens Der Nachweis des K 99-Antigens erfolgte mit der Objekttragerschnellagglutination. Fur

die Immunserumherstellung verwendeten wir den Referenzstamm 0 101 : K 99". Das Antigen zur Immunisierung der Kaninchen wurde nadi der Methode von ISAACSON (7) hergestellt. Fur die Objekttragerschnellagglutination wurden nur E. coli-Kolonien von der Minca-Platte (37 "C) verwendet. Die bei 18 "C gewachsenen E. coli-Keime dienten als Negativkontrolle.

Hamagglutination Die Hamagglutination wurde auf dem Objekttrager nach der Methode von GUINEE und

Mitarbeiter (6) mit Pferdeerythrozyten und E. coli-Kolonien von der Minca-Platte vor- genommen. Dazu wurde frisches Pferdeblut zu einem Drittel mit Natriumzitrat versetzt, dann dreimal gewaschen und auf das Ausgangsvolumen mit PBS verdunnt. Einem Teil der gewaschenen Erythrozytensuspension wurde Mannose zu einem Anteil von 1 O/o beigemischt. In einem Tropfen Pferdeblut wurde mit der Use vorsichtig Bakterienmaterial verrieben. Die Ablesung erfolgte nach einigen Minuten bei Zimmertemperatur.

'* Fur die Oberlassung des Stammes danken wir Dr. I. ORSKOV v. Statens Serum Institut in Kopenhagen.

610 BALJCR und BACHMANN

Nachweis des 0-Antigens Die Bestimmung der 0-Antigene erfolgte rnit der Rohrchenlangsamagglutination in

Kombination mit der Objekttragerschnellagglutination mit reinen E. coli-0-Seren. Die Reak- tion wurde rnit einer Abschwemmung einer 1 Bstiindigen Bakterienkultur (Standard I-Agar- platte), die vor der Durchfuhrung des Testes eine Stunde im Wasserbad bei 100 OC gehalten wurde, vorgenommen.

Rotavirusnachweis Der Rotavirusnachweis erfolgte mit Hilfe des Enzyme-linked immunosorbent assay

(ELISA) direkt in Faezesproben. Die Proben wurden im Verhaltnis 1 : 5 in 0,15 M NaC1, 0,002M Phosphatpuffer (PBS), dem 0,5"/0 Tween 20 zugesetzt war, gemischt und nach Homogenisierung mit Ultraschall 30 Minuten lang bei 2200 g zentrifugiert. Der Oberstand wurde rnit einer ,,doppelten Antikorpersandwichtechnik" im Mikro-ELISA nach bereits beschriebenen Verfahren (2 ) auf das Vorkommen von Rotavirusantigen untersucht.

Zahl der positiven StPmme

Ergebnisse Von allen 100 untersuchten Kotproben klinisch kranker Kalber wurden

E. coli-Stamme isoliert. Rotaviren liei3en sich gleichzeitig in 40 Kotproben nachweisen.

Bei der Untersuchung der E. coli-Stamme auf das Vorhandensein von K 99-Antigen mit der Objekttragerschnellagglutination und das Vorkommen von Anheftungsfaktoren (Fimbrien bzw. Pili) mit der Hamagglutination besai3en von 100 untersuchten Stammen 37 Stamme das K 99-Antigen. Davon waren 15 Rotavirus-positiv (41 "0). Von den 63 verbleibenden K 99-negative11 Kotproben wiesen 25 Rotavirus auf (40 O / o ) .

Alle 37 K 99-tragenden E. coli-Stamme agglutinierten Pferdeerythro- zyten im Beisein von Mannose. Lediglich 5 K 99-negative Stamme zeigten ebenfalls eine mannose-resistente Hamagglutination. Wahrscheinlich handelt es sich hier um Stamme, die einen anderen als den K99-Anheftungsfaktor besitzen. 65 E. coli-Stamme riefen eine ,,unspezifische Agglutination" rnit Pferdeerythrozyten ohne Mannosezusotz hervor. Einen Uberblick uber die Ergebnisse vermittelt Tabelle 1.

Tabelle 1 Ergebnis der Objekttragerschnellagglutination zur Bestimmung des K 99-Antigens und der

Hamagglutination bei 100 E . coli-Stammen von Kalbern rnit Diarrhoe

HPmagg lut inat ion mit Mannose ohne Mannose

K 99 - Antigen

31 42 65

Fur die Untersuchung der Enterotoxinbildung wurden die zur Verfiigung stehenden E. coli-Stamme in K 99-positive und K 99-negative Stamme auf- gegliedert. Alle 37 isolierten K 99-positiven Stamme bildeten bei jedem der drei Versuchsferkel Enterotoxin. Zum Teil unterschiedlich verhielten sich die verbliebenen 63 K 99-negativen Stamme. Hier reagierten nur 17 mit Entero- toxinbildung und 10 negativ. Die Mehrzahl der Stamme dieser Gruppe (36) war fraglich positiv, d. h. sie reagierten nur bei einem oder zwei der ein- gesetzten Ferkel positiv (Tab. 2).

Bei Idem Nachweis der 0-Antigene zur Ermittlung von Zusammenhangen zwischen Enteroparhogenitat und einem oder mehreren 0-Antigenen zeigte sich, aufgrund der Ergebnisse, dai3 eine Aufgliederung der E. coli-Stamme in drei Gruppen sinnvoll ist: eine Gruppe, die das 0 106-Antigen aufwies, eine

Nachweis der Enterotoxinbildung irn Darrnligaturtest

E. coli - Stamme Zahl der Zahl der Lagz Zahl der (Zahl der StBrnrne) positiven lich positiven negativen Gesarntzahl

K 99 - positiv 37 0 0 37

StPrnrne Stirnme StSrnrne - K 99 - negativ 17 36 10 63

zweite Gruppe, in der die 0-Antigentypen der aus der Literatur im Zusammen- hang mit bovinen enteropathogenen E . coli-Stamme beschriebenen 0-Antigene zusammengefai3t wurden, und eine dritte Gruppe, die alle ,,sonstigen" Stamme umfaflte.

Bei der Typisierung fie1 auf, dai3 11 der 37 K 99-positiven E . coli- Stamme zur Gruppe 0 106 gehorten (30 O / o ) , obwohl diese Gruppe bisher noch nicht afs ,,enteropathogene" 0-Gruppe angesprochen wurde. Bei 6 Proben, von denen diese Stamme entstammten, wurden gleichzeitig Rotaviren nach- gewiesen (53 O / o ) . Weitere 15 Stamme entfielen auf die bisher als pathogen bzw. bevorzugt pathogen beschriebenen 0-Gruppen (40 O / o ) . Dabei verteilten sich die verschiedenen E . coli-Stamme relativ gleichmaflig auf 10 verschiedene 0-Gruppen. Rotavirus-positiv waren hier 4 Proben (27 O / o ) . 11 Stamme fielen unter die Gruppe ,,Sonstiger' (30 O / o ) , d. h. die 0-Antigene dieser Stamme gehorten einer der restlichen, etwa 160 bekannten 0-Gruppen an. Das gleich- zeitige Vorkommen von Rotaviren wurde in dieser Gruppe bei 5 Proben (46 O / o ) beobachtet.

Bei den 17 K 99-negativen, jedoch enterotoxin-positiven Stammen ent- sprach die Verteillung der verschiedenen 0-Gruppen in etwa lder bei den entero- pathogenen Stammen. Rotavirus liei3 sich bei diesen Proben achtmal nach- weisen (47 O/O). Ganz anders war dagegen das Verhaltnis bei den K 99-nega- tiven und enterotoxin-fraglichen bzw. -negativen Stammen. Allein 38 Stamme entfielen auf die ,,sonstigen" 0-Antigene, ohne Haufung einzelner Gruppen. Nur 8 Stamme gehorten bekannten ,,enteropathogenen" 0-Gruppen an. 0 106- Antigene traten hier nicht auf. Bei diesen insgesamt 46 Proben gelang der Rotavirusnachweis 17 ma1 (39 O / o ) . Die Ergebnisse sind in Tabelle 3 zu- sammengef aflt.

Tabelle 3 Ergebnis der 0-Antigenbestimmung bei 100 E. coli-Stammen von Kalbern mit Diarrhoe und

der Anteil der Rotaviruspositiven Tiere in den einzelnen Gruppen

E. coli - Stlrnrne

106

11 16' K 99 - positiv Ent'l- positiv

K 99-negativ Ent''- positiv

K 99- negativ Em''- negativ2I

L 11.

0

2, 8, 9, 15, 35, 55, 78, 86, 101, 117

sonstige Gesarntzahl

15 1 4 . 1 1 I 5 * 37 115'

8 1 4 , 5 I 3* 17 I 8 *

8 I L* 38 113, L6 I 1 7 *

Ent = Enterotoxinbildung. 2 die fraglich positiven Stamme sind als negativ eingeordnet. '+ Zahl der Rotavirusnachweise.

612 BALJER und BACHMANN

Besprechung der Ergebnisse E. coli-Bakterien lassen sich regelmai3ig in Kotproben von an Diarrhoe

erkrankten oder im Dunndarm bei im Verlauf einer Durchfallerkrankung gestorbenen Kalbern nachweisen. Die bakteriologische Diagnose E . coli jedoch reicht fur eine Beurteilung, ob der betreff ende Stamm enteropathogen bzw. fur die Diarrhoe verantwortlich ist, nicht aus. Ein solcher Befund ist jedoch nicht nur im Hinblidr auf die Behandlung notwendig, sondern auch fur die Auswahl eines E . coli-Stammes zur Herstellung von stallspezifischen Vakzinen wichtig. Diese Verhaltnisse werden durch die hier erzielten Ergebnisse ver- deutlicht. Von jeder der 100 untersuchten Kotproben liei3 sich ein E. coli- Stamm isolieren, eine Enteropathogenitat trat aber nur bei 41 Stammen auf. Als enteropathogen sind dabei solche Stamme anzusehen, die Enterotoxin bilden und Fimbrien bzw. Pili fur die Anheftung an fdie Dunndarmwand aufweisen. Der gefundene Anteil enteropathogener Stamme von 41 O/o lag zwischen den Werten, die von anderen Autoren angegeben wurden. GUINEE und Mitarbeiter (6) wiesen bei 63 O/o, MOON und Mitarbeiter (11) bei 13 O/o

aller untersuchten Kotproben enteropathogene E . coli-Stamme nach. Die auf- tretenden Unterschiede hangen vermutlich mit Faktoren wie regional unter- schiedliches Auftreten, Auswahl der Kalber, oder auch Zahl der untersuchten E. coli-Kolonien pro Probe zusammen, um nur die wichtigsten zu nennen.

Die in dieser Arbeit verwendeten Nachweismethoden fur Enterotoxin- bildung und Adhasionsfaktor bei der E. coli-Stammdiff erenzierung sind auch fur die Routinediagnostik geeignet. Wir haben dabei bewui3t den Darmligatur- test dem Babymaustest (ST-Enterotoxin) und der Zellkultur (LT-Enterotoxin) vorgezogen, weil der Darmligaturtest wesentlich empfindlicher ist (1 5). Die hier eingesetzten Ferkel sind bis zu einem Alter von 10 Tagen gut fur den Nachweis der Enterotoxinbilidung bei bovinen E . coli-Stammen geeignet (1 1).

Eine relativ gute Ubereinstimmung bestand zwilschen der Enterotoxin- bildung und Nachweis von K 99-Antigen bei den untersuchten E. coli-Stam- men. Von Nachteil war jedoch, dai3 viele Stamme unregelmai3ig positiv reagierten und eine klare Aussage nur nach Prufung an mindestens 3 Ferkeln moglich war. Dies ist wahrscheinlich darauf zuruckzufuhren, dai3 ein Teil der eingesetzten Ferkel etwas alter als 10 Tage war (bis zu 14 Tagen). Stamme, die unterschiedlich reagierten, wurden zwar als frtlglich positiv angesprochen, sie mussen jedoch aufgrund des fehlenden Fimbriennachweises in den meisten Fallen als nicht enteropathogen angesehen werden.

Der in vitro-Nachweis des K 99-Antigens mit der Objekttragerschnell- agglutination ist zuverlassig und hat sich bewahrt. Entscheidend fur eine empfindliche Diagnose ist dabei die Verwendung von Minca-Nahrboden zur Anzuchtung von frischen Erstkulturen als Antigen, da nach Subkultivierung bei einem groi3en Teil der Stamme das plasmiddeterminierte K 99-Antigen verlorengeht (5 , 6). Mit Hilfe der Hamagglutination jedoch sind nicht nur K 99-Antigene nachweisbar, sondern es werden auch andere Adhasionsfak- toren erfai3t. Die hier erzielten Ergebnisse bestatigen aber Erfahrungen aus anderen Untersuchungen ( 5 , 6, ll), wonach das K 99-Antigen bei bovinen E. coli-Stammen dominiert.

Von den hier beschriebenen enteropathogenen Stammen gehorte nur etwas uber ein Drittel der Stamme den 10 in der Literatur am haufigsten im Zu- sammenhang mit enteropathogenen E . coli-Stammen erwahnten 0-Gruppen an. Die dominierende 0-Gruppe war in unseren Untersuchungen 0 106, die bisher als ,enteropathogene" 0-Gruppe noch nicht bekannt war. Da normaler- weise nur die bekannten enteropathogenen 0-Gruppen routinemagig uber- pruft werden, ist schwer zu sagen, ob die 0-Gruppe 106 speziell in Sud-

Nachweis enteropathogener Escherichia coli-Starnrne und Rotaviren in Kotproben 61 3

deutschland eine Rolle bei den enteropathogenen E. coli-Stammen spielt, oder ob sie in anderen Gebieten nur noch nicht diagnostisch erfai3t wurde. Grund- satzlich kann aber in jeder der etwa 160 0-Gruppen ein enteropathogener bzw. apathogener E. coli-Stamm enthalten sein. Mit der alleinigen Bestimmung des 0-Antigens eines E. coli-Stammes kann man nicht definitiv diagnostizieren, ob der isolierte E. coli-Stamm enteropathogen ist oder nicht.

Die Haufigkeit des Nachweises von Rotaviren in den 100 Proben ent- spricht etwa den Ergebnissen anderer Autoren (9, 13). Etwa 40 O / o aller Proben wiesen neben E. coli-Bakterien gleichzeitig auch Rotaviren auf. Bei diesen Untersuchungen wurden jedoch keine Zusammenhange mit bestimmten E. coli- Stammen festgestellt. Auch eine besondere Haufigkeit mit dem Auftreten von K 99-positiven oder enterotoxinbildenden Stammen trat nicht auf. Bei den einzelnen E. coli-Gruppen schwankte der Anteil der Proben, bei denen E. coli- und Rotavirus gleichzeitig nachgewiesen werden konnte, zwischen 27 O / o und 53 O / o .

Da nur Einzelproben untersucht wurden und die Kalber, von denen die Kotproben stammten, unterschiedlich lange krank waren, bevor sie zur Unter- suchung kamen, ist anzunehmen, dafl die Zahl der Rotavirus-infizierten Tiere hoher liegt, a h hier nachgewiesen werden konnte. Die Virusausscheidung kann nur wenige Tage dauern, so dai3 Verlaufsuntersuchungen zur weiteren Ab- klarung der Rolle der E. colilRotavirus-Mischinfektionen bei Durchfallen von neonatalen Kalbern unerlai3ich sind.

Zusammenfassung Kotproben von 100 neugeborenen Kalbern mit Diarrhoen unterschied-

licher Dauer enthielten ausnahmslos E. coli-Bakterien. Bei 40 Kotproben wur- den gleichzeitig Rotaviren nachgewiesen.

Die isolierten E. coli-Stamme wurden im Darmligaturtest beim Ferkel auf Enterotoxinbildung sowie mit Hilfe der Objekttragerschnellagglutination bzw. dem Hamagglutinationstest auf 0- und K (Fimbrien)-Antigene unter- sucht.

54 E. coli-Stamme bildeten regelmaflig Enterotoxin, von diesen 54 Stam- men wiesen 37 das K 99-Antigen auf, 42 Stamme zeigten eine mannose- resistente Hamagglutination von Pferdeerythrozyten. Bei den 54 Tieren, bei denen enterotoxinbildende E. coli nachweisbar waren, betrug der Anteil der Rotavirus-positiven Proben 43 O/o (23 Tiere).

Von 63 K 99-negativen Stammen bildeten 17 regelmai3ig und 36 unregel- mai3ig Enterotoxin, 5 Stamme zeigten eine mannose-resistente Hamagglutina- tion. Hier wiesen 25 Proben Rotaviren auf (40 O / o ) .

Die 0-Gruppe 106 dominierte bei den enteropathogenen E . coli-Stammen.

Summary Demonstration of enteropathogenic Escherichia coli-strains and rotaviruses

in faecal samples from calves with diarrhoea Faecal samples collected from 100 neonatal calves with diarrhoea of

variable duration all contained E. coli bacteria. Rotaviruses were demon- strated in 40 samples at the same time.

The isolated E . coli strains were tested for their ability to produce entero- toxin by using the intestinal ligature test, and for the presence of 0 and K (pili) antigens by employing slide agglutination and haemagglutination tech- niques.

614 BALJER und BACHMANN

54 E. coli strains regularly produced enterotoxin, 37 of these 54 strains contained K 99 antigens, 42 strains showed a mannose-resistent haemaggluti- nation of horse red blood cells. The number of rotavirus-positive samples in the enterotoxin-producing group was 23 (43 O/o); of the 63 K 99-negative strains, 17 produced enterotoxin regularly and 36 produced it irregularly, 5 strains showed a mannose-resistent haemagglutination. 25 samples were positive for rotavirus (40 O/o).

0 group 106 dominated within the enteropathogenic E. coli strains.

Resume Mise en Cvidence de souches entkropathogtnes d’E. coli et de Rotavirus

dans des matitres ftcales de veaux atteints de diarrhee Les kchantillons de matikres fkcales de 100 veaux nouveau-nks atteints de

diarrhke de durke variable contenaient sans exception des bactkries E. coli. Des Rotavirus ont ktk mis en evidence simultankment dans 40 kchantillons de fkces.

Les souches isolkes de E. coli ont ktk examinkes du point de vue de la formation d’entkrotoxine dans le test de ligature de l’intestin chez le porcelet et pour la recherche des antigknes 0 et K (pili) au moyen de l’agglutination rapide sur lame et du test d’hkmagglutination. 54 souches d’E. coli ont rkgu- likrement produit une entkrotoxine; 37 de ces 54 souches posskdaient l’antigkne K 99 et 42 souches prksentkrent une hkmagglutination mannose-rksistante des globules rouges de cheval. Sur les 54 animaux chez lesquels un E. coli formant une toxine fut mis en kvidence 43 o/o des kchantillons de matikres fkcales furent Rotavirus-positifs (23 animaux).

Sur les 63 souches K 99 nkgatives, 17 formkret rkgulikrement une entkro- toxine et 36 irrkgulikrement, 5 souches montrant une hkmagglutination man- nose-rksistante. 25 kchantillons prksentkrent dans ce cas du Rotavirus (40 O/o).

Le groupe 0/106 a domink dans les souches entkropathogknes d’E. coli.

Resumen Identificacidn de estirpes enteropatdgenas de Escherichia coli y de Rotavirus

en las materias fecales de terneros con diarrea Las muestras de materias fecales de 100 terneros recikn nacidos con

diarrea contenian sin excepci6n bacterias E. coli. El Rotavirus se pus0 en evi- dencia simultineamente en 40 muestras de heces.

Las cepas aisladas de E. coli se examinaron bajo el punto de vista de la formaci6n de enterotoxina en la prueba de ligadura del intestino en el lech6n y mediante la pesquisa de antigenos 0 y K (fimbriales) con ayuda de la aglutinacibn rdpida sobre portaobjetos resp. la prueba de hemoaglutinaci6n.

54 estirpes de E. coli formaban regularmente enterotoxina; 37 de estas 54 estirpes poseian el antigen0 K 99 y 42 cepas presentaban una hemoaglutinaci6n manosarresistente de 10s gl6bulos rojos de caballo. En 10s 54 animales, en 10s que se identificb E. coli enterotoxindgena, el 43 “/o de las muestras eran Rota- virus-positivas (23 animales).

De las 63 cepas K 99-negativas formaban 17 regularmente y 36 irregular- mente enterotoxina, 5 estirpes mostraban una hemoaglutinaci6n manosarre- sistente. En este caso mostraban 25 muestras Rotavirus (40 O/o).

El grupo 0/106 dominaba en las estirpes E. coli enteropatdgenas.

Nachweis enteropathogener Escherichia coli-Stimme und Rotnviren in Kotproben 61 5

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Adresse der Autoren: Institut fur Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuden- medizin, Veterinarstrase 13, D-8000 Munchen 22.