Upload
michelle-bird
View
217
Download
1
Embed Size (px)
DESCRIPTION
Worte und Wein Aus wenig viel machen Die Lernprozesse Vorne:YvonneBeutler,JackWürgler,UrsulaBraunschweig-Lütolf, MarianneFrehnerAblinger,RafaelSteiner,PatrizioFusco Hinten:MarionKrüsi,DorisMeier-Hauenstein,HeidiWitzigVetterli, PriskaBraun,KilianSchmid,StefanHostettler Kunst ist kein Luxus intErnationalE KunSt Er verbringt nach dem Studium sechs Monate in Moskau und verkehrt in der Kunstszene. «Eine aufregende Zeit, auf jeden Fall», blickt er zu tone l CHRISTINA PEEGE anzEigE
Citation preview
14 l Stadtkultur l der landbote l Mittwoch, 17. FEBruar 2010
LISTE 1:SP, Gewerkschaften und JusoIn den GemeinderatIhre Kandidaten/innen aus Altstadt/Mattenbach:Vorne: Yvonne Beutler, Jack Würgler, Ursula Braunschweig-Lütolf,Marianne Frehner Ablinger, Rafael Steiner, Patrizio FuscoHinten: Marion Krüsi, Doris Meier-Hauenstein, Heidi Witzig Vetterli,Priska Braun, Kilian Schmid, Stefan Hostettler
anzEigE
Surab Narmania malt eigenwillige Bilder, voller Anspielungen und leiser Ironie. Der gebürtige Georgier diskutiert leidenschaftlich gern über Kunst, Gott, die Welt und was sonst noch interessant ist. Hier wünscht er sich mehr Lust an der Debatte.
Niemand käme darauf, was sich da hinter heruntergelassenen Rollläden in einem ehemaligen Verkaufsladen in Dättnau verbirgt. Ein richtiges Künstleratelier nämlich. Eins, wie man es sich vorstellt, mit Farbklecksen am Boden und einem bullernden Ofen, der winters den Raum wärmt. Warum Surab Narmania nicht bei Tageslicht
arbeitet? Er schätzt es, im intimen Rahmen arbeiten zu können, wo sein Schaffensprozess ungesehen bleibt. «Wir leben auf dem Land», lächelt er halb und seufzt er auch, ja: Er sei hier eher ein Exot.
Narmania redet, genauer: debattiert und diskutiert aus Leidenschaft; ausserdem, gesteht er: «Ich brauche Stadtluft.» Kein Wunder, denn Narmania ist in Tiflis aufgewachsen, der quirligen und multikulturell geprägten Kapitale Georgiens. «Tiflis ist eine exotische Stadt», sagt er, «und im Sommer ist es unerträglich heiss». Er wächst inmitten der Grossstadt auf, die seit Jahrhunderten von unterschiedlichsten kulturellen Einflüssen geprägt wurde, von Byzanz über die Perser, Seldschuken, Araber, Europäer und nicht zuletzt Russen liessen viele Völker und Herrscher ihre Spuren zurück, ebenso Religionen wie die Orthodoxie, das Judentum, die Zoroastrier, Katholiken. Auch die heutige Stadt sei kulturell sehr vielfältig, «doch beeindruckte mich immer die Toleranz, die geherrscht hat», sagt er. Toleranz, die auf Debattenkultur beruht. Narmania wächst in einer Künstlerfamilie auf, sein Vater ist Dozent an der Kunstakademie von Tiflis. Keine Frage also, dass der Sohn am Technikum zunächst vier Jahre Kunst und Pädagogik studiert und anschliessend an der Kunstakademie in sechs Jahren das Diplom erlangt.
Worte und WeinEr verbringt nach dem Studium sechs Monate in Moskau und verkehrt in der Kunstszene. «Eine aufregende Zeit, auf jeden Fall», blickt er zu
rück. Die jungen Künstler organisierten Ausstellungen – es gab reichlich Wein und noch reichlicher Diskussionen. «Wir tauschten uns aus, übten Kritik, fragten uns, warum einer etwas auf eine bestimmte Art und Weise macht», erinnert sich der Künstler. Aber auch Theorien werden diskutiert, analysiert, genüsslich zerpflückt: «Ist Metaphysik akzeptabel?», «Sind Zeichentheorie und Semiotik überhaupt noch aktuell?» – Es seien gute Gespräche gewesen, immer ehrliche, unter guten Freunden.
Aus wenig viel machen«Die Versenkung im Wahrnehmbaren ist typisch für den Osten», ist Narmania überzeugt. Man denke intensiver über Wahrnehmung nach als etwa in Europa. «Hier wird mehr gemacht, man lebt die Realisierung der Kunst aus», sagt er. Dies liege auch daran, dass man damals in Georgien oder Russland einfach weniger Möglichkeiten hatte, etwas umzusetzen, als im Westen. Es mangelte an industrieller Vielfalt. «Wir mussten aus dem Wenigen, das wir hatten, etwas machen», dies habe intensives Nachdenken vorausgesetzt.
Diese Reflexion über die Wahrnehmung und Kunst charakterisiert noch heute das Schaffen des Künstlers. Viele Bilder enthalten äusserst realistische Elemente, sind virtuos gemalt – und persiflieren auf ihre Art das virtuose Können (von dem Kunst ja kommen soll) als inhaltsleer. Andere Bilder zitieren Filme, arbeiten mit Zeichen und Verweisen. «Ich führe ein parasitäres Leben», sagt er mit seiner für ihn so typischen leisen Selbstironie, er dringe gerne in Kunstwerke anderer ein und analysiere deren Bildaufbau. Diesen dekonstruiert er wiederum, um eine eigene Bildwelt zu schaffen.
Die LernprozesseWer sich mit Narmania unterhält, ist beeindruckt von dessen Bildung – Philosophie, Kunstgeschichte, Ästhetik – seinen Horizont hat er beharrlich erweitert. Der Künstler verlässt 1994 Georgien Richtung Bonn. Hier erinnert er sich besonders gerne an die Aufnahme in der Bibliothek des Museums für Zeitgenössische Kunst. Die sei eigentlich forschenden Kunstwissenschaftlern vorbehalten – doch die Bibliothekarin macht bei dem bildungshungrigen Georgier eine Ausnahme. Narmania kniet sich in die Bücher, findet sogar noch Briefwechsel zwischen berühmten Galerien, die Briefbögen einfach so in die Bände eingelegt. In Deutschland lernt er seine künftige Frau kennen und zieht mit ihr 1998 in die Schweiz. «Warum nach Winterthur? «Weil hier grad eine Wohnung frei war», sagt er. Glücklich
sei er ja darüber am Anfang nicht gewesen. Aber mit der Zeit habe er die Stadt lieb gewonnen und habe viele interessante Leute kennen gelernt. «Ich musste hier viel lernen», blickt er zurück. Die Welt des Protestantismus
war für ihn eine völlig neue, «sehr diesseitig», sagt er, das sei eine neue und wichtige Erfahrung für ihn gewesen, der eine andere Geisteshaltung bevorzugt – «es gibt nichts Essenzielles, die
Welt ist so, wie man sie sieht», zitiert er aus der indischen Philosophie.
Kunst ist kein LuxusLernen musste er auch, dass man hier eine Sache thematisiert und strukturiert angeht. «Die Leute hier debattieren nur, wenn sie einen offiziellen Anlass haben», sagt er. Zum Beispiel eine Podiumsdiskussion. Schlicht aus purer Lust an der Auseinandersetzung eine Diskussion anzuzetteln, das erlebe er selten. Wenn ihn die Lust überkommt, dann telefoniert er Freunden in Georgien, um über einen Film von James Cameron zu diskutieren oder über ein Konzept. Einfach so.
Er wünscht sich auch, dass die Kunst als Ereignis mehr Wertschätzung erfahre. Kunst durchdringe das ganze Leben, Kunst gebe den Dingen überhaupt erst Form. Ohne Kunst würde auch die Wirtschaft nicht laufen, ist er überzeugt. «Kunst beeinflusst die Lebensqualität», betont er. Kunst sei kein Luxus, wie sie immer wieder gehandelt werde. «Kunst ist eine konstitutive Kraft in unserem Leben.»
lCHRISTINA PEEGE
«Die Welt ist, wie man sie sieht»
Surab narmania pflegt die Kunst des ironischen Zitates. der Maler schöpft aus einem reichen bildungsschatz. Bild: Marc dahinden
in winterthur leben und arbeiten kunstschaffende aus aller herren länder. Sie sind auf abenteuerlichen, verschlungenen oder ganz direkten wegen (und manchmal auch einfach wegen der liebe) hierhergekommen. wir stellen in dieser neuen Serie künstler vor, die zwar von ihrer herkunft geprägt sind, die ihr leben und ihr Schaffen aber mit dieser Stadt verbunden haben. was sie aus ihrer heimat mitbringen, bereichert
das leben dieser Stadt. die auswahl der ersten sechs künstler geht von einer ausstellung unter dem titel «outside inside» aus, die im Januar 2010 auf initiative von Michelle Bird im alten Stadthaus winterthur stattgefunden hat (www.outsideinside.ch). weitere interessenten für ein Porträt sind willkommen, hinweise aus der leserschaft auf kunstschaffende ebenfalls auf: [email protected]. (cp)
auSSenSicht und Blick nach innEn
«�Kunst ist kein Luxus – sie ist eine
konstituierende Kraft in unserem Leben»
Surab narmania
OUTSIDEINSIDEintErnationalE KunStwie kunstschaffende aus aller welt winterthur sehen und beleben
Filigrane Klänge, schwebend im ZwischenraumDie junge Dänin Sofie Nielsen zimmert sich in ihren musikalischen Performances eine eigene Welt zwischen Wachen und Schlafen.
Das Stück «Open Secret» beginnt mit Keyboardklängen, als würde auf einem Glockenspiel frei improvisiert. Nach und nach wird ein komplexer Rhythmus sichtbar. Eine lang gezogene Tonspur aus sphärischen Weiten tritt hinzu, ferner ein Stampfen und Klacken wie in einem Werkraum, von draussen ein vom Wind verwehtes Kinderlachen. Schliesslich webt sich die Stimme der Sängerin hinein, zerbrechlich und erotisch. Sie singt ein Lied und doch keines, bleibt schwebend im Ungefähren.
Von solchen Andeutungen lebt die Musik der jungen, aus Aalborg stammenden Dänin Sofie Nielsen. In ihrem musikalischen Einfrauprojekt namens Tone zimmert sie sich eine eigene Welt zusammen, die an Tagträume erinnert. Die zehn Nummern ihres ersten, 2008 beim Kopenhagener Label Ponyrec erschienenen Albums «Small Arm Of Sea» sind voll von Chiffren des Dazwischen: «Just wake me up before you go», heisst es im Stück «Wake Me Up», «I need a break» in einem anderen; ein weiterer Titel lautet vielsagend «Undecided».
Musikalisch dominieren raffinierte Breakbeats, elektronische Klänge und eine oft vervielfältigte, narkotisierende Stimme. Stilistisch ist Tone irgendwo in der weiteren Umgebung von TripHop einzuordnen. Der stark variierende, verspielte Gesang orientiert sich zuweilen recht klar an Björk.
Was macht den eigentümlichen Reiz dieser Musik aus? Die Abwesenheit starrer Strukturen. Alles scheint ineinanderzufliessen. Darauf muss man sich zuerst einstellen: Wer herkömmliche Songs erwartet, wird enttäuscht. Stattdessen betritt man eine Gegenwelt, in der sich die gewohnten Dinge in neuen, Konstellationen wieder finden. Die Offenheit erlaubt es Nielsen, zu experimentieren. Etwa mit der Textzeile «How Hard Did You Try», die unzählige Male wiederholt wird, als gelte es, einem Verfahren der konkreten Poesie vergleichbar, die Bedeutungsmöglichkeiten auszuloten, die in ihr stecken. Im Konzert werden ausserdem mit der Musik abgestimmte, experimentelle Videos gezeigt. (dwo)
tonelive: Fr, 19. 2., 21 uhr, kraftfeld. anschliessend dJs nikolai Volkoff & dr. Brunner. cd: Small arm of Sea (Ponyrec/urlyd).
Kidjo in Halle 53Mit zwei grossen Namen kann das diesjährige AfroPfingstenFestival aufwarten. Zugesagt haben die in New York lebende Sängerin Angélique Kidjo und das Orquesta Buena Vista Social Club aus Kuba. Das komplette Programm wird am 1. März bekanntgegeben, wie die Organisatoren des Festivals gestern mitteilten. Dann beginnt auch der TicketVorverkauf. Die Konzerte des Festivals finden vom 21. bis 23. Mai wiederum in der Halle 53 des SulzerAreals statt. (red)