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8. OKTOBER I926 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. 5. JAHRGANG. Nr. 41 1913 Kaninchenversuche. i. 3 ~ Min. vor der Bestrahlung . pa = 7,o9 12o Mill. IIach 1,5 lIED ...... p~ 6,99 2. 35 Min. vor der Bestrahlulig - - pn = 7,o7 [9o Min. nach 1,2 HED ....... p~ = %o0 3. 5 Tage vor der Bestrahlung . . . p~ = 7,1o 17o Min. IIach 2,o lIED: ..... pa = 6,76 ~5 Tage nach der Bestrahlulig . . p~ = 6,99 4. 60 Min. vor der Bestrahlung . . . p~ = 7,I7 15o Mill. IIach 2,5 HED ...... p~ 6,8o 5. 90 Min. vor der Bestrahlung . . . p~ = 7,15 14o Min. nach 4,0 HED ...... pH 6,87 6 Tage nach der Bestrahlung pa = 7,1I 6. 16o Mill. vor der Bestrahlung . . p~ = 7,12 2 Tage IIach 4,5 HED ....... Pn 6,92 Selbstversuch. 7. I4~ Min. vor der Bestrahlung . . . p~ = 7,i2 125 Mill. nach i,o HED ...... pa 6,88 ~ = -- O, IO A = - 0,07 A = -- 0,34 A = + 0,23 A = -- o,37 d = -- 0,28 A = + 0,24 A = -- 0,20 A = -- o,24 Die obigen Untersuchungen sprechen mit den Versuchs- resultaten yon ]~SSINGER ulid GYORGu ftir eilien vermehrten Einstrom yon sauren Valenzeli vom Gewebe her in das Blur. Jedenfalls wird diese Annahme, die schon KROETZ U. a. gemacht haben, dutch meille Versuche gesttitzt. Es tritt null im weiteren die Frage auI, wie dieser vermehrte Eill- strom zustande kommt. Zwei M6glichkeitell sind gegeben. Erstens k6nnen in der Zelle H-Iollen oder saure K6rper durch die Bestrahlung frei werden und so derell Konzentra- tionsliiveau gehoben werdeli. Dadurch wtirde, entsprechelld dem stefleren Konzentrationsgefalle, ein vermehrter AbfluB bedingt sein, der seinen Weg tiber die Gewebsfltissigkeit ins Blur filldet und dort die initiale Acidose und Hypokapllie herbeiffihren wtirde. Zweitens aber besteht auch die M6g- lichkeit, dab die Permeabilitgt der Zellmembranen des be- strahlten Gebietes eine t~nderung -- im Sinne einer Durch- lgssigkeitserh6hullg ffir Sgure -- erfahreli hgtte. Dadurch mfiBte ebenfalls eine Hebung des Sgurespiegels sowohl im Blur als auch im Gewebssaft zustalide kommell. Zur Ellt- scheidung, welche dieser beidell M6glichkeiten der Wirklich- keit entspricht, mtigte die H-Iollenkolizentration der Zellen in ihrer Abhgngigkeit yon der Bestrahlung besfimmt werdeli. Im ersten Falle wgre dieselbe gegenfiber der Norm erh6ht, im zweiten Falle dagegen vermindert. Da aber hiertiber vorlgufig Angaben Iehlen, kallll diese Frage nieht entschieden werden. Ffir den ersten Fall gibt es wieder zwei M6glich- keiten: Entweder kann eine vermehrte S~ureproduktion statthaben, z. B. dutch vermehrten EiweiBabbau, oder es k6nnen vorher gebundene S~urevalenzen frei werden. Dies allerdings nicht dutch vermehrte Dissoziafion yon Elektro- lyfen JANITZKY24); sondern wohl eher durch ~iiderullg der IIItensit~t der !ollenadsorpfion an den Zellkolloiden. Ftir den bei der Bestrahlung auftretenden Einstrom saurer Valenzen in das Blut hat KROETZ die Wirkung der Strahlen auf das ZelleiweiB veralltwortlich gemacht, wM~relid er dagegen die Auffassullg hat, dab die iKalium- und Phosphat- verschiebungen im Blur dutch Permeabilit~s~llderuligell der Zellgrenzen zustande kommen. Demgegentiber m6chte ich die Ansicht vertreteli, dab die Acidose des Gewebssaftes und des Blutes auch mit einer Durchl~ssigkeits~llderung der Membranen des bes-trahlten Gebietes erkl~rt werden kann. Ist doch bekannt, dab die EiweiBverschiebullgell nicht aus- reichen, um die Zunahme des Allionendefizits zu deckell. Andererseits sind dutch R6ntgenstrahlen bedingte Permeabili- t~tserh6hungen (ffir H~moglobin und Farbstoffe z. B.) be- kannt und durch meine Ausschl~ge an bioelektrischen Potell- tialdifferenzell ftir Elektrolyte wahrscheinlich gemacht~). Die oben geschilderte Versuchsanordnung ist jedoch IIicht z. B. mit der dorfigen Glaskette zu vergleichen. Wohl is~ sowohl die CRE~XRsche Glaskette wie auch die verwendete Gaskette : Pt-H~ / Gewebssaft [ Haut / KC1-Kalomelelektrode H-ionenreversibel. Dort sind aber die Potentialschwankungen wahrscheilliich bediligt durch Jknderung der Ionenwanderullgs- geschwindigkeiteli u ulld v, w~hrend hier eine Ver~iiderung der Konzentration e ftir die EMK-Schwankung verantwortlich gemacht werden muB. Daftir spricht erstens das AusmaB der Spannullgsdifferenzen. Dort betrugen dieselben maximal 5,5 MV, bei der Gaskette dagegen 23,2 MV im Maximum. Ferner ist der Strahleneffekt an der Glaskette zeitlich mit der Einwirkung identisch, die Potentia]schwankungen der obigen H-Ionenkolizentrafioliskette tiberdauern die Bestrahlung aber auf Tage, so dab eille tielergreifende Ver~nderung an- genommen werden muB. Die Untersuchuligen an der Glas- membran sind Modellversuche, w~hrelld ill unserer Verstfchs- anordnullg die lebenden, mit dem ganzeli K6rper in Zusammen- hang bleibenden Zellen der S~ugetierhaut unter weitgehend physiologischell Bediligullgen dem StrahleneinfluB ausgesetzt wurden. Die Siiuerullg des subcutanen Gewebssaffes is~ eine sekull- d~re humorale Strahlenwirkung. Ihre Ursache dagegen glaube ich ill die Gruppe der frtiher erw~hnten Sekund~ir- wirkungell am Orte der Strahlellabsorption z~hlen zu dtirfell, gleichgtiltig ob es sich dabei um eine Ver~inderulig der EiweiBe, der Ionelladsorptioll oder der Membrallpermeabilitiit handelt. L i t e r a t u r: 1) H6BER, Physikalische Chemie der Zelle und der Gewebe. Leipzig 1924. -- 2) S6RENSEN, Biochem. Zeitschr. 21, 131. 19o9. -- 8) HASSELBALeH, Biochem. Zeitschr. 78, 112. 1916. -- 4) HENDERSEN, Ergebn. d. Physiol. 8, 254. 19o9. -- 5) MICHELIS, Wasserstoffionenkonzentration. Berlin 1922. -- s) LANGE, Americ. journ, of roentgeliol. 3, 35 TM 1916. -- 7) DENIs, MARTIN, ALDRICH, Americ. journ, of the med. sciences 16o, 555. 192o. -- s) GOLDEN, Arch. internat, m6d. 3o, 629. 1922. -- 9) HUSSEY, Journ. of gen. physiol. 4, 5 II. 1922. -- 10) HOLT- HOSEN in MEYERS Lehrbuch 1. Berlin 1925. -- 11) MAHNERT, Klili. Wochenschr. 1922, S. 184o. -- 12) MA~INERT und ZAC~IERL, Strahlentherapie I6, 163. 1923. -- 13) HIRSCH und P~TERSEN, Journ. of %he Americ. med. assoc. 8o, 15o 5. 1923. -- la) KOZ~RICH ulid SCHELLER, Strahlentherapie 18, 263. 1924. -- la) CLOZET, KOFMAN, Cpt rend. des s6alices de la soc. de biol. 91, 946. 1924. -- 16) KROETZ, Biochem. Zeitschr. 151 , 146 und 449. 1924. -- ~7) KROETZ, in Ergebn. d. reed. Strahlenforsch. 2. Leipzig 1926. -- 18) HASSELBALCH, Strahlentherapie 2, 403 . 1913 . -- 10) GY6RGY, Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. 38 , 9. 1923. -- 20) ESSlNGER und GY~SRGY, Biochem. Zeitschr. I49, 344. 1924. -- 21) GANS, Strahlen- 18, 655. 1924. -- 22) LIEBER, Verhandl. d. dtsch. R6ntgen- Ges. 16, 73. 1925- -- ~3) SCHADE, NEUKIRCH ulid HALPERT, Zeitschr. L d. ges. exp. Med. 24, ii. 1921. -- ~4) JANITZKY, Zeitschr. i. Physik 2o, 280. 1923. -- es) LI~CHTI, Biochem. Zeitschr. x7I, 240. 1926. -- ~6) I~OLTA und F(SRSTER, Strahlentherapie 21, 644. 1926. __ gT) GIGAN, Ergebn. d. inn. Ned. u. Kinderheilk. 3 o. 1926. -- 2s) GIGAN und L~DlZq Festschrift Sahli 1926. -- eg) LAPATSANIS, S~rahlentherapie 2a, 485 . 1926. NEUE FORSCHUNGSERGEBNISSE iJBER DIE VER- BREITUNG DER TUBERKULOSE UND IHRE BE- DEUTUNG FOR DIE TUBERKULOSEVERHUTUNG IN DER PRAXIS. Von Prof. BRUNO LANGE, Berlin. Abteilungsleiter im Insfitut ,,Robert Koch". ES unterliegt keinem Zweifel, dab die Abwehr der Tuber- kuloseansteckung naeh Art und Umfalig sehr wesentlich abh~iigt yon unseren Anschauungen fiber die Verbreitungs- weise dieser Seuche. So mu2 jeder, der in der Frage der Verbreitungsweise 6ffentlich Anschauungen vertritt, die yon den bisher herrschenden nach irgendeiner Richtung hin abweichen, sich auch der Auswirkung seilier Ideen in der Praxis roll bewugt sein. Sind diese neuen Aiischauungen IIicht durch hinreichendes Beweismaterial gesttitzt, so ent- steht die groBe Gefahr, dab in den Tuberkulosekampf Ver- wirrung hi neingetragen, ja vielleicht solchen neuen Vor- stellungen zu]iebe der alte, in mancher Beziehulig praktisch bew~hrte Weg der Tuberkuloseabwehr ganz oder teilweise aufgegeben wird. Aus meinen und meiner Mitarbeiter Untersuchuligen tiber die IIIfektioliswege der Tuberkulose habe ich nun Schltisse

Neue Forschungsergebnisse über die Verbreitung der Tuberkulose und Ihre Bedeutung Für die Tuberkuloseverhütung in der Praxis

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8. OKTOBER I926 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 5. J A H R G A N G . N r . 41 1 9 1 3

Kaninchenversuche.

i. 3 ~ Min. vor der Bestrahlung �9 �9 . pa = 7,o9

12o Mill. IIach 1,5 lIED . . . . . . p~ 6,99

2. 35 Min. vor der Bestrahlulig �9 - - pn = 7,o7

[9o Min. nach 1,2 HED . . . . . . . p~ = %o0

3. 5 Tage vor der Bestrahlung . . . p~ = 7,1o

17o Min. IIach 2,o lIED: . . . . . pa = 6,76

~5 Tage nach der Bestrahlulig . . �9 p~ = 6,99

4. 60 Min. vor der Bestrahlung . . . p~ = 7,I7 15o Mill. IIach 2,5 HED . . . . . . p~ 6,8o

5. 90 Min. vor der Bestrahlung . . . p~ = 7,15

14o Min. nach 4,0 HED . . . . . . pH 6,87

6 Tage nach der Bestrahlung �9 �9 �9 pa = 7,1I

6. 16o Mill. vor der Bestrahlung . . p~ = 7,12

2 Tage IIach 4,5 HED . . . . . . . Pn 6,92

Selbstversuch.

7. I4~ Min. vor der Bestrahlung . . . p~ = 7,i2 125 Mill. nach i ,o HED . . . . . . pa 6,88

~ = -- O, IO

A = - 0,07

A = -- 0,34

A = + 0,23

A = -- o,37

d = -- 0,28

A = + 0,24

A = -- 0,20

A = -- o,24

Die ob igen U n t e r s u c h u n g e n sp rechen m i t den Versuchs- r e s u l t a t e n y o n ]~SSINGER ulid GYORGu ftir eil ien v e r m e h r t e n E i n s t r o m yon s a u r e n Valenzel i v o m Gewebe he r in das Blur . J edenfa l l s wi rd diese A n n a h m e , die schon KROETZ U. a. g e m a c h t h a b e n , d u t c h meil le Ver suche gest t i tz t . Es t r i t t nu l l i m we i t e r en die F r a g e auI, wie dieser v e r m e h r t e Eill- s t r o m z u s t a n d e k o m m t . Zwei M6gl ichkei te l l s ind gegeben. E r s t e n s k 6 n n e n in de r Zelle H- Io l l en oder saure K 6 r p e r d u r c h die B e s t r a h l u n g frei we rden u n d so derell K o n z e n t r a - t ions l i iveau gehoben werdeli . D a d u r c h wtirde, en t sp reche l ld d e m stef leren Konzen t r a t ionsge fa l l e , ein v e r m e h r t e r AbfluB b e d i n g t sein, de r se inen Weg t iber d ie Gewebsf l t iss igkei t ins B l u r f i l ldet u n d d o r t die in i t i a le Acidose u n d Hypokap l l i e he rbe i f f ih ren wtirde. Zwei tens abe r b e s t e h t a u c h die M6g- l ichkei t , d a b die P e r m e a b i l i t g t de r Z e l l m e m b r a n e n des be- s t r a h l t e n Gebie tes e ine t~nde rung - - im Sinne e iner Durch - lgss igke i t se rh6hul lg ffir Sgure - - er fahrel i hg t t e . D a d u r c h mfiBte ebenfa l l s e ine H e b u n g des Sgurespiegels sowohl im B l u r als a u c h i m Gewebssa f t zus ta l ide kommel l . Zu r El l t - scheidung, welche dieser beidel l M6gl ichke i t en de r Wi rk l i ch - ke i t en t sp r i ch t , m t ig t e die H - I o l l e n k o l i z e n t r a t i o n de r Zel len in ih re r A b h g n g i g k e i t yon de r B e s t r a h l u n g b e s f i m m t werdeli . I m e r s t en Fal le wgre dieselbe gegenf iber der N o r m e rh6h t , im zwei ten Fa l le dagegen v e r m i n d e r t . D a abe r h ie r t iber vor lguf ig A n g a b e n Iehlen, kalll l diese F r a g e n i e h t en t sch i eden werden . Ff i r den e r s t en Fa l l g ib t es wieder zwei M6glich- ke i t en : E n t w e d e r k a n n eine v e r m e h r t e S~ureproduktion s t a t t h a b e n , z. B. d u t c h v e r m e h r t e n E iwe iBabbau , oder es k 6 n n e n v o r h e r g e b u n d e n e S~ureva lenzen frei werden . Dies a l le rd ings n i c h t d u t c h v e r m e h r t e Dissoz iaf ion yon E lek t ro - l y f e n JANITZKY24); s o n d e r n wohl eher d u r c h ~ i ide ru l lg der I I I t ens i t~ t de r !o l l enadso rp f ion a n den Zel lkol loiden.

F t i r den bei der B e s t r a h l u n g a u f t r e t e n d e n E i n s t r o m saure r Va lenzen in das B l u t h a t KROETZ die W i r k u n g de r S t r a h l e n au f das ZelleiweiB ve r a l l t w or t l i ch gemach t , wM~relid er dagegen die Auffassul lg ha t , d a b die iKalium- u n d P h o s p h a t - v e r s c h i e b u n g e n im B lu r d u t c h P e r m e a b i l i t ~ s ~ l l d e r u l i g e l l der Ze l lg renzen z u s t a n d e k o m m e n . Demgegen t ibe r m 6 c h t e ich die A n s i c h t ver t re te l i , d a b die Acidose des Gewebssaf tes u n d des B lu tes a u c h m i t e iner Durch l~ss igke i t s~ l lde rung der M e m b r a n e n des bes- t rahl ten Gebie tes e rk l~ r t we rden k a n n . I s t doch b e k a n n t , d a b die EiweiBverschiebul lge l l n i c h t aus- re ichen, u m die Z u n a h m e des Al l ionendef iz i t s zu deckell . Andere r se i t s s ind d u t c h R 6 n t g e n s t r a h l e n bed ing t e Permeab i l i - t ~ t s e r h 6 h u n g e n (ffir H ~ m o g l o b i n u n d Fa rbs to f f e z. B.) be- k a n n t u n d d u r c h me ine Ausschl~ge a n b ioe lek t r i schen Pote l l - t ia ldifferenzel l ftir E l e k t r o l y t e wahr sche in l i ch g e m a c h t ~ ) .

Die oben geschi lder te V e r s u c h s a n o r d n u n g i s t j edoch IIicht z. B. m i t der dor f igen G la ske t t e zu vergle ichen. W o h l is~ sowohl die CRE~XRsche G la ske t t e wie a u c h die v e r w e n d e t e G a s k e t t e :

Pt -H~ / Gewebssa f t [ H a u t / KC1-Kalomele lek t rode

H- ionenrevers ibe l . D o r t s ind abe r die P o t e n t i a l s c h w a n k u n g e n wahrsche i l l i i ch bed i l ig t d u r c h Jknderung der Ionenwande ru l l g s - geschwindigke i te l i u ul ld v, w ~ h r e n d h ie r eine Ver~ i ide rung

de r K o n z e n t r a t i o n e ftir die E M K - S c h w a n k u n g v e r a n t w o r t l i c h g e m a c h t werden muB. Daf t i r sp r i ch t e r s tens das AusmaB der Spannul lgsd i f fe renzen . D o r t b e t r u g e n d iese lben m a x i m a l 5,5 MV, be i der G a s k e t t e dagegen 23,2 MV im M a x i m u m . F e r n e r is t der S t r a h l e n e f f e k t a n der G la ske t t e zei t l ich m i t de r E i n w i r k u n g ident i sch , die P o t e n t i a ] s c h w a n k u n g e n de r obigen H - I o n e n k o l i z e n t r a f i o l i s k e t t e t i be rdaue rn die B e s t r a h l u n g abe r au f Tage, so d a b eille t i e l e rg re i f ende V e r ~ n d e r u n g an- g e n o m m e n w e r d e n muB. Die U n t e r s u c h u l i g e n a n der Glas- m e m b r a n s ind Model lversuche , w~hre l ld ill unse re r Verstfchs- a n o r d n u l l g die lebenden , m i t d e m ganzel i K 6 r p e r in Z u s a m m e n - h a n g b l e i b e n d e n Zellen de r S ~ u g e t i e r h a u t u n t e r we i tgehend physiologischel l Bedi l igul lgen d e m St rah lene in f luB ausgese t z t wurden .

Die Si iuerul lg des s u b c u t a n e n Gewebssaf fes is~ eine sekull- d~re h u m o r a l e S t r a h l e n w i r k u n g . I h r e Ur sache dagegen g laube ich ill die G r u p p e der f r t iher e r w ~ h n t e n Sekund~ir- wi rkunge l l a m Or te der S t r a h l e l l a b s o r p t i o n z~hlen zu dtirfell, gleichgti l t ig ob es sich d a b e i u m eine Ver~inderul ig de r EiweiBe, de r Ione l ladsorp t io l l oder der M e m b r a l l p e r m e a b i l i t i i t h a n d e l t .

L i t e r a t u r: 1) H6BER, Physikalische Chemie der Zelle und der Gewebe. Leipzig 1924. -- 2) S6RENSEN, Biochem. Zeitschr. 21, 131. 19o9. -- 8) HASSELBALeH, Biochem. Zeitschr. 78, 112. 1916. -- 4) HENDERSEN, Ergebn. d. Physiol. 8, 254. 19o9. -- 5) MICHELIS, Wasserstoffionenkonzentration. Berlin 1922. -- s) LANGE, Americ. journ, of roentgeliol. 3, 35 TM 1916. -- 7) DENIs, MARTIN, ALDRICH, Americ. journ, of the med. sciences 16o, 555. 192o. -- s) GOLDEN, Arch. internat , m6d. 3o, 629. 1922. -- 9) HUSSEY, Journ. of gen. physiol. 4, 5 II . 1922. -- 10) HOLT- HOSEN in MEYERS Lehrbuch 1. Berlin 1925. -- 11) MAHNERT, Klili. Wochenschr. 1922, S. 184o. -- 12) MA~INERT und ZAC~IERL, Strahlentherapie I6, 163. 1923. -- 13) HIRSCH und P~TERSEN, Journ. of %he Americ. med. assoc. 8o, 15o 5. 1923. -- la) KOZ~RICH ulid SCHELLER, Strahlentherapie 18, 263. 1924. -- la) CLOZET, KOFMAN, C p t rend. des s6alices de la soc. de biol. 91, 946. 1924. -- 16) KROETZ, Biochem. Zeitschr. 151 , 146 und 449. 1924. -- ~7) KROETZ, in Ergebn. d. reed. Strahlenforsch. 2. Leipzig 1926. -- 18) HASSELBALCH, Strahlentherapie 2, 403 . 1913 . -- 10) GY6RGY, Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. 38 , 9. 1923. -- 20) ESSlNGER und GY~SRGY, Biochem. Zeitschr. I49, 344. 1924. -- 21) GANS, Strahlen- • 18, 655. 1924. -- 22) LIEBER, Verhandl. d. dtsch. R6ntgen- Ges. 16, 73. 1925- -- ~3) SCHADE, NEUKIRCH ulid HALPERT, Zeitschr. L d. ges. exp. Med. 24, i i . 1921. -- ~4) JANITZKY, Zeitschr. i. Physik 2o, 280. 1923. -- es) LI~CHTI, Biochem. Zeitschr. x7I, 240. 1926. - - ~6) I~OLTA und F(SRSTER, Strahlentherapie 21, 644. 1926. __ gT) GIGAN, Ergebn. d. inn. Ned. u. Kinderheilk. 3 o. 1926. - - 2s) GIGAN und L~DlZq Festschrift Sahli 1926. - - eg) LAPATSANIS, S~rahlentherapie 2a, 485 . 1926.

N E U E F O R S C H U N G S E R G E B N I S S E i J B E R DIE V E R - B R E I T U N G D E R T U B E R K U L O S E U N D I H R E BE- D E U T U N G F O R D I E T U B E R K U L O S E V E R H U T U N G

IN D E R P R A X I S .

Von

P ro f . BRUNO LANGE, Be r l i n . Abteilungsleiter im Insfitut ,,Robert Koch".

ES u n t e r l i e g t k e i n e m Zweifel, d a b die A b w e h r de r Tube r - k u l o s e a n s t e c k u n g n a e h A r t u n d Umfa l ig sehr wesen t l i ch abh~ i ig t yon u n s e r e n A n s c h a u u n g e n fiber die V e r b r e i t u n g s - weise dieser Seuche. So m u 2 jeder , der in der F r a g e der Verb re i tungswe i se 6f fent l ich A n s c h a u u n g e n ve r t r i t t , die yon den b i she r h e r r s c h e n d e n n a c h i rgende ine r R i c h t u n g h in abweichen , s ich a u c h der A u s w i r k u n g seilier I d e e n in der P rax i s r o l l b e w u g t sein. S ind diese n e u e n A i i s c h a u u n g e n IIicht d u r c h h in r e i chendes Bewe i sma te r i a l gest t i tz t , so en t - s t e h t die groBe Gefahr , d a b in den T u b e r k u l o s e k a m p f Ver- w i r rung h i ne inge t ragen , ja v ie l l e ich t so lchen n e u e n Vor- s t e l lungen zu]iebe der alte, in m a n c h e r Bez iehul ig p r a k t i s c h b e w ~ h r t e W e g de r T u b e r k u l o s e a b w e h r ganz oder tei lweise au fgegeben wird.

Aus m e i n e n u n d m e i n e r M i t a r b e i t e r U n t e r s u c h u l i g e n t iber die IIIfektioliswege der Tube rku lo se h a b e ich n u n Schltisse

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gezogen, die yon der bisherigen Anschauung stark abweichen. Nach meiner l~berzeugung ist die bei weitem wiehtigste ~ber- tragungsart der Tuberkulose die Staubin]ektion, welche yon getrockneten Auswur/resten und den fiberallhin verstreuten und schnell trocknenden bacillenhaltigen Hustentr6pjchen ausgeht. Nicht nu t ist in der Praxis die Gelegenheit zu Staub- infektionen sehr hi~u/ig gegeben, diese Infekfion ist auch

�9 besonders geJ(~hrlich, weil die 13acillen direkt in da s empf~ng- lichste Organ ffir die Tuberkuloseinfektion, die Lungen, eingeatmet werden. Demgegenfiber t r i t t die Nahrungs- mi t te l - und Kontakt infekt ion an 13edeutung zurfick. Ob die Tr6pfeheninfektion im Sinne FLOGGF.S (direkte E ina tmung der ]rischen Tr6pfehen in die Lungen) praktiseh eine beaehtens- werte Rolle spielt, ist nach den bis heute vorliegenden ex- perimentell-hygienischen und epidemiologischen Erfahrungen zweiJelha]t.

Solche Ergebnisse bedeuten, wie STRAUSS vor kurzem hervorgehoben hat, einen Angriff auf alte, scheinbar gesicherte Kenntnisse und ,,mfissen ihre Auswirkung in Jkrzte- und .Laienkreisen schwer gef~hrden". Ahnliche Einw~nde habe ich im AnschluB an meine Vortr~ge i n G6ttingen und in Dfisseldorf auch yon anderer Seite geh6rt.

Die 13edenken richten sieh haupts~chlich gegen die prak- tische Auswirkung meiner Ansicht fiber die TrSp/chenin]ektion. Nan fiirchtet, um es kurz zu sagen, daft meine Geringsch~tzung der TrSpfchenin]ektion in der Praxis zu einer Lockerung des Anhusteverbots lighten kSnne.

Nun wi rd zwar, davon b in ich fiberzeugt, die aufmerk- same Durchsicht meines Dfisseldorfer Berichtes*) zeigen, wie wenig die yon rnir vorgetragenen Anschauungen zu solchen ffir die Praxis der Tuberkulosebek~mpfung, ja der SeuchenbekS.mpfung fiberhaupt, sicher verderblichen Schlul3- Iolgerungen berechtigen. Es ist indessen der Tuberkulosearzt, vor allem aber die grol3e Zahl der praktischen Arzte ohne Fachausbfldung, auf deren Mitwirkung wir bei der Be- kXmpfung der Tuberknlose in hohem Maf3e angewiesen sind, nicht immer in der Lage, Ergebnisse wissenschaftlich ex- perimenteller Forschung richtig zu deuten; man h~ilt sich weniger an die 13egriindung der vorgetragenen Ansichten als an das SchluBergebnis. Mit 1Rficksicht hierauf halte ich eine kurze Auseinandersetzung fiber die oben angeffihrten 13edenken Ifir dringend geboten.

Ich habe stets hervorgehoben, dab auch die yore Phthis~ker ausgehusteten, bacillenhaltigen TrSp]ehen eine recht gef~hrliche Infektionsquelle darstellen k6nnen, weil ihre Verstreuung sich jeder Kontrolle entzieht, die Tr6pfchen yon den verschie- densten yon ihnen verunreinigten G egenstfinden nach dem Trocknen leicht zur Abl6sung gebracht werden und als feinster bacillenhaltiger Staub in die Luft fibergehen. 13elm Anhusten wird der Gesunde nun seitens des Kranken mit solchen Tr6p~chen fiberschfittet, er ist also der hohen An- steckungsgefahr seitens der yon seiner Kleidung, seinem Kopfhaar usw. anffliegenden Tuberkelbacillen ausgesetzt, Kinder wohl manehmaI noch durch ]rische Tr6pfchen, die auf die SchleimhXute des Kopfes gelangen und unter be- schr~tnkten 13edingungen yon hier aus infizieren. Aber nicht nur der Angehustete selbst, sondern auch andere Personen, die rnit ibm in Berfihrung kommen, werden gelegentlich dnrch den Staub seiner Kleidung infiziert werden k6nnen, ohne selbst jemals mit einem Phthisiker verkehrt zu haben.

AuI Grund solcher Vorstellungen muff ich unbedingt da[i~r eintreten, daft das Anhusten Gesunder dutch Kranke unter allen Umstdnden zu vermeiden ist. Bei der 13ewertung des Arihusteverbotes ist aber zu beriicksichtigen, dab im Gegen- satz zur Tr6pfcheninfektion die Staubinfektion nicht au[ den Nahverkehr mit Schwindsi~chtigen beschr~nkt ist. ~ei ihr kommt vielmehr aueh eine Verbreitung der 13acillen dutch die Wohnung und durch allerlei vain Kranl~en inJizierte Gegen- stdinde ganz wesentlich mit in Betracht.

Hieraus geht hervor, dab wit der Staubinfektion gegen- fiber viel umJassendere Fi~rsor.~emafl~ahraen zu treffen haben.

*) Der Bericht erscheint demn~chst in den Beitr. z. Kiln. d. Tuberkul.

K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 5. J A H R G A N G . Nr. 41 8. OKTOBER I926

Allerdings muB der Erfolg solcher MaBnahmen, auch dies ergibt sich aus dem Gesagten, in mancher Hinsicht yon vorn- herein zweifelhaft erscheinen.

Wohl werden die meisten Kranken dutch hygienische 13elehrung dazu gebracht werden k6nnen, dab sie ihre Um- gebung wenigstens nicht mit groben Sputummassen verun- reinigen, und hiermit ist gewiB schon sehr vieI gewonnen. Wie wollen wir aber. z. 13. verhindern, dab yon kleinsten, an t3art, Kleidung, Tasehentfiehern verschmierten Auswurfresten Keime in die Luft fibergehen ? Wie kann vermieden werden, dab eine gleiehe Verst~ubung sich vollzieht yon bacillen- haltigen TrSpfchen, die die phthisische Mutter oder Pfiegerin t~glieh fiber /3ett und Spielzeug des Kindes verstreut ?

Ich muB gestehen, dab ich es Ifir unmSglieh halte, diese unheimliche Art der Kontagiumverbrei tung ganz zu ver- hindern.

Wenn bis heute, trotz jahrzehntelanger gewaltiger Kraft- anstrengung, es nieht gelungen ist, die Tuberkulose,(erseuchung des Volkes merklich einzusehr~nken, so m6chte ich diesen Umstand weniger darauf zuriickffihren, dal3 wir bisher dieser heimtichen Verbreitung der Tuberkulose zu wenig Beachtung geschenkt haben, als vielmehr in erster Linie ihn erkl~iren aus den grofien Schwierigkeiten, solcher In]ektionen Herr zu werden.

Mit vollem 1Recht sind KinderXrzte, Hygieniker und Tuberkulosefiirsorge~rzte immer wieder daffir eingetreten, alle besonders ge]iihrlichen baeillenverstreuenden Phth~siker in Krankenhgusern zu isolieren, oder, wo dies nicht ang~ngig ist, wenigstens die besonders bedrohten Kinder aus dem tuber- kul6sen Mil ieu ganz zu entfernen. Mi t Ri~cksicht au[ die hohen Gefahren der Staubin]ektion scheint mir dieser Weg noch der einzige, der sicheren ErJolg verspricht. Durch Isoliernng eines gef~.hrlichen 13acillenstreuers innerhalb seinerFamilie Infektion zu verhfiten, ist nach meiner Ansieht unnl6glich.

Nun w~re aber niehts verkehrter, als wollte man dort, wo die ideale Forderung nicht zu erftillen ist, ]eden Kamp] als yon vornherein aussichtslos ablehnen. Es ist richtig, wir k6nnen dann wohl die In]ektion meistens nicht verhindern, aber ebenso deutlich scheint mir besonders auch aus den neueren Untersuchungen yon POLLAK, KOX~FLER, IREDnK~R, ErFLER, t~RAEUNING und seinen Mitarbeitern*) herv0rzugeh6n, dab wir dureh unsere Exposifionsprophylaxe innerhalb des verseuchten Milieus wenigstens massive und sich o/t wieder- holende Infektionen einschrSmken und hierdurch, neben unseren auf die Disposition geriehteten MaBnahmen dazu beitragen k6nnen, die Zahl der Erkrankungen nnd der Todes- ]5lIe an Tuberkulose, haupts~chlich der Kinder, betr/tdltlich herabzumindern.

In weleher Weise die Ansteekungsverhfitung nun gerade gegeni~ber der yon Meinsten Sputumresten oder angetrockneten HustentrSpJchen ausgehenden GeJahr zu geschehen hat, daf~ber mfissen praktische Erw~gungen den Ausschlag geben.

BRA~VNING gibt in seiner Arbeit ,,Die Ansteckung mit Tuberkulose und ihre Verhfitung" schon beaehtenswerte Vorschl/ige auch naeh dieser Richtung hin. Was die In- fektionsgefahr seitens der Tr6pfchen betri~ft, so muB nach meiner l~berzeugung unbedingt der Versuch gemacht werden, den baeillenhustenden Phthisiker zu veraniassen, nicht nut im Nahverkehr mit Gesunden, sondern grundsi~tzlich beim I tusten die Hand vor den Mund zu halten. Es scheint mir immer noch leichter und wirksamer, die Ausstreuung des Kontagiums zu verhindern, als das ansgestreute Kontagium unsch/~dlieh zu machen.

Wir sind heute noch nieht so weir, schon Verhaltungs- maBregeln in dieser Hinsicht zu empfehlen, die sich in der Praxis bew~hrt haben. Ich gehe deshalb absichtlich auf Einzelheiten nicht n~ther ein. Eine Bemerkung scheint mir aber noch notwendig.

Die yon FLOGGE und ttIPPKE vorgeschlagene Ermit t lung der Verstreuung bacillenhaltiger Tr6pfchen halte ich nut /i~r Ausnahme]i~lle ffir angezeigt, z. ]3. wenn man, wie bei

*) Literatur siehe BRAEUNING.

Page 3: Neue Forschungsergebnisse über die Verbreitung der Tuberkulose und Ihre Bedeutung Für die Tuberkuloseverhütung in der Praxis

8.. OKTOBER 1926 K L I N I S C H E W O C H E N S C H

Kindern , ke in Sputum zur Untersuchung bekommt. Ihre allgemeine Anwendung wfirde eine unn6tige Belastung der Organe bedeuten, die mit der Tuberkuloseffirsorge betraut sind. Was die Auffassung FL/2GGES betrifft: ,,erst die -Tr6pfchenverstreuer sind besonders zu ftirchten; die fibrigen k6nnen, bei einiger Vorsich~c in bezug auf ihren Auswurf, ~ber t ragungen sehr leicht vermeiden", so m6chte ich dringend wi~nschen, dab diese Ansicht nicht in der Praxis Boden gewinnt. FLI[IGGE selbst hat an anderer Stelle ge/iuBert: ,,Zu dieser gef~hrlicheren Kategorie yon St~ubchen geh6ren namentlich auch die Sputumreste, die an Kleider gewischt und an diesen angetrocknet sind; bier ist das Eintrocknen ein sehr voll- st~ndiges und zu feinstem Zerreiben geben die Hantierungen reichlichen AnlaB." Und eine Verschleppung von kleinsten Auswurfresten ist eben nicht ,,bei einiger ~rorsicht" zu ver- meiden.

In der PraMs mug nach meiner Auffassung fiber die Verbreitungswege der Bacillenbe/und im Sputum als Grund- lage ffir unser Handeln gelten; in ~hnlichem Sinne haben sieh aueh andere, z. ]3. KOEFFLER und BRAEuNING, schon aus- gesprochen. Noeh mehr a l s dies bisher geschehen ist, muB aber die Menge der Bacille~ im Auswur/ beriicksichtigt werden. Auch die Erfahrungen des Tierexperiments zeigen ja, wie ich in Dfisseldorf hervorgehoben babe, im Einklang zu unseren Erfahrungen aus der Praxis, dab ernste Infektions- gefahr nur yon bacillenre~chem Sputum ausgeht.

Wir sind gerade in der heutigen Zeit gezwungen, n~it unseren MaBnahmen der Tuberkulosebek~mpfung ~tuBerst haush~lterisch und vorsichtig umzugehen. Sammeln wir unsere Energie dort, wo der Feind am st~rksten ist und der Kampf die gr6Bten Opfer fordert und versuchen wir in erster Linie diejenigen Phthisiker unsch/idlich zu machen, welche dauernd zahlreiche Bacillen mit ihrem Auswur/ verstreuen. Diese sind schon dutch ihren Auswurf ffir ihre Umgebung gef~hrlich genug, werden es nicht erst durch die b a c i l l e n - haltigen Tr6pfchen, welche e in Teil yon ihnen zeitweilig aushustet. Treffen wir solchen Kranken gegenfiber aber auch die um/assendsten MaBnahmen; MaBnahmen, die selbstver- sti~ndlich die Tr6p]chenausstreuung mit ergrei/en mi~ssen, gleichgfiltig ob eine solehe in dem einzelnen Fall nachgewiesen worden ist oder nicht.

Meine Ausffihrungen haben, wie ich hoffe, gezeigt, dab mir nichts Ierner liegt, als alte, bew~hrte Verfahren der Tuberkulosebek~mpfung in 5liBkredit zu bringen. Was ich anstrebe, ist lediglich eine Erweiterung unserer prophylak- tischen MaBnahmen, unter Berficksiehtigung der neuen Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der Tuberkulose- verbreitung.

L i t e r a t u r : [[~RAEUNING, Die Ansteckung mit Tuberkulose und ihre Verhfltung. Tuberkul.-Bibliothek, Beihefte z. Zeitschr. f. Tuberkul. 1925, Nr. 22. -- FLOGGE, Die Verbreitungsweise und Be- k~mpfung der Tuberkulose. Leipzig 19o8 ; Zeitschr. f. TuberkuI. 34, 212. 1921. -- HIP~KE, Zeitschr. f. Hyg. 93, 122. 1921. -- ROBERT KOCH, Dtsch. reed. Wochenschr. 19o6, S. 89. -- ]3. LARGE, Zeitschr. f. Hyg. x03, I. 1924; I06, I. 1926. -- 13. LANGE U. KESC~ISCHIAN, Ebenda io4, 256. i925. -- B. LANGE u. NOWOSELSKu Ebenda 104, 286. 1925. -- W: STRAUSS, Ebenda i05 , 416. 1925.

DIE RONTGENDIAGNOSTIK DES ULCUS DUODENI UNTER BESONDERER BERUCKSICHTIGUNG DER DIREKTEN SYMPTOME UND SCHILDERUNG DER IM STADTISCHEN RONTGENINSTITUT GEHAND-

HABTEN UNTERSUCHUNGSTECHNIK. V o n

Dr. WILHELM N6LKE, Sekund~lrarzt am StXdtischen R6ntgen- und Lichtinstitut BiirgerllospffaI K61n.

(Leiter: Prof. Dr. GRAESSNER ).

Die groBe Zahl der erst in den letzten Jahren erschienenen Ver6ffentlichungen fiber die R6ntgendiagnostik des Ulcus duodeni beweisen uns einerseits , wie sehr dieselbe im Vorder-

R I F T . 5. J A H R G A N G . Nr. 4~ I 9 I 5

grund des Interesses steht, zumal es noch immer Autoren gibt, die zwar nicht mehr so sehr die r6ntgenologische Ulcus- duodenidiagnostik kritisch, sondern die verschiedenen Me- thoden und Symptome beinahe abf~llig als wenig zuverl~tssig und deshalb mehr oder weniger unn6tig betrachten; anderer- seits beweisen gerade sie die Schwierigkeiten der R6ntgen- diagnostik des Duodenums Ifir den Nichtspezialisten. Dieses ist ja auch erkl~rlich, denn die r6ntgenologische Methodik stellt so spezielle Forderungen an ihre Ausfiber, dab ein voll- wertiges r6ntgenologisches K6nnen, unter den jetzigen Ver- h~tltnissen we~aigstens, nicht l?;igentum aller Arzte sein kann. Darum erscheint es uns berechtigt, fiber die Entwicklung und den derzeitigen Stand der R6ntgendiagnostik des Ulcus duodeni unter Begrtiudung der Ablehnung der indirekten Symptome ausffihrlich auf Grund der Erfahrungen eines groBen Untersuchungsmateriales des St~dt. R6ntgen- und Lichtinstitutes zu berichten, bei dem systematiseh die direk- ten Bulbussymptome meist unter Anwendung yon Serien- aufnahmen, die als solche allein ffir die Stellung der Diagnose maBgebend waren, benutzt wurden. Die Schwierigkeit dieses Untersuchungsgebietes war ein Hauptgrund mit ftir die ver- h/~ltnismSA3ig sp~te Entwicklung der r6ntgenologischen Duo- denaldiagnostik, die ferner aber auch fiberhaupt auf die relative Unkenntnis des Utcus duodeni zurfickzuffihren war.

Das Verdienst, auf das h~ufige Vorkommen des Ulcus duodeni hing~wiesen z u haben, gebfihrt den Amerikanern. Besonders das grof3e Magenoperationsmaterial der Mayoschen Klinik brachte zur Erkenntnis, dab es sich bei einem grol3en Teil der frtiher nur mit klinischen Hilfsmitteln als Ulcus ven- triculi diagnostizierten Magenerkrankungen in Wirklichkeit um Duodenalgeschwfire handelt. Die im letzten Jahrzehnt zunehmende operative Behandlung der Magenulcera in Deu;schland hat dann auch hier dem Ulcus duodeni die Be- deutung zugewiesen, die es nach H/~ufigkeit, Beschwerden und Gefahren verdient.

Bezfiglich der H~ufigkeit der Magen- und Duodenal- tflcera soll nur kurz die eigentfimliche Beobaehtung in der Literatur erw~hnt werden, dab die Befunde der Pathologen und der Chirurgen und auch die Befunde unseres Inst i tuts zum Teil sehr divergieren. Um nur einige Zahlen zu nennen, entnehmen wir aus der Arbeit GRUBERS, dab HART ilmerhalb 7 Jahren voi1 3058 Leiehen 5,3% positive Befunde y o n Duodenalaffektionen gegenfiber 6,9% positiven Befunden yon Magenulcera gefunden hat und GRUBER selbst bei 30o0 Sek- tionsbefunden 2,2% Duodenalerkrankungen und 4% Magen- geschwfirskranke gegenfiberstellen konnte; oder die Zahlen von ]~WALD-BIER, die zu den Extremen gelangten, 1 : 4 6 und 5 : I . Demgegenfiber lauten die entsprechenden Prozent- zahlen aus der Chirurg. Klinik, Prof. FRANGENHEIM, Bfirger- hospital, ffir das vorletzte Jahr 2,3 : i.

Ffir unser R6ntgeninst i tut lautet die Statistik in der- selben Zeit IolgendermaBen: 153 Ulc. duodeni, davon 123 M~nner, 30 Frauen; 213 Ulc. ventriculi, davon 158 M~nner, 55 Frauen. Demnach verhalten sich die Ulcera duodeni zum Ulcus ventrieuli bei uns wie I : 1,8.

Die Entwieklung der R6ntgencliagnostik des Magens und des Darms ist heute allgemein bekannt, so dab sie nicht mehr an dieser Stelle er6rtert zu werden braucht.

So!ange man lediglich auf Grund yon R6nigenaufnahmen des Magens Diagnosen stellte, war man gezwungen, auf Affek- tionen des Zw61ffingerdarmes aus sog. indirekten Symptomeu zu schliel3en, d. h. man mul3te eine mehr oder minder sichere Wahrscheinlichkeitsdiagnose auf Fernsymptome aufbauen, die sieh aus pathologischen Ver~nderungen des Magenbildes nach Lage, Form, Gr6Be, Verschieblichkeit u. a. gleich un- sicheren Erscheinungen herleiten lieBen. Da aber diese ab- aormen Magenerscheinungen bei den versehiedenen Erkran- kungen des Abdomens, besonders aber aueh bei verschiedenen neurogenen Erkrankungen des Verdauungskanals auftreten k6nnen, waren Fehldiagnosen bei Llbersch~tzung einzelner Fernsymptome unausbleiblich. Heute ist di e sog. indirekte