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Neue Gruppe NACHRICHTEN Inhalt Implantologie Dr. Dr. Knud Schuppan Tinnitus Dr. Jürgen Bretthauer Praxisfortbildung Dr. Hans-Henning Ohlrogge Forum NEUE GRUPPE Dr. Klaus Haberkorn GOZ vice versa GOÄ Dr. Eckhard Jacobi Personalia 5 O) .SSL i u_ m *-* 05 Editorial Die meisten Mitglieder der NEUEN GRUPPE sind freundschaftlich verbun- den. Diese Verbundenheit resultiert aus dem Respekt vor der anderen Person, aus dem jahrelangen gemeinsamen beruflichen Weg und aus unzähligen, fruchtbringenden Diskussionen. Unser Zusammengehörigkeitsgefühl wird von Außenstehenden oft mit Bewunde- rung, aber auch oft mit Neid registriert. Jan Lindhe sagte mir vor ein paar Jahren, daß er gerne zur NEUEN GRUPPE komme, weil er unsere tiefe, integrierende Freundschaft schätzt. Nach unserem gemeinsamen Auftreten auf der letztjährigen DGZMK-Mitgliederversammlung habe ich hingegen aus dem Lager der deutschen Hochschullehrer nicht nur positive Kom- mentare entgegennehmen dürfen. Viele Mitglieder der NEUEN GRUPPE, und nicht nur die soge- nannten Gründungsmitglieder, haben ihre aktive berufliche Tätigkeit beendet oder denken daran, sie zu beenden. Wenn die NEUE GRUPPE 100 Mitglieder hat, so wird sie jedes Jahr 100 Jahre älter. Auch wenn wir jedes Jahr 4-5 neue Mitglieder auf- nehmen würden, die 10-15 Jahre unter dem Durchschnittsalter liegen, so würde das an dem vorgezeichneten Weg nichts ändern. Wir würden die Eigendynamik unserer Vereinigung aufs Spiel setzen, wenn wir auf die bewußte und gezielte Integrierung jün- gerer Kollegen verzichten würden. Meines Erachtens würden wir auch unfair agieren gegenüber unseren jüngeren Mitglie- dern, die doch oft mit großen Erwartungen beigetreten sind. Unser Ziel bleibt also, den Bekanntheitsgrad der NEUEN GRUPPE zu steigern durch Öffentlichkeitsarbeit, so wie sie in der Klausurtagung des erweiterten Vorstands in Sindelfingen definiert wurde. BOB JACOBY .Neue Gruppe.

NEUE GRUPPE NEWS - Heft 04 - Frühjahr 1994

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TRADITION+INNOVATION

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Neue GruppeNACHRICHTEN

InhaltImplantologieDr. Dr. Knud Schuppan

TinnitusDr. Jürgen Bretthauer

PraxisfortbildungDr. Hans-Henning Ohlrogge

ForumNEUE GRUPPEDr. Klaus Haberkorn

GOZ vice versa GOÄDr. Eckhard Jacobi

Personalia

5O)

.SSLiu_

m

*-*

05

EditorialDie meisten Mitglieder der NEUENGRUPPE sind freundschaftlich verbun-den. Diese Verbundenheit resultiert ausdem Respekt vor der anderen Person,aus dem jahrelangen gemeinsamenberuflichen Weg und aus unzähligen,fruchtbringenden Diskussionen.Unser Zusammengehörigkeitsgefühl wirdvon Außenstehenden oft mit Bewunde-

rung, aber auch oft mit Neid registriert. Jan Lindhe sagte mirvor ein paar Jahren, daß er gerne zur NEUEN GRUPPEkomme, weil er unsere tiefe, integrierende Freundschaft schätzt.Nach unserem gemeinsamen Auftreten auf der letztjährigenDGZMK-Mitgliederversammlung habe ich hingegen aus demLager der deutschen Hochschullehrer nicht nur positive Kom-mentare entgegennehmen dürfen.Viele Mitglieder der NEUEN GRUPPE, und nicht nur die soge-nannten Gründungsmitglieder, haben ihre aktive beruflicheTätigkeit beendet oder denken daran, sie zu beenden. Wenn dieNEUE GRUPPE 100 Mitglieder hat, so wird sie jedes Jahr 100Jahre älter. Auch wenn wir jedes Jahr 4-5 neue Mitglieder auf-nehmen würden, die 10-15 Jahre unter dem Durchschnittsalterliegen, so würde das an dem vorgezeichneten Weg nichtsändern.Wir würden die Eigendynamik unserer Vereinigung aufs Spielsetzen, wenn wir auf die bewußte und gezielte Integrierung jün-gerer Kollegen verzichten würden. Meines Erachtens würdenwir auch unfair agieren gegenüber unseren jüngeren Mitglie-dern, die doch oft mit großen Erwartungen beigetreten sind.Unser Ziel bleibt also, den Bekanntheitsgrad der NEUENGRUPPE zu steigern durch Öffentlichkeitsarbeit, so wie sie inder Klausurtagung des erweiterten Vorstands in Sindelfingendefiniert wurde.

BOB JACOBY

.Neue Gruppe.

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ImpiantologieI.Teil

vonKnud SchuppanKöln

Dr. Knud Schuppan war sofreundlich, sein Vortrags-konzept zur Systematik derimplantat-proth. Versorgungzum Abdruck freizugeben.Diese Serie wird von unter-schiedlichen Autoren fortge-setzt werden.

Die zahnärztliche Impiantologie hat sich im letzten Jahrzehnt zueinem wissenschaftlich anerkannten und integrierten Fachgebietder Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde entwickelt. Das istunumstritten!

Die Einbeziehung implantat-prothetischer Versorgungsmöglich-keiten wird das therapeutische Spektrum erheblich erweiternund kann unter den aktuellen wirtschaftlichen Bedingungenunsere Arbeit am Patienten durchaus attraktiver werden lassen.

Der weiterhin zunehmenden Bedeutung gerecht zu werden,haben wir uns gemeinsam mit dem Vorstand der NEUE GRUPPEverständigt, in den folgenden Jahren eine „Systematik implan-tat-chirurgischer/-prothetischer Versorgungen in der modernenZahnheilkunde" als praxisorientierte Weiterbildung durchzu-führen.

Verschiedene fachkompetente NEUE GRUPPE Mitglieder über-nehmen in Form von Übersichtsreferaten in den NEUE GRUPPENachrichten die Aufgabe, einen Einblick in die orale undmaxillofaziale Rehabilitation mittels implantatgestützter Lösun-gen zu ermöglichen.

Als Themenangebot wäre denkbar:

• Indikation/Kontraindikation implantat-chirurgischer Maß-nahmen (K.S.)

• Diagnostik und Planung implantologischer Behandlungen (K.S.)

• Grundvoraussetzungen in der Implantatchirurgie (K.S.)

• Kriterien des Implantaterfolges (K.S.)

• Anforderungen an ein in praxi geeignetes Implantatsystem (K.S.)

• Systematik und Übersicht enossaler Implantatsysteme (N.N.)

• Einführung in das Branemark-Implantationssystem (K.S.)

• Vorstellung anerkannter Zylinder- und Schraubenimplantate(N.N., N.N)

• Anwendung von Membrantechniken zur Regeneration knöchernerDefekte in Verbindung mit implantat chirurgischen Eingriffen (K.S.)

• Indikationsspektrum oraler enossaler Implantate. Chirurgieund Prothetik. (K.S./N.N.):- Einzelzahnlücke, Schaltlücke, partiell zahnloser Kiefer,zahnloser Kiefer.

_Neiie Gftippe _

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• Implantat-chirurgische Versorgung stark atrophierter Seiten-zahnbereiche: Sinusbodenelevation, Nervtransposition (K.S.)

• Periimplantäres Weichgewebsmanagement (K.S./N.N.)

• Ausgewählte prothetische Themen (N.N)

• Organisatorische Ideen zur Patientenaufklärung,Zusammenarbeit und Recall (N.N)

• Komplikationen, Behandlungsfehler, Mißerfolge in derimplantat-chirurgisch/protheti sehen Behandlung

Als Diskussionsforum für den fachlichen Gedankenaustausch,als Arbeitsplattform für den implantatversorgenden Kollegen -wie auch immer wir es gestalten wollen - wurde im letzten Jahrder „Arbeitskreis Implantatversorgung" etabliert. Am 15. und16. Oktober 1993 fand auf Wunsch kurzfristig ein erstesZusammentreffen interessierter Mitglieder in Köln statt. Grund-lagenreferate, Diskussionen, Patientenvorstellungen und kulina-risch gelungenes, geselliges Beisammensein formten denWunsch vieler Teilnehmer, im Sinne dieser Auftaktveranstal-tung weiterzumachen und an der Durchführung implantologi-scher Weiterbildung festzuhalten.

Thema 1:

Indikation, Diagnostik und Planung implantat-chirurgischerMaßnahmen;

Teil l: Indikation und Kontraindikation implantat-chirurgischerBehandlungen

«•r

Teil 2: Topographisch-anatomische Aspekte der Patienten-selektion, präoperative Diagnostik und Therapieplanung;

Hinsichtlich Indikation, präoperativer Diagnostik, Therapiepla-nung sowie topographisch-anatomischer Aspekte bei der Aus-wahl potentieller Implantatpatienten haben sich Erfahrungswer-te herauskristallisiert, die für langfristige erfolgreiche Implanta-tionen als Richtschnur gelten und deren Beachtung gefordertwerden muß. Deshalb werden sie eingangs kurz rekapituliert.

Enossale osseointegrierte Implantate bewährter Systeme habeneinen breiten Anwendungsbereich und stellen in den hier aufge-führten Indikationen eine echte Alternative zu konventionellenzahnärztlichen Maßnahmen dar. Tabelle i

. Neue Gruppe .

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Ja, man muß sagen, daß die implantat-chirurgisch/-prothetischeRehabilitation des Kauorgans heutzutage eine nicht mehr weg-zudenkende Therapieform ist und als Behandlungsverfahrenjedem Patienten zur Verfügung stehen sollte, sofern keine allge-meinmedizinischen- oder lokalen Kontraindikationen bestehen.

Die Indikation berücksichtigt gleichermaßen die Rehabilitationder Kaufunktion sowie psychosoziale Aspekte.

Eine Implantation ist jedoch grundsätzlich nur dann indiziert,wenn auch im Falle eines Mißerfolges eine schnelle undunkomplizierte Restitutio ad integrum der versorgten Kieferab-schnitte möglich ist.

Der zahnlose, stark atrophierte Unterkiefer ist nicht zuletzt auf-grund der günstigen Behandlungsergebnisse innerhalb der letz-ten 2 Jahrzehnte als wichtigstes und dankbarstes Hauptindikati-onsgebiet implantat-prothetischer Maßnahmen anzusehen.

Je fortgeschrittener die Atrophie, desto größer der Erfolggegenüber konventionellen präprothetisch-chirurgischen undprothetischen Therapien. Mit keinem anderen Therapieverfahrenlassen sich vergleichbar günstigere Ergebnisse erzielen.

Es ist durchaus sinnvoll, ein stark reduziertes Lückengebiß zurVermeidung eines prothetischen Makrotraumas durch implantat-gestützte Versorgungen zu ergänzen.

In Verbindung mit parodontal-chirurgischen Maßnahmen erhältdas parodontal geschädigte Restgebiß mittels enossaler Implan-tate suffiziente Stabilisierungshilfen und Ergänzungen.

Die Implantatversorgung partieller oder totaler Apiasien undAgenesien, häufig im jugendlichen Alter durchzuführen, ist ele-ganter als umfangreiche prothetische Rehabilitationen, bei kal-kulierbar kleinem Risiko.

Eine Implantation sollte in der Regel aber erst bei weitestge-hend abgeschlossenem Kieferwachstum und nach vollständigerDentition der 2. Molaren durchgeführt werden, also ab 15 Jah-ren; Ausnahmen sind möglich.

Die implantatgestützte Defektprothetik bei Patienten mit Lip-pen-, Kiefer-, Gaumenspalten, nach Traumen oder Tumorresek-tionen, gewinnt zunehmend an Bedeutung.

Die in Tabelle 2 aufgeführten fakultativ absoluten Indikationennehmen in meinem Operationsgut ebenfalls einen beträchtlichen

Tabelle 2 Stellenwert ein.

_ K a u e Sruppe .

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Bei allen Patienten ist die Prothesenintoleranz - unabhängigvom Lebensalter - ein wichtiges Einschlußkriterium. Das giltsowohl für den zahnlosen Unterkiefer als auch für den Oberkie-ferbereich.

Zum Schluß von Einzelzahnlücken konnten Klebebrücken nurin einem Teil der Fälle die in sie gesetzten Erwartungen erfül-len.

Bei weitspannigen Schaltlücken kann die statische Situationdurch Zwischenschaltung enossaler Implantate so weit verbes-sert werden, daß ein festsitzender Brückenersatz ohne dieGefahr der Überbelastung der natürlichen Pfeiler eingegliedertwerden kann. Die Prognose von Verbundbrücken ist günstig,rein implantat-gestützte Konstruktionen sind jedoch vorteilhaf-ter.

Die Tatsache, bei Verlust der Seitenzähne mit herausnehmbaremZahnersatz versorgt zu werden, stößt bei einem anspruchsvollenPatientengut auf zunehmende Ablehnung.

Implantate ermöglichen hier festsitzende prothetische Lösungenohne allzu großen therapeutischen Aufwand und sind langfristigkomfortabel.

Funktionelle Störungen, Allergien gegen Prothesenkunststoffe,hypersensible Mukosa. Allgemeinerkrankungen, wie Asthmabronchiale, gastrointestinale Probleme (also chronische Gastriti-den und Ulcera) oder Gesichtsmuskellähmungen nach apoplek-tischem Insult, sind heute echte Indikationen für zahnärztlicheImplantate.

Die Einbeziehung spezieller Berufsgruppen in das Indikations-spektrum, wie beispielsweise: Schauspieler. Lehrer. Rundfunk-und Fernsehsprecher, Sänger. Instrumentalisten und Hochlei-stungssportler, ist jedermann verständlich.

Abhängig von der chirurgischen und prothetischen Qualifikationder Behandler werden die Indikationsgrenzen mit zunehmenderErfahrung immer weiter gesteckt,(wird fortgesetzt)

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Tinnitus

vonJürgen BretthauerEsslingen

Tinnituspatienten, das sind Menschen mit Tönen oder Geräu-schen, die aus dem Ohr oder Kopf kommen: Pfeifen, Zischen,Brummen u.a. Die Mehrzahl der Patienten hat diese Geräuschekontinuierlich, bei einer Minderzahl sind Schwankungen amTage oder während der Woche gegeben, meist auf beidenOhren. Zirka ein Drittel gibt die Geräusche bei nur einem Ohran, dabei bevorzugt links.

Ohrgeräusche ist das vielleicht häufigste aktute Symptom, mitdenTpatienten in die HNO - Praxis kommen, oft verbunden mitSchwindel und Hörverlust. Man kann davon ausgehen, daß ineinem schalldichten Raum 9 von 10 Personen ein Geräuschwahrnehmen, daß vom Ohr- oder Kopfbereich ausgeht. Bei vie-len Menschen treten Ohrgeräusche auf. werden aber nie sostark, daß sie dauernd wahrgenommen werden. Bei anderenwerden sie so dominant, daß eine normale Lebensführung nichtmehr möglich ist.

Bei einer Untersuchung in Großbritannien fand man in der Be-völkerung einen Anteil von ca. 15 Prozent mit zeitweiligenOhrgeräuschen, 8 Prozent mit Beeinträchtigung von Schlaf,Konzentration und Leistung und 0,5 Prozent, bei denen keinenormale Lebensführung mehr möglich war. In der BRD wirdeine vergleichbare Häufigkeit geschätzt.

Ohrgeräusche sind Hörempfindungen, die keinen Signal- oderInformationscharakter haben, sondern durch eine Funktions-störung im Bereich des Hörsystems bedingt sind. Sie werdennicht durch externe akustische Vorgänge ausgelöst. Man unter-scheidet objektive Ohrgeräusche (mit einer internen Schallquel-le, die vaskulären oder muskulären Ursprungs sein kann), diemit dem Stethoskop oder Mikrofon hörbar gemacht werdenkönnen und subjektive Ohrgeräusche, die (bis heute) nichtobjektiviert werden können. Die Pathophysiologie ist bis heutenicht geklärt, es existieren nur Hypothesen (Lenarz):

Im Hörsystem gibt es auf jeder Ebene auch ohne Einwirkungvon äußeren Reizen eine Spontanaktivität der Neurone. DieseHintergrundaktivität wird als völlige Stille interpretiert. Wirddiese Hintergmndaktivität durch akustische Reize moduliert, soentsteht der Eindruck des akustischen Signals, es wird gehört.Kommt es nun durch pathologische Prozesse zur Modulationoder Synchronisation der Spontanaktivität, so entsteht der Ein-druck eines Schallreizes auch ohne akustischen Reiz von außen.Nach Lenarz liegt meist oder immer eine Schädigung der Haar-zellen vor, die neben dem Tinnitus auch einen Hörverlustbedingen. Die Spontanaktivitäten durch Schädigung von Haar-zellen und Nervenfasern führen schließlich zu einer Manifesta-tion kreisender elektrischer Erregungen, sogenannter Oszillatio-nen. Diese sirh selbstunterhaltende elektrische Aklivitüt verteilt

.Neue G r u p p e ,

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sich über weite Bereiche des Hörsytems. Dies soll erklären,warum Ohrgeräusche auch nach Zerstören des Innenohres odernach Durchtrennen des Ohrnerven weiter bestehen können.

Es gibt einige gut definierte Krankheiten, bei denen Tinnitus inder Regel auftritt:

1. Akutes und chronisches akustisches Trauma.Der Innenohrschaden nach einem akustischen Trauma istgekennzeichnet durch einen Hochtonverlust und eine Schädi-gung der äußeren Haarzellen. (Tinitus: Hochton).

2. Menieresche KrankheitSchwindel, Schwerhörigkeit, Tinnitus.Die Schwerhörigkeit beginnt in den tiefen Frequenzen, ent-sprechend ist der Tinnitus ein Breitbandgeräusch oder tiefesBrausen. Die Ursache ist eine Erweiterung des endolymphati-schen Raumes.

3. Salicyl-IntoxikationHörsturz (Virusinfektion ?)

Die Häufigkeit von Ohrgeräuschen hat ein Maximum zwischendem 40. und 60. Lebensjahr. Dies führt zu der Annahme, daßFaktoren wie Lebens- und Arbeitsbedingungen, Alterungspro-zesse des Hörsytems, berufliche und außerberufliche Lärmexpo-sition sowie allgemeine Streßsituationen entscheidend bei derEntstehung des Tinnitus sein können. Als typischen Krankheits-verlauf kann man feststellen: Plötzlicher Beginn meist miteinem äußeren Ereignis, wie grippaler Infekt, Hörsturz, starkerLärm, dann allmähliche Zunahme der subjektiven Tinnituslaut-heit, ondulierender Lautheitsverlauf mit Phasen der Zunahmeparallel zu beruflichem oder privatem Streß.Bei den meisten Patienten kommt es zu einer allmählichenGewöhnung mit geringfügiger Abnahme der subjektiven Laut-heit. Wegen der unangenehmen, immer präsenten und nichtbeeinflußbaren auditorischen Sensation (chronischer Tinnitus)fühlt sich der Patient ausgeliefert und hilflos. Es kommt zuAngstzuständen, Anspannungen, Schlafstörungen. Dieser zu-sätzliche Streß führt zu einer weiteren Verstärkung der Sympto-me und es können sich psychosomatische Folgereaktionen ein-stellen. Gewinnt das Ohrgeräusch zunehmend Einfluß auf alleBereiche der Lebensführung, so spricht man von einem dekom-pensierten Tinnitus.

Subjektive Ohrgeräusche oder Ohrschmerzen sind häufig Symp-tome bei Erkrankungen des Kiefergelenks und der Kaumuskula-tur. Die Frage nach Ohrgeräuschen wird bei der klinischenFunktionsanalyse gestellt. Die Hypothese der Beziehung zwi-schen Tinnitus und mandibulärer Dysfunktion wurde 1934 von

Die Frage nach Ohr-geräuschen wird bei derklinischen Funktions-analyse gestellt.

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Costen aufgestellt. Er nahm an, daß die verschiedenen Sympto-me, wie Schwerhörigkeit, Schwindel, Tinnitus, periaurikuläreSchmerzen (mit Ausstrahlung in Gesicht und Nacken), Zungen-brennen und Kieferklemme durch den Verlust der Molaren ent-stehen. Dadurch würden die Condylen nach dorsal verlagert undes entstehe ein Druck auf den N. auriculotemporalis, die Chor-da tympani und Strukturen des Innenohres.

Myrhaug hat 1964 fast 2000 Patienten mit Kiefergelenkstörun-gen untersucht und festgestellt : Durch Bruxismus, also Pressenund Knirschen der Zähne werden Kontraktionen des M. tensortympani verursacht, die er mit dem Mikroskop beobachtenkonnte.Er vermutete, daß beim Bruxismus der Tinnitus als eine selbst-ändige Vibration im Schalleitungssystem auftritt und ein Tremoroder Myoklonus im M. tensor tympani im Mittelohr ist, gleich-zeitig kommt es zu spontanen Bewegungen des Gaumensegels(Parafunktionen des M. tensor veli palatini). Der M. tensor velipalatini und der M. tensor tympani werden beide vom N. trige-minus innerviert. Drum schreibt hierzu 1972 : Es ist nun leichtzu verstehen, daß die Kette der Gehörknöchelchen durch rhyth-mische, parafunktionelle Kontraktionen des M. tensor tympaniin Zerrungen und Schwingungen versetzt wird, die sich imLaufe der Zeit schädigend auf die Hörfähigkeit auswirken undauch Tinnitus hervorrufen können. Wenn die Chorda tympanizwischen Maleus und Inkus in Bedrängnis gerät, kann aucheine Glossodynie (Zungenbrennen) entstehen.

In der Literatur wurden immer wieder Fälle beschrieben, beidenen Tinnitus mit zahnärztlicher Therapie erfolgreich behan-delt wurden. Dies waren jedoch meist Einzelfälle und sehr pau-schal beschrieben. In einer Studie von Rubinstein und Mitarbei-tern (1987, Göteborg) auf Veranlassung der amerikanischenTinnitusliga wurde der Einfluß der zahnärztlichen Behandlungauf den Tinnitus untersucht. Zahnärztliche Maßnahmen warenEinschleifen, Schienentherapie und Muskeltherapie. 46 Prozentder Patienten (Gesamtzahl 61) gaben eine Besserung an. Vondiesen 26 Patienten wurde auch 2 Jahre später durch Befragender positive Einfluß der Behandlung angegeben. So unklar wiedie Entstehung des Tinnitus ist die therapeutische Wirksamkeitder zahnärztlichen Maßnahmen. Rubinstein und Mitarbeiternehmen an, daß vor allem eine Reduktion von Muskelspannungund Hyeraktivität erreicht wird. Während früher kein Zusam-menhang zwischen Tinnitus und craniomandibulärer Dysfunkti-on gesehen wurde, werden nach dieser Studie an der Universitätvon Göteborg alle Tinnituspatienten. bei denen Muskelhyperak-tivitäten festgestellt werden, über die möglichen Zusammenhän-ge informiert und die craniomandibulären Probleme behandelt.Die Mehrheit der Patienten erfährt eine Verbesserung der cra-

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niomandibulären Symptome und zirka 50 Prozent eine Redukti-on des Tinnitus.

In einer weiteren Studie von Rubinstein und Mitarbeitern(1990) wurde versucht, durch statistische Auswertung nachbestimmten Parametern (Kopfschmerz, Muskelbefund. Knak-ken. Schmerz. Okklusion, Amalgam, Gold etc.) Auffälligkeitenzu finden. Dabei wurde festgestellt, daß ein hoher Prozentsatzder untersuchten Tinnituspatienten craniomandibuläre Dysfunk-tionen aufweist (ca. 84 Prozent), aber die craniomandibulärenSymptome sehr streuen: Kopfschmerzen, Bewegungs- ein-schränkung, Dolenz der Muskeln. Auch der Vergleich mit ande-ren Studien ist wenig ergebnisreich. Aber das Interesse ist da,und man versucht solchen Faktoren auf die Spur zu kommen,warum zum Beispiel der Tinnitus durch Bewegen der Mandibu-la oder Druck auf das Gelenk beeinflußt werden kann.

Wegen der Komplexität der vielen möglichen Ursachen zurEntstehung des Tinnitus sind fachübergreifende Untersuchungenund Behandlungen notwendig: HNO - Arzt, Orthopäde, Neuro-loge, Psychologe, Psychiater, Physiotherapeut und Zahnarzt.

Workshops und fachliche Treffen unter Freunden im kleinenKreise gehörten und gehören zum Stil und der inneren Aktivitätder NEUEN GRUPPE. Ganz in diesem Sinne hatte JürgenBretthauer den Physiotherapeuten Gert Groot Landeweer,Lübeck zu einem Intensiv-Kurs

„KIEFERGELENKDIAGNOSTIK UND THERAPIE"

nach Esslingen eingeladen. In einem wohlgeordneten theoreti-schen Teil und durch Patientendemonstrationen gelang demVortragenden eine überzeugende Einführung in die manuelleFunktionsanalyse und gewebespezifische Diagnose. Grundlageder vorgestellten Methodik ist die konsequente Übertragunggezielter orthopädischer Untersuchungstechniken, wie sie u.a.von Cyriax beschrieben wurden, in die zahnärztliche Funktions_-diagnostik. Durch HANSSON, BUMANN mit GROQT(und"LANDEWEER ändere wurden diese Techniken modifiziert undsystematisiert und so für die Untersuchung des stomatognathenSystem nutzbar gemacht.Leitbild der Untersuchung ist es, wie schon bei Willy Rrogh-Poulsen^s Provokationstests, die Symptome des Patienten zureproduzieren und so Schritt für Schritt nicht reagierende Struk-turen von denen zu trennen, die infolge gezielter Manipulationso reagieren, daß der Patient Empfindungen äußert, die seinem

Kiefergelenkdiagnostik undTherophie-Intensivkurs mit Patienten inEsslingenGert Groot Landeweer/JürgenBretthauer

von Hans-Henning OhlwggeAachen

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Der Kursleiter bei der„Arbeit".

Beschwerdebild ähnlich oder gleich sind.In der „Basisuntersuchung" erfolgt durch isometrische Anspan-

nung und passive Bewegungen mit dem „Endgefühl" eine ersteUnterscheidung von arthrogen, myogen oder neurologischbedingten Beschwerden.In der folgenden „Erweiterten Untersuchung" werden Gelenk-

spieltechniken, dynamische Testmethoden und Palpation einge-setzt, um zu einer Feindifferenzierung der Bescherden in Mus-kel- bzw. Gelenkstrukturen im Sinne einer gewebespezifischenDiagnose zu gelangen.Das übersichtliche Skriptum von Bumann und Groot Lande-weer, die geschickte Patientenauswahl und eine rege Diskussion,ließen die Tage in Esslingen für die Teilnehmer zu einembesonderen Erlebnis der Vertiefung fachlichen Spezialwissensganz in der Tradition der NEUEN GRUPPE werden.Das angenehme Ambiente der Praxis und ein geselligesgemeinsames Abendessen unterstrichen die besondere Gast-freundschaft von Dorothee und Jürgen Bretthauer und gabenGelegenheit zu intensivem freundschaftlichen Gedankenaus-tausch.

ForumNeue Gruppe

vonKlaus HaberkornWürzburg

Unsere neue Zeitschrift bietet auch die Möglichkeit, sich kri-tisch mit Problemen der NEUEN GRUPPE zu befassen.Obwohl Kritik aus dem Kreis der Mitglieder nicht immer will-kommen ist und wir auch Beispiele erlebt haben, wo sie amfalschen Ort und zur falschen Zeit erfolgte, so haben wir dochSchwierigkeiten, die angesprochen werden müssen, um zuLösungen zu kommen:Meine Hauptsorge gilt der Zukunft der NEUEN GRUPPE. Wirhaben mit 117 Mitgliedern einen Altersdurchschnitt von 57Jahren. Wenn dann aus der Schar der Freunde Rufe laut wer-den, neue Mitglieder nicht mehr aufzunehmen, weil man dieerst kürzlich Hinzugekommenen noch gar nicht kenne, dannmuß ich fordern:Überdenkt schnell unsere Aufnahmerituale, kümmert Euchum wirklich jungen Nachwuchs, bringt neue Ideen! Men-schen, die seit Jahrzehnten arbeiten, verharren gerne imBewährten, tun sich schwer mit neuen Strömungen. Wennwir dem Namen unserer Vereinigung treu bleiben wollen,müssen wir uns ständig erneuern, sonst können wir uns baldALTE TRUPPE nennen.

. Neue Gruppe .

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Ein weiterer Punkt, der mir am Herzen liegt, ist die oft man-gelnde Aktivität vieler Mitglieder. Wir konnten bisher mehr alsfroh sein, daß sich immer eine geeignete Persönlichkeit ausunseren Reihen gefunden hat. die bereit war, die Bürde des Prä-sidialamtes zu tragen, immer unter Verzicht auf Freizeit undEinkommen. Der große Teil der Gruppe verharrte nach solchenWahlen in Stille und Ruhe. Wenn die Bitte der Verantwortlichenkam, mit eigenen Beiträgen zu glänzen, dann ließen viele nichtsvon sich hören. Man hat mitunter den Eindruck, daß nach derAufnahme in die NEUE GRUPPE das Interesse an der Formati-on gegen Null strebt. Die Veranstaltungen unseres Freundes-kreises werden meist immer von den gleichen Mitgliedernbesucht, manche kennt man nur noch aus dem Mitgliederver-zeichnis.

In einer Zeit, in der die Zahnmedizin in einem Umbruch ohneBeispiel ist, kann es sich die NEUE GRUPPE nach meinemVerständnis nicht leisten, weiterhin politisch so wenig aktiv zuwerden, wie sie das bisher in einer fast keuschen Weise war.Nehmen wir uns ein Beispiel an Joachim Schulz-Bongert, derohne Berufspolitiker zu sein, viel bewirkt hat und mit seinemfachlich unbestrittenem Qualitätsbewußtsein gerade in derschwierigsten Zeit unseres Berufsstandes Vorbild für Amtsüber-nahmen war und ist. Wir haben als Zahnärzte viel zu langeDilettanten das Feld der Berufspolitik überlassen, und viele nurnoch privat tätige Mitglieder haben sich aus den politischenBewegungen ausgeklinkt, weil diese zuerst die kassenzahnärzt-

G? C7 t-

liehe Versorgung betraf, ehe sie mit unerwarteter Härte auchden GOZ-Bereich erreichte. Eine GOZ-Novellierung, die fürviele von uns das endgültige Aus bedeutet, wenn die vorgesehe-nen Änderungen kommen, ist nicht deshalb akzeptabel, wennfür einige Wenige die Möglichkeit der privaten Vereinbarungnoch bleibt. Das sollte ohnehin in einem Rechtsstaat für jedenBeruf eine Selbstverständlichkeit sein. Keiner von uns lebtheute noch auf einer Insel, aber die Bescheidenheit solchenDenkens zeigt, wie sehr unser Selbstverständnis von einem frei-en Beruf angekratzt ist.

Ein weiteres Anliegen ist es mir, auf Entwicklungen inunserem Fachgebiet hinzuweisen, die wir, bei unserem Ver-ständnis für eine hochwertige Zahnheilkunde, nicht wortloshinnehmen sollten:Da werden kostspieligste Geräte auf den Markt gebracht, dieKeramikinlays fräsen, die weder gut passen, noch in der Verti-kaldimension stimmen. Es erscheinen die verschiedennamigstenLasergeräte, ohne daß mir bisher einer erklären konnte, wo beiderartigen Kosten der Nutzen liegt. Unser Fachgebiet wird zumTummelplatz von Rechtsanwälten, die Kollegen das richtigeMarketing beibringen wollen, die besser erst einmal zur Fortbil-dung gefahren wären.

_-. — — - . . -.. - - . . _ - . - _ _ . „ . -- —. —. - - . ...- Neue Sruppe _- ._ - _ _ : _ _—._-

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Die Zahl von Implantationskursen ist unübersehbar, aber eineoffene Kürettage wird streng von der Mehrzahl der tätigenZahnärzte vermieden. Ich könnte in der Aufzählung solcherTendenzen fortfahren, aber mancher wird sich bereits seineeigenen Gedanken über solche Entwicklungen gemacht haben.Wir sollten zu diesen Entwicklungen nicht schweigen. UnsereNEUE GRUPPE genießt ein hohes Ansehen gerade bei innova-tionsfreudigen Kollegen, das zeigen unsere Jahrestagungen.Also erheben wir unsere Stimmen und sagen unsere Meinung.Ein Forum wird sich dafür immer finden lassen. Es könnte hilf-reich für viele Zahnärzte sein. Fehlinvestitionen vermeiden hel-fen und falsche Propheten hätten es etwas schwerer.

Unsere NEUE GRUPPE hat ihren Ursprung in dem Willen zureffektiven Fortbildung. Als sich die Gründer dieser Vereinigungzusammenfanden, gab es keine moderne Weiterbildung, siemußte außerhalb der damaligen Universitäten in eigener Regieorganisiert werden. Inzwischen gibt es landauf, landab Kurseohne Zahl für Zahnärzte. Namhafte Referenten werden gerade-zu vermarktet, mit Einsatz modernster Technologien werdenGroßveranstaltungen angeboten, die an die Olympischen Spieleerinnern: Dabeigewesen sein ist alles.Auch unsere ersten amerikanischen Lehrer haben ihre Kursho-norare gefordert und das zu einer Zeit, als mancher von unsnoch überlegen mußte, ob er dem C-Kurs noch den D-Kurs fol-gen lassen konnte.Inzwischen sind auch auf diesem Feld Fehlentwicklungen zuverzeichnen: Die Forderungen vieler bekannter Referenten sindüberzogen, die Gesetze des Marktes regieren, die Nachfragesteigert den Preis. Auch hier ist Selbstkritik angebracht! Wirmüssen, ohne die Qualität der Fortbildung absinken zu lassen,diese überzogene Geschäftemacherei boykottieren und andereWege gehen. Es gibt in Ländern unserer unmittelbaren Nach-barschaft (Schweiz. Schweden) junge, begabte Wissenschaftler.die mit ihrer Art der Forschung und Lehre begeistern können.weil sie ehrlich und abgesichert ist.Auch sind die USA ein so großes Land, daß sich nicht nurbereits etablierte Lehrer finden lassen, sondern auch jungeLeute, die gerne einmal nach Übersee gingen, um zu angemes-senen Honoraren ihre Arbeit vorzuzeigen.

Dies alles betrifft unsere zahnärztliche Fortbildung. In der Pra-xis kann ich aber ohne meine geschulten Mitarbeiter wenig vondem verwirklichen, was ich gerade gelernt habe. Und jeder vonuns ißt das harte Brot der ständigen Mitarbeiterschulung, da neuhinzugekommene Helferinnen viele Defizite an fachlichem Wis-sen haben. Gerade auf dem Gebiet der Helferinnenfortbildungist ein Mangel an wirklich guten Kursen zu verzeichnen. Hierbieten sich jedem von uns Chancen, tätig einzugreifen. Es wäre

_ Neus Gruppe _

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auch eine Aufgabe, der sich die NEUE GRUPPE zuwendenkönnte, solche Kurse zu organisieren.

Am 15. März 1994 verabschiedete das Bundeskabinett einenEntwurf zur Novellierung der GOÄ. Diese ist die erstebeschlossene politische Stellungnahme, die jetzt dem Bundesratzur Beschlußfassung zugeleitet, dort vermutlich in den Vermitt-lungsausschuß weitergeleitet wird, um dann später eventuellnoch in dieser Legislaturperiode als Verordnung erlassen zuwerden.

Wir müssen uns darüber im Klaren sein, daß die allemeinenBestimmungen der GOÄ auch für Zahnärzte Gültigkeit erhal-ten. Sowohl im allgemeinen Teil als auch bei der Leistungsbe-schreibung werden erheblich mehr Abrechnungsbestimmungen,ähnlich dem Bema, eingeführt werden. Die geplante geringfügi-ge Anhebung der Gebührenhöhe wird durch wesentliche Ein-schränkungen bei der Leistungsmenge neutralisiert. In derBegründung der Bundesregierung zum vorliegenden Entwurfeiner neuen GOÄ ist ausdrücklich darauf hingewiesen worden,daß in Hinblick auf die mengendämpfenden Struktureffekte derVerordnung, die Erhöhung von 3,6 % nach einer vieljährigenLaufzeit als maßvoll aus der Sicht des Verordnungsgebers emp-funden wird. Man erhofft sich also eine ganz starke Mengen-dämpfung, denn es hatte sich gezeigt, daß durch jahrelangesNichterhöhen der Honorare die Ärzte angeblich eine Mengen-ausweitung vorgenommen hätten. Eine Untersuchung, ob diescheinbare Lösung nicht etwa an der hohen „Einwanderungs-quote" oder, was bewiesen ist, an dem riesigen Nachholbedarfan ärztlichen und zahnärztlichen Hilfeleistungen liegt, wurdenicht durchgeführt. Insgesamt gesehen müssen wir eine Absen-kung des Gesamtvolumens befürchten. Was aber viel gravieren-der sein wird, ist die Tatsache, daß wir gezwungen sein werden,immer kompliziertere Abrechnungsbestimmungen nachzuvoll-ziehen. Das hat selbstverständlich zur Folge, daß damit wesent-lich mehr Konfliktstoff bei der Abwicklung unserer Honorareimpliziert wird. Dieses werden vor allem die Kostenträgerweidlich ausnutzen, um die Auszahlungen der Honoraranteilenoch länger als bisher hinauszuzögern.

Ich werde im folgenden versuchen, den vorliegenden Entwurfin den für uns wichtigen Abschnitten mit der jetzt gültigen

GOÄ 94 vice versa GOZ 88

vonEckard JacobiHannover

.Neue Gruppe .

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GOZ 88 zu vergleichen und zu analysieren, welche Konsequen-zen sich für uns ergeben, damit wir uns rechtzeitig auf die neueSituation vorbereiten können. Ich gehe allerdings davon aus,daß eine neue GOZ in diesem Jahr nicht mehr verordnet wird.

Soweit ich informiert bin, liegt zur Zeit noch keinerlei Kom-mentierung des jetzt veröffentlichten Entwurfes vor. Weder dieBundeszahnärztekammer, noch der Freie Verband hatten denEntwurf bis heute vorliegen.

Nun zu den einzelnen Paragraphen.

§ l Anwendungsbereich bleibt unverändert.

§ 2 Abweichende Vereinbarung Absatz 1. Hier wird in demneuen Entwurf nicht mehr von Vergütungen gesprochen, diedie Ärzte erhalten, sondern es wird von Gebühren gesprochen.Ohne übertriebene Semantik zu betreiben, sehe ich hier einendeutlichen Unterschied. In der alten GOÄ hat der Patient demArzt die Leistung vergütet, in der neuen GOÄ werden aberfeste Gebühren vom Verordnungsgeber festgelegt. Das bedeutet,die Möglichkeit einer abweichenden Vereinbarung wird deutlicheingeschränkt, was in den folgenden Abschnitten ganz klarwird. Die Vereinbarung nach § 2 Abs. Satz l ist in Zukunft nurnoch nach persönlicher Absprache und im Einzelfall, d. h. nichtbei jedem Patienten oder bei der überwiegenden Anzahl derPatienten, möglich. Diese Vereinbarung muß in Zukunft nebender Gebührennummer auch die Bezeichnung der Leistung, dasist der Leistungsinhalt im Klartext, den Steigerungssatz sowieden sich daraus ergebenden vereinbarten Gesamtbetrag der Ein-zelleistung enthalten, von einer Deklaration der Differenz zwi-schen dem 3,5-fachen Satz und dem z.B. 5-fachen Satz ist bis-her nicht die Rede. Leider gehen hier viele Kolleginnen undKollegen wieder einmal in Vorleistung, was zu weiteren restrik-tiven Maßnahmen im Gesetzgebungsverfahren führen kann.

Ich weise darauf hin, daß im Bundesrat, der ja SPD-dominiertist, sicherlich weitere Verbesserungen in diesen Entwurf einge-bracht werden. Mancher wird einwenden, daß diese FörderungDVB-technisch leicht zu erfüllen sein wird. Darum geht es hieraber nicht. Hier ist einfach eine weitere Bürokratisierung undEinschränkung vor allem dadurch gegeben, daß es nicht mehrpraxisbezogen abbedungen werden kann, sondern daß nur nochdie Besonderheiten der Einzelleistung entscheidend ist.Betriebswirtschaftliche Parameter, wie hoher Fortbildungsauf-wand, qualifiziertes Personal, hoher instrumenteller und appara-tiver Aufwand, werden nicht mehr ziehen. § 4 Abs. 2. Hier wirdnoch einmal hervorgehoben, daß der Arzt Gebühren nur fürselbständig erbrachte Leistungen, oder für solche, die unter sei-ner Aufsicht erbracht wurden - sog. eigene Leistungen - abrech-

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nen darf. In § 5 sind weitere Einschränkungen vorgesehen undzwar im Abs. 4. Hier wird der bisherige Gebührenrahmen wei-ter eingeschränkt, für bestimmte Leistungen auf das l bis 1,3-fache, für Leistungen die bisher auf das 1,8-fache begrenztwaren, auf das l bis 1,15-fache. Inwieweit sich das auf einezukünftige GOZ auswirken wird, läßt sich z.T. noch nichtabsehen.Ein interessanter Aspekt des neuen Entwurfes ist der Plan, fürambulantes Operieren einen Zuschlag zu gewähren. Inwieweituns diese Gebühren der GOÄ in Zukunft zugänglich sind, istungewiß. Bei dem bisherigen Entwurf der GOZ war eine solcheRegelung nicht vorgesehen.Interessant ist wieder der § 10, Auslagen: Hier ist noch einmalin Abs. l festgelegt, daß die Kosten berechnet werden können.für Arzneimittel, Verbandsmaterial und sonstige Materialien, dieder Patient zur weiteren Verwendung behält oder die mit einereinmaligen Verwendung verbraucht sind.

Das wirklich in meinen Augen unsittliche Vorhaben in demEntwurf der GOZ 94, daß im Gegensatz zur GOÄ die Berech-nung aller Einmalartikel z.B. innerhalb der Implantologie(Drape Kit, Fräsen, Gewindeschneider, etc.) ausschließt, mußmit aller Kraft bekämpft werden, wenn es nicht zu Therapie-verboten kommen soll. Darüber hinaus ist eine weitgehendeEinschränkung der Berechenbarkeit von Einmalartikeln auch beiden Ärzten festzustellen.

Im § 12 ist expressis verbis auch beim Vorliegen einer Verein-barung nach Paragraph 2 die Begründungspflicht beim Über-schreiten des 2,3 bzw.l,8-fachen Satzes fixiert, wenn es einenGrund für das Überschreiten gibt, der ja in jedem Fall vorliegenmuß. Hier ist auch präzisiert, daß die Begründung für jedenPatienten allgemeinverständlich abgefaßt sein muß, und zwarschriftlich und nachvollziehbar. Die Vorschrift, „für den Zah-lungspflichtigen verständlich und nachvollziehbar" wird einenRattenschwanz von Schriftwechseln mit den Kostenträgern nachsich ziehen. Nicht die Patienten werden darauf Wert legen, beijeder einzelnen Leistung umfangreich Begründungen zu erhal-ten, sondern die Kostenträger werden uns schikanieren, um dieZahlungen an ihre Mitglieder möglichst lange herauszuzögem.Das I-Tüpfelchen ist ein Nebensatz in § 12, der in Zukunft aucheine Begründungspflicht bei Vorliegen einer Vereinbarung nach§ 2 zwingend erforderlich macht. Die Konsequenzen kann sichjeder vorstellen.

Liebe Freunde, es würde den Rahmen sprengen, wenn ich jetztschon eine Analyse des Leistungsverzeichnisses vornehmenwürde. Hier müssen wir die endgültige Verordnung abwarten,erst dann können wir klar sehen, inwieweit uns die GOÄ inZukunft noch zugänglich sein wird.

Neue Sruppe •

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Personalia Unser Mitglied Anton Mommertz wurde am 12.4.94 80 Jahrealt. Die NEUE GRUPPE gratuliert dem Jubilar ganz herzlichund wünscht für die folgenden Jahre alles Gute und viel Gesund-heit.

Zum 75. Geburtstag dürfen wir Kasimir Mucko gratulieren, derdieses Fest am 24.4. beging. Unserem Ehren- und Gründungs-mitglied die allerbesten Wünsche.

70 Jahre alt wurde am 18.2. Hans-Joachim Eibrecht. HerzlichenGlückwunsch.

Alfred Beck beging am 29.1. seinen 65. Geburtstag. Wir wün-schen unserem Alfred alles Gute.

Am 30.1. feierte Manfred Pohle seinen 60. Geburtstag; BerndHeinz wurde am 2.2. , Klaus Prinz am 11.1. und Dethardt Sua-bedissen am 20.1. 50 Jahre alt. Allen Jubilaren herzlichenGlückwunsch.

Impressum Copyright 1992 NEUE GRUPPE Nachrichten. Herausgeber: NEUEGRUPPE, wissenschaftliche Vereinigung von Zahnärzten. Redak-tionelle Leitung: Dr.Walter E Schneiden Dr. Klaus Haberkorn.Dr. Jürgen Bretthauer. Die NEUE GRUPPE Nachrichten umfaßt 2Ausgaben pro Jahr. Die Zeitung und alle in ihr enthaltenen Beiträgesind urheberrechtlich geschützt.

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