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Psychopathologie und psychiatrische Krankheitslehre, WS 2018/19 Neuropsychologie Überblick: Grundlagen und Methoden der NP Diagnostik im klinischen Kontext Diagnostik spezifischer kognitiver Funktionsbereiche: Sprache, Exekutivfunktionen, Gedächtnis, Intelligenz Neuropsychologische und neurowissenschaftliche Charakteristika bei psychiatrischen Erkrankungen, Beispiel NPU in der Psychiatrie, Beispiel Gedächtnissprechstunde

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Psychopathologie und psychiatrische Krankheitslehre, WS 2018/19

Neuropsychologie

Überblick:

• Grundlagen und Methoden der NP Diagnostik im klinischen Kontext

• Diagnostik spezifischer kognitiver Funktionsbereiche: Sprache,

Exekutivfunktionen, Gedächtnis, Intelligenz

• Neuropsychologische und neurowissenschaftliche Charakteristika bei

psychiatrischen Erkrankungen, Beispiel NPU in der Psychiatrie,

Beispiel Gedächtnissprechstunde

I. Aufgaben und Ziele neuropsychologischer

Diagnostik und Testung bei neurologischen

und psychiatrischen Patienten

Ziel: Erfassung und Objektivierung kognitiver, emotionaler,

motivationaler und behaviouraler Folgen von

hirnorganischen Schädigungen oder im Rahmen einer

psychiatrischen Erkrankung.

• Diagnostik (Beschreibung der Symptome, Dauer, Schweregrad

zur Feststellung der Fertigkeiten und Defizite)

• Erfassung der Konsequenzen im sozialen Umfeld und Beruf

• Therapieplanung (z.B. Einsatz kompensatorischer

Strategien,Ressourcen)

• Prognosestellung

• Verlaufskontrolle und Therapieevaluation

• sozialrechtliche Beurteilung

• Fahrtauglichkeitsprüfung

• Begutachtung der beruflichen Wiedereingliederung/Frühberentung

I. Die testpsychologische Untersuchung:

Der „Empirical Cycle“ nach de Groot

I. Die testpsychologische Untersuchung

• Anamnese und Fremdanamnese (semi-strukturiertes Gespräch)

• Erarbeitung einer diagnostischen Fragestellung

• Planung und Durchführung

neuropsychologischer/psychometrischer Tests zur

Objektivierung der Symptomatik

• Verhaltensbeobachtung (Faktoren werden erfasst, die die

Testdurchführung beeinflussen v.a. emotionale und

motivationale Faktoren)

• Analyse und Interpretation der Ergebnisse

• Dokumentation, Befundbericht, Gutachten

I. Die testpsychologische Untersuchung

• Neuropsychologische Tests erfüllen testpsychologische

Gütekriterien (z.B. Validität, Reliabilität, Objektivität)

• Tests sind i.d.R. so konstruiert, dass sie möglichst

spezifisch eine Domäne abbilden

• Testergebnisse sind (möglichst) unabhängig vom

Untersucher (Minimierung subjektiver Einflüsse durch den

Untersucher)

I. Die Verhaltensbeobachtung

• Beurteilung des Instruktionsverständisses, Motivation,

Ängstlichkeit, etc.

• Interaktion mit anderen Personen (Untersucher,

Angehörige)

• Handlungsplanung und Entwicklung von Lösungen

• Frustrationstoleranz bei der Bearbeitung von

Aufgaben

• Einfluss emotionaler Faktoren und Persönlichkeit

(Ängstlichkeit, mangelnde Motivation, compliance,

etc.)

II.

Kognitive Funktionsbereiche

- Exekutive Funktionen

- Sprache / Kommunikation

- Gedächtnis / Lernen

- Aufmerksamkeit / Konzentration

- Orientierung (zeit, räumlich, z. Person, z. Situation)

- Kognitive Verarbeitungsgeschwindigkeit

II. Wichtige kognitive Bereiche bei der Exploration

von neurologischen und psychiatrischen Patienten

Funktionsbereich

exekutive

Funktionen

Fall: Phineas Gage (1823-1860)

II. Exekutivfunktionen

• Vorausschauendes Denken

• Arbeitsgedächtnis

• Verhaltensregulation, Planen, Handeln und Erwägen von

Handlungsalternativen

• Entscheidungen treffen, zielgerichtetes Durchführen von

Handlungen

• Inhibition

• Kognitive Flexibilität, error monitoring, Urteilsvermögen

• Emotionsregulation

II. Exekutivfunktionen bei psychiatrischen

Erkrankungen

• Exekutivfunktionen sind häufig beeinträchtigt bei folgenden

psychiatrischen Erkrankungen:

- ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom)

- ASS (Autismus-Spektrum-Störung)

- Depression

- Schizophrenie

- Demenz

II. Diagnostik von Exekutivfunktionen

• Frontal Assessment Battery (FAB)

• Modified Card Sorting Test

• Planungstests, z.B. Turm von London (Shallice, 1982)

• Stroop-Test (Stroop, J.R., 1935)

• Go Nogo Aufgaben

• Wortflüssigkeitstest

• Trail Making Test

Frontal Assessment Battery

Diskriminierung zwischen Ätiologie Alzheimer-Erkrankung (AD) vs. Frontotemporale Genese (FTD) (Cutoff-Score 12 Punkte → Sensitivität: 77% / Spezifität 87%)

Modified Card Sorting Test

II. Tower of London Test

II. Stroop-Test

II. Go-Nogo Aufgabe

II. Trail Making Test Teil A und B

• Schon leichter, unkontollierbarer Stress kann eine Störung PFC-assoziierter

kognitiver Funktionen zur Folge haben (Arnsten, 2009, Nature Reviews

Neuroscience 10, 410-422 )

• Chronischer Stress kann zu strukturellen Veränderungen präfrontaler

Dendriten führen

• Wichtig: subjektive Wahrnehmung von Kontrolle:

- Gefühl von Kontrolle in Stresssituationen -> keine kogn. Störung

- Gefühl des Kontrollverlustes -> Störung der PFC Funktionen

Zusammenhang von Stress und psychischen Erkrankungen:

- Chronischer Stress ist Risikofaktor für Depression

- Traumatischer Stress kann zu Posttraumatischer Belastungsreaktion

(PTSD) führen

- Stress kann zu Exazerbationen bei schizophrenen und bipolaren

Erkrankungen führen

- Rückfallhäufigkeit psychischer Erkrankungen nimmt bei Stress zu

II. Stress beeinflusst/beeinträchtigt die Funktion

und Struktur des Präfrontalcortex (PFC)

Funktionsbereich

Sprache/

Kommunikation

II. Sprache / Kommunikation

• Wortfindung

• Ausdrückfähigkeit, Flüssigkeit

• Wortschatz

• Spontansprache

• Sprachverständnis (Wörter / Sätze / Anweisungen)

• Benennung

• Nachsprechen

• Grammatik, Syntax

• Sprachmotorik, Artikulation, Phonation, Prosodie

• Handschrift, das Schreiben, das Lesen

• Phonologische, semantische Paraphasien, etc.

II. Pragmatische Kommunikationsstörungen bei

psychiatrischen Erkrankungen

(Autismus, Schizophrenie)

Pragmatik ist die Fähigkeit, sprachliche (Laute, Wörter, Sätze) und nicht-sprachliche

(Gestik, Mimik) Zeichen in der Interaktion (z. B. in einem Gespräch) so zu vermitteln

und zu verstehen, wie es die jeweilige Situation erfordert. z.B.:

- Einschätzen von Vorwissen des Kommunikationspartners

- Gespräch initiieren

- Redepausen beachten

- Fragen oder Forderungen stellen, auf Fragen antworten oder Missverständnisse

klären

Pragmatikstörungen bei psychiatrischen Erkrankungen:

- geringer oder fehlender Blickkontakt

- reduzierte Gestik und Mimik

- Echolalien (Nachsprechen)

- geringe Aufmerksamkeit (Zuhören)

- kein Interesse an bzw. Vermeiden von Kontaktaufnahme bzw. Gesprächen oder

mangelnde Fähigkeit, die Perspektive des Gesprächspartners einzunehmen oder

sich sprachlich eindeutig zu äußern

• Sprache / Kommunikation sind häufig beeinträchtigt

bei folgenden psychiatrischen Erkrankungen:

- ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-

Syndrom)

- ASS (Autismus-Spektrum-Störung)

- Depression

- Schizophrenie

- Demenz, speziell Primär Progressive Aphasie

II. Sprache / Kommunikation bei

psychiatrischen Erkrankungen

II. Diagnostik von Sprache / Kommunikation

• Token Test

• Boston Namig Test

• Object and Action Naming Battery

• Semantische / Phonematische Flüssigkeit

• Pyramids and Palm Tress Test

• Category Specific Names Test

• Boston Diagnostic Aphasia Examination (BDAE)

• Psycholinguistic Assessments of Language Processing in

Aphasia, etc.

Token Test

Boston Naming Test

Object and Action Naming Battery

Boston Diagnostic Aphasia Examination (BDAE)z.B. „Cookie theft“ picture

Funktionsbereich

Gedächtnis/Lernen

II. Gedächtnis / Lernen

• Deklaratives vs. non deklaratives Gedächtnis

• Episodisches (erlebt) / Semantisches (erlernt) Gedächtnis vs.

Prozedurales Gedächtnis (erlernt) / Priming (erlernt/erlebt) /klassische

Konditionierung

• Kanäle: verbal, visuell, akustisch…

• Zeit: Vergangenheit vs. Zukunft (prospektives Gedächtnis)

• Dauer: Kurz – vs. Langzeitgedächtnis

• Dauer (im Detail): Sensorisches Gedächtnis (iconic, echoic, haptic)

(Milisekunden) Arbeitsgedächtnis(mehrere Sekunden)

Kurzzeitgedächtnis ( Sekunden -Minuten) Mittelzeitgedächtnis

(Minuten-Stunden) Langzeitgedächtnis; die Konsoliedierung findet

nach ca. 3 Std. statt! (Stunden, Tage, Woche, Jahre) Biographische

Gedächtnis (Jahre)

• Phasen: Enkodierung Speicherung (Konsolidierung) Abruf ;

Wiedererkennungsleistung

• Lernfähigkeit

II. Störungen des Gedächtnisses: Amnesie

Definition:

Schwere Störung oder Verlust des Langzeitgedächtnisses

bei relativ intakten anderen kognitiven Funktionen.

Arten von Amnesie:

• Transiente globale Amnesie

• Anterograde Amnesia (Probleme neue Info zu speichern)

• Retrograde Amnesie (Probleme, alte Gedächtnisinhalteabzurufen)

• Gedächtnis / Lernen sind häufig beeinträchtigt bei

folgenden psychiatrischen Erkrankungen:

- ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom)

- ASS (Autismus-Spektrum-Störung)

- Depression

- Schizophrenie

- Demenz

II. Gedächtnis / Lernen bei

psychiatrischen Erkrankungen

II. Diagnostik von Gedächtnis / Lernen

• Wechsler Memory Scale

• Rey Auditory Verbal Learning Test

• California Verbal Learning Test (CVLT)

• Free and Cued Selective Reminding Test

• Rey–Osterrieth complex figure test

• Benton Visual Retention Test

• Rivermad Bahavioral Memory Test

Implizites Langzeitgedächtnis

Beispielaufgabe:

Verbales priming und word stem recall

FISCH

SILBER

BLUME

TINTE

RING

ELEPHANT

WASSER

HAND

BLEISTIFT

TI

„Word stem completion priming“, Test für prozedurales/implizitesGedächtnis

Wechsler Memory Scale

z.B. Corsi Block Test(nonverbaler Kurzzeitgedächtnistest, explizites Gedächtnis)

Rey Auditory Verbal Learning Test

II. Rey Osterreith Complex Figure Test

(nonverbaler Gedächtnistest, explizites

Gedächtnis)

• Rey-Osterrieth Complex Figure Test (nonverbales KZG, Shin etal., (2006)

II. Psychometrische Tests zur Erfassung der

nonverbalen Gedächtnisleistung

II. Benton Visual Retention Test

II. Benton Visual Retention Test

II. Benton Visual Retention Test

Funktionsbereich

Aufmerksamkeit

II. Aufmerksamkeit / Konzentration

INTENSITÄT:

• „Alertness“ oder Aufmerksamkeitsaktivierung (tonisch ohne Warnreiz;

phasisch mit Warnreiz)

• Daueraufmerksamkeit (lang anadauernde einfache

Signalentdeckungsaufgaben; hoher Anteil relevanter Stimuli)

• Vigilanz (lang dauernde monotone Signalentdeckungsaufgaben; niedriger

Anteil relevanter Stimuli)

SELEKTIVITÄT:

• Selektive bzw. fokussierte Aufmerksamkeit

• Wechselnde Aufmerksamkeit

• Geteilte Aufmerksamkeit (Verteilung der Aufmerksamkeit auf mehrere

Informationskanäle!)

• Aufmerksamkeit / Konzentration sind häufig beeinträchtigt

bei folgenden psychiatrischen Erkrankungen:

- ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom)

- ASS (Autismus-Spektrum-Störung)

- Depression

- Schizophrenie

- Demenz

II. Aufmerksamkeit / Konzentration bei

psychiatrischen Erkrankungen

II. Diagnostik von Aufmerksamkeit /

Konzentration

• Corsi Block-Tapping Test

• The Digit Cancellation Task

• The Letter Cancellation Task

• Continuos Performance Test (CPT)

• California Computerized Assessment Package

• Symbol Digit Modalities Test (SDMT)

II. Corsi Block-Tapping Test

II. The Digit Cancellation Task

II. Symbol Digit Modalities Test (SDMT)

II. Funktionsbereich

Intelligenz

• Differentialdiagnostik (z.B. bei kindlichen

Entwicklungsstörungen)

• Demenzdiagnostik

• Prognose, Chronifizierung von kognitiven

Störungen bei psychiatrischen Erkrankungen (z.B.

bei schweren Psychosen)

• Verlaufskontrolle bei therapeutischen

Interventionen

• Klinische Forschung (Homogenität von Gruppen

hinsichtlich des kognitiven Funktionsniveaus)

II. Funktionsbereich Intelligenz

Fragestellungen zur IQ-Testung

II. Intelligenzverteilung: Gauß‘sche

Normalverteilung

• Mittelwert: IQ = 100

• 1 Standardabweichung: 15 IQ-Punkte

- 69= Weit unterdurchschnittlich Iintelligenzminderung)

70- 84= unter Durchschnitt (Borderline Intelligenz)

85-115= Durchschnitt

116-121= über Durchschnitt

122-130= hohe Intelligenz

131-141= sehr hohe

141+ = außergewöhnlich hohe Intelligenz

II. Theorie nach Cattell

R.B. Cattell unterschied zwischen:

1. Flüssiger Intelligenz (Fähigkeit, logisch zu denken)

- Geistige Kapazität

- Auffassungsgabe

- Verarbeitungsniveau

2. Kristalliner Intelligenz (erworbenes Wissen, abhängig von Lernerfahrungen)

- Explizites Wissen (episodisch und semantisch)

- Implizit erlerntes Wissen (z.B. Rechnen, Radfahren)

Angeboren,

vererbt,

kulturfrei,

entscheidend

bei Lern-

vorgängen

Umweltbedingt,

ausbildungs-

abhängig,

kulturspezifischIQ-Test: „Cattell‘s culture fair test“

II. IQ Tests

• Hamburg-Wechsler Intelligenztest (HAWIE, WAIS IV)

und Kinder (HAWIK):

- Verbal-IQ (z.B. Hauptstadt von Australien?

Gemeinsamkeit zwischen Henne und Ei)

- Handlungs-IQ (z.B. Mosaiktest)

• LPS (Leistungsprüfsystem)

• Mehrfachwahl-Wortschatz-Test

III.

Neuropsychologische

Charakteristika bei spezifischen

neuropsychiatrischen Erkrankungen

III. Neuropsychologische Charakteristika bei

spezifischen neuropsychiatrischen Erkrankungen:

Demenzen

Beeinträchtigte Funktionsbereiche:

- Progredient vs. Nicht-progredient

- Mehrere kognitive Bereiche (Gedächtnis, Sprache,

Exekutivfuntionen, Raumwahrnehmung etc.)

- NP Defizite abhängig von den betroffenen Gehirnarealen

(z.B. Fronto-temporale Demenz versus Alzheimer-

Demenz) und der Progredienz der Erkrankung

- Psychische Symptome (Depression, Angst, psychotische

Symptome etc.)

III. Neuropsychologische Charakteristika bei

psychiatrischen Erkrankungen:

Affektive Erkrankungen (Major Depression)

Beeinträchtigte Funktionsbereiche:

- Lernen und Gedächtnis

- Exekutivfunktionen

- Aufmerksamkeit

- Psychomotorische Verlangsamung

-> Defizite oft abhängig vom Schweregrad der Depression

III. Neuropsychologische Charakteristika

bei psychiatrischen Erkrankungen:

Psychotische Erkrankungen / Schizophrenie

Beeinträchtigte Funktionsbereiche:

- Exekutivfunktionen (Planen, Handeln, Emotionsregulation,

Entscheiden)

- Aufmerksamkeit

- Verbales und nonverbales Langzeitgedächtnis

- Psychomotorische Verlangsamung

- Interhemisphärische Koordination

III. Neuropsychologische Charakteristika

bei psychiatrischen Erkrankungen:

Aufmerksamkeits-Hyperaktivität-Defizit-

Syndrom (ADHS)

Beeinträchtigte Funktionsbereiche:

- Aufmerksamkeit

- Exekutivfuntionen

- Kognitive Disinhibition, Impulsivität

- Verlangsamte kognitive Verarbeitungsgeschwindigkeit und Lernen

III. Neuropsychologische Charakteristika

bei psychiatrischen Erkrankungen:

Autismus Spektrum Störung

Beeinträchtigte kognitive Funktionsbereiche:

- Soziale Kognition/Theory of Mind (ToM)

- Psychomotorik (Stereotypien)

- Sprache und Kommunikation

- Exekutivfunktionen

- Arbeitsgedächtnis

III. Die NPU in der Psychiatrie

Testverfahren in durchgeführter Reihenfolge Zeit in

Minuten

CVLT I (5 Durchgänge lernen, Interferenz, Abruf

nach Interf.)

10:00

Visuelle Wiedergabe I (visual reproduction) (direkt) 3:00

TMT-A und TMT-B 3:00

LPS Untertest 3 6:00

Zahlenspanne (digit span test) (vorwärts/rückwärts) 6:00

CVLT II (verzögerter Abruf, Wiedererkennen) 3:00

Visuelle Wiedergabe II (visual reproduction)

(verzögert)

3:00

RWT – semantisch-kategoriell (fluency animals) 3:00

Wortschatztest (WST oder MWT-B) 5:00

ZST (Zahlensymboltest) 5:00

Gesamtdauer Ca. 47

min

III. Die NPU in der Psychiatrie

CVLT – California Verbal Learning Test

• Liste mit 16 Wörtern

• Präsentation: verbal in 5 Lerndurchgängen mit direktem

Abruf

• Anschließend Distraktor (Liste B mit ebenfalls 16 Wörtern)

• Direkter Abruf ohne erneute Präsentation der Wortliste

(freier Abruf und Abruf mit Hinweisreizen)

• Verzögerter Abruf (freier Abruf und Abruf mit Hinweisreizen)

• Rekognitionsaufgabe

III. Die NPU in der Psychiatrie

visuelles Gedächtnis: Beispiel WMS-R

• Figuren werden für 10 Sekunden präsentiert

• Direkter Abruf: Figuren im Anschluss aus dem Gedächtnis

zeichnen

• Verzögerter Abruf: Figuren ohne erneute Präsentation aus

dem Gedächtnis zeichnen

• Rekognitionsaufgabe

Trail Making Test B

• Erfasst werden die geteilte

Aufmerksamkeit oder die

kognitive Flexibilität

• Neben der schnellen Verbindung

von Zahlen wird zusätzlich eine

alphabetische Verbindung gefor-

dert, wobei zunächst Zahl 1 mit

dem Buchstaben A, anschließend

Zahl 2 mit dem Buchstaben B etc.

verbunden werden muss

• Testwert ist die Bearbeitungszeit

in Sekunden

• Abbruch: nach 300 s

III. Die NPU in der Psychiatrie

Aufmerksamkeit/Exekutivfunktionen: TMT

III. Die NPU in der Psychiatrie

Intelligenz: LPS-3

LPS-3 Untertest 3

• In einer Symbolreihe muss das falsche Symbol identifiziert

werden (Erkennen der Regel der Reihe)

III. Beispiele

Der depressiver Patient:

• Insbesondere um Funktionsbeeinträchtigungen zu

objektivieren

• wichtig für die Psychotherapie, aber auch die soziale und

berufliche Rehabilitation

• Sonderfall der ältere depressive Patient (DD AD)

Der Patient mit psychotischer Störung

• Diagnostik/Früherkennung im Prodromalstadium

• Erfassung des Ausmaßes kognitiver Beeinträchtigung zur

Abschätzung der Prognose in der sozialen und beruflichen

Rehabilitation

III. Die Diagnostik in der

Gedächtnissprechstunde: chronisch-

neurodegenerative Erkrankungen

• In die Gedächtnissprechstunde kommen Patienten, die primär über

Gedächtnisstörungen klagen

• Fragestellung: Liegt eine chronisch-neurodegenerative Erkrankung

vor? Welche alternativen Erklärungen gibt es?

• Neuropsychologie: Erfasst Ausmaß und Verteilung der kognitiven

Defizite

III. Die Diagnostik in der

Gedächtnissprechstunde: chronisch-

neurodegenerative Erkrankungen

• Wichtigste Differentialdiagnosen: Alzheimer-Erkrankung, Depressive

Störung, vaskuläre Ätiologie, Frontotemporale Demenz (behaviorale

vs. sprachliche Variante), Lewy-Körperchen-Erkrankung

• Die Neuropsychologie prüft, ob SCD (subjektive

Gedächtnisbeschwerden mit oder ohne Risiko), MCI (leichte kognitive

Störung) oder Demenz vorliegt

• Die NP prüft, welche kognitiven Domänen betroffen sind (z.B. primär

Gedächtnisstörung?)

III. Die Diagnostik in der

Gedächtnissprechstunde: chronisch-

neurodegenerative Erkrankungen

Ablauf in unserer Gedächtnissprechstunde:

1. Vorgespräch mit ausführlicher Anamneseerhebung

2. Neuropsychologische Testung (z.B. mit neuropsychologischer

Testbatterie CERAD – spezifisch für die Alzheimer-Erkrankung)

3. Einbezug einer strukturellen Bildbegung (z.B. cMRT)

4. Liquordiagnostik (Diagnostik spezifischer Biomarker wie TAU und beta-

Amyloid)

5. Abschlussgespräch: Vermittlung der Befunde und der Diagnose an

Patienten und Angehörige, Besprechung der Therapieoptionen

Institution:

PatientIn

ID Beispiel Alter 68

Name, Vorname: Geschlecht: m

Initialen: XX Ausbildung (Jahre): 16

Diagnose: - Untersuchungsdatum:

Weitere Angaben: WMS PR<3/PR<5 UntersucherIn: Klostermann, A.

Variablen Wert Max. z-Wert

1 Semantische Flüssigkeit (Tiere) 9 - -2,6

2 Boston Naming Test 14 15 -0,6

3 Mini-Mental Status 29 30 -0,3

4 Wortliste Lernen Total 11 30 -2,9

4a Wortliste Lernen Durchgang 1 3 10 -1,7

4b Wortliste Lernen Durchgang 2 4 10 -2,3

4c Wortliste Lernen Durchgang 3 4 10 -3,2

5 Wortliste Abrufen 3 10 -2,0

6 Wortliste - Intrusionen 0 - 0,7

7 Savings Wortliste (%) 75% - -0,9

8 Diskriminabilität (%) 80% 100% -2,5

9 Figuren Abzeichnen 10 11 -1,1

10 Figuren Abrufen 8 11 -1,2

11 Savings Figuren (%) 80% - -0,8

12 Phonematische Flüssigkeit (S-Wörter) 7 - -1,5

13 Trail Making Test, Part A 135 180 -3,2

14 Trail Making Test, Part B 300 300 -2,9

15 Trail Making Test, B/A 2,2 - 0,0

01. Jan 18

-4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4

1

2

3

4

4a

4b

4c

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

z-Werte

Zusammenfassung

• Neuropsychologie leistet einen wichtigen Beitrag zur Diagnostik, Therapieplanung und Verlaufskontrolle bei psychiatrischen und neurologischen Erkrankungen

• Die neuropsychologische Untersuchung erfolgt immer hypothesengeleitet

• Dabei versucht die Neuropsychologie die kognitiven Defizite in spezifischen Funktionsbereichen/Domänen zu erfassen

• Neuropsychologische Defizite treten oft störungsspezifisch auf und stehen im Zusammenhang mit der Ausprägung klinischerSymptome

Weitere Literatur

Comer, R.J. (2013). Abnormal Psychology (8th Edition). WorthPublishers,

New York.

Chapter 4: Clinical assessment, diagnosis, and treatment.

Kolb, B. & Whishaw, I. (2009) Fundamentals of Human

Neuropsychology. 6th Edition. Worth PublishersW.H. Freeman, New York.

Chapter 27: Psychiatric and related disorders

Chapter 28: Neuropsychological assessment

Rüssler, J. (2010). Der „kognitive Kern“ der Neuropsychologie:

Neuropsychologische Diagnostik bei psychiatrischen Erkrankungen.

In: Lautenbacher, S. & Gauggel, S. (Hrsg.) Neuropsychologie

psychischer Störungen, 2. Auflage, Springer.