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Leseprobe Ringelnatz, Joachim Lebenslust mit Joachim Ringelnatz © Insel Verlag insel taschenbuch 3627 978-3-458-35327-0 Insel Verlag

New Insel Verlag · 2015. 10. 25. · Den Oberkellner bewegt, Mir tausend Eier zu bringen, Von Osterstçren gelegt. Ein sßer Duft von Havanna Verweht in ringelnder Spur. Ich fhle

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  • Leseprobe

    Ringelnatz, JoachimLebenslust mit Joachim Ringelnatz

    © Insel Verlaginsel taschenbuch 3627

    978-3-458-35327-0

    Insel Verlag

  • Wo kommt sie her, die Lebenslust? Aus vielerlei Quellen. Bei JoachimRingelnatz ist es der erste frische Blumenkohl mit Brçseln, ein Ferien-brief, der nach Seeluft und Zwanzigkr�uterschnaps riecht, das Busselnmit Rçsl unter dem Standbild der Pallas Athene, der Hasenbraten anSilvester, die Harmonika aus der Nachbarschaft, die ein Konzert imKurhaus »imaginiert«, eine Reise nach Frankfurt an der Oder, ein Fern-gruß von Bett zu Bett . . . Joachim Ringelnatz’ Texte sind Elixiere derLebenslust und Lebensfreude und dieser Band eine Einladung, sie zunutzen.

    Joachim Ringelnatz, Dichter, Kabarettist und Maler, geboren am 7. Au-gust 1883 als Hans Bçtticher in Wurzen an der Elster, einem s�chsi-schen St�dtchen, starb am 17. November 1934 in Berlin.

  • insel taschenbuch 3627Lebenslust mit

    Joachim Ringelnatz

  • Lebenslust mitJoachim

    RingelnatzAusgew�hlt von Kathrin Grothe

    Insel Verlag

  • Umschlagillustration: Hans Traxler

    insel taschenbuch 3627Originalausgabe

    Erste Auflage 2010� Insel Verlag Berlin 2010

    Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der �bersetzung,des çffentlichen Vortrags sowie der �bertragung

    durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form

    (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren)ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert

    oder unter Verwendung elektronischer Systemeverarbeitet, vervielf�ltigt oder verbreitet werden.

    Vertrieb durch den Suhrkamp Taschenbuch VerlagUmschlag nach Entw�rfen von Willy Fleckhaus

    Satz: H�mmer GmbH,Waldb�ttelbrunnDruck: CPI – Ebner & Spiegel, Ulm

    Printed in GermanyISBN 978-3-458-35327-0

    1 2 3 4 5 6 – 15 14 13 12 11 10

  • Inhalt

    Lebenslust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11Morgenwonne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11�berall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11Fr�hling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12Freude . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13Tango . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13Fahrt zum Treffpunkt Bielefeld . . . . . . . . . . . . 14An Berliner Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

    Herrlich am�siert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16Zwieback hat sich am�siert . . . . . . . . . . . . . . 16

    Kleider machen Leute . . . . . . . . . . . . . . . . . 23Berta und ich gehn zum Maskenball . . . . . . . . . 23Aus dem Tagebuch eines Bettlers . . . . . . . . . . . 24

    Tue Gutes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27Der Wunderbrunnen. M�rchen . . . . . . . . . . . . 27

    Tafelfreuden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31Was Topf und Pfann’ erz�hlen kann . . . . . . . . . 31

    Wenn einer eine Reise tut . . . . . . . . . . . . . . . 43Kurz vor der Weiterreise . . . . . . . . . . . . . . . 43Frankfurt am Main . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43Frankfurt an der Oder . . . . . . . . . . . . . . . . . 44Drei Tage Tirol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45Landflucht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

  • Beneidenswerte Weltmenschen . . . . . . . . . . . . 48Die wilde Miss vom Ohio . . . . . . . . . . . . . . 48

    Sommerfrische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53Ferienbrief . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

    Die Lust am Fabulieren . . . . . . . . . . . . . . . . 57Kuttel Daddeldu erz�hlt seinen Kindern

    das M�rchen vom Rotk�ppchen . . . . . . . . . . 57

    Applaus! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61Wettlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

    Bettgefl�ster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64Volkslied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64Ferngruß von Bett zu Bett . . . . . . . . . . . . . . . 64Silvester . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

    Wenn’s am schçnsten ist, soll man gehn . . . . . . . 67Durch das Schl�sselloch eines Lebens . . . . . . . . 67

    Ich hab dich lieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78Meine erste Liebe? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78Ich habe dich so lieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78Was willst du von mir? . . . . . . . . . . . . . . . . 79Brief in die Sommerfrische . . . . . . . . . . . . . . 80Liebeszettel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81Essen ohne dich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81. . . als eine Reihe von guten Tagen . . . . . . . . . . 82Liebesbrief . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

  • Der Blumenfreund . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85Die Krokusgeheimnisse oder die Prinzipien . . . . . 85

    Ein Herr aus unsrer Mitte . . . . . . . . . . . . . . 93Kathi und die Freier . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

  • Lebenslust

    morgenwonne

    Ich bin so knallvergn�gt erwacht.Ich klatsche meine H�ften.Das Wasser lockt. Die Seife lacht.Es d�rstet mich nach L�ften.

    Ein schmuckes Laken macht einen KnicksUnd gratuliert mir zum Baden.Zwei schwarze Schuhe in blankem WichsBetiteln mich »Euer Gnaden«.

    Aus meiner tiefsten Seele ziehtMit Nasenfl�gelbebenEin ungeheurer AppetitNach Fr�hst�ck und nach Leben.

    �berall

    �berall ist Wunderland.�berall ist Leben.Bei meiner Tante im StrumpfenbandWie irgendwo daneben.

    �berall ist Dunkelheit.Kinder werden V�ter.F�nf Minuten sp�ter

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  • Stirbt sich was f�r einige Zeit.�berall ist Ewigkeit.

    Wenn du einen Schneck behauchst,Schrumpft er ins Geh�use.Wenn du ihn in Kognak tauchst,Sieht er weiße M�use.

    fr�hling

    Die B�ume im Ofen lodern.Die Vçgel locken am Grill.Die Sonnenschirme vermodern.Im �brigen ist es still.

    Es stecken die Spargel aus DosenDie zarten Kçpfchen hervor.Bunt ranken sich kçstliche RosenIn Faschingsgirlanden empor.

    Ein Etwas, wie Glockenklingen,Den Oberkellner bewegt,Mir tausend Eier zu bringen,Von Osterstçren gelegt.

    Ein s�ßer Duft von HavannaVerweht in ringelnder Spur.Ich f�hle an meiner SusannaErwachende neue Natur.

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  • Es lohnt sich manchmal, zu lieben,Was kommt, nicht ist oder war.Ein Fr�hlingsgedicht, geschriebenIm k�ltesten Februar.

    freude

    Freude soll nimmer schweigen.Freude soll offen sich zeigen.Freude soll lachen, gl�nzen und singen.Freude soll danken ein Leben lang.Freude soll dir die Seele durchschauern.Freude soll weiterschwingen.Freude soll dauernEin Leben lang.

    tango

    Denn nur zu zweitUnd dann ganz zu zweit alleinKann ein GeheimnisEwig Geheimnis sein.F�hlst du wie ich,O dann ist’s getreu verwahrt,Dann war auch Liebe dahinter,Liebe ist still und zart.Denn nur zu zweitUnd dann ganz zu zweit alleinKann ein Geheimnis

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  • Ewig Geheimnis sein.Nur eine leise Melodie,Der alte Jugendtraum,Jenes M�rchen von Er und Sie.

    Du, an die ich jetzt denke, vergiß es nie!Du, an die – Erinnerst du wann und wie?Nie vergessen sei dieses Gedicht,Jene Nacht. – Doch erz�hl es nicht!Du, an die ich jetzt denke, vergiß es nie.Melodie – nur Melodie.

    fahrt zum treffpunkt bielefeld

    Welt, bist du abgedroschen schçn!Ich mçchte in Fanfaren stoßen.Es platzen meine Hosen,Doch es gibt nur eine kleine Tçn.

    Wie ich das jetzt so um mich seh,Ist alles weiß wie frischer Schnee,Und ich gondle dazwischenUnd darf nach Belieben fischen.

    Das ist der rechte Augenblick,Sich froh zu �berlegen:Armut macht d�nn. Reichtum macht dick.

    Die Welt ist schçn! Zickzack, Zackzick!Ich f�hle mich verwegen.

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  • an berliner kinder

    Was meint ihr wohl, was eure Eltern treiben,Wenn ihr schlafen gehen m�ßt?

    Und sie angeblich noch Briefe schreiben.Ich kann’s euch sagen: Da wird gek�ßt,Geraucht, getanzt, gesoffen, gefressen,

    Da schleichen verd�chtige G�ste herbei.Da wird jede Stufe der Unzucht durchmessen

    Bis zur Papagei-Sodomiterei.Da wird hasardiert um unsagbare Summen.

    Da dampft es von Opium und Kokain.Da wird gepaart, daß die Sch�del brummen.

    Ach schweigen wir lieber. – Pfui Spinne, Berlin!

  • Herrlich amüsiert

    zwieback hat sich am�siert

    So ein Kriegsschiff wie die »Nymphe« sieht von außenschmuck und freundlich aus. Kommt man als Besuch anBord, so bemerkt man viel Ruß und �l und Enge und stçßtsich mehrmals empfindlich an sehr interessanten Maschi-nen. Gehçrt man im Dienste f�rs Vaterland selbst zumSchiff, so lernt man erstaunlich vielseitige Arbeit, vieldr�ckendes, eisernes M�ssen kennen, lernt sich unter frei-em Himmel im Winter mit kaltem Wasser den Oberkçr-per waschen und andres.

    Bei der Marine muß man sehr gesund sein,um sich wohl-zuf�hlen, gesund an Leib und Seele. Zwieback war nichtgerade krank.Aberdie Kameradenhielten ihn f�r schw�ch-lich, und er litt darunter; denn als Matrose unter Matro-sen f�r schw�chlich zu gelten, ist etwas Qualvolles.

    Zwieback hieß gar nicht Zwieback. Irgendwie war erzu diesem Spitznamen gekommen.

    Niemals hatte er sich krank gemeldet. Er verrichteteden Dienst, den die anderen verrichteten, nur wenigergut als diese. Nie zeichnete er sich aus. In allem blieb er zu-r�ck, in allem, und das schmerzte ihn. Er begriff schwer,war ungeschickt und zerstreut beim Exerzieren. SeineUniformst�cke wiesen immer Flecke auf und karikiertendie unschçnen Formen seines Kçrpers.

    Er hatte ein merkw�rdig langes Gesicht, das durchausnicht zur Uniform paßte. Außerdem war er sehr klein, aberauch nicht der kleinste. Denn in nichts war er der Erste

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  • oder Letzte. Er wurde mit kr�nkender Selbstverst�ndlich-keit �bersehen von den anderen.

    Und immer wieder verglich er sich mit diesen anderen.Das waren starke, wohlgebaute, frische Kerle. Sie sahenwirklich aus, wie Matrosen aussehen. Er, Zwieback, sahdoch nicht aus, wie Matrosen aussehen. Und sie lebtenmit so viel Leichtigkeit und Sicherheit.

    Es gab da Leute,die stundenlang in der schmutzigen Ta-kelage arbeiten konnten, ohne daß ihre weißen Anz�gefleckig wurden. Und war es nicht grausam besch�mend,wenn jemand sagte: »Zwieback, Sie sehen wie ein Ferkelaus.« Es gab Leute, die gef�rchtet waren, weil sie sich dieGunst strenger Vorgesetzter erschmeichelten,und solche,die hçchstes Ansehen genossen,weil sie auffallend kr�ftigund verwegen waren.

    Warum verstand nur er, Zwieback, nicht die Kunst,sich als gleichwertiges Teil im Ganzen zu behaupten?

    Hatte er sich einen Knopf angen�ht, dann fand er zu-letzt, daß er den Faden �ber den Rand des Knopfes ge-zogen. Das kam bei den anderen nicht vor.

    Diese gl�cklichen anderen hatten Extrauniformen, undwie st�rmisch sahen sie darin aus, wenn sie zur Urlaubs-musterung antraten. Und dann kamen sie zur�ck von Landmit leuchtenden Augen, heiß und rot, stolz und trunken,mit dem Gef�hl himmelst�rmender Kraft in den Adern.

    Manchmal wachte Zwieback auf von dem aufgereg-ten Lachen, den jugendwilden Tritten der Zur�ckkehren-den. »Na, gut am�siert?« fragte eine Stimme g�hnend.»O, herrlich am�siert!« antwortete jemand. In seinemTon lag etwas von einem Trompetenstoß oder vom Wie-hern eines F�llens. Und Frage und Antwort wiederholten

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  • sich. Laute und Worte drangen an Zwiebacks Ohr, diesich vor Befriedigtsein bl�hten.

    Aus halboffenen Augen beobachtete er die, denen er un-s�glich neidisch und sehns�chtig zuhçrte.

    Die hatten das Geld, um in Wirtsh�usern lustig zu sein.Die hatten ihre M�dchen. Die verstanden zu tanzen, hat-ten Freunde in Schl�gereien und wurden nicht wegen vor-nehmer Manieren verspottet.

    O, herrlich am�siert. – Das Wort hatte sich in ZwiebacksGehirn eingenistet und ließ ihn unruhig tr�umen. – – –

    Er bat nur selten um Urlaub und dann, um einzukau-fen oder einsam, gr�belnd �ber abgelegene Felder zu wan-dern. Niemand hielt es f�r mçglich, daß Zwieback sichbetrinken oder in eine Frau verlieben kçnnte. – – –

    Die »Nymphe« lag jetzt vor Warnem�nde.Zwieback fuhr an Land. Er wollte heute außergewçhn-

    lich leben, lustig, richtig vergn�gt sein und auf bessereArt, als die anderen es waren. Er wollte nachts auch ein-mal antworten kçnnen: O, herrlich am�siert! Er wollteeinmal von den anderen beneidet werden. – –

    Bald stapfte er durch die beruhigenden Fl�chen feinenD�nensandes am Wasser entlang, an unfçrmigen Strand-kçrben, an m�ßigen und lebhaften Gruppen eleganter Ba-deg�ste vorbei und erwartete ein Erlebnis.

    Es konnte sich ungef�hr so zutragen: Zwei h�bsche,verwçhnt aussehende Backfische schw�rmen vor�ber. Sieverlieben sich in ihn. Kçnnen zwei Backfische, ohne sichzu verlieben, an einem einzelnen Mariner vor�berschw�r-men, der durch das Einerlei einer Badesaison wie ein Me-teor geht? – Gut: Backfisch eins l�ßt den Sonnenschirmfallen. Zwieback zeigt sich galant und gewandt.

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  • O danke vielmals. – Bitte, ich tat das mit Vergn�gen. –Sie sind sehr aufmerksam. – Es folgt ein Gespr�ch, dasmit gewollter Notwendigkeit zum Strandkorb 609, zuden Eltern, Geschwistern und Bekannten der Backfischef�hrt. Die Gesellschaft bewundert Zwieback. Er wird imKreis herumgezeigt wie ein Singhalese und muß tausendFragen beantworten.Was die gekreuzten Flaggen am Ober-arm bedeuteten. Ob er nie seekrank war. Was ein Wal-fisch wiegt und ob T�towieren weh tut. Am Kaffeetischauf der Veranda in der Villa »Seeschwalbe« oder »Iduna«erz�hlt er von gef�hrlichen Erlebnissen als Seemann, alsrauher Marinesoldat, vielleicht von dem entsetzlichenSturm am Kap Horn, wo er den Admiral Teerlapp vertre-ten mußte. – – Die Augenbrauen der verstummten Zu-hçrer m�ssen sich zusammen- und ihre M�nder sich indie Breite ziehen. – Im Abendschatten einer Laube k�ßtZwieback den Backfisch oder die Backfische und empf�ngtdie Chiffre f�r heimlichen Briefwechsel – – Aus all dementspringt etwas, das sich durch Zwiebacks k�nftige Mili-t�rzeit wie der Golfstrom durch Polarwasser zieht. – – –

    Aber es kam nicht so. Niemand sprach ihn an. Man sahihm wohl nach. Manchmal schien es, als ob man hinterihm lachte. Er setzte sich nieder, schlang die Arme umdie eingezogenen Beine, starrte nach der »Nymphe«, aufsMeer, in den Himmel und merkte auf einmal,wie hell undwarm die Luft war. –

    »– kommt – – – Kiel?«Zwieback wandte scharf den Kopf und gewahrte zwei

    j�ngere Herren in tadelloser Kleidung. Er hatte die Fragenicht verstanden und sagte das, sich erhebend.

    Irgendwelche Auskunft wurde erbeten und gegeben.

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  • Die Herren waren ausgesucht hçflich, und Zwieback ge-fiel sich darin, ebenso zu sein. Sp�ter saßen sie vor einerFlasche mit repr�sentabler Etikette und hatten Namengenannt. Zwieback sprach. Er sprach von Torpedos, Gra-naten, Ankermançvern, Bootsmançvern, Landungsmanç-vern, Rettungsmançvern, Regatten, Salutschießen, H�n-gematten, Strafexerzieren, Nachtsignalen, »Klar Schiff«,wollenem Unterzeug, Matrosenkost, Funkenmimik undmeteorologischen Drachen.Von sich selbst sprach er nicht.Er wollte einfach als Beispiel eines deutschen Matrosenreden und war stolz darauf, f�r eine vollwertige Durch-schnittserscheinung zu gelten.

    In dem Bem�hen, den beiden Rostocker Studenten dasgleiche Bild vom Marineleben beizubringen, das ihn selbstergriffen, war er dann ganz rot geworden.

    Die Herren sollten verstehen, wie hart und schçn essei, in einer heulenden Weihnacht auf landfernem Meermit gl�sernen H�nden in steif beeistem Tauwerk zu h�n-gen. Sie sollten von einem Flottenmançver das aufregen-de Durcheinander, die durch kleine Worte beherrschte,farbige Massenverschiebung,das große Drçhnen,das dro-hende, blendende Blitzen, das freiatmende, tausendfacheWehen erfassen. An eine unverg�ngliche Poesie solltensie glauben, begreifend, daß ein Scheinwerfer ein vomDunkel verborgenes Segel plçtzlich in eine weißgl�hende,orientalische M�rchengestaltung verzaubern kann. In dieWelt »Marine« sollten sie blicken, so wie Kinder eine gro-ße, brausende Maschine betrachten – –

    »F�hlen Sie sich dort wohl?«Das lange »O ja«, das Zwieback, tief Atem holend, zu-

    r�ckgab, klang wie nein.

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