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LIEBE GENOSSINNEN, LIEBE GENOSSEN, die CDU ist in d en Kommunalwahlkampf eingestiegen. Genauer gesagt, die Landes- regierung, und zwar auf eine besonders negative Art und Weise. Finanzmin ister Möllring will die Hannoversche Beteili- gungsgesellschaft in die CDU-Hochburg Groß Berßen im Emslan d verlegen. Damit versucht er nicht nur, die alte Neiddebatte zwischen Landesha uptstadt und »der Flä- che« neu zu beleben. Dieses Manöver rich- tet großen Schaden in der kommunalen Familie an. Jetzt sorgen McAllister und Möllring dafür, dass das Land zum Steuer- flüchtling in den eigenen Grenzen wird – und schaden damit allen Kommunen im Lande. Denn die in Hannover fehlende eine Million Euro erhöht die Ansprüche der Stadt auf Zahlungen aus dem kommunalen Finanzausgleich um mehr als eine halbe Million Euro. Dieses Geld fehlt dann den anderen Kommunen, das Land saniert sich auf Kosten der Kommunen. Und welches Beispiel gibt das Land damit eigentlich für die Unternehmen im Land? Sollen jetzt Unternehmen im Land ihren Sitz nach den gleichen Gesichtspunkten wie Mö llring verlegen? Politik muss dafür sorgen, dass das nicht möglich ist und nicht mit schlech- tem Beispiel vorangehen. Ein Grund mehr für uns Sozialdemokratinnen und Sozialde- mokraten, die Kommunalwahl 2011 ge- meinsam und ges chlossen anzupacken. Lasst uns als eine SPD in Nieder sachsen für faire und solide Kommunalfinanzen kämp- fen – die anderen tun es nicht! Euer Olaf Lies Landesvorsitzender vorwärts NIEDERSACHSEN DEZEMBER 2010/JAMUAR 2011 | WWW.SPD-NIEDERSACHSEN.DE EDITORIAL erreicht Deutschland nicht von alleine. Ohne eine aktive Politik für Vollbeschäf- tigung droht die Gefahr eines gespalte- nen Arbeitsmarkts mit einem verfestig- ten Sockel an Langzeitarbeitslo sigkeit auf der einen und Fachkräftemangel auf der anderen Seite. Wir müssen unsere Anstrengungen bei Bildung, Berufsqua- lifizierung und Weiterbildung drama- tisch steigern, damit wir in Deutschland am Ende nicht zugleich einen Mangel an qualifizierten Arbeitskräften und eine fortgesetzt hohe Zahl von Arbeitslosen haben, die nicht ausreichend qualifiziert sind. Und wir brauchen eine neue Ver- mittlungsoffensive mit einem besseren Verhältnis von Arbeitsvermittlern zu Arbeitsuchenden. Die Bundesregierung macht das Gegenteil, in dem sie die Mit- tel der aktiven Arbeitsmarktpolitik radi- kal kürzt und nicht für ausreichend Per- sonal in den Jobcentern sorgt. Aktive Arbeitsmarktpolitik, bessere Vermit tlung und Qualifizierungsange bo- te sind das Eine. Wir müssen aber auch dafür kämpfen, dass die Arbeitsbedin- gungen besser werden, dass Diskriminie- rung im Beruf aufhört und Arbeitneh- Die erfreulichen Entwicklungen der deutschen Wirtschaft und insbesondere auf dem Arbeitsmarkt gehen auf unser beherztes Handeln in der Krise zurück – und nicht auf Rainer Brüderle. Die guten Konjunkturdaten sind ein Grund für Selbstbewusstsein in unserem Land, sie sind jedoch kein Grund, sich selbstzufrie- den zurück zu lehnen. Es besteht die gro- ße Gefahr, dass Deutschland – wenn die Bundesregierung jetzt nicht die richti- gen Entscheidungen trifft – auf Jahre hinaus unter seinen Möglichkeiten bleibt. Die Bundesregierung droht, die Chancen dieses Aufschwungs zu ver- spielen. Jetzt muss es darum gehen, den Auf- schwung zu einem Aufschwung für alle zu machen. Die wirtschaftliche Erholung darf nicht an den Menschen vorbei gehen, die schon lange Zeit arbeitslos sind. Die Zahl der Arbeitslosen lag im Oktober diesen Jahres erstmals bei unter 3 Millionen. Erstmals seit Jahrzehnten besteht die Chance, in den kommenden Jahren Schritt für Schritt das Zi el der Voll- beschäftigung zu erreichen. Wir können Arbeitslosigkeit nicht nur bekämpfen, sondern besiegen. Doch dieses Ziel GUT E ARBEIT FÜ R ALLE Es muss darum gehen, den aktuellen Aufschwung zu einem Aufschwung für alle zu machen. Von Hubertus Heil Im Niedersachsen-vorw ärts: »TiL – Themen im Landtag« (Mittelteil Seiten 1–4) Der Aufschwung muss bei allen ankommen.  Foto: shutterstock Fortsetzung auf Seite 2 » Die wirtschaft- liche Erholung darf nicht an den Menschen vor- beigehen, die schon lange Zeit arbeitslos sind. « Hubertus Heil

Niedersachsen-Vorwärts Dezember 2010

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8/8/2019 Niedersachsen-Vorwärts Dezember 2010

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LIEBE GENOSSINNEN,LIEBE GENOSSEN,die CDU ist in den Kommunalwahlkampf 

eingestiegen. Genauer gesagt, die Landes-

regierung, und zwar auf eine besonders

negative Art und Weise. Finanzminister

Möllring will die Hannoversche Beteili-

gungsgesellschaft in die CDU-Hochburg

Groß Berßen im Emsland verlegen. Damit

versucht er nicht nur, die alte Neiddebattezwischen Landeshauptstadt und »der Flä-

che« neu zu beleben. Dieses Manöver rich-

tet großen Schaden in der kommunalen

Familie an. Jetzt sorgen McAllister und

Möllring dafür, dass das Land zum Steuer-

flüchtling in den eigenen Grenzen wird –

und schaden damit allen Kommunen im

Lande. Denn die in Hannover fehlende eine

Million Euro erhöht die Ansprüche der Stadt

auf Zahlungen aus dem kommunalen

Finanzausgleich um mehr als eine halbe

Million Euro. Dieses Geld fehlt dann den

anderen Kommunen, das Land saniert sich

auf Kosten der Kommunen. Und welches

Beispiel gibt das Land damit eigentlich fürdie Unternehmen im Land? Sollen jetzt

Unternehmen im Land ihren Sitz nach den

gleichen Gesichtspunkten wie Mö llring

verlegen? Politik muss dafür sorgen, dass

das nicht möglich ist und nicht mit schlech-

tem Beispiel vorangehen. Ein Grund mehr

für uns Sozialdemokratinnen und Sozialde-

mokraten, die Kommunalwahl 2011 ge-

meinsam und ges chlossen anzupacken.

Lasst uns als eine SPD in Niedersachsen für

faire und solide Kommunalfinanzen kämp-

fen – die anderen tun es nicht!

Euer

Olaf Lies

Landesvorsitzender

vorwärtsNIEDERSACHSEN

D E Z E M B E R 2 0 1 0 / J A M U A R 2 0 1 1 | W W W . S P D - N I E D E R S A C H S E N . D E

EDITORIAL

erreicht Deutschland nicht von alleine.Ohne eine aktive Politik für Vollbeschäf-tigung droht die Gefahr eines gespalte-nen Arbeitsmarkts mit einem verfestig-ten Sockel an Langzeitarbeitslosigkeitauf der einen und Fachkräftemangel auf der anderen Seite. Wir müssen unsereAnstrengungen bei Bildung, Berufsqua-lifizierung und Weiterbildung drama-

tisch steigern, damit wir in Deutschlandam Ende nicht zugleich einen Mangel anqualifizierten Arbeitskräften und einefortgesetzt hohe Zahl von Arbeitslosenhaben, die nicht ausreichend qualifiziertsind. Und wir brauchen eine neue Ver-mittlungsoffensive mit einem besserenVerhältnis von Arbeitsvermittlern zuArbeitsuchenden. Die Bundesregierungmacht das Gegenteil, in dem sie die Mit-tel der aktiven Arbeitsmarktpolitik radi-kal kürzt und nicht für ausreichend Per-sonal in den Jobcentern sorgt.

Aktive Arbeitsmarktpolitik, bessereVermittlung und Qualifizierungsangebo-

te sind das Eine. Wir müssen aber auchdafür kämpfen, dass die Arbeitsbedin-gungen besser werden, dass Diskriminie-rung im Beruf aufhört und Arbeitneh-

Die erfreulichen Entwicklungen derdeutschen Wirtschaft und insbesondereauf dem Arbeitsmarkt gehen auf unserbeherztes Handeln in der Krise zurück –und nicht auf Rainer Brüderle. Die gutenKonjunkturdaten sind ein Grund fürSelbstbewusstsein in unserem Land, siesind jedoch kein Grund, sich selbstzufrie-den zurück zu lehnen. Es besteht die gro-

ße Gefahr, dass Deutschland – wenn dieBundesregierung jetzt nicht die richti-gen Entscheidungen trifft – auf Jahrehinaus unter seinen Möglichkeitenbleibt. Die Bundesregierung droht, dieChancen dieses Aufschwungs zu ver-spielen.

Jetzt muss es darum gehen, den Auf-schwung zu einem Aufschwung für allezu machen. Die wirtschaftliche Erholungdarf nicht an den Menschen vorbeigehen, die schon lange Zeit arbeitslossind. Die Zahl der Arbeitslosen lag imOktober diesen Jahres erstmals bei unter3 Millionen. Erstmals seit Jahrzehnten

besteht die Chance, in den kommendenJahren Schritt für Schritt das Ziel der Voll-beschäftigung zu erreichen. Wir könnenArbeitslosigkeit nicht nur bekämpfen,sondern besiegen. Doch dieses Ziel

GUTE ARBEIT FÜR ALLEEs muss darum gehen, den aktuellen Aufschwung zu einem Aufschwung für alle zu machen.

Von Hubertus Heil

Im Niedersachsen-vorwärts:»TiL – Themen im Landtag«

(Mittelteil Seiten 1–4)

Der Aufschwung muss bei

allen ankommen.

 Foto: shutterstock

Fortsetzung auf Seite 2

»Die wirtschaft-liche Erholungdarf nicht an denMenschen vor-beigehen, die

schon lange Zeitarbeitslos sind.«Hubertus Heil

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II NIEDERSACHSEN 12/2010 | 01/2011 vorwärts

beschäftigung vorgelegt und gezeigt wiemit einer guten Politik neue Arbeitsplät-

ze entstehen können – in der industriel-len Produktion, bei produktionsnahenDienstleistungen und im »klassischen«Dienstleistungssektor wie in der Gesund-heitswirtschaft oder der Kreativwirt-schaft. Dazu bracht Deutschland einemoderne Industiepolitik und eine Inno-vationsstrategie, die neben Investitionenin Bildung und Infrastruktur auch stär-

die Aussetzung der Wehrpflicht ist in

einer Nacht-und Nebelaktion beschlos-sen worden, ohne dass geeignete Kon-zepte für die Nachwuchsgewinnung auf den Tisch liegen. Nur mit attraktivenFreiwilligendiensten und einer Attrakti-vitätssteigerung des Soldatenberufswird dies gelingen. Die SPD-Bundestags-fraktion wird hierauf ein Augenmerklegen. Auch die Zivilbeschäftigten brau-chen unsere Unterstützung. Bis heutehat das Ministerium den Tarifvertragnicht verlängert, der unter anderemeinen sozialverträglichen Abbau garan-tiert hat. Stattdessen wird ein weitererStellenabbau angekündigt. Eine solche

Willkür auf dem Rücken der Beschäftig-ten ohne soziale Abfederung werden wirnicht zulassen.

Die Abschaffung der Wehrpflicht unddie massive Reduzierung der Bundes-

kere Anreize für private Investitionensetzt. Die schwarz-gelbe Bundesregie-

rung macht auch hier das Gegenteil: DieKürzungen bei der Förderung Erneuerba-rer Energien, beim Klimaschutz und beider Städtebauförderung verhindernInvestitionen in die Zukunft. Anstatt auf die – auch vom Sachverständigenratgeforderte – steuerliche Förderung vonForschung und Entwicklung zu setzen,werden Klientelwünsche bedient.■ 

wehr werden auch für Niedersachsennicht ohne Folgen bleiben. Es drohenweitere Kasernenschließungen. NebenBayern (dem Heimatland des Ministers)ist Niedersachsen das Bundesland, dasdie meisten Standorte und Soldatenbeheimatet. Die Schließung einer Kaser-ne ist dabei für die Gemeinde und die

Menschen zumeist ein enormer Verlustan Arbeitsplätzen, Einwohnern undschlichtweg an Lebensqualität.

Die SPD-Bundestagsfraktion wirddeswegen auf einen transparenten undnachvollziehbaren Prozess bei den Stand-ortentscheidungen drängen. Vor allemist es uns wichtig, dass hier keine»Geschenke« an CDU-Kollegen verteiltwerden. Wichtig wird es für uns auchsein, alle politischen Ebenen frühzeitigin die Pläne des Ministers zu Guttenbergeinzubeziehen. Entscheidungen, die inHinterzimmern getroffen und von obenherab zementiert werden, lehnen wir ab.

An vielen Standorten gibt es eine engeBeziehung zwischen Bundeswehr undGesellschaft, wir haben geeignete undzahlreiche Übungsplätze. Dies allesspricht für den Erhalt eines starken Bun-deswehrlandes Niedersachsen.

Falls es allerdings doch zu Standort-schließungen kommt, müssen die Fol-gen der Strukturreform abgemildertwerden. Bundes- und Landesregierungstehen hier in der Pflicht, den MenschenPerspektiven aufzuzeigen und auch mitfinanziellen Mitteln die Konversion zugestalten. Beim bevorstehenden Abzugbritischer Streitkräfte aus Niedersach-

sen hat Ministerpräsident McAllisterschon angekündigt, die Kommunenfinanziell im Regen stehen lassen zuwollen. Hier werden wir weiterhinDruck machen.■

merinnen und Arbeitnehmer gerechtenAnteil am Aufschwung haben. Auf dem

Arbeitsmarkt muss wieder Ordnunggeschaffen werden, durch Mindestlöhne,durch die Stärkung der Tarifverträge undder Mitbestimmung, nicht zuletzt durchdie Begrenzung der Leih- und Zeitarbeitauf ihren eigentlichen Zweck zur Abdek-kung von Auftragsspitzen.

Frank-Walter Steinmeier hat mit demDeutschlandplan eine Strategie für Voll-

Manchmal fällt es schwer zu folgen: Nun

will Verteidigungsminister zu Gutten-berg also doch keine radikale Personal-kürzung bei der Truppe sondern »nur«eine Reduzierung von derzeit 250.000Soldaten auf 180.000 bis 185.000 Solda-ten. So hat er es am 22. November ange-kündigt. Für die Bundeswehr, die sichseit dem Ende des Kalten Krieges ineinem permanenten Wandel befindet,ist dies ein weiterer gewaltiger Schritt.Zur Ruhe kommen Soldaten und Zivil-personal dabei nicht.

Ärgerlich ist, dass diese Reform nichtErgebnis einer sicherheitspolitischenDebatte ist, sondern zwischendurch den

Anschein erweckte, es ginge lediglichum das Erreichen von Sparzielen. WirSozialdemokraten haben immer deut-lich gemacht, dass wir eine Sicherheits-politik nach Kassenlage ablehnen. Auch

KEINE SICHERHEITSPOLITIK

NACH KASSENLAGESPD drängt auf transparente Prozesse bei der Standortentscheidung

Von Lars Klingbeil

Hubertus Heil MdB,

Stellvertretender Vorsitzen-

der der SPD-Bundestags-

fraktion

 Fotos: SPD

Lars Klingbeil zu Besuch in der

Lent-Kaserne in Rotenburg.

 Foto: privat 

Fortsetzung von Seite 1

»Willkür auf demRücken derBeschäftigtenwerden wir nichtzulassen.«

Lars Klingbeil MdB

8/8/2019 Niedersachsen-Vorwärts Dezember 2010

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NIEDERSACHSEN III12/2010 | 01/2011 vorwärts

VOLKSBEGEHREN FÜR

GUTE SCHULENInitiatoren haben den Staatsgerichtshof angerufen

Von Nils Johannsen

Nach Überzeugung der Initiatoren hatdie Landesregierung ihre Prüfungskom-petenz überschritten: Diese bezieht sichlediglich darauf festzustellen, ob die inder Niedersächsischen Verfassung undim Volksabstimmungsgesetz festgeleg-ten formellen Voraussetzungen für dieDurchführung eines Volksbegehrenserfüllt sind. Hinzu kommt, dass der Ein-griff in den Gesetzentwurf gänzlichunnötig ist, weil das Anliegen der Lan-desregierung – die Wahrung der Rechtedes Schulträgers bei der Wiedereinrich-tung Voller Halbtagsschulen – problem-

los durch Auslegung des vorgelegtenGesetzentwurfs erreichbar ist.Die Initiatoren des Volksbegehrens

haben folglich den Staatsgerichtshof angerufen mit dem Ziel, die Entschei-dung der Landesregierung vom 21.9.2010aufzuheben und das Volksbegehrenuneingeschränkt zuzulassen.

Konsequenzen für Sammlerin-nen und Sammler: das zweiteHalbjahr läuft!

Einen zeitlichen Aufschub für die Samm-lerinnen und Sammler, etwa bis zu einem

sehr späten Zeitraum der Urteilsverkün-dung, gibt es nicht. Mittlerweile hat sichaber der Zeitrahmen zum Sammelndurch diese Verfahrensabläufe durchausbis zum 2. Mai 2011 verlängert. Bis auf 

weiteres sind die alten, d.h. die sich imUmlauf befindlichen Unterschriftenbö-gen weiter zu verwenden, sie behaltenihre Gültigkeit. Wichtig ist auch, dass diebereits ausgefüllten Unterschriftenbö-gen nicht gehortet werden, sondernzügig an die Gemeinden zur Prüfungweitergereicht werden. Mit dem Stich-tag 15.Oktober 2010 sind dem Landes-wahlleiter 178.000 rechtsgültige Unter-schriften gemeldet worden.

Wir sammeln weiter!

In den nächsten Wochen und Monatenmüssen alle Unterstützer und Bündnis-partner noch viele Kraftanstrengungenunternehmen, damit die Anzahl sicherheblich vergrößert. Die Hauptforderun-gen, die Neugründungen von IntegriertenGesamtschulen wesentlich zu erleichternund die Rückkehr des Abiturs nach 13 Jah-ren müssen noch vielen Bürgerinnen undBürger dargestellt und sie aus diesen Grün-den zur Unterschrift bewegt werden. DerStreit um den §3 ist kaum zu vermitteln. Indrei Städten sind erst die 10% der Wahlbe-rechtigten überschritten – es gibt folglichnoch viele Mitbürgerinnen und Mitbürger,

die tatsächlich noch nicht unterschriebenhaben: Wir müssen an die Menschen ran,da hilft nichts! ■ Nils Johannsen ist Gewerkschaftssekretär 

der GEW-Hannover.

Im September hat die NiedersächsischeLandesregierung über die Zulässigkeitdes Volksbegehrens für gute Schulenentschieden. Sie hat zwar grundsätzlichdie Zulässigkeit bestätigt, aber eine»Maßgabe« beschlossen, die den § 3 desvon den Initiatoren vorgelegten Gesetz-entwurfs betrifft. Dieser Paragraf befasst

sich mit den Vollen Halbtagsschulen undhat folgenden Wortlaut: Zum 1. August 

2002 bestehende Volle Halbtagsschulen

werden fortgeführt. Ihre pädagogische

 Arbeit dauert in der Regel fünf Zeitstun-

den an fünf Vormittagen in der Woche.

Das will die Landesregierung

Nach dem Beschluss der Landesregie-rung vom 21.9.2010 soll § 3 folgendenWortlaut haben: Grundschulen, die zum

1. August 2002 als Volle Halbtagsschulen

 geführt wurden, werden wieder als Volle

 Halbtagsschulen geführt; hierzu bedarf 

es, sofern die Grundschule zwischenzeit-lich aufgehoben oder unter Verlust ihres

Status zusammengelegt wurde, eines

 Antrags des Schulträgers. Ihre pädagogi-

sche Arbeit dauert in der Regel fünf Zeit-

stunden an fünf Vormittagen in der 

Woche. § 106 Abs. 1 des Niedersächsischen

Schulgesetzes bleibt unberührt.

Die Landesregierung begründet ihreEntscheidung, dass bei Annahme des §3durch einen Volksentscheid in das ver-fassungsrechtlich geschützte Recht derGemeinden auf Selbstverwaltung einge-griffen würde. Kommunale Schulträger,die bereits Volle Halbtagsschulen abge-

schafft hätten, müssten ihre Entschei-dung wieder rückgängig machen.

Anrufung des NiedersächsischenStaatsgerichtshofes

Die Initiatoren verfolgen mit ihrer Fas-sung des §3 die Wiederherstellung desStatus »Volle Halbtagsschule« und nichtdie Wiedereinrichtung einer geschlosse-nen Schule. Somit seien die Rechte derKommunalen Schulträger nicht betrof-fen. Statistis ch gesehen sind von denzum 1.8.2002 bestehenden 261 Grund-schulen und 24 Förderschulen nur zwei

aufgehoben und eine unter dem Verlustihres Status zusammengelegt worden!Mit dem Ende des Schuljahres 2009/2010gibt es in Niedersachsen keine VollenHalbtagsschulen mehr.

Bunt, laut und fröhlich:Langenhagener Schülerinnen

und Schüler demonstrierten

in Hannover für bessere

Schulen  Foto:privat 

SPENDENAuf dem niedersächsischen

kommunalpolitischen Kon-

gress der SPD in Hannover

Ende September wurden

1.300,00 Euro für den Verkauf 

von »Zertifikaten: Wir klagen

gemeinsam – klagen Sie mit!«

für das Volksbegehren einge-

nommen. Besten Dank an alle

Zertifikatserwerberinnen und

– erwerber!

Vordrucke für diese »Zertifika-

te« können bei Nils Johannsen

per E-Mail bestellt werden:

[email protected] für weitere Spenden:

Stichwort: »Bündnis Schulen«

Konto 923028, Sparda-Bank

Hannover, BLZ 250905 00.

8/8/2019 Niedersachsen-Vorwärts Dezember 2010

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IV NIEDERSACHSEN 12/2010 | 01/2011 vorwärts

DAS EISEN WEITERSCHMIEDENMit einer Zukunftsschmiede stimmte sich Hannovers SPD am 20. November auf die Kommunalwahlenim kommenden Jahr ein.

Von Lothar Pollähne

»Es geht um sinnvolle Investitionen inKunst und Kultur und vor allem um densozialen Frieden in der Stadt«. Der ist

unerlässlich für den Wohlfühlfaktor inder Stadt. »Alle müssen am gesellschaft-lichen Leben teilhaben können«, soMeinhold. »Das ist ein ursozialdemokra-tischer Anspruch«. Der wird schon jetztin den Stadtbezirken bundesweit bei-spielhaft eingelöst.

Es zieht die Menschen wieder zurückin die Stadt, und die Stadt ist darauf vorbe-reitet. Aufgabe der Hannöverschen SPDist es, dafür zu sorgen, dass alle mitkom-men. Dieser Anspruch ist Vorgabe für dasWahlprogramm, das die SPD in der Lan-deshauptstadt in den kommenden Mona-

auch für Interessierte außerhalb der

Jusos öffnen möchtest. Welcher Weg

schwebt Dir hierbei vor?

Schorling: Einerseits möchten wir durcheine stärkere Bündnisarbeit mit ande-ren Organisationen auch junge Leuteaußerhalb der »klassischen« Juso-Ziel-gruppen erreichen und für unsere Arbeitwerben. Zweitens werden wir durcheine noch bessere Öffentlichkeitsarbeitunsere Inhalte und Projekte nach Außentragen.

Auf welche inhaltlichen Schwer-punkte werdet ihr dabei setzen?

Schorling: Neben den seit längerembearbeiteten Feldern Wirtschaft, Sozi-ales und Bildung werden wir den Fokus

ten entwickeln will: nicht im stillen Käm-merlein, sondern in öffentlichen Veran-staltungen. Dort kann die SPD kompetent

darstellen, dass sie seit Jahrzehnten dietreibende Kraft für die WohlfühlstadtHannover ist und zu bleiben gedenkt. Nureines fehlt dem Oberbürgermeister: Ermöchte endlich einmal die Innenstadtgesperrt sehen um die Roten vom Rat-hausbalkon aus mit Amtskette als deut-schen Fußballmeister feiern zu dürfen. Dahat die SPD wenig Einfluss. Ansonstenliegt sie in Hannover vorn. Stephan Weilwill sich dafür einsetzen, dass es dabeibleibt: »Ich werde das Eisen weiterschmie-den«. Das war der Zukunftsschmiedeeinen anhaltenden Applaus wert.■

verstärkt auf die Themen Kommunalpo-litik, Energie und Feminismus legen.Auch der Bereich gute Arbeit und Aus-bildung wird stärker in der Arbeit desLandesverbandes berücksichtigt wer-den.  Was planen die Jusos für die Kom-

munalwahl in 2011?

Schorling: Wir werden zum Auftakteinen »Kick-off-Kongress« mit den jun-gen Kandidaten machen. Dieser wirdvoraussichtlich im Mai 2011 stattfinden.

Außerdem soll es eine Onlineplattformgeben, auf der wir Musterpressemittei-lungen, Anträge und Aktionsideen denörtlichen Kandidaten und den Unterbe-zirken zur Verfügung stellen werden. ■

»Hannover ist die schönste Stadt derWelt«. Darauf hinzuweisen wird StephanWeil, der Oberbürgermeister der nieder-sächsischen Landeshauptstadt, niemalsmüde. Bestätigung für seine These bekamHannovers OB in der Zukunftsschmiede,mit der sich die Hannoversche SPD auf Einladung des SPD-Stadtverbandes undder SPD-Ratsfraktion am 20. Novemberauf den Kommunalwahlkampf im kom-

menden Jahr einstimmte. Gemeinsammit Ingo Schoenheit vom Institut fürMarkt-Umwelt-Gesellschaft (imug) prä-sentierte Weil die Ergebnisse einer Studiezur Befindlichkeit der Stadt, ihrer Ein-wohner und zur AußenwahrnehmungHannovers. Die ist, verglichen mit Städ-ten wir Düsseldorf, Leipzig oder Stuttgart,ausgesprochen gut. »Wir haben eine fastperfekte Stadt«, so Stephan Weil. »Unsfehlen eigentlich nur der Dom, die Elbeund die Alpen und das nötige QuentchenSelbstbewusstsein, um die QualitätenHannovers herauszustellen«.

250 TeilnehmerInnen machten sich

nach dieser Ansage in sechs Foren an dieArbeit, dem Selbstbewusstsein auf dieSprünge zu helfen und Konzepte für diekünftige Entwicklung der Landeshaupt-stadt zu entwickeln. Das Leitmotiv: »Wastrauen wir Hannover zu«. Offenbar jedeMenge. Stadtentwicklung steht im Zei-chen der Nachhaltigkeit.»Da sind wir auf einem hohen Niveau«, befand StephanWeil in seiner Zusammenfassung derForen. Dabei geht es nicht allein um diefinanzielle Ausstattung der Landes-hauptstadt, wie der SPD-Stadtverbands-Vorsitzende Walter Meinhold erklärte:

Jonathan, Du hast angekündigt, dass

Du die Arbeit des Juso-Landesverbandes

»Die SPD ist die

treibende Kraft inder WohlfühlstadtHannover undgedenkt es zubleiben.«

Stephan Weil

Ingo Schoenheit und Hannovers OB Stephan Weil präsentierten mit Moderatorin Rosa Legatis die

Vorzüge der Landeshauptstadt. Foto: lopo

Der 21jährige Jonathan Schorling aus Munster

ist am 7. November zum neuen Juso-Landesvor-sitzenden gewählt worden.  Foto: Schumacher 

ImpressumHerausgeber: 

SPD Niedersachsen

Verantwortlich:Michael Rüter

Redaktion: Lothar Pollähne,

Sebastian Schumacher

Anschrift: Odeonstraße 15/16,

30159 Hannover

E-Mail: [email protected]

Layout & Satz: Anette Gilke

[email protected]

DREI FRAGEN AN JONATHAN SCHORLING

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NIEDERSACHSEN V12/2010 | 01/2011 vorwärts

RENAISSANCE

DES SOZIALSTAATES2. Braunschweiger Sozialkonferenz von AWO, DGB und SPD

Von Michael Meißner 

SOLIDARITÄT MITATLAS-BESCHÄFTIGTEN

»Was nützt so eine Chipkarte, wenn dieInfrastruktur nicht vorhanden ist?«

»Rente mit 67 ist Mist«, brachte MichaelKleber, DGB-Regionsvorsitzender, die Posi-tion der Gewerkschaften zur Rentendis-kussion auf den Punkt. »Wir brauchenmehr sozialversicherungspflichtigeArbeitsplätze. Weg mit Mini- und Midi-

Jobs, weg mit Leiharbeit. Dann können wiruns auch eine Rente mit 62 leisten.«Carola Reimann, Vorsitzende des

Gesundheitsausschusses des DeutschenBundestages, forderte eine Anpassungder Infrastruktur an die bestehendenund künftigen Verhältnisse: »Wir sindeine älter werdende Stadt!« Um Kinder-armut zu beheben, sei die Kindergelder-höhung der falsche Weg. Stattdessen seider Ausbau von Kitas, Ganztagsbetreu-ung und Ganztagsschulen notwendig.

»Mein Hauptwunsch zur Armutsbe-kämpfung ist die Renaissance des Sozial-

geht um die Frage von Recht und Ordnungauf dem Arbeitsmarkt«, sagte Gabriel nachdem Gespräch. Lies ergänzte: »Es darf kei-nen Dammbruch geben. Schon jetzt wer-

den viel zu häufig auf dem Rücken derBeschäftigten unter hohem Druck Einzel-vereinbarungen getroffen. Atlas darf nichtzum Negativ-Beispiel für andere Unter-nehmen werden.«■ 

staates«, fasste AWO-Bezirksgeschäfts-führer Rifat Fersahoglu-Weber seine For-derungen zusammen. »Ich wünsche mir,dass wir gemeinsam für unser Land Ver-antwortung übernehmen und alle starkmachen.«■ 

»Bekämpfung von Armut und sozialerAusgrenzung« lautete der Titel der 2.Braunschweiger Sozialkonferenz. In vierWorkshops und einer anschließendenPodiumsdiskussion erörterten die Teil-nehmer Ursachen und Möglichkeitender Bekämpfung von Armut. Themen-schwerpunkte waren Kinder- und Alters-

armut, Bildungsgerechtigkeit, Mindest-lohn und soziale Netzwerke.»Die drei Organisatoren dieser Kon-

ferenz sitzen alle in einem Boot, wenn esdarum geht, Menschen, die Hilfe benöti-gen, auch teilhaben zu lassen«, sagteWilhelm Schmidt, Vorsitzender desAWO-Bundespräsidiums.

Hubertus Heil, Vorsitzender des SPD-Bezirks Braunschweig, sprach sich gegendie von der Bundesregierung geplanteEinführung einer Chipkarte aus, die vonHartz IV betroffenen Kindern den Zugangzu Bildungsangeboten ermöglichen soll:

Sigmar Gabriel und Olaf Lies haben sichaus erster Hand über die Situation bei denAtlas-Werken erkundigt. Der SPD-Bundes-und der Landesvorsitzende ließen sich in

Hannover von Vertretern des Betriebsratesund der IG Metall über den Arbeitskampf in Delmenhorst, Vechta und Ganderkeseeinformieren. Die Beschäftigten dort strei-ken seit Wochen für einen Tarifvertrag. »Es

Michael Kleber (DGB),

Moderator Uwe Hildebrandt,

Rifat Fersahoglu-Weber

(AWO) und Carola Reimann

(SPD) im konstruktiven

Gespräch.  Foto: privat 

Von links nach recht: Olaf Lies MdL, Sigmar Gabriel MdB, Werner Magnus (Betriebsratsvorsitender

Atlas Delmenhorst), Ralf Lenski ( Betriebsratsvorsitender Atlas Vechta), Holger Rigbers (Betriebsrats-

vorsitender Atlas Ganderkesee), Hartmut Tammen-Henke (IG Metall)  Foto: Olaf Reichert 

Hannovers Oberbürgermeister Stephan Weil ist auf der SGK-Delegier-tenversammlung in Bremen am 12. November zum SGK-Vorsitzendengewählt worden.

Neuer Vorsitzender: Bernhard Witthaut, Polizeihauptkommissaraus Georgsmarienhütte, ist auf dem GdP-Bundeskongress in Berlinam 22. November zum Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft derPolizei (GdP) gewählt worden.

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PERSONALABTEILUNG

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VI NIEDERSACHSEN 12/2010 | 01/2011 vorwärts

EIN JAHR LISSABON-VERTRAGWas hat sich aus Sicht des Europäischen Parlaments verändert?

Von Matthias Groote

Vertrag, hinsichtlich der anstehendenErweiterungen wenig zukunftstauglichist und eine solide Europapolitik kaummöglich wäre. Außerdem muss manbedenken, dass die EU mit einer Bevölke-rung, die größer ist als die der USA undRussland zusammen, nicht nur die größ-te Handelsmacht der Welt ist, sondernzwangsläufig ein »globaler Akteur«. DieEU musste ihrer wachsenden Rolle in derWelt gerecht werden und zugleich inner-

lich zusammenwachsen.Wenn sich das Inkrafttreten des Ver-trags im Dezember dieses Jahres zumersten Mal jährt, wird es in der Öffent-lichkeit zu einer Zwischenbilanz kom-men und selbstverständlich Resuméegezogen.

Der Vertrag von Lissabon hat institu-tionelle Neuerungen geschaffen und daspolitische System der Europäischen Uni-on grundlegend verändert. Es steht nichtlänger auf drei, sondern auf vier Beinen:Europäischem Rat, Ministerrat, Kommis-sion und auch dem Parlament. Ein Jahrnach Inkrafttreten des Vertrags lassen

sich deutliche Veränderungen gegen-über »Nizza« feststellen. Mit dem Vertragvon Lissabon ist die EU demokratischergeworden: die nationalen Parlamentewerden stärker einbezogen, die Europä-ische Bürgerinitiative ist geschaffenworden, die Kompetenzen des Europa-parlaments wurden erweitertet; mehrSichtbarkeit durch die Schaffung einespermanenten Präsidenten des Europä-ischen Rates; mehr Kompetenzen für dieHohe Vertreterin für Außen- und Sicher-heitspolitik; mehr Effizienz durch dieverstärkte Zusammenarbeit und derAusdehnung des Mehrheitsstimm-

rechts.Das Europäische Parlament gehörtzu denjenigen Institutionen, deren Kom-petenzen durch den neuen Vertrag amstärksten ausgebaut werden. Es übtinzwischen gemeinsam mit dem Rat dieRechtsetzung der EU aus. Dabei ist dassogenannte Mitentscheidungsverfah-ren, das dem Rat und Parlament annä-hernd gleiche Rechte einräumt, nun zum»ordentlichen Gesetzgebungsverfah-ren« geworden, das bei den meisten Poli-tikbereichen Anwendung findet. Insbe-sondere die Agrar-, Umwelt-, Verkehrs-politik und die justizielle Zusammenar-

beit wurden neu in die Zuständigkeit desParlaments überführt.Das Europäische Parlament nutzt sei-

ne neuen Rechte als Mitgesetzgeber undlöst die alten Konstellationen auf. Die EU

kann internationale Verträge nur nochmit Zustimmung des Europaparlamen-tes abschließen. Dem inzwischen inKraft getretenen BankdatenabkommenSWIFT haben die Europaabgeordnetedicke Steine in den Weg gelegt und Was-hington war sichtlich nicht darübererfreut.

Die Abgeordneten bestellen heutemit großer Selbstverständlichkeit diedesignierten EU-Kommissare zum Vor-

stellungsgespräch ein und haben auchin diesem Jahr wieder eine Umbesetzungnicht fähiger Kommissare erwirkt.

Das EP mischt sich über seine Bud-getkompetenz mit eigenen Konzepten inden Aufbau des Europäischen Auswärti-gen Dienstes ein und denkt strategisch,nicht lediglich bürokratisch über die Rol-le des neuen Dienstes nach. Die Legislati-ve kann die Interessen der Menschennun noch konsequenter vertreten. Undkann Kurskorrekturen bei EU-Kommissi-on und Rat erzwingen.

Europaabgeordnete treiben dieUmsetzung der Europäischen Bürgerin-

itiative entschieden voran und setzen soauf eine neue Form der Bürgerbeteili-gung in Europa. Die nächste langfristigeBudgetplanung der Union steht an unddas Parlament lässt es sich nicht nehmenseine neuen Rechte im Haushaltsverfah-ren auch anzuwenden. Mit Lissabon hatdas Europäische Parlament an Machtdazu gewonnen und kann Kurskorrektu-ren bei EU-Kommission und Rat erzwin-gen. Es ist abzusehen, dass sich die Kom-mission mit den Bestimmungen von Lis-sabon neben einem gestärkten Europä-ischen Rat und einem selbstbewusstenParlament schwer tun wird.

Wie geht es weiter?

Wie geht es nun weiter mit dem Vertragvon Lissabon? Angesichts des langenund steinigen Weges bis zur Ratifizie-rung wird es nicht darum gehen, soschnell wie möglich einen neuen Ver-tragsentwurf auf den Tisch zu legen.Allerdings wächst der Druck nachReformbedarf und engerer Zusammen-arbeit: Durch die Euro-Krise sind dieRegierungen gezwungen, die Vorgabenzur Überwachung des Stabilitäts- undWachstumspakts zu stärken und die

Schwächen der Währungsunion in derwirtschaftspolitischen Koordinierungauszugleichen. Notwendige Maßnah-men führen höchstwahrscheinlich auchzu einer Veränderung der Verträge..■

Zahlreichen Europäern fiel ein Stein vomHerzen als sich vor einem Jahr das irischeVolk per Referendum im zweiten Anlauf doch noch für den Lissabonner Vertragentschied. Nachdem die Staats- undRegierungschefs den Verfassungstext,der zuvor sehr offen in einem Konventvorbereitet worden ist, im Oktober 2004unterschrieben, gab es in vielen Mit-gliedsstaaten offene Kritik. Verfassungs-gerichtsurteile in Deutschland, ableh-

nende Referenden in Irland. Ein langesGezerre, endlose Diskussionen, zahlrei-che Verhandlungen und 5 Jahre spätertrat der Vertrag von Lissabon endlich in

Kraft. Die Europäische Union hat einneues Regelwerk, das es ihr erlaubt, sich

für die Zukunft institutionell besser auf-zustellen. Diese Änderung war bitternötig, denn die damals 15 EU-Mitgliederstellten beim Gipfel von Nizza im Jahre2000 fest, dass der dort beschlossene

Matthias Groote MdEP

Seit dem Lissabon-Vetrag

geht es vor allem für das

Europäische Parlament

aufwärts.  Foto: photocase

8/8/2019 Niedersachsen-Vorwärts Dezember 2010

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NIEDERSACHSEN VII12/2010 | 01/2011 vorwärts

»Geschichte ist langweilig« wird land-läufig immer wieder behauptet, undGenerationen von Schülerinnen undSchülern fallen auf diesen Unsinn her-ein, obwohl deren Geschichte nichtmehr mit Bismarck beginnt und nichtmit Bismarck endet. Antonius teilte dasBett mit Kleopatra. Aus Langeweile?Arminius putschte gegen seine römi-schen Arbeitgeber. Aus Verzweiflungoder Spaß am Umsturz? Es geht einfachum Sex und Verbrechen. »Geschichteist nichts anders als die Garderobe des

menschlichen Geistes« schrieb Hein-rich Heine nach einer seiner vielen Rei-sen, und damit hat er vollkommenrecht. Geschichte verhüllt vieles, dasoffen liegen sollte und alle, die sich ander Enthüllung beteiligen, seien geprie-sen. Dazu braucht es nicht die aberma-lige Biografie des Herrn Bismarck oderanderer Großkopferter. Auch Bismarckhatte seinen Koch; oder wer sonst wäreauf die Idee mit dem Hering gekom-men.

nachhaltig bis hinein in die postfaschisti-sche deutsche Gegenwart: Ein Lesevergnü-gen für die Tage zwischen den Jahren unddarüber hinaus. ■  lopo 

Susanne Mischke, Richard

Birkefeld (Hg.), Der Ring der

Niedersachsen, zu Klampen

Verlag, Springe, 2010, 320 S.,

12,80 Euro

Geschichte ist eben nicht trocken, son-dern ausgesprochen schmackhaft und,wenn sie entsprechend zusammenge-fasst wird, hochgradig spannend. Da gibtes also einen Ring, den Sephuris-Ring,dem Kleopatra nicht widerstehen kannund der das Ende ihrer Herrschaft bedeu-tet. Dieser gelangt über Augustus, Tiberi-us und Arminius nach Germanien unddamit nach Niedersachsen und er bringtTod, Verrat und Verderben mit sich. Woder Ring ist, ist die Pest. Seine Besitzer, obHure, Herr oder Revoluzzer, werden nicht

glücklich mit dem Schmuckstück, egal inwelchem Abschnitt der Geschichte esauftaucht. Neugierig geworden?

Neun Krimi-AutorInnen aus Nieder-sachsen beschreiben in einem Fortset-zungsroman den Weg des Sephuris-Ringesvon Kalkriese bis nach Hannover undschreiben damit eine Geschichte Nieder-sachsens, die dieses Land so spannenderscheinen lässt, dass andere Landstricheauch krimitechnisch einfach abstinkenmüssen. Der Ring der Niedersachsen ist

vorwärts KULTURGUT

DER RING DER NIEDERSACHSEN

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VIII NIEDERSACHSEN 12/2010 | 01/2011 vorwärts

VORWÄRTSRÄTSEL

Als sie am Abend des 15.

August 1969 auf die Bühne

kommt, ist sie bereits seit

über zehn Jahren im Geschäft

und hat sich den Ehrentitel

»Jeanne d‘Arc der Folk-

Musik« redlich verdient. Ihr

Auftritt endet mit jener Hym-

ne, die weltweit bei Prote-

sten gegen Krieg, Unterdrük-kung und Rassentrennung

gesungen wird. Danach

kommt der große Regen, der

das Festival-Gelände zur

Schlammwüste werden lässt.

Entdeckt wird sie 1959 beim

legendären Newport Folk

Festival. Mit ihrem engelhaft-

hypnotischen Gesang trägt

sie dort Folksongs und sozial-

kritische Lieder von Woody

Guthrie vor. Ein Jahr später

veröffentlicht sie unter eige-

nem Namen ihre erste LP, die

es bis auf Platz 15 der Hitpara-de schafft. Gemeinsam mit

ihrem zeitweiligen Lebensge-

fährten singt sie 1963 nach

dem legendären Marsch Mar-

tin Luther Kings in Washing-

ton vor dem Lincoln Memori-

al. Die Beziehung des Traum-

paares der Folk-Musik bilan-

ziert sie 1975 auf ihrem kom-

merziell erfolgreichsten

Album mit dem Song »Dia-

monds and Rust«. Ihren Pro-

test gegen den Vietnam-

Krieg untermauert sie mit

einem jahrelangen Steuer-boykott. Dafür wird sie sogar

in Beugehaft genommen.

Das allerdings beeinflusst

ihren aufrechten Gang und

ihre musikalische Botschaft

nicht. Am 9. Januar 2011 wird

70 Jahre alt. Der vorwärts

gratuliert und fragt: Wer ist

gemeint? Zu gewinnen gibt

es den Silberling »Play me

backwards«. ■lopo

Die Lösung bitte an den

vorwärts, Odeonstr. 15/16,

30159 Hannover

Im November war Anna

Seghers gesucht. Gewonnen

hat Wilfried Vagts aus Stade.

»WIR SIND GEGENWÄRTIG KEINE

GESUNDE INSTITUTION«

bände sowie der Mieterbund und Gewerk-schaften die Verbraucherzentralen in denLändern gründeten, wurden zunächstInformationen für Hausfrauen bereitge-stellt. Mit dem Einzug des Wohlstandes indeutschen Haushalten rückten immerstärker Fragen des Verbraucherrechtes inden Mittelpunkt. Sehr rasch erweitertesich das Spektrum an Beratungsangebo-ten, das ehrenamtliche Engagement wur-de professionalisiert. Das Gesetz über die

Allgemeinen Vertragsbedingungen gibtes seit 1977, seitdem hat der Bereich derRechtsberatung einen großen Raum ein-genommen. Es war übrigens ein langerKampf mit den Anwaltskammern, bis inden 80er Jahren die Rechtsberatung durchdie Verbraucherzentralen endgültigdurchgesetzt werden konnte. Hier hatsich die Verbraucherzentrale eine großeGlaubwürdigkeit erarbeitet.Leuschner: Die Verbraucher wissen, dasswir sie neutral und in ihrem Sinne beraten.Wir gelten als »lobbyfrei«. Es gibt sonst kei-ne unabhängige Organisation für Verbrau-cherinformationen. Außerdem ist es so,

dass wir keine soziale Ausgrenzung vor-nehmen: unsere Beratungsgebühren sindaus diesem Grund sehr moderat.

vorwärts: Was zu der Frage führt,

wie die Verbraucherzentrale ihr breites

Angebot finanziert.

Weinel: Die institutionelle Förderungdurch das Land Niedersachsen, genauer,durch das Wirtschaftsministerium, machtden Großteil unserer Einnahmen aus. Seit2003 ist dieser Betrag durch die Landesre-gierung aber ständig verringert worden.Gab es im Jahr 2003 noch 1,6 MillionenEuro, sind es seit 2007 nur noch eine Milli-on Euro institutionelle Förderung.

Leuschner: Die Kommunen, in denen dieVerbraucherzentrale Standorte hat, beteili-gen sich ebenfalls an den Kosten. Dennochsind wir immer stärker auf Eigenmittelangewiesen. Um es kurz zu sagen: Wir sind

gegenwärtig keine gesunde Institution.  vorwärts: Heißt das, die Verbrau-

cherzentrale muss über kurz oder lang

dicht machen?

Leuschner:Wir haben bereits mehr als dieHälfte unserer Beratungsstellen schließenmüssen. Von ehemals 43 Beratungsstellensind noch 20 übrig, vor allem in der Flächekönnen wir deshalb nur reduzierte Bera-tungsangebote vorhalten. Und sogar dieseStruktur ist betriebswirtschaftlich mit den

Mitteln wohl nicht mehr aufrecht zu erhal-ten. Gegenwärtig ist das nur unseremengagierten Personal und dem gutenBetriebsklima zu verdanken. Es ist jedesJahr eine neue Zitterpartie.Weinel:Die Verbraucherzentrale in Nieder-sachsen ist an der Grenze angekommen, dieradikalen Kürzungen durch die Landesre-gierung haben uns 2003 fast in die Insol-venz getrieben. Wir haben jetzt noch etwasüber 50 Mitarbeiterinnen, umgerechnetaber nur 32 Vollzeitstellen. Ich bin mir nichtsicher, ob wir alle Beratungsstellen haltenkönnen. Auch wollen wir kein Lohndum-ping in der Verbraucherzentrale – wir

bezahlen analog zum TV-L, den Qualifika-tionen unserer Mitarbeiter leider nichtimmer angemessen. Es bleibt nur eineLösung: Die institutionelle Förderung musswieder deutlich angehoben werden.

vorwärts: Hat die Landesregierung

kein Interesse an hochwertigen Verbrau-

cherinformationen?

Weinel:Zumindest hat seit 2003 kein Wirt-schaftminister persönlich mit uns gespro-chen. Und dass, obwohl das Wirtschafts-ressort die Fördermittel bereitstellt. EinAustausch über Sachfragen findet mit derLandesregierung nur punktuell statt. Dableibt viel Fachwissen ungenutzt. Politik

sollte sich immer wieder vergewissern,wie ihre Entscheidungen in der Finanz-marktkrise und bei sozialen Umschichtun-gen, aber auch in der Bildungsarbeit, beiden Verbrauchern ankommen. ■

vorwärts: Verbraucherschutz ist ein

weites Feld. Fallstricke im Internet, Bau-

finanzierungen, energetische Gebäude-

sanierung, Lebensmittelsicherheit,Gesundheitsdienstleistungen. Kaum

ein Lebensbereich, den die Verbraucher-

zentrale nicht im Blick hat. Mit welchen

Fragestellungen wenden sich die Bür-

ger hauptsächlich an die Verbraucher-

zentralen in Niedersachsen?

Olaf Weinel: Generell haben 80 Prozentder Anfragen einen direkten Bezug zumso genannten »wirtschaftlichen Ver-braucherschutz«. Hierzu gehören nebenden alltäglichen Kaufverträgen die Berei-che Energie, Altersvorsorge und Versi-cherungen, aber auch die Telekommuni-kation. Das war ein ganz großes Thema

für Verbraucherinnen und Verbraucherim vergangenen Jahr. Das geht vonAbzocke im Internet über unerlaubteTelefonwerbung bis hin zu fehlerhaftenTelefonrechnungen. Hier gibt es einengroßen Beratungsbedarf. Das ist keinWunder, denn es gibt zirka 4.000 unter-schiedliche Tarife bei Mobiltelefonenund ständig wechseln die Konditionen.Sigrid Leuschner: Im besonderen Maßehiervon betroffen sind Jugendliche. Durchdie zielgruppenspezifische Werbung vielerTelekommunikationsunternehmen lassensich viele Jugendliche zu kostspieligen undhäufig dubiose Vertragsabschlüssen ver-

leiten, Stichwort »Klingeltöne«. Die Ver-braucherzentrale Niedersachen hat des-halb das Internetportal »DeinDing« einge-richtet. Hier werden Fragen von Fachbera-terinnen bearbeitet, hier können sichBetroffene mit ihren Erfahrungen austau-schen. Dieses Angebot ist sehr nachgefragt,wir haben jährlich mehr als 400.000 Besu-cher auf dieser Seite und viele Einträgerund um das Thema »Internetabzocke«.  vorwärts: Woher kommt das große

Vertrauen, das der Verbraucherzentrale

entgegengebracht wird? Im Jahresbe-

richt 2009 werden alleine für Nieders-

achsen 1,7 Millionen Verbraucherkon-

takte aufgeführt.Weinel: Das hat mit der über 50-jährigenWirkungsgeschichte der Verbraucherzen-tralen in Deutschland zu tun. Seit den50er Jahren, als die Frauen- und Sozialver-

Die Verbraucherzentrale ist die einzigeOrganisation für unabhängige Verbrauche-rinformationen. In Niedersachsen hat dieVerbraucherzentrale aber einen schwerenStand. Der vorwärts sprach mit der Vor-standsvorsitzenden Sigrid Leuschner unddem Landesgeschäftsführer Olaf Weinelüber die Zukunft der Verbraucherzentralen.

Sigrid Leuschner undOlaf Weinel

 Foto: Sebastian Schumacher