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Nikolaj Gogol Der Revisor Deutsch von AUGUST SCHOLZ In der Bearbeitung von THOMAS SCHULTE-MICHELS F 89

Nikolaj Gogol - dtver.de · Bestimmungen über das Aufführungsrecht des Stückes Der Revisor (F 89) Dieses Bühnenwerk ist als Manuskript gedruckt und nur für den Vertrieb an

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Nikolaj Gogol

Der RevisorDeutsch von AUGUST SCHOLZIn der Bearbeitung von THOMAS SCHULTE-MICHELS

F 89

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Bestimmungen über das Aufführungsrecht des Stückes

Der Revisor (F 89)

Dieses Bühnenwerk ist als Manuskript gedruckt und nur für den Vertrieb anNichtberufsbühnen für deren Aufführungszwecke bestimmt. Nichtberufsbühnenerwerben das Aufführungsrecht aufgrund eines schriftlichen Aufführungsvertrages mitdem Deutschen Theaterverlag, Postfach 20 02 63, D-69 459 Weinheim, und durchden Kauf der vom Verlag vorgeschriebenen Rollenbücher sowie die Zahlung einerGebühr bzw. einer Tantieme.Diese Bestimmungen gelten auch für Wohltätigkeitsveranstaltungen und Aufführungenin geschlossenen Kreisen ohne Einnahmen.Unerlaubtes Aufführen, Abschreiben, Vervielfältigen, Fotokopieren oder Verleihen derRollen ist verboten. Eine Verletzung dieser Bestimmungen verstößt gegen dasUrheberrecht und zieht zivil- und strafrechtliche Folgen nach sich.Über die Aufführungsrechte für Berufsbühnen sowie über alle sonstigen Urheberrechteverfügt der S. Fischer Verlag, Hedderichstr. 114, 60596 Frankfurt/Main

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P E R S 0 N E N

ANTON ANTONOWITSCH SKWOSNIK-DMUCHANOWSKIJ, BürgermeisterANNA ANDREJEWNA, seine GattinMARJA ANTONOWNA, seine TochterLUKA LUKITSCH OHLOPOW, SchulinspektorSEINE GATTINAMMOS FJODOROWITSCH LJAPKIN-TJAPKIN, KreisrichterARTEMIJ FILIPPOWITSCH SEUJANIKA, HospitalverwalterIWAN KUSMITSCH SCHPEKIN, Postmeister,PETER IWANOWITSCH DOBTSCHINSKIJ ) GutsbesitzerPETER IWANOWITSCH BOBTSCHINSKIJ ) GutsbesitzerIWAN ALEXANDROWITSCH CHLESTAKOW, ein Petersburger BeamterOSSIP, sein Diener,DER KELLNER des GasthofesSTEPAN ILJITSCH UCHOWERTOW, PolizeiassistentSWISTUNOW, Polizist

FJODOR ANDREJEWITSCH LJULJUKOW Beamte ,HonoratiorenSTEPAN IWANOWITSCH KOROBKIN

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E R S TE R A U F Z U G

Zimmer im Hause des Stadthauptmanns

1 Stadthauptmann, Hospitalverwalter, Schulinspektor, Kreisrichter

STADTHAUPTMANN: Meine Herrschaften, ich habe Sie hergebeten, um Ihnen eine

unerfreuliche Mitteilung zu machen: ein Revisor ist zu uns

unterwegs.

KREISRICHTER: Ein Revisor?

HOSPITALVERWALTER: Ein Revisor?

STADTHAUPTMANN: Ein Revisor aus St.Petersburg - inkognito - mit geheimen

Instruktionen!

KREISRICHTER: Das fehlte uns gerade noch!

SCHULINSPEKTOR: Eine schöne Bescherung!

HOSPITALVERWALTER: Da haben wir den Salat!

SCHULINSPEKTOR: Und noch dazu mit geheimen Instruktionen!

STADTHAUPTMANN: Ich habe so etwas geahnt: diese Nacht träumte ich von zwei

höchst merkwürdigen Ratten: schwarz und unwahrscheinlich

groß! Sie kamen, sie schnupperten..... überall herum... und

wutsch! waren sie wieder weg. Ich will Ihnen jetzt einen Brief

vorlesen, den ich von Andrej Iwanowitsch Tschmychow

bekommen habe. Sie kennen ihn, Artemij Filippowitsch....

HOSPITALVERWALTER: Und ob!!!!!

KREISRICHTER: ... ach....

HOSPITALVERWALTER: Ja!

STADTHAUPTMANN: Der schreibt mir also: „ Lieber Freund, Gevatter und

Wohltäter....“ (überfliegt murmelnd erste Zeilen) ... „

und dich zu benachrichtigen...“ Ah, da: „Ich beeile mich- unter

anderem - dich zu benachrichtigen, dass ein Beamter eingetroffen

ist, mit dem Auftrag, das ganze Gouvernement, insbesondere aber

unseren Kreis zu revidieren....obgleich er sich als einfacher

Privatmann ausgibt- reist er sozusagen: Inkognito... ich habe das

von ganz zuverlässiger Seite..... Und da ich nun weiß, dass du, wie

jeder verständige Mensch Dreck am Stecken hast...

KREISRICHTER: ach...

STADTHAUPTMANN: ....und dir nicht entgehen lässt, was dir von selbst in die Hände läuft.

Nun......wir sind ja unter uns...

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„so rate ich dir, Maßnahmen zu ergreifen, er kann nämlich jede

Stunde eintreffen, falls er nicht schon angekommen und

irgendwo inkognito abgestiegen ist.. Gestern habe ich“

...Jetzt folgen nur noch Familienangelegenheiten: Schwester

Anna ist mit ihrem Mann bei uns, er ist sehr dick geworden

und spielt in einem fort Geige...“ und so weiter, und so

weiter. Nun wissen Sie, meine Herren, wie die Dinge liegen!

KREISRICHTER: Ja, die liegen allerdings sehr merkwürdig.

HOSPITALVERWALTER: Irgend was muss dahinterstecken.

SCHULINSPEKTOR: Warum kommt zu uns ein Revisor?

STADTHAUPTMANN: Warum! Warum! .... Schicksal! ...Bisher sind Gott sei dank

andre Städte von dem Unglück heimgesucht worden; jetzt

sind wir an der Reihe.

KREISRICHTER: Ich glaube, Anton Antonowitsch das Ministerium schickt...

denk’ ich mir...einen seiner Beamten her, um festzustellen,

ob hier nicht irgendwo Spione lauern.

STADTHAUPTMANN: Spione..... in unserer Kreishauptstadt ....

KREISRICHTER: Mein Lieber! Die Obrigkeit weiß schon, was sie will....sie

wittert immer das Richtige.

STADTHAUPTMANN: Ob sie’s wittert oder nicht - jedenfalls sind Sie gewarnt,

meine Herren. Ich habe in meinem Ressort schon die

nötigen Vorbereitungen getroffen und rate Ihnen, das

gleiche zu tun.(Zum Hospitalverwalter) Artemij

Filippowitsch! Vermutlich wird der betreffende Herr die

Ihnen unterstellten Anstalten besichtigen wollen, sorgen Sie

also dafür, dass alles in Ordnung ist. Lassen Sie die

Kranken saubere Mützen aufsetzen, damit sie nicht

rumlaufen wie Scheißhausmänner, wie das sonst der Fall ist.

HOSPITALVERWALTER: Saubere Mützen können sie bekommen.

STADTHAUPTMANN: Ja... und über jedes Bett kommt eine Aufschrift :lateinisch

oder fremdsprachlich... -überall muss die Krankheit

angegeben sein, mit dem Datum der Erkrankung...

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Die Kranken sollen auch nicht so viel rauchen. Man muss

immer husten, wenn man den Krankensaal betritt. Überhaupt

sind ihrer viel zu viel ..., es heißt immer gleich: die Stadt—

Verwaltung ist Scheiße und der Arzt eine Null !

HOSPITALVERWALTER: O, was die Krankenbehandlung anbelangt, so haben wir

Vorsorge getroffen...Je näher der Natur, desto besser: Teure

Medikamente wenden wir nicht an. Der Mensch ist ein

anspruchsloses Geschöpf : soll er sterben, stirbt er...und

soll er gesund werden, dann wird er’s auch so.

STADTHAUPTMANN: Ammos Fjodorowitsch, Ihnen empfehle ich, einmal Ihr Amtlokal

zu inspizieren. Dort hat der Gerichtsdiener im Vorzimmer einen

Gänsestall eingerichtet. Die Gänsezucht ist gewiss etwas sehr

Ersprießliches, und warum sollte ein Gerichtsdiener sich nicht

damit befassen? Nur finde ich es unpassend, verstehen Sie, dass

er sich dazu eine solche Lokalität aussucht... Ich wollte Sie schon

immer darauf aufmerksam machen, hab’s aber jedes Mal

vergessen.

KREISRICHTER: Noch heute lass’ ich sie alle in die Küche schaffen. Vielleicht

kommen Sie zu uns zum Mittagessen?

STADTHAUPTMANN: Auch ihr Assessor... er mag ja sehr tüchtig sein, aber er strömt

einen solchen Duft aus, als käme er eben aus der Schnaps-

Brennerei. Das ist unvorteilhaft. Ich wollte Ihnen das schon längst

sagen, hab’s aber regelmäßig vergessen. Es gibt Mittel gegen so

etwas... selbst wenn ihm wirklich dieser Geruch, wie er sagt,

angeboren ist. Er soll Zwiebeln essen oder...

HOSPITALVERWALTER: Knoblauch!

STADTHAUPTMANN: ....oder sonst etwas...was weiß ich!

KREISRICHTER: Nein, das lässt sich nicht wegbringen, sagt er. Seine Mutter hat

ihn als Kind fallen lassen, seitdem riecht er ein bisschen nach

Wodka.

STADTHAUPTMANN: Nun, ich wollte es nur einmal aufs Tapet gebracht haben...... Was

den dienstlichen Betrieb anbetrifft, den kleinen „Dreck

am Stecken“...wie Freund Tschmychow sich ausdrückt... so

habe ich dem nichts hinzuzufügen. Ich kenne keinen

Menschen....nicht einen Menschen ohne: „Dreck am

Stecken“... gibt es nicht auf dieser Welt, der nicht

irgendwelchen „Dreck am Stecken“ hätte. Das hat nun

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schon der da oben einmal so eingerichtet.

KREISRICHTER: Anton Antonowitsch.. Was nennen Sie: “Dreck am

Stecken“? Zwischen Dreck und Dreck gibt’s schon noch

Unterschiede! Ich mache kein Hehl daraus, dass ich mich

schmieren lasse - doch womit lasse ich mich schmieren?!?

Gelegentlich mal ein junger Jagdhund. Das oder der zählt

nicht.

ALLE: Und ob das oder der zählt!

STADTHAUPTMANN: Geschmiert ist geschmiert!

KREISRICHTER: Aber nein doch.. nein, Anton Antonowitsch...nein! Wenn

sich zum Beispiel jemand mit einen Pelz für fünfhundert

Rubel schmieren lässt, und seine Frau einen kostbaren

Schal...

STADTHAUPTMANN: Gut! Sie nehmen nur Jagdhunde, dafür..... Sie glauben nicht

an Gott!...und Sie...oh, ich kenne Sie: wenn Sie von der

Erschaffung der Welt zu reden anfangen...die Haare stehen

einem zu Berge.

KREISRICHTER: .Ich sage nur ,was mir, mein einfacher Verstand sagt.

STADTHAUPTMANN: Nun, es gibt Fälle, in denen es besser ist, gar keinen

Verstand zu haben... als zuviel Verstand.

ALLE: Ja!!!

STADTHAUPTMANN: Im übrigen habe ich Ihr Kreisgericht nur so nebenbei

erwähnt; in Wirklichkeit wird kaum jemand seine Nase da

hinein stecken wollen: das ist ein gesegneter Ort, den Gott

selbst in seinen Schutz nimmt. -(Zum Schulinspektor)

Dagegen müssen Sie Luka Lukitsch, als Schulinspektor

Ihren Lehrern recht scharf auf die Finger sehen.

Zum Beispiel :der Geschichtslehrer!..der mit den dicken

Backen...ich habe seinen Namen vergessen .....ich habe den

Mann gehört: Solange er von Assyrern und Babyloniern

sprach, ging die Sache noch an, sowie er aber an Alexander

den Großen kam, war er aus Rand und Band, ich wusste

gar nicht, was los war - ich dachte, es brennt!... springt der

vom Katheder, packt einen Stuhl und schmeißt ihn mit

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ganzer Kraft auf den Estrich!!! Alexander der Große war

ein bedeutender Held - aber warum deshalb Stühle demo-

lieren?!? Das ist abartig und schädigt nur die Stadtkasse!

SCHULINSPEKTOR: Was soll ich denn machen? Ich hab’s ihm schon wiederholt

gesagt!...aber der sagt nur:.„Für die Wissenschaft schmeiße

ich auch Stühle!“

STADTHAUPTMANN: Ja-das scheint nun mal das Verhängnis der studierten Leute

zu sein: entweder sind sie Alkoholiker oder sie grimassieren.

KREISRICHTER: Gott behüte uns vor dem Erziehungswesen!

STADTHAUPTMANN: Das ist ja auch letztlich alles Killefitz und Blablabla- aber

dieser verdammte Inkognito! Da platzt er mit einmal mitten

zwischen uns hinein: „Ah, da seid Ihr ja, meine Lieben! Wer

von euch ist denn der Kreisrichter?“ -„Ljapkin-Tjapkin“. -

„Her mit dem Ljapkin-Tjapkin! Und wer ist der Hospital-

verwalter?“ - „Semljanikal !“Her mit dem Semljanika!“

Das ist’s, wovor mir graut!

2 Postmeister

POSTMEISTER: Sagen Sie, meine Herren was für ein Beamter ist denn das,

der hierher kommen soll?

STADTHAUPTMANN: Haben Sie was Genaueres gehört?

POSTMEISTER: Ich hörte nur, dass er kommt. Bobtschinskij war eben bei

mir auf dem Postamt und sagte es mir.

STADTHAUPTMANN: Und was halten Sie davon?

POSTMEISTER: Was ich davon halte? Es gibt Krieg.

KREISRICHTER: Was hab’ ich gesagt?!!

STADTHAUPTMANN: Quatsch. Sie.. Sie.. hören Gras wachsen,

POSTMEISTER - es geht gegen die Türken.

STADTHAUPTMANN: Gegen die Türken! (zeigt Vogel) Gegen uns geht es...gegen

uns! Hier hab ich :schwarz auf weiß.

POSTMEISTER: So.... - also nicht gegen die Türken?

STADTHAUPTMANN: Nein!!!. nun, Iwan Kusmitsch: was halten Sie von der

Geschichte?

POSTMEISTER: ich??.....Die Hauptsache ist doch, was Sie davon halten!!!!!

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STADTHAUPTMANN: Ich? Ja nun .....Ich glaube man hat mich denunziert.

POSTMEISTER: Was?

STADTHAUPTMANN: Was hätte denn sonst ein Revisor hier zu suchen? Hören Sie

mal, Iwan Kusmitsch...läge das nicht in unser aller

Interesse, dass Sie so alles, was bei Ihnen an Briefen ein-

und ausläuft, ein bisschen aufmachten und nachschauten

,ob da nicht was drin ist, eine Anzeige oder wichtige

Korrespondenz? Wenn nicht, kann man den Brief ja wieder

zumachen, oder ihn offen zustellen...

POSTMEISTER: Mache ich sowieso - weniger aus Vorsicht als aus Neugier.

Eine hoch-interessante Lektüre, kann ich Ihnen sagen.

Manches liest man richtig gern .Sachen gibt es da....und ein

Stil....

STADTHAUPTMANN: ...und war dort nie von einem Petersburger Revisor die

Rede?

POSTMEISTER: Von einem Petersburger nicht...nein...aber viel von

Ssaratower Beamten. Schade, dass Sie die Briefe nicht

lesen....prächtige Passagen finden sich da....soll ich mal

vorlesen?

STADTHAUPTMANN: Jetzt nicht...tun Sie mir also den Gefallen, Iwan Kusmitsch:

wenn Sie zufällig auf eine Beschwerde oder Anzeige stoßen,

dann halten Sie das ohne Bedenken zurück!

POSTMEISTER: Mit dem größten Vergnügen!

KREISRICHTER: Passen Sie auf...das wird Sie –irgendwann- teuer zu stehen

kommen!

POSTMEISTER: Um Gottes willen!

STADTHAUPTMANN: Ja, wenn Sie das an die große Glocke hängen...aber so bleibt

es unter uns... in der Familie... fest versiegelt...intern in

diesen vier Wänden!

KREISRICHTER: Wie auch immer.... dieser Besuch ist eine böse Sache... Ich

bin eigentlich zu Ihnen gekommen, Anton Antonowitsch,

um Ihnen einen Jagdhund anzubieten Er ist aus demselben

Wurfe wie mein Rüde, den Sie ja bereits kennen...sie haben

doch von dem Prozess Tschebrowitsch gegen Archowinski

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gehört. Für mich ist das wundervoll. Ich bin bald beim

Kläger, bald beim Beklagten zur Hasenjagd geladen.

STADTHAUPTMANN: Verschonen Sie uns doch bitte mit Ihren Hasen!

Jeden Augenblick kann die Tür aufgehn...und dieser

Verdammte Inkognito steckt seinen Kopf....

3 Dobtschinskij + Bobtschinskij

BOBTSCHINSKIJ-. Achtung, Achtung!!!

DOBTSCHINSKIJ: Brand neu !!!

BOBTSCHINSKIJ-. Eine ungewöhnliche Begebenheit!

DOBTSCHINSKIJ: Eine ganz außergewöhnliche Neuigkeit!

ALLE: Was gibt’s?

DOBTSCHINSKIJ: Wir kommen ins Hotel...

BOBTSCHINSKIJ: ...ich und Peter Iwanowitsch kommen ins Hotel....

DOBTSCHINSKIJ: ..., lassen Sie mich doch erzählen...

BOBTSCHINSKIJ: ... Sie sind doch rhetorisch gar nicht begabt.. ich und Peter

Iwanowitsch kommen ins Hotel..

DOBTSCHINSKIJ: ....und Sie verheddern sich... und vergessen die Hälfte!...

BOBTSCHINSKIJ: ...gar nichts vergesse ich! Lassen Sie mich endlich erzählen

und unterbrechen Sie mich nicht. Sagen Sie ihm doch bitte,

dass er mich nicht unterbrechen soll!

STADTHAU.PTMANN-. So reden Sie doch! Was gibt’s denn? Setzen Sie sich meine

Herren, da.....! Peter Iwanowitsch, nehmen Sie doch Platz!

Nun—also --- was gibt’s? Was gibt’s?

BOBTSCHINSKIJ: Moment, Moment mal- immer eins nach dem andern!

Nachdem ich Ihnen also...höflich wie ich bin...meine

Aufwartung gemacht und Sie in großer Aufregung wegen

jenes Briefes zurückgelassen hatte.... ja! da.,. da bin ich...

unterbrechen Sie mich bloß nicht, Peter Iwanowitsch, wenn

ich bitten darf, ich weiß alles, alles... bin ich also, verstehen

Sie, zu Korobkin. Und weil Korobkin nicht zu Hause war,

schaute ich bei Rastakowskij vorbei, der war auch nicht da,

und dann ging ich zu Iwan Kusmitsch auf die Post...

POSTMEISTER: Das stimmt!

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BOBTSCHINSKIJ: ...um ihm die Nachricht, die Sie erhalten haben, frisch mit-

zuteilen, und als ich gehe, da treffe ich Peter Iwanowitsch...

DOBTSCHINSKIJ: ...neben der Bude, wo man Pasteten verkauft.

BOBTSCHINSKIJ: ...ja...neben der Bude, wo man Pasteten verkauft... treffe

ich also Peter Iwanowitsch und sage zu ihm: „Haben Sie

schon das Allerneueste gehört? Anton Antonowitsch hat es

aus ganz sicherer Quelle... aber nun bitt’ ich Sie, Peter

Iwanowitsch, tun Sie mir den Gefallen: unterbrechen Sie

mich nicht..., und auf dem Weg sagt Peter Iwanowitsch:

„Lass uns mal was essen gehen, ich hab seit heute morgen

nichts gegessen......und da drüben gibt es heute frischen

Lachs.“ Kaum sind wir im Gasthaus, als plötzlich ein junger

Mann...

DOBTSCHINSKIJ: ....von angenehmem Äußern

BOBTSCHINSKIJ: ... in Zivil, das Zimmer betritt. Er geht auf und ab mit

wichtiger Miene ....

DOBTSCHINSKIJ: ...er hat so was Vernünftiges im Gesicht,

BOBTSCHINSKIJ: ....und alles...., der Ausdruck, die Manieren,

DOBTSCHINSKIJ ...ist von so überlegener Art.:

BOBTSCHINSKIJ: ...und hier (Kopf) ist viel

DOBTSCHINSKIJ: ... ungeheuer viel…

BOBTSCHINSKIJ: Ich sage zu Peter Iwanowitsch....

DOBTSCHINSKIJ: „Da steckt was dahinter!“

DOBTSCHINSKIJ .....und Peter Iwanowitsch winkt den Wirt heran

DOBTSCHINSKIJ: ....den Gastwirt Wlas ....

BOBTSCHINSKIJ: ....dessen Frau vor drei Wochen mit einem Jungen

niedergekommen ist .....

DOBTSCHINSKIJ: ......und frage ihn ganz leise:

BOBTSCHINSKIJ: ...mein Gott,...Sie können doch gar nicht erzählen, Sie

lispeln ja, ich weiß doch, Sie haben ein Loch in dem einen

Zahn...

DOBTSCHINSKIJ: ....“Sagen Sie mal wer ist dieser junge Mann“...

BOBTSCHINSKIJ: ...“Dieser junge Mann“, sagt der Wirt“ ist ein Beamter aus

Petersburg ....Iwan Alexandrowitsch Chlestakow, er reist

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nach dem Gouvernement Ssaratow. Ein komischer Typ: er

ist schon vierzehn Tage hier, geht nie aus, nimmt alles auf

Rechnung und denkt nicht ans Bezahlen.“ Als ich das hörte,

wusste ich Bescheid. „Ei“, sagte ich zu Peter Iwanowitsch...

DOBTSCHINSKIJ: ....erlauben Sie, Peter Iwanowitsch, i c h sagte „Ei“

BOBTSCHINSKIJ: ja doch, zuerst sagten Sie„Ei!“. dann aber sagte auch ich

„Ei“

DOBTSCHINSKIJ: Wir sagten also beide „Ei“....

BOBTSCHINSKIJ: „Ei“ warum sitzt der hier, wenn er doch nach Ssaratow

will?“

DOBTSCHINSKIJ: Ja...!!!!!

BOBTSCHINSKIJ: ......und so ist er’s denn zweifellos... dieser Beamte!

STADTHAUPTMANN: Welcher Beamte?

BOBTSCHINSKIJ: Na, der Beamte, von dem man Ihnen schrieb.

DOBTSCHINSKIJ: Der Revisor!!!!!!!

STADTHAUPTMANN: Was sagen Sie da? Um Gotteswillen! Nein, nein, er ist es

nicht.

DOBTSCHINSKIJ: Ganz bestimmt ist er’s! Er zahlt nicht, reist nicht ab... wer

soll’s denn sonst sein? Ausgestellt ist sein Reiseschein auf

Ssaratow.

BOBTSCHINSKIJ: Er ist’s - und kein anderer!!! Wie scharf er alles beobachtet:

nichts entgeht ihm. Als er uns beide den Lachs essen sah...

warf er einen solchen Blick auf unsere Teller ...

DOBTSCHINSKIJ: ........klatschnasser Angst-Schweiß...

BOBTSCHINSKIJ: ..... stand ihm auf der Stirn!!!!!

STADTHAUPTMANN: Wo wohnt er denn .....im Hotel?

DOBTSCHINSKIJ: In Nummer fünf...

BOBTSCHINSKIJ: ......unter der Treppe.

STADTHAUPTMANN: Wie lange schon?

DOBTSCHINSKIJ: Vierzehn Tage.

STADTHAUPTMANN: Vierzehn Tage! Vor acht Tagen hab’ ich die

Unteroffiziersfrau auspeitschen lassen! Die Gefangenen

haben ihre Rationen nicht bekommen! Die Straßen

wimmeln von Besoffenen! Überall liegt Dreck! Scheiße!

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HOSPITALVERWALTER: Was jetzt Anton Antonowitsch? Fahren wir in Gala zum

Hotel?

KREISRICHTER: Aber nicht doch, erst mal schicken wir den Stadtältesten,

die Geistlichkeit und die Kaufmannschaft vor.

STADTHAUPTMANN: Nein, nein, nein - lassen Sie mich das mal machen. Da war

ich schon in ganz anderen Situationen.. und habe immer mit

Glanz und Gloria abgeschnitten– und der da oben wird mir

auch diesmal seinen Beistand nicht versagen.

KREISRICHTER: Na dann, viel Spaß...

STADTHAUPTMANN: (Zu Bobtschinskij) Ein junger Mann ...sagten Sie?

BOBTSCHINSKIJ: Ganz jung...

DOBTSCHINSKIJ: ...höchstens drei-...

DOBTSCHINSKIJ/BOBTSCHINSKIJ:........bis vierundzwanzig.

STADTHAUPTMANN: Um so besser, jungen Leuten guckt man leichter in die

Karten. Ja, wenn’s eine alte Hundsfot wäre, das wäre bitter;

aber einen jungen durchschaut man leicht... So, meine

Herren, treffen Sie Ihre Vorbereitungen, , jeder in seinem

Ressort ...und ich gehe erst mal allein oder mit Peter

Iwanowitsch.-.. einfach so privat und schaue rein, ob auch

die Reisenden bei uns gut aufgehoben sind. Swistunow!

PolizistPOLIZIST: Hier!

STADTHAUPTMANN: Hol’ mir doch gleich mal den Polizeisekretär.. oder nein, ich

brauche dich hier.. Lauf! Ruf ihn und komm sofort zurück.

Stadthauptmann + Dobtschinskij + Bobtschinskij ab , Polizist ab

HOSPITALVERWALTER: Verschwinden wir, Ammos Fjodorowitsch, sonst passiert

hier noch was.

KREISRICHTER: Was haben Sie denn zu befürchten? Sie setzten den Kran-

ken saubere Mützen auf und alles ist in trockenen Tüchern.

HOSPITALVERWALTER: In unseren Korridoren stinkt’s nach Sauerkraut, dass man

kotzen könnte...aber

POSTMEISTER: ...saubere Mützen und alles ist in Butter!

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SCHULINSPEKTOR: Ihnen geht das alles offensichtlich am Arsch vorbei.

KREISRICHTER: ..... am Arsch vorbei. Wer interessiert sich schon für das

Kreisgericht? Ich bin schon seit neun Jahren im Amt, aber

wenn ich meine Nase nur einmal in eine Akte stecke, wird

mir schon schlecht. Selbst König Salomo könnte nicht

entscheiden, was da recht oder unrecht ist.

Kreisrichter, Hospitalverwalter, Schulinspektor, Postmeister ab

4 Polizist , Stadthauptmann + Dobtschinskij + Bobtschinskij

STADTHAUPTMANN: Ist der Wagen da?

POLIZIST: Zu Befehl.

STADTHAUPTMANN: Geh auf die Straße... oder nein, halt! ...bring mir... ja, bist

du denn ganz allein? Wo sind denn die andern? Ich hatte

doch auch Prochorow herbefohlen! Wo steckt er?

POLIZIST: Prochorow ist nicht dienstfähig.

STADTHAUPTMANN: Wieso?

POLIZIST: betrunken ........Zwei Eimer Wasser haben wir ihm schon

übern Kopf gegossen........aber...

STADTHAUPTMANN: Mein Gott, mein Gott! Lauf schnell auf die Straße, oder-

nein!!!...geh erst in mein Zimmer...und bring mir den Hut.

Und dann(zu Dobt....j)Peter Iwanowitsch, fahren wir!!! -

nicht wahr....oder fahren wir nicht!?!

BOBTSCHINSKIJ: Ich auch!

STADTHAUPTMANN: Nein!

BOBTSCHINSKIJ: ich auch... Anton Antonowitsch!

STADTHAUPTMANN: Nein, nein, Peter lwanowitsch, auf keinen Fall! Sie sind zu:

....ich sag’s jetzt einfach mal: zu peinlich....und dann ist da

ja auch kein Platz mehr im Wagen.

BOBTSCHINSKIJ.: ...macht nichts, macht nichts- ich geh’ zu Fuß, hinter dem

Wagen.. ich flitze, flink hinterher flitz ich...nur ein bisschen

durch den Türspalt möcht’ ich gucken, wie er sich benimmt.

Bobtschinskij ab

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STADTHAUPTIJANN: Komm schnell. Also jeder nimmt eine Straße in die

Hand....Quatsch...einen Besen in die Hand natürlich... und

fegt mir die Straße, die zum Hotel führt: blitzblank.! Ist das

klar?! Und pass auf, du...ich kenne dich, Freundchen.. du

treibst dich überall rum und lässt silberne Teelöffel im Stie-

fel verschwinden!...Pass auf...ich hab’ ein scharfes Ohr!

Einen Meter Stoff hat dir Tschernjajew für die Uniform

gegeben und der hat gleich den ganzen Ballen eingesackt!

Das heißt mehr klauen als dir rangmäßig zusteht...

Verstanden? Abmarsch!!!

Polizist ab

5 Polizeiassistent

.......wo stecken Sie denn?

POLIZEIASSISTENT: Ich bin nur einen Augenblick mal vors Tor gegangen,

STADTHAUPTMANN: Hören Sie, Stepan Iljitsch, der Beamte aus Petersburg ist

da. Was haben Sie angeordnet ?

POLIZEIASSISTENT: Den Pugowizyn habe ich zum Fegen kommandiert .

STADTHAUFTMANN: Und Derschimorda?

POLIZEIASSISTENT: Der Derschimorda sieht die Feuerspritze nach.

STADTHAUPTMANN: Und Prochorow ist betrunken?

POLIZEIASSISTENT: Jawohl!

STADTHAUPTMANN: Wie können Sie das zulassen?

POLIZEIASSISTENT: Keine Ahnung. Gestern gab’s eine Schlägerei- er ging hin,

um Ordnung zu schaffen..... und kam betrunken zurück.

STADTHAUPTMANN: Folgendes :den Polizisten Pugowizyn, der von hoher Statur

ist und etwas vorstellt .....den postieren Sie auf der Brücke!

Den verrotteten Zaun neben dem Schuster: abreißen, und

einen Strohballen hinstellen, damit es nach Baustelle aus-

sieht. .altes Gebälk drapieren ...je mehr Schrott, desto bes-

ser!!!...das spricht für den Renovierungs-Eifer der Stadt-

verwaltung! Wenn der Betreffende unsere Leute fragt, ob

sie mit dem Dienst zufrieden sind...dass mir dann alle ant-

worten: „Sehr zufrieden, Hochwohlgeboren!“ Dem, der

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unzufrieden ist, werde ich-hernach- meine ganz persönliche

Unzufriedenheit erweisen!.

POLIZEIASSISTENT: ...das finde ich richtig...

STADTHAUPTMANN: Lieber Gott, wäre nur alles bald vorbei, dann stelle ich eine

Kerze auf, wie sie noch nie ein Mensch aufgestellt hat: Was

ist jetzt, Peter Iwanowitsch! Fahren wir also, (nimmt Hut-

Schachtel)

POLIZEIASSISTENT: ...das ist die Hut-Schachtel und nicht der Hut!

STADTHAUPTMANN: (Wirft Hut-Schachtel) Ach was... Schachtel! Scheiße!... Und

wenn er fragt, warum die Hospitalkirche noch nicht gebaut

ist, für die vor fünf Jahren die Baugelder angewiesen

wurden, so soll man ihm sagen, es sei wohl mit dem Bau

begonnen worden, doch sei sie abgebrannt,. ich hätte das

seinerzeit gemeldet. Dass nicht etwa irgendein Idiot blöd

rumquatscht und sagt, man hätte damit überhaupt gar erst

nicht angefangen! Fahren wir, fahren wir, Peter Iwano-

witsch! ..Und die Soldaten sollen nicht nackt auf die Straße

laufen: diese Idioten ziehen die Uniform übers Hemd (zum

Publikum)und darunter...?!

DOBTSCHINSKIJ: ...ist dann gar nichts mehr!!!!!!!

STADTHAUPTMANN: JAAAAA...so sieht’s aus!

Alle ab

V 0 R H A N G

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Z W E I T E R A U F Z U G

Zimmer in einem Gasthof.

1 OSSIP

OSSIP: Vor sechs Wochen sind wir von Petersburg abgereist! Jetzt

stecken wir auf halbem Wege fest. Sein Geld hat er verjuxt -

jetzt hockt er da, lässt den Schwanz hängen und weiß nicht,

was er machen soll ... was fangen wir jetzt an? (Nachäffend:)

„He, Ossip, ja? Geh und besorg mal ein Zimmer für mich.

Aber nimm ja das beste! He, Ossip, ja? und bestell’ ein

Mittagessen – aber bestell das Beste - den gewöhnlichen

Fraß vertrag ich nicht.... mein Magen verdaut nur das

Beste.“....ich wäre ja still, wenn er irgend was Imposantes

darstellen würde ....aber so?!? was ist er denn, hä? Ein

Kollegienregistrator...das ist ein simpler

Sachbearbeiter...ein ganz mickriges Würstchen! Mit Hinz

und Kunz drischt er Karten– und wutsch - hat er alles

verjuxt! Und schickt sein alter Herr mal ein paar Groschen

....wird: statt...dass er die Kohle zusammenhält...gesoffen

,gefressen, ins Theater gerannt....und sind acht Tage rum,

heißt es: „He Ossip, ja? bring den Frack zum Trödler!“...

feines englisches Tuch! Der Frack –allein- allein der

Frack...hat hundertundfünfzig gekostet...... was kriegt er

jetzt dafür??? zwanzig; von der Hose gar nicht zu reden, die

verhökert er als Zugabe.. Warum? Weil er faul ist! - Statt

zu arbeiten, trödelt er auf dem Boulevard...Hast du Arbeit,

dann arbeite auch! Wie viele haben keine Arbeit und

würden gern...so. Jetzt sagt der Wirt:“ Es gibt nichts mehr

zu essen, bis alles bezahlt ist!“...ja und wenn nicht.... wenn

nicht ...was dann?!?

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2 Chlestakow

CHLBSTAKOW: Wo ist der Tabak ??

OSSIP: Wo ist der Tabak? Wo ist der Tabak? Vor vier Tagen

haben Sie den letzten geraucht.... Wo ist der Tabak?

CHLESTAKOW: Hör’ mal, Ossip…

OSSIP: Ich höre.

CHLESTAKOW.- Geh runter

OSSIP: Runter?

CHLESTAKOW: Ja...runter... man soll mir das Mittagessen raufschicken.

OSSIP: Nein, das mach ich nicht.

CHLESTAKOW: Wie bitte...?!?

OSSIP: Auch wenn ich gehe...Es nützt nichts. Der Wirt hat erklärt:

„Es gibt nichts mehr zu essen!“

CHLESTAKOW: Was für ein Quatsch!

OSSIP: „Jetzt verlässt mich mein Humor „sagt der Wirt „Die dritte

Woche wohnt der Kerl bei mir und zahlt nicht .Jetzt mach

ich ihm den Prozess und der kommt ins Gefängnis.“

CHLESTAKOW: Ist ja unglaublich!!!

OSSIP: Ich hole den Wirt.

CHLESTAKOW: Was soll der hier?

OSSIP: Das sehn Sie dann schon!

CHLESTAKOW: Jetzt hau schon ab .... verdammt noch mal!

Ossip ab

CHLESTAKOW: Ich bin ein bisschen spazieren gegangen - vielleicht vergeht

der Appetit davon, dacht’ ich, aber nein, er vergeht nicht.

Ein widerliches Kaff - nicht mal beim Bäcker gibt es was

auf Pump.

3 Ossip + Kellner

KELLNER: Der Wirt lässt fragen, -was Sie wünschen?

CHLESTAKOW: Hallo, alter Freund ...geht’s gut?

KELLNER: Gott sei Dank, ja.

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CHLESTAKOW: Und wie gehen die Geschäfte? Klappt alles? Läuft alles?

KELLNER: Gott sei Dank, alles im Lot.

CHLESTAKOW: Und: viele Gäste?

KELLNER: Ja, schon!

CHLESTAKOW: Hör’ mal, mein Lieber, man, hat mir mein Essen noch nicht

gebracht. Geh also bitte hinunter und sag’, man solle sich

beeilen, ich habe nämlich, verstehst du, gleich nach dem

Essen sehr viel zu tun.

KELLNER: Der Wirt gibt nichts mehr raus.

CHLESTAKOW: Mein Lieber - ich muss essen.... Ich habe einen richtig

großen Hunger, das ist mein Ernst.

KELLNER: Aber der Wirt sagt: “ Er kriegt nichts mehr, bis er die

Rechnung bezahlt hat.“

CHLESTAKOW: Mach’ ihm klar, dass ich essen muss. Die Bezahlung hat

damit nichts zu tun...

KELLNER: Wenn Sie das so sehen.

CHLESTAKOW: Ja.. Ich sehe das so!

Kellner + Ossip ab

4CHLESTAKOW: Wenn der mich jetzt hier aushungern will... Soll ich was

verkaufen? Die Hose vielleicht? Aber ohne Hose... ist doch

Quatsch...Schade, dass man mir die

Kutsche nicht ausleihen wollte - verdammt noch mal - mit

Laternen und Ossip in der Livree hintenauf. „Wer kommt

denn da an? Wer ist denn das?“ Und der Diener kommt

herein und meldet:„Iwan Alexandrowitsch Chlestakow

aus Petersburg ..gestatten Sie, dass er eintritt ?“

5 Ossip

Aber diese Trottel wissen ja gar nicht, was das bedeutet:

„Gestatten Sie, dass er eintritt?“...Gott ist mir schlecht.Dieser

Hunger..

OSSIP: ...das Mittagessen.

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CHLESTAKOW: Das Mittagessen! Man bringt’s, man bringt’s, man bringt’s!

Kellner + Terrine +Braten

KELLNER: Es ist das letzte Mal, dass der Wirt Ihnen zu essen gibt.

CHLESTAKOW: Ach was, Wirt hin, Wirt her... Wirt. Was gibt’s denn ?

KELLNER: Suppe... Suppe... Suppe und Braten.

CHLESTAKOW: Was , nur zwei Gänge?

KELLNER: So siehts aus.

CHLESTAKOW: Das nehme ich nicht an. Das ist viel zu wenig.

KELLNER: Zu viel ist’s noch, meint der Wirt.

CHLESTAKOW: Und warum gibt’s keine Sauce?

KELLNER: Weil keine da ist.

OHLESTAKOW: Als ich vorhin an der Küche vorbeiging, hab’ ich Sauce

gesehen. Und: im Speisezimmer haben heute morgen zwei

kleine dicke Herren Lachs gegessen !!!

KELLNER: Stimmt, das gibt es alles, aber eigentlich auch nicht.

CHLESTAKOW: Wieso denn nicht?

KELLNER: Na eben - so... Gibt’s halt nicht

CHLESTAKOW: Keinen Lachs, keinen Fisch, keine Kotelette?

KELLNER: Keinen Lachs, keinen Fisch, keine Kotelette!!! Das haben

wir nur für Herrschaften, die zahlen.

CHLESTAKOW: Sind die nicht Gäste wie ich?

KELLNER: Überhaupt nicht

CHLESTAKOW: Wieso nicht?

KELLNER: Na, die zahlen doch.

CHLESTAKOW: Was ist denn das für Suppe? Ooooh...Du hast einfach in die

Terrine geschifft: und wie das stinkt!!!!......das Zeug esse

ich nicht!!!

KELLNER: Dann trag’ ich’s wieder weg.

CHLESTAKOW: Mein Gott, das soll Suppe sein!

Da schwimmen Federn statt Fettaugen.

Gib mir den Braten! Ossip! Da ist Suppe...hau rein!!, Was

ist denn das für Braten? Das ist gar kein Braten!

KELLNER: Das ist ein Braten!

CHLESTAKOW: Verkohlte Schuhsohle ist das........ Sperrrrr-Holz!... Bin ich

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ein Borrrrken-Käferrrrr?!?! Weiter gibt es nichts

KELLNER: Nein.

CHIESTAKOW: Wenigstens eine Sauce...

OSSIP: oder ein Dessert!

KELLNER: Der Bürgermeister ist vorgefahren.

OSSIP: Da haben wir den Salat!

CHLESTAKOW: Der Wirt hat mich schon angezeigt! Was, wenn der mich nun

wirklich einsperren lässt ?...

OSSIP: Mist....

CHLESTAKOW: ... und ich hab schon mit der Blonden aus dem Laden

gegenüber …

OSSIP: Na und!?!!

CHLESTAKOW: Ist das ein Grund? Bin ich vielleicht ein verfickter

Straßenköter?!?

OSSIP: Ich vielleicht?

CHLESTAKOW: Was der sich einbildet! Ich sag’ ihm ganz einfach-. “Wie

können Sie es wagen? ...Was fällt Ihnen ein.. Wie dürfen

Sie...“

6 Stadthauptmann + Dobtschinskij

STADTHAUPTMANN: Entschuldigung....

CHLESTAKOW: Ja und...!!!!.

ST.ADTHAUPTMANN: Als Oberhaupt dieser Stadt zwingt mich die Pflicht, Durch-

reisenden und überhaupt Personen von Stande, jegliche

Unannehmlichkeiten, Schwierigkeiten und Plackereien....

CHLESTAKOW: Ja, was soll ich denn machen? Das ist doch nicht meine

Schuld.. Ich will ja zahlen, warte auf mein Geld..der Wirt

ist der wahre Schuldige: ein Rindfleisch hart wie

Stiefelsohle hat der mir serviert und eine Suppe -was weiß

ich, was der da rein gegossen hat- ich hab sie ins Klo

geschüttet.

OSSIP: Der Tee stinkt nach Fisch....

CHLESTAKOW: .....und für diesen Scheißdreck soll ich nun... das fehlte

gerade noch!

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STADTHAUPTMANN: Verzeihen Sie, aber ich kann wirklich nichts dafür. Auf

meinem Markt wird nur gutes Fleisch angeboten, Händler

aus Cholmogor liefern es ,solide Leute ,die sich die Hände

waschen, bevor sie filettieren .Ich wüsste nicht, von wem er

hier schlechtes Fleisch beziehen sollte. Wenn hier aber

wirklich etwas nicht in Ordnung ist, dann... Vielleicht darf

ich Ihnen vorschlagen, die Unterkunft zu wechseln?

CHLESTAKOW: Nein, auf keinen Fall! Ich weiß schon, das heißt: ab ins

Gefängnis...heißt das!! Welches Recht haben Sie dazu? Ja

was fällt Ihnen überhaupt ein?.. Ich bin... bin Beamter in

Petersburg, verstehen Sie? .jawohl...!.

STADTHAUPTMANN: O Gott, der weiß alles!

CHLESTAKOW: Sie... Sie..Ich... ich... ich...werde...Und wenn Sie Ihre

komplette Garnison antreten lassen: ich geh’ nicht... und ich

werde mich beim Minister beschweren! und ob.....jawohl!

STADTHAUPTMANN: Ich habe Frau und Kind... stürzen Sie einen Familienvater

nicht ins Elend! Machen Sie mich nicht unglücklich!

CHLESTAKOW: Was geht mich das an? Weil Sie Frau .und Kind haben, soll

ich ins Gefängnis? Na, das wäre ja noch schöner! Danke

gehorsamst... Ich gehe auf keinen Fall! Das fehlte noch!

STADTHAUPTMANN: Wissen Sie, es fehlte an Erfahrung, deswegen ist es passiert.

Und dann, der unzureichende Etat... sagen Sie, bitte, selbst

..schauen Sie doch mal: das offizielle Gehalt reicht nicht

einmal für den Frühstückstee - von Zucker kann ich nur

träumen. Und gab es gelegentlich die eine oder andere

Bestechung, so waren es doch immer nur Kleinigkeiten:

Mini-ergänzungen etwa für den Mittagstisch oder die

Bekleidung: Druck-Knöpfe für ein Kinderleibchen zum

Beispiel. Und was die Unteroffiziersfrau betrifft, die ich

angeblich... habe auspeitschen lassen, so ist das pure

Verleumdung.

CHLESTAKOW: Na und?... Eine Unteroffiziersfrau - das ist etwas ganz

anderes! Aber mich werden Sie nicht auspeitschen lassen,

das trauen Sie sich nicht ... das wäre ja wirklich stark! Ich

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werde schon zahlen, aber jetzt habe ich kein Geld. Ich bin

blank ...darum sitze ich ja hier.

STADTHAUPTMANN: Dahin zielt er also! Money...money makes the world….

Wenn Sie tatsächlich Geld oder sonst etwas brauchen

sollten, stehe ich doch zur Verfügung.

CHLESTAKOW: Dann leihen Sie mir sofort zweihundert Rubel.. zweihundert

Rubel ....zur Not hundertachtzig... aber nicht viel weniger...

STADTHAUPTMANN: Hier, exakt zweihundert Rubel, Sie brauchen nicht

nachzählen.

CHLESTAKOW: Es ist nur eine augenblickliche Verlegenheit

Ich sehe, Sie sind ein anständiger Mann. ..ein Mensch!! Jetzt

sieht die Sache doch schon ganz anders aus! Ossip!

STADTHAUPTMANN: Gott sei Dank - er hat’s genommen!

......statt zweihundert habe ich ihm vierhundert zugesteckt...

CHLESTAKOW: Ruf mal den Kellner!

OSSIP: Kellner! Aber warum stehen Sie denn, meine Herren. Bitte, nehmen

Sie Platz! So setzen Sie sich doch, ich bitte Sie!

STADTHAUPTMANN: Danke vielmals....Nein!!!... wir stehen lieber.

CHLESTAKOW: Nein, bitte, setzen Sie sich. Unfasslich, wie offen und

herzlich Sie zu mir sind. Ich dachte schon, Sie seien

gekommen, um mich... Aber so nehmen Sie doch Platz!

STADTHAUPTMANN: Er will, dass wir sein Inkognito respektieren. Gut, tun wir,

als ob wir gar nicht wüssten, wer er ist...eben dienstlich

unterwegs, treffe ich meinen Freund

DOBTSCHINSKIJ: Dobtschinskij-

STADTHAUPTMANN: Gutsbesitzer hier aus dem Umland...wir inspizieren ,

DOBTSCHINSKIJ: ...schauen hier kurz herein,

STADTHAUPTMANN: ....ob auch alles gut läuft.... Ich bin nämlich nicht wie viele

meiner Kollegen, die sich um nichts kümmern: neben

meiner Dienstpflicht im Allgemeinen kenne ich auch noch

die Pflicht der christlichen Nächstenliebe im Speziellen, die

es mir wünschenswert erscheinen lässt, dass jedermann hier

seine gute Aufnahme finde– und - gleichsam als Belohnung -

beschert mir der Zufall....

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DOBTSCHINSKIJ: ... eine so angenehme Bekanntschaft!

CHLESTAKOW: Auch für mich ist das sehr, sehr angenehm. Wären Sie nicht

gekommen, hätte ich wohl noch lange hier gesessen. Ich

wusste nämlich nicht, wie ich meine Rechnung bezahlen

sollte.

STADTHAUPTMANN: Immer nur: „wusste nicht, wie ich meine Rechnung

bezahlen sollte“ Darf ich mir eine Frage erlauben:

CHLESTAKOW: Aber bitte...

STADTHAUPTMANN: .....wohin wollen Sie von hier aus fahren?

CHLESTAKOW: Nach dem Gouvernement

OSSIP: ....Ssaratow,

CHLESTAKOW: ....ich habe dort ein Haus.

STADTHAUPTMANN: Nach dem Gouvernement Ssaratow! und dabei wird er nicht

mal rot!

Ja, das Reisen ist eine schöne Sache ...sehr schön: man hat

zwar Ärger wegen des Verkehrs, dafür aber kommt man

rum! Ich, ich nehme an, Sie reisen mehr aus Spaß?

CHLESTAKOW: Spaß ist gut- mein Vater kränkelt.

OSSIP: Krank!

STADTHAUPTMANN: Nun sieh’ mal bloß einer an: Sogar seinen alten Herrn

bringt er aufs Tapet ..Und wie lange bleiben Sie zu Hause?

CHLEST.AKOW: Das weiß ich noch nicht, ohne Petersburg kann ich nicht

leben. Warum unter Bauern versauern?

STADTHAUPTMANN: Warum unter Bauern versauern? ..jaaaaa...

Was macht man in einem solchen Kaff?!?!?! Ist das Zimmer

hier nicht ein bisschen feucht?

CHLESTAKOW: Klamm und feucht...

OSSIP: ...und Wanzen!!!

CHLESTAKOW: ....bissig wie Straßenköter!

STADTHAUPTMANN: Was Sie nicht sagen! Ist Gast - und muss sich von sinn-

losem Ungeziefer traktieren lassen , das hier überhaupt

nicht vorkommen dürfte! Und viel zu dunkel ist es hier!!!

CHLESTAKOW: Sie sagen es: Dunkel... Kerzen gibt es nicht.

OSSIP: ..ein Buch lesen...

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CHLESTAKOW: ..oder einen Gedanken zu Papier bringen...aussichtslos:

OSSIP: es ist zu dunkel!!!

STADTHAUPTMANN: Darf ich Sie vielleicht bitten..

DOBTSCHINSKIJ: jaaaa

STADTHAUPTMANN:. Neieieien!!!... das geht nicht !!!!

CHLESTAKOW: Was denn?

STADTHAUPTMANN:. ..ich habe nichts gesagt...

CHLESTAKOW: Worum geht’s denn?

STADTHAUPTMANN: Ich hätte in meinem Haus ein sehr hübsches Zimmer für

Sie: hell und ruhig....

DOBTSCHINSKIJ: jaaaa

STADTHAUPTMANN:. Neieieien!!!... nein...das wäre......

CHLESTAKOW: Aber ich bitte Sie: Ich logiere doch viel lieber in einem

Privat-Haushalt als in dieser verwanzten Absteige!

STADTHAUPTMANN: Das freut mich jetzt aber! Und erst meine Frau - wird

angenehm überrascht s sein!

DOBTSCHINSKIJ: ...das kann ich bestätigen!

STADTHAUPTMANN: So bin ich eben: jeder gebildete Mensch ist bei mir

willkommen!

CHLESTAKOW: Ihre Offenheit und Ihre Herzlichkeit gefällt mir... sehr...

und –anspruchslos – wie ich nun mal bin – verlange ich,

offen gestanden, nichts weiter als: Respekt und Achtung...

Achtung und Respekt ...ehrlich gesagt, hätte ich gerne

lediglich Respekt und Achtung...also mir gegenüber...!

7 Kellner

KELLNER: Sie haben mich rufen lassen?

CHLESTAKOW: Die Rechnung.

KELLNER: Die habe ich Ihnen schon zweimal gebracht.

STADTHAUPTMANN: Unglaublich!

CHLESTAKOW: ....also: wie viel?

KELLNER: Am ersten Tage hatten Sie zu Mittag gegessen....am zweiten

hatten Sie Lachs...

CHLESTAKOW: Macht zusammen?!

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STADTHAUPTMANN: Aber bitte bemühen Sie sich doch nicht

....Verschwinde...hau ab ... das Geld wird geschickt.

KELLNER: ....da freuen wir uns aber....

Kellner ab

STADTHAUPTMANN: Möchten Sie vielleicht jetzt einige Einrichtungen unserer

Stadt besuchen? Das Hospital zum Beispiel?

CHLESTAKOW: Was gibt’s denn da zu sehen?

STADTHAUPTMANN: Nun ja, unser ganzer Betrieb, die allgemeine Lage...

CHLESTAKOW: Aber mit dem allergrößten Vergnügen.

STADTHAUPTIVIANN: Von dort können wir ins Kolleg fahren, damit Sie sehen, wie

bei uns der Unterricht gehandhabt wird .

CHLESTAKOW: Das unbedingt!.

STADTHAUPTMANN: Anschließend vielleicht eine intensive Observation der

städtischen Gefängnisse, um die bei uns übliche Behandlung

der Häftlinge kennen zu lernen?

CHLESTAKOW: Wir sehen uns das Hospital an.

STADTHAUPTMANN: Ganz wie Sie wünschen. Fahren Sie selbst oder darf ich

Ihnen einen Platz in meinem Wagen anbieten?

CHLESTAKOW: Ja, mit Ihnen. Ist doch klar!

STADTHAUPMANN: Für Sie ist leider kein Platz, mein Lieber.

DOBTSCHINSKIJ: Macht nichts, dann gehe ich eben zu Fuß.

STADTHAUPTMJANN: (zu Dobtschinskij:) flitzen Sie mal rüber...Moment...und

befördern Sie mir sofort zwei Briefe: den einen zum

Hospitalverwalter, den andern zu meiner Frau! (Zu

Chlestakow:) Darf ich in Ihrer Gegenwart ein paar Zeilen an

meine Frau schreiben, damit sie sich auf den hohen

Besucheinstellen kann?

CHLESTAKOW: Bitte keine Umstände? da ist Schreibzeug und Papier?...

vielleicht hier auf der Rechnung...

STADTHAUPTMANN: Perfekt.

Bobtschinskij

(Schreibt) Na, schauen wir mal, wie es nach dem

Frühstück weiter geht. Unser Gouvernements-Madeira

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schmeckt ja nicht besonders, aber wirkt selbst auf Elefanten

Bobtschinskij fällt

CHLESTAKOW: Oh! Sie Haben sich doch nicht etwa weh getan?

BOBTSCHINSKIJ: O nein, das ist nicht schlimm, keine Sorge -lassen Sie sich

nicht stören, meine Herren !Nur eine kleine Schramme....

ein kleines Pflaster ....dann ist alles wieder gut.

STADTHAUPTMANN: Das macht doch nichts . Gehen wir ...Ihrem Diener sage ich

Bescheid, wohin mit dem Gepäck. (Zu Ossip) Bring alles in

meine Wohnung, mein Lieber ....den Weg zeigt dir ....jeder

weiß, wo ich wohne .... Wenn ich bitten darf...

(zu Bobtschinskij) Sie sind wirklich das Allerletzte! Legt der

sich da lang ...

Stadthauptmann ab

Bobtschinskij ab

VORHANG

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D R I T T E R A U F Z U G

Zimmer des ersten Aufzuges.

1 Anna Andrejewna , Maria Antonowna

ANNA ANDREJEWNA: Wo bleibt der denn? Wie ärgerlich! Kein Schwein weit und

breit ......alles wie ausgestorben.

MARIA ANTONOWNA: ...in zwei Minuten sind wir auf dem Laufenden.

(ANNA ANDREJEWNA: wer’s glaubt..........wird selig!

MARIA ANTONOWNA: Es kommt jemand.

ANNA ANDREJEWNA: Wo kommt jemand?.. Richtig... da kommt jemand, Wer

kann das sein? .... klein... Frack... Nein, das ist doch zu

blöd wer ist denn das?!!??

MARIA ANTONOWNA. Mama es ist Dobstschinskij.

ANNA ANDREJEWNA. Dobtschinskij .. Dobtschinskij ... Dobtschinskij ist’s nun

ganz sicher nicht.. (Winkt) Hallo, Sie - kommen

Sie doch mal her, aber ganz schnell!

MARIA ANTONOWNA: Es ist Dobtschinskij!

ANNA ANDREJEWNA. Ich sage dir: es ist nicht Dobtschinskij.

2 Dobtschinskij

MARIA ANTONOWNA: Und? Siehst du jetzt, dass es Dobtschinskij ist?

ANNA ANDREJEWNA. Sie schämen sich wohl gar nicht? Ich habe mich auf Sie

verlassen, ich dachte, Sie seien ein anständiger Mann - Ich

bin die Patentante von Ihrem Wanja und Ihrer Lisanjka

und Sie lassen mich im Stich! Wo bleiben Sie denn? Ich sitze

da und kein Schwanz sagt mir, was los ist. Also, was gibt’s?

....So reden Sie doch !!!

DOBTSCHINSKIJ: Gnädige Frau, ich bin so gerannt, um Ihnen meine Auf-

wartung zu machen. Völlig außer Atem bin ich ...Maria

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Antonowna!

MÄRIA,ANTONOWNA: Peter Iwanowitsch!

ANNA ANDREJEWNA: Nun also?!....... Was ist los?!

DOBTSCHINSKIJ: Ihr Mann schickt Ihnen hier den Zettel.

ANNA ANDREJEWNA: Was ist er? General?

DOBTSCHINSKIJ: General ist er nicht, aber schon ähnlich einem General:

so gebildet und solide...

ANNA ANDREJEWNA: Ah - dann ist der’s also, von dem man meinem Mann

geschrieben hat?

DOBTSCHINSKIJ: Genau der. Ich und Bobtschinskij haben das ja aufgedeckt !

ANNA ANDREJEWNA: Nun also ....wie war’s!?!

DOBTSCHINSKIJ: Bis jetzt ist alles, Gott sei Dank, gut gelaufen. Anfangs war

er ein bisschen grob .... und verärgert über das Hotel und

nahm auch die Einladung, hier bei Ihnen zu wohnen, nicht

gleich an; er denke nicht daran, sich andrer Leute wegen ins

Gefängnis sperren zu lassen ...als er aber erfahren hat, dass

Ihr Mann damit überhaupt nichts zu tun hat, hat er seine

Meinung geändert und ....ab da lief alles glatt. Sie sind jetzt

im Hospital. Ihr Mann dachte schon, er wurde klamm-

heimlich angezeigt, und ich selbst habe ...ein bisschen

Schiss gehabt.

ANNA ANDREJEWNA: Wieso haben denn Sie „Schiss“ gehabt? Sie sind doch kein

Beamter!

DOBTSCHINSKIJ: Ja....Aber - verstehen Sie doch : Wenn eine so wichtige

Person spricht, packt einen die Angst.

ANNA ANDREJEWNA: Reden Sie keinen Quatsch! Sagen Sie- wie sieht er aus?

Ist er alt oder jung?

DOBTSCHINSKIJ: Jung ist er, ein ganz junger Mann, vielleicht 23/24. Und da-

bei spricht er wie ein Alter. „Wenn es Ihnen recht ist“, sagt

er, „werde ich dahin und dahin fahren.. ich lese und

schreibe gern“, sagt er „aber mich stört, wenn es im

Zimmer dunkel ist. “sagt er, sagt er.

ANNA ANDREJEWNA: Sagen Sie - ist er brünett oder blond?

DOBTSCHINSKIJ: Weder noch... Eine Art melange.

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ANNA ANDREJEWNA: „Ich schreibe dir ganz eilig, meine Liebe... es war sehr pein-

lich für mich, aber Gott sei Dank... Zwei Salzgurken extra

und eine halbe Portion Kaviar- einen Rubel fünfundzwanzig

Kopeken...“ Ich versteh kein Wort... zwei Salzgurken extra?

DOBTSCHINSKIJ: Da hat ihr Mann wohl in der Eile auf eine alte Rechnung

geschrieben.

ANNA ANDREJEWNA: Ach so...stimmt.“ Gott sei Dank wird wohl alles wieder gut.

-schleunigst ein Zimmer zurechtmachen ....das mit den

gelben Tapeten. - Zum Mittagessen: nichts....ausgiebigst …

gefrühstückt beim Hospitalverwalter....Wein besorgen....

...Abdulin soll den Besten schicken, sonst revidier ich mal

seinen Keller..... Küsschen aufs Füßchen. mein Herzchen..

Alles Liebe... Anton Skwosnik-Dmuchanowskitt.“ O mein

Gott, dann ist ja höchste Zeit! Swistunov!

3 Polizist

POLIZIST: Hier!

ANNA ANDREJEWNA: Geh mal schnell zum Kaufmann...warte...ich gebe dir einen

Zettel. Den Zettel gibst du dem Ssidor, der soll Wein holen.

Du machst inzwischen das Zimmer nebenan für den Gast.

Stell ein Bett hinein, einen Waschtisch und so weiter.

DOBTSCHINSKIJ: Und ich will mal kurz schauen, wie da der Besuch verläuft.

ANNA ANDREJEWNA: Ja, gehen Sie.... lassen Sie sich nicht aufhalten.

Dobtschinskij ab

Ein Früchtchen aus der Hauptstadt, um Gottes Willen! Du

ziehst am besten das blaue Kleid mit den kleinen

Schleifchen an.

MARIA ANTONOWNA: Nicht doch, Mama das blaue Kleid mit den kleinen

Schleifchen! Das gefällt mir nicht. Außerdem: die Frau des

Kreisrichters trägt blau, und die Tochter des Hospital-

verwalters trägt blau. Ich ziehe das mit Pünktchen an.

ANNA ANDREJEWNA: Das Blaue ist besser, weil ich das Zitronengelbe anziehe.

MARIA ANTONOVNA: Zitronengelb steht dir doch gar nicht!

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ANNA ANDREJEWNA: Mir sollte zitronengelb nicht stehen!?!!!!!!!!!

MARIA ANTONOWNA: Nein, gar nicht...dazu müsstest du auch dunkle Augen

haben.

ANNA ANDREJEWNA: na eben....Sind meine Augen etwa nicht dunkel? Ganz

dunkel sind sie! Ich soll keine dunklen Augen haben!

Quatsch.... der pure Quatsch.....du spinnst wohl..... Was die

sich einbildet!! ....dumme Gans..

Anna Andrejewna + Maria Antonowna ab

4 Polizist+ Ossip

POLIZIST: Wann kommt denn der General?

OSSIP: Was für ein General?

POLIZIST: Na. Ihr General!

OSSIP. Ist der denn General?

POLIZIST Ist der etwa nicht General?????????!!

OSSIP: Der ist General, aber von der anderen Seite.

POLIZIST: Ist der jetzt mehr oder weniger als ein General?

OSSIP: Mehr natürlich.

POLIZIST: Aha, darum auch dieser Durcheinander -Zirkus hier.

OSSIP: Ich sehe, du bist von der ganz schnellen Truppe...was hältst

du von einem kleinen Imbiss?

POLIZIST Für dich gibt’s nichts,...wenn aber dein General Mittag

macht, fällt für dich vielleicht was ab.

OSSIP: Was für gibt’s denn?

POLIZIST: Kohlsuppe, Grütze ,Pasteten ..

OSSIP: …her damit! Wir fressen alles! ....Da hinein?

POLIZIST So sieht’s aus!.

Polizist + Ossip ab

5 Chlestakow, Stadthauptmann, Hospitalverwalter, Schulinspektor,

Dobtschinskij Bobtschinkij

CHLESTAKOW: Sehr interessant, diese Einrichtungen. Gefällt mir, dass den

Reisenden - hier in Ihrer Stadt - alles gezeigt wird. In den

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anderen Städten hat man mir gar nichts gezeigt.

STADTHAUPTMANN: In anderen Städten kümmern sich Bürgermeister und Be-

amte mehr um ihren eigenen Vorteil, würde ich mal sagen....

SCHULINSPEKTOR: ...so sieht’s aus!!

STADTHAUPTMANN: ...während hier ja nun wirklich alle fleißig und aufmerksam

arbeiten und sich somit die Zufriedenheit Ihrer

Vorgesetzten erwerben.

CHLESTAKOW: Also: Das Frühstück war ausgezeichnet; Isst man hier jeden

Tag so gut ?

ALLE: NEIN!!!

STADTHAUPTMANN: Mitnichten.. .Eine spezielle Aufmerksamkeit...mit Liebe....

für einen ganz speziellen Gast.

CHLESTAKOW: Wie heißt doch gleich dieser Fisch?

ALLE: Kabeljau!!!!

CHLESTAKOW. Kabeljau.....Wo war es doch gleich, wo wir gefrühstückt

haben?

ALLE: Im Hospital.

CHLESTAKOW: ....erinnere mich, es standen Betten herum. Aber die

Patienten sind schon gesund? Ich glaube es waren nicht so

viele da... Ich habe keinen gesehen....

HOSPITALVERWALTER: Höchstens zehn Mann sind noch da, die anderen sind alle

als gesund entlassen. Das ist hier so üblich, seit ich die

Leitung übernommen habe: alle werden sofort gesund,

kaum dass sie zu uns gebracht werden. Das scheint

unwahrscheinlich bis unglaublich, ist aber so und zwar

weniger durch Medikamente, als durch Ordnung und

unser Programm....

STADTHAUPTMANN: ...der Beruf des Bürgermeisters ist in der Tat sehr

kompliziert, wenn ich mir diese Bemerkung... erlauben

darf...Es gibt so viel zu tun: Reparaturen, Baustellen,

Patienten ...... Der beste Kopf hätte da Schwierigkeiten...bei

uns ist aber - Gott sei Dank - alles in Butter.. glauben Sie’s

oder nicht: selbst wenn ich ins Bett gehe, habe nur den einen

Gedanken: Lieber Gott, wie richte ich es nur ein ,dass

überall in der Stadt Ordnung herrscht, die Straßen gefegt

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sind, die Gefangenen gut gehalten werden, die Zahl der

Trinker schwindet ... Auszeichnungen, Ehrungen, ja, doch...

schon: sie locken.... verführerisch .... Sirenen der Eitelkeit -

aber : alles Staub und Asche ...Schall und Rauch... Blödsinn

im Angesicht aufrichtiger Pflichterfüllung !

HOSPITALVERWALTER: Wie dieses faule Schwein sich aufbläht.!

CHLESTAKOW: Ich sehe das genau so. Auch ich lasse ab und zu so meinen

Gedanken freien Lauf, mal in Prosa, mal in Versen...

BOBTSCHINSKIJ: Man sieht gleich, der Mann hat studiert .

CHLESTAKOW: Sagen Sie, bitte - gibt es hier die Möglichkeit, sich ein

bisschen zu amüsieren- Gesellschaft, in der man ein

Spielchen machen spielen könnte?

BOBTSCHINSKIJ: Also.. wir haben....

STADTHAUPTMANN: Nein, haben wir hier nicht! Ich habe noch nie eine Karte an-

gefasst .Wenn ich einen Karo König sehe, muss ich kotzen...

SCHULINSPEKTOR: Gestern hat mir das Arschloch hundert Rubel beim Pokern

abgefuchst!

STADTHAUPTMANN: Kartenspielen nein, hier nicht!

CHLESTAKOW: Es kommt immer darauf an, von welcher Seite man die Sa-

che sieht. Natürlich wenn die Brieftasche leer und man mit

Einsatz klotzen müsste...ja dann...Scheißdreck...das versteht

sich...aber manchmal hat ein Spielchen schon so seinen Reiz.

6 Anna Andrejewna + Maria Antonowna

STADTHAUPTIMANN: Darf ich vorstellen: meine Frau, meine Tochter...

CHLESTAKOW: Sehr angenehm, ich bin entzückt.

ANNA ANDREJEWNA: Wir freuen uns auch, Sie kennen zu lernen.

CHLESTAKOW: Aber ich bitte Sie, meinerseits freue ich mich noch viel

mehr!

ANNA ANDREJEWNA: Aber das sagen Sie jetzt nur, um uns ein Kompliment zu machen.

Bitte ...nehmen Sie Platz.

CHLESTAKOW: Neben Ihnen...zu stehen,.. ist schon großes Glück; aber

wenn Sie wollen, kann ich mich auch setzen. Entzückend

neben Ihnen sitzen zu dürfen!

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ANNA ANDREJEWNA: O, ich traue mich nicht zu glauben, dass Sie mich damit

meinen...ja... Im Vergleich zur Hauptstadt war diese Reise

für Sie sicher lästig und unbequem, oder?

CHLESTAKOW: Es ist so wie es ist, comprenez-vous :nach großer Welt

plötzlich das hinterletzte Nest ..nach dem Glanz in den

Dreck....Nach dem Hoch ins Loch..

ANNA ANDREJEWNA: ...bitte?!?

CHLESTAKOW: holperige Landstraßen...schmutzige Hotels… desolate

Manieren… und überall... diese Unbildung.....Menschen

hausen in Finsternis!... Wenn nicht ein glücklicher Zufall

mir hier -diese ungemein angenehme Überraschung ...

ANNA ANDREJEWNA: Wie unangenehm das alles!

CHLESTAKOW: Nein ungemein angenehm!

ANNA ANDREJEWNA: O, bitte, das ist zu viel für mich...

CHLESTAKOW: Wieso zu viel? Genau richtig! Ehre wem Ehre gebührt!

ANNA ANDREJEWNA: Nein… nein...ich lebe in der Provinz.

CHLESTAKOW: Aber gerade in der Provinz gibt es ungeahnte Über-

raschungen: da blüht das Schöne: kleine Hügel, murmelnde

Bäche... zwinkernde Zweige... eine Pünktchen-Bellissima

...und : Venus in Zitronengelb.... verglichen mit Petersburg

hat das Dorf natürlich schlechte Karten! Sankt Petersburg!

Das ist das Leben! „Komm doch heute zum Abendessen,

Kollege“, sagt mein Abteilungsleiter. “Gut“, sag ich...und zu

meinem Sekretär sage ich:„Das machen Sie so und so, ist

das klar?“, und da fliegen auch schon die Federn, übers

Papier! Sie wollten mich durchaus zum Kollegienassessor

machen, aber ich sage mir: wozu denn das? Der Pförtner

kommt mir doch noch auf der Treppe mit der Bürste

nachgelaufen:„Lassen Sie, Iwan Alexandrowitsch, mich

Ihre Schuhe putzen. Bitte!“ Aber meine Herren, warum

stehen Sie denn? Bitte, setzen Sie sich doch!

STADTHAUPTMANN: Bei so hohem Rang steht man lieber.

HOSPITALVERWALTER: Wir stehen in Respekt.

SCHULINSPEKTOR: ....ist auch gesünder.

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CHLESTAKOW: .... bitte ....keine Förmlichkeiten - Bitte. (Alle setzen sich) Ich

mag keine Förmlichkeiten ....stets bemühe ich mich,

möglichst unbekannt zu bleiben.. gelingt nur leider nicht.....

kaum zeige ich mich irgendwo, heißt es gleich:„Da kommt

Iwan Alexandrowitsch!“ Einmal hielt man mich sogar für

den General .Soldaten springen aus der Hauptwache und

präsentieren. Oberst Blablov, uralter Freund aus dem St.

Niklas Kinder-Knaben-Chor, meinte später„Das ist schon

irre, mein Lieber, wir haben dich für den General

gehalten!“

STADTHAUPTMANN: Das ist ja unglaublich!

HOSPITALVERWALTER: Wir sitzen in Respekt.

SCHULINSPEKTOR: veni ...vidi... vici.

CHLESTAKOW: Schriftsteller treffe ich häufig bis regelmäßig. Puschkin ist

mein Freund„Na lieber Puschkin wie geht’s?“ sag ich und

er sagt:„Ja...Wie? So lalala... wie soll’s schon gehen.” Ein

Original der Mann!

ANNA ANDREJEWNA: Sie schriftstellern auch?

CHLESTAKOW: „Figaros Hochzeit“, „ Robert der Teufel“, “ Norma-die Zicke“,

„ Boris Kotzunov“ „ Napoleon oder hundert Pferdemetzger“

Ich kann die Titel gar nicht mehr zählen...alles, was unter

dem Pseudonym Baron Brambäus erschienen ist : „die

Fregatte Hoffnung“ „ Moskauer Fisimatenten“ „ Pipapo und

Killefitz“ „ Nowosibirsk und anderswo“ usw. usw. ist von mir.

ANNA ANDREJEWNA: Sie sind Baron Brambäus!?!?!!?

CHLESTAKOW: ER-SELBST

ANNA ANDREJEWNA: Dann haben Sie den neuen „Jurij Miloslawskij“

geschrieben?

CHLESTAKOW: .....die Feder ist noch feucht.

ANNA ANDREJWNA: ….manifique!!!

MARIA ANTONOWNA: Aber Mama, ”Jurij Miloslawskij“ ist doch von Alex

Sagoskin!

CHLESTAKOW: ...es gibt noch einen zweiten „Jurij Miloslawskij“....und den

habe ich geschrieben.

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ANNA ANDREJEVTNA: ..........und den eben habe ich gelesen!

CHLESTAKOW: Ich lebe, ehrlich gesagt, ausschließlich für und von Litera-

tur. Mein Haus ist eins der ersten in Petersburg, und als

solches bekannt. „Das Haus von Iwan Alexandrowitsch“

heißt es ganz einfach. Kommen Sie doch nach Petersburg,

Herrschaften, besuchen Sie mich bitte! Ich gebe übrigens

auch Bälle.

ANNA ANDREJEWNA: Sicher très schick und extravagant ihre Bälle...n’est-ce pas!

CHLESTAKOW: Die Suppe kommt in einem schlichten Topf per Schiff direkt

aus Paris. Whistpartie spiele ich mit dem Außenminister,

dem britischen Botschafter und zuweilen kibizt auch der

Ambassadeur de France.

ANNA ANDREJEWNA: Oh lala!

CHLESTAKOW: ..... Interessant ist’s übrigens, mal einen Blick in mein

Vorzimmer zu werfen, wenn ich noch nicht aufgestanden

bin. Grafen und Fürsten drängen sich da und summen wie

die Hummeln . Ab und zu hummelt und summt auch ein

Minister...

Einmal habe ich sogar das ganze Departement verwaltet.

Das ist eine ganz merkwürdige Geschichte: der Direktor

war verreist, niemand wusste wohin. Wie, was, wer soll ihn

vertreten? Verschiedene Generale melden sich - treten an -

und sofort zurück ... „Iwan Alexandrowitsch“, heißt es,

„kommen Sie rasch- Sie müssen das Departement

verwalten!“ Ich war, offen gestanden, ein wenig verblüfft -

im Schlafrock ging ich ihnen entgegen und wollte schon

ausschlagen, aber da sagte ich mir: Iwan, wenn der Kaiser

das erfährt, was dann? was dann???!!?? ‘.. „Schön, meine

Herren“, sag’ ich, „ich bin bereit, aber das sag’ ich Ihnen

gleich: Spaß verstehe ich keinen! Ich bin ein verdammt

scharfer Vorgesetzter! Ich bin überhaupt...“ und so weiter.

Na. und wirklich, wenn ich so durch die Büros gehe, bebt

die Erde. Nein, da verstehe ich keinen Spaß! Kopfnuss und

klatsch!!.. gehörig in die Visage - Aber hallo! Mitglieder des

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Staatsrats schlottern und stottern...und so muss es sein! So

bin ich ... Hier steh ich- ich kann nicht anders! -„Rücksicht“

finden Sie im Dictionnaire... Ich bin überall, ich gehe täglich

zu Hofe. Morgen werde ich zum Feld-marschall ernannt.

STADTHAUPTMANN: Würden....

CHLESTAKOW: Was gibt’s?

STADTHAUPTMANN: Würden....Exzellenz.....

CHLESTAKOW: Verstehe Sie nicht... reden Sie keinen Unsinn...

STADTHAUPTMANN: Würden Exzellenz vielleicht geneigt sein , ein wenig

auszuruhen? Im Zimmer nebenan ist...

CHLESTAKOW: Quatsch - ausruhen! Oder...ja - ausruhen! Ausgezeichnet

Ihr Frühstück meine Herren...ausgezeichnet.. war...bin sehr

zufrieden...wie hieß noch gleich der Fisch?

ALLE: Kabeljau!

CHLESTAKOW: Kabeljau!O! Kabeljau

Chlestakow + Stadthauptmann ab

BOBTSCHINSKIJ: Das ist ein Mann, Peter Iwanowitsch! Das nenne ich mir

einen Mann! Noch nie im Leben habe ich in der Nähe einer

so hohen Persönlichkeit gestanden, gestorben wäre ich fast

vor Angst. Was meinen Sie, Peter Iwanowitsch, welchen

Rang wird er wohl haben?

DOBTSCHINSKIJ: Na, ich denke doch - General!

BOBTSCHINSKIJ: Und ich denke, ein General reicht dem nicht das Wasser;

wenn aber schon General ,dann zumindest :

Generalissimus. Die Herren Staatsräte stottern und

schlottern ...das müssen wir sofort Ammos Fjodorowitsch

berichten! Leben Sie wohl, Anna Andrejewna!

DOBTSCHINSKIJ: Leben Sie wohl ,Maria Antonowna!

Dobtschinskij + Bobtschinskij ab

HOSPITALVERWALTER: Schrecklich - und ich weiß nicht mal warum. Nicht mal in

Uniform sind wir. Wenn er nun erwacht und in Petersburg

Anzeige macht?

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SCHULINSPEKTOR: Sie sind doch fein raus...Sie –ein gefeierter Frühstücks-

direktor! Aber ich mit einem Stühle schmeissenden

Altphilologen...mir geht der Arsch schon auf Grundeis!!!

Hospitalverwalter + Schulinspektor ab

7ANNA ANDREJEWNA: Was für ein reizender netter junger Mann

MARIA ANTONOWNA: Sensationell!

ANNA ANDREJEWNA: Man sieht gleich den eleganten Residenzler. Die Manieren,

Diese Sprache –Charmant! Genereux! Immer sah er zu mir

herüber.

MARIA ANTONOWNA: Aber, Mama, mich hat er angesehen !

ANNA ANDREJEWNA: Rede bitte keinen Unsinn - das ist hier wirklich nicht

angebracht .

MARIA ANTONOWNA: Aber es ist so, wie ich sage .

ANNA ANDREJEWNA: ...unverfroren , kaltherzig und frech! Ich verbitte mir das,

hörst du? Dich soll er angesehen haben! Was ist denn an dir

groß zu sehen?

MARIA ANTONOWNA: Mama....er muss was gesehen haben... sonst hätte er mich

nicht ständig angekuckt.

ANNA ANDREJEWNA: Na ja, das ein oder andre Mal hat er...vielleicht... nicht

völlig an dir vorbeigesehen. „Siehst du dir die auch halt mal

an“, mag, er sich gedacht haben .

8 StadthauptmannSTADTHAUPTMANN: S-sst! ... s-sst!...

ANNA ANDREJEWNA: Was ist denn?

STADTHAUPTMANN: sssst....Wenn auch nur die Hälfte von dem, was er gesagt

hat, wahr ist - was dann?!? Und ...warum sollte es nicht

wahr sein? Besoffen zeigt sich der Mensch, wie er wirklich

ist: was tief in ihm verscharrt ist, springt jetzt ihm auf die

Zunge: ins Licht! Mit Ministern spielt der Karten und bei

Kaisers geht er ein und aus... je mehr ich darüber

nachdenke, desto unheimlicher wird er mir.

ANNA ANDREJEWNA: Und ich bin nicht im geringsten beunruhigt. Ich sehe

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einfach in ihm den Mann von Welt.

STADTHAUPTMANN: Du quatschst ohne Sinn und Verstand! Ein falsches Wort...

und es ist aus! aber was kümmert dich, was für mich dabei

rausspringt. Du bist mit ihm so umgesprungen mein Herz-

chen, als hättest du den ersten besten Dobtschinskij vor dir!

ANNA ANDREJEWNA: Mein Lieber! Ich weiß schon, was ich tu. Komm, Maria! Ich

muss dir etwas unter vier Augen sagen, was mir an unserem

Gast aufgefallen ist.

Anna Andrejewna+Maria Antonowna ab

STADTHAUPTMANN: Was rede ich denn mit der?! ... Eine beschissene Geschichte

ist das !!!- ich bin völlig fertig... können Sie mir glauben...

Swistunow!!! wo steckt der denn wieder?!? Kommt da so

ein Mensch daher - ich wollte nichts gesagt haben, wenn der

Mann Statur hätte... imposante Erscheinung oder so...Sie

verstehen ...aber nein: ein schmächtiges, dürres Kerlchen

ist’s ..so dünn...hager und klein...erbärmlich, und doch:

kann man wissen, was drinsteckt? In Uniform könnte man

ihn wenigstens klassifizieren, wüsste was los ist mit ihm,

aber sowie der den Frack anzieht, sieht er aus, wie .... Wie

der sich vorhin im Gasthaus gedreht und gewunden hat

und immer dies und das angedeutet, mit Doppelsinn, immer

so mit Allegorien und Zweideutigkeiten :ich glaubte schon,

ich würde ihn gar nicht mehr zu fassen kriegen.

8 Polizist

STADTHAUPTMANN: Meine Damen und Herren: ein Elefant...! Was machst du

denn für einen Lärm? Wohin willst du denn?

POLIZIST: zu Befehl...

STADTHAUPTMANN: Ss-sst ...leise

POLIZIST: zu Befehl...

STADTHAUPTMANN: Nun, mein Freund du stehst ab sofort da draußen und

rührst dich nicht von der Stelle! Dass du mir keinen

Fremden ins Haus lässt - Sollte jemand mit einer

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Beschwerde kommen oder auch nur so aussehen, als wenn

er eine Beschwerde gegen mich in der Tasche haben könnte,

dann… zack am Kragen packen, Tritt in den Arsch und aus

die Maus!!.... Aber kräftig – verstanden? S-sstt...! S-sstt...!

POLIZIST: Zu Befehl!

Polizist ab , (kurz danach) Stadthauptmann ab

V 0 R H A N G

V I E RT E R A U F Z U G

Dasselbe Zimmer

1 Kreisrichter , Hospitalverwalter, Schulinspektor, Postmeister,

Dobtschinskij, Bobtschinskij (Alle in Galauniform. Flüsterton)

KREISRICHTER: Um Gottes willen, meine Herren, so bilden Sie doch einen

ordentlichen Kreis !Sie haben doch gehört, wer er ist: er

verkehrt am Hofe und bläst den Herren vom Staatsrat den

Marsch !Immer ein bisschen militärisch, rat’ ich Ihnen, das

macht Eindruck. Sie (zu Bobtschinskij) Peter Iwanowitsch,

treten hierher und Sie(zu Dobtschinskij) Peter Iwanowitsch,

stellen sich dahin.

HOSPITALVERWALTER: Ammos Fjodorowitsch...was auch immer, wir müssen was

unternehmen.

KREISRICHTER: Ja, aber was?

HOSPITALVERWALTER: Nun, das ist doch klar........

KREISRICHTER: Ein bisschen schmieren? ...

HOSPITALVERWALTER: Nun ja, wenn Sie’s so nennen wollen...

KREISRICHTER: Ich bin Beamter!

POSTMEISTER: Man könnte doch sagen: „Hier ist Geld mit der Post

angekommen, Empfänger: unbekannt...“

HOSPITALVERWALTER: Passen Sie mal auf, dass er Sie nicht per Post ins Nirgendwo

verschickt!

POSTMEISTER: Na, na, na, na...

HOSPITALVERWALTER: Lassen Sie mich mal.... meine Herren: in einem gut-

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funktionierenden Staatsapparat macht man das anders. Wir

müssen uns ihm einzeln vorstellen, unter vier Augen... dann

erledigt sich alles von selbst, kein Hahn kräht danach... Ich

schlage vor... Sie, Ammos Fjodorowitsch....Sie fangen gleich

mal an.

KREISRICHTER: Fangen Sie lieber an: In Ihrer Anstalt hat der hohe Gast

bereits gespeist, da kann man anknüpfen .

SCHULINSPEKTOR: So sieht’s aus.

POSTMEISTER: Da kann man an.. an.. an...knüpfen...

HOSPITALVERWALTER: Dann ist besser :Luka Lukitsch als Pädagoge fängt an!

SCHULINSPEKTOIR: Unmöglich, meine Herren, ganz unmöglich! Ich bin, offen

gesagt, ein Totalausfall ...wenn jemand mich anspricht, der

auch nur um einen Rang höher steht als ich. Meine Zunge

versteift sich sofort wie eine Salami im Frost .Ersparen Sie

mir das, wirklich, ich bitte darum!

HOSPITALVERWALTER: Sie sind schon der richtige Mann, Ammos Fjodorowitsch!

Wenn Sie zu reden anfangen, verblasst selbst ein Cicero!

KREISRICHTER: Was faseln Sie denn da!!!!

ALLE: Nein, nein, Sie kennen sich nicht nur aus mit Hunden,.. Sie

reiten in allen Sätteln. Lassen Sie uns nicht im Stich Ammos

Fjodorowitsch, seien Sie unsere russische Jeanne

d’Arc....Ammos Fjodorowitsch!!!!

KREISRICHTER: Lassen Sie mich in Ruhe, meine Herren!

( Chlestakow hustet... Alle versuchen ab....)

BOBTSCHINSKIJ: Aua! Peter Iwanowitsch, Sie sind mir auf den Fuß getreten!

HOSPITALVERWALTER: Aber, meine Herren, so lassen Sie mich doch los! Sie

quetschen mir ja die Seele aus der Brust!

Alle ab

2 Chlestakow

CHLESTAKOW: Ich glaube, die haben mir beim Frühstück was in den

Madeira gepanscht - mir platzt der Kopf.. egal....: diese

„biedere“ Form der Gastfreundschaft schätze ich schon

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sehr... und die Tochter????:: ist doch ein ganz reizendes

Kind! und auch die Mama ist noch durchaus knackig im

Geschäft... Ich kann ganz ehrlich sagen: hier gefällt‚ s mir!

3 Kreisrichter

KREISRICHTER: Darf ich mich vorstellen: Ljapkin-Tjapkin,... Richter am

hiesigen Kreisgericht

CHLESTAKOW:. Bitte, nehmen Sie Platz. Sie sind also der hiesige

Kreisrichter? -

KREISRICHTER: Ja, seinerzeit wurde ich auf drei Jahre gewählt und bin

immer noch dabei.

CHLESTAKOW: Höre ich da ein Bedauern?

KREISRICHTER: Aber ...Nein, nein.... Nachdem ich dreimal drei Jahre

Richter gewesen, wurde mir der Vladimir-Orden vierter

Klasse verliehen.

CHLESTAKOW: Immerhin besser als der Annen-Orden dritter Klasse.

CHLESTAKOW: Was haben Sie denn da in der Hand?

KREISRICHTER: (Lässt Banknoten fallen.) Nichts.

CHLESTAKOW: Sie haben da Geld fallen lassen.

KREISRICHTER: O Gott.

CHLESTAKOW: Geld, tatsächlich.

KREISRICHTER: Geld! (legt Münzen dazu) tatsächlich!

CHLESTAKOW: Sagen Sie mal.... könnten Sie mir das leihen?

KREISRICHTER: O, ja.. sehr gern.

CHLESTAKOW: Ich habe nämlich unterwegs viel ausgegeben, verstehen Sie:

dies und das... Sobald ich nach Hause komme, schicke

ich’s Ihnen.

KREISRICHTER: ....natürlich.. Im Dienst bemühe ich mich stets, zuverlässig

und motiviert zu sein.. ich will Sie nicht länger stören....Gibt

es vielleicht noch irgendwelche Anweisungen?

CHLESTAKOW: Was Anweisungen?

KREISRICHTER: Ja, Anweisungen...betreffs des hiesigen Kreisgerichts...

CHLESTAKOW: Nein.... momentan habe ich nichts ...(ich wüsste nicht

wozu)... Ich danke Ihnen.

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KREISRICHTER: Bitte! Also: in die Registratur kommt der nicht!

Kreisrichter ab

CHLESTAKOW: Ein prächtiger Mensch, dieser Kreisrichter!

4 Postmeister

POSTMEISTER: Darf ich mich vorstellen: Postmeister Schpekin.

CHLESTAKOW: Ah – bitte kommen Sie näher! Nehmen Sie doch Platz!

POSTMEISTER: Zu Befehl... (setzt sich)

CHLESTAKOW: Ihr Städtchen gefällt mir. Es ist zwar nicht so viel los - aber

dafür ist’s ja auch nicht die Hauptstadt....Sie leben hier?

POSTMEISTER: Genau.

CHLESTAKOW: Den wirklichen guten Ton findet man eben nur in der

Hauptstadt, weit vom Provinziellen...finden Sie doch auch?

POSTMEISTER: Unbedingt. (Kommt vor an Rampe)

Kein bisschen arrogant...aufgeschlossen und interessiert

CHLESTAKOW: Haloooo ....Und doch kann man auch in solch einer

Kleinstadt recht glücklich leben, nicht wahr?

POSTMEISTER: O, ja!

CHLESTAKOW: Was braucht der Mensch? ..doch nichts weiter, als Achtung

und Liebe, oder?

POSTMEISTER: Sie bringen es aber auf den Punkt.

CHLESTAKOW: Schön, dass wir beide einer Meinung sind.... So, den hau ich

jetzt an.... Wissen Sie, was mir passiert ist: ich bin blank.

Fatal, nicht wahr? Können Sie mir dreihundert leihen?

POSTMEISTER: Aber mit dem allergrößten Vergnügen.. (Gibt ihm Geld.)

CHLESTAKOW: Besten Dank. Ich muss zugeben: Verzichten ist nicht mein

Ding, wenn ich auf Reisen bin.

POSTMEISTER: Verstehe. Gibt es vielleicht, was die Post angelangt,

irgendwelche Bemerkungen zu machen?

CHLESTAKOW: Nein, ich wüsste nicht.

POSTMEISTER: ...also dann nichts für ungut Chef!!!

Postmeister ab

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CHLESTAKOW: Dieser Schpekin. ein sehr angenehmer Mensch; gefällig,

sehr spendabel ...solche Leute mag ich.

5 Schulinspektor

SCHULINSPEKTOR: Darf ich mich vorstellen: Schuldirektor Chlopow.

CHLESTAKOW: Ah, bitte näher zutreten ....Nehmen Sie Platz! Zigarre?

SCHULINSPEKTOR: Soll ich oder soll ich nicht?!

CHLESTAKOW: Nehmen Sie, ’s ist eine wirklich gute Zigarre.

Hier ist Feuer - so, nun rauchen Sie! Mann,

Sie haben ja die Zigarre verkehrt in den Mund gesteckt!

SCHULINSPEKTOR: Pardon — ich bin Nichtraucher...

CHLESTAKOW: Das sieht man. Mehr die Blonden oder eher die Brünetten?

Sagen Sie es ganz offen...stehen Sie auf Blond oder Brünett?

SCHULINSPEKTOR: Ich trau mich nicht es zu entscheiden.

CHLESTAKOW: Nein, nein, bitte!!!, keine Ausreden! Ich möchte jetzt wissen,

was für einen Geschmack Sie haben.

SCHULINSPEKTOR: Ich meine eigentlich...

CHLESTAKOW: Aha, Sie wollen es nicht sagen! ist’s nicht so?

SCHULINSPEKTOR: ...ich.. ich

CHLESTAKOW: Ja was denn nun?? Blond oder Brünett ?

SCHULINSPEKTOR Euer Hochwohl... Hochedel... Exzell... O Gott, ich weiß es ja

selbst nicht.

CHLESTAKOW: Lassen wir das. Haben Sie dreihundert flüssig?

SCHULINSPEKTOR: Das wäre so was, wenn ich’s jetzt nicht hätte! Doch, da ist’s!

CHLESTAKOW: Danke.

SCHULINSPEKTOR: Ich wage nicht länger Sie durch meine Gegenwart zu

belästigen

CHLESTAKOW: Leben Sie wohl.

SCHULINSPEKTOR: In die Schulen kommt der nicht!

Schulinspektor ab

6 Hospitalverwalter

HOSPITALVERWALTER: Darf ich mich vorstellen: Hospitalverwalter Semljanika.

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CHLESTAKOW: Guten Tag....setzten!

HOSPITALVERWALTER: Ich hatte bereits die Ehre, Sie in den meiner Aufsicht

anvertrauten Anstalten zu empfangen.

CHLESTAKOW: Erinnere mich, wir haben bei Ihnen sehr gut gefrühstückt.

HOSPITALVERWALTER: Immer bereit das Vaterland zu verköstigen! Scheue keine

Kosten.

CHLESTAKOW: Eine gute Küche -muss ich gestehen, ist mir sehr wichtig.

Sagen Sie, bitte - es kommt mir so vor, als seien Sie gestern

ein bisschen größer gewesen. Sind Sie geschrumpft?

HOSPITALVERWALTER: Das kann schon sein: Ich darf sagen, ich tue alles- und zu oft

halt zu viel- was in meinen Kräften steht- das zehrt.

Unser Postmeister zum Beispiel - der tut absolut nichts,

Briefe bleiben unbestellt... das Postkontor ein babylonisches

Fiasko...das pure Chaos!.. Und der Kreisrichter, der kurz

vor mir hier war, denkt nur an seine Hasenjagden, züchtet

Hun-de im Gericht und benimmt sich überhaupt ganz

skandalös ,obwohl er mir Freund und Verwandter ist. Dann

haben wir hier einen Dobtschinskij -den Sie ja auch gesehen

haben - sobald der aus dem Haus geht, sitzt der Kreisrichter

bei seiner Frau. Und schauen Sie sich mal die Kinder an:

nicht ein einziges hat Ähnlichkeit mit Dobtschinskij, alle,

selbst das jüngste ist dem Richter wie aus dem Gesicht

geschnitten.

CHLESTAKOW: Was?

HOSPITALVERWALTER: Auch der Schuldirektor... ich verstehe nicht, wie die

Regierung diesem Manne eine solche Stellung übertragen

konnte ! Und dann der Bürgermeister: Ein ganz schlimmer

Finger! (Letzte Woche hat er die Frau des Unteroffiziers

auspeitschen lassen.) Vielleicht gestatten Sie, dass ich das

alles schriftlich darlege ?

CHLESTAKOW: Aber unbedingt. Ja, tun Sie das. Wie heißen Sie doch

gleich?

HOSPITALVERWALTER: Semljanika.

CHLESTAKOW: Semljanika....Sagen Sie mal Semljanika - haben Sie Kinder?

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HOSPITALVERWALTER: Na Und ob! - fünf Stück.

CHLESTAKOW: Was Sie nicht sagen - fünf Stück. Und wie... äh... wie?

HOSPITALVERWALTER: Wie sie heißen, wollten Sie vielleicht fragen?

CHLESTAKOW: Aber ja, wie heißen sie denn?

HOSPITALVERWALTER: Nikolay, Iwan, Jelisawete, Maria Und der andere??.

..Perpetuus.

CHLESTAKOW: Das sind ja sehr hübsche Namen.

HOSPITALVERWALTER: Ja?... Ja dann möchte ich Sie nicht länger in Ausübung

Ihrer Pflicht stören.

CHLESTAKOW: Aber Sie stören nicht. Ich höre so was sehr gern. Wie war

doch gleich Ihr werter Name?

HOSPITALVERWALTER: Artemij Filippowitsch Semljanika.

CHLESTAKOW: Artemij Filippowitsch Semljanika! Wissen Sie, was mir

passiert ist: ich habe mich unterwegs total verausgabt. ich

bin pleite. Ich brauche vierhundert. Und zwar sofort.

HOSPITALVERWALTER: Aber gern.

CHLESTAKOW: Das trifft sich ja sehr gut .Danke vielmals.

HOSPITALVERWALTER: Ja dann...

CHLESTAKOW: Ja, Sie mich auch!

Hospitalverwalter ab

7 Bobtschinskij + Dobtschinskij

BOBTSCHINSKIJ: Darf ich mich vorstellen: Peter Iwanowitsch Bobtschinskij

DOBTSCHINSKIJ: Dobtschinskij.

CHLESTAKOW: Wir kennen uns schon.. was macht die Nase?

BOBTSCHINSKIJ: Danke für die Nachfrage: Sie ist, Gott sei Dank, noch dran.

CHLESTAKOW: Das freut mich.. Sagen Sie, können Sie mir tausend Rubel

leihen?

BOBTSCHINSKIJ: Tausend Rubel hab’ ich leider nicht bei mir.... Haben Sie

vielleicht Tausend Rubel ..Peter Iwanowitsch?

DOBTSCHINSKIJ: Entschuldigung, mein Geld liegt bei der Vorsorgekasse auf

der Bank.

CHLESTAKOW: Na gut.....dann vielleicht hundert?

BOBTSCHINSKIJ: Haben Sie nicht hundert Rubel, Peter Iwanowitsch? ~Ich

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habe vierzig in Papier .

DOBTSCHINSKIJ: Ich habe alles in allem fünfundzwanzig.

BOBTSCHINSKIJ: Schauen Sie noch mal ganz genau nach, Peter Iwanowitsch!

Ich weiß, Sie haben ein Loch in der Tasche, rechts - viel-

leicht ist etwas ins Futter gerutscht.

DOBTSCHINSKIJ: Nein, auch im Futter ist nichts.

CHLESTAKOW: Auch egal, dann nehmen wir eben fünfundsechzig.(Nimmt

Geld.)

DOBTSCHINSKIJ: Ich wollte mir noch gestatten, Sie wegen einer sehr delikaten

Angelegenheit... wenn Sie nichts dagegen haben...

CHLESTAKOW: Und die wäre?

DOBTSCHINSKIJ: Die Sache ist, wie gesagt, heikel: mein ältester Sohn ist

nämlich vor der Ehe geboren...

CHLESTAKOW: Ja und?!?

DOBTSCHINSKIJ: Ich hab die Frau dann aber schon geheiratet und möchte

nun, dass er als mein leiblicher Sohn auch meinen Namen

trägt.

CHLESTAKOW: Das ist doch kein Problem!

DOBTSCHINSKIJ: Ich würde Sie nicht belästigen ,aber der Junge ist so begabt,

so überaus geschickt ...Hier - Peter Iwanowitsch - kann’s

bestätigen!

BOBTSCHINSKIJ: Jaja, er hat...er hat Talent!

CHLESTAKOW: Wird alles gemacht.........ja... ja

Bobtschinskij ab

Und Sie?

BOBTSCHINSKIJ: Allerdings... ich hätte eine ganz kleine Bitte...

CHLESTAKOW: Na, was denn?

BOBTSCHINSKIJ: Ich bitte Sie vom ganzen Herzen, wenn Sie wieder in

Petersburg sind, erzählen doch bitte dort den Senatoren

und Admiralen „Exzellenz“ oder „Durchlaucht“.. je nach-

dem. „Es gibt einen Bobtschinskij!“

CHLESTAKOW: Das ist ...sehr gut.....ja, gut, das mache ich.... und?

BOBTSCHINSKIJ: Und sollte es vorkommen, dass Sie den Kaiser sehen, dann

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sagen Sie auch ihm: „ Es gibt einen Bobtschinskij!“

CHLESTAKOW: Da freut der sich aber!

DOBTSCHINSKIJ: Entschuldigen Sie, entschuldigen Sie .....

CHLESTAKOW: Nein, nein. Das war mir jetzt eine ganz große Freude.

Dobtschinskij ab

8 Ossip

...so ein Volldepp....das muss ich Trjapitschkin schreiben -

Trjapitschkin schreibt ab und zu kleine bissige Artikel ...der

soll diesen Leuten mal gehörig Feuer untern Arsch kritzeln.

Ossip !

OSSIP: Schon bin ich hier mit Tinte und Papier- (Füller+ Papier.)

CHLESTAKOW: Wer Trjapitschkin unter die Feder kommt ist geliefert .Für

eine Pointe schlachtet der die eigene Großmutter. Übrigens

ein schöner Zug dieser Menschen, dass sie mir Geld

geben...zusammengekratzt habe ich: 300 vom Kreisrichter,

300 vom Postmeister, macht 600, 700, 800...! 800, 900.über

1000!..siehst du nun wie man hier mit mir umgeht?(schreibt)

OSSIP: Ja!..... Iwan Alexandrowitsch ...

CHLESTAKOW: Na, was denn?

OSSIP: Machen Sie die Fliege!

CHLESTAKOW: (Schreibt.) Wieso!

OSSIP: Wir haben hier zwei lustige Tage verbracht -jetzt ist Schluss!

CHLESTAKOW: Morgen..

OSSIP: ...nein heute.. gleich...besser jetzt .sofort! Iwan

Alexandrowitsch! wir fahren!! ...noch halten die Sie hier für

einen andern...nur wie lange noch? Das ist doch die Frage.

CHLESTAKOW: Bring den Brief hier zur Post, und bestell’ meinetwegen den

Wagen. Sieh zu, dass wir schnelle Pferde kriegen, ein Drei-

gespann, Kurierpferde! bezahlt wird nicht, ist dienstlich.

Sag den Kutschern, 2 Rubel Trinkgeld für jeden, sollen

fahren wie die Sau und schöne Lieder singen.

Ossip ab

Trjapitschkin: wenn du das gelesen hast, adoptierst du

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mich!

9 Maria Antonowna

MARIA ANTONOWNA: ooo ...Pardon!

CHLESTAKOW: Das ist aber eine Überraschung ...darf ich fragen, was Sie

hier.....?

MARIA ANTONOWNA: Mama ist nicht hier...?!

CHLESTAKOW: nein....„Mama ist nicht hier“.....

MARIA ANTONOWNA: Pardon!...... Sie haben was Wichtiges zu tun...

CHLESTAKOW: Nein, nein ...

MARIA ANTONOWNA: ...eigentlich muss ich gehen

CHLESTAKOW: Aber warum denn? (Küsst ihn)

MARIA ANTONOWNA: ... geht das nicht zu weit...

CHLESTAKOW: Pardon, es kommt nie wieder vor!

MARIA ANTONOWNA: Sie halten mich für eine ziemlich Dumme oder?...

CHLESTAKOW: ,Maria Antonowna! Ich will auf den Knien um Verzeihung

bitten. Verzeihen Sie bitte, verzeihen Sie ! Sehen Sie

das?!?...: ich knie vor Ihnen!

10 Anna Andrejewna

ANNA ANDREJEWNA: Ach...Das ist aber eine Überraschung!

CHLESTAKOW: Verdammt...

ANNA ANDREJEWNA: Was bedeutet das?

MARIA ANTONOWNA: Mama… Er wollte nur,...

ANNA ANDREJEWNA: Raus! Hinaus! Verschwinde? Und wage hier nicht noch Mal

aufzutauchen !!!!!

Maria Antonowna ab

.....offen gesagt: ich bin geplättet!!!

CHLESTAKOW: Die ist auch noch appetitlich...sie sehen mich Gnädigste auf

Knien! .

ANNA ANDREJEWNA: Stehen Sie auf, stehen Sie bitte auf, der Fußboden ist.... hier

wurde heute nicht gewischt.

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CHLESTAKOW: Ich muss knien - ich muss wissen, was mir das Schicksal

bestimmt: Leben oder Tod.

ANNA ANDREJEWNA: Ich verstehe Sie nicht ganz...Wenn ich den Sinn Ihrer Worte

richtig erfasse, halten Sie um die Hand meiner Tochter an?

CHLESTAKOW: Nein, nein, in S i e bin ich verliebt: in Sie...Sie sind das

obskure Objekt der Begierde !! Mein Leben hängt an Ihrem

JA. Mit loderndem Herzen bitte ich um Ihre Hand. Seien

Sie meine Frau, ich bitte Sie!

ANNA ANDREJEWNA: Aber erlauben Sie...Entschuldigung: ich bin doch...

sozusagen ... verheiratet!

CHLESTAKOW: Das macht nichts .... Liebe kennt kein Hindernis.

„Wenn ein Wille...auch ein Weg!“

11 Maria AntnonownaMARIA ANTONOWNA. Mama, Papa wollte......Ah, .....das ist aber eine

Überraschung!

ANNA ANDREJEWNA: Na, was denn? Wie denn? Was ist denn hier so

überraschend?! wie ???

MARIA ANTONOWNA: Mama, ich wusste nicht...

ANNA ANDREJEWNA: Platzt hier rein wie ’ne Katze, die Rauch geschluckt hat !

Die hat sie doch nicht mehr alle?

CHLESTAKOW: Anna Andrejewna, stellen Sie sich unserem Glück nicht in

den Weg!

ANNA ANDREJEWNA: Ach so…. Sie ist es dann also, die Sie...

CHLESTAKOW: Leben oder Tod!

ANNA ANDREJEWNA: .... Du blöde Kuh: deinetwegen rutscht der Gast hier auf

Knien rum ....„nein“ ....müsste ich jetzt sagen, denn ihn

verdienst du nicht!

MARIA ANTONOWNA: Mama, es kommt nie wieder vor!

12 Stadthauptmann

STADTHAUPTMANN: Machen Sie mich nicht unglücklich, Exzellenz, machen Sie

mich nicht unglücklich!

CHLESTAKOW: Was ist mit Ihnen?

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STADTHAUPTIJANN: Nicht die Hälfte von dem, was die gesagt haben ist wahr.

Und die Unteroffiziersfrau ...die hat Sie einfach frech belo-

gen! Ich soll die ausgepeitscht haben! Die hat sich selbst

ausgepeitscht.

CHLESTAKOW: Was interessiert mich die Unteroffiziersfrau?

ANNA ANDREJEWNA : Anton Antonowitsch….. Iwan Alexandrowitsch bittet um

die Hand unsrer Tochter

STADTHAUPTIJANN: Pardon Exzellenz: die spinnt ab und zu, die hat das von

ihrer Mutter ....

CHLESTAKOW: Ich will aber Ihre Tochter heiraten...

STADTHAUPTMANN: Exzellenz!

CHLESTAKOW: Im Ernst....

STADTHAUPTMANN: Aber das ist nicht möglich.....

CHLESTAKOW: Sagen Sie NEIN...... spring ich aus dem Fenster..

STADTHAUPTMANN: Ist das ein Scherz?

ANNA ANDREJEWNA: Das ist kein Scherz!

STADTHAUPTMANN: Aber...!

CHLESTAKOW: Wenn ich mich erschieße, kommen Sie vor Gericht...

STADTHAUPTMANN: Mein Gott!... ich verstehe gar nichts mehr..., ich kann nichts

dafür! (Chlestakow küsst Maria Andrejewna)

13 Ossip+ Polizist

ALLE: ...????!!!!!!!!!

STADTHAUPTMANN: Hurra! Hurra!...! Hurrahaha! Hurraaa!!!!!

OSSIP: Der Wagen ist daaa.

CHLESTAKOW: Ich komme...

STADTHAUPTMANN: Wie denn?

ANNA ANDREJEWNA: Sie reisen ab?

CHLESTAKOW: Ja, ich reise ab.

STADTHAUPTMANN: Und wann soll die Hochzeit...

CHLESTAKOW: Die Hochzeit....ja klar…. Ich bin nur ganz kurz weg, einen

Tag... höchstens...Kurz- Besuch bei einem Onkel.

STADTHAUPTMANN: Der mit dem Geld?!?

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CHLESTAKOW: Morgen schon bin ich zurück.

STADTHAUPTMANN: Wir wollen Sie nicht aufhalten und hoffen, Sie kommen bald

wieder.

CHLESTAKOW: ...bin gleich wieder da. Tschüss, meine.. nein: ich finde

einfach keine Worte! Leb’ wohl, du ..Tschüss, mein Schatz!

STADTHAUPTMANN: Sie waren, glaub’ ich, etwas knapp bei Kasse?

CHLESTAKOW: O, nicht doch, wozu ...danke....obwohl, ganz wie Sie wollen...

meinetwegen.

STADTHAUPTMANN: Wie viel bräuchten Sie ?

CHLESTAKOW: Sie gaben mir gestern zweihundert - das heißt, nicht zwei -

vielleicht, dass es zusammen achthundert macht?

STADTHAUPTMANN: Sofort! Nur neue Scheine....wie auf Bestellung!

CHLESTAKOW: Neues Geld...bringt Glück in die Welt !(Gelächter)

STADTHAUPTMANN: So sieht’s aus !

CHLESTAKOW: Tschüss, mein Schatz....Tschüss, Schwiegermutter... Machen

Sie’s gut, Anton Antonowitsch! Ich bin Ihnen sehr verbun-

den. Noch nirgends hat man mich, offen gestanden, so

herzlich aufgenommen!!!!!!!

STADTHAUPTMANN: (zum Polizisten) Hol mir mal schnell einen Teppich!

POLIZIST: Einen Teppich?

STADTHAUPTMANN: ...den Gemusterten mit den Fransen!

Polizist ab

Den legen Sie sich unter den Allerwertesten, mein Bester..

dann...

CHLESTAKOW: .........danke, aber das ist doch nicht nötig.........

OSSIP: ......aber ja doch.. ohne Teppich ist man völlig

aufgeschmissen...unterwegs wir danken!

Polizist (+Teppich)

doch....den kann man gut gebrauchen, vielen Dank!

Polizist ab

STADTHAUPTMANN: Wann wären Sie wieder da?

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OSSIP: Gleich morgen!

CHLESTAKOW: ....oder erst übermorgen.

OSSIP: .... oder auch schon Über-Über-Morgen.

CHLESTAKOW: Anton Antonowitsch! Auf Wiedersehen!

STADTHAUPTMANNS: Auf Wiedersehen, Exzellenz!

CHLESTAKOW: Anna Andrejewna! Auf Wiedersehen!

ANNA ANDREJEWNA: Auf Wiedersehen................mein Schwiegersohn....

CHLESTAKOW: Marja Antonovna! Auf Wiedersehen... BITTE SAG

JETZT NICHTS!!!!

Chlestakow + Ossip ab

VORHANGF Ü N F T E R A U F Z UG

Dasselbe Zimmer

1 Stadthauptmann , Anna Andrejewna , Maria Antnonowna

STADTHAUPTMANN: Verdammt: Das nenn’ ich einen Fang! Na Anna

Andrejewna..: das hättest du dir nicht träumen lassen?!!

Du, einfache Frau Bürgermeister: zack! verwandt und

vebandelt mit diesem Satanskerl?!?!

ANNA ANDREJ.EWNA: Weil du ein einfacher Mensch bist , kommt dir das

sonderbar vor. Ich hab’s nicht anders erwartet

STADTHAUPTMANN: Jetzt kommt’s natürlich noch mal ganz anders ...ganz hoch

hinaus geht’s jetzt!...

2 Polizist Ah, du schon wieder....Warte!! (zum Publikum) wartet meine

Engelchen! Bis jetzt hab’ ich euch nur gerupft - jetzt pack

ich euch an der Gurgel ! (zum Polizist) Schreib sie mir alle

auf! Sag ihnen, das der Bürgermeister seine Tochter einem

Manne zur Frau gibt, der auf der Welt alles hat...alles, alles,

alles!! Besorg es ihnen! Bekanntmachung auf allen Straßen

und Plätzen, lass Glocken läuten: Begeisterung will ich

sehen!!! Abmarsch!

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Polizist ab

....und wo werden wir jetzt wohnen meine Liebe?

ANNA ANDREJEWNA: Natürlich in der Residenz?!?

STADT.HAUPTMANN: In der Residenz ..in der Residenz....mit der Bürgermeisterei

wird’s nun wohl aus sein - wie?

ANNA ANDREJEWNA: Das ist doch klar!

STADTHAUPTMANN: Er steht mit Ministern auf Du und Du - da ist es ihm doch

ein Leichtes, mit der Zeit meine Beförderung zum General

durchzudrücken.

ANNA ANDREJEWNA: Aber das ist doch...selbstverständlich!

STADTHAUPTMANN: General! Da wird ein breites Band verliehen, über der

Schulter zu tragen. Was ist besser :das rote oder das blaue?

ANNA ANDREJEWNA: Das blaue natürlich.

STADTHAUPTMANN: ..das rote ist auch nicht übel....Titularräte, Kapitäne,

Bürgermeister.. alle warten ..alle!!!....du speist natürlich

beim Gouverneur und der Bürgermeister steht stramm!

ANNA ANDREJEWINA: Deine Lebensweise musst du ändern. Umgang mit einem

Semljanika, Hasenjagden mit dem Richter usw. - alles das

muss natürlich aufhören. In Zukunft verkehrst du mit

Fürsten und Baronen ! Also schmatze und rülpse nicht bei

Tisch, das ist in Gesellschaft verpönt!!

STADTHAUPTMANN: Ach was - ein befreiender Furz hat noch keinem geschadet.

ANNA ANDREJEWNA: Das konntest du dir als Bürgermeister erlauben; das ist jetzt

schon Vergangenheit! Unser Haus muss das erste sein

in der Residenz. (Petersburg?)

STADTHAUPTMANN: (zum Publikum) Was glotzt du denn so?....Du Kotzsack....

ANNA ANDREJEWNA: Anton Antonowitsch was für ....

STADTHAUPTMANN: Halt die Klappe!.....wer hat denn deine Schweinereien

gedeckt... Hätte ich dich verpfiffen, wärst du heute in

Kamtschatka!!....... ich habe das Spiel gewonnen!!! und Ihr

seid ganz unwichtig!!! Meine Tochter heiratet keinen ersten

Besten . dass mir die Gratulationen danach ausfallen!

Kommt mir nicht mit einer Büchse Sardinen oder einem

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Stockfisch, verstanden?!?

3 Kreisrichter

KREISRICHTER: Anton Antonowitsch? Das ist ja ein ganz ungewöhnliches

Glück, das ihnen da ins Haus Wände flattert?

Hospitalverwalter

HOSPITALVERWALTER: Habe die Ehre zu gratulieren - was für ein ungewöhnliches

Glück...... freue mich .... freue mich....Gott freue ich mich!!

Anna Andrejewna…….Maria Antonowna

Bobtschinskij +DobtschinskijBOBTSCHINSKIJ: Habe die Ehre zu gratulieren! Anton Antonowitsch!

DOBTSCHINSKIJ: Anton Antonowitsch !Habe die Ehre, zu gratulieren!

BOBTSCHINSKIJ: Anna Andrejewna ….Maria Antonowna

DOBTSCHINSKIJ: Anna Andrejewna …..Maria Antonowna

BOBTSCHINSKIJ: Maria Antonowna....habe die Ehre, zu gratulieren!

DOBTSCHINSKIJ: Gebe Gott Ihnen alle Reichtümer dieser Welt...

.....Rubel in Hülle und Fülle....

BOBTSCHINSKIJ: .....und Nachwuchs.... in Fülle und Hülle!

Korobkin + Polizeiassistent

KOROBKIN: Habe die Ehre zu gratulieren, Anton Antonowitsch!

Anna Andrejewna …..Maria Antonowna

POLIZEIASSISTENT: Habe die Ehre zu gratulieren:

Anna Andrejewna …..Maria Antonowna

SchulinspektorSCHULINSPEKTOR: Habe die Ehre...Anton Antonowitsch...wünsche von

Herzen Glück! Der Herr gebe Ihnen und dem jungen Paare

langes Leben ...Putzmuntere Nachkommenschaft ….Enkel

und Urenkel …. Maria Antonowna.... Anna Andrejewna

Schulinspektorfrau

FRAU SCHULINSPEK: Anna Andrejewna! Gratuliere von Herzen,

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Nein, wie mich das freut! Man sagt’ mir:“ Denken Sie sich,

Anna Andrejewna verheiratet ihre Tochter!“ “Ach, mein

Gott!.“ sagt,’ ich mir und freu mich dabei so, dass ich gleich

zu meinem Mann sage: „Männchen, was hat diese Anna

Andrejewna für ein Glück!“ „Gott sei Dank!“ sag ich

mir im stillen….und zu ihm sag ich: „ Anna Andrejewna

hat sich doch immer eine gute Partie für ihre Tochter

gewünscht…. na, nun hat sie’s ja erreicht….. nun ist ja ihr

Wunsch erfüllt!“ So entzückt war ich, wie gesagt, von der

Nachricht, dass ich gar keine Worte fand. Mein Mann sagte

zu mir: „Warum schluchzt du denn so Frauchen?“

SCHULINSPEKTOR: Ja!

FR. SCHULINSPEKTOR: „Männchen“, sagt’ ich, „Ach… ich weiß es selber nicht, die

Tränen strömen eben so von selbst heraus...“

4 Polizist (Treppen-Sturz)

STADTHAUPTMANN: Swistunow!

POLIZIST: Pardon! habe die Ehre, Euer Hochwohlgeboren ganz

gehorsamst meine Gratulation darzubringen und zugleich

ein recht langes Leben zu wünschen.....

STADTHAUPTMANN: jajaja...Danke, danke.....

Polizist ab

KREISRICHTER: Nun sagen Sie bloß mal, Anton Antonowitsch - wie ist denn

das alles gekommen?

ALLE: Jaaaa!???!!

SCHULINSPEKTOR: Wie hat sich die Sache sozusagen entwickelt?

STADTHAUPTMANN: Auf höchst merkwürdige Weise…

ANNA ANDREJEWNA: Ja!.. auf eine höchst taktvolle und ehrerbietige Art: “Ich tue

es einzig in Anerkennung Ihrer Vorzüge, Anna

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Andrejewna“......“Anna Andrejewna“, sagte er - „ich mache

mir nicht viel aus dem Leben. Nur die Wertschätzung Ihrer

seltenen Eigenschaften......“

MARIA ANTONOWNA: Aber, Mama das hat er doch zu mir gesagt!

ANNA ANDREJEWNA: Halt die Klappe!! „Ich bin entzückt, Anna Andrejewna“,

sagte er....und als ich erwidern wollte: “Wir hätten uns ein

solches Glück nie träumen lassen“ sinkt er vor mir auf die

Knie und: “Anna“ ruft er „machen Sie mich nicht

unglücklich! Lassen Sie meine Gefühle nicht unerwidert....

Liebe kennt kein Hindernis....Wenn ein Wille...auch ein

Weg!“

MARIA ANTONOWNA: Aber Mama….. das hat er doch zu mir gesagt!

ANNA ANDREJEWNA: Ja, irgendwann war auch die Rede von dir.

STADTHAUTMANN: Erschießen wollte er sich....

ANNA ANDREJEWNA: „Ich erschieße mich!“ schrie er.

ALLE: NEIN!!!

KREISRICHTER: Ist ja unglaublich!

SCHULINSPEKTOR: „Fügung ganz von oben!“

KREISRICHTER: Wie ist’s denn nun mit dem Jagdhund, der Ihnen neulich so

gut gefiel?

STADTHAUPTMANN: Danke...

ANNA ANDREJEWNA: Hasenjagd war einmal!

STADTHAUTMANN: oder: auf keinen Fall!

SCHULINSPEKTOR: ...so sieht’s jetzt aus....

KREISRICHTER: Leck du mich doch am Arsch!

FRAU SCHULINSPEK: Nein, meine liebe Anna Andrejewna, wie ich mich freue!

Sie...können sich gar nicht vorstellen ,wie ich mich freue!!!

KOROBKIN-. Wo ist denn nun der verehrte Gast, wenn ich fragen darf?

ALLE: Ja wo denn? (Improvisation)

STADTHAUPTMANN: In einer sehr wichtigen Angelegenheit.....

ANNA ANDREJEWNA: ....weggefahren auf einen Tag....

STADTHAUPTMANN: ....ist aber morgen. schon..

(Niest)

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ALLE: Gesundheit!!!

STADTHAUPTMANN: Danke, danke! .aber morgen schon ..bestimmt wieder ..hier..

(Niest)

ALLE: Zur Gesundheit!

FRAU SCHULINSPEK: Wolle Gott, dass Ihr Wunsch sich erfüllt!

BOBTSCHINSKIJ: Hundert Jahre….

DOBTSCHINSKIJ: ….und drei Sack Kartoffeln!

HOSPITALVERWALTER: Ersticke dran!

STADTHAUPTMANN: Danke, danke! Wünsche Ihnen ein Gleiches !

ANNA ANDREJEWNA: Wir ziehen natürlich nach Petersburg Hier ist alles so

provinziell.

STADTHAUPTMANN: Ja, Herrschaften und ich werde General!

HOSPITALVERWALTER: Blöd genug ist der.

BOBTSCHINSKIJ: Mensch denkt-

DOBTSCHINSKIJ: Gott lenkt.

KREISRICHTER: Großes Schiff braucht Weites Meer!

HOSPITALVERWALTER: Verdienst findet sein Verdienst.

KREISRICHTER: Wenn der General wird ....

(SCHULINSPEKTOR: …..werd ich Papst. )

KOROBKIN: Vergessen Sie uns nicht, Anton Antonowitsch!

KREISRICHTER: Wir rechnen mit Ihrer Protektion?!?

STADTHAUPTMANN: Versteht sich.

ANNA ANDREJEWNA: Mein lieber Anton Antonovic... Erstens wirst du da keine

Zeit haben, und zweitens kannst du nicht jeden

hergelaufenen Schlucker protegieren.

KOROBKIN: Haben Sie das gehört?

FRAU SCHULINSPEK: ...setzt man die an einen Tisch ...

KREISRICHTER: Macht Sie gleich die Beine breit.....

5 Postmeister

POSTMEISTER: Denken Sie sich, Herrschaften: der Mensch, den wir für den

Revisor hielten, ist gar kein Revisor!

ALLE: Wie? Was? Kein Revisor?

POSTMEISTER: Nein, nicht die Bohne : ich hab’s aus diesem Brief hier!

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STADTHAUPTMANN: Aus welchem Brief?

POSTMEISTER: Aus einem Briefe, den er selbst geschrieben hat. Bringt man

mir diesen Brief auf die Post, und wie ich mir die Adresse

besehe, les’ ich: Petersburg, Potschtamtskajae

Postamtsstraße 2 ... der hat hier irgendwas entdeckt, denk’

ich und berichtet nun darüber. Ich erbreche das Siegel.

STADTHAUPTMANN: Wie konnten Sie es wagen?...

POSTMEISTER: ....weiß ich doch selbst nicht: ein übernatürlicher Drang !

Ich will das Schreiben gerade einem Boten übergeben, als es

plötzlich „Das darfst du nicht, das du darfst nicht!“ in

dieses Ohr zischt... In dem Ohr hör’ ich: „Mach’ ihn ja

nicht auf, sonst kannst du was erleben!“ – wieder in das

Ohr aber flüstert mir irgendein Satan: „SOFORT

ÖFFNEN...ABER SOFORT!“...Wie ich dann schließlich das

Siegel zerbrochen, bekam ich den Schüttelfrost.... und als er

endlich offen war,.... wurde mir schwarz vor Augen.

STADTHAUPTMANN: Wie konnten Sie den Brief einer so hochgestellten

Persönlichkeit ....

POSTMEISTER: .....aber das ist ja eben der Witz, dass er weder hoch-

hochhoch-gestellt noch überhaupt eine Persönlichkeit ist!

GÄSTE: WIE BITTE—WAS IST-ETC IMPRO......

STADTHAUPTMANN: Und was ist er dann Ihrer Meinung nach?

POSTMEISTER: Weder dies noch das; weiß der Kuckuck, was der ist!

STADTHAUPTMANN: Was heißt das: weder dies noch das? Wie können Sie sagen,

er sei weder dies noch das, weiß der Kuckuck, was der ist!

POSTMEISTER: Herrschaften, soll ich vorlesen?

ALLE: Ja, lesen Sie, lesen Sie!

POSTMEISTER: Also... (Liest:)

„ Ich schreibe dir, mein lieber Trjapitschkin, was

ich hier erlebt habe. Völlig pleite wollte mich der

Wirt schon arretieren lassen. Da hat irgendein

Depp den Depperten hier ein-geredet, ich wäre der

Generalgouverneur, wofür mich denn auch das

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ganze Kaff augenblicklich hält... logiere jetzt beim

Bürgermeister, geht mir blendend ... nichts fehlt ....

verkehre abwechselnd mit seiner Frau und mit

seiner Tochter.... weiß noch nicht, in welche von

ihnen ich zuerst... wahrscheinlich die Mama, die

steht offen wie ein Scheunentor!...jeder Idiot pumpt

mir soviel ich will. Eine völlig bescheuerte Gesell-

schaft: Der Bürgermeister ist ein besonders blödes

Exemplar...

STADTHAUPTMANN: Das steht nicht da!

POSTMEISTER: Bitte, lesen Sie selbst!

STADTHAUPTMANN: „besonders blödes Exemplar“...haben Sie geschrieben!

POSTMEISTER: Wie und wann soll ich das geschrieben haben?

HOSPITALVERWALTER: Lesen Sie!

SCHULINSPEKTOR: Lesen Sie!

POSTMEISTER: „ Der Bürgermeisterein besonders blödes Exemplar „

STADTHAUPTMANN: Wir wissen jetzt , was dasteht!

POSTMEISTER: ....“ besonders blödes Exemplar. Der Postmeister ist

STADTHAUPTMANN: Lesen Sie nur weiter!

HOSPITALVERWALTER: „Der Postmeister ist ein infantiler Stotterer.“

POSTMEISTER: So ein Arschloch ...ein krumm gebohrtes....

HOSPITALVERWALTER: „Der Hospitalverwalter Semljanika. “ hier wird’s

unleserlich.“

KOROBKIN: „ist ein Schleim-Schwein im Frack ...“

HOSPITALVERWALTER: Seit wann tragen Schweine Fräcke?!?

KOROBKIN: „Der Schulinspektor stinkt aus dem Hals wie die

Kuh aus........ „

KREISRICHTER: Mich übergeht er, Gott sei Dank...

KOROBKIN: „Ljapkin-Tjapkin,.. . “

KREISRICHTER: Der Brief ist zu lang!

ALLE: Der Brief ist nicht zu lang!

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KOROBKIN: „...der Kreisrichter, im höchsten, Grade merde

mauvaise...!“

KREISRICHTER: Das ist französisch! Ich möchte zu gerne wissen, was das

heißt...

MARIA ANDREJEWNA: ... das heißt : großer Haufen Scheiße!

(Pause)

FRAU SCHULINSPEK: Was für ein fürchterlicher Reinfall!

STADTHAUPTMANN: Holt ihn sofort zurück...zurückckck!!!

POSTMEISTER: ...zurück! zurück! zurück! ..ja wie denn?!? Der ist weg!!!!

(Pause)

KREISRICHTER: ....mich hat er um dreihundert Rubel erleichtert!

HOSPITALVERWALTER: ...mir fehlen vierhundert

POSTMEISTER: ...mir auch...

SCHULINSPEKTOR: ..ich hatte auch mal dreihundert...

DOBTSCHINSKIJ: ...mir und Peter Iwanowitsch zusammen fünfundsechzig..

BOBTSCHINSKIJ: ..Ja

STADTHAUPTMANN: Bin ich denn völlig verblödet?

Kerle, die die ganze Welt beklaut haben, hab’ ich in den

Sack gesteckt ....drei Gouverneure hab’ ich überlebt!!

ANNA ANDREJEWNA: Aber das ist ja unmöglich, Anton - er hat sich doch mit

unserer Tochter verlobt!

STADTHAUPTMANN: Ver-lobt! Ver-arscht hat der uns!! “Seht alle, alle mal

hersehen wie ein Bürgermeister ver-arscht worden ist!!!

Wenn er da oben nicht will, nimmt der uns zuerst den Grips

aus dem Schädel!!! Wie kamen wir eigentlich dazu, dieses

Bürschchen für einen Revisor zu halten?

Der hatte doch nichts, aber auch gar nichts von einem Revi-

sor an sich! Und auf einmal krähen alle:„Der Revisor, der

Revisor!“ Wer hat dass eigentlich zuerst gekräht, dass

der Revisor ist? Antwort!!! Ich bitte, mir zu antworten!

HOSPITAVERWALTER: Ja...Wie konnte das passieren?!?

SCHULINSPEKTOR: ... und wenn man mich erschlägt- ich weiß es nicht!

ANNA ANDREJEWNA: Wir waren alle wie benebelt...

MARIA ANDREJEWNA: .....Satanisch umstrickt.

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STADTHAUPTMANN: Larmoyantes Gequatsche! Wer’s zuerst gekräht hat, will ich

wissen!!!!!!!!!

KREISRICHTER: (zu Bobtschinskij + Dobtschinskij) Die da - die!

BOBTSCHINSKIJ: Ich? - Ich weiß von nichts!

DOBTSCIIINSKIJ Ich habe keine Ahnung!

HOSPITALVERWAITER: Die waren es - wer sonst ?

SCHULINSPEKTOR: Natürlich waren DIE es!„Er ist da, er ist da und er bezahlt

nicht...“

STADTHAUPTMANN: Sie beide waren es!

HOSPITALVERWALTER: Jetzt gibt’s was auf den Nackten...!

STADTHAUPTMANN: ...du Bratarsch!

KREISRICHTER: Affen....Schwanzgestutzte

HOSPITALVERWALTER: ...verschwulte Dummtunten!

SCHULINSPEKTOR: so sieht’s jetzt aus!!!...

BOBTSCHINSKIJ: Ich war es nicht.....Peter Iwanowitsch war’s!

DOBTSCHINSKIJ: Peter Iwanowitsch......Sie haben es zuerst gesagt!

BOBTSCHINSKIJ: So war es eben nicht......der erste waren Sie....

6 PolizistPOLIZIST: Ein Beamter aus Petersburg ist soeben eingetroffen. Er

kommt in besonderem Auftrage und fordert Sie auf, sich

sofort bei ihm zu melden. Abgestiegen ist er im Hotel.

(Die Worte wirken wie Donnerschlag. den Damen entringt ein einziger Schrei

der Bestürzung. Ganze Gruppe ändert plötzlich ihre Stellung und bleibt versteinert.)

S T U M M E S Z E N E

Stadthauptmann in der Mitte, Arme vorgestreckt -Kopf im Nacken,

eine unbewegliche Bildsäule. Rechts von ihm Frau und Tochter, nach ihm gerichteten

Bewegung des ganzen Körpers; dahinter Postmeister, ein den Zuschauern zugewandtes

Fragezeichen; dahinter Schulinspektor mit Ausdruck naivsten Erstaunens; dahinter, am

äußersten Rande 3 weibliche Gäste, mit Ausdruck des Spottes für die Fa. des Stadt-

Page 63: Nikolaj Gogol - dtver.de · Bestimmungen über das Aufführungsrecht des Stückes Der Revisor (F 89) Dieses Bühnenwerk ist als Manuskript gedruckt und nur für den Vertrieb an

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hauptmanns, aneinandergelehnt dastehen. Links vom Stadthauptmann Hospitalverwalter

Kopf geneigt, nach etwas horchend; dahinter Kreisrichter, ausgestreckte Arme, fast

hockend , als wolle er rufen: „Da habt ihr nun den Braten!“ dahinter Korobkin, zugewandt

Zuschauerraume, ironisch Stadthauptmann blinzelnd; Dobtschinskij +Bobtschinskij

Dahinter am Rande, die Arme gegeneinander vorstreckend und mit offenem Munde einander

anstarrend. Die übrigen Gäste starr. In dieser Haltung die Gruppe fast anderthalb Minuten.

V 0 R H A N G