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NEWSLETTER NO. 2
Bodenständige »Überflieger«Statusseminar »Beobachtungdes Systems Erde aus demWeltraum«
GEOTECHNOLOGIENim Gespräch...mit Antje Boetius, Bremen
GEOTECHNOLOGIENmacht SchuleGeowissenschaften faszinieren Lehrer
GEOTECHNOLOGIENgewinnt an TiefePositive Zwischenbilanz des Forschungsprogramms
Mehr als 10.000 Wissenschaftler nahmen im April an der erst-
mals durchgeführten Gemeinschaftstagung von EGS (European
Geophysical Society), AGU (American Geophysical Union) und
EUG (European Union of Geosciences) in Nizza teil. Mit Ihnen ka-
men nahezu alle Teilnehmer der Forschungsprojekte im Schwer-
punktthema Gashydrate im Geosystem. Anlass war das dies-
jährige Statusseminar, das erstmals im Rahmen eines internatio-
nalen Kongresses durchgeführt wurde. Insgesamt drei »Special
Sessions« mit hochkarätiger Besetzung konnten in das wissen-
schaftliche Programm eingebracht werden. Der überwiegende
Teil der geförderten Projekte stellte sich auf diese Weise der
internationalen Kritik. Für die Fachgutachter bot sich die Mög-
lichkeit, die bislang erreichten Ergebnisse im Spiegel der welt-
weiten Entwicklung zu bewerten. Ihrem einstimmigen Urteil,
Gashydrate auch zukünftig im Rahmen des Forschungspro-
gramms GEOTECHNOLOGIEN zu erforschen, folgte der Koor-
dinierungsausschuss auf seiner Mai-Sitzung und empfahl dem
BMBF eine weitere Förderphase. Auf Einladung der Deutschen
Forschungsgemeinschaft (DFG) und des Koordinierungsbüros
GEOTECHNOLOGIEN trafen sich daraufhin am 24. und 25. Juni
2003 Experten aller beteiligten Fachrichtungen in Bonn, um zu-
künftige Schwerpunkte zu diskutieren. Diese sind in einem FuE-
Plan niedergelegt, der die inhaltliche Grundlage einer öffent-
lichen Ausschreibung bildet.
Ein ebenso innovatives Arbeitsfeld wie die Erforschung der
Gashydrate ist die Erkundung der Erde mit niedrig fliegenden
Satelliten. Deutschland hat hier nicht nur den Anschluss an die
internationale Entwicklung geschafft, sondern teilweise bereits
die Technologieführerschaft übernommen. Unter dem Themen-
schwerpunkt Beobachtung des Systems Erde aus dem Welt-
raum fördern das BMBF und die DFG zur Zeit elf Forschungs-
verbünde mit einem Finanzvolumen von knapp 10 Millionen
Euro. Dieser Betrag garantiert nicht nur die Beteiligung deut-
scher Wissenschaftler an internationalen Satellitenmissionen.
Auch die wissenschaftliche Auswertung, Bereitstellung und Nut-
GEOTECHNOLOGIENgewinnt an Tiefe
POSITIVE ZWISCHENBILANZ
LAUFENDER VORHABEN –
FÖRDERUNG NEUER PROJEKTE
STEHT UNMITTELBAR BEVOR
Liebe Leserin,lieber Leser!
Interdisziplinäre Forschung und ihre internationale Ver-
netzung sind Kernelemente des FuE-Programms GEOTECH-
NOLOGIEN. In diesem Jahr wurde daher erstmals ein Be-
richtskolloquium in einen weltweit renommierten geowis-
senschaftlichen Kongress integriert: Mit überaus positiver
Resonanz bei den beteiligten Projektwissenschaftlern und
den Gutachtern. Statusseminare der einzelnen Themen-
schwerpunkte werden daher auch zukünftig in internatio-
nale Veranstaltungen eingebunden. Mit der bereits erfolg-
ten Öffnung des Gutachtersystems ist dies ein weiterer
Schritt, auch auf administrativ-organisatorischer Ebene, der
»grenzenlosen« Forschung in den GEOTECHNOLOGIEN
Rechnung zu tragen.
Der wissenschaftliche Erfolg des Forschungsprogramms,
seine inhaltliche Gestaltung und Leistungsfähigkeit hängt
jedoch neben seiner internationalen Präsenz in hohem Maße
von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ab, die
hinter den einzelnen Projekten stehen. Sie sind mit ihrem
Engagement die eigentlich treibende Kraft der Forschung.
Beginnend mit der vorliegenden Ausgabe möchten wir Ihnen
daher zukünftig Teilnehmer der verschiedenen Forschungs-
projekte im persönlichen Gespräch vorstellen. Forschung in
den GEOTECHNOLOGIEN soll damit ein »Gesicht« bekom-
men und vielleicht auch dem einen oder anderen Mut bei der
Planung einer wissenschaftlichen Karriere machen.
Ihr
Ludwig Stroink Leiter KoordinierungsbüroGEOTECHNOLOGIEN
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zung der Missionsdaten und die Entwicklung neuer Technolo-
gien ist dadurch gesichert. Das erste Statusseminar fand im Juni
2003 in München statt (s. Bericht »Bodenständige Überflieger«).
Der großen wirtschaftlichen Bedeutung von Geodaten trägt das
FuE-Programm GEOTECHNOLOGIEN mit seinem Themenschwer-
punkt Informationssysteme im Erdmanagement – Von
Geodaten zu Geodiensten Rechnung. Bis Ende 2005 fördert
das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sechs
Verbundvorhaben mit knapp 4 Millionen Euro. Neben Hoch-
schulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen inte-
grieren die Forschungsverbünde zu einem erheblichen Teil auch
Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft. 35 Wissenschaftler
und Industrievertreter der geförderten Projekte trafen sich am
19. Februar 2003 an der Universität Hannover zu einem Kick-
Off-Meeting. Ziel der Forschungsvorhaben ist es, an Hand von
Demonstrationsprojekten Wege zu finden, wie Geodaten
zukünftig kostengünstig verfügbar, zielgerichtet eingesetzt und
effektiv genutzt werden können. Die Anwendungsbeispiele
konzentrieren sich unter anderem auf den Grundwasserschutz,
die räumliche Klassifizierung des Meeresbodens und die
Entwicklung mobiler Systeme für den Geländeeinsatz. Die geför-
derten Vorhaben werden in der Schriftenreihe GEOTECHNOLO-
GIEN SCIENCE REPORT No. 2 vorgestellt. Das erste Statusseminar
wird voraussichtlich im März 2004 in Aachen stattfinden.
Das DFG-Schwerpunktprogramm Dynamik sedimentärer Systeme
unter wechselnden Spannungsregimen am Beispiel des zentral-
europäischen Beckensystems ist ein Beitrag zu dem Themen-
schwerpunkt Sedimentbecken: Die größte Ressource der
Menschheit. Seit 2002 werden durch die DFG hierzu 24 For-
schungsprojekte unter dem Dach von GEOTECHNOLOGIEN ge-
fördert. Das erste Schwerpunkt-Kolloquium fand am 28./29. No-
vember 2002 statt und diente der Vorstellung erster Forschungs-
ergebnisse und der Abstimmung zur projektübergreifenden Zu-
sammenarbeit. Das nächste Kolloquium ist für den 3.-5. Dezem-
ber 2003 in Bonn geplant.
STARTSCHUSS FÜR NEUE VORHABEN
Ab Januar 2004 wird das BMBF drei interdisziplinäre For-
schungsverbünde zu dem thematischen Schwerpunkt Konti-
nentränder – Brennpunkte im Nutzungs- und Gefähr-
dungspotenzial der Erde fördern. Vor den Küsten Chiles und
Indonesiens werden Wissenschaftler von elf Universitäten und
außeruniversitären Forschungseinrichtungen gemeinsam mit
ihren südamerikanischen und indonesischen Partnern die
»bewegte« Geschichte von kollidierenden Krustenplatten erfor-
schen. Die Wissenschaftler erwarten, dass sie mit ihren Ergeb-
nissen entscheidend zur Erforschung von Erdbeben und Vulkan-
ausbrüchen und damit auch zur Entwicklung von Frühwarn-
systemen beitragen können. Von ökologischer wie ökonomi-
scher Bedeutung ist ein von Biologen, Ökologen und Geo-
chemikern durchgeführtes Vorhaben vor der Küste Namibias.
Zusammen mit Wissenschaftlern aus Südafrika und Namibia
wollen die Experten die am Meeresboden periodisch auftreten-
den Ausbrüche von Methan und Schwefelwasserstoff untersu-
chen. Sie hoffen dadurch nicht nur deren Herkunft und Ver-
breitung erklären zu können, sondern auch ihre Auswirkungen
auf die umgebende Lebewelt in einem der fischreichsten
Meeresökosysteme der Erde. Die Deutsche Forschungsgemein-
schaft (DFG) trägt der europäischen Komponente der interna-
tionalen Kontinentrandforschung Rechnung. Im Rahmen der
Forschungsinitiative EUROMARGINS der European Science
Foundation (ESF) fördert die DFG unter dem Dach des FuE-
Programms GEOTECHNOLOGIEN mehrere Forschungsprojekte
als Teil europäischer Gemeinschaftsvorhaben.
NEUE AUSSCHREIBUNGEN DURCH DAS BMBF
Die Nutzung des Untergrundes kann maßgeblich zur Verminder-
ung der Lärmbelastung und des Flächenverbrauchs an der Erd-
oberfläche sowie zum globalen Umwelt- und Klimaschutz beitra-
gen. Mit der Ausschreibung von Forschungsprojekten zu dem
Themenschwerpunkt Erkundung, Nutzung und Schutz des
unterirdischen Raumes trägt das FuE-Programm GEOTECHNO-
LOGIEN daher gleich mehreren Zielen der Nachhaltigkeitsstrategie
der Bundesregierung Rechnung. Mit der Entwicklung neuer
Technologien für eine sichere und verlässliche Erkundung des
Untergrundes sollen finanzielle und technische Risiken im Tiefbau
reduziert werden. Die Entwicklung und Bewertung von Verfahren
zur Abspaltung und unterirdischen Speicherung von industriell
erzeugten CO2-Emissionen dient dagegen dem Ziel, diese zur Zeit
weltweit diskutierte Option zur Reduzierung anthropogener
Treibhausgase wissenschaftlich zu überprüfen. Eine entsprechen-
de Empfehlung erging auch durch das Intergovernmental Panel
on Climate Change (IPCC).
Mit der Bekannmachung Methan im Geo/Biosystem soll der
Einfluss untersucht werden, den Gashydrate – als die bedeutend-
sten Methanträger – auf die Entwicklung des globalen Klimas
haben können. Deutschland besitzt bei der Erforschung natür-
licher Gashydrate ein weltweit anerkanntes wissenschaftliches
und technologisches Know-how (s.o.). Die bestehenden An-
sätze sollen nun verstärkt werden und gemeinsam mit For-
schungsaktivitäten der Deutschen Forschungsgemeinschaft
(DFG) dazu beitragen, die Erkenntnisse zu erweitern und damit
die Basis für konkrete Handlungsempfehlungen auszubauen.
Eingebettet in das internationale Umfeld fokussieren sich zu-
künftige Forschungsarbeiten auf das Klima- und Gefahrenpo-
tenzial natürlicher Gashydrate sowie die Weiterentwicklung und
Anwendung technologischer Innovationen, die einen wichtigen
Eckpfeiler der Forschungsstrategie darstellen.
AusgeliefertDie Reihe GEOTECHNOLOGIEN SCIENCE REPORT
ist um zwei weitere Ausgaben erweitert worden.
Band 2 stellt die Arbeitsschwerpunkte der sechs
Verbundvorhaben des Themenschwerpunktes
»Informationssysteme im Erdmanagement« vor;
Band 3 beinhaltet die Beiträge zum Statussemi-
nar »Beobachtung des Systems Erde aus dem
Weltraum«.
Zudem erscheint in Kürze eine Neuauflage der
vielbeachteten Programmkonzeption »GEOTECH-
NOLOGIEN – Vom Prozessverständnis zum Mana-
gement«. Sie trägt der aktuellen Entwicklung des
FuE-Programms Rechnung. Alle Druckerzeugnisse
können über das Koordinierungsbüro GEOTECH-
NOLOGIEN bezogen werden.
AngeklicktEinen erweiterten Service für Lehrer und Schüler
bietet die Internet-Seite www.geotechnologien.de.
Unter der Rubrik »Schule« lassen sich seit kurzem
ausgewählte Unterrichtsmaterialien und Vortrags-
unterlagen der Lehrerfortbildungen abrufen.
Hingewiesen sei auch auf den Pressespiegel der
Internet-Seiten. Hier werden laufend aktuelle Be-
richte der Printmedien über GEOTECHNOLOGIEN
eingestellt. Falls auch über Ihr Projekt berichtet
wurde: Nutzen Sie diesen Service, um Ihr Projekt
zu präsentieren.
AusgezeichnetEine erfreuliche Ehrung erfuhr die vom Koordi-
nierungsbüro GEOTECHNOLOGIEN herausgege-
bene CD-ROM »Geowissenschaften heute – For-
schung für die Zukunft«. Sie wurde von einer in-
ternational besetzten Jury als Beitrag zu dem Me-
dienforum »geOmovie 2003« ausgewählt, das
vom 27. bis 29. Mai 2003 am IWF Wissen und
Medien gGmbH in Göttingen stattfand.
News
Impressum
Herausgeber
Koordinierungsbüro GEOTECHNOLOGIEN
Telegrafenberg A6, 14473 Potsdam
Tel.: (+49) 0331-288-1071
Fax: (+49) 0331-288-1077
e-mail: [email protected]
www.geotechnologien.de
Das Forschungs- und Entwicklungsprogramm
GEOTECHNOLOGIEN wird durch das Bundes-
ministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
gefördert.
No.2, September 2003
Methanfreisetzung am Meeresboden (Schwarzes Meer)
Neuestes Schweremodell der Erde nach GRACE-Daten
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CO2 in den Untergrund, statt in die Atmosphäre
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GEOTECHNOLOGIEN: Frau Boetius, Ihr derzeitiges Haupt-
arbeitsgebiet sind die Gashydrate. Wie kam es dazu und
was reizt Sie daran besonders?
BOETIUS: Die Arbeiten zu diesem Thema fingen eigentlich mit
einer Forschungsfahrt in 1999 an, wo wir auf Einladung des
Kieler GEOMAR an einer Expedition zum Hydratrücken teilge-
nommen haben. Dort liegen vor der Küste Oregons Hydrate in
etwa 600 m Wassertiefe direkt an der Sedimentoberfläche und
es existiert eine sonst eigentlich nur von Hydrothermalquellen
bekannte, sehr interessante Fauna: Organismen, zum Beispiel
Muscheln, die in Symbiose mit Bakterien leben und damit unab-
hängig von der Meeresoberfläche und der Primärproduktion
sind. Der Organismus selber muss dann gar nicht mehr fressen,
sondern wird komplett von seinem Symbiosepartner ernährt.
Die Energie kommt dabei aus dem Umsatz des Methans aus
Hydraten. Verantwortlich dafür sind seit langem gesuchte und
von uns dort entdeckte Mikroorganismen, die Methan verat-
men können. Auch diese leben in Symbiose – das heißt zwei
Arten Mikroben können etwas zusammen, das keiner von bei-
den alleine kann – ein faszinierendes Thema.
GEOTECHNOLOGIEN: Welches sind die herausragenden
Ergebnisse – wo liegt die gesellschaftliche und technolo-
gische Relevanz?
BBOETIUS: Genereller Auftrag des Gashydrat-Programms war,
Informationen zu Gashydraten als wichtiger Methanspeicher der
Erde zu gewinnen. Wir beschäftigten uns dabei mit den mikro-
biellen Prozessen. Methan wird auf der Erde ja vorwiegend durch
Mikroben produziert, aber auch konsumiert. Und über diese
Mikroben, die also Methan beseitigen können und verhindern,
dass das Treibhausgas an die Atmosphäre gelangt, war 1999
noch sehr wenig bekannt. Man hatte sie bis dahin nicht identifi-
ziert. Klar war nur, dass Methan im Meer verschwindet. Welche
Prozesse und Lebewesen das aber tatsächlich kontrollieren, war
völlig unbekannt. Wir wollen mit den Arbeiten an Gashydrat-
Lebensräumen einen Schlüssel dazu bekommen, welche
Mikroorganismen das Methan im Meer zum Verschwinden brin-
gen und damit sozusagen unser Klima retten.
Fast pünktlich zum »3. Geburtstag« der Klein-
satellitenmission CHAMP trafen sich auf Einla-
dung des Instituts für Astronomische und Phy-
sikalische Geodäsie der TU- München und des
Koordinierungsbüros GEOTECHNOLOGIEN rund
75 Wissenschaftler aus Deutschland und dem
angrenzenden Ausland zum ersten Statussemi-
nar Beobachtung des Systems Erde aus
dem Weltraum im Bayerischen Landesver-
messungsamt in München.
Im Mittelpunkt des zweitägigen Treffens stan-
den die vom GeoForschungsZentrum Potsdam
geleitete Satellitenmission CHAMP (CHAllen-
ging Minisatellite Payload), dessen deutsch-
amerikanisches »Schwesterprojekt« GRACE
(Gravity Recovery And Climate Experiment) und
die von der Europäischen Raumfahrt Agentur
ESA für 2006 geplante Schwerefeldmission
GOCE (Gravity field and steady-state Ocean
Circulation Explorer).
Auf die zeitlichen Variationen des Schwerefel-
des durch Massenverlagerungen zielt die seit
März 2002 operierende GRACE-Mission. In
München wurde bereits deutlich, dass diese
Mission die Genauigkeiten bestehender Schwe-
refelddaten noch übertreffen wird. Mithilfe der
Zwillingssatelliten wollen die Forscher zukünftig
auch kleinste zeitliche Schwankungen im
Schwerefeld erfassen und auf diese Weise ver-
folgen, wie sich Land-, Ozean- und Eisflächen
sowie das tiefste Innere unseres Planeten verän-
dern. Hierzu gehören auch Tiefseeströmungen
und Massenverschiebungen im Erdmantel.
GOCE BRINGT DATENFLUT
Eine wahre Datenflut wird für die ab 2006 ope-
rierende GOCE-Mission erwartet. Sie wird die
Kapazität heutiger Rechner und Auswerteal-
gorithmen bei weitem übersteigen. Alleine die
Messdaten eines Tages würden, wenn man sie
in quadratzentimetergrosse Kästchen schreiben
würde, eine Fläche von 600 km 2 bedecken –
genug, um damit einen knapp 13 m breiten
Streifen einmal um den Globus zu pflastern!
Die Berechnung der Satellitenbahnen würde
mit herkömmlichen Verfahren Wochen dauern.
Im Vorfeld der Mission konzentriert sich daher
die Arbeit der Wissenschaftler auf die Ent-
wicklung von speziellen Computerprogram-
men und Auswerteverfahren, um eine mög-
lichst zeitnahe Bearbeitung der zukünftig an-
fallenden Messsignale zu ermöglichen.
TECHNOLOGIEENTWICKLUNG
Ein Forschungsverbund aus Universitäten und
Technologieunternehmen entwickelt ein Verfah-
ren, mit dem die Messung des Erdschwerefeldes
aus niedrigfliegenden Flugzeugen möglich wird.
Diese Technologie soll eines Tages die Lücke zwi-
schen der satellitengestützten und der terrestri-
schen Schwerefeldmessung schließen und mit
einer räumlichen Auflösung von etwa 3 bis 5 km
Messdaten für kleinskalige Massenvariationen in
der oberen Erdkruste liefern. Die Suche nach
Wasser, Öl oder metallischen Rohstoffen könnte
so erheblich erleichtert werden.
Alle Beiträge des Statusseminars sind in der
Reihe GEOTECHNOLOGIEN SCIENCE REPORT
No. 3 veröffentlicht. Der Band kann über das
Koordinierungsbüro GEOTECHNOLOGIEN bezo-
gen werden.
Bodenständig wurde es zum Ende des ersten
Tages mit bayerischem Fassbier und einem
rustikalen Abendessen. Aber sicher nicht nur
deswegen zogen die internationalen Gutachter
ein positives Fazit des Treffens. Prof. P. Hartl,
Vorsitzender des Gutachtergremiums, unter-
strich in seinem abschließenden Resümee, dass
Deutschland durch die integrative Förderung
im Rahmen des FuE-Programms GEOTECHNO-
LOGIEN in der internationalen Satellitenfor-
schung ausgezeichnet aufgestellt sei. Als
besonders positiv wurde auch die gute
Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und
Wirtschaft und die interdisziplinäre Verzah-
nung der beteiligten Disziplinen aus der Geo-
physik, der Geodäsie und den Ingenieurwissen-
schaften gewertet. Eingebettet in eine interna-
tionale Konferenz zu den Satellitenmissionen
wird das Statusseminar im kommenden Jahr
voraussichtlich am GeoForschungsZentrum
Potsdam stattfinden.
Bodenständige Überflieger
ERSTES STATUSSEMINAR
»BEOBACHTUNG DES SYSTEMS
ERDE AUS DEM WELTRAUM« AM
12./13. JUNI 2003 IN MÜNCHEN
Angeregte Diskussionenauch in den Pausen
GEOTECHNOLOGIEN im Gespräch...
MIT DER MIKROBIOLOGIN
PROF. DR. ANTJE BOETIUS
Arbeitsgruppevon Frau Boetius
auf dem For-schungsschiff
»Polarstern« imNordatlantik,
Sommer 2003
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GEOWISSENSCHAFTEN
FASZINIEREN LEHRER
Geowissenschaftliche Themen bieten aufgrund ihres interdiszipli-
nären Umfeldes und ihrer gesellschaftlichen Bedeutung ausge-
zeichnete Möglichkeiten für ein fachübergreifendes Lernen. All-
tagsphänomene wie Erdbeben, Vulkanausbrüche oder die welt-
weite Klimaerwärmung lassen sich vortrefflich mit Methoden und
Inhalten der Naturwissenschaften konfrontieren.
WEG VOM SCHUBLADENDENKEN
Geowissenschaftliche Themen bieten auf diese Weise den
Freiraum für selbstständiges, problemorientiertes Arbeiten: eine
der Forderungen der PISA-Studie zur Verbesserung des Verständ-
nisses mathematisch-naturwissenschaftlicher Zusammenhänge.
Um Lehrerinnen und Lehrern den Übergang vom naturwissen-
schaftlichen Fachunterricht zum fachübergreifenden naturwissen-
schaftlichen Unterricht zu erleichtern, führt das Koordinierungs-
büro GEOTECHNOLOGIEN seit nunmehr zwei Jahren regelmäßi-
ge Lehrerfortbildungen durch. Partner sind hierbei das Leibniz-
Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften in Kiel (IPN)
und die Lehrerfortbildungsakademien der Länder.
BEWÄHRTES KONZEPT
Zunächst nur als Pilotvorhaben initiiert, sind die Fortbildungsver-
anstaltungen aufgrund der großen Resonanz inzwischen fester
Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit im FuE-Programm GEO-
TECHNOLOGIEN. Bewährt hat sich insbesondere das inhaltliche
Konzept der Fortbildungen. Es besteht aus einem aufeinander ab-
gestimmten Mix aus Vorträgen und der Vorstellung einfacher
Schülerexperimente. Ausgewiesene Wissenschaftler mit Sinn für
die verständliche und spannende Vermittlung ihres Fachgebietes
stellen dabei ihre neuesten Ergebnisse vor. »Eine Fortbildung mit
anerkannten Fachwissenschaftlern, die Einblicke in aktuelle For-
schungsvorhaben geben und neueste Ergebnisse und Entwick-
lungen in den Geowissenschaften präsentieren, ist für Lehrkräfte
der Fächer Biologie, Chemie, Physik und Geografie äußerst attrak-
tiv«, meint auch Jan Hofmann, Direktor des Landesinstituts für
Schule und Medien Brandenburg (LISUM) in Ludwigsfelde und
Gastgeber einer Fortbildungsveranstaltung im April 2003. Ziel
der Fortbildungen ist es, naturwissenschaftliche Phänomene aus
ihrem abstrakten Umfeld herauszulösen und »begreifbar« zu
machen. Dies gilt insbesondere für die begleitenden Work-
shops. Hier demonstrieren Experten des IPN Kiel ihre speziell für
den Schulbetrieb entwickelten Experimente und Multimedia-
Anwendungen. Die nächste Fortbildungsveranstaltung findet
im November 2003 in Baden-Württemberg statt. Für 2004 ste-
hen Fortbildungen in Hamburg und Mecklenburg-Vorpom-
mern auf dem Programm. Unterrichtsmaterialien und Pro-
gramminformationen können unter www.geotechnologien.de
abgerufen werden.
GEOTECHNOLOGIEN: Und das haben Sie auch erreicht?
BOETIUS: Das haben wir zumindest in erster Stufe erreicht. Da
war natürlich eine Menge Glück dabei. Wobei man »Glück«
genauer erklären muss: Ausschlag gebend war, abgesehen von
der langjährigen Expertise des GEOMAR, die hervorragende
Technologie des Forschungsschiffes SONNE, das als einziges
deutsches Forschungsschiff ein Glasfaserkabel hat. Damit konn-
ten wir videogesteuerte Instrumente nutzen, um vom Boden
genau die Proben zu erhalten, an denen wir dann die Methan-
zersetzung untersuchen konnten.
GEOTECHNOLOGIEN: Im Rahmen der Gashydrat-Projekte
MUMM & OMEGA haben Sie international sehr beachtete
Ergebnisse erzielt. Welche Stellung nimmt die deutsche
Gashydrat-Forschung ein?
BOETIUS: Ein Beleg für die große Bedeutung war die diesjährige
internationale Konferenz in Nizza, wo sich Journalisten und
Wissenschaftler aus aller Welt trafen, um unter anderem die
Klimarelevanz von Gashydraten zu diskutieren. Die Ergebnisse aus
dem deutschen GEOTECHNOLOGIEN Programm spielten dabei
eine herausragende Rolle. Durch diese neuartige, gezielte
Förderung interdisziplinärer Wissenschaft hat sich innerhalb von
drei Jahren ein international herausragender Forschungsverbund
organisiert. Da sind wir tatsächlich mal anderen davongelaufen...
GEOTECHNOLOGIEN: Ende Juni 2003 fand in Bonn ein
Rundgespräch zum Themenschwerpunkt Gashydrate statt.
Welches sind die Arbeitsfelder der kommenden Jahre?
BOETIUS: Wir haben jetzt erstmals die Technologie zusammen,
mit der wir in situ unter den extremen Bedingungen der Tiefsee
arbeiten können – das heißt die wissenschaftliche Arbeit fängt
damit gerade erst an. Wir sind erstmals an ausgewählten
Standorten in der Lage, sinnvolle Kohlenstoffbudgets zu erzeu-
gen und konkret zu sagen, was mit dem Methan im Meer pas-
siert. Was fehlt, ist eine vernünftige Abschätzung der weltwei-
ten Gashydratmengen. Das soll auch weiterhin ein Ziel bleiben.
Gerade erst entstehen die Methoden, um direkt an Umweltmik-
roorganismen physiologische, biochemische und genomische
Untersuchungen zu betreiben, und damit Rückschlüsse auf ihre
Fähigkeit zur Kontrolle der Treibhausgasemissionen zu ziehen.
Diese neuen Technologien möchten wir jetzt gerne nutzen, um
das notwendige Wissen zu erzeugen.
GEOTECHNOLOGIEN: Sie waren längere Zeit in den USA.
Welche wesentlichen Unterschiede sehen Sie zwischen
Forschung und Lehre in den USA und in Deutschland?
BOETIUS: In den USA war ich als junge Studentin, und hatte das
große Glück, in den Vorlesungen von Wissenschaftlern zu sit-
zen, deren Namen in unseren Lehrbüchern stehen – und damit
gleich einen direkten Zugang zur aktuellen und internationalen
Forschung. Bestimmend für Amerika ist zum einen die stärkere
Interaktion zwischen Professoren und Studenten und die sehr
frühe Einbindung der Studenten in die praktische Forschung,
aber auch in die Antragsstellung und Lehre. Zur Forschungsför-
derung ist zu sagen, dass das GEOTECHNOLOGIEN-Programm
Gashydrate einer gezielten Programmförderung entspricht, wie
es in Amerika üblich ist. Schwerpunktprogramme waren ja bei
DFG und BMBF bisher auch schon erfolgreich. Dass aber so ein
interdisziplinärer und auch technologisch orientierter, breiter
Verbund aus Universitäten, Instituten und Unternehmen direkt
zu Beginn eines neuen internationalen Forschungsfeldes geför-
dert und so stark vernetzt wird wie bei GEOTECHNOLOGIEN-
Gashydrate, das war neu. Ich hoffe, dass erkannt wird, dass
das Sinn macht.
GEOTECHNOLOGIEN: In Ihrer Arbeitsgruppe arbeiten viele
Frauen – Zufall oder gezielte Förderung?
BOETIUS: Zunächst hatte ich das Gefühl, das ist Zufall mit den
vielen Frauen in meiner Gruppe. Bis ich öfters mal darauf ange-
sprochen wurde. Tatsächlich denke ich, es ist ein ganz einfaches
Phänomen, dass man sich beim Arbeiten und Lernen Rollenmo-
delle sucht. Die Studentinnen können an mir und meinen noch
immer viel zu wenigen Kolleginnen sehen: »... Die hat es ja auch
geschafft, also geht es wohl irgendwie!«. Also nicht, weil die
Professorinnen gezielt die Zusammenarbeit mit Frauen suchen,
sondern weil einfach viel mehr Studentinnen kommen und fra-
gen »Kann ich bei Ihnen arbeiten?«. Das war bei mir übrigens
auch so – ich komme aus dem Labor der ersten Professorin für
Meeresforschung in Deutschland.
GEOTECHNOLOGIEN: Sie erwähnten, dass Sie sehr früh
schon an seegehenden Forschungsfahrten teilgenommen
haben – welche Rolle spielt dabei der »Abenteueraspekt«?
BOETIUS: Also, wenn man ein junger Student ist, spielt das »Auf-
Reisen-gehen« eine wichtige Rolle. Unterwegs zu sein, andere
Länder zu sehen, andere Leute kennen zu lernen - und das nicht
als Tourist, sondern weil es mit der Arbeit zu tun hat, das hat mich
unheimlich fasziniert. Und die Arbeit auf dem Mikrokosmos
Schiff, das Zusammenwirken an Bord zwischen Wissenschaftlern
und den Seeleuten, Forscherideen und der harten Realität der
Möglichkeiten - das ist immer noch Abenteuer.
GEOTECHNOLOGIEN: Forschung – Lehre – öffentliches
Engagement – bleibt da noch Zeit für Hobbys?
BOETIUS: Sicher. Zu meinen Hobbys gehören Musik hören, Tanzen,
Lesen, Reisen und einfach Menschen. Die Zeit für sich, Familie und
Freunde muss man sich nehmen, weil von irgendwo her muss die
Energie ja kommen, die man bei der Arbeit verbraucht hat.
GEOTECHNOLOGIEN: Zum Abschluss: Was ist Ihr Wunsch
für die Zukunft? Welchen Traum würden Sie sich in Ihrem
Forscherleben gerne erfüllen?
BOETIUS: Auch wenn man mit dem Forschungsschiff auf dem
Ozean herumfährt, sieht man nur selten und mit der richtigen
Technologie, was da unten in den großen Tiefen eigentlich vor
sich geht. Wir könnten aber langfristig die Möglichkeiten ent-
wickeln, unsere Kenntnisse so zusammenzufügen, dass der Le-
bensraum Meer so erfahrbar wird wie der Wald, in dem man
spazieren geht. Ich glaube daran, dass es für viele Bereiche des
Lebens und der Gesellschaft wichtig ist, diesen riesigen Ozean-
raum auf unserer Erde zu verstehen, mit allen dort lebenden
Tieren und Pflanzen, die Mikroben nicht zu vergessen. Das ist
mir sehr wichtig, dafür arbeite ich gerne.
GEOTECHNOLOGIEN: Frau Boetius – wir danken Ihnen für
dieses Gespräch!
Die Fragen stellte Andreas Gundelwein
GEOTECHNOLOGIEN macht Schule
Virtuell, »begreifbar« undinteraktiv – Lernen mit allenMitteln und mit Spaß
Prof. Dr. Antje Boetius, 36, studierte in Ham-
burg und San Diego Biologie und promovier-
te in Bremen über die Mikrobiologie des ark-
tischen Ozeans. Derzeit lehrt und arbeitet sie in Bremen
am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresfor-
schung und der Internationalen Universität Bremen sowie
am Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie. Ihr ak-
tuelles Hauptarbeitsgebiet ist der Lebensraum Gashydrate.
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