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Geburtstagsgrüße mit Groove WACHENHEIM. Mit dem Open-Air- Konzert der Gruppe Tab Two am Sonntag auf der Freilichtbühne des Wachenheimer Badehaisels hat der Verein zu seinem dreißigsten Ge- burtstag nicht nur einer ansehnli- chen Menge von Besuchern eine Rie- senfreude bereitet, sondern vor al- len Dingen auch sich selbst ein tolles Geschenk gemacht. Das Tab Two überhaupt aufgetreten sind, ist als deutlicher Beweis dafür zu werten, dass die Badehaisler in der Szene einen sehr guten Ruf genießen. Bassist Hellmut Hattler, der die eine Hälfte von Tab Two darstellt, hatte be- reits Anfang der 1980er Jahre sein De- büt im Badehaisel gegeben hatte. Über ihn kam der eigentlich als gar nicht machbar erscheinende Gig zu- stande. Hattler und sein musikali- scher Partner, Trompeter Joo Kraus, die früher in der Krautrocklegende Kraan zusammenspielten, haben ihr weltweit erfolgreiches Projekt Tab Two eigentlich zur Jahrtausendwen- de für beendet erklärt. 2012 sollte auf Betreiben des Labelinhabers Jürgen Schlachter ein Best-of-Album er- scheinen. Während den Arbeiten an der CD, die heute unter dem Titel „Two Thumbs Up“ zu haben ist, ka- men sich Hattler und Kraus musika- lisch, aber auch menschlich wieder näher. So entstand die Idee, mit einer letzten Tour das Kapitel Tab Two zum würdigen Abschluss zu bringen. Tab Two wurde sensationellerwei- se kurzfristig wiederbelebt. Bevor die zwei Ulmer loslegten, präsentierte die Neustadter Künstlerin Mary Dee die Uraufführung ihres 25-minütigen Films „Bye - Bye Bourgeoisie!“, zu dem Michael Hofreiter die Musik zu- sammengestellt hat, und der neue Perspektiven in Zeiten globalen Lie- beskummers aufzeigen soll. Tab Two gibt wieder vereint ein Konzert zum 30. Jubiläum des Wachenheimer Badehaisels So eingestimmt waren nun alle ge- spannt, ob der 61-jährige Hattler und der mittlerweile 46-jährige Joo Kraus, noch immer die Energie in sich tra- gen, mit der sie es in den Neunzigern geschafft hatten als Acid-Jazz-Duo Europäer, Amerikaner und Asiaten gleichermaßen zu begeistern. Die Antwort auf diese Frage blieben die beiden zunächst noch schuldig, denn mit „Sad News“ hatten sie eine eher verhalten melancholische Nummer an den Anfang gestellt. Aber schon mit dem zweiten Song „Let It Flow“ bewiesen sie unter dem Szenebeifall der Anwesenden, dass sie nach wie vor nichts verlernt haben. Hattler am Bass ist eine Klasse für sich, Kraus spielt die Trompete mit ei- ner schier unfassbaren Power, um ihr nur wenige Augenblicke später beina- he zärtliche Töne zu entlocken. Schlagzeug, Keyboard und sonstige Sounds kommen vom Band und wer- den per Knopfdruck abgerufen. Je- denfalls war das bisher so. Für den oh- nehin schon außergewöhnlichen Gig in Wachenheim hatte das Duo nun ei- ne weitere Überraschung geplant und eine Liveband zusammengestellt, die nach drei Konservenmusik-Titeln auf die Bühne kam und den ohnehin sehr funky betonten Stücken zusätzlichen Groove verlieh. Keyboarder Ralf Schmid hat in der Vergangenheit für Whitney Houston die Tasten gedrückt, Schlagzeuger Oli Rubow ist neben anderen Aufgaben- feldern auch für „die Fantastischen Vier“ aktiv. Die beiden zeigten auf vir- tuose Art und Weise, dass kein Com- puter dieser Welt es fertig bringt, Mu- sik, selbst wenn sie von so bedeuten- den Fachleuten wie Kraus und Hattler programmiert ist, so emotional rü- berzubringen, wie echte Menschen das zu tun in der Lage sind. Aber „Tab Two“ wollten ihr Abschiedskonzert, falls es das diesmal wirklich ist, zu et- was ganz Großen werden lassen und hatten auch noch Sängerin Sandie Wollasch („De Phazz“, George Gruntz) mitgebracht, die nicht nur beim Titelstück des 1999er Tab-Two- Studioalbums „Between Us“ mit ih- rem Gesang kollektive Gänsehaut er- zeugte. Das Quintett, das nur einmal zusammen geprobt hatte, durfte erst nach mehreren Zugaben von der Büh- ne gehen. (hk) DIENSTAG, 9. JULI 2013 KULTUR REGIONAL Tab Two: Trompeter Joo Kraus und Bassist Hellmut Hattler. FOTO: FRANCK

NR. 156 K U L T U R R E G I O N A L Geburtstagsgrüße mit

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Page 1: NR. 156 K U L T U R R E G I O N A L Geburtstagsgrüße mit

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Geburtstagsgrüße mit GrooveWACHENHEIM. Mit dem Open-Air-Konzert der Gruppe Tab Two amSonntag auf der Freilichtbühne desWachenheimer Badehaisels hat derVerein zu seinem dreißigsten Ge-burtstag nicht nur einer ansehnli-chen Menge von Besuchern eine Rie-senfreude bereitet, sondern vor al-len Dingen auch sich selbst ein tollesGeschenk gemacht.

Das Tab Two überhaupt aufgetretensind, ist als deutlicher Beweis dafür zuwerten, dass die Badehaisler in derSzene einen sehr guten Ruf genießen.Bassist Hellmut Hattler, der die eineHälfte von Tab Two darstellt, hatte be-reits Anfang der 1980er Jahre sein De-büt im Badehaisel gegeben hatte.Über ihn kam der eigentlich als garnicht machbar erscheinende Gig zu-stande. Hattler und sein musikali-scher Partner, Trompeter Joo Kraus,die früher in der KrautrocklegendeKraan zusammenspielten, haben ihrweltweit erfolgreiches Projekt TabTwo eigentlich zur Jahrtausendwen-de für beendet erklärt. 2012 sollte aufBetreiben des Labelinhabers JürgenSchlachter ein Best-of-Album er-scheinen. Während den Arbeiten ander CD, die heute unter dem Titel„Two Thumbs Up“ zu haben ist, ka-men sich Hattler und Kraus musika-lisch, aber auch menschlich wiedernäher. So entstand die Idee, mit einerletzten Tour das Kapitel Tab Two zumwürdigen Abschluss zu bringen.

Tab Two wurde sensationellerwei-se kurzfristig wiederbelebt. Bevor diezwei Ulmer loslegten, präsentiertedie Neustadter Künstlerin Mary Deedie Uraufführung ihres 25-minütigenFilms „Bye - Bye Bourgeoisie!“, zudem Michael Hofreiter die Musik zu-sammengestellt hat, und der neuePerspektiven in Zeiten globalen Lie-beskummers aufzeigen soll.

Tab Two gibt wieder vereint ein Konzert zum 30. Jubiläum des Wachenheimer Badehaisels

So eingestimmt waren nun alle ge-spannt, ob der 61-jährige Hattler undder mittlerweile 46-jährige Joo Kraus,noch immer die Energie in sich tra-gen, mit der sie es in den Neunzigerngeschafft hatten als Acid-Jazz-DuoEuropäer, Amerikaner und Asiatengleichermaßen zu begeistern. DieAntwort auf diese Frage blieben diebeiden zunächst noch schuldig, dennmit „Sad News“ hatten sie eine eherverhalten melancholische Nummeran den Anfang gestellt. Aber schonmit dem zweiten Song „Let It Flow“bewiesen sie unter dem Szenebeifallder Anwesenden, dass sie nach wievor nichts verlernt haben.

Hattler am Bass ist eine Klasse fürsich, Kraus spielt die Trompete mit ei-ner schier unfassbaren Power, um ihr

nur wenige Augenblicke später beina-he zärtliche Töne zu entlocken.Schlagzeug, Keyboard und sonstigeSounds kommen vom Band und wer-den per Knopfdruck abgerufen. Je-denfalls war das bisher so. Für den oh-nehin schon außergewöhnlichen Gigin Wachenheim hatte das Duo nun ei-ne weitere Überraschung geplant undeine Liveband zusammengestellt, dienach drei Konservenmusik-Titeln aufdie Bühne kam und den ohnehin sehrfunky betonten Stücken zusätzlichenGroove verlieh.

Keyboarder Ralf Schmid hat in derVergangenheit für Whitney Houstondie Tasten gedrückt, Schlagzeuger OliRubow ist neben anderen Aufgaben-feldern auch für „die FantastischenVier“ aktiv. Die beiden zeigten auf vir-

tuose Art und Weise, dass kein Com-puter dieser Welt es fertig bringt, Mu-sik, selbst wenn sie von so bedeuten-den Fachleuten wie Kraus und Hattlerprogrammiert ist, so emotional rü-berzubringen, wie echte Menschendas zu tun in der Lage sind. Aber „TabTwo“ wollten ihr Abschiedskonzert,falls es das diesmal wirklich ist, zu et-was ganz Großen werden lassen undhatten auch noch Sängerin SandieWollasch („De Phazz“, GeorgeGruntz) mitgebracht, die nicht nurbeim Titelstück des 1999er Tab-Two-Studioalbums „Between Us“ mit ih-rem Gesang kollektive Gänsehaut er-zeugte. Das Quintett, das nur einmalzusammen geprobt hatte, durfte erstnach mehreren Zugaben von der Büh-ne gehen. (hk)

Zwischen Fantasien und TangoKIRRWEILER. Gitarrist MaximilianMangold hatte wieder ein spannen-des Programm in die Marienkapellemitgebracht: Tango Nuevo von AstorPiazzolla. Spanische Meister des 20.Jahrhunderts und einen besonde-ren Schwerpunkt nahm Englandein, mit John Dowland und Benja-min Britten. Das Konzert war Teilder Kirrweilerer Kammerkonzerte.

Auch dieses Mal hatte der Gitarristaus Leimen bei Heidelberg zeitgenös-sische Musik im Programm. Und erschlug einen Bogen vom elisabetha-nischen England zur Gegenwart. JohnDowland wurde vor 450 Jahren gebo-ren, Benjamin Britten wäre diesesJahr 100 Jahre alt geworden. Dowlandhat die Laute gespielt und wurde da-mit so berühmt, dass er im Alter von50 Jahren an den Hof von Elisabeth I.berufen wurde. Neben Liedern, die erzur Laute gesungen hat, schrieb erauch viele Instrumentalwerke. InEngland ist er bis heute hoch angese-hen. Popstar Sting hat sich vor einigenJahren an Dowlands Lieder gewagtund so seinen Namen einem breiten

Maximilian Mangold spielt in der Marienkapelle in Kirrweiler Werke von Dowland und Piazolla auf der Gitarre

Publikum bekannt gemacht. Mangoldspielte in Kirrweiler eine von Dow-lands Fantasien.

Das Stück lässt Mangolds Stärkenschnell deutlich werden: Es gibt Pas-sagen von lebhafter Virtuosität, doch

klare Artikulation und überlegteKlanggestaltung sind ebenso wichtig.Die reiche musikalische Vielfalt, dieder Meister der Renaissance in seinerKomposition niedergeschrieben hat,macht auch heute noch Freude – ins-besondere wenn ein Könner wieMangold sie zum Klingen bringt.

Der Gitarrist ist ein Experte fürNeue Musik und hat stets auch mo-derne Werke in seinen Programmen.In Kirrweiler spielte er Brittens „Noc-turnal after John Dowland“ (op. 70).Britten verwendete Dowlands Lied„Come heavy sleep“ als Ausgangs-punkt. Ob Britten das Werk in einerschlaflosen Nacht geschrieben hat,wissen wir nicht. Aber manche derverschiedenen Sätze lassen das ver-muten. „Sehr aufgeregt“, „rastlos“und „unruhig“ nannte er einzelne Ab-schnitte. Mangold gab den hilfreichenHinweis, dass Britten verschiedeneMotive aus Dowlands Kompositionaufgreift und erst gegen Ende das Ori-ginalstück zu hören ist. In seinemSpiel machte er die Arbeit mit demMotiv deutlich. Für die stellenweiseetwas spröde Komposition Brittens

fand Mangold eine überzeugende In-terpretation. Man konnte nachvoll-ziehen, wie Britten sich mit DowlandsLied auseinandersetzte.

Astor Piazzollas Tango Nuevo wirdvon Gitarristen gern gespielt. Man-gold stellte drei Stücke vor. Hier ver-band er die Energie und Spannungder Stücke mit feinfühliger differen-zierter Gestaltung.

Im zweiten Teil des Konzertes warder Komponist Manuel Maria Ponce(1882-1948) ein Schwerpunkt. DerMexikaner war ein Freund des großenMeisters Andrés Segovia. Die SonataMexicana lässt folkloristische An-klänge hören, und auch die SonatinaMeridional greift auf Elemente spani-scher Volksmusik zurück. Mangoldbeherrscht sein Instrument so meis-terhaft, dass auch die schwierigstenPassagen selbstverständlich wirken.Auf eine sehr angenehme Art stelltder Künstler stets den musikalischenGehalt in den Mittelpunkt. Seine Pro-gramme lassen immer etwas Neuesentdecken und er stellt interessanteBezüge zwischen Komponisten, Sti-len und Epochen her. (ghx)

Gemeinsamkeiten und UnterschiedeNEUSTADT. Zum zweiten Mal nach2012 veranstalteten das Herz-Jesu-Kloster und die Ladengalerie Kunst-werk in Neustadt von Freitag bisSonntag ein Kulturwochenendewährend des KultursommersRheinland-Pfalz, das dieses Mal un-ter dem Motto „Eurovisionen“ undder Fragestellung: „Der Garten Euro-pa – ein Garten Eden?“ stand. Mitdem gläsernen „SkulpturengartenEuropa“ hatte Beate Kuchs in denKlostergarten eingeladen, sich mitEuropa und seiner Gegensätzlich-keit auseinanderzusetzen.

Wer an den drei Veranstaltungstagenden Klostergarten besuchte, der be-merkt e sofort auf der Wiese Glasta-feln, die sich auf Stahlstäben im Windbewegten und in der Sonne blitzten.Eine einzige schwarz gefärbte Tafelgab es im Zentrum: „Die steht symbo-lisch für die Macht“, erklärte Künstle-rin Beate Kuchs. Auf der Rückseitewar das Wort „kaputt“ zu entziffern.Eine weitere Tafel zeigte den Garten„Europa“ durchsetzt mit allerlei Ge-tier, das aber auch seine Daseinsbe-rechtigung hat. Europa wird kaputtgehen, wenn jedes Land seine „Ego-Ismen“ auslebt, heißt es auf einer an-deren Plattform. „Pro-test“, „FreiesSaatgut“ und „EWG“ waren nur einpaar der zahlreichen Schlagworte, diezu Gedankenspielen anregten. Eine

Kulturwochenende „Der Garten Europa“ im Herz-Jesu-Kloster Neustadt mit der Künstlerin Beate Kuchs

weitsichtige „Europa“ mit beiden Au-gen unterm Arm lässt schließlich hof-fen.

„Mit dem gläsernen Skulpturengar-ten Europa plädiere ich für ein trans-parentes Europa“, sagte Beate Kuchs.Dabei lasse ihr vielschichtiges Glasmehrere Sichtweisen zu. Der Skulptu-ren-Garten bestehe aus zwei sich inihrer Gegensätzlichkeit ergänzendenElementen, einem Kreis und einemKern. In dem Kreis von zwölf MeternDurchmesser standen zwölf Glasob-jekte, die – symmetrisch angeordnet

– das Europasymbol entsprechendden zwölf Sternen auf der Flagge re-präsentierten. Acht Windräder undvier Balance-Halter hatte Kuchs ge-baut. Mit dem Kreis wollte sie darstel-len, wie Europa sich nach außen zeigt,nämlich als Gemeinschaft, in der Ord-nung, Harmonie, Gleichstellung undWohlstand herrschten.

Den inneren ungeordneten Kernnennt Kuchs „Blätterwald“: Die 28Glastafeln standen symbolisch für dieaktuell 28 EU-Mitgliedsländer undihre Bürger. Die Tafeln enthielten auf

originelle Weise von der Künstlerineingeritzter Kommentare der Bürgerzu aktuellen Problemen und Vor-schläge für ein besseres Miteinander.Ungeordnet, willkürlich, spontansollte die Ansammlung hier wirken,„Schwarz-Weiß“-Botschaften aufzum Teil rostigen Stangen, die in je-dem Fall zum Nachdenken anregten.

„Um Europa transparenter zu ma-chen, müsste der Gedankenaustauschzwischen ,Kreis’ und ,Blätterwald’besser funktionieren“, befand Kuchs.Die gravierten und mit Glasschmelz-farben bemalten Glastafeln werdenübereinandergeschichtet und in ei-nem Glasofen miteinander ver-schmolzen. Alle Worte müssen spie-gelbildlich aufgetragen werden, wor-aus sich Möglichkeiten zu Wortspie-len ergeben. Dadurch wird der Be-trachter gezwungen, sich mit den Be-griffen auseinanderzusetzen.

Beate Kuchs ist freischaffendeKünstlerin. Seit 20 Jahren befasst siesich mit verschiedenen Glasgusstech-niken in ihrem eigenen Atelier. Nebenfreien Arbeiten entstehen auch Auf-tragswerke. Zurzeit macht Kuchs Ent-würfe für eine große Glaswand in derMensa eines Gymnasiums. Studierthat Beate Kuchs Kunsterziehung undVisuelle Kommunikation an derHochschule für Bildende Künste inHamburg. Sie ist auch als Masken-und Bühnenbildnerin tätig. (feli)

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��� ������ ��" — NR. 156 DIENSTAG, 9. JULI 2013KULTUR REGIONAL

Tab Two: Trompeter Joo Kraus und Bassist Hellmut Hattler. FOTO: FRANCK

In Kirrweiler: Gitarrist MaximilianMangold. FOTO: LINZMEIER

Europa im Blick: Künstlerin Beate Kuchs. FOTO: LINZMEIER

Kapitalanlage: Bauern-/Herren-/Landhaus mit Nebengebäudenund evtl. anliegendes Grundst., privat und gewerblich nutzbar.

Provisionsfrei von privat.495.000,- €

Info: www.wb-webcenter.deTel. 0176 90772653