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...wie Tokushima alljährlich zum Mittelpunkt der japanischen Sommerfeste wird.
S. 1-3
...wie in Naruto das 175. Jubiläum der deutschen Eisenbahn gefeiert wurde.
S.2
...wie Oberbürgermeister Izumi und seine Stadt sich auf die Lüneburger Delegation vorbereiten.
S. 4-5, 8
...wer Marion Hellerich ist und wie sie Naruto erlebt hat.
S. 4
August. In Tokushima wird
es auch im Hochsommer nie
spät dunkel. Gegen 9 Uhr
abends, spätestens gegen
halb 10 ist mit einem Mal die
Sonne hinter der Bergkette
im Westen verschwunden;
zurück bleibt die Hitze, die
seit Anfang Juni über dem
Land liegt. Man möchte
denken, die meisten Leute
wären froh, sich bei ein paar
Erfrischungen und laufender
Klimaanlage etwas Erholung
verschaffen zu können. Aber
wenn man in den Nächten
Anfang August auf die
Veranda tritt, hört man aus
der Ferne das rhythmische,
schnelle Wummern von
Taiko-Trommeln und die
schrillen Töne von Bambus-
flöten.
Die Klänge gehören zum
„Awa-Odori“, dem „Tanz
von Awa“. Awa, das war zu
Feudalzeiten der Name des
Lehens Awa, das mit dem
Gebiet der heutigen Präfektur
Tokushima übereinstimmt.
Der Tanz geht vermutlich
zurück auf die Bon-Tänze
anlässlich des im August
stattfindenden Obon-Festes.
Zu diesem Fest der Toten,
einer in ganz Asien zelebrier-
ten, mehrtägigen, buddhisti-
schen Feierlichkeit, kehren
die Geister verstorbener
Angehöriger aus dem Jen-
seits in die Häuser ihrer
Familien zurück und werden
dort aufgenommen, bewirtet
und unterhalten. Anders als
die Bon-Tänze im Rest des
Landes ist der Tanz von Awa
jedoch nicht ruhig und
harmonisch, sondern hebt
sich gerade wegen seiner
schnellen, wilden, zuweilen
exstatischen Bewegungen
Anja Hankel betreut als
Koordinatorin für inter
nationale Beziehungen
seit August 2009 die
Städtepartnerschaft zwi-
schen der japanischen
Stadt Naruto und Lüne-
burg von japanischer
Seite aus. Ihre zwei-
monatlich erscheinende
„Flaschenpost“ soll den
Bürgern Lüneburgs ei-
nen aktuellen, persön-
lichen und lebendigen
Eindruck vom Leben und
den Geschehnissen ihrer
Partnerstadt am anderen
Ende der Welt ver-
mitteln.
Yatto Sa! - Narrentanz in Tokushima
Leben und Erleben in Lüneburgs japanischer Partnerstadt
Flaschenpost aus Naruto Nr. 6 • Juli—Sept. 2010
und seiner Lautstärke von
ihnen ab.
Getanzt wird in so genannten
„Ren“ - „Zügen“ - auf den
Straßen der Städte Tokushi-
mas. Links und rechts stehen
die Zuschauermassen Spa-
lier, für etwas Eintrittsgeld
kann man auch auf einer der
großen Tribünen Platz neh-
men und sich die Kunstfer-
tigkeit der vorbeiziehenden
Gruppen in aller Ruhe
anschauen.
Es gibt unterschiedliche
Kostüme. Frauen tragen
zumeist langärmlige Kimo-
nos, dazu „Tabi“ genannte,
weiße Zehensocken und
hölzerne Sandalen mit hohen
Absätzen vorn und hinten.
Den Kopf schmückt der
charakteristische „Vogel-
scheuchenhut“. Man kann
In dieser Ausgabe…
werden Sie unter anderem erfahren:
Hin und wieder kommt es vor, dass ich in Gegenwart unserer zweijährigen Tochter das
Wörtchen „endlich“ - auf Japanisch „yatto“ - benutze. Etwa bei Telefongesprächen. Die Folge
ist meist die gleiche: begeistert reißt sie die Arme nach oben, ihre Beinchen beginnen zu
wippen, sie ruft „yatto yatto“ und beginnt, in Kindertanzschrittchen um unseren Küchentisch
zu stolzieren. Angelockt vom plötzlichen Trubel in der Küche taucht nur Sekunden später ihr
fünfjähriger Bruder aus dem Wohnzimmer auf und stachelt sie mit „Yatto sa!“ - „Ja,
endlich!!“- Rufen weiter an. In der Folge rennen beide lachend, krakeelend und komische
Tanzbewegungen machend solange um unseren Tisch, bis ihnen die Puste ausgeht. Sie möchten
wissen was es mit diesem „Yatto“ auf sich hat? Nun, das kommt so...
Auftritt - ein Tanzzug paradiert durch eine der Tribünenreihen
...weiter auf Seite 2
Deutschland doch recht bald
als Hindernis.
Dass die Ausstellung den-
noch in dieser Form über-
haupt realisiert werden
konnte, ist dem Engagement
und dem Herzblut einiger
ehemaliger Eisenbahner mei-
ner Familie, allen voran
Herrn Ernst-Jürgen Seegers
aus Hohen Neuendorf bei
Berlin und Herrn Horst
Schmidt aus Leipzig zu
verdanken, die ihr Material
und ihr Wissen zur Ver-
fügung stellten.
Durch ihre Hilfe konnten wir
nicht nur Bilder und
Zeitleisten zeigen, sondern
auch Exponate aus dem
Alltag der Eisenbahn und
ihrer Mitarbeiter präsentie-
ren: Käppies des Bahnhofs-
personals, Ausweise, histo-
rische Fahrkarten, Ausbil-
dungsmaterialien, techni-
175 Jahre Eisenbahn in Deutschland - Eine Sonderausstellung
Seite 2 Flaschenpost aus Naruto
Narrentanz in Tokushima, Teil 2 sich vorstellen, wie heiß und
ermüdend das Tanzen in
einem solch engen und
unbequemen Kostüm bei
über 30 Grad auch nachts
sein muss. Doch so sehr der
Hut auch zwackt und die
Füße in den ungewohnten
Holzschuhen auch schmer-
zen mögen, auf den Gesich-
tern der Tänzerinnen ist stets
ein Lächeln zu erblicken.
Die Männer haben indes
mehr Bewegungsfreiheit. Sie
tragen kurze Kimonos,
bequeme Tabi und ein
Stirntuch. Ihr Tanz ist
wilder, schneller, atemloser,
mit Sprüngen und Drehun-
gen. Heutzutage tragen oft
auch Frauen die Kostüme
des Männertanzes, umge-
kehrt ist das nicht der Fall.
Die Größe der Tanzzüge ist
recht unterschiedlich, ihre
Mitgliederzahlen gehen von
einigen Dutzend bis in die
Hunderte. Schon Monate vor
Vom 27. August bis 15. Sep-
tember fand im Deutschen
Haus eine Ausstellung zum
175. Jubiläum der Deutschen
Eisenbahn statt - und
gleichzeitig die erste Aus-
stellung die aus meiner Hand
entstehen sollte.
Ich hatte mir vorgenommen,
die wichtigsten Wegpunkte
de Geschichte der Deutschen
Eisenbahnen zu skizzieren
und mit Exponaten zu
illustrieren. Einfacher gesagt
als getan - zwar gibt es in
Deutschland viele Vereine,
die sich intensiv um die
Pflege der Eisenbahn-
tradition kümmern. Aber um
Kontakte zu diesen herzu-
stellen und den logistischen
Aufwand, den das Ver-
schicken des Materials mit
sich brachte, kostengünstig
zu bewältigen, erwies sich
wegen der Entfernung nach
dem Tanzfestival kommen
die Mitglieder mehrmals pro
Woche abends nach der
Arbeit zusammen und üben
bis spät in die Nacht hinein.
Jede einzelne Formation hat
ihr Thema, ihre besondere
Choreografie und ihre
Geschichte.
Die Wurzeln dieses Tanz-
brauchs selbst jedoch liegen
im Dunkeln. Sicher ist, dass
Tokushima bereits vor 500
Jahren für sein überbor-
dendes Obon-Brauchtum
bekannt war. Der Name
„Awa-Odori“ scheint jedoch
eine Schöpfung des 20.
Jahrhunderts zu sein und die
sich um die Entstehung des
Tanzes rankende Legende,
dass er bei den Feierlich-
keiten zur Fertigstellung des
Schlosses Tokushima spon-
tan im Freudentaumel der
alkoholisierten Massen zu
Stande kam, ist zwar eine
immer wieder gern erzählte
Geschichte, bis auf einen
zweifelhaften Zeitungsartikel
einer großen japanischen
Zeitung aus dem Jahre 1908
jedoch nicht belegbar.
Ob nun Zeitungsente oder
nicht - wahr ist, dass der
Tanz alljährlich bis zu 1,3
Millionen Besucher nach
Tokushima lockt. Die Atmo-
sphäre, in der die ganze Stadt
drei Tage und Nächte lang
auf den Beinen ist und
ausgelassen mit ihren Gästen
feiert, lässt keinen kalt.
„Yatto sa!“ - „Endlich ist es
so weit!“ ist der cha-
rakteristische Ausruf der
Tänzer dieses Festes und für
meine Familie und mich -
insbesondere für unsere
Kinder immer wieder ein
freudiger Anlass, die Hände
in die Luft zu recken, in
Erinnerungen zu schwelgen
und um unseren Küchentisch
zu paradieren.
sche Zeichnungen von Sig-
nalanlagen oder Schaubilder
über den Aufbau von
Dampfloks.
Großer Dank gebührt auch
der Familie Wolfrum
(ebenfalls aus Leipzig), die
das Material unbeschadet mit
nach Japan brachte und den
vielen fleißigen Händen der
Mitarbeiter des Deutschen
Hauses, die aus dem Mate-
rial in stundenlanger Arbeit
zu ausstellungsreifen Expo-
naten verarbeiteten und das
Plakat gestalteten.
Aufgrund des großen Erfol-
ges wird die Ausstellung
derzeit in einem Kultur-
zentrum in einem anderen
Stadtteil wiederholt.
Für das kommende Frühjahr
ist eine Neuauflage im Foyer
des Deutschen Hauses
geplant. Diesmal in Zusam-
menarbeit mi t einem
Ausstellungsplakat
örtlichen Modelleisenbahn-
club, der sich bei einem
Besuch der Herbstaus-
stellung bereiterklärt hat,
den Inhalten der Ausstel-
lung anhand seiner Modelle
noch mehr Leben einzu-
hauchen.
Der Awao-Odori
2010 in Naruto
und Tokushima.
Eindrücke.
Seite 3 Flaschenpost aus Naruto
Eine Frauengruppe
bei der Aufführung
des „Otoko-odori“
oder „Männer-
tanzes“ auf einer
Straße in
Tokushima. Oft
beginnen vereinzelte
Besucher, spontan
mitzutanzen.
Mit Spannung erwartet eine
Gruppe Trommler ihren Auftritt
vor einer der Tribünen.
Das Highlight einer jeden „Ren“
sind die Kostüme und
Tanzformationen der Frauen
beim „Onna-odori“ oder
„Frauentanz“. Neben den
aufwendigen und farbenfrohen
Kostümen sind es vor allem die
perfekt aufeinander und auf die
Begleitmusik abgestimmten
Tanzbewegungen.
Jede Tanzgruppe hat ihre eigene
Choreografie, die monatelang
eingeübt wird.
Um mehr Besucher zum Awa-Odori
nach Naruto zu locken, hat sich die
Stadt in diesem Jahr etwas
besonderes ausgedacht. Auf den
Werbeplakaten für das Fest wirbt
der Anime-Charakter Naruto
Uzumaki, Hauptcharakter der
erfolgreichen Anime-Serie Naruto
Shipûden, die auch in Deutschland
ausgestrahlt wird, für das Fest. Die
Übereinstimmung ist schließlich
kein Zufall: der Schöpfer der Serie
hat sich beim Vornamen des
Helden von Naruto inspirieren
lassen und der Nachname heißt
übersetzt „Strudel“.
Buntes Treiben in der nächtlichen Hitze. Die ganze Stadt feiert.
Ein Schwätzchen
unter
kostümierten
Kollegen.
Sonst kennt man
sich nur als
korrekt
gekleidete
Büroangestellte.
Seite 4
einfach die schöne Land-
schaft – erkunden und
genießen. Meine Empfeh-
lung ist also, Naruto und
Umgebung mit dem Fahrrad
zu erkunden.
Ab Mitte Oktober werden
die Feierlichkeiten zum 150.
Jubiläum der deutsch-japa-
nischen Beziehungen begin-
nen. Im Jubiläumsjahr
2010 / 2011 werden dazu in
beiden Ländern zahlreiche
Veranstaltungen stattfinden.
Naruto ist eine der Städte,
vielleicht die Stadt in Japan,
in der die deutsch-japa-
nische Freundschaft beson-
ders intensiv gepflegt wird.
Auf welche Weise wird
Naruto dieses Jubiläum
begehen?
Eine wichtige Veranstaltung
in diesem Rahmen wird das
„Deutsche Fest“ sein, das am
24. Oktober im Deutschen
Haus stattfinden wird. Um
darüber hinaus noch weitere
Veranstaltungen planen zu
können bzw. um die
Bewohner in die Stadt-
entwicklung mit einzu-
beziehen, finden derzeit
lebendige Gespräche mit den
Anwohnern des Stadtteils
Bando / Oasa statt. Von
diesen Gesprächen erhoffe
ich mir, dass weitere Ideen
gefunden werden. Außerdem
gibt es schon seit einiger Zeit
Pläne, an der Uferpromenade
in Naruto zur Adventszeit
einen Weihnachtsmarkt mit
richtigen Buden, in denen
zum Beispiel Glühwein
ausgeschenkt wird, zu
veranstalten. Ich hoffe, dass
diese Veranstaltung noch in
diesem Jahr, dem Jubiläums-
jahr der deutsch-japanischen
Freundschaft, realisiert wird.
Und schließlich wäre da
noch das Neunte-Konzert,
das sich hier im nächsten
Jahr zum 30. Mal jähren
wird. Wir arbeiten derzeit an
Ideen, wie man dieses
Ereignis mit der 150-Jahr-
feier verbinden könnte.
Wenn man durch Naruto
läuft, ist der Einfluss der
Städtepartnerschaft allge-
genwärtig. Könnten Sie
Naruto, 1. September 2010.
Herr Oberbürgermeister,
wären Sie so nett, sich den
Lüneburgern bitte kurz vor-
zustellen.
Ja, gerne. Mein Name ist
Michihiko Izumi. Geboren
bin ich am 23. November
1961, bin also 48 Jahre alt.
Ich bin verheiratet; meine
Frau ist genau so alt wie ich.
Wir haben keine Kinder.
Dafür kümmern wir uns um
zwei Katzen, die eine heißt
„Ginjiro“ und die andere
„Chibi“. Katzen sind seit
jeher meine Leidenschaft
und mein Hobby. Außerdem
gehe ich gern joggen.
Herr Izumi, Sie sind nun
seit einem Jahr im Amt. Wie
gefällt Ihnen Ihre Arbeit als
Oberbürgermeister der Stadt
Naruto bisher? Was hat sich
für Sie persönlich seither
verändert?
Es hat sich insofern etwas
verändert, dass ich unglaub-
lich viel zu tun habe, so viel,
dass ich kaum noch Zeit für
mich habe. Und ich habe das
Gefühl, ein wenig berühmt
zu sein. Egal, wo ich hin-
komme, überall werde ich
erkannt. Und noch etwas hat
sich verändert. Als ich
Oberbürgermeister wurde,
habe ich festgestellt, dass es
sehr viele Dinge gab, die ich
über Naruto noch nicht
wusste, doch in meinem
ersten Amtsjahr habe ich
viele dieser Dinge kennen-
gelernt.
Unter den vielen Besuchern,
die jedes Jahr Naruto und
das Deutsche Haus besu-
chen, gibt es natürlich auch
Touristen aus Deutschland.
Welche Sehenswürdigkeiten
oder Orte in Naruto würden
Sie diesen Besuchern per-
sönlich empfehlen? Gibt es
neben berühmten Sehens-
würdigkeiten eventuell auch
Orte, die weniger bekannt
sind, die Sie sozusagen als
Geheimtipp empfehlen
können?
Ja, da wäre natürlich an
erster Stelle das Deutsche
Haus im Westen der Stadt zu
nennen. Und dann gibt es im
Osten der Stadt noch den
Naruto -Park mit den
Uzushio-Gezeitenstrudeln,
díe zu den drei größten der
Welt gehören. Neben diesen
beiden Sehenswürdigkeiten,
die sicherlich die meisten
kennen, kann man aber auch
sehr viele schöne Orte in
Naruto entdecken, indem
man zum Beispiel die Stadt
mit dem Fahrrad erkundet.
Man kann das Fahrrad auch
auf Fähren, die hier überall
zwischen den kleinen
vorgelagerten Inseln in der
Bucht von Naruto verkehren,
mitnehmen und so im
Wandel der Jahreszeiten die
Küste, das Meer, die Berge –
Oberbürgermeister Izumi im Interview Anfang Oktober klopft wieder eine Freundschaftsdelegation aus Lüneburg an Narutos Tor.
Die Vorbereitungen zum Empfang der Gäste aus Deutschland laufen bereits seit Wochen auf
Hochtouren und befinden sich in der letzten Phase. Nun steigt mit jedem Tag die Spannung
und Vorfreude auf die Gäste aus dem Fernen Westen, unter anderem auch bei
Oberbürgermeister Izumi, der der Flaschenpost in einem Interview Rede und Antwort stand.
Flaschenpost aus Naruto
Oberbürgermeister Izumi im Gespräch
des Bando-Films „Ode an
die Freude“, welches gerade
eröffnet wurde. An diesem
Ort hat man die Mög-
lichkeit, den Austausch
zwischen den Deutschen
und Japanern hautnah zu
erleben.
Als nächstes steht der Be-
such der 18. Freund-
schaftsdelegation aus
Lüneburg an. In diesem
Jahr werden 30 Delega-
tionsmitglieder vom 8. bis
zum 11. Oktober vier
spannende Tage in Naruto
verbringen. Herr Izumi, für
Sie ist es ja die erste
Delegation aus Lüneburg,
die Sie als Oberbürger-
meister der Stadt Naruto in
Ihrer Stadt willkommen
heißen. Mit welchen
Gefühlen blicken Sie auf
d e n b e v o r s t e h e n d e n
Besuch?
Ich freue mich sehr auf die
Lüneburger! Ich bin aller-
dings auch ein wenig
aufgeregt und mache mir
Gedanken, wie wir unsere
Gäste am besten will-
kommen heißen könnten.
Während meiner Studen-
tenzeit war ich ein Mal in
Deutschland und fand die
Deutschen unglaublich nett
– ich würde mich freuen,
wenn sich die Lüneburger
genau so herzlich aufge-
nommen fühlen wie ich
damals. Dazu werden wir
einfach das normale Leben
in Naruto zeigen, ganz ohne
uns zu verstellen. Zum
Empfang überlege ich
allerdings, ob ich einen
Kimono anlege, wie man
ihn hier zu besonderen
Anlässen trägt.
Wie bereitet sich Naruto
derzeit auf den Besuch der
Lüneburger vor?
Im Moment sind wir gerade
dabei, dem Programm den
letzten Schliff zu geben.
Außerdem stehen wir in
Kontakt mit den Familien,
die einen Tag lang Gäste
dazu einige Beispiele
geben?
Auch hier wäre als erstes das
Deutsche Haus zu nennen,
welches die Geschichte des
Lagers Bando und den
Beginn der deutsch-japani-
schen Freundschaft in Naru-
to dokumentiert und heute
als Begegnungsstätte fun-
giert, in der die Freundschaft
zur Partnerstadt Lüneburg
gepflegt wird. Das ganze
Jahr über kommen viele
Gäste aus Japan und selbst
aus dem fernen Ausland
nach Naruto, um sich das
Deutsche Haus anzuschauen
und mehr über die Geschich-
te des Lagers Bando zu
erfahren. Und natürlich
locken auch Sonderveran-
staltungen wie beispiels-
weise Ihre derzeitige Aus-
stellung zum Thema „175
Jahr Deutsche Eisenbahn“
viele Besucher an. Über die
Geschichte des Lagers
Bando ist auf Basis der
wahren Gegebenheiten
außerdem ein Kinofilm mit
dem Titel „Baruto no gakuen
– Ode an die Freude“
gedreht worden, der die
Geschichte über die Entste-
hung der deutsch-japani-
schen Freundschaft in Bando
nicht nur in ganz Japan,
sondern auch in Deutschland
bekannt gemacht hat. Ich
habe gehört, dass er auch in
Lüneburg gezeigt wurde.
Und dann gibt es hier noch
den Lüneburg-Platz an der
Promenade des Muya-
Flusses, dem seinerzeit
Oberbürgermeister Mädge
persönlich feierlich seinen
Namen verliehen hat – die
Namensplakette im Stil
deutscher Straßenschilder,
ein Geschenk aus Lüneburg,
ist gut sichtbar für Besucher.
Heute ist der Platz ein Ort,
der zum Verweilen einlädt.
Von hier aus hat man auch
die beste Sicht auf das große
Feuerwerksspektakel, wel-
ches jedes Jahr im Sommer
tausende Besucher anzieht.
Und noch einen Ort möchte
ich nennen: das Kulissendorf
Seite 5 Flaschenpost aus Naruto
x
Herzlich Willkommen in Naruto!
Weiter auf Seite 8
Flaschenpost aus Naruto Seite 6
Ein Auslandssemester an der Hochschule für Pädagogik in Naruto
Ein halbes Jahr lang studierte Marion Hellerich an der Hochschule für Pädagogik in Naruto. Erfahren Sie hier,
welchen Eindruck sie in dieser Zeit von ihrer Gastgeber-Uni erhielt und wie sie ihren Aufenthalt hier empfand.
Angetrieben von der Vor-
stellung, dass vermutlich
in keiner späteren Lebens-
phase ein längerer Aus-
landsaufenthalt so un-
kompliziert sein würde,
saß ich am 2. April 2010
in einem Flugzeug nach
Kansai International
Airport auf dem Weg in
Lüneburgs Partnerstadt
Naruto. An der dortigen
Uni würde ich ein
Semester verbringen,
bevor ich ab August mit
meiner Magisterarbeit
a n f a n g e n k ö n n t e .
Die vielen nagenden
Fragen, ob ich es mit
meinen 26 Jahren
Lebenserfahrung wohl
schaffen würde zurecht zu
kommen, waren zunächst
sehr bald verflogen als ich
schon am Osterwochen-
ende – dem in Japan so
gar keine Beachtung
geschenkt wurde – endlich
in meinem mit dem
Nötigsten eingerichteten
Wohnheimzimmer saß
und beruhigt darauf
warten konnte, dass die
Orientierungstage für
internationale Studierende
und das Semester starte-
Eindrücke von Marion Hellerich, Studentin der Kulturwissenschaften an der
Uni Lüneburg
In landestypischer Tracht
- Kimonos werden zu
feierlichen Anlässen
getragen.
Die Naruto-Ôhashi, die Shikoku mit Honshu verbindet.
Von ihr aus kann man die Strudel sehen.
Wohnheims erfuhr ich
dann aber von meinen
Zimmernachbarinnen,
was ich gekauft hatte und
wie es zuzubereiten war.
In der heutigen Gesell-
schaft sind wir es
gewohnt, jede Ungewiss-
Page 7 Flaschenpost aus Naruto
haben, wo sich auf der
Straße alle freundlich
begrüßen. Die Rhythmen
von Osaka, Kyoto, Hiro-
shima, Kobe und Tokyo
konnte ich im Rahmen
von Ausflügen und Reisen
versuchen zu erahnen. Ob
die ländliche Mentalität
der Japaner in Naruto das
Eingewöhnen für mich
erleichtert haben oder
nicht, vermag ich nicht zu
sagen. Für mich erschien
es ein geeigneter Aufent-
haltsort, weil ich nach vier
Monaten schon gut
orientiert war.
Insgesamt hat mich diese
Erfahrung gelehrt, dass
sprachliches Unverständ-
nis erträglich ist, wenn die
wesentlichen Umstände
gesichert sind. So war für
mich zum Beispiel jeder
Einkauf im Supermarkt
ein Abenteuer, weil ich
die Etiketten der Lebens-
mittel nicht entziffern
konnte. In der Küche des
ten. Ich war wohl selbst
etwas überrascht, wie
unkompliziert – dank
zahlreicher hilfsbereiter
Menschen – im Grunde
alles war.
Zu meiner Erleichterung,
die ers ten Hürden
gemeistert zu haben,
passte das friedliche
Kleinstadt-Idyll Narutos.
Da die Uni hauptsächlich
angehende LehrerInnen
ausbildet, ist überdies die
Studierendenstruktur auf-
fallend homogen. Solche
Details, die zu den
ohnehin bestehenden
kulturellen Herausforde-
rungen hinzukamen, hätte
ich bemerken können,
hätte ich mich über den
Unterricht der japanischen
Sprache hinaus, vorab
näher informiert.
Rückblickend bewerte ich
es als Vorteil, „dieses
Japan“ fernab der stark
westlich geprägten Groß-
städte kennen gelernt zu
heit immer sofort klären zu
können (man googelt
schnell oder bemüht einen
Telefon-Joker), obgleich
häufig die Antworten gar
nicht so schrecklich
wichtig sind, wie man
meint.
Reisen verbindet - mit einer japanischen Freundin vor
der Promenade des Kiyomizu-Tempels in Kyôto .
Vor dem Eingangstor des Kiyomizu-Tempels in Kyôto.
Zu Gast im Deutschen Haus. Gruppenbild nach
vollendeter Teezeremonie.
Oberbürgermeister Izumi im Gespräch, Teil 2
Redaktion der
“Flaschenpost”:
Anja Hankel
Deutsches Haus in Naruto
779-0225
Tokushima-ken, Naruto-shi,
Oasa-cho, Hinoki,
Aza, Higashiyamada 55-2
Tel.: 088-689-0099
Fax: 088-689-0909
Email:
Impressum
www.lueneburg.de
Seite 8 Flaschenpost aus Naruto
aus Lüneburg bei sich aufzu-
nehmen werden, wozu ich
übrigens auch zähle. Es
werden diesmal auch einige
Mitglieder dabei sein, die
bereits bei früheren Delega-
tionsfahrten mitgefahren sind,
wie zum Beispiel Ober-
bürgermeister Mädge. Aber
keine Sorge – das Programm
haben wir auch diesmal wieder
so zusammengestellt, dass
selbst für Naruto-Kenner
etwas Neues dabei ist.
Worauf dürfen sich die
Lüneburger dieses Jahr
freuen? Gibt es Highlights im
Programm, die Sie den
Lüneburgern schon vorab
verraten können?
Wir hoffen, dass das
Programm sowohl denen, die
das erste Mal in Naruto sind
als auch denen, die bereits hier
waren, Neues und Interessan-
tes bietet. Ich weiß nicht, ob
man es als Highlight
bezeichnen kann, aber
interessant wird sicherlich das
Bemalen von Otani-Töpfer-
waren und das Bauen von
Wanwan-Drachen sein, welche
beide zu den traditionellen
Handwerkskünsten von Naruto
zählen. Auch der Spaziergang
durch Naruto wird bestimmt
ein Highlight sein. Wie vorhin
bereits erwähnt, wäre das
Erkunden der Stadt per
Fahrrad sicherlich spannend,
aber auch zu Fuß lässt sich die
Atmosphäre Narutos ganz
entspannt genießen.
Auch diesmal ist für die
Delegationsmitglieder wieder
ein eintägiger Besuch bei
Gastfamilien geplant. Was ist
das Ziel dieser Besuche?
Durch den Besuch der
Delegationsmitglieder bei den
Gastfamilien lernen die
Lüneburger ein Stück japani-
schen Alltag und japanische
Kultur kennen. Auf diese
Weise entstehen Freund-
schaften. Durch das gegen-
seitige kennen lernen lässt sich
d ie d eu t sc h - j ap an i sc h e
Freundschaft vielleicht am
besten vertiefen. Wenn die so
entstehenden Freundschaften
auch über den eintägigen
Besuch hinaus gepflegt
würden – heute macht man das
ja per Email – und daraus ein
regelmäßiges gegenseitiges
Besuchen würde, wäre das
doch ideal. Die deutsch-
japanische Freundschaft lässt
sich auf vielfältige Weise
vertiefen, die beste Methode
ist meiner Meinung nach
aber das kennen lernen auf
privater Ebene, das kennen
und verstehen lernen des
Alltags und der jeweils
anderen Kultur.
Möchten Sie den Delega-
tionsmitgliedern vorab noch
einen Willkommensgruß
mit auf den Weg geben?
Liebe Lüneburger, ich bin
erst seit einem Jahr im Amt
und freue mich daher sehr
darauf, Sie zum ersten Mal
in Naruto begrüßen zu
dürfen. Wir werden alles
dafür tun, Ihnen Ihren
Aufenthalt so angenehm wie
möglich zu gestalten – Sie
können sich schon jetzt auf
einen Empfang, der von
Herzen kommt, freuen.
Vielen Dank für das
Gespräch.
Abendstimmung am Ryôzenji, dem ersten der 88 Pilgertempel Shikokus