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Zwei Schritt vor, einen zurück ist eine beliebte Schrittfolge beim Tanz, jener (laut Duden) »geordneten Abfolge von Körperbewegungen, die nach einem durch Musik oder eine andere akustische Äußerung … hervorgebrachten Rhythmus ausgeführt wird.« Beliebt ist die Schrittfolge deshalb, weil es beim Tanz egal ist, wohin die Schritte führen: das Wesen des Tanzes besteht darin, sich hin und her zu be- wegen, ohne ein Ziel zu erreichen. Zwei Schritt vor, einen zurück ist eine wenig beliebte Schrittfolge in der Politik und wird dort gern als »Eiertanz« bezeichnet. Auch der Eiertanz ist im Duden definiert, nämlich als »sehr vorsichtiges, gewundenes Verhalten, Taktieren in einer heiklen Situation.« Solche Eiertänze sind wenig beliebt, da es in der Politik nicht egal ist, wohin die Schritte führen: der Zweck der Politik besteht darin, Ziele zu erreichen, was schwer ist, wenn man sich erst vor und dann wieder zurück bewegt. Zwei Schritt vor, einen zurück ist eine nicht sel- ten notwendige Maßnahme in der Diagnostik. Gerade weil der Zweck der Diagnostik darin besteht, Ziele zu erreichen, nämlich spezifi- sche Diagnosen, ist es wichtig, sich in ver- schiedene Richtungen zu bewegen, um alle Aspekte eines Krankheitsbildes zu erfassen und die Diagnose sozusagen einzukreisen. Den- noch wird diese Schrittfolge auch in der Diagnostik nicht selten mit einem Eiertanz gleichgesetzt. Anstelle des gelegentlichen Schrittes zurück wird ein ständiges Weiter- schreiten gefordert, das im Falle unklarer Be- funde zur nächst aufwendigeren Diagnose- methode führt. In keinem Bereich der Dermatopathologie wird dies so deutlich wie in der Diagnostik maligner Lymphome. Wo früher die klinische Zwei Schritt vor, einen zurück ... Nr. 8 III 1999 Zeitschrift des Zentrums für Dermatopathologie Freiburg Schriftleitung und redaktionelle Verantwortung: Wolfgang Weyers, Carlos Diaz, Imke Weyers, Susanna Borghi Rombach Digitaldruck Freiburg Inhalt: Zu diesem Heft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Was ist das? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Bunt gemischt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Der besondere Fall: Mykosis fungoides im Kindesalter . . . . . . . . . 5 Für Sie referiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Das ist es! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Memories . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Bilderbuch der Biopsie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Dermatologie einmal anders: Molekulare Lymphomdiagnostik . . . . . . . . . . 12 Klinische Befunde – histopathologisch erläutert . . 16

Nr. 8 · Zwei Schritt vor, einen zurück ist eine beliebte Schrittfolge beim Tanz, jener (laut Duden) »geordneten Abfolge von Körperbewegungen, die nach einem durch Musik oder eine

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Zwei Schritt vor, einen zurück ist eine beliebteSchrittfolge beim Tanz, jener (laut Duden)»geordneten Abfolge von Körperbewegungen,die nach einem durch Musik oder eine andereakustische Äußerung … hervorgebrachtenRhythmus ausgeführt wird.« Beliebt ist dieSchrittfolge deshalb, weil es beim Tanz egal ist,wohin die Schritte führen: das Wesen desTanzes besteht darin, sich hin und her zu be-wegen, ohne ein Ziel zu erreichen.

Zwei Schritt vor, einen zurück ist eine wenigbeliebte Schrittfolge in der Politik und wirddort gern als »Eiertanz« bezeichnet. Auch derEiertanz ist im Duden definiert, nämlich als»sehr vorsichtiges, gewundenes Verhalten,Taktieren in einer heiklen Situation.« Solche

Eiertänze sind wenig beliebt, da es in derPolitik nicht egal ist, wohin die Schritte führen:der Zweck der Politik besteht darin, Ziele zuerreichen, was schwer ist, wenn man sich erstvor und dann wieder zurück bewegt.

Zwei Schritt vor, einen zurück ist eine nicht sel-ten notwendige Maßnahme in der Diagnostik.Gerade weil der Zweck der Diagnostik darinbesteht, Ziele zu erreichen, nämlich spezifi-sche Diagnosen, ist es wichtig, sich in ver-schiedene Richtungen zu bewegen, um alleAspekte eines Krankheitsbildes zu erfassen unddie Diagnose sozusagen einzukreisen. Den-noch wird diese Schrittfolge auch in derDiagnostik nicht selten mit einem Eiertanzgleichgesetzt. Anstelle des gelegentlichenSchrittes zurück wird ein ständiges Weiter-schreiten gefordert, das im Falle unklarer Be-funde zur nächst aufwendigeren Diagnose-methode führt.

In keinem Bereich der Dermatopathologiewird dies so deutlich wie in der Diagnostikmaligner Lymphome. Wo früher die klinische

Zwei Schritt vor, einen zurück ...

Nr. 8III 1999Zeitschrift des Zentrums fürDermatopathologie Freiburg

Schriftleitung und redaktionelle Verantwortung:Wolfgang Weyers, Carlos Diaz,Imke Weyers, Susanna Borghi

Rombach Digitaldruck Freiburg

Inhalt:

Zu diesem Heft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1Was ist das? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2Bunt gemischt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2Der besondere Fall:

Mykosis fungoides im Kindesalter . . . . . . . . . 5Für Sie referiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7Das ist es! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9Memories . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10Bilderbuch der Biopsie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11Dermatologie einmal anders:

Molekulare Lymphomdiagnostik . . . . . . . . . . 12Klinische Befunde – histopathologisch erläutert . . 16

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und histopathologische Be-funderhebung als ausrei-chend erschien, wurdendurch die Immunhistochemieund molekulare Diagno-semethoden neue Maßstäbegesetzt. Eine allein auf Klinikund Histopathologie beru-hende Diagnose gilt heuteweithin als rückständig, undauch die zusätzliche immun-histochemische Diagnostikumweht bereits die Aura desNostalgischen. Wieviel aberbringt der zusätzliche Schrittnach vorn zur molekularenDiagnostik und wieviel nutztein Schritt zurück zur erneu-ten Begutachtung des klini-schen Befundes?

Dem Schritt zurück wurde bei kutanen Lym-phomen in den letzten Jahren mehr Beachtunggeschenkt, nachdem klar wurde, daß dieLymphom-Klassifikationen der Hämatoonkolo-gie, die die Klinik außer acht lassen, keine aus-reichenden prognostisch oder therapeutischverwertbaren Informationen liefern. In derneuen EORTC-Klassifikation für kutane Lym-

phome wurden daher erstmals klinische Cha-rakteristika in die Diagnose einbezogen, sodaß eine endgültige diagnostische Zuordnungoft nur in enger Abstimmung zwischen Histo-pathologen und Klinikern erfolgen kann. Mehrüber die Schrittfolge der Lymphomdiagnostikfinden Sie in unseren Rubriken »Der besonde-re Fall« und »Dermatologie – einmal anders«.

Bunt gemischtDie International Society of Dermatopathologyist 20 Jahre alt geworden. Aus Anlaß diesesJubiläums wurde rechtzeitig zum 20. Colloqui-um der Gesellschaft Ende September in Pragein Buch von Wolfgang Weyers vorgelegt, dasdie Geschichte der Dermatopathologie im all-gemeinen und die der International Society ofDermatopathology im besonderen zum Ge-genstand hat. Auf über 100 Seiten mit 165 Ab-bildungen werden die verschiedenen Wurzelnder Dermatopathologie, die wichtigsten Vertre-ter des Faches von der Mitte des 19. Jahrhun-derts bis in die heutige Zeit sowie die Entwick-lung der internationalen Dermatopathologie inden letzten zwei Jahrzehnten dargestellt.

Das 20. Colloquium der International Societyof Dermatopathology in Prag war zwei The-men gewidmet. Das erste lautete »Dermato-pathology and General Pathology are One Pa-thology«. In 32 Vorträgen wurde auf Manifesta-tionen der gleichen Krankheiten in kutaner undextrakutaner Lokalisation eingegangen, zumBeispiel in bezug auf rheumatoide Erkran-kungen (D. Elder, Philadelphia), die Amyloi-dose (J. Sánchez, San Juan, Puerto Rico), die2

Das 20. Colloquium der International Society of Dermatopathology fand Ende Sep-tember in Prag statt. Zu dem von J. Hercogova von der Prager Karls-Universität orga-nisierten Kongreß kamen rund 200 Dermatologen und Pathologen aus 32 Ländern.

Was ist das?

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Borreliose (J. Hercogova, Prag), das Carney-Syndrom (E. Calonje, London, und J. Casas,Buenos Aires), das Sneddon-Syndrom (B.Zelger, Innsbruck), die Mykosis fungoides (H.Kerl, Graz) und das maligne fibröse Histio-zytom (C. Diaz, Freiburg).

Das zweite Hauptthema des Colloquiums lau-tete »Rediscoveries in Dermatopathology«. Ineinem von Wolfgang Weyers vom Zentrum fürDermatopathologie Freiburg organisierten vier-stündigen Kurs wurden Beispiele für vermeint-liche Neuentdeckungen kutaner Krankheitengegeben, die teilweise auf oberflächlichesStudium der Literatur, teilweise auf bewußtesÜbergehen früherer Veröffentlichungen zu-rückzuführen waren (»Techniques of Expro-priation«, W. Weyers, Freiburg) und die durchAufzeigen neuer Aspekte teilweise einenFortschritt brachten (»Not the first, but the bet-ter«, G. Borroni, Pavia), teilweise nur Ver-wirrung stifteten (»Not the first, not the better«,M. Bonczkowitz, Giessen). In manchen Fällenwaren die Erstbeschreibungen so ungenau, daßspätere Entdecker leicht behaupten konnten,etwas Neues beschrieben zu haben(»Discovered already?«, C. Vassallo, Pavia), inanderen Fällen resultierten Wiederentdeckun-gen aus einer allmählichen Abänderung vonKrankheitskonzepten (»Shifts in meaning«, N.Misago, Sago, Japan). Die Darstellung ver-schiedener Aspekte von »Rediscoveries«schärfte bei den Teilnehmern des Colloquiumsdas Bewußtsein für Ungereimtheiten in der ak-tuellen medizinischen Literatur.

Das 20. Colloquium der International Societyof Dermatopathology war jedoch nur eine vonvielen exzellenten Fortbildungsveranstaltungendieses Sommers. Den Auftakt machte einSchnittseminar über mesenchymale Tumorender Haut Mitte Juli in Freiburg, das vom Zen-trum für Dermatopathologie Freiburg in Zu-sammenarbeit mit dem Institut für Pathologieder Universität Freiburg ausgerichtet wurde.Die knapp 60 Teilnehmer des Seminars hattennach einleitenden Vorträgen von Claus-PeterAdler, Wolfgang Weyers und Carlos Diaz an-derthalb Stunden Gelegenheit, 24 wichtigeWeichteiltumoren zu mikroskopieren, die an-schließend von Carlos Diaz unter Berücksich-tigung aller Differentialdiagnosen in algorith-mischer Form analysiert wurden.

Eine algorithmische Diagnosemethode wurdebeim jährlichen Kongreß der ItalienischenDermatologischen Gesellschaft Anfang Sep-tember in Stresa von Carlos Diaz auch für Pan-nikulitiden vorgestellt. Wolfgang Weyers gingin Stresa auf die Klinik und Histopathologie

entzündlicher Dermatosen der Genital-schleimhaut ein. Läsionen der Genitalschleim-haut waren auch Thema eines anderthalbstün-digen Seminars, das er im Rahmen der Jahres-tagung der Arbeitsgemeinschaft Dermatolo-gische Histologie (ADH) der DeutschenDermatologischen Gesellschaft Mitte Septem-ber in Marburg hielt. Ferner wurden auf dieserTagung Seminare zur pädiatrischen Dermato-histopathologie (E. Haneke, Wuppertal), zumSpektrum kutaner Lymphome (C. Sander, M.Flaig, München), zu melanozytären Tumoren(H.-P. Soyer, Graz), zur Histopathologie derAlopezien (F. Kiesewetter, Erlangen) und zurHistopathologie häufiger Genodermatosen (W.Burgdorf, Tutzing) angeboten. Im Rahmen die-ser Seminare wurden viele seltene und ein-drucksvolle Präparate gezeigt. So präsentierteWalter Burgdorf Originalschnitte, die der Erst-beschreibung seltener Genodermatosen zu-grunde lagen, und wies darauf hin, daß Fibro-follikulome der Haut stets an das Hornstein-Knickenberg-Syndrom (assoziierte Nierenzell-karzinome), zystische Talgdrüsentumoren andas Muir-Torre-Syndrom (v.a. assoziierte Co-lon-Karzinome), ein orales Neurom an den Typ 2 B der Multiple Endocrine Neoplasia

Die reich bebilderte Übersicht über 20 Jahre internationalerDermatopathologie von Wolfgang Weyers ist bei ArdorScribendi Ltd., 601 NW 49th Street, Seattle, WA 98107, USAerschienen und kann dort für $30 bezogen werden.

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Aspekte häufiger Krankheitsbilder (u.a. Arznei-mittelreaktionen, Pannikulitiden, Lupus erythe-matosus, Rosazea, Artefakte, Ablagerungs-krankheiten, kutane Lymphome, melanozytäreNeoplasien) diskutiert, wovon sowohl klinischtätige Dermatologen als auch Pathologen pro-fitieren werden. Weitere Informationen erhal-ten Sie vom Zentrum für DermatopathologieFreiburg unter der auf Seite 7 genanntenAdresse.

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(u.a. assoziierte Schilddrüsenkarzinome), epi-theloide Myxome oder umschriebene Muzino-sen (v.a. bei Auftreten im Gesicht bei Kindern)an das Carney-Syndrom (u.a. assoziierte kardi-ale Myxome und Sertoli-Zell-Karzinome) undverruciforme Xanthome an das CHILD-Syn-drom denken lassen müssen.

Neben den Kursen standen auch das Schnitt-seminar und die Plenarvorträge der von RolfHoffmann, Hannelore Mittag und RudolfHapple perfekt organisierten Veranstaltung aufhohem Niveau. So berichtete Eduardo Calonje(London) über vaskuläre Neoplasien der Haut,Carlos Diaz (Freiburg) über Tumoren mit myoi-der und myofibroblastärer Differenzierung undLuis Requena (Madrid) über Tumoren mit neu-raler Differenzierung. Die verschiedenen ein-geladenen Redner legten darüberhinaus inte-ressante Fälle zum freien Mikroskopieren aus,oft in Verbindung mit klinischen Bildern undausführlichen Angaben zur Anamnese. Durchdie Kombination unterschiedlicher Themenund didaktischer Methoden war die Jahres-tagung der Arbeitsgemeinschaft Dermato-logische Histologie kurzweilig und interessantzugleich.

In diesem Zusammenhang sei auf eine Tagunghingewiesen, die ebenfalls kurzweilig und in-teressant zu werden verspricht: das 6. Giesse-ner Dermatohistologische Kolloquium am3.– 5. März 2000. Im Mittelpunkt dieser vomZentrum für Dermatologie und Andrologie derJustus-Liebig-Universität Giessen und demZentrum für Dermatopathologie Freiburg orga-nisierten Veranstaltung steht die klinisch-histo-pathologische Korrelation. Unter dem Motto»From the Patient to the Microscope – AndBack Again« werden differentialdiagnostischwichtige klinische und histopathologische

20. Colloquium der International Society of Dermatopatho-logy: Wolfgang Weyers bei seiner Einführung zum Kurs »Rediscoveries in Dermatopathology«.

RombachDruck-undVerlagshausprontodigitalprintLörracherStraße3D-79115Freiburgfon07 61- 4500-160fax4768-289ISDNLeonardo4768-314 [email protected]

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die an einem führenden Zentrum für Lympho-mdiagnostik in Deutschland durchgeführt wur-den. Dort ließ sich »ein positiver Nachweiseiner monoklonalen T-Zell-Rezeptor-Rekom-bination… nicht führen«, so daß die Diagnoseeiner »reaktiven Hautveränderung« gestelltund »eine Parapsoriasis auch unter Hin-zuziehung der Zytologie weitestgehend ausge-schlossen« wurde.

In Ergänzung des Schrittes nach vorn zur mo-lekularen Diagnostik erfolgte daher nochmalsder Schritt zurück zum klinischen Befund. DieLokalisation der Herde (Stamm und Extremitä-ten, Schwerpunkt am Gesäß), ihre Form (num-mulär, zu unregelmäßig begrenzten Plaqueskonfluierend), ihre Größe, ihre geringe Infil-tration und leichte Schuppung, der teilweisepoikilodermatische Aspekt (Atrophie mit Pig-mentverschiebungen) und die Assoziation mitlichenoiden Papeln am Rücken waren für dieMykosis fungoides sehr charakteristisch. DerPatient vereinte mehrere klinische Manifesta-tionen der Mykosis fungoides auf sich, die inder Literatur unter unterschiedlichen Namenbeschrieben wurden (nummuläre Herde imSinne einer »Parapsoriasis en plaques«, liche-noide Papeln im Sinne einer »Parakeratosisvariegata«, atrophische Herde mit Pigmentver-schiebung und durchscheinenden Gefäßen imSinne einer »Poikilodermia vascularis atrophi-cans«). Die histopathologisch erwogenen Dif-ferentialdiagnosen konnten aufgrund des klini-schen Befundes ausgeschlossen werden, unddie Diagnose einer Mykosis fungoides ließsich zuverlässig stellen.

Die Mykosis fungoides tritt zwar überwiegendim mittleren und höheren Lebensalter auf, je-doch sind Fälle im Kindes- und Jugendalter gutdokumentiert. In einer neueren Studie wurdebei 39 von 558 Patienten mit Mykosis fungoi-des (7%) eine Erstmanifestation vor dem 20.Lebensjahr festgestellt. Bei jugendlichen Pa-tienten finden sich erwartungsgemäß wenigerfortgeschrittene Fälle als in höherem Alter. Nurselten weisen Kinder und Jugendliche bei Dia-gnosestellung bereits Tumoren oder eine Ery-throdermie auf, was sich in einer relativ gün-stigen Prognose widerspiegelt. Im Stadium T1(Patches und Plaques von <10% der Körper-oberfläche), dem auch der hier geschildertePatient zuzuordnen war, wurden bei einerNachbeobachtungszeit von durchschnittlich

vorgestellt von L. W. Zachej (Stade), B. Schubert (Buxtehude),P. Mohr (Buxtehude) und W. Weyers (Freiburg)

Ein 15jähriger Patient stellte sich wegen mehre-rer nummulärer Hautveränderungen amStamm und an den Extremitäten vor, die im 12.Lebensjahr erstmals aufgetreten seien. DasGesäß war am stärksten betroffen. Die Herdewaren im Durchmesser bis zu 7 cm groß, leichtgerötet und nicht oder nur geringfügig infil-triert. Sie wiesen eine leichte Schuppung auf.Einige Herde waren im Zentrum atrophischund gingen mit Pigmentverschiebungen einher.Vor allem am oberen Rücken fanden sichlichenoide Papeln. Unter dem klinischenVerdacht auf eine Parapsoriasis en plaquesbzw. eine Parakeratosis variegata wurden zweiBiopsien vorgenommen.

Histopathologisch zeigten beide Biopsate etwadas gleiche Bild, nämlich ein bandförmigesLymphozyteninfiltrat in der oberen Dermis, dasauf die dermoepidermale Junktionszone über-griff. Das Kollagen im Stratum papillare warvergröbert. Lymphozyten fanden sich teilweisebandförmig aufgereiht in der Basalzellschicht,wo fokal auch nekrotische Keratinozyten zusehen waren. In höheren Epidermislagenließen sich keine Lymphozyten nachweisen.Die Kerne der in der Basalzellschicht gelege-nen Lymphozyten waren etwas größer als dieder Lymphozyten in der Dermis, wiesenjedoch keine Atypien auf.

Die genannten Veränderungen sind charakteri-stisch für eine frühe Mykosis fungoides. Wäh-rend diese Diagnose früher nur bei Vorliegeneines deutlichen Epidermotropismus mit um-schriebenen Ansammlungen atypischer Lym-phozyten innerhalb der Epidermis (sogenann-ten »Pautrier’schen Mikroabszessen«) gestelltwurde, gelang es Sanchez und Ackerman,durch genaue klinisch-histopathologischeKorrelation weitere Veränderungen herauszu-arbeiten, die die Diagnose der Mykosis fungoi-des in einem früheren Stadium erlauben. Diebei dem 15jährigen Patienten vorliegendeBefundkonstellation schloß eine spongiotischeDermatitis aus. Sehr selten werden ähnlicheVeränderungen jedoch im Rahmen chroni-scher Arzneimittelexantheme und kongenitalerPoikilodermien gesehen. In Anbetracht desjugendlichen Alters des Patienten wurden da-her zur Bestätigung der Diagnose molekulareZusatzuntersuchungen in die Wege geleitet,

Der besondere FallMykosis fungoides im Kindesalter

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Zwei nummuläre Patches an der Innenseite des rechtenOberarmes. Die Veränderungen sind poikilodermatisch, d.h.sie zeigen eine Epidermisatrophie mit fokaler Hyperpigmen-tierung und Teleangiektasien, wie dies für das atrophischeStadium einer Mykosis fungoides typisch ist (sog. »Poikilo-dermia vascularis atrophicans«).

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10 Jahren keine Fälle mit Fortschreiten der Er-krankung registriert. Bei Berücksichtigung desKrankheitsstadiums scheinen jedoch keine al-tersabhängigen Prognoseunterschiede zu be-stehen.

Die Familie des Patienten lehnte eine übersteroidhaltige Externa hinausgehende Behand-lung anfangs ab. Nach vier Monaten tratenzahlreiche neue nummuläre Plaques am ge-samten Integument auf, die mit starkem Juck-reiz einhergingen. Die Diagnose der Mykosisfungoides wurde in einer weiteren Biopsie be-stätigt, und diesmal war auch ein monoklona-les Rearrangement des T-Zell-Rezeptors nach-weisbar.

Angesichts der Befundverschlechterung stimm-te die Familie des Patienten einer PUVA-Thera-pie zu, die später wegen einer gleichzeitig auf-tretenden Akne durch Roaccutan ergänztwurde. Diese Behandlung führte innerhalb vonsechs Monaten zur Vollremission der Mykosisfungoides. Allerdings kam es drei Monate nachAbsetzen der Therapie zu einem Rezidiv, sodaß eine erneute Behandlung erforderlichwurde.

Literatur:Sanchez JL, Ackerman AB. The patch stage of mycosis fun-goides: criteria for histologic diagnosis. Am J Dermatopathol1979; 1: 5–26.Koch SE, Zackheim HS, Willams ML, et al. Mycosis fungoi-des beginning in childhood and adolescence. J Am AcadDermatol 1987; 17: 563–70.Crowley JJ, Nikko A, Varghese A, et al. Mycosis fungoides inyoung patients: clinical characteristics and outcome. J AmAcad Dermatol 1998; 38: 696–701.

Lichenoide Papeln am Rücken sowie unscharf und unregel-mäßig begrenzte Patches und Plaques am Gesäß.

Histopathologisch sieht man eine superfizielle lichenoideInterface-Dermatitis. Die Epidermis ist atrophisch, ihreReteleisten sind weitestgehend verstrichen. Das bandförmigeLymphozyteninfiltrat greift auf die Basalzone der Epidermisüber.

Charakteristische Zeichen des Patch-Stadiums einer Mykosisfungoides: Neoplastische Lymphozyten sind in der Basalzell-schicht der Epidermis aufgereiht und weisen größere Kerneauf als die Lymphozyten in der Dermis. Das Kollagen imStratum papillare ist vergröbert.

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Für Sie referiert

Das maligne Melanom wird allgemein in vierTypen unterteilt: das noduläre (NM), das super-fiziell spreitende (SSM), das Lentigo maligna(LMM) und das akrolentiginöse Melanom(ALM). Die histopathologischen Kriterien, diedieser Einleitung zugrunde liegen, sind jedochnicht klar definiert und werden uneinheitlichangewendet. In einer gemeinsamen Studie desZentrums für Dermatopathologie Freiburg unddes Zentrums für Dermatologie und Androlo-gie der Justus-Liebig-Universität Gießen wurdeder Frage nachgegangen, ob es besondere Kon-stellationen von Veränderungen gibt, die eineUnterteilung des Melanoms in distinkte Typenerlauben, und inwiefern diese Konstellationenmit der derzeit gebräuchlichen Klassifikation inEinklang stehen. 915 Melanome wurden in be-zug auf 72 histopathologische Parameter analy-siert. Die Definition des NM (intraepidermaleMelanomzellen gehen nicht mehr als dreiReteleisten über die dermalen Tumoranteilehinaus) war nur in 46 Fällen (5%) erfüllt. 39dieser Fälle wiesen Regressionszeichen auf, sodaß das NM durch Untergang der intraepider-malen Komponente im Rahmen einer Entzün-dungsreaktion zustande zu kommen scheintund keinen eigenständigen Tumortyp darstellt.Die Konstellationen histopathologischer Verän-derungen, die in der Literatur für die anderenMelanomtypen angegeben werden, waren fürdas ALM nur in zwei Fällen (0,2%), für das SSMin drei Fällen (0,4%) und für das LMM in kei-nem einzigen Fall erfüllt. Die derzeitgebräuchliche Typisierung von Melanomenscheint nicht auf charakteristischen diagnosti-schen Kriterien zu beruhen, sondern Folgeeiner sehr laxen Anwendung dieser Kriterienzu sein. Eine Konfigurationsanalyse erbrachtekeine anderen Befundkonstellationen, die alsGrundlage einer Gruppeneinteilung vonMelanomen dienen könnten. Das maligneMelanom kann sich ganz unterschiedlich

manifestieren, diese Manifestationen sindjedoch Teil eines kontinuierlichen Spektrums.Für eigenständige Entitäten innerhalb diesesSpektrums ergab sich kein Anhalt (Weyers W etal.: Cancer 1999; 86/2: 288–299).

In einer gemeinsamen Studie des Zentrums fürDermatopathologie Freiburg und der Univer-sitäts-Hautklinik Münster wurde ein bislangnicht beschriebener Weichteiltumor charakte-risiert, das Angiofibroblastom der Haut. Als»Fibroblastom« werden gutartige Tumoren be-zeichnet, die aus spindeligen oder sternförmi-gen Fibroblasten in reichlich fibromyxoidemStroma bestehen. Das Angiofibroblastom derHaut weist darüberhinaus zahlreiche kleine,teils solitär gelegene, teils in Aggregaten arran-gierte Blutgefäße auf, die von plumpen Endo-thelzellen und Perizyten ausgekleidet werden.Das Fehlen von Kernatypien sowie von Rezidi-ven oder Metastasen bei einer Nachbeobach-tungszeit von 3 bzw. 9 Jahren unterstreicht diegutartige Natur dieser Neoplasie (Diaz C,Metze D: Histopathology 1999; 35: 109–113).

Für die Sarkoidose wurde bereits kurz nachihrer Beschreibung vor 100 Jahren eine tuber-kulöse Genese angenommen. Immer wiederwurde über den Nachweis von Mykobakterienberichtet, ohne daß sich diese Befunde be-stätigen ließen. Insofern lag es nahe, neue undsehr sensitive Diagnosetechniken wie die Po-lymerase-Kettenreaktion (PCR) für den Nach-weis mykobakterieller DNA bei der Sarkoidosezu nutzen. Die Resultate solcher Untersu-chungen waren unterschiedlich und reichtenvom Fehlen mykobakterieller DNA bis zumNachweis bei 50% der Patienten. Aus Bostonwurde nun eine Studie vorgelegt, nach dermittels PCR bei 16 von 20 Fällen von Sar-koidose am histopathologischen Schnittmykobakterielle DNA nachgewiesen werdenkonnte. In Negativkontrollen (Fremdkörper-granulome, normale Haut) wurde kein positi-ver Befund registriert. Eine Subtypisierung derDNA erbrachte M. tuberculosis, M. avium-intracellulare, M. kansasii und weitere nicht-tuberkulöse Mykobakterien. Die Autoren

? ??Wenn Sie Fragen oder Anregungen haben, rufen Sie uns an:

Zentrum für Dermatopathologie Freiburg,

Postfach 1268, 79012 Freiburg,

Tel: 0761-316 25 Fax: 0761-39772

e-mail: [email protected]

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verzeichnet (Koo J, Lebwohl M: J Am AcadDermatol 1999; 41: 51–59).

An der Universität von Arkansas wurde dieAussagekraft von Shave- und Stanz-Biopsienbei der Diagnose von Basalzellkarzinomenmiteinander verglichen. Dabei ergab sich, daßBasalzellkarzinome bei Durchführung vonStanz-Biopsien in 11 von 46 Fällen nicht er-kannt wurden, während dies bei Shave-Biop-sien in 7 von 22 Fällen der Fall war. DerDurchmesser der Stanzen, die Tiefe der Shave-Biopsien und das Volumen der Biopsate wur-den in der Studie nicht berücksichtigt. DieUnterschiede zwischen beiden Gruppen wa-ren nicht signifikant, so daß die Autoren fol-gerten, daß Shave- und Stanzbiopsien zurSicherung der Diagnose von Basalzellkarzino-men gleichermaßen effizient seien (Russell EBet al.: J Am Acad Dermatol 1999; 41: 69–71).

schlossen daraus, daß unterschiedliche Myko-bakterien eine Sarkoidose auslösen können.Wahrscheinlich handele es sich dabei vor al-lem um nicht kultivierbare, langsam wachsen-de atypische Mykobakterien mit defekter Zell-membran, die ein geringes pathogenes Poten-tial hätten, jedoch in der Lage seien, eine gra-nulomatöse Entzündungsreaktion hervorzuru-fen (Li N et al.: J Cutan Pathol 1999; 26:271–278).

Das Erythema elevatum diutinum tritt gehäuftim Rahmen der HIV-Infektion auf. Über dieseerstmals von LeBoit und Cockerell 1993 be-obachtete Assoziation wurde gleich in zweineuen Arbeiten berichtet. Die Knoten des Ery-thema elevatum diutinum erreichen bei HIV-Patienten häufig eine erhebliche Größe undkönnen histopathologisch mit Granulomeneinhergehen. Die größten Knoten wurdenjeweils exzidiert. Die gute Wirk-samkeit einer Therapie mitDADPS konnte bestätigt werden.Bei Patienten mit Hinweisen aufeine zugrunde liegende Strep-tokokkeninfektion führten Anti-biotika zu einer vorübergehen-den Besserung. Unter antiretro-viraler Kombinationstherapietraten bei einem weiteren Pa-tienten keine neuen Herde mehrauf (Muratori S et al.: Br J Der-matol 1999; 141: 335–338; Weyers W et al.: Z Hautkr 1999;74: 481– 486).

Die Qualität einer Therapiehängt nicht nur von der Häufig-keit einer Befundbesserung ab,sondern auch von der Dauerdieser Besserung. Für die Pso-riasis wurde die Remissions-dauer verschiedener Therapie-formen in einer umfangreichenLiteraturstudie untersucht. Da-bei ergab sich, daß bei einerrein lokalen Psoriasistherapiedie mit Anthralin (Cignolin)und Tazaroten (Zorac) erzieltenRemissionen länger andauertenals nach Monotherapie mit Cal-cipotriol und Corticosteroid-Externa, während bei systemi-schen Therapieformen Etretinatbesser abschnitt als Cyclo-sporin und Methotrexat. Dieam längsten andauernden Re-missionen wurden nach Goe-ckerman- und PUVA-Therapie

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Das ist es !

Es handelt sich um eineatypische Mykobakteriose.Für diese Diagnose sprichtvor allem die Anordnungder Effloreszenzen: mehre-re, in einer Linie aufgereih-te Knoten weisen auf eineAusbreitung entlang vonLymphbahnen hin undwerden in erster Linie beiMetastasen maligner Neo-plasien sowie bei der Spo-rotrichose und der atypi-schen Mykobakteriose be-obachtet.

Bei diesen Erkrankungensind die Effloreszenzenstets asymmetrisch verteilt.Da dies anhand des klini-schen Fotos nicht zu beur-teilen war, kam differen-tialdiagnostisch evtl. nocheine Prurigo nodularis inBetracht, die ebenfalls mit umschriebenen rot-braunen Knoten und hyperpigmentierten Nar-ben einhergehen kann. Die Prurigoknoten, diedurch anhaltendes Kratzen herbeigeführt wer-

den, weisen jedoch Erosionen und eine Hyper-keratose auf, nicht die glatte, gespannte Ober-fläche der Knoten im Bereich des Handgelen-kes im vorgestellten Fall. Zudem sprachen die

Gleichförmigkeit und diezentralen Einsenkungender Narben gegen einePrurigo nodularis.

Die Narben sprachen auchgegen das Vorliegen vonMetastasen, so daß diffe-rentialdiagnostisch an eineatypische Mykobakterioseund eine Sporotrichose zudenken war. Der Patientbesaß ein Warmwasser-Aquarium. Wegen desguten Wachstums vonMycobacterium marinumin feuchter, warmer Umge-bung wurde daher voneiner atypischen Myko-bakteriose ausgegangen.Diese klinische Verdachts-diagnose wurde histopa-thologisch gesichert, ausdem Gewebe konnte My-cobacterium marinum an-gezüchtet werden.

Großes Epitheloidzellgranulom mit zentraler Nekrose (Pfeil) im unteren Stratum reticu-lare, an den tiefen Schnittrand grenzend.

Das Granulom weist locker verstreute neutrophile Granulozyten in der zentralenNekrosezone und zwischen den angrenzenden Histiozyten und Epitheloidzellen auf(Pfeile), ein bei atypischen Mykobakteriosen häufiger Befund.

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Vor Boeck hatten bereits andere Autoren überPatienten mit Sarkoidose berichtet. Das Krank-heitsbild wurde jedoch erst durch Boeck vorgenau 100 Jahren klar charakterisiert. Boeckschilderte nicht nur das Auftreten zahlreicherPapeln und Knoten, sondern wies bereits aufdie häufig anuläre Konfiguration der Herde,den allmählichen Übergang ihrer Farbe vonrot zu gelblich-braun, die Tendenz zum Entste-hen in Narben und eine begleitende Lymph-knotenschwellung hin. Darüberhinaus be-

schrieb er recht ge-nau die Histopatholo-gie der Sarkoidose,nämlich »scharf um-schriebene Foci einerNeubildung« in dergesamten Dermis, die» v o n e i n a n d e r…durch zumindest rela-tiv normales Bindege-webe getrennt« wa-ren und von Zellen»vom Typ der epi-theloiden Binde-gewebszellen« ge-bildet wurden. We-gen der Größe derZellen und des Vor-kommens mehrkerni-ger Riesenzellen faß-te Boeck die Erkran-kung zunächst als ei-nen neoplastischenProzeß auf und nann-te sie »multiples be-nignes Sarkoid derHaut«. Wenige Mo-nate später aberschrieb er bereits,daß »der pathologi-sche Prozeß nicht als

echte tumoröse Neoplasie aufgefaßt werdenkann, sondern als eine entzündliche Prolifera-tion des Bindegewebes.«

Ein Jahr nach Publikation seiner Arbeit überdie Sarkoidose zeigte Boeck die Präparate desFalles dem französischen Dermatologen JeanDarier, der kurz zuvor das Konzept der Tuber-kulide begründet hatte. Unter »Tuberkuliden«verstand Darier ausgedehnte, symmetrischeEruptionen von Hautveränderungen, die durch

MemoriesSarkoidose – 100 Jahre

In wenigen Wochen geht ein Jahrhundert zuEnde, das der Medizin gewaltige Fortschrittebeschert hat. Kaum ein Gebiet blieb davon un-berührt. Und dennoch gibt es Krankheiten, dieheute noch ebenso mysteriös sind wie vor 100Jahren. Zu ihnen zählt auch die Sarkoidose, dieim Jahre 1899 vom Norweger Caesar Boeckbeschrieben wurde.

Boeck stammte aus einer Medizinerfamilie.Sein Onkel Wilhelm Boeck war Leiter der Uni-versitäts-Hautklinikvon Kristiania, demheutigen Oslo. Seinede rma to log i scheAusbildung erhieltCaesar Boeck teilsan der Klinik seinesOnkels, dessen Posi-tion er 1899 über-nahm, teils an an-deren europäischenZentren für Derma-tologie, wobei einAufenthalt an dervon Ferdinand He-bra geleiteten Haut-klinik in Wien be-sonders prägendwar. Caesar Boeckhielt stets engenKontakt zu Kollegenaus anderen europä-ischen Ländern undgenoß internationalgroße Anerkennung,die sich unter ande-rem darin ausdrück-te, daß die damalswichtigste dermato-logische Zeitschrift,das Archiv für Der-matologie und Syphilis, ihm im Jahre 1911 eineFestschrift widmete. In Norwegen wurdeBoeck zur unumstrittenen Leitfigur der Derma-tologie. Noch mit 70 Jahren zählte er zu denGründern der Norwegischen Dermatologi-schen Gesellschaft und war deren Präsident,bis er 1917 im Alter von 71 Jahren starb. Zu sei-nen wichtigsten Leistungen zählten die Be-schreibung der Histopathologie des papulone-krotischen Tuberkulids und vor allem die Be-schreibung der Sarkoidose.

Caesar Boeck (1845–1917)

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eine Infektion mit Tuberkelbakterien bedingtwaren, ohne daß sich Erreger nachweisen lie-ßen. Wegen der histopathologischen Ähnlich-keit zur Tuberkulose ordnete Darier auch dieSarkoidose als Tuberkulid ein, und CaesarBoeck folgte dieser Auffassung. Nachdem erbei einem Fall von Sarkoidose Tuberkelbak-terien nachgewiesen zu haben glaubte, schrieber im Jahre 1905: »Ich neige nun wie Darierdazu, diese Erkrankung als eine besondereForm einer benignen, abgemilderten Tuberku-lose aufzufassen.«

Viel schlauer als Darier und Boeck zu Beginndieses Jahrhunderts sind wir auch heute nicht.Immer wieder wurde eine Beziehung der Sar-koidose zur Tuberkulose postuliert, immer wie-der fehlte es an handfesten Beweisen. Versu-che, Mykobakterien in den Granulomen mi-kroskopisch darzustellen oder aus dem Gewe-be anzuzüchten, waren fast durchweg erfolg-los. Hinzu kommt, daß sich die Sarkoidosesowohl klinisch als auch histopathologischdeutlich von der Tuberkulose unterscheidet.Zwar gehen beide Erkrankungen mit Epithe-loidzellgranulomen einher, diese Granulome

sind jedoch in bezug auf Aufbau, Größe, Loka-lisation und begleitendes Lymphozyteninfiltratso verschieden, daß die histopathologische Ab-grenzung der Sarkoidose von der Tuberkulosein der Regel keine Schwierigkeiten macht. Sosetzte sich allmählich die Auffassung durch,die Sarkoidose als Immunreaktion auf ein odermehrere unbekannte Antigene aufzufassen.

Erst mit der Einführung der Polymerase-Ketten-reaktion erhielt die Einordnung der Sarkoidoseals Mykobakteriose neue Nahrung. So gelanges, bei pulmonaler Sarkoidose in 30 bis 50%der Fälle DNA von M. tuberculosis und M. avi-um-intracellulare in Lungengewebe und Bron-chial-Lavage-Flüssigkeit nachzuweisen. Auch inHautläsionen wurde DNA unterschiedlicherMykobakterien gefunden (siehe »Für Sie refe-riert«). Darüberhinaus konnten säurefeste Stäb-chen mit defekter Zellmembran aus dem Blutvon Patienten mit aktiver Sarkoidose angezüch-tet werden. Die Bedeutung dieser Befunde istjedoch nach wie vor umstritten. Über das Stadi-um der Spekulation ist man auch 100 Jahrenach der Beschreibung der Sarkoidose durchCaesar Boeck noch nicht hinaus.

Biopsie eines malignen Lymphoms mit ausgeprägtenQuetschartefakten. Auf der linken Seite des Schnittes hat die Pinzette eine tiefe Einbuchtung hinterlassen (Pfeil).

Bilderbuch der Biopsie

Die Widerstandsfähigkeit von Zellen gegen-über toxischen und mechanischen Einflüssenist sehr verschieden. Hornzellen sind aufgrunddicht gelagerter, über Disulfidbindungen ver-netzter Keratinfilamente und v.a. aufgrundihres cornified envelope besonders wider-standsfähig. Dies erklärt, daß die Hornschichtauch nach massiver externer Schädigung häu-fig keine sichtbaren Veränderungen aufweist,während die oberen Anteile des Stratum spino-sum bereits nekrotisch sein können. Die Kera-tinozyten der Epidermis sind wegen ihres Zyto-keratin-Skeletts wiederum erheblich wider-standsfähiger als Bindegewebs- oder Ent-zündungszellen. Dies ist bei der Durchführungvon Biopsien zu beachten.

Grundsätzlich sollte bei der Entnahme von Ge-webeproben möglichst wenig Druck auf dasPräparat ausgeübt werden. Dies gilt besondersfür derbe dermale Infiltrate, wie sie beiLymphomen und Pseudolymphomen vorlie-gen. Während bei gering ausgeprägter In-filtration Entzündungszellen in der Dermisgenug Platz haben, dem mechanischem Druckauszuweichen, sind die Lymphozyten bei kli-

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nisch derben Infiltraten so dicht gelagert, daßsie bereits durch leichten seitlichen Druck mitder Pinzette gegeneinander gepreßt und zer-quetscht werden. Die Folge ist, daß die für dieKlassifikation von Lymphomen und ihre Ab-grenzung von Pseudolymphomen besonderswichtigen zytologischen Veränderungen nichtbeurteilbar sind. Dies gilt vor allem für kleineBiopsien, bei denen der von außen ausgeübteDruck bis ins Zentrum des Biopsates wirksamist. Bei klinisch derben Infiltraten sollten Ge-webeproben daher ausreichend groß sein (zu-mindest 4–6 mm im Durchmesser) und sehrvorsichtig behandelt werden. Auf die Anwen-dung einer Pinzette sollte bei der Entnahmeund beim Transfer ins Formalinröhrchen mög-lichst ganz verzichtet werden.

die Methode damit als so ungenau eingestuft,daß man ganz auf ihre Anwendung verzichtenwürde. Dennoch erschien uns selbst diese Zahlnach eigenen Erfahrungen noch zu optimi-stisch.

Um zu einem besseren Urteil zu gelangen, ha-ben wir aus unserem Archiv alle Fälle der letz-ten zwei Jahre herausgesucht, bei denen we-gen des Verdachts auf ein kutanes Lymphomkonsiliarische Zusatzuntersuchungen vorge-nommen wurden. Die Untersuchungen erfolg-ten in führenden Zentren für Lymphomdia-gnostik in Deutschland. Von diesen Zentrenwurde nach histopathologischer und immunhi-stochemischer Untersuchung jeweils ein vor-läufiger Befund erstellt und im Anschluß an diemolekulare Diagnostik durch einen endgülti-gen Befund ergänzt. Einen Vergleich von vor-läufiger Diagnose, Ergebnis der molekularenUntersuchung und endgültiger Diagnose un-serer 25 Fälle haben wir in der nachfolgendenTabelle zusammengefaßt. Als »Pseudolym-phom« wurden dabei entzündliche Verän-derungen bezeichnet, die histopathologischvon einem B-Zell-Lymphom (z.B. Borrelien-Lymphozytom) oder einem T-Zell-Lymphom(z.B. spongiotische Dermatitiden, Arzneimit-12

Die Infiltratzellen sind zerquetscht, so daß sich weder dieZusammensetzung des Infiltrates noch zytologische Verän-derungen wie Kernatypien und Mitosen erkennen lassen. Daauch Kollagenfasern gequetscht wurden, zeigen sie eine ver-stärkte Eosinophilie, wodurch eine Fibrose vorgetäuscht wird.

Welchen Stellenwert haben molekulare Unter-suchungsmethoden in ihrem klassischen medi-zinischen Anwendungsgebiet, der Untersu-chung maligner Lymphome ?Theoretisch einengroßen, da wegen der Antigenspezifität vonLymphozyten eine klonale Proliferationanhand der Rekombination von Rezeptorge-nen relativ leicht nachgewiesen werden kann.Aber praktisch?

Die Problematik des Klonalitätsnachweises be-steht darin, daß wegen der Antigenspezifitätvon Lymphoyzten eine monoklonale Prolifera-tion nicht selten auch bei entzündlichen Der-matosen nachgewiesen werden kann, zumBeispiel bei der allergischen Kontaktdermatitisund der Pityriasis lichenoides. Andererseitsgeht bei manchen malignen Lymphomen diegeringe Zahl neoplastischer Lymphozyten imdichten Begleitinfiltrat unter, so daß eine reinentzündliche polyklonale Proliferation vor-getäuscht wird. Bei einer Diskrepanz zwischenhistopathologischen, immunhistochemischenund molekularen Ergebnissen wird daher inder Befundmitteilung häufig hervorgehoben,daß eine Monoklonalität nur in 60 bis 70% derFälle erfaßbar sei. Bei anderen Untersuchungs-verfahren würde diese Zahl als so gering und

Dermatologie - einmal anders Molekulare Lymphomdiagnostik

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telreaktionen, in einem Fall auch eine Lues)nicht sicher abgrenzbar waren. In acht Fällenwurde die endgültige Diagnose nur mit star-kem Vorbehalt gestellt, eine Verlaufsbeobach-tung mit erneuter Biopsie wurde empfohlen. Infünf Fällen wich die endgültige Diagnose vonunserer eigenen Verdachtsdiagnose ab. In

zwölf Fällen ließ sich durch nochmalige kli-nisch-histopathologische Korrelation eine si-chere Diagnose stellen (u.a. Lues, Arzneimit-telreaktion, Borrelien-Lymphozytom, klinischcharakteristische Mykosis fungoides), die inzehn dieser Fälle mit der endgültigen Diagno-se der Lymphomzentren übereinstimmte.

Vorläufige Dg. Klonalität Endgültige Dg. B-Zell-Proliferation T-Zell-Proliferation

Pseudolymphom polyklonal Pseudolymphom 3 2

Pseudolymphom monoklonal Pseudolymphom 1

Pseudolymphom polyklonal Lymphom

Pseudolymphom monoklonal Lymphom 1

Lymphom polyklonal Pseudolymphom 2

Lymphom monoklonal Pseudolymphom

Lymphom polyklonal Lymphom 3 10

Lymphom monoklonal Lymphom 1 2

»monoklonalen Dermatitis« gedeutet, so daßnicht nur die Sensitivität, sondern auch dieSpezifität der Methode gering ist.

Diese kleine Übersicht eigener Fälle kannselbstverständlich nicht den Anspruch einer re-präsentativen Studie erheben, war für uns aberAnlaß, ausgewiesenen Experten auf dem Ge-biet der Lymphomdiagnostik, nämlich Prof.Burg (Zürich), Prof. Feller (Lübeck), Prof. Kerl(Graz), Prof. Parwaresch (Kiel) und Prof. Sterry(Berlin) die folgenden vier Fragen zu stellen:

1. Läßt sich die Häufigkeit des falsch negativenMonoklonalitätsnachweises im geschilder-ten Material evtl. dadurch erklären, daß essich teilweise um diagnostisch schwierigeFälle handelte, während den besseren Ergeb-nissen der Literatur mehr fortgeschritteneLymphome zugrunde lagen (mit anderenWorten Fälle, bei denen die Diagnose ohne-hin klar und eine molekulare Zusatzunter-suchung im Grunde nicht erforderlich war)?

2. Dem Klonalitätsnachweis wurde von denReferenzzentren keine große diagnostischeBedeutung beigemessen (trotz Polyklonalitätwurden zahlreiche Lymphome und trotzMonoklonalität ein Pseudolymphom dia-gnostiziert). Gibt es Befundkonstellationen,bei denen die molekulare Untersuchungentscheidende diagnostische Bedeutung hatund wenn ja, welche?

3. Ist angesichts der fehlenden Zuverlässigkeitmolekularer Untersuchungsergebnisse ins-

Die Zusammenstellung der Daten zeigt, daßeine vorläufige Pseudolymphom-Diagnose imFalle eines polyklonales Musters nie in einLymphom und eine vorläufige Lymphom-Dia-gnose im Falle eines monoklonalen Mustersnie in ein Pseudolymphom abgeändert wurde.Ansonsten aber erwiesen sich molekulare Un-tersuchungen als wenig hilfreich. In nur einemvon fünf B-Lymphomen wurde anstelle der vor-läufigen Diagnose eines Pseudolymphoms auf-grund eines monoklonalen Untersuchungs-ergebnisses ein Lymphom diagnostiziert (indiesem Fall hatten wir allerdings bereits ur-sprünglich den dringenden Verdacht auf ein B-Zell-Lymphom geäußert). Bei zwei von fünf T-Zell-Pseudolymphomen wurde die Diagnosetrotz ursprünglichen Lymphomverdachtes auf-grund eines polyklonales Musters gestellt, inbeiden Fällen jedoch nur unter Vorbehalt. Nurbei zwei von fünf B-Zell-Lymphomen und zweivon zwölf T-Zell-Lymphomen war eineMonoklonalität nachweisbar. Darunter warenauch histopathologisch eindeutige Fälle, z.B.ein mittelgroßzelliges pleomorphes T-Zell-Lymphom, bei dem es im Befundbericht hieß:»Trotz polyklonalen Musters kann am Vor-liegen eines malignen Lymphoms kein Zweifelbestehen.« Die Erfassung von Monoklonalitätlag mit 40% für B-Zell-Lymphome und 17%für T-Zell-Lymphome deutlich niedriger als dievon den Untersuchern angegebenen Erfah-rungswerte. Umgekehrt wurde in einem vonfünf T-Pseudolymphomen ein monoklonalesInfiltrat festgestellt und als Ausdruck einer

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besondere bei T-Zell-Lymphomen diese Un-tersuchung aus rein diagnostischenGründen in der allgemeinen Krankenversor-gung vertretbar?

4. Der Schritt zurück zum klinischen Befunderwies sich im vorliegenden Material alshilfreicher als der Schritt nach vorn zur mo-lekularen Diagnostik. Welchen ungefährenStellenwert in der Schrittfolge der Diagno-stik maligner B-Zell-Lymphome und malig-ner T-Zell-Lymphome (in Prozent) habenIhres Erachtens klinischer Befund, histopa-thologischer Befund, Immunhistochemieund molekulare Untersuchungen?

Leider erreichte uns zu diesen Fragen nur eineAntwort in Form einer allgemein gehaltenen,jedoch differenzierten Stellungnahme vonProf. Burg (Zürich), die im folgenden imWortlaut abgedruckt ist:

Zunächst ist festzuhalten, dass der Einsatz spe-zieller diagnostischer Methoden (Immunphä-notypisierung, Genotypisierung) sich nur bei10–15% der unklaren Fälle lohnt. Eine Unter-suchung, die den Wert dieser Untersuchungenbei allen lymphoproliferativen Veränderungenprüft, ist für die Fragestellung nicht korrekt. Esgeht um die histomorphologisch unklaren Fäl-le, vor allen Dingen um die blastären Lympho-me, bei denen die Linienzugehörigkeit aus-schließlich durch Phänotypisierung oderGenotypisierung möglich wird. Bei allen ande-ren Fällen ist der Einsatz dieser speziellen

Methoden unsinnig und überflüssig und wirdallenfalls von den Kollegen für sinnvoll erach-tet, die den Stellenwert dieser Untersuchungenentweder unter- oder überschätzen.

Der zweite Punkt betrifft die Frage der Diffe-renzierung von Pseudolymphom und Lym-phom. Leider gibt es hier noch keinen Gold-standard, der am Ende zu erkennen gibt, wel-che Diagnose richtig und welche Untersu-chungen demnach sinnvoll oder überflüssigwaren.

Mein dritter Kommentar bezieht sich auf diekonzeptionelle Philosophie, mit der heutzuta-ge von den verschiedenen Gruppen Diagno-stik, speziell dermatohistologische Diagnostikbetrieben wird. Ein kritikloser Einsatz neuerfortschrittlicher Methoden ist ebenso unsinnigwie die grundsätzliche Ablehnung. Die ge-konnte differenzierte Anwendung in Situatio-nen, in denen spezielle Methoden indiziertsind, bringt den eigentlichen Fortschritt. Auchdie H&E-Färbung hat irgendwann einmal dieDermatohistopathologie verbessert, und eskäme heute niemand auf die Idee, hierauf zuverzichten.

Die Fortschritte, die wir heute auf dem Sektorder Lymphome zu verzeichnen haben, sind inerster Linie der verbesserten Interpretationhistomorphologischer Befunde auf Grund derdurch Immunphänotypisierung und Genotypi-sierung gewonnenen Erkenntnisse zu verdan-ken.

Dichtes diffuses Infiltrat atypischer T-Lymphozyten mitSchwerpunkt in der unteren Dermis. Laut Untersuchungs-befund »ließ sich ein monoklonales T-Zell-Rezeptor-Rekombinationsmuster nicht nachweisen.«

Dennoch bestand angesichts der ausgeprägten Kernatypien»nach morphologischen Kriterien… kein Zweifel daran, daßhier eine Hautinfiltration durch ein mittelgroßes pleomorphesT-Zellen-Lymphom… vorlag.«

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se kurzen, perifollikulären Parakeratosehügelsind das charakteristischste histopathologischeZeichen der seborrhoischen Dermatitis undschlagen sich klinisch in den ebenfalls typi-schen punktförmigen Schuppen nieder.

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Die seborrhoische Dermatitis kann je nachAusprägungsgrad mit unterschiedlichen For-men von Schuppen einhergehen. Besonderscharakteristisch sind sehr kleine, punktförmige,oft nur bei genauer Inspektion sichtbare Schup-pen, die einem geröteten, scharf begrenztenPatch aufgelagert sind. Diese Schuppen sindkleiner als bei der Psoriasis und weniger festverhaftet als beim Lupus erythematosus.Während den Schuppen des diskoiden Lupuserythematosus eine follikulär betonte kompak-te Orthohyperkeratose zugrunde liegt unddenen der Psoriasis lange, häufig übereinandergeschichtete Parakeratosehügel, finden sich beider seborrhoischen Dermatitis kurze Para-keratosehügel an den Ostia von Haarfollikeln.

Obwohl die seborrhoische Dermatitis auch als»Ekzem« bezeichnet und als spongiotischeDermatitis klassifiziert wird, fehlen spongioti-sche Veränderungen entweder ganz oder sindnur diskret ausgeprägt. Ein deutliches interzel-luläres Ödem der Epidermis mit Ausbildungvon Spongiosebläschen, die auch klinischwahrnehmbar sind, liegt nicht vor. Histopatho-logisch zeigt die seborrhoische Dermatitis einmäßiggradiges Lymphozyteninfiltrat um weit-gestellte Gefäße in der oberen Dermis, eineleichte psoriasiforme Epidermishyperplasie mitdiskreter fokaler Spongiose und die erwähntenkurzen Parakeratosehügel an den Ostia vonHaarfollikeln, die häufig etwas Plasma und ei-nige neutrophile Granulozyten enthalten. Die-

Das Epithel weist keine nennenswerte Spongiose auf. Derkurze Parakeratosehügel am Rande des Follikelostiums ist das histopathologische Korrelat der klinisch erkennbarenpunktförmigen Schuppung.

In der für die seborrhoische Dermatitis typischen Lokalisationam Übergang von Nase und Wange sieht man einen leichtgeröteten, scharf begrenzten Patch mit mehreren winzigenSchuppen (Pfeile).

Leichte psoriasiforme Epidermishyperplasie und perivasku-läres Lymphozyteninfiltrat in der oberen Dermis. Am Randedes Follikelostiums sieht man einen kurzen Parakeratose-hügel (Pfeil).

Klinische Befunde – histopathologisch erläutert