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24 PR-PROFIS IN NRW

NRW IN IS of R PR-P€¦ · schen Produkt-PR bis hin zur Organisation eines Bör-sengangs oder der Entwicklung einer Werbekampagne.“ Eine Herausforderung wäre für ihn, einmal

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„Als ich bei Bayer anfing, hatte ich bereits für eine Tageszeitung, den Rundfunk und Wochenmagazine gearbeitet. Deshalb dachte ich damals: Jetzt machst du mal zwei Jahre Public Relations – und dann schauen wir mal, was kommt“, erzählt Michael Schade. Aus den zwei Jahren sind 30 geworden und aus dem damaligen Redakteur der Werkspublikationen ein Executive Vice President und Leiter Konzernkommunikation. Heute steuert er 450 Mitarbeiter und die weltweite Kommuni-kation von 316 Gesellschaften mit einem Jahresumsatz von rund 33 Milliarden Euro.

Schade sitzt in seinem Büro in der Bayer Konzernzen-trale in Leverkusen. Dunkelblauer Anzug, Schnurrbart, weiße Schläfen, wacher Blick. Er ist konzentriert beim Gespräch, wirkt nahbar und nicht gehetzt wie viele Manager multinationaler Konzerne. „Auch im größten Stress bleibt er gelassen und freundlich“, beschreibt ihn eine seiner Kolleginnen.

„Als Fotograf habe ich angefangen, im Sportteil einer Lokalausgabe der Rheinischen Post“, erzählt der heute 57-Jährige. So reift sein Berufswunsch immer mehr, Sportjournalist zu werden. Er beginnt ein Studium an der Deutschen Sporthochschule in Köln und schreibt nun auch zunehmend für das Regionalblatt, insbesonde-re über Fußball. Schließlich fragt man ihn noch während des Studiums, ob er nicht die Stelle des Sportredakteurs übernehmen möchte, die überraschend freigeworden war. Schade will. Doch schon ein paar Jahre später zieht es ihn weiter. Er geht als Reporter zur „Quick“, der damals größten Illustrierten Europas. „Da war ich so eine Art Schreiber für alles, hatte jeden Tag mit anderen Menschen zu tun. Eine sehr lehrreiche Erfahrung.“

deR MaNNScHaftSSPIeleR Michael Schade / Bayer AG

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1980 führt ihn ein Freund zum Bayer-Konzern. Reizvoll deshalb, weil Schade eine externe Abteilung für Publika-tionen aufbauen soll. „Das Erste, das wir entwickelten, war eine Nachbarschaftszeitung mit einer Auflage von 800.000 Exemplaren. Wir waren das erste deutsche Unternehmen, das versucht hat, Nachbarn rund um Produktionsstätten über die Aktivitäten des Unter-nehmens zu informieren.“ Es folgt „Bayer Reports“, ein Magazin mit einer halben Million Auflage, das in sieben Sprachen übersetzt und weltweit an Aktionäre und Freunde des Unternehmens versandt wird. Kurze Zeit später bringt er das Magazin „Research“ heraus. Es erscheint in drei Sprachen und berichtet ausschließlich über Forschung. „Das alles waren journalistische Projek-te, die mir unheimlich viel Spaß gemacht haben. Ich konnte quasi wie ein Chefredakteur die Dinge von Null auf entwickeln“, sagt Schade und lächelt.

Unternehmen Bayer AGGeschäftsfeld Gesundheit, Ernährung, MaterialienGründungsjahr 1863Standort Leverkusen Mitarbeiterzahl 108.600 (2008)Umsatz ca. 33 Mrd. Euro (2008)

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Doch der PR-Profi bleibt nicht bei den Print-Publikati-onen stehen. 1986 wird er außerdem zuständig für die interne Kommunikation. 1990 gründet er das Bayer Mitarbeiterfernsehen BNC TV. 1994 verlässt er den Publikationsbereich und wird Leiter Unternehmenspoli-tik. Das beinhaltete damals Wirtschaftspresse, Fachpres-se und Ghostwriting für den Vorstand. Ein paar Jahre später kommen die Abteilung für die Regionalpresse und die internationalen PR-Aktivitäten hinzu.

1999 ist er kurz davor zu kündigen. „Ich wollte einfach mal was anderes machen. Es ist sicher gut, ein- bis zweimal das Unternehmen zu wechseln“, erzählt er. Am Ende bleibt er doch – „Gott sei Dank, rückblickend war das eine sehr gute Entscheidung“, sagt er. 2002 erhält Bayer eine neue Struktur mit einer Holding. Aus der ehemals riesigen Kommunikationsabteilung werden sieben einzelne Einheiten. Schade wird Leiter Unterneh-menspolitik und Presse in der Zentrale. Seit Mai 2008 ist er als Head of Communications verantwortlich für die gesamten weltweiten Kommunikations- und Werbeakti-vitäten des Konzerns.

„Ich hatte großes Glück, mich journalistisch so entfal-ten zu können, wie ich es wollte. Tief im Inneren werde ich immer Journalist sein. Ich glaube, das verlernt man nie“, erzählt Schade zurückblickend. Also alles perfekt gelaufen? „Nicht ganz“, sagt er. „Ich wäre gerne mal ein paar Jahre ins Ausland gegangen. Doch das war leider nur für einige Monate möglich.“

Seine Aufgaben haben sich mittlerweile stark vom prak-tischen Journalismus entfernt. Denn in seiner Abteilung konzentriert sich neben den Presse- und PR-Aktivitäten auch die Kultur- und Sportförderung sowie das gesell-

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schaftliche und soziale Engagement des Konzerns. Die Kulturabteilung organisiert jährlich ein Programm mit 150 Veranstaltungen an Bayer-Standorten. Für Corpo-rate Social Responsibility-Projekte gibt es einen jährli-chen Etat von 45 Millionen Euro. Und nicht zuletzt ist das Unternehmen der größte Sportsponsor Deutsch-lands. Im Bereich des Breiten-, Jugend- und Behinder-tensports unterstützt der Konzern 27 Werksvereine mit rund 15 Millionen Euro pro Jahr.

Als Vater von zwei – inzwischen erwachsenen – Kindern ist ihm neben dem Sport auch die Bildung wichtig. 2007 gründet Bayer unter seiner Federführung die Stiftung „Bayer Science & Education Foundation“. Sie fördert mit 500.000 Euro jährlich die Bildung junger Menschen an Schulen in der Nähe der Bayer-Werke. „Viele reden von PISA – wir wollen einen kleinen Beitrag leisten, die Lernvoraussetzungen zu verbessern. Denn Deutschland lebt ganz wesentlich von den Köpfen seiner Menschen. Die müssen wir fördern – und zwar so früh wie möglich“,erklärt der PR-Manager. Durch die Unterstützung möchte er neue Lernräume entstehen lassen.

Wie organisiert man diese vielen Aktivitäten? „Mit guten Teams“, antwortet Schade. „Allein hier in Leverkusenladen wir zu 75 Veranstaltungen pro Jahr ein. Von Haupt-versammlungen mit 10.000 Besuchern bis zu Gesprächenmit 20 Leuten. Früher habe ich deswegen schlecht geschlafen, heute weiß ich: Meine Leute haben das im Griff“, erzählt der gebürtige Solinger. Teamarbeit hält er für besonders wichtig.

Sein Tipp für die PR-Manager von morgen: „Nicht dauernd mit den Hufen scharren, sondern lieber den aktuellen Job so gut wie möglich machen, ohne stets auf die Karriereleiter zu schielen. Die wirklich Guten werden schon entdeckt und rechtzeitig gefördert.“

Text: Tülin Katrpare - Fotos: Arne Ebner

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VeRtRaue deINeR eIgeNeN KRaftRudolf Jeschenko / Jeschenko MedienAgentur

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Als Rudolf Jeschenko seiner großen Liebe einen Hei-ratsantrag machen wollte, war klar, dass er das nicht bei einem Kerzenabend machen würde. Stattdessen ließ er ein Plakat mit dem Foto seiner zukünftigen Frau anfer-tigen. Darauf stand in großen geschwungenen Lettern: ,,Liebe Anette, willst du meine Frau werden? Du weißt ja, wo du mich findest.“ Dann buchte er die Litfaßsäule vor dem Büro seiner Frau und ließ das Plakat dort anbringen. Sie antwortete mit „Ja“.

Der kreative Unternehmer ist Geschäftsführender Ge-sellschafter der Jeschenko MedienAgentur mit Standorten in Köln und Berlin. Mit rund 50 festen Mitarbeitern bie-tet die Agentur nahezu alle Kommunikationsdienstleis-tungen an, von der Organisation großer Events bis zur Krisenkommunikation. Die Agentur ist Teil der Jeschen-ko Alliance Europe, eines Netzwerks von insgesamt 22 inhabergeführten Agenturen in Europa, Amerika und Hongkong. Dieser Verband wurde 2001 von Jeschenko gegründet, um Kunden auch außerhalb Deutschlands umfassende PR-Dienstleistungen anbieten zu können.

Der Unternehmer wuchs in Bonn als jüngstes von fünf Kindern auf, lebt heute in Köln und fühlt sich als Kölner. Dass er Fan vom 1. FC Köln ist, versteht sich dann von selbst. Als Kind träumte er noch davon, Fußballspieler zu werden. Dies änderte sich, als er seinen Wehrdienst leistete. Er arbeitete beim Bund als Redakteur bei „aktuell-Zeitung für die Bundeswehr“, und das gefiel ihm recht gut. Durch diesen Job kam er an ein Angebot, Sportartikel für den ,,Bonner Stadt-Anzeiger“ zu schrei-ben. Nach dem Wehrdienst heuerte er bei ABC-Press-einformation in Düsseldorf an und machte zudem auf der Werbefachlichen Akademie Köln einen Abschluss als Kommunikationswirt. Heute unterrichtet er selbst dort.

Als er herausfand, dass das Mutterland der Public Rela-tions die USA sind, sagte er sich: ,,Wenn dort der Takt angegeben wird, muss ich dorthin!“ So kam es, dass er als Anfänger ein Jahr in New York für Burson-Marsteller arbeitete. ,,Von den Erfahrungen, die ich dort gemacht habe, zehre ich noch heute.“ Nach New York arbeitete er zehn Monate in Tokio und machte dort PR für deutsche Firmen. Zurück in Deutschland, gründete der redege-wandte Unternehmer mit 26 Jahren seine eigene Agentur.

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enko Rudolf Jeschenko ist ein weltoffener Mann, der seine

Mitarbeiter motiviert, indem er ihnen freie Hand lässt. Er gibt ihnen den Spruch „It’s on your shoulders“ gerne mit auf den Weg, versucht sie durch ihre eigenen Leis-tungen zu motivieren. „Ich möchte in immer schwieriger werdenden Zeiten den Mitarbeitern möglichst einen sicheren Arbeitsplatz bieten“, sagt Jeschenko.

Er erhält seine Motivation durch die Zufriedenheit der Kunden. „In den letzten 20 Jahren“, sagt er, „gibt es nichts, was ich noch nicht getan habe, von der klassi-schen Produkt-PR bis hin zur Organisation eines Bör-sengangs oder der Entwicklung einer Werbekampagne.“ Eine Herausforderung wäre für ihn, einmal für die Bun-desregierung zu arbeiten. Das stellt er sich sehr spannend vor. „Regierungssprecher – das wäre doch ´was“, lacht er.

Unternehmen Jeschenko MedienAgenturGeschäftsfeld KommunikationsberatungGründungsjahr 1990Standorte Köln, BerlinMitarbeiterzahl 52 (2009)Umsatz 7,6 Mio. Euro (2009)

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Text: Anne Steffen - Fotos: Kemal Capaci

Jeschenko hat mit seiner Frau zwei Kinder im Alter von 12 und 16 Jahren, mit denen er am liebsten seine Freizeit verbringt. Zudem treibt er eine Menge Sport. Er geht regelmäßig laufen, und wenn es ihm seine Arbeit erlaubt, jeden Montag Tennis spielen. Ebenfalls trainiert er die Fußballmannschaft seines Sohnes zusammen mit einem Mitarbeiter.

In Zukunft hat der Agenturgründer nicht vor, kürzer zu treten, denn er ist der Meinung, dass man ohne Aufgabenim Leben schnell altert. Er möchte zwar irgendwann die Verantwortung an einige Mitarbeiter abgeben, doch ganz die Zügel aus der Hand geben will er nicht. Zu sehr möchte der Selfmade-Man Herr seines Schicksals bleiben.So folgt er auch hier konsequent seinem Leitmotiv: ,,Vertraue Deiner eigenen Kraft und nicht dem Glück.“

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aMazoNe füR MeNScHeN- uNd fRaueNRecHteSina Vogt / Uniklinik Köln

Im Jahr 2000 recherchierte sie mit einem Stipendium zwei Monate in Texas zum Thema Todesstrafe. Sie begleitete einen Mörder bis zu seiner Hinrichtung und verfasste daraus zahlreiche Artikel und Hörfunkbeiträge. Im vergangenen Jahr schrieb sie zusammen mit Mina Ahadi, der wohl weltweit aktivsten Kämpferin gegen die Steinigung, das Buch „Ich habe abgeschworen: Warum ich für die Freiheit und gegen den Islam kämpfe“.

Seit ihrem 15. Lebensjahr begleitet Sina Vogt der Kampf für Menschen- und Frauenrechte. „Das war in meinem Leben einfach immer wichtig“, sagt die 43-Jährige. Es ist schwer zu begreifen, woher die schmale, zierliche Frau die Kraft nimmt, sich mit Themen wie diesen über so viele Jahre intensiv auseinanderzusetzen. Dabei wirkt sie durchaus positiv, hat ein freundliches, offenes Lächeln. Ihre blonden, krausen, halblangen Haare trägt sie offen. Sie ist elegant gekleidet – eine im Auftreten sichere und souveräne Frau.

Unternehmen Uniklinik Köln Geschäftsfeld Krankenversorgung, Forschung und LehreGründungsjahr 1863Standort KölnMitarbeiterzahl 6.923 (2008) Jahreserlöse ca. 485 Mio. Euro (2008)

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Seit September 2007 arbeitet Vogt als Leiterin der Stabsabteilung Kommunikation und Pressespreche-rin der Uniklinik Köln. Sie leitet ihr Team, bearbeitet Anfragen der Presse, steht in Kontakt mit der Redaktion der Mitarbeiterzeitung, bereitet Pressekonferenzen vor und schreibt Pressemitteilungen. Für die ausgebildete Journalistin ist es das erste Mal, dass sie in einem Team arbeitet – und das gefällt ihr gut, „denn so kann man viel mehr erreichen und umsetzen“. Lächelnd fügt sie hinzu: „Und mir gefällt die Position als Teamleiterin.“Von ihren Kollegen wird sie als teamfähig beschrieben und als jemand, der immer ein offenes Ohr hat. Trotz der Unterstützung durch ihre drei Mitarbeiter ist die Pressestelle der Uniklinik eine winzige Abteilung ohne größere Ressourcen und Budget. Dennoch versucht Vogt der Klinik ein Markenprofil zu geben, welches bis-her allenfalls in Umrissen vorhanden ist. Eine schwierige Aufgabe, da das Unternehmen sehr zergliedert und in viele Bereiche aufgeteilt ist. Sie möchte ein umfassendes Gesicht der ganzen Uniklinik nach außen und innen verstärkt sichtbar machen. „Unter einem Dach sollte die Spitzenforschung der molekularen Grundlagen sowie auch die Notfallambulanz Platz finden“, erklärt sie.

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Text: Inga Konen - Fotos: Kemal Capaci

Um dies zu realisieren, nimmt Vogt eine Rolle als Kom-munikatorin und Vermittlerin ein. Kommunikatorin ist sie im Unternehmen zwischen Vorstand und Angestell-ten. Zwischen der Führungsebene und den Mitarbeitern befinde sich noch viel zu häufig eine Art „Schlamm-schicht“, die nur durch gezielte Kommunikationsmaß-nahmen durchdrungen werden könne, erläutert sie.Vermittlerin ist sie über die Journalisten an die Öffent-lichkeit. Eine neutrale Position, wie ein Journalist sie haben sollte, nimmt sie dabei nicht ein. Ihrer Meinung nach ist es manchmal sinnvoller, nicht alles zu sagen und die geläufige Regel „intern vor extern“ anzuwenden. Trotzdem müsse die Kommunikation immer seriös und transparent sein.

Insbesondere bei einem Krankenhaus geht es oft um Krisenkommunikation. Und exakt das ist es, was die 43-Jährige reizt und gerne macht. „In der Krise muss man sich zusammensetzen, schnell entscheiden und handeln. Nichts ist alltäglich.“ Auch bei ihren früheren Arbeitge-bern amnesty international und dem Unfallkrankenhaus Berlin arbeitete sie viel als Krisenkommunikatorin.Sie hat ein „Exotenwissen“ in einem Krankenhaus, das sie vermitteln und durchsetzen muss. Ärzte würden zum Teil erst spät begreifen, dass eine Pressekonferenz um elf Uhr morgens sinnvoller ist als um vier Uhr nachmit-tags, damit die Zeitungen noch davon berichten können. Ihr Erfolgsrezept: „Man sollte immer Kopf und Bauch zusammenhalten und sich eine Arbeit suchen, die einem Spaß macht. Denn man ist immer besser in den Dingen, die man mit Leidenschaft tut.“Trotz der Leidenschaft nimmt sie ihre Arbeit nicht mit nach Hause. Denn sie braucht auch Zeit für ihre Hob-bys, das Theater spielen und Lesen. Sie ist jemand, der sich immer weiter fortbilden will. Deshalb steuert sie im nächsten Jahr ein Weiterbildungsstudium an: Coaching und Supervision. „Ich möchte einfach noch mal in eine etwas andere Richtung gehen.“

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„Dragon Age“, „Saboteur“, „Die Sims“ und „Starwars“ – das ist die Welt von Martin Lorber. Ein Mann aus dem Filmgeschäft? Regisseur, Schauspieler, Produzent? Nein, Martin Lorber ist PR-Director von Electronic Arts, dem weltweit führenden Unternehmen für interaktive Unter-haltungssoftware. Umsatz im Geschäftsjahr 2008/09: rund 2,9 Milliarden Euro.

Der 41-jährige PR-Profi wirkt unkompliziert: Er trägt legere Jeans und ein schlichtes schwarzes Rollkragen-shirt. Das Haar fällt ihm locker in die Stirn. Durch seine kleinen runden Brillengläser fixiert er seine Gesprächs-partner gelegentlich genau. Anders als im Spiel hat er eine reale Mission: Computer- und Videospiele als Leit-medium der modernen Unterhaltungskultur zu platzie-ren. Er ist jedoch keiner, der noch vor dem Frühstück an der Spielekonsole sitzt. Stattdessen fährt er täglich rund eine halbe Stunde mit dem Fahrrad zur Arbeit, begleitet von Jazzmusik in den Ohren. Im Zollhafen am Kölner Rheinufer legt der PR-Manager dann los. In der

redaktionellen Berichterstattung der General Interest Presse gebe es noch viel Nachholbedarf bei Computer-spielen. „Über Kino, Filme und vor allem Musik wird viel häufiger berichtet als über Videospiele. Dabei zeigen Nutzerstudien, dass die Menschen mittlerweile viel mehr von interaktiver Unterhaltung fasziniert sind.“

SPIeleRIScH zuM eRfolgMartin Lorber / Electronic Arts

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Auf die Frage, ob die Kommunikationsbranche schon immer sein zen-trales Berufsziel war, antwortet er wie aus der Pistole geschossen: ,,Ja“. Schon während seines Studiums der Musikwissenschaften, Philosophie und Völkerkunde an der Universität Köln arbeitete er als freier Autor für den Kölner Stadt-Anzeiger. Damals schrieb er hauptsächlich Musikkritiken. Weil der Wunsch, in den Journalismus zu gehen, immer größer wurde, beginnt er nach dem Studium ein Volontariat beim Süddeutschen Rundfunk in Stutt-gart. Hier erhält er eine solide Journalistenausbildung und arbeitet weitere zwei Jahre als Redakteur, Moderator und Reporter im Hörfunk. ,,Ich sehe es als Stärke an, dass ich als Pressesprecher journalistisch tätig gewesen bin und aus eigener Anschauung weiß, wie Medien funktionieren“, erklärt er.

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Aus Süddeutschland kehrt er zurück nach Köln und wird auf der „anderen Seite des Schreibtisches“ tätig. Er heuert als Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Kölner Philharmonie an. Drei Jahre später wechselt er zur Garant Schuh + Mode AG in Düsseldorf, Euro-pas größten Einzelhandelsgruppe im Schuhfachhandel, und verantwortet dort die Bereiche Public und Investor Relations. Anfang 2004 kehrt er wieder nach Köln zu-rück und wird Head of PR für Electronic Arts und 2008 PR-Director für Deutschland, Schweiz und Österreich.

In Sachen PR beherzigt er zwei Grundregeln: ,,Erstens: Ich sage immer und grundsätzlich die Wahrheit und in-strumentalisiere Journalisten nicht. Zweitens: Ich verstehe mich als Dienstleister für Journalisten und trete daher offen und transparent auf und mit Informationsangebo-ten an sie heran.“

Wenn das Unternehmen oder ein Produkt doch mal eine schlechte Presse bekomme, z.B. wenn schlechte Unter-nehmenszahlen vorliegen, versuche er diese nicht zu ka-schieren oder wegzudiskutieren, sondern den Journalisten neue Perspektiven aufzuzeigen und Diskussionen wieder in eine andere Richtung zu lenken. „Die Kommunikation zu steuern und bestimmte Themen zu setzen, Agenda Setting zu betreiben – das ist für mich erfolgreiche PR.“

Im Jahr 2000 wurde er mit dem Multimedia Award aus-gezeichnet, 2007 mit dem Econ Award für das Electro-nic Arts Magazin, das er mit Hilfe der Agentur mühl-haus & moers konzipiert und realisiert hat. 2009 gewann er den Deutschen PR-Preis für die positive Verankerung von Computer- und Videospielen in den Medien. Dar-über habe er sich sehr gefreut, sagt er stolz. Doch seine Ziele seien damit nicht erreicht. Er freue sich auf die noch kommenden spannenden Aufgaben.

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Unternehmen Electronic ArtsGeschäftsfeld Interaktive Unterhaltungssoftware, Computer- und Videospiele, MobiltelefonsoftwareGründungsjahr 1982Standort KölnMitarbeiterzahl ca. 9.000 weltweit (2009)Umsatz ca. 2,9 Mrd. Euro weltweit (2008/2009)

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Seine große Leidenschaft? Jazzmusik. Früher war er sogar Jazzmusiker, hat Kontrabass gespielt, und mit seiner Band das Kleinkunstprojekt ,,Heute Abend“ in großen Städten Deutschlands präsentiert. „Immer mit guter Resonanz“, berichtet ein Freund. ,,Mit Martin ist es immer locker, witzig und interessant“, fügt er hinzu. Lorber selbst findet Jazzmusik mitreißend. ,,Das Miteinander von Spontaneität und Struktur gibt Einem Freiheit und ist äußerst anregend“, findet er. Doch Musik mache er nicht mehr so wie früher. Andere Dinge seien wichtiger geworden.

Vor allem die Geburt seiner Kinder nennt er als wichtige Stationen in seinem Leben. An seinen freien Tagen ver-bringt er viel Zeit mit seinen Kindern. Sein Sohn ist sie-ben Jahre alt und seine Tochter drei. Für Computer- und Videospiele würden sich die Kinder nicht interessieren, dafür seien sie zu klein. ,,Noch wird bei uns traditionell gespielt und vorgelesen“, lächelt er verschmitzt.

Text: Sandra Wicher - Fotos: Kemal Capaci

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Dunkelrote Lippen, blonde, wilde Locken bis zu den Schultern, muskulöser Körper, glatte Haut, schwarze enge Jeans, lange dünne Finger, eine Lücke zwischen den Schneidezähnen wie Madonna. Wenn sie redet, tut sie dies sehr überlegt mit einem Hauch Erotik in der rauen Stimme. Die intensive Mimik und die Grübchen, wenn sie lacht, machen das Bild komplett.

Heike-Melba Fendel charakterisiert ihre Firma – Barba-rella Entertainment – als eigen und flexibel. Es sei der Angebotsmix aus Pressemappen, Management und Ver-anstaltungen. Für ihre Künstler und Events macht Bar-barella auch Pressearbeit, was als Portfolio einer Agentur mit rund 15 Mitarbeitern selten sei. „Ein Geschäftsfeld befruchtet bei uns immer wieder das andere“, erklärt sie. So entsteht bei ihr ein ganz besonderes Bild ihres Unternehmens. „Ich würde die Firma als eine Art Club bezeichnen, wo man Mitglied ist und Zugehörigkeit empfindet.“ Nach dem Prinzip, es gebe keine Probleme, sondern nur Situationen, heißen beispielsweise die Trou-ble Counter bei Veranstaltungen von Barbarella Enter-tainment heute „Situationsschalter“. Das müsse niemand auf Anhieb verstehen, es sei eben eigen.

WeIblIcHKeIt uNd StaRKeR WIlleHeike-Melba Fendel / Barbarella Entertainment

Unternehmen Barbarella EntertainmentGeschäftsfeld Veranstaltungen, Künstlervermarktung, PressearbeitGründungsjahr 1991Standort KölnMitarbeiterzahl 15 (2009)Umsatz k. A.

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1991 machte sich Heike-Melba Fen-del selbstständig, nach dem Motto „Mal gucken, was wir machen“, was heute wohl so kaum noch möglich wäre. Mittlerweile steuert sie drei Geschäftsstellen in Köln, Berlin und Frankfurt-Offenbach, sodass ihre Mitarbeiter dort sein können, wo gerade Arbeit ansteht. Es ist ihr gelungen, Menschen in den Medien zu platzieren, die spannend sind und etwas zu vermitteln haben. Die Faszination entsteht bei der Ge-schäftsführerin da, wo PR Journalis-mus mit anderen Mitteln ist, wo das medial abgebildet wird, was richtig und wichtig ist.

Der Hauptsitz in Köln bietet sechs lichtdurchflutete Etagen, die offen über Treppen verbunden sind. Die überdimensionale Diskokugel in der Mitte und das darunter stehende, dunkelrote, runde Sofa mit großen, dunkelroten Kissen sind von jedem

Arbeitsplatz aus zu sehen und bilden das Highlight, das keinem entgeht. Die Geschäftsführerin hat ihr Büro unter dem schrägen Glasdach. Ne-ben den Comics „Barbarella“ von Jean-Claude Forest, welche die Idee für den Namen gaben, sind Bücher und Bilder von Klaus Kinski, Winne-tou oder Rex Guildo zu sehen.

Heike-Melba Fendel unterteilt die Geschichte Barbarellas in drei Phasen: Aufbruch, Gefährdung und Selbstfindung. Die Krise um die Jahrtausendwende war für das Un-ternehmen „der Absturz ins nahezu Bodenlose“. Nicht erwischt hat sie in diesem Jahr die Wirtschaftskrise, denn sie arbeite mit prominenten Leuten zusammen, und Prominenz gehe immer, genau wie staatliche Einrichtungen, für die sie und ihre Mitarbeiter tätig seien.

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Tritt die willensstarke Frau öffentlich auf, schwimmt sie oft mit ihrer etwas anderen Haltung gegen den Strom und möchte dabei nicht hilflos untergehen. Sie hasst es, wenn Leute „dummes Zeug“ reden, auch ihre eigenen Mitarbeiter. Sie muss vorbereitet sein, um Fehler aufzu-decken. Ansonsten beschreibt sie sich als kreativ, aber egoman und eher faul, was ihr wiederum einen Vorteil im Sinne der Effizienzsteigerung bringe.

Die 1,78 Meter große Powerfrau ist PR- und Event-Frau, Journalistin, Moderatorin, Managerin, Dozentin und Autorin zugleich. „Wenn ich in einem Hotel meinen Beruf angeben muss, schreib‘ ich da immer was ande-res hin“, sagt sie mit einem breiten Grinsen auf den rot geschminkten Lippen. Die Grenzen zwischen den Tätigkeiten seien fließend. Lachend fügt sie hinzu, dass es wahrscheinlich ein Problem gäbe, wenn sie einmal anfangen müsse, sich für ihre Arbeit zu motivieren. Autorin, das wollte die Allrounderin eigentlich immer sein, gesteht sie in einem Youtube-Video ein. Ihr Buch „nur die“, erschienen im September 2009, umfasst ein Leben in 99 kurzen Geschichten, welche die FAZ sehr treffend als „schillernde Prosapolaroids“ betitelte. Heike-Melba Fendel schreibt im Buch, dass sich die Haupt-figur selbst den Namen Melba als Decknamen gegeben

habe. Darauf angesprochen zieht sie die langen, schlankenBeine an ihren Oberkörper, verschränkt die Arme vor den Schienbeinen und haucht mit einem charmanten Grinsen: „Was in meinem Personalausweis wirklich steht, weiß niemand ...“ Zumindest die Eckdaten seien eins zu eins. Fendel hat eine erwachsene Tochter, war nie verhei-ratet und lebt in Köln und Berlin zu gleichen Teilen. „Es ist wie eine Frau zwischen zwei Liebhabern, wo genau gleich viel für beide spricht“, sagt sie über diese Städte. Sie betrachtet die Welt „schriftstellerisch“ und hat schon genaue Vorstellungen für mindestens vier weitere Bücher.

„Ich geh‘ gern feiern und tanzen“, sagt sie lachend und nicht, ohne sich rhythmisch zu bewegen und mit ihren langen Fingern wieder und wieder in den Haaren zu spielen. Genau das ist auch der Plan zum 20-jährigen Ju-biläum von Barbarella Entertainment und ihrem 50. Ge-burtstag im Jahr 2011. Sie plant einen großen Event mit „lustigem, selbstironischem Programm, wobei sich alle, als Teil des Programms, gründlich blamieren werden“.

Text: Anna-Karina Berels - Fotos: Kemal Capaci

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MalteSeR, cHeMIKeR, KoMMuNIKatoRDr. Andreas Archut / Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

„2,5 Millionen Euro Preisgeld für den Bonner Chemiker Frank Neese“. So oder ähnlich lauten die aktuellen Schlag-zeilen über den Chemieprofessor, der eine Art deut-schen Nobelpreis, den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis, gewonnen hat. Es herrscht Hektik in der Pressestelle der Universität Bonn. Die Anfragen häufen sich. Andreas Archut sitzt in seinem Büro und rollt in einem schwarzen Sessel zwischen Computer, Telefon und Regalen hin und her. Er tele-foniert gerade mit dem WDR. Trotz Stress bleibt er gelassen: „Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht. Es macht mir einfach Spaß, und das Schöne ist, dass ich die Früchte meiner Arbeit immer gut verfolgen kann.“

Dass Andreas Archut schon immer Journalist oder Pressesprecher werden wollte, würde man auf Anhieb bei seinem Lebenslauf nicht vermuten. Nach dem Abitur studierte er ab 1990 Chemie. Das Grundstudium machte er in Bonn, das Hauptstudium in Los Angeles. Seinen Master absolvierte er unter Betreuung des Nobel-preisträgers George A. Olah. Danach in Deutschland wieder angekommen, wollte er gerne noch einen deut-schen Abschluss haben und promovierte 1997 in Bonn. Doch das, was eigentlich so fern vom Journalismus wirkt, ist laut Archut eigentlich ein „kalkulierter Plan“ gewesen. Er lacht, und man merkt, dass er ein wenig stolz ist, wie alles geklappt hat.

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„Ich war schon in der Grundschule Herausgeber einer aus heutiger Sicht peinlichen Klassenzeitung, habe bei den Maltesern schon immer Zeitungstexte geschrieben und mit fünfzehn als freier Mitarbeiter der Honnefer Volkszeitung angefangen. Doch man hat mir geraten, ein Studium abzuschließen, um Journalist zu werden. Da ich Chemie immer sehr interessant fand und einen großartigen Lehrer hatte, war das Studium nicht weit.“

Sein Plan hat funktioniert, erst Redakteur in der Pressestelle der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dann Leiter der Pressestelle der Rheinischen Friedrich-Wilhems-Uni-versität Bonn. „Ich hatte Glück, dass man so mutig war, einen Anfänger wie mich zu nehmen, als die Stelle frei wurde. Das Studium hat mir aber auch sonst viel gebracht. Als Natur-wissenschaftler geht man Probleme

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hut einfach anders an als zum Beispiel ein Jurist, und die

Fähigkeit, mit Frustrationen umzugehen, wird durch Forschung stark entwickelt“, schmunzelt der Rheinländer.

Die Geduld des 39-Jährigen zeigt sich auch an seinen Hobbys. Seitdem er vor kurzem einen Jagdschein ge-macht hat, geht er zum Abschalten auf den Hochsitz. „Da muss ich nicht einmal mehr irgendetwas jagen. Nur da sitzen und Wiesen mit Grasbüscheln betrachten, kann sehr beruhigend neben dem hektischen Alltag sein.“

Ein weiteres Interesse von Archut ist die Arbeit beim Malteser Hilfsdienst. „Die Malteser ziehen sich wie ein roter Faden durch mein Leben“, erzählt er. Sein Engage-ment dort ist für ihn nicht nur Freizeit, da er dort auch eine Funktion als Pressesprecher hat und der Zeitaufwand recht hoch ist. „Ich habe einen Sprachfehler“, erklärt der Chemiker, „ich kann nämlich nicht gut ‚Nein‘ sagen.“

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Das Telefon klingelt wieder, und Archut rollt mit seinem Sessel zum Computer, wo auch das Telefon steht. Das Gespräch ist kurz. Er steht auf und verabschiedet sich freundlich mit den Worten: „Es tut mir leid, ich muss nun gehen. Ich möchte Professor Neese auch persönlich meine Glückwünsche überbringen.“

Viele seiner Bonner Kollegen seien mittlerweile auch seine Freunde. Wie es in seinem Privatleben aussieht oder aussehen wird, will er nicht verraten. Beruflich könnte er sich jedoch durchaus vorstellen auch für die nächsten 28 Jahre für die Bonner Universität zu arbeiten. „Wenn ich mir aussuchen könnte, für wen ich einen Tag PR machen dürfte, dann vielleicht für den Papst oder noch besser den Kardinal Meisner.“ Kurzes Schweigen. „Obwohl, der ist wahrscheinlich beratungsresistent.“

Wenn Archut dies wirklich einmal machen würde, wäre interessant wie der Kardinal mit seiner Öffentlichkeits-arbeit zurechtkäme. Denn der Rheinländer setzt in der Kommunikation immer mehr auf Social Media Instru-mente wie Facebook und Twitter und versucht, sie in seine Arbeit zu integrieren. Dabei sieht er nicht nur die positiven Seiten der Web-Kommunikation. „Die neuen Möglichkeiten sind an sich eine tolle Sache, ich kann durch sie mit den Studenten viel besser kommunizieren. Allerdings kann sich durch das Internet quasi jeder als Journalist betätigen, und dies kann zu enormen Proble-men in der professionellen Arbeit führen. Die Qualität und Glaubwürdigkeit leiden.“

Unternehmen Rheinische Friedrich-Wilhelms- Universität Bonn Geschäftsfeld Lehre, ForschungGründungsjahr 1818Standort BonnMitarbeiterzahl ca. 8.840 (2009)Jahresetat ca. 553 Mio. Euro (2009)

Text: Gesche Hansen - Detailfoto: Gregory Siegburg

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Unternehmen Hochtief AG Geschäftsfeld Baudienstleister Gründungsjahr 1873Standort Essen Mitarbeiterzahl ca. 65.000 (2008)Umsatz ca. 19 Mrd. Euro (2008)

dIe fRau VoM bauJutta Hobbiebrunken / Hochtief AG

Der Blick beim Eintreten fällt sofort auf die etwa 180 mal 80 Zentimenter große, auf einen Holzrahmen gespannte, bedruckte Leinwand. Zu erkennen: ein leeres Treppenhaus. Die Blickrichtung wird aufwärts auf einen Treppenabsatz geführt, wo die Treppe einen Knick macht. Im Hintergrund ein Panoramafenster mit Blick in die ruhige Nacht. An der linken Bildseite eine offene Tür, die von einem anderen Raum in das Treppenhaus führt. Die Farbgebung: kunterbunt.

Wer hängt sich ein solches Bild ins Büro? „Es hat einen Bezug zu meiner Arbeit, ist eine Erinnerung an ein schönes Projekt, das ich geleitet habe: Die Renovierung des Meisterhauses Kandinsky-Klee in Dessau. Ich bin Bauhaus-Fan.“ Die Dame, die das sagt, ist Jutta Hob-biebrunken, Leiterin der Unternehmenskommunikation beim Globalplayer Hochtief. 40 Mitarbeiter delegiert sie täglich in ihrem Stab. Auf die Frage, ob es Mitarbeiter gebe, die Angst vor ihr haben, lacht sie.

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„Das entspricht nicht meinem Führungsstil.“ Allerdings hat sie eine ganze Menge zu sagen – in einem Unterneh-men mit immerhin rund 65.000 Mitarbeitern weltweit.Sie ist mittlerweile 16 Jahre dabei, hat mit zwei Vorstands-vorsitzenden zusammengearbeitet und hat sich in den Anfängen zunächst einmal Respekt verschaffen müssen. Früher war die Baubranche viel mehr als heute eine Männerdomäne. „Sehr geehrte Frau Hobbiebrunken, sehr geehrte Herren“, so begannen damals die Manager-tagungen des Unternehmens, berichtet die etwa 1,80mgroß gewachsene, schlanke Frau mit schulterlangen braunen Haaren. Hobbiebrunken kam jedoch durch eine ganz andere Tür zur Unternehmens-PR. Zunächst studierte sie Sozialwissenschaften und arbeitete anschlie-ßend als Journalistin für eine norddeutsche Tageszeitung.

Die ausbleibende Resonanz auf eine investigative Recherchearbeit entfernte sie jedoch von ihrer Vorstellung journalistischen Arbeitens. Sie bewarb sich bundesweit und ging zum Unternehmen Transfracht in Frankfurt als Pressesprecherin. Ab dann ging es für die heute 49-jährigeManagerin wie in einem Treppenhaus immer nur aufwärts. „Ich habe mich in meinem Leben nur einmal richtig bewerben müssen, die anderen Male wurde ich immer abgeworben“, gesteht sie fast reumütig. Grund-

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Text: Jan Hölkemann - Fotos: Paula Karys

mit mir gerungen, bis ich mir die Uhr gekauft habe. Aber die ist einfach toll, die macht alles mit.“ Und das muss sie auch. Die verheiratete Mutter eines zwölfjähri-gen Sohnes geht regelmäßig laufen, um Adrenalin abzu-bauen und den Kopf einfach mal frei zu bekommen.

Mit einem Blick aus dem Panoramafenster scheint sie sich nach mehr Ruhe zu sehnen. „Das morgendliche Frühstück mit meinem Sohn ist mir heilig.“ Ihre engen Freunde beschreiben sie als „treue Seele“, einen durch und durch verlässlichen Menschen, der ab und an aber schon einmal recht ungeduldig sein kann. Auf die Frage, warum man über sie nur wenig Privates erfahre, gibt sie sich sehr zurückhaltend: „Mein Job ist es, vornehmlich anderen die Bühne zu schaffen, dem Unternehmen, dem Vorstandsvorsitzenden und nicht mir.“ Eine klare Aussage über ihre Arbeit – und so erscheint es plausibel, warum man bei ihr nicht sofort sehen kann, was einen auf dem nächsten Treppenabsatz erwartet. Beim Verlas-sen ihres Büros fällt es wie Schuppen von den Augen: Es gibt kein besseres Bild für diesen Raum.

sätzlich belegt sie ihren Tag nur zur Hälfte mit Termi-nen, den Rest bestimmt der Alltag. „Es wird jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf getrieben“, und an diesem Tag ist es „Dubai“. Eine Immobilienblase scheint zu platzen, und seitens der renommiertesten Medienvertre-ter hagelt es Anfragen auf ihren Schreibtisch. „Darum liebe ich meinen Job, heute Dubai, morgen bereite ich unseren Vorstand auf ein Fernsehinterview vor oder be-gleite die Akquisition eines Unternehmens“, beschreibt sie ihr vielfältiges, kunterbuntes Aufgabengebiet.

Rückblickend wäre sie während ihrer Laufbahn gerne mal ins Ausland gegangen. Sie urteilt über sich kritisch, dass ihr Englisch besser sein könnte. Mitmenschen wer-fen ihr allerdings auch schon einmal vor, sie würde damit kokettieren, denn schließlich delegiert sie regelmäßig via Telefonkonferenz Mitarbeiter rund um den Globus und sorgt für eine koordinierte Konzernkommunikation. Auf die zierliche Damen-Rolex an ihrem Handgelenk angesprochen, reagiert sie fast schon ein bisschen be-schämt. „Ich bin absolut kein Statustyp, habe auch lange

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Unternehmen Radio Relations Geschäftsfeld Hörfunk-PR Gründungsjahr 2005Standort Köln Mitarbeiterzahl 3 (2010)Umsatz: k. A.

KIRMeS WIe deR RuMMelPlatzThorsten Kirmes / Radio Relations

„Moin, mein Name ist Thorsten Kirmes, der Name ist Programm.“ Diese Floskel wird der Entrepreneur wohl nie mehr los. Thorsten Kirmes: schlendernder Gang, circa 1,90 Meter groß, blonde Haare mit einem Seiten-scheitel locker nach hinten geschwungen. Er trägt eine dunkle lockere Jeans, ein helles Hemd mit Kapuzenpul-lover. Kirmes würde von sich niemals behaupten, dass ereinen Klamottentick hat, doch ohne Ralph Lauren würde sein Kleiderschrank zusammenschrumpfen.

Der junge Unternehmer eilt ständig von einem Termin zum nächsten. Morgens noch in seiner Firma „Radio Relations“, dann kurzerhand für einen Zwei-Stunden-termin eine Strecke von 750 Kilometer nach Wien. „Ein paar Stunden hin oder her reisen, was macht das schon?

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Es liegt nicht daran wie lange man braucht, sondern wie schnell der Kunde es wünscht.“ Morgens früh um acht Uhr sieht er trotz nächtlicher Rückfahrt wie aus dem Ei gepellt aus, die anstehenden Termine im Hard Rock Café „Vorlesungen über Musik-Management“ könnten schließlich nicht verschoben werden.

Thorsten Kirmes ist ein Unternehmer, der seine Arbeit liebt. „Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht. Es gibt nicht einen Tag, an dem ich wünschte, im Bett liegen zu bleiben, statt aufzustehen und zu arbeiten“, erzählt er strahlend. Seine Arbeit, das ist primär PR im Hörfunk, aber auch Zusammenarbeit mit anspruchsvol-len Künstlern und zum Teil klassische Medienarbeit. Die Musikbranche sei ein sehr spezielles Geschäft, nie lang-weilig und immer wieder anders. Der Tag fängt für ihn um fünf Uhr an, früh geht er ins Büro, das direkt neben der Wohnung liegt. Zwischendurch verbringt er ein bis zwei Stunden im Fitnessstudio und liest eine der Zeitun-gen auf dem Laufband. Danach sitzt er bis zum späten Abend im Büro oder fährt zu anstehenden Terminen.

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Thor

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Kir

mes Thorsten Kirmes ist mit seiner Arbeit verheiratet, nur so

gelingt ihm wohl der Erfolg seiner Selbstständigkeit. Seine geradlinige, erfolgsorientierte Art, gepaart mit einem Schuss jugendlichen Leichtsinns, kommt ihm in der Mu-sikbranche zugute. In seiner Zeit bei Edel Records zeigte ihm der zurückgehende Plattenverkauf, dass er auf einem wackligen Ast sitzt. Es musste also etwas passie-ren, und Kirmes hatte auch schon eine Idee. Nennen wir es „24/7 media solution“ und „Radio Relations“ – seine Fluchtwege aus der Bedrohung des niedergehenden Marktes in eine Selbstständigkeit auf der Gewinnerspur.

„Work hard and party hard. Wer hart arbeitet, darf auch hart feiern“, so sieht der Jungunternehmer sich selbst. Kirmes‘ professionelles Selbstbild wird nur von den täglichen Szenen mit seinem jungen Team aufgelockert. „Er gibt öfters mal folgewidrige Aufgaben, die er jedoch mit einem Nein-Moment-Stop nach zwei Sekunden wie-der über den Haufen wirft“, erzählt eines seiner Team-mitglieder. Das Verhältnis unter ihnen ist familiär.

Die kleine Firma Radio Relations residiert im Kölner Mediapark im Maisonette-Stil: offene Räume, helle Möbel, Macs auf jedem Bürotisch. Thodde, wie Freunde ihn liebevoll nennen, ist es wichtig, dass sein Team sich

zuhause fühlt. Nur so kann er mit der guten Arbeit rech-nen, die er fordert. Auf einer Wand steht der jährlich wechselnde Leitsatz, diesmal von Ari Gold „Knock off the hippie shit, strap on a helmet and start shooting!“, ein kleines Zeichen dafür, dass Kirmes sein Leben nicht nur mit Arbeit füllt, sondern auch Gefallen findet an US-Serien wie Entourage.

Thoddes eigenes Reich erkennt jeder sofort. Sein Schreibtisch ist groß und fast leer, bis auf seinen Mac, die dahinter am Boden aufgereihte Fachliteratur und einer E-Gitarre. Das Musikinstrument ist ein weiteres Zeichen, das nicht nur auf Arbeit hindeutet. Kirmes ist ein guter Gitarrist, in seiner Kindheit gründete er mit seinem Schulfreund Marc eine Punk-Rockband. „Na ja“, sagt er, „Punk-Rockband ist ein wenig übertrieben. Um überhaupt Geld zu verdienen, spielten wir auf Hoch-zeiten. Dort wurden allerdings Coverlieder gewünscht, passend zum Anlass.“ Aus dieser Zeit stammen auch diverse Modesünden, unter anderem eine Weste im Tiger-Look und ein Zündkerzenhemd, wie sein bester Freund und ehemaliger Bandkollege im Gespräch mit einem Schmunzeln ausplaudert.

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Der Entrepreneur ist mit der Band Metallica aufgewachsen, was sich noch heute in seinem Musikge-schmack abzeichnet. Durch seinen Beruf in der Musikbranche hat die Musik jedoch einen beruflichen Stel-lenwert eingenommen. Viele Reisen mit Bands, Events und Festivals sind einerseits harte Businessarbeit, andererseits sieht Kirmes viel von der Welt. Ein Vorteil, wie er findet: „Ich brauche keinen Urlaub mehr, um durch die Welt zu reisen. Das bringt schon mein Beruf mit sich.“

Text: Jeannine HerzogFotos: Zein Okko

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Mitte der 80er Jahre. Der Sultan von Oman sucht einen Deutschlehrer für ein von ihm geplantes Projekt. Dieter Offenhäußer packt, ohne zu zögern, seine Koffer, hängt seinen Lehrerjob in Deutschland an den Nagel und verabschiedet sich von Europa. Doch die Reise in den Osten der Arabischen Halbinsel endet früher als geplant. Kurz nachdem er seine Wohnung leer geräumt hat, findet er einen Brief in seinem Briefkasten. Darin steht: „Das Projekt des Sultans wird auf unbestimmte Zeit verschoben.“ Offenhäußer steht wieder ganz am Anfang seiner beruflichen Karriere

Heute ist Dieter Offenhäußer Stellvertretender General-sekretär und Pressesprecher der Deutschen UNESCO-Kommission. Sorgfalt, Begeisterungsfähigkeit und Kon-fliktbereitschaft zeichnen den Charakter des 57-Jährigen aus und helfen ihm, sich in seinem Job durchzusetzen.

Früher hat ihn die Kommunikationsbranche kaum interessiert. Reisen, Geschichte, Literatur und Fremd-sprachen, aber auch die Lust an der Recherche, das waren und sind auch heute noch seine Leidenschaften. Als Kind wollte Offenhäußer Lehrer oder Schriftsteller werden. Er verwirklichte seine Träume und arbeitete lange Zeit als Lehrer, später wurde er Verlagslektor.

Wenn Offenhäußer von seiner Vergangenheit erzählt, merkt man, dass er keine Station im Lebenslauf bereut. Die Aufgaben, die das Leben an ihn stellte, formten seine Persönlichkeit und sorgten rückblickend dafür, dass er heute für den Job als UNESCO-Sprecher bestens geeignet ist.

deR WeltbüRgeRDieter Offenhäußer / Deutsche UNESCO-Kommission (DUK)

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Offenhäußer mag die Auseinander-setzung mit den unterschiedlichsten Seiten eines Themas und deren Vermittlung an verschiedene Ziel-gruppen, betrachtet aber die interne Kommunikation mit ihren vielfäl-tigen Ebenen, den sich reibenden Zuständigkeiten und den oft kom-plizierten Abstimmungen mit den Gremien der UNESCO als seine Hauptaufgabe. Eigentlich schade, denn als Vertreter einer Mittlerorga-nisation der Auswärtigen Bildungs-und Kulturpolitik liegen ihm na-türlich die Belange der Menschen besonders am Herzen, die in diesen Bereichen benachteiligt werden. Dabei stellen sehr heterogene Ziel-gruppen Offenhäußer täglich vor die Herausforderung, das Bewusstsein der Deutschen in diese Richtung zu sensibilisieren. „Alles in allem ist mein Tag ein gut durchgeschüttelter Cocktail, der meinen Job niemals langweilig werden lässt“, erzählt er.

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Unternehmen Deutsche UNESCO-Kommission e.V.Geschäftsfeld Mittlerorganisation der Auswärtigen Kultur- und BildungspolitikGründungsjahr 1950Standort BonnMitarbeiterzahl 50 (2008)Etat ca. 20 Mio. Euro Pflichtbeitrag Deutschlands

Zurzeit plant Offenhäußer Konzepte für die UNESCO-Projektschulen. Was ihn besonders freut: In Deutsch-land ist inzwischen jede Schulform, ob Grundschule oder berufsbildende Schule, ob staatliche Regelschule oder Privatschule, als UNESCO-Projektschule vertreten. Dort werden Werte zur Verbesserung internatio-naler Verständigung vermittelt und in Workshops Themen wie Umwelt-schutz und Toleranz bearbeitet. Auch die Bemühungen zur weltweiten Alphabetisierung, die UNESCO-Biosphärenreservate und die vielen anderen Langzeitprojekte aus den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Kultur haben immer einen festen Platz in seinem Terminkalender.

Der deutsche Philosoph Peter Sloterdijk prägte mit seinem Buch „Du musst Dein Leben ändern“ das anthropologische Modell des Menschen als Übender. Ein Übender – ein Mensch, der ständig versucht sich weiterzuentwickeln und zwar biologisch, kulturell und symbolisch – das ist Dieter Offenhäußer. Er hat schon etliche Länder und Leute kennengelernt – Frankreich, Portugal, Laos, Vietnam, Kambodscha, Thailand, China, Burma. Trotzdem will er noch mehr sehen und verste-hen. „Seit ich das Buch ‚Kritik der zynischen Vernunft‘ gelesen habe, hat mich der Autor Sloterdijk bis heute immer wieder davor bewahrt, in philosophischen Kathe-dralen und mentalen Schubladen zu denken“, räsoniert der Pressesprecher.

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Trotz oder gerade wegen der großen und kleinen Eitelkeiten, den teilweise sehr filigranen Kommunikations-strängen seiner Organisation liebt Offenhäußer die Selbstverständ-lichkeit internationaler Begegnungen. „Es gibt kaum ein Land dieser Erde, das ich nicht mit einem Gesicht verbinde. Da entsteht eine Art Fami-lienzugehörigkeitsgefühl, das grenz-, kultur-, religions- und politiküber-greifend ist.“ Bei der Generalkonfe-renz der UNESCO hat Deutschland („Allemagne“) seinen Sitz zwischen Afghanistan, Albanien, Algerien, Andorra und Angola. Dort trifft Dieter Offenhäußer seit 16 Jahren seine Kollegen aus der ganzen Welt. Über alle politischen und sonstigen Unterschiede hinweg sind so Freund-schaften entstanden, die er nicht missen möchte.

Text: Nadine Kretsch Fotos: Agnieszka Rakowska

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Eine Dose mit genau einer sauren Spreewaldgurke, ein Wörterbuch „100 Worte Saarländisch“, ein magentafar-bener, überdimensional großer Sitzsack und eine Bilder-galerie von Fußballern, Pokalen und Vereinswimpeln. All das passt nicht zusammen – aber trotzdem in das Büro A 416 im Glaspalast der Bonner Konzernzentrale der Deutsche Telekom AG. Das Büro gehört Philipp Schin-dera, dem Leiter Unternehmenskommunikation in einem der größten DAX-30-Konzerne Deutschlands. Seit mehr als 13 Jahren arbeitet er für Europas größtes Telekom-munikationsunternehmen, doch „das alles war Zufall und so eigentlich nicht geplant“, reflektiert Schindera.

„Eigentlich wäre ich gerne Fußballer geworden, aber es war schon relativ früh klar, dass aus mir kein guter Kicker wird.“ Trotz dieser Enttäuschung als Kind ist der Fußball noch heute seine Leidenschaft. Jedoch bleibt es beim rei-nen Freizeitkick mit Freunden und der Rolle als Fan des 1. FC Saarbrücken. Zum Glück kompensierte er seinen sportlichen Rückschlag frühzeitig durch eine zweite Fas-zination: Den Journalismus und die Begeisterung für die Medien und deren Möglichkeiten. Vor allem das Radio hatte es ihm angetan. Aus dieser Begeisterung heraus studierte der gebürtige Saarländer Politikwissenschaften, Wirtschaftspolitik und neuere Geschichte in Münster. Be-reits während des Studiums verwirklichte er seine journa-listischen Ambitionen als Radiojournalist beim Saarländi-schen Rundfunk und bei Antenne Münster. In dieser Zeit lernte er den Menschen kennen, der dafür verantwortlich ist, dass Schinderas Karriere als Journalist scheiterte.

deN KoPf HINHalteN ISt teIl MeINeS JobSPhilipp Schindera / Deutsche Telekom AG

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Dieser Bekannte machte Schindera auf eine freie Stelle in der Presseabteilung der Telekom-Tochter T-Mobile aufmerksam. Trotz seiner Vorurteile und einer Skepsis als passionierter Journalist gegenüber Mitarbeitern von Pressestellen, bewarb er sich und bekam den Job. „Für mich war es damals eine Zwischenetappe, um meinen Lebenslauf abzurunden.“ Doch Vorhaben und Vorbe-halte legte er schnell ab: „Ich habe mir gesagt, ich gehe, wenn es langweilig wird.“ Ein Zustand, der offensicht-lich nie eingetreten ist. „Wer kann schon von sich behaupten, in 13 Jahren nicht einen langweiligen Tag erlebt zu haben?“ Für Schindera gab es innerhalb des Konzerns immer wieder neue Herausforderungen, denen er sich unbedingt stellen wollte. „Immer wenn ich auf dem Absprung war, kam schon wieder etwas Neues.“

Herausgekommen sind dabei inzwischen rund 4.600 Tage Berg- und Talfahrt in seiner Kommunikations-arbeit für die Telekom. Die Täler: Die Krisen. Man erinnere sich an die Deutsche Telekom in Verbindung mit Doping-Affären im Radsport, Streiks, Personalab-bau oder die Bespitzelungs-Affäre. Die Bergfahrt: Der Weg aus den Krisen. „Den Kopf hinhalten, wenn es im Unternehmen nicht rund läuft, ist Teil meines Jobs. Ich möchte die Krisen nicht missen, denn sie fordern mich heraus und sind lehrreich. Durch meine Erfahrung als Journalist habe ich eine ganz klare Vorstellung, wie Pressearbeit sein sollte und wie nicht. Sie ist keine Form der Werbung oder des Marketings. Die Arbeit mit den

Unternehmen Deutsche Telekom AGGeschäftsfeld Telekommunikations- und Informationstechnologie -Dienstleistungen Gründungsjahr 1990Standort Bonn (Zentrale)Mitarbeiterzahl ca. 260.000 (2009) Umsatz ca. 64 Mrd. Euro (2009)

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Medien muss auf Augenhöhe passieren und soll von gegenseitigem Vertrauen geprägt sein.“ Dabei bedauert Schindera, dass den Kollegen aus dem Journalismus heutzutage zu wenig Zeit bleibt, in die Tiefe zu recher-chieren. Schnelle Schlagzeilen statt fundierte Analysen seien immer häufiger an der Tagesordnung.

So spricht ein Journalist, in dessen Adern magentafar-benes Blut fließt: Schindera hat eine sehr enge Bindung zur Telekom, vor allem aber zu seinen Mitarbeitern in der Pressestelle: „Ich habe ein tolles Team, das mich mit seinem Engagement jeden Tag neu motiviert. Es macht großen Spaß zu sehen, wie wir gemeinsam unsere Zieleerreichen.“ Die saure Gurke in der Dose sei eigentlich als Mitarbeiter-Trophäe für nicht geglückte Arbeit ge-dacht gewesen. Doch bisher mangele es ihm an passen-den Bewerbern, sagt Schindera augenzwinkernd. Als Chef versucht er, jedem seiner Mitarbeiter möglichst viel Verantwortung zu übertragen und allen vertrauens-voll zu begegnen. „Umgangsformen und Werte sind für mich sehr wichtig, und das gebe ich auch weiter.“ Sozi-alkompetenz, Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit gehören zum Wertegerüst des zweifachen Vaters. Das wurde ihm von seinen Eltern mitgegeben und hat für ihn bis heute nicht an Relevanz verloren.

Intern sieht er seine Abteilung als das „gute Gewissen“ der Telekom, das nicht zuletzt auf Defizite auf-merksam macht. „Unser Wort hat Gewicht, und damit müssen wir be-hutsam umgehen.“ Schindera nahm beispielsweise die Bespitzelungs-Affäre als Chance, eine Diskussion über einen neuen Wertekanon anzu-stoßen. Sein Ziel: Eine offenere Un-ternehmenskultur. Dennoch bleibt Schindera kritisch: „Die Aufgabe ist noch lange nicht erledigt, aber dem Ziel kommen wir immer näher.“

Schindera ist mit dem Managen solcher Großbaustellen vertraut: Es ist Teil seiner Aufgabe, gegen das konservative und spießige Image der Telekom zu kämpfen. Und da große Veränderungen bekanntlich klein anfangen, soll der pinke Sitzsack im Büro wohl ein erstes Signal sein. In der Außenwirkung vertraut er frei-lich auf große Kampagnen. „Heute

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ist die Deutsche Telekom ein ganz anderes Unternehmen als vor zehn Jahren. In den letzten drei Jahren haben wir zusammen mit der Werbeabteilung sehr viel dafür getan, um das Image einer ganz neuen Telekom zu prägen.“

Heute steht die Deutsche Telekom für Modernität, Fort-schritt, Nachhaltigkeit und Exklusivität. Produkte wie der Exklusivvertrieb des iPhones oder Kampagnen wie „Millionen fangen an“, „Erleben, was verbindet“ oder „Grenzen gab’s gestern“ haben maßgeblich dazu bei-getragen. Eine Bilanz, die sich sehen lassen kann. Doch Philipp Schindera gibt sich zurückhaltend: „Manchmalfrage ich mich, wie es kommt, dass der Zufall, das Schicksal oder vielleicht eine höhere Instanz es fast nur gut mit mir gemeint haben.“

Text: Lisa Bader - Fotos: Kemal Capaci

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,,Wie, wo, was, weiß Obi“, „3... 2... 1... meins!“ von Ebay oder der „RWE-Riese“ – jeder kennt diese Werbespots, die uns fesseln, manchmal aufregen, zumindest aber zum Staunen oder Lachen bringen. Ihr Merkmal: Sie sind ungewöhnlich und auffallend. Solche Ideen stecken in den kreativen Köpfen von Jung von Matt, der wohl kreativsten Werbeagentur Deutschlands. Der kreative Kopf und Ge-schäftsführer des PR- und Eventzweigs Jung von Matt/relations ist der heute 47-jährige Lutz Nebelin.

In seinem Unternehmen werden Events und PR-Kreationen geschaffen. Bereits als kleiner Junge dachte der Agenturchef darüber nach, Journalist zu werden. ,,Schreiben ist etwas, das ich schon immer gut konnte“, lacht er. Als er sich mit 16 Jahren bei den Parlamentsre-daktionen in Bonn, seiner Heimatstadt, bewirbt, wird er zunächst nach Hause geschickt. Die Begründung: ,,Sie sind noch zu jung und sollten lieber noch etwas mehr lernen oder sogar studieren.“

Doch dies war nie die Sache des jungen Mannes, er ist ,,einer, der gerne mitten im Schlachtfeld steht und kämpft“. In der Schule, einem deutsch-französischen Gymnasium in Bonn, war er nicht besonders gut, er wollte schon früh in die Praxis des Schreibens übergehen. ,,Die Uni hätte mich nur gekillt“, das war Nebelin immer viel zu theoretisch. ,,Ich wollte schon arbeiten, als andere noch damit beschäftigt waren, zu überlegen, was sie wer-den sollen“, sagt er mit einem Schmunzeln im Gesicht. Nach der Bundeswehr tat er dies über ein Praktikum bei der Bonner Rundschau, dessen Redakteure sich sofort für ihn begeisterten und ihm ein Volontariat anboten. Es folgte die klassische journalistische Ausbildung. Mit 22 Jahren war er schon stellvertretender Chef im Feuilleton-Ressort.

IdeeN MüSSeN züNdeNLutz Nebelin / Jung von Matt/relations

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Heute, 25 Jahre später, ist er Chef seiner eigenen Agentur. In seinem Kölner Büro, das rundherum aus Glaswänden besteht, spiegelt sich seine Offenheit, Ehr-lichkeit und Transparenz wider, die er versucht, seinen Kunden entgegen zu bringen. Hier verbringt Nebelin oft Tage, manchmal auch Nächte, in denen er seiner Kreati-vität freien Lauf lässt, ,,das können auch mal 14 bis 16 Stunden am Tag sein“.

Unterscheidungsmerkmal seiner Agentur: ,,Wir wollen anders sein als andere Agenturen. Wir wollen einen Unterschied machen und ungewöhnliche Lösungen für die Aufgaben unserer Kunden finden.“ So spielen bei der Auswahl der Kunden drei Kriterien eine Rolle: Zum einen der Spaß, zum anderen die Einzigartigkeit der Idee und als letztes Geld. „Wenn man gute Arbeit abliefert, kommt das Geld ganz von alleine. Spaß steht bei der Arbeit klar im Vordergrund“, erklärt er. Dies sei wichtig, um den Auftrag exzellent und einzigartig um-setzen zu können. ,,Firmen müssen mutig sein, ich hasse es wenn sie auf mathematisches Marketing setzen“, sagt er mit tiefem Tonfall in der Stimme. ,,Ich möchte

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Lutz

Neb

elin meine Kunden für eine gute und überraschende Idee

anzünden.“ Dabei setzt Nebelin auf die Verschmelzung von klassischer PR, klassischer Werbung und räumlicher Inszenierung. ,,Wenn ich das eine mache, dann brauche ich auch das andere“, so arbeiten die Werber mit den PR-Verantwortlichen zusammen.

Das Team von Jung von Matt/relations besteht aus 20 Mitarbeitern und funktioniert wie ein Orchester. Nebelin und sein Partner Joachim Kortlepel sind die Dirigenten, die Mitarbeiter spielen einzelne Instrumente. Trotzdem ist er manchmal eine ,,Zecke“, wenn es darum geht, zweihundert Prozent zu geben, um das Hauptziel zu erreichen, ,,den Kunden erfolgreich zufriedenzu-stellen“. Wenn es um eine bestimmte Sache geht, kann ,,ich schon mal richtig ruppig werden“, sagt er, während er das Papier von einem Stück Schokolade zwischen den Fingern hin und her rollt. ,,Wer viel tut, macht auch Fehler“, jedoch ist für Nebelin ein ,,Ignorant schlimmer als ein Idiot – denn der Idiot weiß es nicht besser“. Menschen, die einen Fehler mehrmals machen und dann dafür nicht einstehen, können ihn ganz schön auf die Palme bringen.

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Er freut sich jeden Tag aufs Neue, seinen Arbeitsplatz aufzusuchen. „Ich empfinde das, was ich tue, nicht als Arbeit. Ich habe das Glück, mit meiner Passion Geld verdienen zu können.“ Ist er mit dieser Leidenschaft nicht beschäftigt, verbringt er am liebsten Zeit mit seiner Familie. Das Resultat seiner schon 20 Jahre anhaltenden Ehe sind zwei Kinder, ein Mädchen und ein Junge. Bei-de spielen, wie auch der Vater, mit Leidenschaft Hockey, eine Sportart, die Nebelin bereits in seiner Jugend besser als Fuß- und Handball fand. Eine andere Leidenschaft sind Opernvorstellungen, die er zwischen seiner Zeit bei dem Boulevardblatt Express, als Sprecher des Berliner Kultursenators, dem Posten als Head of New Business von BBDO Deutschland und als PR-Chef der Oper Bonn entdeckt hat.

Dort kann er auch mal zwei bis drei Stunden abschalten und die ,,Wirklichkeit ausblenden“. Dabei stellt er sich öf-ter mal die Frage, wie wohl Kommunikation in 20 Jahren aussehen wird. ,,Die Kommunikation und die PR verän-dern sich heute rasant“, sagt der Agenturchef mit Sorge im Gesicht. Er hofft, dass ,,die Menschen sich in der digitalen Welt nicht verlieren“. In einer Welt ohne Emoti-onen, nur durch Technik gesteuert, würde er nicht leben wollen. „Das reale Leben ist analog – neue digitale Geräte und Anwendungen erleichtern die Kommunikation, können das persönliche Gespräch aber nicht ersetzen.“

Preise für ihre gute Arbeit hat Jung von Matt/relations schon viele gewonnen, darunter die Auszeichnung zur ,,European best Agency“, ,,ADC-Nägel“, den ,,EVA-Award“ oder den ,,Galaxy Award“. Ziel ist es, die paar, die noch fehlen, auch noch zu gewinnen – ,,dann hätten wir jeden Preis einmal gewonnen“, sagt er mit einem Grinsen im Gesicht.

Text: Jessica Scholl - Fotos: Gregory Siegburg

Unternehmen Jung von Matt/relations Geschäftsfeld Public Relations & Eventmanagement Gründungsjahr 2002Standort KölnMitarbeiterzahl 20 (2009) Umsatz k. A.

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Reinhard Mohn, Karl Lagerfeld, Max ... Max? Wer ist Max? In dieser Reihenfolge erspäht man die Motive der Fotos, die in Karin Schlautmanns Büro hängen. Max mag zwar nicht die größte Persönlichkeit sein, der die Kommunikationschefin der Bertelsmann Stiftung je begegnet ist, trotzdem verbringt sie gerne Zeit mit dem sechsjährigen Yorkshire-Terrier beim Spielen oder Spa-zierengehen. „Er selbst glaubt, er sei ein Bernhardiner“, lacht Karin Schlautmann.

Die 44-jährige Karrierefrau hat einmal klein angefangen. Mit siebzehn entdeckte sie den Journalismus für sich. Der Chefredakteur des Westfalenblatts in Gütersloh bot ihr freie Mitarbeit an und sie begann, journalistisch zu arbeiten. An ihren ersten Job erinnert sie sich noch genau: „Damals berichtete ich über ein Jazzkonzert in einer Schule. Ich fuhr mit dem Fahrrad hin und machte Fotos mit einer Kamera, die ich mir von meinen Nach-barn geliehen hatte.“ So fing alles an.

VoM JazzKoNzeRt übeR deN ScHeIcH zuM KöNIgKarin Schlautmann / Bertelsmann Stiftung

Danach lernte die Journalistin Deutschland kreuz und quer kennen. Nachdem sie Geschichte und Literaturwis-senschaften studiert hatte, volontierte sie beim Westfalen-blatt in Bielefeld und machte sich auf, die Welt zu erkun-den. 1991, zwei Jahre, nachdem die Mauer gefallen war, ging sie nach Chemnitz, um bei Bild zu arbeiten. Damals war Schlautmann 25 Jahre alt, jung und unerfahren, aber mutig und bereit, etwas zu lernen. „In dieser Zeit habe ich viel gelernt. Man muss sich immer wieder auch neuen Aufgaben stellen und den Willen zur Veränderung haben.“ Nachdem es sie schließlich nach Köln verschla-gen hatte, wo sie bei Bild Chefreporterin und später noch zusätzlich Ressortleiterin für die Bundesausgabe im Ressort Unterhaltung war, arbeitete sie als Redakteurin bei Thomas Gottschalks Late Night Show.

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„Als Journalistin war ich schon überall dabei, auf jeder Party, Society- und Lokalveranstaltung.“ Heute muss sie nicht nur journalistisch arbeiten, sondern eine Kommu-nikationsabteilung leiten, und das nach der Philosophie Reinhard Mohns, dem Gründer der Stiftung. Der verstor-bene Bertelsmann-Chef steht für gesellschaftspolitisches Engagement und ein partnerschaftliches Miteinander. Sein Leitsatz, dass ein Unternehmen auch gesellschaftliche Verantwortung trägt, muss Schlautmann nun leben und vermitteln. Doch sie scheint sich in die Stiftungsarbeit schnell integriert zu haben und sich den neuen Aufga-ben gerne zu stellen.

Unternehmen Bertelsmann Stiftung Geschäftsfeld Engagement für das Gemeinwohl, Förderung des gesellschaftlichen Wandels und Fortschritt Gründungsjahr 1977Standort Gütersloh Mitarbeiterzahl 352 (2008)Gesamterträge ca. 85 Mio. Euro (2008)

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ann Den Einstieg bei Bertelsmann fand die Powerfrau über

Europas größten Zeitschriftenverlag Gruner und Jahr. „Bevor ich zur Stiftung kam, arbeitete ich als Stellvertre-tende Chefredakteurin bei „Gala“, und im Oktober 2002 übernahm ich die Chefredaktion bei „Frau im Spiegel“. So konnte sie Managementerfahrung sammeln und auch Liz Mohn und Gunter Thielen, den Vorsitzenden des Vorstandes der Stiftung, kennenlernen. „Sowohl die Persönlichkeiten als auch die Aufgaben fand ich beein-druckend. Ich sehe es als große Chance und Bereiche-rung, die Gelegenheit zu haben, mich beruflich noch einmal völlig neu aufzustellen.“ Die Erinnerung daran zaubert ein Lächeln auf ihre Lippen, und es scheint, als wäre sie heute noch genau so froh und dankbar darüber wie vor zweieinhalb Jahren.

Einen typischen Arbeitstag gibt es im Leben von Karin Schlautmann jetzt jedoch nicht mehr. Ständig stehen Termine und Reisen auf dem Plan. „Erst vor zwei Wo-chen war ich in Abu Dhabi“, die hellblauen Augen der 44-Jährigen glänzen, als sie davon berichtet. „Sonntag morgens fuhr ich mit Liz Mohn und Gunther Thielen zum Flughafen nach Frankfurt, von da aus ging es nach Abu Dhabi, wo auf Einladung des Scheichs eine große Konferenz zum Thema Globalisierung mit mehr als

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1.200 Gästen stattfand und die beiden Vorträge hielten.Zurück in Frankfurt, ging es nach Madrid, wo am Mittwoch eine Konferenz der spanischen Fundación Bertelsmann stattfand, bei der Liz Mohn mit König Juan Carlos Preise an Jugendliche verlieh. Am Donners-tag gab es noch eine Vorstandssitzung, bevor wir zurück nach Frankfurt flogen“, erzählt sie und streicht sich eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht, als würde das Berichten die Eindrücke der langen Reise wieder zum Leben erwecken.

So ein stressiger Alltag wäre mit Kindern kaum möglich, trotzdem hat sich Schlautmann nie bewusst gegen Familie und für Karriere entschieden. Die knappe Freizeit verbringt sie, statt mit Ehemann und Kindern, mit ihrem Lebensgefährten sowie Hund Max, ihrer Mutter und der Familie ihres Bruders. Zeit für Hobbys bleibt kaum.

Dennoch wirkt die 44-Jährige ausgeglichen und fröhlich. Ihr Beruf scheint ihr viel Spaß zu machen. „Wenn man in der Kommunikation arbeitet, stehen einem alle Türen offen“, schwärmt sie. Manchmal sogar die von Scheichen und Königen.

Text: Julia Schöneberger - Fotos: Stephan Overhagen

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leIdeNScHaft alS eRfolgSfaKtoRChristian Körner / RTL Television GmbH

Wenn beide Elternteile Mediziner sind, ist die Marsch-richtung für die Karriere des Sohnes meist festgelegt. Umso verwunderlicher ist es, wenn der Sohn, allen Bemühungen der Eltern zum Trotz, auf die „schiefe Bahn“ gerät. Dass diese „schiefe Bahn“ sehr wohl in eine geradlinige Karriere führen kann, weiß Christian Körner. „Medien statt Medizin“ lautet das Motto des heute 38-Jährigen.

Mit einem Praktikum beim Berliner Rundfunk legt Christian Körner den Grundstein für seine Karriere. „Eigentlich hatte ich nicht geplant, zum Radio zu gehen, das war eine spontane Bauchentscheidung.“ Er bereut sie nicht. Ganz im Gegenteil: „Mir hat das viele Möglichkeiten eröffnet. Zum Beispiel eine Trainee-Ausbildung, woraus sich wiederum die Leitung der Presseabteilung ergeben hat.“ In seiner Zeit beim Ber-liner Rundfunk erlernt Christian Körner das komplette Handwerk eines Kommunikationsexperten.

Auf der Suche nach neuen Herausforderungen zieht es Körner nach Köln, wo er die Verantwortung für die Kommunikation der Grundy Light Entertainment GmbH übernimmt. Viele erfolgreiche Klassiker wie „Das Fami-lienduell“, „Herzblatt“ oder „Geh aufs Ganze“ stammen aus der Feder der Produktionsfirma. Auch die erste Staffel des Erfolgsformats „Deutschland sucht den Superstar“ fällt in die Amtszeit von Körner. Durch die kommunika-tive Betreuung dieses Kassenschlagers kommt auch der Kontakt zu RTL zustande, seinem späteren Arbeitgeber.

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Nach vier Jahren bei Grundy übernimmt er 2004 die Unternehmenskommunikation von RTL, 2005 über-nimmt er auch die Leitung der Konzernkommunikation der Mediengruppe RTL Deutschland. „Ich wollte einfach mal sehen, was auf Senderseite so los ist.“ Und zu der Zeit ist dort richtig viel los. RTL befindet sich im Jahr 2004 gerade in bewegten Zeiten, nicht mehr alle Formate laufen auf dem gewohnten Niveau. Das soll mit Hilfe eines Change-Prozesses überwunden werden. Gerade neu eingestellt, fallen auch unangenehme Aufgaben in seine Hände. Mitarbeiter müssen entlassen, Misserfolge

akzeptiert und negative Kritik eingesteckt werden. Aber vor allem gilt es, positive Ansätze zu finden. Während dieses Prozesses spielen bei Körner zwei Eigenschaften eine entscheidende Rolle. „Sei selbst dein größter Kriti-ker.“ Mit dieser Distanz zum Produkt und zum Unter-nehmen RTL wappnet sich der Kommunikationsprofi gegen das Salz, das Journalisten gerne in die Wunden streuen. Zum anderen scheut Körner die Auseinander-setzung nicht. „Ich streite gerne für RTL, um den Jour-nalisten auch die andere Seite der Medaille zu zeigen, gerade auch denen, die sie nicht sehen wollen.“

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r Momentan ist das offenbar nicht schwer: „RTL erzielt trotz Wirtschaftskrise, die auch an uns nicht vorbeigeht, Traumwerte im Zuschauermarkt. Das soll uns erstmal einer nachmachen.“ Christian Körner ist davon über-zeugt, dass der Grund für den Erfolg ein Programm ist, welches schlicht den Nerv der Zuschauer trifft. Da teilt er die RTL-Philosophie, nach der die Zuschauer ein Recht darauf haben, gut unterhalten, aber eben auch gut informiert zu werden. „In dieser Hinsicht ist RTL einfach ehrlich, und deshalb schaue ich auch persönlich gerne unser Programm.“ Dann legt Körner die Füße hoch und entspannt.

Solche Gelassenheit ist bei dem Kölner Medienunter-nehmen trotz Marktführerschaft eher die Ausnahme. Die nächsten Herausforderungen warten: Im Zeitalter der Digitalisierung gewinnt das Internet mehr und mehr an Bedeutung. Ist das die Zeit, in der das Fernsehen, wie wir es heute kennen, ausstirbt? „Und wenn es irgendwann mal so wäre: Wir sind schon heute längst kein reiner Fernsehsender mehr, sondern ein Inhaltehaus. Deshalb heißen wir ja übrigens auch Mediengruppe RTL.“

Christian Körner macht sich keine Sorgen diesbezüglich. Bewegtbild spielt auch im Internet eine große Rolle, und RTL versucht mit bereits bestehenden Angeboten den Top-Trends im Internet gerecht zu werden. Beispiels-weise kann sich der Nutzer auf „RTL.Now“ komplette TV-Sendungen anschauen, wenn er sie verpasst hat. Mit „Clipfish“ hat RTL ein eigenes Video-Portal ins Leben gerufen und das soziale Netzwerk „wer-kennt-wen“ gehört inzwischen auch vollständig der Mediengruppe RTL. Tatsachen, die Körner sicher machen: „Wir sind der Entwicklung des Internets nicht nur gewachsen, wir treiben sie mit voran.“

Ein gesundes Maß an Optimismus ist eben auch eine gute Voraussetzung für die Arbeit in der Kommunikati-onsbranche. Wesentlicher Erfolgsfaktor ist für ihn aber etwas anderes: „Am wichtigsten ist die Leidenschaft. Man muss einfach Spaß an Kommunikation haben und

Unternehmen RTL Television GmbH Geschäftsfeld Free-TV, Pay-TV, Online, Mobile Gründungsjahr 1984Standort KölnMitarbeiter 7.300 weltweit (2008) Umsatz 1,559 Mrd. Euro (2008)

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Text: Leif CallFotos: Katharina Bregenzer

daran, was das Haus, für das man ar-beitet, herstellt. Bei uns sind es täg-lich 24 Stunden Programm.“ Körner ist überzeugt, dass man seiner Arbeit diese Leidenschaft anmerkt.

Ein Grund, warum sich inzwischen auch seine Eltern mit der Karriere ihres Sohnes angefreundet haben. Körner: „Ob Mediziner oder Kommunikationsexperte, sonntags sind alle gleich: Ausschlafen, Kaffee trinken, erst die Quoten des Vortags,dann die Zeitung lesen, Zeit mit Fa-milie und Freunden verbringen, Sport machen und einfach mal den Kopf abschalten können und dürfen.“

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MIt leIb uNd Seele, HeRz uNd VeRStaNdCarmen Dohmen / Rotwild GmbH

4. Januar 2005. Die RTL-Reality-Show „Big Boss“ neigt sich dem Ende zu. Von zwölf jungen Bewerbern sind noch zwei im Rennen. In der letzten Sendung treibt Fußballmanager Rainer Calmund, genannt „Calli“, die Spannung auf die Spitze. Dann gibt er den Sieger bekannt: Es ist die 25-jährige Rheinländerin Carmen Dohmen. Sie kann mit 250.000 Euro Startkapital für ihr Unternehmen nach Hause gehen.

Heute, fünf Jahre später, leitet Dohmen die Full-Service-Agentur Rotwild und beschäftigt 20 feste Mitarbeiter in Köln und Berlin. Ein Standort in München ist in Planung. Es dauert nicht lange, bis man begreift, dass die Gewinnsumme Früchte getragen hat. Das Großraum-büro in Köln ist ein modernes umgebautes Loft, der Konferenzraum nur durch eine Schiebetür aus Milchglas abgetrennt. An der Wand hängt ein Bild in altmodischem

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Rahmen, darauf zu sehen ein Hirsch. Das Tier macht seit Kurzem die Corporate Identity der Agentur aus, steht für „Kommunikation mit allen Sinnen“ und impo-santes Auftreten.

Als imposant könnte man auch Dohmens Auftreten bezeichnen. Selbstbewusst und natürlich kommt die inzwischen 31-Jährige in Jeans und Turnschuhen daher, aufgeschlossen und erwartungsvoll blickt sie ihr Gegenüber an, während sie ihr blondes Haar schwung-voll über die Schulter wirft. Und als sie wenig später erzählt, dass sie nach ihrem, von DaimlerChrysler finanzierten BWL-Studium nicht in diesem Unternehmenbleiben konnte, weil sie „die Welt erobern wollte“, nimmt man ihr diese Absicht sofort ab. Man könnte fast meinen, Tiefpunkte und persönliche Grenzen kenne sie nicht. Und nachdem sie diesen Eindruck zunächst bestätigen will, erinnert sie sich doch an „eine Phase, in der die Batterien leer waren“. Als jemand, der sich selbst viel zumutet und sich gelegentlich überschätzt, sei es der Körper gewesen, der schließlich streikte. Der Kopf hingegen habe immer weiter gewollt.

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men das Lachen eines vorbeilaufenden Mitarbeiters im Büro

nebenan. Auf dem mit Entwürfen beklebten Milchglas ist sein Schatten zu sehen. Im Schlepptau ein Hund.

Gemessen an der Mitarbeiterzahl, ist Rotwild eine eher kleine Agentur. Eine Tatsache, die laut Dohmen keinerlei Nachteile mit sich bringt. „Wir sind kosteneffizient und flexibel, treten in direkten Vergleich zu deutlich größeren Konkurrenten. Es gibt in Deutschland keinen Namen, der mich bange machen würde.“ Die Hauptaufgaben der Agentur liegen bei klassischer Werbung, Promotion, Events und PR. Ein Event macht Dohmen besonders stolz. Ihre Augen leuchten, als sie vom Public Viewing zur Fussball WM 2006 in Düsseldorf berichtet. „Ich bekomme noch heute Gänsehaut, wenn ich daran denke, wie wir mit einem winzigen Team auf 14.000 Menschen geschaut haben, die die Nationalhymne sangen.“

Um solche Erfolge zu feiern, kann das Licht in den Agenturräumen gelegentlich auch mal bis zwei Uhr nachts brennen. Für wochenlanges Durcharbeiten gönnt sich Dohmen allerdings im Anschluss ein paar Tage Auszeit am Stück. In dieser freigeschaufelten Zeit stehen Freunde an erster Stelle der Frau, die im kommenden Jahr plant zu heiraten. Was die Rheinländerin nicht will,

Als man Dohmen schon fast in die Schublade „stra-tegischer Kopfmensch“ eingeordnet hat, wird man eines Besseren belehrt. „Worauf es wirklich ankommt, ist Herzblut. Herzblut ist das, was mich antreibt.“ Als „sehr sozial“ beschreibt sie ein Kollege, korrigiert seine Aussage allerdings im nächsten Moment und formuliert „hin und wieder zu sozial“. Auch Dohmen selbst stellt die Bedeutung der sozialen Kompetenz im Berufsleben gewissermaßen über die fachliche. Und sollte sich ir-gendwann einmal die Gelegenheit ergeben, will sie sich im Ausland engagieren. „Das, was ich täglich tue, ist wichtig und hat seine Berechtigung, aber es ist nicht, als würde ich kranke Kinder mit Medikamenten versorgen. Es ist Kommunikation in allen Facetten, damit verän-dert man kaum die Welt.“

Sie sei definitiv gewachsen mit ihrer Aufgabe als Ge-schäftsführerin, was jedoch keineswegs mit einer Per-sönlichkeitsveränderung einherginge. Dohmen ist nicht zum „Big Boss“ geworden. Die Umgangsweise in der Agentur ist von Lockerheit geprägt. Auf die gesunde Mischung aus harter Arbeit, Leistung und Spaß kommt es der Chefin an. „Welcher Kunde will es schon dauer-haft mit einem mies gelaunten Haufen zu tun haben?“ Als wäre es abgesprochen, ertönt in diesem Moment

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Text: Lena SchützDetailfoto: Kurt SteinhausenPortraitfoto: Simon Stinton

ist in einen Trott aus Arbeit, Couch und Bett verfallen. Und wenn sie Feierabend hat, dann konsequent: Mit ihrem iPhone ruft sie nie E-Mails ab, zu Hause hat sie keinen Laptop und keinen Internetanschluss. Und all die persönlichen Kontakte, die man heutzutage übers Internet pflegt? „Ich treffe mich lieber mit Leuten in einer Kneipe und trinke da ein echtes Kölsch, als an meinem Laptop zu sitzen und zu schreiben, wie schön es wäre, mal wieder ein Kölsch trinken zu gehen.“ So sei sie, die heutige Gesellschaft. „Man schreibt auf Pinnwände und per Instant Messenger, anstatt anzurufen und zu machen.“ Carmen Dohmen macht lieber.

Unternehmen Rotwild GmbH Geschäftsfeld Kommunikationsdienstleistungen Gründungsjahr 2005 (bis 2009 „Breitbandevent GmbH”)Standorte Köln, Berlin Mitarbeiter ca. 21 Mitarbeiter (2009)Umsatz k. A.

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HIeR bIN IcH deR feueRWeHR NäHeR alS Je zuVoRDr. Daniel Leupold / Berufsfeuerwehr Köln

„Nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs hatten die Menschen für uns oberste Priorität. Unsere Gedanken waren stets bei den Opfern,“ sagt Dr. Daniel Leupold, Pressesprecher der Kölner Berufsfeuerwehr. Kein Wort zu den beschädigten Archivalien. Erstaunlich für einen leidenschaftlichen Historiker. Dabei begleiten Leupold schon sein ganzes Leben zwei Leidenschaften: die Feuerwehr und die Geschichte. Beide beginnen in frühen Jahren. „Mein Vater ist Theo-loge und meine Mutter Architekturfotografin mit dem Schwerpunkt Bau- und Denkmalpflege, sie haben mir Geschichte immer verständlich vermittelt und so mein Interesse geweckt.“ In der Schule wurde dieses Interesse dann noch gestärkt. So war einer seiner Leistungskurse, man ahnt es, Geschichte. „Das Arbeiten mit Quellen fand ich sehr interessant.“ Das Ergebnis: Der Wunsch, Historiker zu werden. „Ich kann mich nicht erinnern, je einen anderen Berufswunsch gehabt zu haben. Zumin-dest keinen ernsthaften.“

Nach dem Abitur 1992 beginnt er deshalb das Studium der Geschichte, Kunstgeschichte und Ur- und Früh-geschichte an der Kölner Universität. Doch es zeigte sich, dass Wunsch und Wirklichkeit nicht dasselbe sind: Seine Vorstellung vom Beruf des Historikers stimmte nicht mit der Realität überein. So setzte sich die zweite Leidenschaft durch: die Feuerwehr. Trotzdem beendete er sein Geschichtsstudium und schrieb sich anschließend in Aachen für das Fach Architektur ein.

Mit Architektur zur Feuerwehr? So verwunderlich es zunächst klingen mag: Um bei der Feuerwehr im geho-benen Dienst arbeiten zu können, ist ein naturwissen-schaftlicher oder technischer Fachhochschulabschluss notwendig. Er begab sich auf den Weg, sein Hobby zum Beruf zu machen. Im Alter von fünfzehn Jahren über-zeugten Freunde den heute 37-Jährigen zur Freiwilligen Feuerwehr zu kommen. „Mein Heimatort, Bliesheim in Erftstadt, ist ein sehr traditioneller Ort. Man engagiert

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sich in der Kirchengemeinde, im Schützenverein oder bei der Freiwilligen Feuerwehr. Besonders die Zusam-menarbeit mit den Menschen machte Spaß.“ Leupold blieb der Freiwilligen Feuerwehr treu und verpflichtete sich für acht Jahre als Ersatz für den Zivildienst. Wäh-rend des Studiums arbeitete er im Notdienst. In seiner Doktorarbeit als Historiker vereinte er 2003 seine beiden Leidenschaften und schrieb über das Feuerwehrwesen im Rheinland bis 1918.

Nach Jahren des Bücherwälzens folgte die Praxis: Anderthalb Jahre Ausbildung im gehobenen feuerwehr-technischen Dienst. Über die Abteilung Vorbeugender Brandschutz kam er zur Einsatzplanung. „In dieser Abteilung arbeiteten sieben Leute, die alle nebenbei auch für Öffentlichkeitsarbeit zuständig waren.“ Als eine eigene Planstelle dafür eingerichtet wurde, bewarb sich Leupold und trat die Stelle im Oktober 2008 an. Zunächst liegt die Hauptarbeit darin, den Journalisten Informationen zu Einsätzen zu liefern, aber nur sel-ten selbst vor Ort zu berichten. Naturgemäß wird der Kontakt zu den Medienvertretern gepflegt. Es werden geeignete Interviewpartner vermittelt oder Themen gemeinsam für die Öffentlichkeit aufbereitet. Wie ein

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Fernsehbeitrag über das richtige Verhalten, wenn der Adventskranz brennt. „Dies ist ein Teil der Brandprä-vention, die ebenso zu unseren Aufgaben zählt.“ Hinzu kommen die konzeptionellen Arbeiten. Der Rest sind häufig Routinearbeiten, wie sie in jeder Pressestelle anfallen: Die Auswertung der Presseclippings aus den letzten 24 Stunden, Rückmeldungen an Journalisten und an die Abteilungen, über die berichtet wurde. „Die Stelle als Pressesprecher bringt mich der Feuerwehr viel näher. Denn ich stehe mit jeder Abteilung, jeder Sondereinheit und mit allen Spezialisten in Kontakt.“ Gleichzeitig ist Leupold „ganz normaler“ Feuerwehrmann und arbeitet alle zehn Tage zusätzlich in einem 24-Stunden-Dienst.

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Unternehmen Berufsfeuerwehr Köln Geschäftsfeld Feuerschutz, Rettungsdienst, Gefahrenabwehr und Bevölkerungsschutz Gründungsjahr 1872Standorte 11 Feuer- und Rettungswachen in KölnMitarbeiterzahl ca. 1100 Beamte (2009)Haushalt ca. 97 Mio. Euro (2009)

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Text: Angela Krumpholz - Fotos: Kemal Capaci

Bereits fünf Monate nach seiner Benennung kam für den Pressesprecher die große Herausforderung: Krisen-PR bei einer Katastrophe. Am 3. März 2009 stürzte das Kölner Stadtarchiv ein. Das war nicht nur für Leupold persönlich eine große Herausforderung, sondern auch für die Feuerwehr Köln. Zuvor hatte es kein Unglück gegeben, bei dem so viel Pressearbeit notwendig war.„Die schwierigste Aufgabe war es, eine Struktur und Re-geln für die Berichterstattung aufzubauen. Beispielsweise konnten wir keine Exklusivgeschichten erlauben. Allen Medienvertretern wurden alle Bilder, Interviews und Neuigkeiten gleichzeitig mitgeteilt. Es sollte kein insze-niertes Medienspektakel werden, es war wichtig klar-zustellen, dass die oberste Priorität die Opfer haben“, erzählt Dr. Daniel Leupold.

Nachdem zu den Medienvertretern eine Vertrauensbasis aufgebaut war, lief die Zusammenarbeit reibungslos. Leu-pold und sein Feuerwehrchef wurden zur sicheren und seriösen Informationsquelle in einer Stadt, in welcher der Bürgermeister wegen seines Verhaltens im Rahmen der Katastrophe gerügt und abgewählt wurde. Wie sehr die Öffentlichkeit plötzlich hinter ihrer Feuerwehr stand, wurde spätestens deutlich, als Leupolds Chef bei Auf-tritten von den Wartenden mit Applaus begrüßt wurde.

Leupold bleibt bescheiden: „Wir müssen dieses Unglück als Mahnung sehen, so etwas darf nie wieder passieren. Die Feuerwehr hat das Beste getan, um die Folgen zu mildern. Darauf können wir zu Recht stolz sein.“

Was besonders ungewohnt für Leupold war: Selbst im Mittelpunkt zu stehen. „Als ich nach meinen Zwölf- Stunden-Schichten am Einsatzort zum Hauptbahnhof ging, bedankten sich Leute auf offener Straße bei mir. Und ich bekam E-Mails von Menschen, von denen ich ewig nichts gehört hatte. Nach einigen Wochen ebbte der Trubel zum Glück wieder ab.“ Man merkt, dass er erleichtert ist und glaubt ihm sofort, dass es für ihn das Schönste ist, seine Freizeit mit seiner Lebensgefährtin und seinem anderthalb Jahre alten Sohn zu verbringen. „Wenn dann noch Zeit ist, bin ich schon zufrieden, wenn ich abends ein Buch lesen kann und dazu ein Glas Rotwein trinke.“

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MaNN deR PRaxISThomas Ellerbeck / Vodafone D2 GmbH

„Ich bin kein Hasardeur – aber ich will es wissen.“ Die-sen Satz nimmt man ihm ohne den leisesten Zweifel ab. Lebhaft und voller Begeisterung, aber dennoch bedacht erzählt er von den vielen unterschiedlichen Stationen, die er in seinem Leben bis jetzt durchlaufen hat. Lässig sitzt er dabei in seinem Stuhl und unterstreicht die Geschichtenmit Gesten und einem offenen Lachen. Würde er dabei keine goldenen Manschettenknöpfe tragen, hätte er nicht drei Handys, die immer funktionsbereit sind, und stünde im Regal auf einem Glassockel nicht ein Teil des Bran-denburger Tors und vor der Tür auch gerne mal der eine oder andere Minister, könnte man fast meinen, ein alter Bekannter erzähle im Café, was er so alles erlebt hat.

Erlebt hat Thomas Ellerbeck, Mitglied der Geschäftslei-tung von Vodafone Deutschland und zuständig für Kon-zernkommunikation, Politik und Stiftungen, allerdings so einiges. Manches war geplant, zu anderen Dingen entschied er sich spontan. Als Kind wollte der heute 42-Jährige eigentlich mal Pfarrer oder Pilot werden, doch nach einem Informationstag in der Schule landete Eller-beck zunächst als freier Mitarbeiter bei der Lippischen-Landeszeitung. Die Freiräume, die er dort und nach dem Abitur im Zeitungsvolontariat für seine Arbeit erhalten hat, haben die weitere berufliche Entwicklung und seinen Umgang mit Kollegen stark geprägt. Sein Jurastu-dium, auf das er sich mit seinen Eltern einigen konnte, brach er nach einigen Semestern ab bzw. hat es, wie er als PR-Mann sagt, „dauerhaft unterbrochen“.

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Von da an lernte Ellerbeck ausschließlich in der Praxis und hat sowohl in seiner Zeit in der politischen Öffentlichkeits-arbeit als auch bei Begegnungen mit beeindruckenden Menschen und in einmaligen Situationen Erfahrungen gesammelt, die er keinem Lehrbuch hätte entnehmen können. „Es gab immer Menschen, die an mich geglaubt haben, mir Verantwortung und neue Aufgaben übertragen

haben. Ich bin froh und sehr dankbar, dass ich viele spannende Stationen erleben konnte, die für mich sehr prägend waren.“ So war er Pressesprecher und einer der engsten Vertrauten des früheren Bundespräsidenten Roman Herzog, traf Staatschefs aus der ganzen Welt und lernte während seiner Laufbahn etliche Politiker und Prominente kennen.

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Aber auch aus Krisen wie dem 11. September 2001, kurz nachdem er den Sprung in die Wirtschaft gewagt und bei der Lufthansa als Leiter der weltweiten Pressestellen angefangen hatte, lernte er vieles, was für ihn heute hilf-reich ist. Krisen-PR wie nach dem 11. September und Vorbereitungen auf Pandemien durch SARS und Vogel-grippe gehörten ebenso dazu wie klassische Wirtschafts-kommunikation. Nach diesem Wechsel aus der Politik in die Wirtschaft stellte Ellerbeck fest: „Politik und Wirtschaft sind sich viel ähnlicher, als man denkt.“ Auch deswegen ist er, der sich selbst als „Mann der Praxis“ be-zeichnet, sicher, dass er bei seinen beruflichen Entschei-dungen vieles, vielleicht alles richtig gemacht hat. Durch die Erfahrungen in Politik und Industrie sieht er sich auch als „Übersetzer“ zwischen beiden Welten.

Dennoch geht er mit all diesen Erfahrungen nicht hausieren, spricht über den ihm durch Roman Herzog verliehenen Verdienstorden der Bundesrepublik Deutsch-land sehr zurückhaltend. Lieber erzählt er voller Bewun-derung von mutigen Menschen wie Axel Springer, der für eine klare Haltung und gegen Beliebigkeit stand, und mit dem Bau seines Verlagsgebäudes direkt an der Berliner Mauer ein Zeichen dafür setzte, dass er an die Wiedervereinigung Deutschlands glaubte. Diese ist für

den Kommunikationsmanager zweifelsfrei das wichtigste Ereignis der letzten Jahrzehnte. Der Stein des Branden-burger Tors, dessen Restaurierung er mit der Stiftung Denkmalschutz Berlin begleitet hat, ist somit mehr als nur Dekoration.

Vor allem gesellschaftliches Engagement ist ihm sowohl beruflich als auch persönlich sehr wichtig, da es „in un-serer Gesellschaft eine zunehmende Individualisierung gibt“, der entgegengewirkt werden müsse. Laut Ellerbeck heißt es heutzutage leider viel zu oft nur „Ich und mein Golfclub“. Eine intakte Zivilgesellschaft sei aber der Kern und die Basis. Besonders er als Kommunikator habe eine große Verantwortung der Öffentlichkeit und den Stakeholdern gegenüber, weshalb ihm Verlässlichkeit, Glaubwürdigkeit und Transparenz bei seiner Arbeit besonders wichtig sind. „Man kann vieles verdecken und zukleistern, aber irgendwann bröckelt der Putz.“

Ebenso wichtig ist ihm die Förderung des Standorts Deutschland im Bereich der Wissenschaft, weshalb er unter anderem seit zehn Jahren aktives Mitglied im Kura-torium für die Tagungen der Nobelpreisträger in Lindau ist. Eine Lieblingskategorie habe er jedoch nicht, da er inhaltlich eigentlich nur die Wirtschaftswissenschaften

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ansatzweise beurteilen könne – er sehe sich dort eher im „Lager“ der Förderer, die sich um die internatio-nale Weiterentwicklung der Tagung und die Kommunikation kümmern.

Bei so vielen beruflichen Aufgaben bleibt für die persönlichen Interes-sen kaum Zeit. Ellerbeck hat jedoch das Glück, sich schnell erholen zu können, am liebsten auf Sylt oder Mallorca, aber wenn es sein muss, auch einfach mal während des Flugs von Düsseldorf nach Berlin oder der Fahrt zum nächsten Termin. Für ihn ist seine Arbeit gleichzeitig ein Ver-gnügen, weshalb er gerne alle Kraft investiert, die er hat, denn halbherzig macht er nichts. Ganz oder gar nicht – er will es eben wissen.

Text: Caroline Jakubowski

Unternehmen Vodafone D2 GmbH Geschäftsfeld Mobilfunk, Festnetztelefonie, Breitband-Internet, Internetdienste Gründungsjahr 2002 (Deutschland)Standort DüsseldorfMitarbeiterzahl ca. 15.000 (2008) Umsatz ca. 9,4 Mrd. Euro (2008/2009)

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PeR aNHalteR duRcH euRoPaVojislav Miljanovic / Kommunikationsagentur Kam3

Ein wenig wie von einem anderen Stern mag er einem erscheinen: Bekleidet mit einer dicken Wollmütze, Schal und Mantel kommt er die Straße entlang und kämpft gegen den kühlen Novemberwind an. Es ist Vojislav Miljanovic, der Mann mit dem unaussprechlichen Namen,geboren in der Zungenbrecherstadt Vojvodina in Serbien. Seine gute Laune kann ihm das Wetter nicht nehmen. Miljanovic lächelt fast immer. Hinter den runden Brillen-gläsern verstecken sich viele kleine Lachfältchen um die Augen und vervollständigen das freundliche Bild.

Miljanovic ist Gründer und Geschäftsführer der Kom-munikationsagentur Kam3, die als einzige im Dreilän-dereck um Aachen Ethnomarketing und Cross-Boarder-Communications anbietet. Der verheiratete Vater von drei Kindern bestellt sich eine heiße Milch mit Honig gegen die Kälte. Seine positive, gelassene Stimmung fällt sofort auf. Eine Tugend, die andere zuweilen aufregen kann. „Ich bin schwer zu beeindrucken und die Ruhe

in Person“, beschreibt er sich selbst lachend, „so ruhig, dass es manche Leute rasend macht.“ Doch damit kann er leben. So ist es ihm lieber als andersherum.

Was treibt einen Mann aus Südosteuropa in den west-lichsten Zipfel Deutschlands? Miljanovic bezeichnet sich selbst als „typischen Vertreter der Generation von Gastarbeiterkindern“. Seine Eltern zogen auf der Suche nach guter Arbeit ins Rheinland, als er sieben Jahre alt war. Sofort am nächsten Tag wurde er in die Schule geschickt, musste die deutsche Sprache quasi über Nacht lernen. Heute spricht er insgesamt sechs Sprachen, darunter Russisch, Kroatisch, Serbisch und Bosnisch, in Teilen auch Niederländisch. In seinem Beruf hilft ihm das zwar gelegentlich, Miljanovic betont allerdings mit einem Grinsen: „Das Wichtigste sind Kontakte. Wenn man die Richtigen hat, braucht man nicht mal einen Satz grammatikalisch richtig schreiben zu können.“

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Neben Kontakten sind es Zuverlässigkeit und Pünktlich-keit, die laut Miljanovic von den Kunden sehr geschätzt werden. Das vierköpfige Team der Kommunikations-agentur mit Sitz in Aachen betreibt Cross-Border-Com-munications für über 50 Prozent ihrer Kunden aus den Niederlanden und übernimmt Marketingstrategien für Großkunden, die ihre Produkte über Ethnomarketing an verschiedene Bevölkerungsgruppen bringen wollen. „Wir überwinden sozusagen Sprach- und Mentalitätsbar-rieren“, erläutert Miljanovic stolz.

Seine kleine Agentur sei von der Wirtschaftskrise kaum getroffen worden, erzählt er. Lediglich einen Kunden habe er verloren. Der 43-jährige PR-Berater scheint auf der Überholspur zu sein. Und so hat er sich eigentlich schon immer gefühlt. Geklappt hat das jedoch nicht von Anfang an. Mit 23 Jahren hat er sich zum ersten Mal selbstständig gemacht. „Das war zu der Zeit, als gerade viele private Hörfunksender auf den Markt kamen“, erinnert er sich. Damals hat er Werbetexte für Radiospots verfasst und großen Anklang gefunden. Also entschied er sich kurzerhand, die Werbeagentur „Text & Grafik“ zu gründen und durchzustarten. „Wenn du jung

bist, denkst du, dir gehört die Welt“, lächelt Miljanovic mit einem entschuldigenden Schulterzucken. Warum die Unternehmung damals gescheitert ist? „Ich hatte schlicht und einfach keine Ahnung von der Branche, kein Kontaktnetzwerk.“

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ovic Vorbei also der Traum, sein eigener Chef zu sein. Doch

er gibt nicht auf. Zeitgleich mit der Agenturgründung belegt er einen Fortbildungsstudiengang „Kulturelles Management“ und bewirbt sich nach dessen Abschluss als PR-Berater bei der Agentur Aexis in Düsseldorf, einer Tochter der damals großen und renommierten Euroadvertising. „Ich bin heute noch überrascht, dass die mich genommen haben“, schmunzelt er, „ich hatte nämlich keinerlei Ahnung. Ich hatte zu Hause keinen Computer und konnte daher auch keinen bedienen. Ich habe einfach so getan.“ Der Schalk blitzt kurz in seinen Augen auf, als er belustigt mit den Schultern zuckt. Er wurde eingestellt und Assistent des Geschäftsführers, der von „Kothes & Klewes“ kam – der Keimzelle von Pleon, heute Deutschlands führende PR-Agentur.

Miljanovic saugt in kürzester Zeit alles Wissen in sich auf, das ihm geboten wird. Dann wagt er erneut den Schritt in die Selbstständigkeit, motiviert von der Geburt seines zweiten Kindes, mit dem er mehr Zeit verbringen will. „Die Arbeitszeiten waren suboptimal in der Agentur, vor allem mit zwei Kleinkindern.“ „Außer-dem“, gibt er mit einem offenen Lächeln zu, „konnte ich bei Aexis nichts mehr lernen.“

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Diesmal gründet er die Kommunikationsagentur Milja-novic, die 2008 zur Kam3 GmbH umgewandelt wurde. Heute ist er mit seinem kleinen Unternehmen erfolgreich.Und das, obwohl er beinahe mal ganz woanders gelandet wäre. „Als Teenager“, erinnert er sich und legt die Stirn in Falten, „da hatte ich einmal dermaßen Weltschmerz, dass ich nachts meine Sachen packte, aus der Wohnung schlich und bis ins heutige Kroatien trampte, mit nichts als dem, was ich anhatte, und ein paar Büchern und Landkarten.“ Aber von dort schickte ihn eine ansässige Freundin der Familie mit dem nächsten Zug wieder nach Deutschland. Quasi einmal per Anhalter durch halb Europa und zurück.

Heute will er nicht mehr weg. Vojislav Miljanovic hat seine Balance zwischen Beruf und Familie gefunden. Obwohl oder gerade weil er jetzt sein eigener Chef ist, kommt die Familie zwar häufig zu kurz, aber immerhin verbringt er jede freie Minute mit ihr. Besonders freut sich der Agenturchefauf den Freitagnachmittag, aufs Schwimmen mit seinem Kleinsten im Thermalbad. Stolz zeigt er ein Foto seines Sohnes. „Wenn man sich dann so im warmen Wasser treiben lässt, ist das wie unendliche Schwerelosig-keit“, schwärmt er.

Während Arthur Dent in „Per Anhal-ter durch die Galaxis“ noch immernach dem Sinn des Lebens und des Universums sucht, scheint Vojislav Miljanovic ihn gefunden zu haben.

Unternehmen KAM3 Kommunikationsagentur Geschäftsfeld Cross-Border-Communications, Ethno- Marketing, KommunikationsberatungGründungsjahr 2008 (GmbH)Standort Übach-Palenberg Mitarbeiterzahl 4Umsatz k. A.

Text: Yvonne WestphalDetailfoto: Kurt SteinhausenPortraitfoto: Simon Stinton

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Betritt man den 180.000 Quadratmeter großen Sport-park in Leverkusen, bekommt man einen ersten Ein-druck, welch gigantische Maschinerie hinter dem TSV Bayer 04 Leverkusen stecken muss. Er ist einer der größten Sportvereine Nordrhein-Westfalens. Direkt un-terhalb der A1-Stelzenautobahn verläuft das Sportimpe-rium des TSV. Nur wenige Minuten voneinander entfernt liegen BayArena, Smidt-Arena, das vereinseigene Fitness-studio und die einzelnen Trainingsstätten der Fußballer, Leichtathleten, Handballer, Basketballer, Boxer, Fechter, Turner und Judoka. Insgesamt 9.500 Mitglieder tummeln sich in den 14 Abteilungen des TSV Bayer 04.

alS PR-VeRaNtWoRtlIcHeR VeRKauft MaN IMMeR etWaSFrank-Michael Rall / TSV Bayer 04 Leverkusen

Unter den zahllosen Sportlern in ihren Trainingsan-zügen sticht ein Mann im schwarzen Anzug heraus: Frank-Michael Rall. Seit dem Jahr 2001 ist er Presse-sprecher des TSV Bayer 04 Leverkusen. Rall hat es geschafft, sein Hobby zum Beruf zu machen. Einen Beruf, in dem er seine Leidenschaft für den Sport mit seinem Interesse an Sprache und Umgang mit den un-terschiedlichsten Menschen kombinieren kann. Ich treffe ihn im Foyer der Hauptgeschäftsstelle des Vereins, das zugleich der Durchgang in die heiligenHallen der Trainingsbereiche ist. Eine schlechte Idee. Rall begrüßt jeden vorbeilaufenden Mitarbeiter

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freundlich mit Namen – ohne den Gesprächsfaden zu verlieren. Nahtlos knüpft er an seinen vorherigen Satz an. Zwei Einsichten ergeben sich zwangsläufig: Hier agiert ein souveräner Rhetoriker, der seinen Verein und dessen Gesichter wie seine Westentasche kennt.

Rall ist verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit aller Abteilungen im Verein. Die Berichterstattung selbst wird von den Pressewarten der einzelnen Abteilungen übernommen. Die Gesamtkoordination liegt bei ihm, damit ein homogenes Bild des Vereins nach außen ent-steht. Seine Herausforderung: Er muss sich in die unter-schiedlichen Kulturen der einzelnen Sportarten eindenken und deren kommunikativen Bedürfnisse kennen.

Einen typischen Büroalltag gibt es für Rall nicht. Die Hälfte seines Arbeitsvolumens kann er zu Hause erle-digen. „Solange ich eine Rede für den Vorstand zum vorgegeben Zeitpunkt abliefere, ist es egal, ob ich sie nachts um zwölf oder morgens um sechs schreibe.“ So kommt auch sein privates Glück nicht zu kurz. Das hat er in Düsseldorf gefunden. Dennoch ist es für ihn wichtig, Präsenz im Verein zu zeigen. Regelmäßig fiebert Frank-Michael Rall in den vereinseigenen Hallen bei Saisonspielen aller Mannschaften mit. „Für mich ist

Unternehmen TSV Bayer 04 LeverkusenGeschäftsfeld SportGründungsjahr 1984Standort Leverkusen Mitarbeiterzahl k. A.Umsatz k. A.

alS PR-VeRaNtWoRtlIcHeR VeRKauft MaN IMMeR etWaSFrank-Michael Rall / TSV Bayer 04 Leverkusen

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es teils privates Vergnügen, teils aber auch eine Art professionelles Schaulaufen“, erklärt Rall. Hier kommt er mit Managern, Journalisten oder (potenziellen) Sponsoren ins Gespräch. „Als PR-Verantwortlicher verkauft man etwas – vor allem sich selbst und damit den Verein.“ Kontaktpflege und Networking sind heute erforderlicher denn je. In Zeiten rückläufiger Budgets sichern speziell Sponsoren die Existenz des TSV im Bereich des Spitzensports.

Zwar steht die Bayer AG als Hauptsponsor nach wie vor als Synonym für sportliche Erfolge, dennoch zieht sich der Chemie- und Pharmakonzern finanziell schritt-weise aus den einzelnen Abteilungen zurück.

Bevor er beim TSV startete, war Rall knapp vier Jahre bei der Bayer AG im Bereich „Sportwerbung“ angestellt. Damals lag die gesamte Finanzierung und Kommuni-kationsarbeit der noch heute existierenden Bayersport-events in den Händen des Leverkusener Chemiegiganten. Nach und nach verlagerte sich die Verantwortung für diese Aufgaben in die einzelnen Abteilungen des Vereins, und Rall wechselte die Seiten. Die neu ausgerichtete Corporate Identity des Vereins ist klar: Der TSV Bayer 04 Leverkusen soll sich als

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Werbe- und Imageträger auf die Bereiche Behinderten-sport, Breitensport und Talentförderung konzentrieren. Eine Konsequenz: Aus dem Basketball-Rekordmeister der Bundesliga „Bayer Giants Leverkusen“ wurden die „Giants Düsseldorf“, da man keine Finanzierungsalter-nativen in Leverkusen für die Lizenzerhaltung fand.

Rall muss die Konzernphilosophie aus nächster Nähe, kennen, um die Bayersportpolitik im Verein umsetzen zu können. Dementsprechend berät er und verfasst Reden für Vorstand und Geschäftsführung, um weiterhin ge-nügend Unterstützung des Konzerns zu bekommen.

Bevor Rall seine Berufung im Sport und in der PR-Arbeit fand, absolvierte der gebürtige Karlsruhereinige Zwischenstopps. Sein Interesse an Sprache motivierte ihn zunächst, Publizistik und Kommunikati-onswissenschaften in Münster zu studieren. In diversen Praktika bei RTL Köln, dem Bauer Verlag und der dpa in Hamburg teste Rall zunächst seine Talente, ehe er als Trainee in der Redaktion des Sport-Informations-Diensts in Neuss anfing. Insgesamt verblieb Rall sechs Jahre beim SID, einer der größten deutschen Nachrich-tenagenturen im Bereich Sport.

Tragik des Freizeitsportlers: In dem reichen Angebot des Vereins fehlt eine Tennis-Abteilung – der Sport, dem er in seiner Freizeit am liebsten nachgeht. Im Verein selbst bleibt dem Mann im schwarzen Anzug nur der Passivsport von der Tribüne – und da ist Frank-Michael Rall dann immer gleichzeitig als Botschafter für seinen Verein unterwegs. Schick-sal, wenn man Beruf und Hobby so eng miteinander verknüpft.

Text: Lisa Bader - Fotos: Kristina Haak

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Einst war sein Traumberuf Dozent, heute jedoch arbeitet Dr. Jens Schreiber als Leiter der externen Kommunikation und Pressesprecher bei Eon in Düssel-dorf. Der 53-Jährige, dunkler Anzug, weißes Hemd mit dunkelroter Krawatte, ist ein viel beschäftigter Mann, wie nach kurzer Zeit deutlich wird. Gerade erst von einer Konferenz aus Kopenhagen zurück, klingelt nun ununterbrochen sein Handy.

Jens Schreiber durchlief einige berufliche Stationen, bis er letztendlich beim größten deutschen Energieversorger Eon landete. Von der Klöckner-Humboldt-Deutz AG über Balcke-Dürr bis hin zu Veba Oel, der ehemaligen Metallgesellschaft in Frankfurt und der Frankfurter Messe war Schreiber häufig in erfolgreichen Unternehmen, die früher oder später jedoch in eine Existenz bedrohende Krise rutschten. Dies, sagt er, komme daher, dass „jahrzehntelanger Erfolg nach bewährten Rezepten blind macht für Veränderungen auf den Märkten und

damit verbundene Gefahren. Es entsteht wie auf der Titanic die fröhliche Illusion, dass man unsinkbar ist und die Eisberge vorüberziehen. Wenn man dann die Krise als Krise wahrnimmt, ist es häufig zu spät“. Die meisten der Unternehmen, bei denen er beschäftigt war, existieren heute nicht mehr. Schreiber sprang regelmäßig, kurz, bevor das Unternehmen in die Krise kam, vom schwankenden Schiff, bis er 2007 zu Eon kam. Zufall, kein Plan, wie er betont.

Das Unternehmen Eon, das wegen seiner Bedeutung für die deutsche Wirtschaft und die europäische Energie-versorgung als eines der wichtigsten in Deutschland gilt, erregt derzeit große Aufmerksamkeit in den Medien und der Öffentlichkeit. Dies resultiert daraus, dass vor allem der Klimawandel, aber auch die Energiepreise und die Versorgungssicherheit zu Themen der Tagespolitik geworden sind und die Schlagzeilen füllen. Der generelle Vorwurf, die Energieunternehmen würden bei all diesen

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Themen ihre gesellschaftliche Verantwortung nicht ausreichend wahrnehmen und ihre Marktmacht missbrauchen, hat die gesamte Branche in eine tiefe Reputationskrise rutschen lassen, und das nahezu europaweit. Genau hier sieht Schreiber auch in der nächsten Zeit die größte Herausforderung für die Unternehmenskommunikation. Er möchte mit seinem Team dazu beitragen, das Unternehmen aus dieser Reputationskrise langfristig herauszu-führen. Dies geht seiner Meinung nach aber nur mit klaren Zielen, einfachen Strategien, die sich aufs Wesentliche beschränken, systematischem Denken und dem Mut zum Handeln. Man müsse schlicht das Ruder in die Hand nehmen, anstatt im Schützengraben zu verschwinden.

Grundsätzliche Probleme sieht Schreiber bei seiner Arbeit nicht. Er hat, wie er sagt, mit viel Humor und einem guten Verhältnis zu seinem Team und dem Unternehmensvorstand Spaß an der Arbeit als Kommunikator. Stress und eine hohe Belastung gehören für ihn einfach zu seinem Beruf.

Seine Aufgabe bei Eon beschreibt er als eine „Gesamtleistung, die sich hauptsächlich auf die externe Kommunikation erstreckt und die für Eon enorm wichtig ist, da sich hier das Unternehmen als Dialogpartner in der Öffentlichkeit darstellt und über die Medien von der Öffentlichkeit bewertet wird“. Noch vor drei Jahren beschäftigte sich Eon eher mit Unternehmens-themen und kommunizierte deutlich stärker wirtschafts- und kapitalmarkt-orientiert. Als sich jedoch die oft hitzig geführte gesellschaftliche Debatte über die Verantwortung der Energieunternehmen für den Klimaschutz und eine sichere sowie bezahlbare Energieversorgung entzündete, ging es

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Unternehmen E.ON AG Geschäftsfeld EnergieGründungsjahr 2000Standort Düsseldorf (Zentrale) Mitarbeiterzahl ca. 93.600 (2008)Umsatz ca. 87,7 Mrd. Euro (2008)

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darum, die Kommunikation von Eon neu auszurichten. Die Energiebranche verlor zunehmend an Vertrauen und Glaubwürdigkeit, da sie ihre eigentliche Aufgabe, eine sichere, bezahlbare und klimafreundliche Ener-gieversorgung immer weniger erfüllte. Laut Schreiber wurde ihr von einem großen Teil der „Gesellschaft die ′Lizenz zum Arbeiten′ entzogen“.

In der nahen Zukunft sieht Schreiber die Aufgabe dieser Neuausrichtung noch nicht als beendet an. Die Kommu-nikation über Blogs und Twitter habe für ihn und sein Team an Bedeutung gewonnen, da er hier eine neue Möglichkeit sieht, in den gesellschaftlichen Dialog intensiver einzugreifen. Zum jetzigen Zeitpunkt hat er noch kein klares Bild vor Augen, wie das Unternehmen Social Media einsetzen wird. Aber eines könne er schon jetzt sagen, wenn Eon sich entschließe, diese Art von Kommunikation wahrzunehmen, dann nach dem Grund-satz: „Wir machen das mit offenem Visier und geben uns zu erkennen.“ Schreiber will zu dem stehen, was er tut und hält nichts von versteckter PR. Auch der aktuelle Trend zum Klimaschutz und erneuerbaren Energien werde in Zukunft für die Energiebranche an Wichtigkeit gewinnen. Für Eon mit seinen Kern- und Kohlekraft-werken wird dies eine große Herausforderung darstellen.

„So schnell, wie wir uns alle das wünschen, wird sich der Umbau der Energiesysteme nicht verwirklichen lassen“, sagt der PR-Manager.

Schreiber, der sich selbst auf dem Fahrersitz sieht, hat trotz der üblichen Schattenseiten im Job viel Spaß an der Arbeit. Für ihn ist es jedoch auch wichtig, Privat- und Berufsleben zu trennen und Themen wie Wirtschaft, Unternehmen und Kommunikationstheorien nicht mit nach Hause zu nehmen.

Beruflich verfolgt er die Philosophie, aktiv zum Erfolg des Unternehmens beizutragen und sich mit seinem Team auf gemeinsame, möglichst messbare Ziele zu verständigen, die alle antreiben und vorwärts bringen. Seine tägliche Motivation hierbei ist die gemeinsame Aufgabe. Privat dagegen liebt es Schreiber, seinen Tag mit Sport zu beginnen, danach ein gutes Buch zu lesen und, wenn es geht und passt, den Abend mit einem Essen und einem Theaterbesuch ausklingen zu lassen. Auch hier nimmt er gerne aktiv das Ruder in die Hand.

Text: Kristin LingnerDetailfoto: Kathrin BorgsPortraitfoto: Dietke Benndorf

Unternehmen E.ON AG Geschäftsfeld EnergieGründungsjahr 2000Standort Düsseldorf (Zentrale) Mitarbeiterzahl ca. 93.600 (2008)Umsatz ca. 87,7 Mrd. Euro (2008)

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Silvia Schumacher war immer klar, dass sie irgendwann in der Medienbranche arbeiten würde. Nach ihrem Abitur wollte sie sich zuerst ein Jahr lang in Lissabon sozial engagieren. Doch Lissabon erwies sich als zu verlockende Stadt fürs Arbeiten. So kehrte sie nach einem halben Jahr zurück nach Deutschland und entdeckte durch Zufall eine Anzeige im Kölner Stadt-Anzeiger. Sie lautete: ,,Wollen Sie in der Medienbranche arbeiten?“ Sie dachte sich: ,,Klar will ich das!“, bewarb sich und hatte kurz darauf ein Vorstellungsgespräch bei der Barbarella En-tertainment GmbH in Köln.

Es folgte ein einjähriges Praktikum, danach absolvierte sie eine dreijährige Ausbildung als Kauffrau für audio-visuelle Medien. Daraufhin wurde Schumacher von Bar-barella Entertainment als PR-Beraterin übernommen. ,,Meine damalige Chefin ist eine anspruchsvolle Frau und schmeißt einen auch mal ins kalte Wasser. Aber das ist gut, denn so werden alle Mitarbeiter selbstständiger.“

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Ein Jahr später wechselte sie zu Pool Position, wo sie die Pressearbeit für Moderatoren wie Barbara Schöneberger, Thomas Hermanns oder Sonya Kraus verantwortete. Zwei Jahre blieb sie dort, bis sie wieder zu ihrer alten Firma als Leiterin der PR-Abteilung zurückkehrte.

Die junge Frau lernte aber auch die Schattenseite der Branche kennen. ,,Irgendwann kam der Wendepunkt bei mir, als ich merkte, dass ich zu viele Projekte mit zu un-terschiedlichen Inhalten betreute und mich nicht mehr jedem einzelnen hundertprozentig widmen konnte.“ Da spürte sie, dass es Zeit für eine Veränderung war. Einige Schauspieler, die sie damals betreute, ermutigten sie, sich selbstständig zu machen. Als dann auch noch die bekannte Münchener Schauspielagentin Andrea Lambs-dorff ihr das Angebot machte, die Personality-PR für alle ihre Schauspieler zu übernehmen, war der erste Schritt in Richtung Selbstständigkeit getan.

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Unternehmen Schumacher PR Geschäftsfeld Personality-PR, Fernsehfilm-PR Gründungsjahr 2008Standort Köln Mitarbeiterzahl k. A.Umsatz k. A.

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r Viel Motivation erhält sie aus der Entwicklung der Schauspieler. ,,Es ist immer wieder ein schönes Gefühl, wenn ’meine’ Schauspieler für ihre Arbeiten gelobt werden und in der Branche Anerkennung finden. Wenn dann noch das Interesse der Medienvertreter steigt, freue ich mich natürlich, ein wenig dazu beigetragen zu haben.“ Deshalb hofft sie auch weiterhin, dass Journalisten sich stärker für talentierte, noch nicht so bekannte Schauspie-ler interessieren und über sie berichten werden.

Zu den Schauspielern, die sie betreut, hat die freundliche Niedersächsin ein sehr gutes Verhältnis. Sie glaubt, dass es in dieser Branche sehr wichtig ist, niemandem etwas aufzuzwingen. ,,Ich bin dazu da, um zu beraten. Wie sich die Person dann entscheidet, liegt in ihrer Hand. Jeder muss seinen eigenen Weg gehen.“

Der Schauspieler Christoph-Maria Herbst, bekannt aus der Fernsehserie ,,Stromberg“, ist einer von vielen Schauspielern, die die Arbeit der jungen PR-Managerin schätzen. „Silvia ist zuverlässig und immer erreichbar. Zudem hat sie eine gewisse Aura in der Stimme – das ist gut, da man in dem Job oft telefonieren muss. Außerdem ist sie ehrlich, das ist mir ebenfalls sehr wichtig.“

,,Ich hatte damals eineinhalb Jahre mit Silvia an einem Projekt gearbeitet und wusste daher, wie sie arbeitet. Sie unterscheidet sich von anderen PR-Beratern dadurch, dass sie auch mal talentierte, aber relativ unbekannte Schauspieler betreut. Außerdem leistet sie ihre Arbeit ge-nau so, wie ich es mir wünsche. Heute ist sie für mich so etwas wie der verlängerte Arm meiner Schauspielagentur“,sagt Lambsdorff über Schumacher.

2007 heiratete die damals 30-Jährige im engsten Familien-kreis und gründete noch im gleichen Jahr ihre kleine Agentur Schumacher PR. Seitdem übernimmt die Jung-unternehmerin die Pressearbeit für Film- und Fernsehpro-jekte sowie Schauspieler. Aber ihre Arbeit beinhaltet nicht nur die Set- und Ausstrahlungs-PR für Fernsehfilme, auch um die Interessen, das Wohlergehen, die Vermarktung, ja sogar gelegentlich um die Beschaffung von Kleidern für Events ihrer Schauspieler kümmert sie sich. Hinzu kom-men die Koordination und Organisation von Terminen, die Entwicklung von Pressestrategien sowie die ständige Aktualisierung der Vitae ihrer zu betreuenden Schauspieler. Dabei ist ihr Wikipedia oftmals ein Dorn im Auge. ,,Jeder kann Informationen auf diesem Portal verbreiten, und oft werden diese dann ohne Recherche übernommen – egal, ob die Informationen nun richtig sind oder nicht.“

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Schumacher gibt zu, dass es ihr oftmals schwerfällt abzuschalten. Selbst wenn sie wie jedes Jahr nach Sardinienfährt, um Urlaub zu machen, erwischt sie sich oft dabei, wie sie E-Mails auf ihrem iPhone liest und im Kopf schon neue Pressestrategien für ihre Kunden durchgeht. Am besten kann die Agenturleiterin immer noch an einem gemeinsamen Frauenabend mit ihren Freundinnenabschalten oder beim Film- und Fernsehabend mit ihrem Mann.

In Zukunft hat Silvia Schumacher nicht vor, zu expan-dieren. ,,Schumacher PR soll klein und fein bleiben“, sagt sie. So kann sie sich auf ihre Kunden konzentrieren und dies mit ihrer ganzen Energie.

Text: Anne Steffen - Fotos: Zein Okko

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Der Aufzug zieht sich in einem der wuchtigen Türme des gläsernen Stadttors hoch bis in den elften Stock. Die Bel Etage der nordrhein-westfälischen Landespolitik. Hier in der Düsseldorfer Staatskanzlei hätte es eigentlich stattfinden sollen, das Interview mit Tim Arnold, dem Sprachrohr der NRW-Landesregierung in Berlin. Doch Tief Daisy machte, als Verursacherin eines Zugausfalls, dem Treffen einen Strich durch die Rechnung. Rund drei Wochen später steht er vor der Berliner NRW-Vertre-tung im noblen Botschaftsviertel unweit des Potsdamer Platzes: „Willkommen in Nordrhein-Westfalen!“ Seine Stimme ist tief und deutlich, kein Wunder bei einem Resonanzkörper von etwa zwei Metern Körpergröße.

Der gebürtige Wuppertaler ist seit 2006 Leiter der nordrhein-westfälischen Landesvertretung in Berlin. Sein Job ist es, das Bundesland in der Hauptstadt auf Bundes- und internationaler Ebene zu vertreten und zu repräsentieren – PR für NRW. „Mein Arbeitsfeld

daS SPRacHRoHR NoRdRHeIN-WeStfaleNSTim Arnold / NRW-Landesvertretung in Berlin

ordnet sich klar dem Gebiet Public Affairs oder Repu-tationsmanagement zu. Als PR’ler bezeichne ich mich jedoch nicht. Politischer Kommunikationsmanager trifft es besser“, erläutert er bei einem Rundgang durch das Hightech-Gebäude. Eine Aufgabenstellung der beson-deren Art. Arnold macht einen Spagat zwischen der NRW-Hauptstadt Düsseldorf, wo er zwei bis drei Mal die Woche ist, der Bundeshauptstadt Berlin und der westfälischen Unternehmensmetropole Gütersloh, die er seine Heimat nennt. „Die Bahnstrecke verbindet alle drei Städte miteinander, das ist optimal für mich“, stellt der Vierzigjährige fest.

Jürgen Rüttgers persönlich war es, auf dessen Wunsch sich Arnold auf den Weg nach Berlin machte. „Ur-sprünglich wollte ich nur im Wahlkampf für den damali-gen Oppositionsführer Rüttgers arbeiten. Wahlkampf ist für mich die Königsdisziplin der Kommunikation.“ Er beschreibt sein Verhältnis zu seinem Chef als vertrau-

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old ensvoll und unkompliziert. Jürgen Rüttgers hat sich

– wie es scheint – genau überlegt, wer für ihn das immer-hin wirtschaftsstärkste Bundesland vor nationalen und internationalen Vertretern repräsentiert. Die Vita von Tim Arnold liest sich wie ein Bilderbuch, doch er selbst gibt sich eher bescheiden: „Meine Hochschulen habe ich mir immer im Kontext der Praxisorientierung ausgesucht.“Wenn er von Hochschulen spricht, meint er Universitäten wie die London School of Economics and Political Science, die Harvard University und die École Nationale d‘Administration in Strasbourg. Ganz nebenbei absolvierte er noch Praktika in der Hamburger Staatskanzlei und im Bundeskanzleramt, damals noch in Bonn.

Bevor er jedoch seine Fahrt nach Berlin antrat, machte er Karriere beim Medienriesen Bertelsmann. Mark Wössner, Thomas Middelhoff, Gunter Thielen und der verstorbene Medienmogul Reinhard Mohn selbst waren zu ihren Zeiten seine direkten Vorgesetzten. „Reinhard Mohn war eine Ausnahmepersönlichkeit. Durch Selbst-bestimmung und Zurückhaltung hat er sich eine beson-dere Art von Work-Life-Balance geschaffen. Er war ein unangepasster, freier Geist“, erinnert sich Arnold.

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Genau wie Mohn scheint auch Arnold die richtige Balance zwischen Berufs- und Privatleben gefunden zu haben. Sein Wecker klingelt morgens um 05:30 Uhr. Noch bevor er zusammen mit seiner Freundin früh-stückt, geht er joggen. Um 08:45 Uhr stehen die ersten Besprechungen in seinem Büro mit Blick auf die japani-sche Botschaft an. In Sitzungswochen des Bundestages kommt er nur selten vor 24:00 Uhr nach Hause. „Meine Freundin versteht das, sie ist selbst sehr beschäftigt. Die Zeit holen wir dann am Wochenende wieder raus.“

Der Sport ist für ihn kein Ausgleich, denn er braucht keinen Ausgleich. „Ich arbeite gerne und habe Spaß dabei. Erholung durch Abwechslung.“ Enge Freunde beklagen schon einmal, dass er zu viel unterwegs sei, aber das bringe der Job nun mal mit sich. Auf die Frage nach seiner Motivation antwortet er nach kurzem Über-legen, dass es nicht das Geld sei. In der Wirtschaft habe er weitaus mehr verdient als heute. „Vielmehr ist es die gesellschaftliche Verantwortung, die mich antreibt. Es gibt bei uns in Deutschland viel zu wenig Schnittstellen zwischen Wirtschaft und Politik.“

Arnold verkörpert eine dieser Schnittstellen, und das mit Erfolg: Die Besucherzahlen in der NRW-Vertretung haben sich unter seiner Führung von 7.000 Besuchern pro Jahr auf rund 35.000 verfünffacht. Nach dem Abschluss der aktuellen Koalitionsverhandlungen unter dem Dach der NRW-Vertretung sagte Kanzlerin Merkel, dass die Küche dort fast abhängig mache und sie in Zukunft zum Essen mal öfter vorbeischauen müsse. „Ein tolles Kompliment für unser 50-köpfiges Team und ein fulminanter Erfolg aus NRW-Sicht“, so Arnold mit stolzer Stimme. Ob der Kommunikationsmanager weiterhin erfolgreich für das Land NRW arbeiten kann, oder ob der Fahrstuhl aus der Bel Etage zunächst wie-der abwärtsgeht, entscheiden die Wähler im Mai 2010 durch die nächste Landtagswahl.

Unternehmen Nordrhein-WestfalenGeschäftsfeld PolitikGründungsjahr 1946Standort DeutschlandEinwohner ca. 18 Mio.BIP 521,8 Mrd. Euro (2009)

Text: Jan Hölkemann - Detailfoto: Stephan Overhagen

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Die Geschichte von Jörg Schillinger beginnt in Göttingen, während seines Studiums. In dieser Zeit entwickelte er diverse Leidenschaften: zur Folk-Musik, zu Schweden, zum Geigen, zu Großseglern und nicht zuletzt zu seiner Frau. „Auf einer Radtour mit Bremer Musikern habe ich, bis zum Bauchnabel im Wasser eines Seitenarms der Wümme stehend, ein Freiluftkonzert mit schwedischer Musik gegeben. Die anderen Ausflügler waren mehr als verwundert. Die damals anwesende Flötistin habe ich geheiratet.“ Ihr Vater sollte ihn wenig später seiner beruflichen Leidenschaft näher bringen, er schlug vor: „Wenn Du nicht zur Presse gehst, dann mach doch Pressearbeit für Dr. Oetker!“

Rund 20 Jahre später war es soweit. Im Oktober 2007 übernimmt er die Leitung der Abteilung Öffentlich-keitsarbeit der Dr. August Oetker KG in Bielefeld. „Ich bin zuständig für die Holding insgesamt, alles was die Inhaber-Familie betrifft und selbstverständlich in Perso-nalunion für die Nahrungsmittellinie.“ Andere Teile des Dr. Oetker-Reichs, wie Brauereien, Reederei und Bank sind in ihrer PR eigenständig organisiert und berichten ihren jeweiligen Geschäftsleitungen.

Sein Büro ist lichtdurchflutet, zwei Glasfronten bieten einen schönen Blick auf den Bielefelder Südwesten. Hinter einer Zwischentür ist das Büro vom Firmenin-haber August Oetker. „Ich bin Berater des Eigentümers und habe eine besondere Vertrauensstellung“, erklärt der 49-Jährige. Der Bereich der Öffentlichkeitsarbeit untersteht August Oetker direkt.

dIe eRSte geIge IM oRcHeSteR oetKeRDr. Jörg Schillinger / Dr. August Oetker KG

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Die Nachmittagssonne steht tief im Raum, Schillinger sitzt in einem der massiven Holzsessel, sein brauner Anzug, kombiniert mit einer farbenfroh gestreiften Kra-watte, harmoniert perfekt mit Interieur und Gardinen. „Herr Oetker sagt gerne: Die Kunst ist es, nah an der Sache zu sein, aber über den Dingen zu stehen.“ Und das beherrscht er sehr gut, findet Schillinger.

Seine ersten Arbeitserfahrungen macht der PR-Profi während der Schulzeit als Aushilfsarbeiter in der Erd-ölbranche. „Harte Arbeit war das, ich wusste genau warum ich studieren wollte“, erzählt er. Schillinger stammt aus Oberg, einem kleinen Ort im Umkreis von Hannover. Sein Elternhaus, sagt er, habe ihm vor allem Bodenständigkeit mitgegeben.

Als Jugendlicher will er zunächst Verhaltensforscher, dann Pastor oder Berufsoffizier werden. Schließlich studiert er Geschichte und Philologie. Nach Abschluss des Studiums schließt er eine Ausbildung an der Fort-bildungsakademie der Wirtschaft in Köln an. Dabei absolviert Schillinger ein Praktikum bei der Brauerei Beck & Co, das seinen späteren Berufsweg bestimmt: Hier entdeckt er die Lebensmittelbranche.

Unternehmen Dr. August Oetker KGGeschäftsfeld Nahrungs- und GenussmittelGründungsjahr 1891Standort Bielefeld Mitarbeiterzahl 24.700 (2008)Umsatz 9,2 Mrd. Euro (2008)

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Er steigt 1993 beim Spar Handelskonzern ein, bekommt früh viel Verantwortung und wird dort nach zwei Jahren Leiter Konzernkommunikation. Nach einem kurzen Intermezzo bei einem Online-Dienstleister wechselt er 2003 als Director Corporate Affairs zur Deutschland-holding des Brauunternehmens InBev, zu dem unter anderem Marken wie Beck‘s Bier, Franziskaner und Hasseröder gehören.

Hier erlebt Schillinger mehrere Geschäftsführungen in kurzer Zeit. Krisen-PR gehörte zum täglichen Geschäft. Über diesen Karriereabschnitt sagt Schillinger: „Es war sicherlich interessant, bei globalen Treffen aller PR-Verantwortlichen die Mentalitäten und Arbeitsweisen der verschiedenen Nationen kennenzulernen, aber die einsamen Tage auf den Flughäfen dieser Welt vermisse ich nicht.“

Heute schätzt er die Vorzüge des Familienunternehmens Dr. Oetker, nachdem er die krasse Welt von Shareholder Value und Börsennotierung kennengelernt hat. „Hier spürt jeder Mitarbeiter, wie stark die Unternehmenskultur von sozialem Engagement, Bodenständigkeit und Lang-fristigkeit geprägt ist.“ Neben den regelmäßigen (Diens-tags-)Treffen der Abteilungen zur Lagebesprechung gehe man auch täglich gemeinsam zum Mittagessen in die Kantine. „Das ist hier eben so seit Generationen. Jede Abteilung hat so ihre Zeit, auch daran kann man sich gewöhnen“, schmunzelt Schillinger.

Hier in Bielefeld würde er gerne auch noch in zehn Jah-ren wirken. „In diesem Unternehmen hat man eine Probezeit von sieben Jahren“, zwinkert der Branchen-kenner, der auf ein in zwei Jahrzehnten aufgebautes Netzwerk vertrauen kann. Sein Vorgänger war 24 Jahre im Unternehmen und hat die Strukturen der Unterneh-mens-PR geprägt. „Meine Aufgabe ist es, das Unterneh-men am Puls der Zeit zu halten. Dabei gilt: Evolution statt Revolution. Prämisse ist langsamer, aber stetiger Wandel.“ Glaubt man dem Ranking des Pressesprecher-magazins, war diese Formel bisher erfolgreich: „Dr. Oe-tker“ belegt regelmäßig einen Platz auf dem Treppchen der 500 stärksten Marken von Konsumgüterartikeln.

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Es scheint so, als habe sich nach knapp einem halben Jahrhundert ein Kreis geschlossen. Die Frau des PR-Managers, mit der er seit über 26 Jahren zusammen ist, stammt aus Bielefeld. Und selbst seine Tochter wünschte sich nach einem Zusammentreffen mit seinem Vorgänger im Hause Oetker auf einer Rückfahrt in die damalige Heimat Bremen: „Papa, Du sollst nicht mehr für Becks arbeiten, sondern für Herrn Oetker!“

Schillinger entspannt sich im Alltag gerne gemeinsam mit seiner Tochter bei einem Lateinkreuzworträtsel oder via Youtube mit Ronja Räubertochter und schwedischer Musik. Gibt es einen Traum, den er sich noch gerne er-füllen würde? Schillinger überlegt eine Weile. Dann sagt er: „Einen Großsegler bauen, ins norwegische Trond-heim reisen und eine Hardanger-Geige kaufen und dar-auf spielen lernen, am liebsten eine nordische Melodie.“

Text & Fotos: Dietke Benndorf

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„Wandel und Wechsel liebt, wer lebt“, zitiert Monika Bruser den Komponisten Richard Wagner, und ihre mandelförmigen braunen Augen werden größer und strahlen. „Das ist mein Lieblingszitat, das ist mein Motor! Es darf einfach nichts stehen bleiben, es muss sich bewe-gen.“ Die Energie der Vierzigjährigen L’Oréal Presse-chefin spürt man förmlich, wenn sie erzählt. Ihre klareStimme ist freundlich, aber bestimmt. Sie weiß, was sie will.

Und doch passt die dunkelhaarige, sportliche PR-Mana-gerin nicht ganz ins Unternehmensbild: In der schlicht, aber stilvoll designten Empfangshalle laufen viele sehr gestylte Personen herum, sie hingegen wirkt auch in ihrem Hosenanzug noch natürlich und authentisch.

Bruser hat Betriebswirtschaftslehre an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf studiert. In die PR ist sie eher zufällig gerutscht, aber dafür schon ziemlich früh. Schon mit sechzehn Jahren fing sie an, in einer PR-Agentur zu jobben, und entdeckte dort ihre Neigung zur Kommunikation. „Irgendwann habe ich bemerkt, dass man mit PR viel bewegen kann. Das BWL-Studium habe ich gemacht, um eine breite Basis, ein gutes Fundament zu besitzen. Das halte ich nach wie vor für sehr wichtig.“

IMMeR IN beWeguNgMonika Bruser / L’Oréal Deutschland GmbH

Unternehmen L’Oréal Deutschland GmbH Geschäftsfeld Kosmetik Gründungsjahr 1930Standort Düsseldorf Mitarbeiterzahl 1.695 (2008) Umsatz ca. 1 Mrd. Euro (2008)

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Ihr Studium und ihre jahrelange Mitarbeit in der Agentur haben ihren Weg geebnet, denn sie musste sich nie richtig bewerben. „Klar ich habe auch auf mich aufmerksam gemacht, aber ich hatte das Glück, dass ich in der Kosmetikbranche bereits relativ bekannt und gefragt war“, erzählt sie. So war es relativ einfach, bald nach dem Studium zu Calvin Klein Cosmetics zu wechseln.

Doch sie wollte auch noch mal eine andere Branche ken-nen lernen. „Ich war erst Mitte zwanzig und galt schon fast als alter Hase in der Kosmetikbranche, so etwas geht einfach nicht“, sagt sie fast ein wenig empört. „Also habe ich mir überlegt, was noch spannend sein könnte.“ So kam es, dass sie bei EMI Music in Köln anfing. Doch nach etwa zwei Jahren kam ein Angebot von L’Oréal, das sie nicht ausschlagen wollte. „Die Erfahrungen, die ich bei EMI sammeln konnte, waren großartig, doch bei L’Oréal konnte ich meine breite Basis optimaler nutzen. Mein Ziel war eine verantwortungsvolle Aufgabe in der Unternehmenskommunikation, und das hat das Angebot so perfekt gemacht.“

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ser Beruflich sucht die PR-Managerin zwar das Neue und

Aufregende, im Privatleben versucht sie dies aber aus-zugleichen. „Mein Mann und ich sind jetzt die Hälfte meines Lebens zusammen. Er ist mein Ruhepol, gibt mir Kraft und Weisheit, wenn ich mal wieder zu sehr in Aktion bin.“ Im Kern scheint sie ein Familienmensch zu sein. Auf ihre beiden Kinder ist sie stolz, erzählt gerne und viel von ihnen. Wenn sie Zeit findet, versucht sie auch zu alten Schul- und Studienfreunden noch Kontakt zu halten.

Besonders engagiert ist sie in der Forschungskommu-nikation. Es ist deutlich zu spüren, dass ihr das ein wichtiges Anliegen ist. Auch aus diesem Grund hat sie persönlich das Programm „For women in science“ zur Förderung herausragender Wissenschaftlerinnen mit Kindern mit initiiert und entwickelt. „Ich weiß einfach, wie nötig es ist, ein stabiles Netzwerk zu haben, wenn man Familie und Beruf kombinieren will“, erklärt sie.

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Dass sie selber den Spagat zwischen Beruf und Familie trotz relativ kleiner Kinder recht gut bewerkstellige, liege an einer guten Organisation, aber vor allem an ihrem Mann, der Familie, Freunden und nicht zu vergessen L’Oréal. „Das Unternehmen lässt mir viel Spielraum. So kann ich schon mal mit dem Blackberry in der Weih-nachtsfeier meiner Kinder sitzen und zwei Dinge auf einmal managen.“

Es habe auch kritische Stimmen ihr gegenüber gegeben,als sie trotz kleiner Kinder mit ihrem Vollzeit-Job weiter-machte. Doch sie sei der Überzeugung, dass sie selbst glücklich sein müsse, um ihren Kindern eine gute Mutter zu sein. Sie achte darauf, dass sie die Kinder morgens zum Kindergarten und zur Schule bringe. „Ich denke,durch meine stressige Arbeit bin ich letztlich eine ausge-glichene Mutter.“ Zeitlich sei jedoch häufig nicht alles zu schaffen. Da müsse man Prioritäten setzen und dürfe keiner sein, der nach Schubladen arbeitet. „Ohne Flexi-bilität und Durchsetzungsvermögen schafft man das nicht. In der Branche muss man zudem extrovertiert sein, Spaß an Kommunikation haben.“

Die Branche entwickele sich ständig weiter, vor allem durch die Kommunikation im Internet werde alles offe-ner. Da sei es wichtig, dass Unternehmen noch glaub-würdiger werden. „Lügen haben kurze Beine, und wenn ein Unternehmen mit falschen Informationen rausgeht, kann dies immer nur von kurzer Dauer vorteilhaft sein.“ Die Top-Priorität habe die interne Kommunikation, es dürfe nie extern vor intern kommuniziert werden. „Des-wegen ist es so wichtig, dass man ein Team ist und sich die Mitarbeiter wohlfühlen. Denn sie sind Meinungsfüh-rer, und wenn sie nicht hinter dem Unternehmen stehen, ist das ein Musterbeispiel für schlechte PR.“

Obwohl sie jetzt schon viele Jahre in Düsseldorf arbei-tet, findet sie Köln immer noch ein Stück lebenslustiger. Ihr Team beschreibt sie als einen sehr positiven Men-schen, was sie mit einem herzhaften Lachen quittiert. Vielleicht hat sie deswegen während des Gesprächs kein schlechtes Wort fallen gelassen, weil sie die Dinge grundsätzlich erst mal positiv sieht.

Text: Gesche Hansen - Fotos: Paula Karys