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Abseits der Touristenströme: Fortaleza S˜ ao Sebasti˜ ao auf der Ilha de Mo¸ cambique. L. ELOUNDOU ASSOMO / UNESCO Eine Weltkulturerbe-Tour durch Tschechien REISEN UND FREIZEIT B 2 Donnerstag, 25. Oktober 2007 Nr. 248 Neuö Zürcör Zäitung
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REISEN UND FREIZEITB 2 Donnerstag, 25. Oktober 2007 � Nr. 248 Neuö Zürcör Zäitung
Der Marktplatz von Telc dient häufig als Kulisse für Historienfilme. PAWEL WYSOCKI / LAIF
Gut zu wissenAnreise: Flüge nach Maputo mit der portugiesi-schen TAP ab Zürich über Lissabon; oder mitSwiss ab Zürich nach Johannesburg. Ab Johan-nesburg weiter mit South African Airways odermit der mosambikanischen LAM nach Maputo.Von dort mit LAM nach Nampula, von wo ausman die Ilha de Mocambique im Bus oder imTaxi erreicht. Das Taxi kostet 100 US $.Beste Reisezeit: April bis Oktober. Schweizererhalten Visum bei der Einreise am Flughafenvon Maputo.
Geschichtsträchtige Ilha de MocambiqueDie Fortaleza Sao Sebastiao thront über dem Indischen Ozean
Ilha deMoçambique
Moçambique
Mada-gaskar
NZZ
Wer seine Ferien abseits derTouristenströme verbringenwill, aber trotzdem nicht aufden Genuss des Insel-Fee-lings, kulinarische Eskapadenund ein reichhaltiges kulturel-les Angebot verzichten möch-te, ist auf der Ilha de Mocam-bique gut aufgehoben. Die frühere Hauptstadt derportugiesischen Kolonie auf der nur einen Qua-dratkilometer grossen Insel im Indischen Ozeanstellt mit ihrer Festung aus dem 16. Jahrhundert,der Fortaleza Sao Sebastiao, dem früheren Gou-verneurspalast und den stattlichen Bürgerhäusernein eindrückliches Zeugnis europäischer Kolo-nialgeschichte auf dem afrikanischen Kontinentdar. Und genau wegen dieser zahlreichen histori-schen Bauten hat die Uno-Organisation für Erzie-hung, Wissenschaft und Kultur (Unesco) die Ilhade Mocambique im Jahre 2003 in die Liste desWeltkulturerbes aufgenommen.
Gold, Stosszähne und SklavenDer Charme der Insel, welche lange Zeit als Um-schlagplatz für Gold, Stosszähne und Sklavendiente, erklärt sich vor allem mit dem Gemischder Kulturen: arabische, indische, europäischeund nicht zuletzt Swahili-Einflüsse sind hier auf-einandergetroffen und haben eine bunte Mi-schung entstehen lassen. Viele historische Bautensind nicht Museen, sondern Teil des Alltags derInselbevölkerung, die sich inzwischen fast aus-schliesslich aus schwarzafrikanischen Muslimenund einigen Mestizen zusammensetzt. So ertöntbeispielsweise selbst in der Fortaleza Sao Sebas-tiao, dem während Jahrhunderten wohl grösstenSteingebäude im Afrika südlich der Sahara, Kin-dergeschrei. Ein Teil der ehemaligen portugiesi-schen Soldaten-Unterkünfte ist in Klassenzimmerumgewandelt worden, und die frühere Kantinemit ihrem hohen Bogengewölbe wird als Turn-halle genützt. Die über dem Indischen Ozeanthronende Festung war von Portugiesen ab 1558gebaut worden, also gut 60 Jahre nach der Ent-deckung der Insel durch Vasco da Gama. Die For-taleza Sao Sebastiao war zum Schutz gegen dieBesitzansprüche der Swahili- und Araber-Fürstenerrichtet worden und diente später auch als idealeTrutzburg gegen die Angriffe der Holländer.
Die Festung ist gut erhalten. Bis zum heutigenTage funktioniert die sechs Meter tiefe Zisterne,welche die Portugiesen zur Sicherung ihrer Trink-wasserversorgung eingerichtet hatten. In der Zis-terne läuft das Regenwasser zusammen, das miteinem ausgeklügelten System auf einer Dach-und Zinnenfläche von mehreren tausend Qua-dratmetern gesammelt wird. Wenn die Regenzeit
schlecht ausfällt und die Brunnen auf der Inselversiegen, holen sich einheimische Macua-Frauenihr Trinkwasser auch heute noch aus der Zisterneder Festung. Genützt werden von den Einheimi-schen schliesslich auch noch die Wohnhäuser, dievon den Portugiesen nach der Aufgabe der Kolo-nie verlassen und dann von der mosambikani-schen Regierung verstaatlicht worden waren.
Der ehemalige Stadtteil für Weisse und soge-nannte Assimilados ist deshalb heute genauso«schwarz» wie die andere Stadthälfte mit demNamen Macuta, die von den Kolonialherrn derschwarzen Bevölkerung zugewiesen worden war.Während der überwiegende Teil der Häuser inMacuta-Town dicht gedrängt steht und mit Stroh-dächern gedeckt ist, gleicht der frühere weisseStadtteil aber immer noch dem Muster einer por-tugiesischen Stadt, auch wenn inzwischen vieleHäuser vom Zerfall bedroht sind.
Dass die Insel nur von sehr wenigen Touristenbesucht wird und deshalb durchaus noch die Be-zeichnung Trouvaille verdient, ist einerseits aufden komplizierten Anreiseweg, andererseits aberauch auf die Vernachlässigung durch die mosam-bikanische Regierung zurückzuführen. Seit derVerlegung der Hauptstadt nach Maputo im Jahr1898 hat Ilha de Mocambique einen langsamen,aber stetigen Niedergang erlebt. Nach dem Ab-zug der Verwaltung setzte der Insel auch der Baudes Hafens und der Eisenbahnlinie von Nacala insLandesinnere zu, danach der Bürgerkrieg undschliesslich die stiefmütterliche Behandlungdurch die Frelimo-Regierung. Die ehemalige Be-freiungsbewegung sah in der Insel-Stadt lange nurein Symbol der zwar vergangenen, aber immernoch verhassten kolonialen Besatzungszeit.
Trotz seiner isolierten Lage hat das kleineEiland durchaus nicht nur historische Bauten zubieten. Die Zahl der Hotels und Zimmer ist zwarbeschränkt, aber einige der Unterkünfte habenviel Charme und Ambiance. Das schönste Hotelund das beste Restaurant – geführt von einemfranzösischen Koch, der aus mosambikanischenMeeresfrüchten kleine Wunderwerke zaubert –ist zweifellos das in einem ehemaligen Handels-kontor eingerichtete «Escondidinho». Ausge-zeichnete Langusten und Krabben-Gerichte wer-den aber auch im Restaurant Reliquias angebo-ten. Wer dagegen ein eher konventionelles Hotelvorzieht, ist im portugiesisch geführten «Omu-hipiti» gut aufgehoben.
Unberührte SträndeViel Sehenswertes bieten zudem das Museum imehemaligen Gouverneurspalast sowie das Ma-rine-Museum. In dem kleinen, neuen Museums-trakt ist unter anderem chinesisches Ming-Porzel-lan zu sehen, das aus einem Schiffswrack vor derKüste geborgen wurde. Das Porzellan zeugt vomregen Handel, der zwischen der Insel, dem euro-päischen Mutterland, Indien und China bereitsvor Jahrhunderten bestand. Wer von historischenBauten und Museen genug hat, mietet eine Dhau,ein traditionelles Segelschiff, und lässt sich zueinem Sandstrand am Festland oder zur kleinerenInsel Goa fahren, auf die Vasco da Gama 1498erstmals seinen Fuss gesetzt und wo er die portu-giesischen Besitzansprüche angemeldet hatte.Die Sandstrände sind phantastisch und völlig un-berührt. Und wer gerne taucht, kommt auf derInsel ebenfalls voll auf seine Rechnung.
Jean-Pierre Kapp
Gut zu wissenInformation: Tschechische Zentrale für Touris-mus, Am Schanzengraben 11, 8002 Zürich, Tele-fon 044 287 33 44. Hier kann man eine informa-tive Broschüre zum Weltkulturerbe bestellen.Hotels: www.travelguide.cz; www.czechhotels.czLektüre: Weiss, Walter M.: Nachbarn entdecken– Tschechien. Orac-Verlag, Wien.
Abseits der Touristenströme: Fortaleza Sao Sebastiao auf der Ilha de Mocambique. L. ELOUNDOU ASSOMO / UNESCO
Eine Weltkulturerbe-Tour durch TschechienÜberraschend harmonische Stilvielfalt in Südböhmen
TSCHECHIEN
Prag
Telc
NZZCeský Krumlov
Dutzende kleiner Bürgerhäu-ser reihen sich auf diesemlanggestreckten Platz aneinan-der. Cremig-bunte Schmuck-fassaden und abwechslungs-reich gestaltete Ziergiebel prä-sentieren sich auffallend prächtig herausgeputzt,als gelte es, einen Schönheitswettbewerb zu gewin-nen. Gotik, Renaissance, Barock – alle Stile ver-binden sich hier zu einem verblüffend harmoni-schen Gesamtkunstwerk. Kein Wunder, dass derMarktplatz von Telc (zu Deutsch: Teltsch) häufigals Kulisse für Historienfilme dient. Er gehört zuden stimmungsvollsten Architektur-Ensembles inEuropa. «Bei uns gibt es genauso schöne Altstädtewie in Italien», erklärt Stadtführerin Jana stolz undfügt sogleich lächelnd an: «Unser Städtchen istnatürlich das allerschönste. Aber Sie werden inTschechien noch viele erstaunlich gut erhaltenehistorische Orte finden.» Bei der Unesco ist dasschon länger bekannt. Das seit Jahrhundertenkaum veränderte Telc mit seiner malerischen Alt-stadt, die sich zwischen zwei Seen erstreckt, mitdem Renaissance-Schloss und dem Landschafts-park wurde bereits 1992 zum Weltkulturerbe er-hoben – zusammen mit den historischen Stadt-kernen von Prag und Cesky Krumlov.
Reichtum, Macht und KunstsinnKrumlov, das südböhmische Städtchen an denUfern der Moldau, bietet sich in hervorragenderWeise an als Ausgangspunkt für eine Tour zu denWeltkulturerbestätten in Tschechien. Wer durchdie alten Gassen Krumlovs spaziert, wird bald voreinem riesigen Tor stehen, dem Eingang zu einerder grössten Burganlagen Europas. HunderteMeter geht man von Innenhof zu Innenhof, über-windet mittels einer imposanten, dreigeschossi-gen Brücke eine Schlucht, um schliesslich imbarocken Garten zu verschnaufen. Die Burg kün-det aber nicht nur von Macht und Reichtum, son-dern auch vom Kunstsinn ihrer Bewohner. ImTheater staunt man über Kostüme, Kulissen undBühnentechnik – alles original aus der Zeit desBarocks. Eigentlich möchte man hier gar nicht soschnell wieder weg. Aber eine weitere GruppeInteressierter begehrt Einlass.
Weniger touristisch geht es im unweit vonKrumlov gelegenen Holasovice (zu Deutsch;Hollschowitz) zu und her. Hier liegt ein ganz ande-rer, längst vergangener Kosmos vor den Augender Besucher: die bäuerliche Welt des frühen 18.Jahrhunderts. Das fast komplett erhaltene Dorf istein beeindruckendes Beispiel für den sogenann-ten Bauernbarock, der in dieser Homogenitätwohl nirgends sonstwo zu finden ist. Reich-geschmückte und stuckierte Giebelwände derHöfe, die den ausgedehnten Dorfanger mit klei-ner Kapelle und Fischteich säumen, erzählen vomSelbstbewusstsein der bäuerlichen Bauherren.
«Wir sind hier die meiste Zeit unter uns», be-richtet der Mann am Tresen der Dorfkneipe, derwie viele in dieser Gegend ganz gut Deutschspricht. Der Weltkulturerbe-Titel habe bisher nurwenige Touristen angelockt. Es scheint nicht so,als würde ihn das sonderlich stören. Dass Besu-cher hier mitunter das Gefühl beschleicht, inlängst vergangene Zeiten einzutauchen, liegtwohl auch daran, dass die Aneignung westlicherKommerz-Strategien den Ortsbildern noch nichtden Stempel aufgedrückt hat.
Die Reise zum Weltkulturerbe bringt aucheine abwechslungsreiche Geschichtserzählung zu-
tage, die nicht nur von den Herrschern und ihrenKünstlern geschrieben worden ist, die aus deneuropäischen Kunstzentren – vor allem aber ausItalien – an die böhmischen und mährischen Höfeeingeladen wurden. Auch andere Kapitel werdenaufgeschlagen, in denen vermeintlich weniger be-deutende Darsteller auftreten.
Jüdisches ErbeIn der Stadt Trebıc (zu Deutsch Trebitsch), östlichvon Teltsch, findet sich eine weitere städtebaulicheRarität: eines der grössten ehemaligen jüdischenWohnviertel. Mit der nur wenige Meter entferntenromanischen St.-Prokop-Basilika, die ebenfallszum Weltkulturerbe zählt, sind die 120 Gebäudezu steinernen Zeugen für das friedliche Zusam-menleben von Juden und Christen geworden. Ver-winkelte Gassen führen durch das dichtbebauteViertel zur Synagoge, die heute als Museum fun-giert. Jüdisches Leben gibt es in Trebıc allerdingsseit dem Holocaust nicht mehr. Die Erinnerungdaran wachzuhalten, ist eine Verpflichtung.
Die Fahrt geht weiter nach Osten, wo dasnächste umfangreiche Kapitel ein gänzlich ande-res Geschichtspanorama ausbreitet. Die Garten-landschaft um die Orte Lednice (deutsch: Eis-grub) und Valtice (deutsch: Feldsberg) ist einromantisches Reich, das den Vergleich mit engli-schen Anlagen nicht zu scheuen braucht. Mansollte sich Zeit nehmen, um ziellos durch die Gär-ten und Wälder zu streunen – am besten mit demFahrrad, Überraschungen sind garantiert. Wassich die Fürsten der Familie Liechtenstein, die zuden mächtigsten in der Donaumonarchie gehörte,rund um ihre zwei Residenzen im Barock- undNeogotik-Stil und zahlreiche Seen und Teiche an-legen liessen, ist eine überaus romantische Land-schaft. Abseits der Schlossanlagen ragt auf einerLichtung ein Triumphbogen empor, etwas weiterkrönt eine Kolonnade einen Höhenzug. Plötzlichsteht man im dichten Wald vor einer Ruinenburgund entdeckt überrascht sogar ein Minarett (mitAussichtsplattform): Bauten, die keinem anderenZweck dienen sollten, als anmutige Kulissen füreinen Ausflug in die Natur zu sein.
Wenig KulturtouristenDie Stille dieser Landpartie wird allenfalls durch-brochen vom Getrappel der Pferde, die Reiterüber die Wiesen tragen, oder vom sanften Ächzeneines der Ruderboote. Der Weg führt schliesslichnach Valtice, einer Winzergemeinde, die einlädt,den Tag bei einem Schoppen ausklingen zu las-sen. Dass schon die Liechtensteiner Weinbau be-trieben haben, daran erinnert die Weinstube imSchloss. Auch Winzer Tomas kann bestätigen,dass das tschechische Weltkulturerbe ein echterGeheimtipp ist. «Zu uns kommt man wegen desWeines – weniger wegen der Schlösser und Gär-ten.» Die Kulturtouristen machen sich offensicht-lich noch rar.
Ulli Traub