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Yvo Wüest Reduziert gewinnt! Didaktische Reduktion für Trainer, Ausbildende und Lehrpersonen

Über den Autor Yvo Wüest Wir ertrinken in Informationen, … · 2015. 8. 26. · Wir ertrinken in Informationen, aber uns dürstet nach Wissen. John Naisbitt Yvo Wüest Reduziert

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Wir ertrinken in Informationen,aber uns dürstet nach Wissen.

John Naisbitt

Yvo Wüest

Reduziert gewinnt!Didaktische Reduktion für Trainer, Ausbildende und Lehrpersonen

Wüe

st

Redu

zier

t ge

win

nt!Über den Autor

Yvo Wüest arbeitet als Studienleiter und Dozent bei der aeB Schweiz.

Für Inhouse-Aufträge und Trainings ist er in der Schweiz und inter-

national unterwegs.

Seine Arbeitsschwerpunkte sind:

– Didaktische Reduktion

– Lernen in der Dimension 2.0

– Präsentationstechnik und Medieneinsatz

– Studienleitung in den Modulen zum eidg. Fachausweis

Ausbilderin/Ausbilder

Kontaktieren Sie ihn über die Website www.reduziertgewinnt.ch,

wenn Sie Fragen zum Thema «Didaktische Reduktion» haben. Möch-

ten Sie ein Inhouse-Seminar zum Thema vereinbaren, melden Sie

sich mit Ihrem Anliegen auf www.aeb.ch.

Finden Sie auf seinem Blog www.didacticalreduction.com aktuelle

Beiträge zur «Didaktischen Reduktion».

Bieten Sie ihm Ihre Vernetzung über

www.xing.com/profile/Yvo_Wueest oder auf

www.linkedin.com/profile/Yvo_Wueest an.

www.hep-verlag.ch/reduziert-gewinnt

UG_Reduziert_gewinnt_1A_15.indd 1 16.07.15 10:14

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort PhilippMetzger,ECAPSchweiz 7

Einleitung YvoWüest,aeBSchweiz 9

Kapitel 1 Grundlagen 13

Kapitel 2 Stoffreduzieren 48

Kapitel 3 Komplexitätreduzieren 66

Kapitel 4 Strukturdenken 91

Kapitel 5 ReduktionalsLernhandlung 116

Nachwort YvoWüest,aeBSchweiz 131

Bonus 1 BeispieleausderPraxis 133

Bonus 2 InstrumentederdidaktischenReduktion 138

Bonus 3 ZehnTippsundTricksfürdiePräsentation 151

Buchempfehlungen 155

Stichwort- und Personenverzeichnis 157

Verwendete Literatur / Links 160

Danksagung 164

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Vorwort

«Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden – aber nicht einfacher.»

Albert Einstein

Mitteder90er-JahrearbeiteteichineinemBildungsprojektinKuba.Fürinternationale

GruppenorganisiertenwirdortStudienreisenundunterstütztendasErziehungsminis-

teriuminderLehrerfortbildung.

MitYvoWüest,AutordiesesBuchsundFreundseitJugendtagen,leiteteichdasPro-

jekt,undzusammenkümmertenwirunsumdasTrainingderkubanischenLehrpersonen.

WennichdieErfahrungenaufdergrossenAntilleninselineinemSatzzusammenfas-

se,klingtdasso:MitteninderschlimmstenWirtschaftskriselehrtenunskubanische

Lehrkräfteauswenigganzvielzumachen.

ManchmalohneKreide,BleistifteoderPapierrealisiertendieLehrerinnenundLeh-

rereinprägsameundeinzigartigeLernprozesse.Unvergesslich,mitwievielFleissund

Kreativitätsiesichdaranmachten,WichtigesvonUnwichtigemzutrennen.Stattandie

WandtafeloderaufdenFlipchart,zeichnetensiemiteinemStockSkizzenindenSand.

ManchmalrissentropischeStürmedieKabelrunter.DannarbeitetenwirbeimLicht

vonselbergebautenKerosinlampenbisspätindieNacht.JederDurchgangdieserWei-

terbildungen war einzigartig; eine Begegnung von pädagogischen und andragogi-

schen«aficionados»aufgleicherAugenhöhe.

SeitdieserZeit inKuba lässtdasThema«didaktischeReduktion»meinenFreund

nichtmehrlos.InSchulungenundInhouse-TrainingsgibterheuteseinWissenanTrai-

nerundAusbildendeweiter.DasvorliegendeBuchistdasErgebnisdergemeinsamen

ErfahrungeninKubaundvonmehrals18JahrenArbeitinderErwachsenenbildung.In

Kuba,inderSchweiz,inDeutschlandundinternational.

Einverstanden: Konzentration auf das Wesentliche und Einfachheit, Neudeutsch

«simplicity»genannt,sindIdealvorstellungen.DochLehrkräfteundTrainer,denendies

gelingt,sendendamitihrenZuhörendendiestilleBotschaft:«ImGrundegenommen

istdasallessehreinfach.Auchduwirstdaspacken!»

Ich wünsche Ihnen bei der Lektüre dieses Buchs anregende und inspirierende

Momente.Und fürdieGestaltung IhrernächstenLernveranstaltungendiese typisch

kubanischeFähigkeit,auswenigganzvielzumachen.

Philipp Metzger, *ECAP Schweiz

*DieStiftungECAPisteingemeinnützigesundnichtgewinnorientiertesErwachsenenbildungs-undForschungsinstitut.

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Einleitung

«Die Teilnehmer waren zu müde, darum konnte ich nicht alles bringen!»

Anonyme Ausbilderin

WerinderLehretätigist–obinderSchule,BerufsschuleoderWeiterbildung–ver-

stehtsofort,wovondieRedeist:vielStoff–wenigZeit.TrainerundAusbildendebe-

schreibenmitdiesenoderähnlichenWortenihrDilemma.ZugrossscheintdieStoff-

mengezusein,umsieindergegebenenZeitzuvermitteln.

Lehrende fragen sich beispielsweise:

   Wie kann ich umfangreichen theoretischen Stoff bündeln, strukturieren, reduzie-

ren?

   Wiegelingtesmir,abstrakteundkomplexeInhalteanschaulichzupräsentieren?

   Wieunterrichteichkompetenz-undteilnehmerorientiert,wenneseigentlichkeine

Zeitdafürgibt?

Inden letzten JahrenverändertesichdieBildungslandschaftstark.DieModularisie-

rung von Bildungsgängen zwang Ausbildende, ihre Lehrveranstaltungen zu straffen

und neu zu strukturieren. Die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen

führtdazu,dassStudierendeanFachhochschuleninsechsSemesterneinenakademi-

schenAbschlusserwerben.

DieOutcome-OrientierungerforderteinenPerspektivenwechsel:Esgehtnichtmehr

umdieFrage,waswillichlehren.SondernumdieFrage:WelcheKompetenzensollen

dieLernendenerwerben,diePerformanzoderHandlungsfähigkeitineinerdefinierten

Situationbeweisen?

InderbetrieblichenWeiterbildungstehtaufgrunddesverschärftenWettbewerbs-

drucks,deraufvielenUnternehmenlastet,wenigerZeit fürTrainingszurVerfügung.

Warennochvorkurzemdrei-bisfünftägigeSeminarenormal,geltenheuteZweitages-

veranstaltungenbereitsalsLangversion.

Sicher ist: Menge und Komplexität der Lerninhalte nehmen in der Wissensgesell-

schaftzu.DasPhänomen«VielStoff–wenigZeit»(MartinLehner,2011)beobachten

wirindenSchulen,denHochschulenundinderErwachsenen-bzw.beruflichenWeiter-

bildung.

DochnichtnurdieWissensbereichedifferenzierensich immermehr:AuchdieLern-

voraussetzungensindheutebreitergefächertunddiegefordertendidaktischenHand-

lungsformenvielfältiger.TeilnehmerzentriertvorgehenundkompetenzorientiertLehren

erfordertZeit.FreiräumefürPraxisfälle–Exkursionenundpraktische,erlebnisorien-

tierteTrainings–müssenverteidigtodererkämpftwerden.

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Die Aufgabe von Trainern, Ausbildenden und Lehrpersonen

Für Bildungsfachleute und Ausbildungsverantwortliche stellt sich die Frage, wie sie

trotzreduziertenLehrstundenumfangreicheInhalteandieLernendenvermittelnkön-

nen. Dieses Buch soll sie dabei unterstützen, indem es Modelle und Techniken auf-

zeigt,umWesentlichesvonUnwichtigemzutrennen.Undindemeshilft,Kernbegriffe

herauszuarbeitenunddieStoffmengeaufeinsinnvollesMasszureduzieren.

VieleLehrkräftesehensich–zuRecht–alslehrendeFachpersonen.Siesagensich:

«Ichlehre,weilichzudenExperteninmeinemGebietzähle.UndichzählezudenEx-

perten,weilichübereingrossesFachwissenverfüge.»MitdieserHaltunggeratensie

leichtindie«Vollständigkeitsfalle».AlslehrendeFachleuteversuchensie,ihrganzes

WissenandieLernendenzuvermitteln.

ProfessionellerUnterrichtsiehtandersaus:Reduzierenbedeutetimmer,eineAus-

wahl treffenundgewisseBereicheaussparen. IndiesemBuchunterscheide ichzwi-

schenquantitativerundqualitativerReduktion.UndladeSieein,statt«vollständig»

lieber«gründlich»zulehren.DamitSiemöglichstvielZeitfürIhreVorbereitungunddie

Lernenden haben, habe ich ein kurzes Buch geschrieben. Es soll Ihnen als Handrei-

chungHinweisefüreineerfolgreicheUnterrichtsplanungliefern.

Zusätzliche praktische Anwendungsmöglichkeiten der vermittelten Techniken fin-

den Sie auf meiner Website www.didacticalreduction.com. Dort sehen Sie auch die

nächstenTerminefürmeineTrainings.

Was dieses Buch nicht liefert, sind Antworten zu folgenden Fragen:

   WiefunktioniertLernen,welchelerntheoretischenAnsätzesindbekannt?

   WiegelingtderUmgangmitStörungeninderGruppederLernenden?

   WelcheMethodenundTechnikenzurFörderungdesTransfersgibtes?

Haltenwirfest:StoffreduktionistinallenBildungsbereicheneinwichtigesThema.Für

qualifizierte Trainer, Ausbildende und Lehrpersonen bildet sie die Grundlage des di-

daktischenHandelns.StoffreduktiongehörtzurKernaufgabebeiderPlanungundVor-

bereitungeinerPräsentationoderLerneinheit.ImMittelpunktstehendabeiimmerdie

LernendenoderTeilnehmenden.DieserZielgruppevereinfachtdieReduktiondenZu-

gangzuumfangreichenoderkomplexenLerninhalten.SoferndiesedurcheineFach-

person gebündelt, sinnvoll strukturiert und in einer anmutigen Weise transportiert

werden.

Trainern,AusbildendenundLehrpersonengelingtdies,wennsiedieHaltung«Weni-

geristmehr»verinnerlichen.Undwennsiedazuüberspezielle«Handgriffe»verfügen,

dieihneneineReduktiondesLernstoffsermöglichen.SeiesdurchAnwendungderim

Buchvorgestellten«3-Z-Formel»,derpraktischen«Apfelring-Technik»oderdurchden

Einsatzvon«Fachlandkarten».

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DergetrockneteApfelringaufderTitelseitezeigtesvor:Zucker,GeschmackundNähr-

stoffe,sprich:allesWichtigeistdrin.DasWasseristdraussen.Solässtessichleichter

denRucksacktragenunddenLernwegbeschreiten.

Stoffreduktionträgtdazubei,denLernendenundStudierendeneinoptimalesLern-

umfeldzubereiten.DamitfördertReduktiondieQualitätdesschulischenLehrensund

Lernens.IndiesemSinnwünscheichIhnen,dassSienachderLektürediesesBuchs

selbstsicherantwortenkönnen:«BeimirläuftswiemitdengetrocknetenApfelringen:

Reduziertgewinnt!Stattvollständig,lehreichgründlich!»

Ihr Yvo Wüest, Studienleiter und Dozent

PS:GekaufthabenSie,vielenDank,einBuch.ErworbenhabenSieeineneueArt,Ihren

Stoffzubetrachten.IhrVorteil:Siedenken,lehrenundhandelnkünftigklarundgeglie-

dert.Siewerdensehen:DerNutzendesBuchsschlägtdenSeitenumfangumeinMehr-

faches.

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1 Grundlagen

  Willkommen in der Vollständigkeitsfalle

  Viel Stoff – wenig Zeit

  ABC der didaktischen Reduktion

  In der Wissensgesellschaft zu Hause

  Der Kern von allem: Ungleichheit und Rauheit

  Wer soll wie reduzieren?

  Die 3-Z-Formel (Zeit, Zielgruppe, Lernziel)

ExpressboxViele Trainer und Ausbildende klagen über das Stoffmenge-Zeit-Problem. Mehr

StoffundzunehmendkomplexereInhaltesolleninkürzererZeitvermitteltwerden.

DidaktischeReduktionhilftLehrenden,ihreStoffmengezubewältigenundWesent-

lichesvonUnwesentlichemzuunterscheiden.

Kapitel1vermitteltdieGrundlagenderdidaktischenReduktion.Mitlockerinden

Texteingestreuten«Denksportaufgaben»reflektierenSieIhreErfahrungundIhre

SichtderDinge.SiebeschäftigensichmitderWissensgesellschaftundfragensich,

wodiekünftigendidaktischenHerausforderungenliegen.IndemSiediesesBuch

lesenunddie3-Z-Formelaktivumsetzen,verbessernSiedieQualitätIhrerLernan-

gebote.

Willkommen in der Vollständigkeitsfalle

Ich erinnere mich noch gut: Havanna, Juni 1997, 27 Grad und 80 Prozent Luftfeuchtig­

keit. Meine Funktion: Projektleiter. Meine Aufgabe: Eine internationale Gruppe von

Lehrpersonen auf Studienreise drei Wochen lang durch Kuba führen. Thema des heu­

tigen Seminars: «Das kubanische Bildungssystem».

Ich fahre mit der Gruppe zu einer sonderpädagogischen Einrichtung in Havanna.

Die Lehrkräfte stammen aus Kanada, Grossbritannien, Frankreich und Österreich, und

auf ihren Blusen und Hemden zeigen sich erste dunkle Flecken von Schweiss. Alle in­

teressieren sich für das Treffen mit der Direktorin und ihren Mitarbeitenden. Sie heisst

Gladys Álvarez und ist die Leiterin der Institution. Die charismatische, selbstbewusste

und resolute Frau empfängt uns beim Eingang. Mit einer überraschend tiefen, ver­

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raucht klingenden Stimme begrüsst sie unsere Gruppe. Ihr Akzent verrät sofort: Sie ist

eine Santiagera und stolz auf ihre Herkunft aus dem Osten der Insel.

Die nächsten 30 Minuten spricht Gladys über die Inklusion von behinderten Kindern

in das kubanische Schulsystem. Sie erzählt von den täglichen Herausforderungen in

einem Land mit einer wechselhaften, auch tragischen Geschichte. Sie referiert über

die begrenzten Ressourcen nach dem Zusammenbruch des Comecon, die Krisenjahre

nach 1989. Sie erwähnt die Meilensteine und Errungenschaften des letzten Jahrzehnts.

Mit den Fingern ihrer linken Hand zählt sie auf drei und benennt die Herausforderun­

gen im laufenden Jahr.

Die ausländischen Lehrerinnen und Lehrer hören der Direktorin konzentriert zu.

Gladys spricht ohne Beamer, ohne Flipchart und ohne schwarze Tafel. In freier Rede

liefert sie einen Abriss der Geschichte und der Entwicklung der Institution. Dabei

raucht sie unablässig diese billigen kubanischen Zigaretten ohne Filter. Manchmal

bläst sie kleine Ringe in die Luft und saugt dann wieder mit ganzer Kraft an der Ziga­

rette, bis zum letzten Zug. Schliesslich steht sie auf und winkt mit der Hand. Die Grup­

pe folgt ihr aufs Kommando. Auf dem Rundgang lernen sie weitere Mitarbeitende ken­

nen und begegnen Kindern und Jugendlichen auf dem mit vielen Pflanzen gesäumten

Gelände.

Was die Gäste nicht wissen: Vorgängig führte ich ein Briefing mit der Direktorin

durch. Dabei informierte ich sie über die Zusammensetzung dieser «Zielgruppe» und

erklärte ihr den fachlichen Hintergrund der einzelnen Teilnehmenden. Ich sprach mit

ihr über den Wissensstand und die von mir sorgfältig abgeklärten individuellen Inter­

essen. Ich bat sie auch, die Müdigkeit und den Jetlag, besonders der vier europäischen

Pädagogen, zu berücksichtigen. Ich legte den Zeitrahmen für das Referat eindeutig

fest. Gab ihr das übergeordnete Ziel der Studienreise bekannt: Alle Lehrkräfte sollen

einen Überblick, das heisst eine «Grundlandschaft mit Tiefenbohrungen» des kubani­

schen Bildungssystems erhalten. Statt vollständig, sollte sie gründlich referieren.

Zum Schluss forderte ich sie auf, langsam und deutlich zu sprechen, damit ich die si­

multane Übersetzung aus dem kubanischen Spanisch ins Englische leisten konnte.

AndiesemBeispielsehenwir:DidaktischeReduktionisteinKernelementderWissens-

vermittlung.SieistunmittelbarmitderSachedesLehrensundLernensverbunden.Sie

isteinwichtigerBeitragzueinerverständlichenPräsentationunddieVoraussetzung

füreinenanschlussfähigenUnterricht.

Weiter erkennen wir: In diesem Beispiel aus Kuba setzte ich konsequent auf die

3-Z-Formel:Zeit,ZielgruppeundLernziel.DieseFormellernenSieinKapitel1kennen.

SiewirdSiedurchdasganzeBuchunddarüberhinausbegleiten.

DenngenaudarumdrehtsichdiedidaktischenReduktion:EinenLernprozesszuge-

stalten,indemstetsdieZielgruppe,dasZielunddasZeitbudgetimMittelpunktste-

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hen.Beiwelchem«Z»Siebeginnen,spieltimPrinzipkeineRolle,solangeSiebeider

VorbereitungalledreiAspekteberücksichtigen.

WennichindreiSätzenbeschreibenmüsste,umwasesinmeinemSpezialgebiet

geht,würdeichsagen:«DidaktischeReduktionhilftLehrpersonen,ihreArbeitbesser

zumachen.SietrennensoWesentlichesvonUnwesentlichem. ImUnterrichtoder in

derPräsentationkommensiedamitaufdenPunkt.»

AmbestengelingtdiesdenLehrpersonen,wennsiesichvorgängigdieZusammen-

setzungihrerTeilnehmergruppeüberlegen.SichamWissensstandunddenHör-und

Lerngewohnheiten ihresPublikumsorientieren.DessenBedürfnisseklären.DenStil

ihrerPräsentationunddieRhetorikdenMenschen,demThemaunddemZeitpunktder

Durchführunganpassen.KurzeundklareSätzebauen.UnddamiteineÜbersetzung

oderdenvereinfachtenZugangzuihrenInhaltenermöglichen.

Die Lehrerinnen und Lehrer waren begeistert. Von allen bisherigen Treffen war dies

das interessanteste und lehrreichste. Obwohl Gladys einfach nur redete. Ohne visuelle

Unterstützung, ohne Folien, ohne Notizen. In der Auswertungsrunde sagten die Lehr­

kräfte später: «Sie hat einen roten Faden benutzt.» «Sie hat eine Struktur gelegt und

wiederholt zusammengefasst.» «Das Verhältnis von Redezeit, exemplarischen Bei­

spielen und eigene Fragen besprechen können, war ideal.» «Sie machte wiederholt

Pausen und zeigte Mut zur Lücke.» Eine Lehrerin aus Kanada fasste es so zusammen:

«Die Begegnung mit den kubanischen Berufskollegen und der direkte fachliche Aus­

tausch mit ihnen waren für mich die Highlights dieser Reise.»

Die Geografie der grossen Antilleninsel,

mit einer Banane erklärt.