38
Ausgezeichnet DAAD-Preisträger stellen sich vor

or - Deutscher Akademischer Austauschdienst - DAAD · Hewa Ahmed Irak Gesundheitswesen HAW Hamburg Holrick Anette Dänemark Wirtschaft FH Bielefeld Honorio Agostinho Miguel Portugal

  • Upload
    others

  • View
    2

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

AusgezeichnetDAAD-Preisträger stellen sich vor

Preisverleihung mit Prominez:Sir Peter Ustinov überreicht der bulgarischen Informatikstudentin Anna Egorova im Auditorium Maximum der Freien Universität Berlin den DAAD-Preis.

BildnachweiseaxeptDESIGN (5, 7, 11, 31); DAAD (3); FU, Berlin (2); Foto Erhardt, Osnabrück (12); Goldmann Verlag (17); Gabriele Kircher, Marburg (16); Harald Rehling, Bremen (28); Ullstein Bild – Förger (29); Privatfotos der Preisträger (4, 6, 8, 9, 10, 13, 14, 15, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 30, 32, 33)

Ausländer – ausgezeichnet

Fast 230.000 ausländische Studierende sind zurzeit an deutschen Hochschulen eingeschrieben. Hinter dieser Zahl verbergen sich spannende Biografi en und interessante Perspektiven auf Deutsch-land. Mit dem DAAD-Preis können die deutschen Hochschulen jedes Jahr ihren besten ausländi-schen Studierenden prämieren. Die Studierenden werden für ihre hervorragenden Leistungen und ihr gesellschaftliches, soziales oder kulturelles Engagement ausgezeichnet. 169 Hochschulen haben im letzten Jahr den mit 800 Euro dotierten Preis an einen herausragenden Studierenden verliehen. In der vorliegenden Broschüre werden fünfzehn dieser Preisträger vorgestellt.

Die Vergabe des Preises hat an den Hochschulen inzwischen Tradition und wird dazu genutzt, öf-fentlichkeitswirksam auf die Bedeutung des Ausländerstudiums aufmerksam zu machen. Bekannte Persönlichkeiten wie Sir Peter Ustinov, Alfred Grosser oder der ehemalige polnische Außenminister Professor Wladislaw Bartoszewski haben die Auszeichnung persönlich übergeben oder waren bei Verleihungen anwesend.

Durch die Exzellenz der Preisträger und ihr vielfältiges Engagement werden Akzente in der ge-genwärtigen Debatte um Integration, Zuwanderung und internationalen Fachkräftebedarf gesetzt. Gleichzeitig ist der Preis auch ein politisches Signal gegen latente ausländerfeindliche Tendenzen in unserer Gesellschaft.

An den hier vorgestellten Persönlichkeiten wird deutlich, wie befruchtend und notwendig der in-terkulturelle Austausch für Studium und Wissenschaft ist. Im partnerschaftlichen Umgang lernen beide Seiten voneinander. Exzellenz, Offenheit, Kreativität, Interesse an fremden Kulturen, Bereit-schaft, Neues zu lernen und sich auf andere einzulassen, sind Eigenschaften, die die Preisträger auszeichnen. Sie geben damit auch ein Beispiel für ihre deutschen Kommilitonen.

Dr. Christian BodeGeneralsekretär des DAAD

4

Axel

-Cyr

ille

Ngo

nga

Ngo

mo

20 Jahre, aus Kamerunstudiert Informatik an der Universität Leipzig

Doktorand mit zwanzig

Er macht nicht viele Worte um seinen außergewöhnlichen Werdegang, konzen-triert sich lieber auf das, was ihn interessiert: Computer und ihr Innenleben. Axel Ngonga Ngomo kam mit 15 Jahren nach Leipzig: „Ich hatte in Kamerun ein paar Klassen übersprungen und wollte nach dem Abitur eine neue Spra-che lernen, Deutsch fand ich spannend“, berichtet er. Weil er zu jung für die Unterbringung in einem Studentenwohnheim war, suchte er sich eine private Unterkunft, belegte einen Deutschkurs, studierte nebenbei und bestand nach wenigen Wochen die Sprachprüfung. Alles ganz normal für den 20-Jährigen, der im Frühjahr 2004 beginnt, seine Doktorarbeit zu schreiben und damit der jüngste Absolvent aller Zeiten an der Leipziger Uni ist. „Leipzig ist meine zweite Heimat, schließlich war ich seit vier Jahren nicht mehr zu Hause“, sagt Ngonga.

lb„Es ist ein Privileg, anders zu sein.“

Auf den Punkt: Mit 15 Jahren kam Axel Ngonga

nach Deutschland – in das Land, wo die Uhren genau ticken.

5

Axel Ngonga schreibt über ein Schlüsselerlebnis in Deutschland:

Fühlst dich bestimmt wie daheim oder?Diese Frage wurde mir an einem heißen Sommertag gestellt. Aber zunächst zu meinen „kli-matischen Gewohnheiten“. Aufgewachsen bin ich in einer kleinen Stadt namens Buea. Sie liegt circa 1.000 Meter über dem Meeresspiegel am höchsten Berg Kameruns, dem Mount Fako (Kamerunberg). Typisch für diese Stadt sind Regen und Wolken. Das Lächeln der Son-ne bekommt man nur selten zu sehen und auch, wenn sie am Himmel erstrahlt, beschert sie uns in ihrer Güte maximal 25 Grad Celsius. Die minimalen Temperaturen liegen bei circa 10 Grad Celsius.

Mitten im Januar hier in Deutschland angekommen, genoss ich gleich meinen ersten Winter. Da ich Kälte recht gut vertrage, trug ich beim Verlassen meiner Wohnung immer Jeans, ein Hemd und meine Sommerjacke, was den meisten Leuten auf der Straße einen Schock ver-setzte. Ich wurde von fast allen angestarrt. Die jüngere Generation ließ Sprüche wie „cool“, „stark“ oder „steinhart“ fallen, während sich ältere Menschen über mich aufregten. Ich wurde als „komisch“ und „anormal“ bezeichnet. Selbst meine Kommilitonen fragten mich ständig, wo ich meine richtige Jacke gelassen hätte und wo meine Pullover wären.

Nach dem Winter kam der Frühling und nach dem Frühling der Sommer. Man fühlte sich wie ein Ei in der Bratpfanne. Es war überall heiß. Fliehen konnte ich nicht und auch das Tragen luftiger Kleidung half nicht. Die einzige Alternative war die natürliche Reaktion des Körpers auf Hitze: Schwitzen. Ausgerechnet an dem Tag, an dem es für mein Empfi nden unerträg-lich heiß war und ich mich am meisten nach dem Winter sehnte, sagte mir einer meiner Kommilitonen: „Fühlst dich jetzt bestimmt wie daheim oder?“ Es bedurfte eines ganzen Nachmittags, bis er mir glaubte, dass ich den Winter dem Sommer vorziehe und dass es in Zentralafrika Städte gibt, wo es auch manchmal kühl ist.Ich werde bis heute immer noch im Winter angestarrt und wegen meiner Einstellung zur Sommerhitze ausgelacht. Aber wie es manche zu sagen pfl egen: „Es ist ein Privileg, anders zu sein.“

Keine Zeit verschwenden

„Wie lange bleibt man Ausländer?“

Keine Zeit verschwenden

6

Leng

lSz

ilvia 31 Jahre, aus Ungarn

LiteraturwissenschaftlerinMagisterabschluss an der Universität Augsburg

Als Au-pair Mädchen kam Szilvia Lengl das erste Mal für längere Zeit nach Deutschland. Damals war sie 19 Jahre alt. „Ich bin zwar immer wieder weg ge-wesen, aber kehrte stets nach Hause zurück“, sagt die 31-jährige Ungarin. Mit Zuhause meint sie Bayern und besonders Augsburg, wo sie gerade ihren Ma-gister in Literaturwissenschaft abgelegt hat und nun promovieren will. „Meist können die Leute nicht verstehen, wenn ich Deutschland mein Zuhause nenne. In ihren Augen bin ich zuallererst Ausländerin“, beobachtet sie. Aber für die Germanistin sind diese Begriffe schwebend.

7

Identität: Die Tasche mit den drei Flaggen erzählt ein Stück

Lebensgeschichte. Szilvia Lengl kommt aus Ungarn, fühlt sich heimisch in Deutschland und gewann

politisches Bewusstsein in Südafrika.

Wie lange bleibt man Ausländer? Wenn es von den politischen Gegebenheiten abhängt, dann ist man sein Leben lang ein Fremder. Oder kommt es auf die Gefühle an? Dann ist man schnell mit einem Gastland verbunden.“ Fragen wie diese beschäftigen die umtrie-bige junge Frau, die „auf keinen Fall Zeit verschwenden“ will. Zurzeit gewinnt die ausge-bildete Setzerin, die ihr Abitur am Abendgymnasium erwarb, Einblicke in die Arbeit einer Agentur für Showproduktionen in München. Bühnenmanagement und Regieassistenz in-teressieren sie schon lange. Sie ist Mitglied des Anglistentheaters der Uni Augsburg. In Südafrika erlebte sie zwei Monate lang stage management am Baxter Theatre Center der Universität von Cape Town. Darüber hinaus lernte sie als Erasmus-Austauschstudentin Irland kennen und gründete in Limerick die International Students Society mit, deren Präsidentin sie war. Im Goethe-Institut in Damaskus gestaltete sie eine landeskundliche Veranstaltungsreihe unter dem Titel „Meine ersten Tage an einer deutschen Universität“. Und in Augsburg engagiert sie sich seit 2001 als Tutorin bei den Internationalen Som-merkursen. Volles Engagement trotz regelmäßiger Jobs. Szilvia Lengl muss ihre Ausbil-dung selbst fi nanzieren. Konkret heißt das: Arbeiten als Briefträgerin, Telefonistin, in Friseurläden und in der Hotellerie.

Die Sicht, wie Nicht-Muttersprachler die Sprache betrachten und verwenden, fasziniert die Literaturwissenschaftlerin. „Nicht-Muttersprachler sehen zunächst die erste Bedeu-tung der Wörter. Zum Beispiel der Ausdruck ‚jemanden auf den Arm nehmen’ wird im wortwörtlichen Sinne verstanden und nicht als Umschreibung dafür, über jemanden einen Witz zu machen.“ Diese Interkulturalität in der deutschsprachigen Literatur der Gegenwart hat sie schon in ihrer Magisterarbeit beschäftigt, im Rahmen einer Promotion will sie das Thema weiter ausleuchten.

Szilvia Lengl wünscht sich mehr gesellschaftliches Sprachbewusstsein. So fi ndet sie den Begriff der multikulturellen Gesellschaft nicht ausreichend. „Multikulturell bedeutet, dass die Menschen nur nebeneinander leben. Das genügt aber nicht. Es muss eine Kommunika-tion zwischen den verschiedenen Gruppen geben, damit sie gut zusammenleben können. Der Begriff interkulturell ist passender.“Alles, was Szilvia Lengl in den vergangenen zwölf Jahren dazulernte, hat sie auf Deutsch gelernt. „Daher rührt wohl meine Verbundenheit mit Deutschland, weil ich hier den Pro-zess des Erwachsenenwerdens mitgemacht habe“, sagt sie.„In Deutschland bin ich mündig geworden, auch in der deutschen Sprache.“

uwh

Chua

nCh

eng

33 Jahre, aus Chinastudiert Quality, Safety and Environment an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

Freundschaft geht durch den Magen

„Liebe geht durch den Magen“ lautet ein altes deutsches Sprichwort. Wie wahr Sprichworte sein können, erfuhr Chuan Cheng gleich am Anfang sei -nes Deutschland-Aufenthaltes vor zwei Jahren, als er – ein aufstrebender Ingenieur in einer großen chinesischen Chemie-Firma – im Rahmen eines Austauschprogramms für chinesische Nachwuchsführungskräfte bei mehreren deutschen Unternehmen hospitierte. Das Leben in China und in Deutschland unterscheidet sich naturgemäß sehr, was Cheng und seinen Kollegen besonders am chinesischen Frühlingsfest bewusst wurde. Wie in der Heimat üblich, koch-ten sie auch in ihrer damaligen Station Frankfurt Teigtaschen zum größten chinesischen Familienfest und luden ihre deutschen Projektleiter und Dozen-

„In Deutschland kann ich meine Ausbildung exzellent vertiefen.“

8

ten einfach mit ein. Stundenlang aßen, tranken und tanzten sie miteinander: der Zeit-punkt, an dem Cheng sich in Deutschland wohl zu fühlen begann. „Speisen und Weine sind Schmieröl für die Zunge. Und die Deutschen, die bei der Arbeit sehr ernsthaft und konservativ sind, werden sehr lustig und redselig“, sagt Cheng.

Damit war der Grundstein für einen längeren Aufenthalt in Deutschland gelegt. Theore-tisch hätte Cheng auch nach China zurückkehren können – schließlich arbeitete er schon seit neun Jahren erfolgreich in der Umweltabteilung seines Unternehmens, nachdem er zuvor Umweltmessung an der Uni in Shanghai studiert hatte. „Doch das Studium hier bringt mich einfach noch ein wenig weiter“, sagt Cheng. Bevor er nach Deutschland kam, prüfte er die Vorhaben seiner Firma auf Umweltverträglichkeit. Dabei ging es vor allem darum, die Aufl agen der Behörden zu erfüllen. Oft für internationale Partner, dar-unter viele deutsche Unternehmen, wodurch ein erster Kontakt in seine neue Heimat entstand.

Im Masterstudiengang Quality, Safety and Environment in Magdeburg erweitert der 33-Jährige seine Kenntnisse um wichtige Bereiche wie Qualitäts- und Projektmanagement. Cheng schloss das einjährige Studium mit der besten Leistung ab, die jemals in diesem Studiengang erreicht wurde. Sein Professor war so begeistert, dass er ihn spontan fragte, ob Cheng bei ihm nicht auch eine Doktorarbeit schreiben wolle. Cheng sagte zu und brü-tet momentan über Probleme der Wärmeübertragung und des Brandschutzes.

Deswegen bleibt er auch den Mitbewohnern im Studentenwohnheim weiterhin erhalten. Mit denen führt er die Tradition aus den Anfangstagen in Deutschland fort, sich gegen-seitig übers Kochen kennen zu lernen. Auch der ganz junge wissenschaftliche Nach-wuchs im Reich der Mitte wird froh sein, dass Cheng für die nächsten Jahre an der Elbe wohnt. Er betreut regelmäßig chinesische 18- und 19-Jährige, die zum Studieren nach Deutschland kommen und weist sie in die Geheimnisse des deutschen Universitäts- und Hochschullebens ein. Und seinen Kochkünsten tut der verlängerte Aufenthalt garantiert auch gut. Um die Zubereitung seiner Spezialitäten den Kommilitonen zu erklären, muss er sich selbst immer gut vorbereiten. „Das war nicht immer so“, sagt Cheng, „in China habe ich nur selten gekocht.“

tiw

9

Made in Germany: Für Chuan Cheng symbolisieren die

Technik-Denkmäler auf dem Campus der Universität Magdeburg Deutschlands Stärke.

10

Özde

nPi

nar

27 Jahre, aus der Türkeistudiert Computerlinguistik und Interkulturelle Kommunikation an der Ludwig-Maximilians-Universität München

Wie eine Bosporus-Brücke

Pinar Özden hat das geschafft, wofür sie viele beneiden: Sie beschäftigt sich im Studium mit ihrer eigenen Lebenssituation, kann auf persönliche Erfahrungen zurückgreifen und sie gleichzeitig wissenschaftlich untersuchen. Die 27-jährige Türkin führt eine empirische Untersuchung über das Zusammenleben zwischen deutschen und ausländischen Studierenden an der Ludwig-Maximilians-Univer-sität München durch. Sie lebt seit fünf Jahren in der bayerischen Hauptstadt – eine Zeit, die sie ganz entscheidend geprägt hat. „Als ich das Akademische Auslandsamt zum ersten Mal betrat, tat sich eine neue Welt für mich auf“, erin-nert sie sich. „Hier kam ich mit Kommilitonen aus allen Ecken der Welt zusam-men, lernte mit ihnen gemeinsam Deutsch und erlebte auch, was es bedeutet, sich fast ohne Sprachkenntnisse im neuen Land zurechtzufi nden.“

„Deutschland ist für mich die Tür zur multikulturellen Welt.“

Mittlerweile arbeitet die Computerlinguistin an mehreren wissenschaftlichen Projekten zu diesem „Lebensthema“. Neben der empirischen Untersuchung, die sie im Auftrag der Hochschulleitung durchführt, baut sie eine Wissensdatenbank zu den Zeitbegriffen aus verschiedenen Kulturen und Religionen auf. Sie erfasst also Feste wie Ostern und Pes-sach, registriert das europäische Wochenende sowie das moslemische Freitagsgebet und vergleicht den akademischen Kalender in einigen europäischen und asiatischen Ländern mit dem der USA. Das Erklären der jeweils anderen Kultur gehört für Pinar Özden zu ihrem Alltag: als Tutorin für ausländische Studierende, Betreuerin der Webseite des Akademi-schen Auslandsamtes oder als „Bosporus-Botschafterin“.

Zu diesem Titel kam sie durch die Verleihung des DAAD-Preises. Die türkische Tageszei-tung „Hürriyet“ berichtete darüber, der türkische Botschafter in Berlin und der türkische Konsul in München nahmen Kontakt zu Özden auf. „Der Konsul meinte, ich sei eine Er-mutigung für die vielen türkischen Jugendlichen in Deutschland, und fragte mich, ob ich eine Art ‚Bosporus Brücke’ zwischen jungen Türken und jungen Deutschen sein könnte“, erzählt sie.

Pinar Özden sagte zu und freut sich nun darauf, mit jungen Landsleuten sprechen zu können. „Viele türkische Familien in Deutschland halten an Traditionen fest, die es so in der Türkei nicht mehr gibt“, stellt sie fest. „Sprache ist der Schlüssel zur Integration und damit meine ich besonders eine gute Bildung“, erläutert die engagierte Studentin. Sie möchte türkischen Jugendlichen Mut machen, mit guten Deutschkenntnissen ein Studium aufzunehmen.

Auf ihre eigene Integration angesprochen, erinnert sich Pinar Özden an ihr Gefühl, als sie nach einem einjährigen Studium in den USA in die bayerische Hauptstadt zurückkehrte: „Ich kam nach Hause und war froh, wieder durch die Straßen in München zu streifen.“

„Der DAAD-Preis“, so sagt sie, „ist der erste Backstein, den ich zum Bau einer Brücke zwischen der Türkei und Deutschland beitragen konnte.“

lb

11

Fitnessfan: Diese Sporthandschuhe streift sich Pinar Özden fast

jeden Tag über, zu ihrem Leben in Deutschland gehört die Bewegung.

12

Antô

nio

Inác

ioAn

drio

li29 Jahre, aus Brasilienstudiert Soziologie an der Universität Osnabrück

Aktiv bei Attac

Sein Urgroßvater wanderte aus Deutschland nach Brasilien ein, und bis er sie-ben Jahre alt war, sprach Antônio Inácio Andrioli kein Portugiesisch. „Meine Muttersprache war ein Hunsrücker Dialekt, auf Hochdeutsch haben wir nur manchmal gebetet und gesungen“, erzählt der Stipendiat des Evangelischen Entwicklungsdienstes, der an der Universität Osnabrück eine Dissertation im Fach Sozialwissenschaften schreibt. In seinem brasilianischen Dorf sprechen heute noch viele Menschen Deutsch – vor allem die Bauern. „Als ich nach Deutschland kam, war es ein wenig so, als würde ich wieder in meiner Kindheit sein“, sagt der Doktorand und fügt hinzu: „Gleichzeitig musste ich begreifen, dass Deutsch nicht nur die Sprache der Bauern ist und Deutschland ganz anders als in meiner Vorstellung.“ Diese war von den Erzäh-lungen der Alten geprägt und entsprach einem Deutschland um 1900.

„In Deutschland bekomme ich eine andere Einstellung zu Brasilien.“

In Brasilien hatte Antônio Andrioli seinen Master in Erziehungswissenschaften gemacht, an der UNIJUÍ – Rio Grande do Sul, die mit der Universität Osnabrück kooperiert. Aber dies ist nur ein Teil der Ausbildung, die das Handeln und Denken des 29-Jährigen geprägt hat. Nach der Schule wurde er zunächst Agrartechniker und studierte später Philosophie, Psychologie und Soziologie auf Lehramt. Sein Spezialgebiet: Genossenschaftswesen.

In seiner Dissertation beschäftigt er sich jetzt mit ökologischer Landwirtschaft in brasi-lianischen Familienbetrieben. Es geht um die Frage, ob die ökologische Anbauweise eine Alternative zur Soja-Monokultur für die Bauern seiner Heimatregion sein könnte. Andrioli möchte, dass seine Doktorarbeit nicht nur ein Buch wird, sondern auch einen Beitrag zur Entwicklungspolitik leistet. „Brasilianische Bauern arbeiten ein Leben lang und ver-dienen fast nichts. Erst seit kurzem gibt es eine Rente für sie. Auf dem Land herrscht größte Armut und man leidet Hunger“, skizziert er das Problem. Seine Antwortet lautet, dass sich Wissenschaftler mit der Realität beschäftigen müssen. So hat er in Deutschland nicht nur auf konventionellen und ökologischen Bauernhöfen Erfahrungen gesammelt, sondern auch mit Landwirtschaftsministern diskutiert.

„Ich bin ein Globalisierungskritiker und engagiere mich für die soziale Bewegung der Kleinbauern und Landlosen“, sagt Andrioli, der in Osnabrück Mitglied der „Arbeitsgruppe Theorie“ von ATTAC ist. Bei ATTAC war er schon in Brasilien aktiv. Sich hierzulande mit Gesellschaftstheorien zu beschäftigen und etwa Karl Marx zu lesen, ist für ihn eine intel-lektuelle Herausforderung. In zahlreichen Aufsätzen und Vorträgen in Deutschland und Brasilien verschafft Andrioli seinen Ideen ein großes Publikum. Das Spektrum reicht von Reformen in der Landwirtschaft über Arbeitslosigkeit bis zu den kulturellen Auswirkungen der Globalisierung.

Der Doktorand sieht eine große Aufgabe für sich: „Es geht darum, zwei Welten zu ver-binden: die Welt der erfahrenen Bauern und die Welt der theoretischen Wissenschaften.“ Nach seiner Rückkehr möchte er Hochschullehrer an der Universität UNIJUÍ werden und dafür sorgen, dass sich die Universität mehr um die regionalen Probleme kümmert. 38 Prozent der Bevölkerung sind Bauern, die Landwirtschaft ist die Grundlage für die Ent-wicklung der Region. Unterstützt wird er in seinem sozialen und wissenschaftlichen En-gagement von seiner Frau, die ebenfalls in Osnabrück promoviert. Die Juristin hat sich auf Umweltrecht spezialisiert.

KS

13

Ring mit Symbolkraft: Ihn trägt Antônio Andrioli seit zehn Jahren

und zeigt dadurch seine Verbundenheit mit den Unterdrückten Brasiliens. Das Schmuckstück geht

auf die Indianer zurück. Noch heute stellen sie solche Ringe her und verkaufen sie.

14

Yanl

inXi

ang

24 Jahre, aus Chinastudiert Rechtswissenschaft an der TU Dresden

Deutscher Alltag als Herausforderung

Bücher haben Yanlin Xiang von Kindesbeinen an fasziniert: Als kleines Mäd-chen verschlang sie asiatische Märchen, später die Weltliteratur. Dass sie ei-nige Texte bald auch in der Originalsprache lesen konnte, verdankt die einzige Tochter einer Arbeiterfamilie dem Besuch eines Fremdsprachen-Gymnasiums in Shanghai, wo sie neben Englisch auch Deutsch lernte. Die Autoren der deut-schen Klassik, aber auch der Moderne, vor allem Stefan Zweig, haben Yanlin Xiang begeistert – und ihr Leben maßgeblich beeinfl usst. Denn die Chinesin wollte es nicht beim Lesen belassen. „Die deutsche Literatur hat meine Neu-gierde auf die ‚andere Welt‘ geweckt. Ich wollte wissen, wie sich das Europa, von denen die Bücher handelten, in Wirklichkeit anfühlt.“

„Die deutsche Literatur hat meine Neugierde auf die ‚andere Welt‘ geweckt.“

Nach zwei Semestern Germanistik-Studium in Shanghai, das Yanlin Xiang eher unbefrie-digend fand, reiste die 20-Jährige auf eigene Faust nach Deutschland, um hier zugleich ihrem neu erwachten Interesse an der Rechtswissenschaft zu folgen. „Ein Wechsel des Studienfachs wäre damals in Shanghai nicht möglich gewesen“, erklärt Xiang. An der TU Dresden absolvierte sie zuerst einen Intensiv-Sprachkurs und begann zum Wintersemes-ter 2000 ganz offi ziell das Jura-Studium.

Finanziert hat sich Yanlin Xiang ihren Deutschland-Aufenthalt zunächst mit allerlei Jobs: Bei einem Versicherungsunternehmen hat sie Akten sortiert, in einer Kantine Essen aus-gegeben und auf Stadtfesten Luftballons verkauft. Seit April 2001 kann sie sich aber ganz auf ihre Studien konzentrieren: Die Marga und Kurt Möllgaard Stiftung gewährt der Chinesin ein Stipendium.

Mit dem Studium ging es zügig voran: Schon nach dem dritten Semester bestand sie die Zwischenprüfung, nach dem fünften hatte sie alle drei großen Scheine in der Tasche und wenn alles nach Xiangs Plan läuft, wird sie im September 2004, also nach dem 8. Semester, das erste Staatsexamen ablegen. Trotz des großen Arbeitspensums fi ndet Xiang Zeit für ehrenamtliches Engagement: Als Mitglied der europäischen Jurastudenten-Vereinigung ELSA organisiert sie unter anderem Veranstaltungen zum Thema Osteuropa.

Zu Xiangs Studien-Schwerpunkten zählt neben Handels- und Gesellschaftsrecht auch das internationale Privatrecht – auch und gerade mit Blick auf ihren künftigen Berufsweg. Genau festgelegt hat sich Yanlin Xiang noch nicht, aber eine Tätigkeit mit internationa-ler Ausrichtung soll es in jedem Fall sein. Denn ihre Neugierde auf „andere Welten“ ist ungebrochen. Und das, obwohl der erste Kontakt mit der gelebten deutschen Kultur ein „echter Schock“ war: „Die Deutschen sind sehr direkt und konfl iktfreudig. Bei uns ist man im persönlichen Umgang viel vorsichtiger und versucht jeden Streit zu vermeiden.“ Im Alltag zu bestehen, war für die junge Chinesin deshalb eine Herausforderung. „Ich bin emanzipierter geworden“, resümiert die 24-Jährige. „Und ich bin toleranter geworden. Denn ich habe gelernt, die Dinge von vielen verschiedenen Seiten zu betrachten.“

ase

15

Kraftquelle Kunst: Mit ihren eigenen Bildern schafft sich

die zielstrebige Juristin Yanlin Xiang einen Ausgleich zur nüchternen Welt der

Paragraphen und Gesetze.

Khal

louk

Moh

amm

ed 32 Jahre, aus Marokkostudiert Politikwissenschaft an der Philipps-Universität Marburg

Ein Faible für Nietzsche

„Die politische Streitkultur in Deutschland fasziniert mich immer wieder.“

Es war Friedrich Nietzsche, der den jungen Studenten Mohammed Khallouk in Rabat faszinierte. Nachdem er „Also sprach Zarathustra“ mehrmals auf Ara-bisch gelesen hatte, stand für ihn fest, dass er „das Buch für alle und keinen“ unbedingt im Original lesen und in die Heimat des großen Philosophen reisen wollte. Nach einem Deutschkurs in Rabat bewarb er sich für die Aufnahme in ein Studienkolleg und wurde in Marburg zugelassen.Das hatte seinen Grund: Mohammed Khallouk ist seit seinem 13. Lebensjahr blind. In Marburg existiert seit knapp 90 Jahren die Deutsche Blindenstudi-enanstalt – hier fand Khallouk ideale Bedingungen vor. „Ich besuchte einen Sprachkurs mit sehenden Kommilitonen und bekam alle Texte in Blindenschrift

16

ausgehändigt“, beschreibt der heute 32-Jährige die Situation. Dieser Sprachkurs im Stu-dienkolleg änderte sein Leben von Grund auf. Er lernte dort seine heutige Frau kennen, die aus Jordanien stammt.

Mohammed Khallouk begann vor vier Jahren Politik zu studieren und machte sich mit seiner Magisterarbeit an ein hochpolitisches Thema. „Mich interessierte die Frage, warum sich Israelis und Palästinenser in einen solchen hasserfüllten Kampf eingelassen haben und welche Wege aus dieser scheinbar nicht enden wollenden Feindschaft zu einem Mit-einander führen könnten“, beschreibt der Politikwissenschaftler seine Forschungen. Für ihn sind der künftige Status Jerusalems, das Schicksal der palästinensischen Flüchtlinge und eine gerechte Verteilung der Wasser-Ressourcen entscheidend für die Eindämmung des Konfl ikts. Die mit „sehr gut“ bewertete Arbeit wurde inzwischen veröffentlicht, bei Magisterarbeiten ein eher seltener Fall.

Auch bei seinem Blick auf Deutschland bleibt Mohammed Khallouk Politologe: „Mich fasziniert die weit entwickelte politische Streitkultur, das Vermitteln zwischen Bund und Ländern im deutschen Föderalismus und die vorbildliche duale Berufsbildung“, meint er begeistert.

Auch bei seinem Engagement für blinde Kommilitonen sieht er die politische Dimension. „Ich lerne von den anderen blinden Studierenden, wie sie sich für ihre Rechte einsetzen und wie sie Verbesserungen für ihr tägliches Leben einfordern.“

Mohammed Khallouk bleibt in Marburg. Er arbeitet an seiner Dissertation über islami-schen Fundamentalismus in seiner Heimat Marokko. „Bis zu den Bombenattentaten in Casablanca im Mai 2003 war Marokko ein friedliches Land. Ich möchte die Ursachen für die Radikalisierung fi nden“, erläutert er. Nach ausgiebigen Recherchen stellte er außer-dem fest, dass es zu diesem Thema noch überhaupt keine Literatur und keine Forschun-gen gibt – ideale Voraussetzungen für eine Dissertation.

Sein Traum: „Ich möchte Professor in Marokko werden. Dort kann ich Neues anstoßen und kreativ arbeiten.“

lb

Lieblingsbuch: Nietzsches Werk wirkt bis nach Marokko.

Mohammed Khallouk las „Also sprach Zarathustra“ und kam deshalb nach Deutschland.

17

18

Rach

aCh

ahro

ur31 Jahre, aus Syrienstudiert Bauingenieurwesen an der Universität Kassel

Frauen in die Technik!

Für Racha Chahrour war es keine außergewöhnliche Entscheidung, Bauingeni-eurwesen zu studieren. In ihrem Heimatland Syrien wählen viele junge Frauen diesen Beruf, denn er bietet anschließend eine fast sichere Stelle im Staats-dienst. Die 31-jährige Doktorandin war deshalb erstaunt, als sie an der Univer-sität Kassel nur wenige Kommilitoninnen in ihrem Fach antraf. „Ich fi nde es schade, dass sich in Deutschland so wenige Frauen für Technik interessieren“, sagt sie und erklärt: „Frauen sind die geborenen Organisatorinnen, die auch Stress gut bewältigen können. Wer eine Familie mit vielen Kindern managen kann, kann auch eine Baustelle managen.“

„Deutschland ist für seine Ingenieurleistungen bekannt.“

Genau dieses Argument unterbreitet sie Schülerinnen, die sich an der Universität Kassel im Rahmen des bundesweiten „Girls‘ Day“ über technische Berufe informieren. „Das Ingenieur-studium hat nicht nur mit Mathematik und Physik zu tun. Besonders mein Bereich, Arbeits-technologie, ist einfach ein gutes Fach für Frauen“, schwärmt sie. Manche Schülerin ließ sich von ihrer Begeisterung schon anstecken – ob das für die Wahl einer technischen Ausbildung reichte, weiß Racha allerdings nicht. „Es ist schade, dass wir nach dem Schnuppertag keinen Kontakt mehr haben und die Schülerinnen nicht weiterbetreuen“, sagt die Bauingenieurin, denn sie verfolgt die Dinge gerne bis zum Ende.

Seit sechs Jahren lebt Racha Chahrour inzwischen in Deutschland, zunächst mit einem Stipendium des Staates Syrien. „Deutschland ist für seine Ingenieurleistungen bekannt“, begründet sie ihre Wahl für das Land. Aber es hätte wohl auch ein anderes sein können, denn an erster Stelle stand ihr Wunsch, eine andere Kultur kennen zu lernen und sich wei-terzuqualifi zieren.

Ist die Promotion im kommenden Jahr geschafft, wird Racha Chahrour eine Dozentenstelle an der Universität Lattakia in Syrien antreten. Dort wird sie für die Lehre bezahlt, aber sie will auch weiter forschen. Eine von ihr angeregte Kooperation zwischen dem Institut für Bauwirt-schaft der Universität Kassel und den Universitäten Homs und Lattakia soll das erleichtern. „Zwar ist die Ausbildung sehr gut, denn viele Dozenten haben in Deutschland promoviert. Aber mit der Ausstattung steht es nicht zum Besten. Durch die Zusammenarbeit haben wir größere Aussichten, gute Forschung leisten zu können.“

Abgesehen vom universitären Engagement ist die junge Syrerin Mitglied im „Student Service for International Business Contacts“ und hat sich an mehreren Vorträgen für Unternehmer be-teiligt. „Leider kam bislang keine Kooperation zustande. Wir müssen viel an unseren Gesetzen in Syrien ändern. Ich hoffe, dass das viel versprechende Abkommen zwischen Syrien und der EU neuen Initiativen in diesem Zusammenhang den Weg ebnet“, lautet ihre Einschätzung.

Sie will das in Deutschland Gelernte an Studierende weitergeben und zurück zur Familie. „Ich bin sehr emotional, was die Familie angeht, auch wenn man das als erwachsene Frau viel-leicht nicht sagen sollte.“ Dabei hat die junge Syrerin in Deutschland schon eine eigene Fami-lie gegründet. Ihr Mann, ebenfalls Bauingenieur, kam etwas später als sie nach Deutschland. Er hat inzwischen seine Promotion fast abgeschlossen und hilft kräftig bei der Betreuung des vier Monate alten Sohnes.

KS

Helm auf: Racha Chahrour liebt die technischen und organisatorischen Herausforderungen auf

Baustellen. Die begeisterte Ingenieurin möchte mehr Mädchen für diesen Beruf gewinnen.

19

20

Sam

erN

akib

Als Samer Nakib seinen Freunden in Beirut die Entscheidung bekannt gab, sein Studium in Deutschland fortzusetzen, empfahlen sie ihm erst einmal, einen Selbstverteidigungskurs zu belegen. Denn Deutschland sei ein gewalttätiges Land. Den Selbstverteidigungskurs hat der Libanese bis heute nicht belegt, und alle anderen Vorurteile über Deutschland wie Fleiß und Pünktlichkeit sind seiner Meinung nach auch ziemlich übertrieben: „Mein libanesisches Bild von Deutschland wurde nach meiner Ankunft schnell neu gemalt“, sagt Nakib heute.

Nach Deutschland kam der 30-Jährige zunächst deswegen, weil er nach seinem Biologie-Studium an der American University „etwas Medizinisches, etwas mit Menschen machen“ wollte. Zahnmedizin war sein Wunschfach, und für dieses

„In Deutschland kann ich mein Zahnmedizin-Studium am besten verwirklichen.“

Mediziner, Arabisch-Tutor und Schauspieler

30 Jahre, aus dem Libanonstudiert Zahnmedizin an der Universität Witten-Herdecke

Fach schien ihm eine deutsche Uni am besten geeignet zu sein. Während eines Prakti-kums entdeckte er seine Leidenschaft für die Kieferchirurgie. Dafür ist hierzulande das kombinierte Zahnmedizin- und Medizinstudium Pfl icht – also schrieb Nakib sich an der Universität Witten-Herdecke auch für Medizin ein.

Beide Fächer gelten als besonders lern- und zeitintensive Studiengänge. „Das ist wirklich nicht einfach“, sagt Nakib. Inzwischen hat er sein Medizinstudium zwar beendet – als Arzt im Praktikum ist er allerdings fast noch mehr beansprucht: „Da kommen ja noch die Nacht- und Wochenenddienste dazu.“ Fast nebenbei lernt Samer Nakib auch noch für das Zahnmedizinstaatsexamen, das er dieses Jahr ablegen will.

Für normale Studenten würde diese Doppelbelastung völlig ausreichen. Nakib dagegen spielt auch Theater an der Bühne seiner Universität. Die Zuschauer erleben ihn nicht etwa als Komparsen, sondern in großen Hauptrollen: Als Lysander in Shakespeares „Sommernachtstraum“, in den „Sommergästen“ von Maxim Gorki und in der „Möwe“ von Tschechow. „Beim Theater kann man sehr gut vom Alltag abschalten“, sagt Nakib. Ein Grund vielleicht, weswegen er sein Marathon-Studium so gut wegsteckt.

Damit nicht genug: Die Vorurteile seiner deutschen Kommilitonen gegenüber der arabi-schen Welt baute er ebenfalls ab. Der Arabisch-Kurs, den er als Tutor leitete, begeisterte seine Kommilitonen so sehr, dass gleich mehrere von ihnen zu einem Austausch in den Libanon aufbrachen. Seine Muttersprache brachte er seinen Schülern mithilfe von Liedern und Filmen aus der Heimat bei – gelebter Kulturaustausch, der Wirkung zeigte.

Nach den Anschlägen vom 11. September wurde er von der Polizei überprüft: „Ich gehör-te als arabischer Student, der ledig, kinderlos und reiselustig ist, zu den von der Raster-fahndung betroffenen Personen.“ Es wurde nichts Auffälliges gefunden und heute kann er darüber schon wieder schmunzeln: „Ich bin kein Schläfer!“

Auch bei seiner Zukunftsplanung stehen ihm noch einige deutsche Gesetze im Wege. Seine Facharztausbildung würde er gerne in Deutschland absolvieren. Deswegen hofft er, dass das neue Zuwanderungsgesetz verabschiedet wird. Denn nach den jetzt geltenden Regeln müsste er nach dem Ende seiner Zeit als Arzt im Praktikum wieder in den Libanon zurückkehren.

tiw

Verwandlungskünstler: Auf der Bühne erweckt Samer Nakib Figuren

von Shakespeare, Maxim Gorki oder Tschechow zum Leben und lässt den Stress des

Doppelstudiums hinter sich.

21

22

Filib

erta

del A

ngel

Vic

ente38 Jahre, aus Mexiko

Doktorandin im Fach Maschinenbau an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen

Viel Kraft für Familie und Karriere

Filiberta del Angel Vicente kann so leicht nichts erschüttern. Die Mexikanerin managt große Turbomaschinen ebenso wie ihre zwei Töchter Citlali (10) und Adriana (5). Hochschwanger ergriff sie 1998 das Angebot eines Promotionssti-pendiums ihrer Regierung und tauschte Mexiko gegen Aachen „mit der festen Absicht, mehr im Leben zu erreichen“. Innerhalb von fünf Jahren zog sie ihre Promotion im Bereich der Gasturbinen an der Rheinisch-Westfälischen Techni-schen Hochschule durch: „Ich wollte mich selbst überzeugen, dass Frauen auch Ziele erreichen können, die bis jetzt fast ausschließlich Männern vorbehalten waren.“ In wenigen Tagen wird sie nach Lateinamerika zurückkehren.

„Es gilt, die Herausforderungen des Lebens zu meistern.“

Nach ihrem Physik-Vordiplom in Mexiko spezialisierte sich die Maschinenbauerin auf Strömungsphänomene in Turbomaschinen und arbeitete am größten Forschungsin-stitut ihres Landes für Kraftwerkstechnik. Die Maschinenhallen in Aachen boten ihr dann die verlockende Gelegenheit, interessante Experimente zu machen. „Viele dieser Maschinen haben wir in Mexiko nicht. Deshalb war der Aufenthalt in Deutschland die Chance schlechthin“, so Filiberta del Angel Vicente. Sie schätzte die Möglichkeit, ständig moderne und komplexe Untersuchungsmethoden anwenden und Kontakte zur Industrie knüpfen zu können.

„Karriere machen ist einfach zu sagen, aber als allein erziehende Mutter gilt es, die He-rausforderungen des Lebens zu meistern“, stellt die tatkräftige 38-Jährige ohne Pathos fest. Früh morgens forschte sie im Institut für Strahlantriebe und Turbomaschinen, am Nachmittag standen die Kinder im Mittelpunkt, abends und nachts die Bücher – ein an-strengendes Unternehmen. „Meine Familie hat als Rückhalt in Mexiko eine große Rolle gespielt und mir Mut gemacht.“ Schwierigkeiten gab es genug: Ihre Ehe zerbrach, die jüngste Tochter erkrankte so stark an Neurodermitis, dass die Kleine zurück nach Mexiko musste. „Diese Trennung macht mich bis heute sehr traurig.“ Außerdem war die Promoti-on in Gefahr, weil das Regierungsstipendium nach vier Jahren auslief. Filiberta del Angel Vicente hatte schon die Rückfl ugtickets bestellt, als die Katholische Hochschulgemeinde (KHG) Aachen einsprang und sie in der Endphase unterstützte. „Es waren vielfältige Probleme, durch die mir Gott einen noch solideren Charakter gegeben hat“, sagt die tief gläubige Katholikin.

Obwohl ihr Tagesplan sehr eng ist, nimmt sich Filiberta del Angel Vicente stets Zeit für zwei Termine in der KHG: die wöchentlichen Treffs des interreligiösen Gesprächskreises und des Internationalen Freundeskreises. „Dort habe ich so viel über andere Denkarten und Religionen erfahren. Ich bin toleranter geworden. Vor allem haben mich die Gesprä-che und Begegnungen reicher gemacht.“

Fern der Heimat erscheint der Mexikanerin der eigene Kontinent in einem anderen Licht. „Früher habe ich gedacht, dass es nur zwischen Deutschen und Lateinamerikanern Unter-schiede gibt. Aber hier in Aachen habe ich auch die Lateinamerikaner neu entdeckt und erkannt, wie verschieden wir doch sind.“

uwh

Vielfalt: In Aachen fand Filiberta del Angel Vicente

spannende Forschungsmöglichkeiten und erlebte starke Solidarität.

23

24

Jaku

bVi

dner

Seine Leidenschaft besitzt eine elegante Form, glänzt und fühlt sich wunder-bar an. Nur allzu gern würde Jakub Vidner ihr viele Stunden des Tages widmen. Doch Studium und Praktikum zwingen den angehenden Maschinenbauer aus Prag die Zeit gerecht aufzuteilen – zwischen dem geliebten Saxophon und den Lehrbüchern.

Bereits kurz nach seiner Ankunft an der Technischen Universität Chemnitz vor über zwei Jahren knüpfte der 23-Jährige Kontakte zu anderen Musikern. In einem Studentenclub lernte er einen deutschen Gitarristen kennen, mit dem er seither regelmäßig spielt.

„Ich fühle mich viel selbstständiger als früher.“

„Keep swinging“

23 Jahre, aus der Tschechischen Republikstudiert Maschinenbau an der Technischen Universität Chemnitz

„Keep swinging“ überschreibt Jakub Vidner seine Zeit in Sachsen. Damit greift er ein Motto auf, das ihm die Jazzlegende Al Porcino auf eine Schallplatte schrieb. Dem be-rühmten Swing-Musiker, der mit Count Basie, Charlie Parker und Ella Fitzgerald zusam-mengearbeitet hat, begegnete der Nordböhme auf einem Workshop des Jugendjazz-orchesters Sachsen. „Mit Al Porcinos Erfahrungen und Geschichten aus dem Musikerleben war es für mich ein unvergessliches Erlebnis“, erzählt der junge Tscheche.

Zwei- bis dreimal im Jahr probt das Jugendjazzorchester intensiv jeweils eine Woche lang und gibt anschließend Konzerte. „Als ich gefragt wurde mitzuspielen, habe ich gleich zugesagt. So eine Chance bekommt man nicht jeden Tag.“ Nicht nur in dieser Big Band bläst Jakub Vidner das Saxophon. „Das Leben ist nicht einfarbig, und deswegen gab es für mich keinen Zweifel, als ich erfahren habe, dass die Universitäts-Big-Band gegründet wurde“, sagt der Student. Von Anfang an engagierte er sich in dieser Big Band. Umso mehr beunruhigt ihn, dass die Mittelkürzungen an der Uni die Musik erreicht haben und zurzeit keine Proben stattfi nden, weil das Geld für den Bandleader fehlt. Nun setzt Jakub Vidner seine Hoffnungen auf Gespräche mit dem Rektor, um die Unterstützung der Band zu sichern.

Wenn der Student nicht gerade Saxophon spielt, beschäftigt er sich mit Konstrukti-onstechnik, seinem Studienschwerpunkt. In diesem Semester allerdings lernt er den deutschen Arbeitsalltag in einem Ingenieurbüro kennen. Aufzustehen um 6.30 Uhr und dann bis zum frühen Abend zu arbeiten ist für Jakub Vidner ungewohnt. „Da fehlt mir manchmal einfach die Kraft, später noch in die Uni zu gehen und Saxophon zu üben. Im Wohnheim kann ich ja nicht lange spielen, das wird zu laut“, gesteht er.

Gefallen am Ausland hatte Jakub Vidner bereits als Schüler gefunden. Ein halbes Jahr verbrachte er in der Schweiz, das wollte er im Studium wiederholen. Nach zwei Jahren an der Universität Prag führte ihn der Weg nach Sachsen. Dort blieb er länger als geplant. Inzwischen ist er fest entschlossen, in Chemnitz Examen zu machen. „Die Studienbedin-gungen hier sind einfach besser als in Prag. Außerdem habe ich gute Freunde gefunden.“ In den vergangenen zwei Jahren hat sich das Leben von Jakub Vidner sehr verändert: „Ich erlebe so viel Neues und Interessantes. Vor allem aber fühle ich mich viel selbst-ständiger als früher.“

uwh

25

Immer auf Zack: Mit Kaffee aus seiner Lieblingstasse kommt

Jakub Vidner schwungvoll durch seinen Alltag zwischen Studium und Musik.

26

Han

aGr

ündl

er27 Jahre, aus der Schweizstudiert Kunstgeschichte und Philosophie an der Universität Frankfurt am Main

Spielraum zwischen den Disziplinen

„Das Gefühl der Fremdheit, mit dem man als ausländischer Student zu kämpfen hat, entsteht weniger durch mangelnde Sprachkenntnisse als vielmehr durch das Bewusstsein, nicht wirklich Teil der (Sprach-)Kultur zu sein.“ Hana Gründler weiß, wovon sie spricht. Länder- und Sprachgrenzen hat sie in den 27 Jahren ihres Lebens oft genug überschritten.Die Tochter eines Schweizers und einer Tschechin wurde in der deutschsprachi-gen Schweiz geboren, zog mit 13 Jahren nach Lugano in den italienischspra-chigen Teil der Schweiz, machte ihr Abitur in Prag und begann ihr Studium in Mailand. Seit dem Wintersemester 1999/2000 ist die vielsprachige, hochbe-gabte Studentin an der Universität Frankfurt am Main eingeschrieben.

„Das Sich-Annähern an die Sprachkultur eines fremden Landes erfordert viel Flexibilität.“

Warum die Universität gerade ihr den DAAD-Preis für besonders qualifi zierte ausländische Studierende gegeben hat? Die Frage ist ihr eher etwas peinlich. Denn ihre herausra-genden Leistungen in den beiden Hauptfächern Philosophie und Kunstgeschichte oder ihr Engagement im Fachbereich, als Hilfswissenschaftlerin oder in den „zwei kleineren Jobs“, die sie neben dem Studium bewältigt – das alles gehört für sie einfach zu dem „Spielraum“, den sie braucht, um sich nicht „auf eine Sache festgelegt“ zu fühlen.Dass Kunstgeschichte und Philosophie zusammengehören, ist ihr selbstverständlich, geht es doch in beiden Fächern auch um Fragen der Wahrnehmung und speziell der Ästhetik. Interdisziplinär arbeiten will sie auch, wenn sie in Kürze die Magisterarbeit in Angriff nimmt.

Dass sie Fachkenntnisse und praktische Fähigkeiten verbindet, kam kürzlich auch ihren Kommilitonen zugute. Gemeinsam mit einem ihrer Professoren organisierte sie eine Ex-kursion ins kunsthistorisch mittelalterliche Prag. Sie arbeitete eine Route aus, die durch die böhmische Gotik der alten Kaiser-Stadt führte – bis hin zu Kirchen und Kapellen, die Touristen normalerweise verschlossen bleiben. Hanas Prag- und Sprach-Kenntnisse waren hier ebenso nützlich wie ihre Begeisterung für die Sache. Die Vielsprachigkeit brachte Hana auch ihren zweiten „Nebenjob“ ein: Unter Leitung von Professor Alessandro Nova arbeitet sie an einem von der Deutschen Forschungsge-meinschaft geförderten Projekt mit, in dem die von Giorgio Vasari im 16. Jahrhundert verfassten „Lebensbeschreibungen berühmter Architekten, Maler und Bildhauer“ neu ins Deutsche übersetzt werden.

Einmal war sie selbst Teil eines Sprach-Kunstwerks. Bei der „Free Manifesta“ 2002 in Frankfurt brachte der französische Künstler Olivier Bardin für eine Foto-Installation acht Frauen zusammen, die sich in ihren verschiedenen Sprachen – von Tschechisch bis Tür-kisch – irgendwie miteinander verständigen sollten. „Solche Erfahrung von Fremdheit gibt es auch, wenn man die Sprache des anderen gut kennt“, meint Hana. „Man kann von einem Witz jedes Wort verstehen, aber wenn man mit den Zusammenhängen – sei es Tradition oder Lebensgefühl – nicht vertraut ist, kann man nicht mitlachen.“

Llo

Kunstwerk: Die verschwommene Spiegelung und die

Lichteffekte auf einer Scheibe des Museums für angewandte Kunst in Frankfurt am Main

faszinieren Hana Gründler.

27

28

Zaki

rov

Fari

d R. 23 Jahre, aus Usbekistan

studiert Rechtswissenschaft an der Universität Bremen

Ein Preuße aus Usbekistan

„Usbekistan ist ein noch junger unabhängiger Staat und braucht dringend hoch qualifi zierte Spezialisten mit Auslandserfahrung“, weiß Farid Zakirov. Das Berufsziel steht für den 23-Jährigen aus Taschkent, der gerade in Bremen an seiner Jura-Promotion arbeitet, deshalb fest: „Ich möchte zu solch einem Experten auf dem Gebiet der Rechtswissenschaft werden und an der Moderni-sierung der usbekischen Gesetzgebung mitarbeiten.“ Auch bei der Wahl seines Promotionsthemas hat er sich – wie schon bei seiner Abschlussarbeit an der Taschkenter Universität – an den Erfordernissen seines Heimatlandes orien-tiert: Das internationale Kinder- und Jugendrecht ist Zakirovs Spezialgebiet.

„Meine deutschen Sprachkenntnisse haben mir die Tür geöffnet.“

„Rund die Hälfte der usbekischen Bevölkerung ist unter 18 Jahre alt. Deshalb sind Kinder und Jugendliche bei uns eine sehr wichtige Rechtsmaterie, bei der es gerade im Über-gang zu einer sozialen Marktwirtschaft eine ganze Reihe von Problemen zu lösen gilt“, erklärt Zakirov.

Erstmals nach Deutschland gekommen ist der Sohn einer Russisch-Lehrerin und eines Universitäts-Professors für Verkehrswesen bereits als 15-jähriger Schüler 1995. Das Lin-guistische Gymnasium in Taschkent, an dem er unter anderem auch Deutsch lernte, hatte eine Partnerschule im hessischen Offenbach.Nach dem Abitur begann er 1997 das Studium des Internationalen Rechts an der Uni-versität für Weltwirtschaft und Diplomatie in Taschkent, das er 2001 mit Auszeichnung abschloss. Dass es danach ins Ausland gehen sollte, stand für Zakirov schon lange fest. „Meine deutschen Sprachkenntnisse haben mir dann die Tür geöffnet“, sagt Zakirov.

Nachdem er auch den deutschen „Legum Magister“ (LLM) mit Auszeichnung absolviert hatte, konnte sich Zakirov im Wintersemester 2002/2003, fi nanziell unterstützt durch die Begabtenförderung der Konrad-Adenauer-Stiftung, an die Promotion machen. Darin vergleicht er das Adoptionsrecht in Usbekistan mit dem in Deutschland. „Im November 2005 will ich die Arbeit abschließen“, sagt der 23-jährige Jurist. Auch privat engagiert sich Zakirov für Kinder und Jugendliche: Er arbeitet ehrenamtlich für UNICEF und für die Kindernothilfe in Bremen: „Hier kann ich Erfahrungen sammeln, um später in Usbekistan eine ähnliche Organisation aufzubauen“, erklärt er.

Die Bilanz seines Deutschlandaufenthaltes fällt durchweg positiv aus – sowohl fachlich als auch persönlich: „Usbekistan ist im Unterschied zur stark individualisierten Bundes-republik eine Gruppengesellschaft. Hier in Deutschland bin ich dann in jeder Hinsicht selbstständig geworden. Es war ein kompletter Neuanfang“, sagt Zakirov. Und vieles, was er daheim aus Geschichtsbüchern und belletristischer Literatur über sein Gastland er-fahren hatte, fand der bekennende Preußen-Fan zu seiner großen Freude in Deutschland wirklich vor: „Die preußischen Tugenden Pünktlichkeit, Verantwortungsbewusstsein und Disziplin werden hier tatsächlich gelebt“, schwärmt Zakirov.

ase

Deutsche Vorbilder: Als bekennender Preußen-Fan genießt

Farid Zakirov Pünktlichkeit und Disziplin.

29

30

Blan

kaSm

olja

n 25 Jahre, aus Kroatienstudiert Deutsch als Fremdsprache an der Universität Bielefeld.

Nicht ohne meinen Kalender

Als Blanka Smoljan vor acht Jahren nach Deutschland kam, sprach sie kein Wort Deutsch. Dass sie vier Jahre später das Abiturzeugnis in der Hand hielt, sagt viel über die Zielstrebigkeit der gebürtigen Kroatin aus. Umso mehr, wenn man die Umstände bedenkt, unter denen Blanka Smoljan nach Deutschland kam: Ihre Eltern mussten mit ihr aus Bosnien fl iehen – sie gehörten zur kro-atischen Minderheit und waren in der Nähe von Sarajewo ihres Lebens nicht mehr sicher. „Die Zukunftsperspektiven waren in Bosnien für uns gleich null“, sagt die 25-jährige Kroatin.

„In meiner Heimat gab es keine Zukunftsperspektive mehr.“

So fand sich Blanka Smoljan in einer Berufsschulklasse nahe Peine mit dem Berufs-ziel Verkäuferin wieder. Dorthin hatte sie die Ausländerbehörde verwiesen. Ihrem Eng-lischlehrer fi el schließlich auf, dass Blanka Smoljan sich dort unwohl fühlte und völlig unterfordert war. Er schickte sie aufs Gymnasium. „Da schlug ich erstmal jedes Wort im Lexikon nach, um überhaupt mitzubekommen, worum es in der Stunde ging“, erinnert sie sich. Als ihre Eltern nach drei Jahren wieder auf den Balkan – diesmal nach Kroatien – zurückkehren mussten, blieb sie allein in Deutschland und machte das Abitur.

Damit hatte ihre Ausbildung aber erst ein Zwischenziel erreicht. In einem Jahr wird Blan-ka Smoljan ihr Studienfach „Deutsch als Fremdsprache“ an der Universität Bielefeld mit dem Magister abschließen. „Ich habe mir alles selbst beigebracht. Und das Studium ist eine gute Möglichkeit, sich noch einmal bewusst mit der Sprache auseinanderzusetzen.“ Erst beim Blick auf das Abiturzeugnis bemerkte sie, dass sie überhaupt in Deutschland studieren konnte. „Dort stand: Mit diesem Zeugnis werden Sie befähigt, an jeder deut-schen Hochschule ein Studium aufzunehmen. Da habe ich angefangen ernsthaft drüber nachzudenken“, erzählt Blanka Smoljan.

„Ich liebe es zu organisieren“, sagt sie, und das erklärt, warum ein Terminkalender für sie Deutschland repräsentiert. „Bei uns auf dem Balkan ist das Leben eher spontan, in Deutschland muss alles abgesprochen werden. Wie sehr ich mich hier verändert habe, zeigt, dass ich inzwischen von meinem Terminkalender abhängig bin“, schmunzelt sie. Organisation bedeutet dabei vor allem Hilfe für andere. Bereits während der Schulzeit engagierte sie sich für Amnesty International. Für ihre Kommilitonen plante sie mehre-re Studienfahrten. In Bielefeld betreut sie außerdem griechische und chinesische Aus-tauschstudenten und führt sie in die Tücken des deutschen Alltagslebens ein. Deutsch als Fremdsprache ist für sie deswegen mehr, als nur Grammatik zu pauken: „Es geht vor allem um Kulturvermittlung“, erläutert Smoljan.

Minderheiten unterstützen und Ausländern bei der Integration helfen: Das soll auch nach dem Studium der Schwerpunkt ihrer Arbeit bleiben. Sie will künftig zwischen Deutsch-land und Kroatien pendeln und sich in EU-Projekten für ethnische Minderheiten in den früheren Bürgerkriegsländern engagieren. Wohl kaum jemand kann dabei so gut aus eige-ner Erfahrung schöpfen wie Blanka Smoljan.

tiw

Durchorganisiert: In Deutschland entdeckte Blanka Smoljan den Terminkalender, jetzt kommt sie nicht

mehr ohne ihn aus.

31

32

Jane

Jers

ak-S

char

fImmer wieder Sonntag!

Jane Jersak-Scharf kommt aus San Diego, Kalifornien. Nach Europa reiste sie schon mit 16 Jahren, weil es ihr aufregend erschien, mythisch, ganz so wie Amerika für viele Europäer. Als Austauschschülerin landete sie in Dinslaken, was für die Kalifornierin erst einmal einen großen Schock bedeutete. In der Millionenstadt San Diego shoppte Jane rund um die Uhr, traf Freunde, tanzte, rannte ins Kino. In Dinslaken war die Woche Samstag um ein Uhr mittags vorbei. „Ich sehnte mich nach dem Montagmorgen“, sagt Jane, und deswegen dauerte es eine Weile, bis sie begriff, dass die Ruhe am Sonntag ein ganz gro-ßes Geschenk sein kann. „Ein Tag in der Woche, an dem alles geschlossen hat, ist wunderbar. Die Menschen können mit ihren Familien und mit sich selber in Einklang sein. In Deutschland habe ich gelernt, es mit mir selbst aushalten zu können.“

„Ich bin nach Deutschland gekommen, weil ich das Land aufregend fand.“

25 Jahre, aus den USAMaster of Business Administration an der FH Reutlingen

Deswegen zog es sie auch nach dem Schüleraustausch immer wieder nach Deutschland. Schon während ihres Studiums an der San Diego State University absolvierte sie ein Semester an der Fachhochschule Reutlingen. Es gefi el ihr so gut, dass sie nach ihrem Bachelor-Abschluss vor drei Jahren den Masterstudiengang International Marketing in Reutlingen belegte. In ihren Examina schnitt sie überdurchschnittlich gut ab. Schon in Kalifornien wurde die 25-Jährige mit Stipendien und Auszeichnungen überhäuft. In Reutlingen erhielt sie das Zeugnis der besten ausländischen Studierenden ihres Jahr-gangs. „Ich habe ein Problem: Ich lerne gerne viel“, sagt Jersak-Scharf.

Doch die Amerikanerin ist alles andere als eine Streberin, die sich für nichts anderes als Bücher und Studium interessiert. Jane Jersak-Scharf trat zu Beginn ihres Studiums in Reutlingen dem Fachbereichsrat bei. „Ich wollte mich besonders um die ausländischen Kommilitonen kümmern. Ich hatte ja schon einige Deutschland-Erfahrung“, erklärt sie. Beim Kinder-Fest der Hochschule, das in der ganzen Stadt gefeiert wird, sorgte sie an ihrem Stand für die Unterhaltung der ganz Kleinen. Und am International Food Day be-glückte sie die ganze Fachhochschule mit einem typisch amerikanischen Gericht: Brow-nies. „Das war das erste Mal, dass sich dabei überhaupt eine Amerikanerin engagiert hat“, erzählt Jersak-Scharf.

Nach Reutlingen kam sie, weil der Masterstudiengang ihr bisheriges Studium in den USA „perfekt ergänzte“. Sie konnte sich nicht nur auf das globale Wirtschaftsmanagement spezialisieren, sondern nach Deutsch, Französisch und Spanisch auch noch Chinesisch lernen. Und schließlich wartete auch ihr ganz persönliches Glück in Deutschland auf sie: Ihren jetzigen Mann lernte sie bereits während ihres Schüleraustausches kennen. Sie heirateten vor drei Jahren, und ihr erster Sohn wurde vor 16 Monaten geboren. Momen-tan sucht Jersak-Scharf nach einem Job in einem internationalen Unternehmen: Ohne Anspruch darf der bei ihrer Qualifi kation natürlich nicht sein.

Wie gut der deutsch-amerikanische Austausch in beide Richtungen funktionieren kann, zeigt Jane Jersak-Scharf auch: Während sie jetzt wieder in Dinslaken bei ihren Schwieger-eltern wohnt, lebt ihre Gastschwester aus Schülerzeiten inzwischen in den USA.

tiw

Völkerverständigung: Durch ihren deutschen Mann und

Sohn Teddy hat Jane Jersak-Scharf in ihrem Gastland tiefe Wurzeln geschlagen.

33

3434

Alle Preisträger auf einen Blick

34

Name Vorname Herkunftsland Studienfach HochschuleAbalia Marijuan Inaki Spanien BWL EBS Oestrich-WinkelAgha Ashraf Palästina Maschinenbau/Fertigungst. FH DortmundAhn Kyung-Rang Süd-Korea Produkt-Design HfK Berlin (Weißens.)Alexandrow Sergej Rußland Wirtschaftswissenschaft FernU HagenBaibourine Radil Rußland Wirtschaft FH Anhalt-KöthenBaker Daniel Irland BWL WHU VallendarBamigbade Philippe Benin Sozial-,Politik.-,Informationsw. U DüsseldorfBanita Georgina Rumänien Literaturwissenschaft U KonstanzBayrak Mustafa Türkei Elektrotechnik/Informationst. U BochumBerg Nils Holger Dänemark Geschichtswissenschaft U ErfurtBernardino-Schuller Celia Portugal Lehramt Realschule, Engl., Dt. PH HeidelbergBetancur Miguel Angel Kolumbien Wirtschaft FH MünsterBlesius Carl Robert USA Medizin U HeidelbergBorchev Nikolay Rußland Gesang/Musiktheater HfM Berlin (H.Eisler)Bratikova Anastasia Weißrußland Betriebswirtschaft FH DeggendorfBrezoczki Gabriella Ungarn Klavier/Konzertexamen HfM KölnBrill Shirley Israel Musik HfM LübeckCacciato Ennio Italien Film- u. Fernsehregie HS FF PotsdamCastano Díez Daniel Spanien Angew. Mathematik U BonnCatalanotti Marielle Frankreich Künstl. Ausbildung (Horn) HfM Frankfurt/M.Chahrour Racha Syrien Bauingenieurwesen U KasselChen Wei China Elektro-Informationstechnik FH HannoverCheng Chuan China Verfahrenstechnik U MagdeburgChiron Thomas Frankreich Klavier Hf M+T LeipzigChudzinski Pawel Polen BWL HandelsHS LeipzigCivic Ivan Bosnien-Herzegow. Freie Kunst HBK BraunschweigCorrada Matteo Italien Sportwissenschaft DSH KölnDai Chunling China Forstwissenschaft U Freiburgdel Angel Vicente Filiberta Mexiko Maschinenbau RWTH AachenDong Yiwen China Chemietechnik U DortmundDongmeza Euloge Brice Kamerun Agrarwissenschaft U Hohenheim, Stuttg.Egorova Anna Bulgarien Informatik/Raumfahrtstechnik FU BerlinFan Yin Liang China Architektur FH DüsseldorfFandio Makarios Kamerun Diplom-Übersetzer U MainzFodiop Sop Patrice Kamerun Intern. Wirtschaftsingenieurw. FH WiesbadenFowe Eric Paxcal Kamerun Bauingenieurwesen FH PotsdamFräki Sonja Finnland Konzertexamen HfM KarlsruheFujita Chikako Japan Klavier HfM MannheimGaleotti Celia Frankreich Tourismuswirtschaft HS Wernigerode-HarzGarami Maryam Iran Sozialwesen FH Fulda

Ge Liu China Informationstechnik FH OOW Wilhelmshaven

Gladka Paulina Polen Angl./Amerik./Skandiavistik, Neuere dt. Literatur U Greifswald

Name Vorname Herkunftsland Studienfach HochschuleGründler Hana Schweiz Kunstgeschichte U Frankfurt/M.Guseila Oana Rumänien Betriebswirtschaftslehre U TrierHewa Ahmed Irak Gesundheitswesen HAW HamburgHolrick Anette Dänemark Wirtschaft FH BielefeldHonorio Agostinho Miguel Portugal Wirtschaftsingenieurwesen FH BochumHrioua Jihad Marokko Elektrotechnik FH Lippe und HöxterHwang Haye Jae Korea Darst. Kunst/Gesang/Musikth. UdK BerlinIbnouquossai Salaheddine Marokko Elektrotechnik U DuisburgIlieva Iliana Bulgarien Int. Business Management FH FurtwangenInacio Andrioli Antonio Brasilien Social Sciences U OsnabrückIvlev Kirill Ukraine Freie Kunst HBK MünsterJegorovs Kirils Lettland Integrated Social Sciences IU BremenJersak-Scharf Jane USA Intern. Marketing FH ReutlingenJojgova Pavlina Bulgarien Maschinenbau FH Giessen-Friedb.Jossa Laurent Jean Luxemburg Logistik u. E-Business FH KoblenzJuric Nina Bosnien-Herzegow. Mathematik FH DarmstadtKadauw Abdulkader Irak Maschinenbau TU FreibergKaldjob Eddy Brice Kamerun Elektrotechnik TU BraunschweigKamdem Kouam Habib Momo Kamerun Telekommunik.- u. Informat. FH NürnbergKamdoum Aurelie Kamerun Wirtschaftsinformatik FH LudwigshafenKamel Osman Shereef M. Ägypten Automative Engineering FH Offenburg

Kamil Rafi k Marokko Textiltechnik FH Niederrhein, Krefeld

Kartavyi Igor Rußland Informatik FH RegensburgKassa Negatu Adane Äthiopien Agrarwissenschaft U GöttingenKe Ding China Chemie U SiegenKhallouk Mohammed Marokko Politikwissenschaft U MarburgKim Ki-Yong Süd-Korea Gesang HfM DetmoldKitsubun Panit Thailand Technologie u. Biotechn. TU MünchenKittrich Jan Tschechien Jura U MannheimKotulkova Veronika Tschechien Deutsch/Germanistik U WürzburgKovalskaia Olga Rußland IBS FH TW DresdenKukanina-Diakileke Jerry Kongo Sozialarbeit FH Frankfurt/M.Kumar Radjiv Indien Elektrotechnik TU KarlsruheKungla Tarvo Estland Politikwissenschaft U JenaLafuente Cerdá Oscar Spanien Chemie U BayreuthLai Chow Yin Malaysia Mechatronik u. Mikrosystemt. FS TW HeilbronnLee No-Eun Korea Neuere dt. Literaturwissensch. U KielLee Jung-Suk Korea Grafi k HS K+D Halle/SaaleLeng Xiao China Bauwesen u. Geoinformation FH OOW OldenburgLengl Szilvia Erzsebet Ungarn Germanistik, M.A. U AugsburgLi Qun China Intern. Informationsmanag. U HildesheimLi Shuyin China Informationsverarbeitung U Köln

3535

Name Vorname Herkunftsland Studienfach HochschuleMair Clemens Österreich Argrarmarketing u. Managem. FH WeihenstephanMaljevic Snezana Serbien Medizin U UlmMamchur Natalia Ukraine Touristik FH WormsManik Milena Polen Kulturwissenschaft U Frankfurt/O.Markopoulos Titos Griechenland Verwaltungswissenschaft HfV SpeyerMelatiadou Anastasia Griechenland Informatik U Koblenz-LandauMelnikova Polina Estland BWL U LüneburgMerenyi Viktoria Marianna Ungarn BWL FH Kempten (Allgäu)Minegishi Yutaka Japan Goldschmiede HBK MünchenMinjie Liu China Wirtschaft FH W BerlinMiteva Neli Hristova Bulgarien Germanistik PH FreiburgMongoue Kadjimbah Esther Kamerun Informatik-Ingenieurwesen TU Hamburg-HarburgMotz Evgenia Rußland Verlagswirtschaft HdM StuttgartNakib Samer Libanon Medizin & Zahnmedizin U Witten/HerdeckeNavab Motlagh Mona Iran Germanistik U BambergNdiapi Olivier Kamerun Holzingenieurwesen FH HildesheimNgonga Ngomo Kamerun Informatik U LeipzigNozadze Nelly Georgien Humanwissenschaft TU DarmstadtNtongmo Pierre Olivier Kamerun Elektrotechnik TU BerlinOakex Allison Großbritannien Gesang HfM WeimarOdaka Tina Erica Japan Theoretische Chemie U WuppertalOmondi Susan Kenia Betriebswirtschaft FH KonstanzÖzden Pinar Türkei Computerlinguistik U MünchenPeeva Svetlana Bulgarien Wirtschaftsinformatik FH MünchenPeroni Emilio Argentinien Klavier HfM RostockPetkova Maria Bulgarien Mathematik HU BerlinPietrzak Gregorz Polen Wirtschaftsingenieurwesen IHI ZittauPloski Jan Polen Wirtschaftsinformatik FH KölnPlotuikov Mikhail Rußland Dipl. Landschaftsökologie U OldenburgPodlyesniy Artur Ukraine Künstl. Instrumentalausbildung HfM DüsseldorfPojarovà Michaela Tschechien Chemie U RegensburgPokrowskaja Darja Rußland Orchestermusik HfM DresdenPopescu Corneliu-Gheorge Rumänien Humanmedizin U RostockQuandt Veronica Brasilien Informationstechnik FH T MannheimRhila Abdelkibir Marokko Diplom-Mathematiker U MünsterRomero Hernandez Emigdio Mexiko Bauingenieurwesen HTWK LeipzigRotte Katarzyna Ewa Polen Deutsch als Fremdsprache U GießenRudenko Pavlo Ukraine Elektrotechnik FH TrierSafarov Boris Ukraine Russistik / Kunst U PotsdamSaidane Amel Tunesien Elektrotechnik U HannoverSakaguchi Futaba Japan Violine MuHS WürzburgSchmidt Linda Myanmar (Burma) Erziehungswissenschaft U Hamburg

Name Vorname Herkunftsland Studienfach HochschuleSchneider Natalia Rußland Fachdolmetschen FH Magdeburg-Stend.Shankar Priya Rajesh Indien Mechatronik FH Ravensburg-Weing.Siripanich Preechaya Thailand Bildende Kunst HfK BremenSmolikova Petra Tschechien Harfe Hf M+TH MünchenSmoljan Blanca Kroatien Deutsch als Fremdsprache U BielefeldSong Zu Zhao China Kommunikationsmanagement FH OsnabrückSouissi Youssef Marokko Wirtschaft dt.-franz. FH GelsenkirchenSoukhova Natalia Rußland Architektur U WeimarSulyok Zsuzsanna Ungarn BWL FH JenaSyssau Pierre Frankreich Europ. Studieng. Wirtschaft FH AachenTakeya Eri Japan Sol.Ausbildung/SO HfM TrossingenTanoto Andry Indonesien Electronic Systems FH Iserlohn-Südwestf.Thi Thu Huong Tran Vietnam Mathematik TFH StuttgartThorsteinsson Eirikur Baldur Island Luft- u. Raumfahrttechnik U StuttgartTian Tian China Innenarchitektur FH MainzTschernolutskaja Valeria Ukraine Nachrichtentechnik FH Telekom LeipzigTsirou Elpiniki Griechenland Diplom Mathematik U PassauTurchyna Nataliya Ukraine Mathematik TU CottbusVass Melinda Ungarn Financial Management FH CoburgVega Ojopi Vanja Bolivien Intern. Business Administr. HWP HamburgVidner Jakub Tschechien Maschinenbau TU ChemnitzViscorova Renata Tschechien Metallurgie TU Clausthalvon Asten Erik USA Elektrotechnik FH LübeckWakahata Ken Japan Philosophie U Halle-WittenbergWang Xiaoxuan China Multimediatechnik TFH WismarWebb Richard England Physik U Erlangen-NürnbergWillers Ina USA Intern. Industrial Management FH EsslingenXiang Yanlin China Rechtswissenschaft TU DresdenXie Qin China Elektrotechnik FH KaiserslauternXu Chongchong China Bekleidungsgestaltung FH TW BerlinYang Liu China Wirtschaftswissenschaft U PaderbornYang Kailiang China Freie Kunst HBK HamburgYoussef Nora Ägypten Germanistik u. Geschichte Kath. U EichstättZablocka Dorota Polen Wirtschaftswissenschaften FH T KarlsruheZaim Mohamed Fuad Marokko Kommunikationstechn./Elek. Techn. FH BerlinZakirov Farid R. Usbekistan Jura U BremenZapletal Frantisek Tschechien Informatik HS Zittau/GörlitzZbozhna Olga Ukraine Informatik FH BremenZhang Xin China Ang. Informatik FH BingenZhelev Zhelyu Bulgarien Intern. Project Mgt. FH IngolstadtZhu Yi China Informatik FH BrandenburgZouaghi Wissem Tunesien Elektrotechnik U Kaiserslautern

Jahr Studierende insgesamt

Ausländische Studierende

Anteil ausländischer Studierender

1975/76 790.468 47.298 6,0

1980/81 1.036.303 57.713 5,6

1985/86 1.336.674 74.575 5,6

1990/91 1.712.608 104.615 6,1

1996/97 1.837.703 151.870 8,3

1997/98 1.824.068 158.435 8,7

1998/99 1.801.233 165.994 9,2

99/2000 1.773.881 175.065 9,9

2000/01 1.799.338 187.027 10,4

2001/02 1.868.666 206.141 11,0

2002/03 1.939.233 227.026 11,7

Quelle für Zahlen bis 2002/03: Studentenstatistik Statistisches Bundesamt; HIS-Berechnungen

Ausländerstudium in Deutschland

Deutsche Hochschulen stehen hoch im Kurs bei internationalen Studierenden. Als Gastland für Studierende aus aller Welt steht Deutschland hinter den USA und Groß-britannien an dritter Stelle. Die Gründe für ein Studium in Deutschland sind viel-fältig: Deutsche Hochschulen bieten attraktive Studienangebote, genießen hohes internationales Ansehen und zeichnen sich durch fachliche Qualität und internatio-nale Orientierung aus. Viele Studierende haben eine Affi nität zur deutschen Kultur und Sprache. Die weitgehende Gebührenfreiheit des Studiums, zahlreiche Möglich-keiten der Studienförderung sowie großzügige Einreise- und Aufenthaltsregelungen sind Faktoren, die die Entscheidung für ein Studium positiv beeinfl ussen.

Insbesondere in den letzten Jahren gewann der Studienstandort Deutschland an Attraktivität. Bestehende Studienangebote wurden internationalisiert und neue Angebote geschaffen, insbesondere international anerkannte Bachelor- und Master-Studiengänge. Immer mehr Studiengänge beinhalten integrierte Auslandssemester und schließen mit einem Doppeldiplom ab.

Qualifi zierte Nachwuchswissenschaftler können in strukturierten Graduiertenstudi-engängen ihre Promotion in relativ kurzer Zeit abschließen. Aufenthalte für Gast-dozenten und Forschungsstipendien bieten eine gute Möglichkeit, die deutsche Hochschullandschaft „von innen“ kennen zu lernen. Diese Neuerungen zeigen erste Wirkung. Nahm in den neunziger Jahren die Zahl der Studierenden nur geringfügig zu, gibt es seit einigen Jahren hohe Zuwachsraten, und die Zahl der Studierenden steigt seit 2000 um mehr als 10 Prozent pro Jahr. Insgesamt 227.026 ausländische Studierende waren im Wintersemester 2002/03 an deutschen Hochschulen einge-schrieben, das sind 11,7 Prozent aller Studierenden. Circa 63.000 ausländische Stu-dierende, meist Kinder von Arbeitsmigranten, haben in Deutschland ihre Hochschul-zugangsberechtigung erworben.

36

Ausländische Studierende an deutschen Hochschulen

Etwa zwei Drittel der ausländischen Studierenden kommen aus Europa, ein Fünftel stammt aus Asien.Zum ersten Mal studierten im Jahr 2002 deutlich mehr ost- als westeuropäische Studierende an deutschen Hochschulen. In den Ländern Mittel- und Osteuropas – dort, wo die gesamte Gesellschaft im Umbruch ist – gibt es viele, die eine Aus-bildung an einer deutschen Hochschule als gute Grundlage für die Zukunft in ihren Heimatländern sehen.

Besonders begehrt sind bei den ausländischen Studierenden die Fächergruppen Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mit circa 28 Prozent, gefolgt von den Sprach- und Kulturwissenschaften mit 25 Prozent und den Ingenieurwissen-schaften mit 20 Prozent.

Die zunehmende Zahl der ausländischen Studierenden macht eine professionellere Betreuung notwendig. Mit einem neuen Stipendien- und Betreuungsprogramm (STI-BET) unterstützt der DAAD die Hochschulen bei ihren Aktivitäten. Auf politischer Ebene setzen sich der DAAD und andere Wissenschaftsorganisationen für die Ver-besserung der Rahmenbedingungen des Ausländerstudiums ein. Dort sind weiterhin große Anstrengungen nötig, um die vielen positiven Maßnahmen zur Erhöhung der Attraktivität des Studienstandorts Deutschland nicht ins Leere laufen zu lassen. Dies betrifft vor allem die weitere Liberalisierung von arbeitsrechtlichen Bestim-mungen sowie den Bau von Wohnheimen, um langfristig eine angemessene und kostengünstige Unterbringung zu ermöglichen.

Es liegt im Interesse der Hochschulen und der Gesellschaft insgesamt, dass der Studienstandort Deutschland seine exzellente Qualität international sichtbar ma-chen kann. Ausländische Studierende und Wissenschaftler sind eine Bereicherung für die deutschen Hochschulen, wir benötigen sie auch für die Weiterentwicklung wissenschaftlicher Standards. Sie sind zukünftige Partner in Wirtschaft, Politik und Wissenschaft.

Dr. Christian Thimme, DAADLeiter des Referats Betreuung ausländischer Studierender,

Studienangebote deutscher Hochschulen im Ausland

37

Herkunftsstaaten der Bildungsausländer2002/03 im Vergleich zu 2001/02

20.000

15.000

10.000

5.000

0

Anzahl 2002/03

Anzahl 2001/02

19.374

13.523

China Polen Bulgarien Russische Marokko Föderation

10.2848.827 9.499

6.9548.113

7.098 6.4595.570

2001

/02

2002

/03

2001

/02

2002

/03

2001

/02

2002

/03

2001

/02

2002

/03

2001

/02

Impressum Herausgeber Deutscher Akademischer Austauschdienst e.V., Bonn Kennedyallee 50, 53175 Bonn, Deutschland Tel.: 0228/882-0; Fax: 0228/882-444 http://www.daad.de Koordination Dr. Christian Thimme, DAAD Redaktion Dr. Isabell Lisberg-Haag Trio Verlag, www.trioverlag.de Autoren Dr. Isabell Lisberg-Haag (lb) Uschi Heidel (uwh) Katja Spross (KS) Dr. Leonie Loreck (Llo) Dr. Anna-Sabine Ernst (ase) Tilmann Warnecke (tiw) Gestaltung axeptDESIGN, Berlin Herstellung Königsdruck, Berlin Aufl age 2.000 Copyright DAAD, Februar 2004

2002

/03