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125 II. Organische Ghernie im Allgemeirien und Phytochemie. Ueber eine neue Klassc der Isomerie. Von Berthelot. Die isomeren, d. h. die aus denselben Elementen in gleichem Verhaltnisse zusammengesetzten Stoffe konnen in eine Amah1 allgemeiner Qruppen oder Klassen eingethcilt werden. In seiner Chimie organique fondhe sur la s y n t h h (t LI, p. 650) giebt Berthelot folgende Eintheilung: 1) Aequivalente Zusammensetzung: Es geho- rcn hierher diejenigen Kiirper , welche nur eine zufallige Beaiehung zu einander zeigcn, so z. H. die Buttersiiure C8H804 und der Dialdehyd, (C4H402)2, 2) Die Metamerie: IIiorher rechnet Berthelot die Stoffe , die aus zwei verscliiedenen Kiirpern zusammengesetzt Liind, derenFormeln sich compensiren, z. U. der essigsaure Ne- thylather: C2Hz (C4H404) und der ameisensaure Aethylather, C4H4 (CaH204). 3) D i e P o l y m e r i e : Xorper die durcli die Vereinigung mehrer Xolekule zu einem einzigen gebildet sind : Amylen = UlOH10 und Dianiylen (C1oH1o)e. 4) Die eigentliche Isomerie: Korper, die sich durch ihre Eigenthiimlichkeiten unterscheiden und dieselben durch gewissc Verbindungen hindurch beibehalten , die aber diese Eigenthumlichkeitcn der innercn Gruppirung der zusam- inengesetzten Molekiile verdanken. Solche Hind : das Terpen- thinol , das Citronenol , die Zuckerarten, Weinsiurcn u. a. w. 5) I' h y s i Y c h e 1's o m e r i e : Verschiedene Zustiinde des- selbeu Korpers , welche jedesmal verschwinden , wenn derselhe eine neue Verbindung eingeht (Ueberhitzung etc.) Bcrthelot schlLgt vor, diesen 5 Klavsen als scchste die k'enomerie (von KEY~S, leer) anzureihen. Dieselbe ist von allen andern verschieden , obgleich sie der Xetamerie nahe steht; sie grundet sich auf folgende Thatsachen: Zwei verschiedene .Verbindungen konnen , durch die Ein- wirkung gewisser Reactionen , verscliiedeiie Gruppen von Elcmenten verlieren , so dass sie alsdann gleiche %usammen- setzung xeigen; watircnd die beiden Dcrivnte in ihren physi- kalischen und chemischcn Xigenschsften verschieden sind, halten sie etwas von der Beschaffenheit der Ausgangsverbin-

Organische Chemie im Allgemeinen und Phytochemie. Ueber eine neue Klasse der Isomerie

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Page 1: Organische Chemie im Allgemeinen und Phytochemie. Ueber eine neue Klasse der Isomerie

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II. Organische Ghernie im Allgemeirien und Phytochemie.

Ueber eine neue Klassc der Isomerie. Von B e r t h e l o t .

Die isomeren, d. h. die aus denselben Elementen in gleichem Verhaltnisse zusammengesetzten Stoffe konnen in eine Amah1 allgemeiner Qruppen oder Klassen eingethcilt werden. I n seiner Chimie organique fondhe sur la s y n t h h (t LI, p. 650) giebt Berthelot folgende Eintheilung:

1) A e q u i v a l e n t e Z u s a m m e n s e t z u n g : Es geho- rcn hierher diejenigen Kiirper , welche nur eine zufallige Beaiehung zu einander zeigcn, so z. H. die Buttersiiure C8H804 und der Dialdehyd, (C4H402)2,

2) D i e M e t a m e r i e : IIiorher rechnet Berthelot die Stoffe , die aus zwei verscliiedenen Kiirpern zusammengesetzt Liind, derenFormeln sich compensiren, z. U. der essigsaure Ne- thylather: C2Hz (C4H404) und der ameisensaure Aethylather, C4H4 (CaH204).

3) D i e P o l y m e r i e : Xorper die durcli die Vereinigung mehrer Xolekule zu einem einzigen gebildet sind : Amylen =

UlOH10 und Dianiylen (C1oH1o)e. 4) D i e e i g e n t l i c h e I s o m e r i e : Korper, die sich

durch ihre Eigenthiimlichkeiten unterscheiden und dieselben durch gewissc Verbindungen hindurch beibehalten , die aber diese Eigenthumlichkeitcn der innercn Gruppirung der zusam- inengesetzten Molekiile verdanken. Solche Hind : das Terpen- thinol , das Citronenol , die Zuckerarten, Weinsiurcn u. a. w.

5) I' h y s i Y c h e 1's o m e r i e : Verschiedene Zustiinde des- selbeu Korpers , welche jedesmal verschwinden , wenn derselhe eine neue Verbindung eingeht (Ueberhitzung etc.)

Bcrthelot schlLgt vor, diesen 5 Klavsen als scchste die k'enomerie (von K E Y ~ S , leer) anzureihen. Dieselbe ist von allen andern verschieden , obgleich sie der Xetamerie nahe steht; sie grundet sich auf folgende Thatsachen:

Zwei verschiedene .Verbindungen konnen , durch die Ein- wirkung gewisser Reactionen , verscliiedeiie Gruppen von Elcmenten verlieren , so dass sie alsdann gleiche %usammen- setzung xeigen; watircnd die beiden Dcrivnte in ihren physi- kalischen und chemischcn Xigenschsften verschieden sind, halten sie etwas von der Beschaffenheit der Ausgangsverbin-

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dung fest. Es scheint, dass die Gebaude der Verbindungen fortbestehen, jedoch n i t verschiedenen leeren Raumen, wodurch die elementare Zusanmensetzung die gleiche wird, ohne dass dasselbe mit der Oruppirung der Atome der Fall ist. - So z. B. kann der Alkohot einerseits 2 Aequivalente Wasserstoff verlieren und sich in Aldehyd verwandeln :

C4H602 - H2 = C4H40 2.

Das Glykol andrerseits lrann 2 Aequivalente Wasser ver- lieren und in Glykolather ubergehen:

C4H 6 0 4 - H20 2 = C4H40 2.

Der Glykolather und der Aldehyd sind isomer; ihre Bquivalente Zusamniensetzung ist die gleiche , aher ihre physi- kalischen und chemischen Eigeuschaften sind verschieden : ein schlagendes Beispiel der Xenomerie.

Ferner kann das Terpenthinol (oder richtiger das Tereben- then) sich mit Chlorwasserstoffsaure verbinden und nach Um- standen zwei verschiedene Chlorhydrate bilden :

ein Monochlorhydrat , . . CZ0Hl6 , HC1 und ein Dichlorhpdrat . . . . C20H16, 2HC1.

In keinem dieser Korper besteht der Molecularzustand des Terebenthens noch, er ist diirch den Act der Vereinigung vollstgndig modificirt worden, und zwar auf verschiedene Weise in diesen beiden Fallen, denn keiner der beiden Xiirper kann direct in den andern iibergefiihrt werden. Dem Monochlor- hydrat entspricht eine einatomige Reihe, welche yon ihm derivirt ; die Camphenreihe

Camphenreihe Chlorhydrat . . . . . C20H'6(HC1) Bromhydrat . . . . . C,20H1F(HBr) Hydrat , . . . . , . C 201116 (H20 2,

Essigsanres Camphen . . C Z 0 H l 6 (C4H404) Rtearinsaures ,, . . C20H16(C36H3604).

Den1 Dichlorhydrat entspricht in gleichcr Weise eine zweiatomige Reihe , die von ihm derivirt : die Terpilenreihe :

Terpilenreihe Chlorhydrat . . . . . C20H1'j(2HC1) Bromhydrat . . . . . C20H16(2HBr) Hydrat . , . . . . . C zoH1G(2H20 2,

Essigsaures Terpilen . . C20H16(2C4H404) Stearinsaures ,, . . c, 2OH 1 6 (2C 36 H 36 0 4)

Diese allgemeinen Eeziehungen fand Berthelot durch seine Versnche. Zersetzt man das einatomige Chlorhydrat mit der nothigen Vorsicht , um seinen Molecularznstand nicht zu verandern , so erhiilt man das krystallisirbare Camphen,

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Absorption durch Kohle. - Bestimmung von Schwefel etc. 127

C20HlG, welches sich zur directen Herstellung der Korper dejenigen Reihe eigiiet, von der es derivirt : es besitzt gewis- sermassen denselben molecularen Bau , mit Ausnahme des durch Elimination der Elemente des Chlorwasserstoffs ent- standenen leeren Raumes. - Ganz dasselbe findet statt bei dem dnrch Zerlegung des zweiatomigen Chlorhydrats entste- hendcn Terpilen , welches dieselben Beziehungen zur zweiato- migen Reihe zeigt. - Die Isomerie des Camphens und Ter- pilens erkliirt sich also leicht, indem man zu der Reihe zuriickgeht , von der Rie deriviren, besonders aber zu den1 Moleciilarziistande , welcher bei der Bildung der beiden anfang- lichen Chlorhydrate Statt hatte.

Erscheinungcn dieser Art sind in der organischen Chemie nicht selten: Berthelot wendet seine Theorie der Kenomerie such auf die anorgankche Chemie an, indem er die verschie- denen allotropischen Zustande mehrer Xorper , wie z. B. des Schwefels, dcs Kohlenstof%, des Bor’s, Silicium und anderer einfacher Tiorper fur die Kenomerie in Anspruch ninimt. (Journal de pharniacie et de chimie). Enders.

Ueber die Absorption von Dtmpfen durch Kohle hat J o h n H u n t e r Versuche angestellt und gefunden, dass 1 Volumen Cocosnusskohle bei 195 bis 200° C. shsorbirt: 110, 7 Vol. Bnilindampf, 102 Vol. Phenol, 101, 1 Vol. Bit- termandelol, 84, 3 Vol. Buttersaure, 74, 9 Vol. Buttersanre- ather, 48 Vol. Terpenthinol und 41, 2 Vol. Valeriansaure; bei 154 bis 158O C.: 66, 6 Vol. Aldehyd, 71, 5 Vol. Essig- ather, 68 Vol. Aceton, 30, 7 Vol. Ameisensaure, 18, 4 Vol. Amylen und 3, 7 Vol. Anderthalb - Chlorkohlenstoff; bei 100O C.: 138, 7 Vol. Aldehyd, 116 Vol. EssigSther, 104. 5 T’ol. Aceton, 63, 5 Vol. Salpetrigsaureather, 60, 4 Vol. Chlorathyl und 7 , 9 Vol. Anderthalb - Chlorkohlenstoff. (Clien. Soc. J. 5. 160; Zeitschr. f. Chem. N. l? Bd. 111 S. 224. April 1867). H. Ludwig.

Bestiinmiing yon Schwefel, Chlor, Phosphor u. s. w. in organischen Subsfansen.

Nach den friiheren Mittheilungen von C a r i u s war die Bestimmung des Schwefels in sehr bestandigen organischen Verbindungen (durch Salpetersaure im zugeschmolzenen Rohr) immer noch mit einiger Umstzndlichkeit verkniipft, weil das