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(Ausgabe III Oktober 2011) Was sind kritischen Jurastudierende? "Ich studierte also Jus", so Kafka. "Das bedeutete, dass ich mich in den paar Monaten vor den Prüfungen unter reichlicher Mitnahme der Nerven geistig förmlich von Holzmehl nährte, das mir überdies schon von tausend Mäulern vorgekaut war." "Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht." (Bertolt Brecht) Der Vorlesungsbetrieb an der Uni Hamburg hat wieder begonnen, es sind Erstsemester unter uns und das WiSe´11/12 verspricht bewegt zu werden: Das erste Mal seit Jahren hat es am 01.06.2011 ein Vollversammlung der Jurastudierenden in einem Rest-los gefülltem Hörsaal gegeben, einer Veranstaltung auf der Dekan Tilman Repgen dazu aufrief: „Nicht studieren, sondern protestieren!“. Was folgte war eine Demonstration von mehr als zehntausend Mitglieder der Ganzen Uni am 07.06 getragen von einer beispiellosen Welle der Solidarität, die neben dem Engagement der Verwaltung samt des Unipräsidenten Dieter Lenzen vor allem aktiven und kritischen Studierenden zu verdanken ist. Der Kampf um die Zukunft (KUD) der Wissenschaft wird weitergehen und wir, die kritischen Jurastudierenden Hamburg möchten euch bekräftigen daran Teilzunehmen. Das heißt zum einen in den bevorstehenden Monaten, das Holzmehl als Holzmehl zu erkennen und zum anderen die Aspekte unseres Studiums zu erforschen, die Brecht anspricht: Mit Herzblut unsere Gesellschaftliche Relevanz, Macht und Missbrauch zu untersuchen; Unrecht zu erkennen! Das bedeutet konkret sich nicht nur den Paragraphen und Gesetzes Systematiken zu widmen, sondern auch die Vorstellung von Gerechtigkeit zu schärfen, also die Wirklichkeit des Rechts unserer Gesellschaft und unsere Gesellschaft selbst gem. dem Grundsatz: Cui bono? Wem nützts? kritisch zu hinterfragen. Diese Frage stetig zu stellen ist Aufgabe aller Mitglieder der Fakultät. Und dafür gilt es die Rahmenbedingungen neu zu gestalten: Die Zwischenprüfungsordnung muss ge- ändert werden. Die Grundlagen des Rechts bedürfen einer größeren Gewichtung. Nicht studieren, sondern protestierenDazu muss Zeit und Anreiz für Engage- ment geschaffen werden! Dabei spielen gerade die Ersten Semester eine große Rolle. Kulturelle und politische Veranstaltungen o. Vorlesungen an der Fakultät, die sich kritisch mit unserem Fach und der gesellschaftlichen Entwicklung beschäf- tigen. Bei all dem ist ein politisierter Fachschaftsrat erforderlich und Wünschenswert. Diese Forder- ungen gelten nicht nur gegenüber der Universitäts- Verwaltung sondern vorallem uns Studierenden. Es kann nicht länger hingenommen werden, dass sich unsere Studentischen VertreterInnen auf das Grillen von Würstchen und unterhalten einer mittelmäßigen Klausurensammlung beschränken. …nicht nur an der UHH: “Die Stadt muss sich ent- scheiden, ob sie Wissenschafts- standort sein oder werden will.” - Dieter Lenzen am 07.06.11 Mehr Wissen schafft Mehr: Überall! Standort Ideologie ist hier fehl am Platze. Daran sollten kritische Studierende in der aktuellen Debatte erinnern: Das humane Bedingungen für das schlussendliche Ziel Frieden geschaffen werden müssen ist keine Hamburger Besonderheit. Da Hilft ein Blick über den (Programmatischen) Tellerrand: So schrieb das Jura Magazin: Dabei kam es zu merkwürdig anmutenden Vermischungen der Themen. Plötzlich standen die Studiengebühren trotz deren Der Paragraphenreiter ist eine Information von und für Studierende der Rechtswissenschaftlichen Fakultät und wird herausgegeben von: Kritische Jurastudierend sozial, demokratisch und emazipatorisch

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Mitglieder der Fakultät. Und dafür gilt es die Rahmenbedingungen neu zu gestalten: So schrieb das Jura Magazin: Dabei kam es zu merkwürdig anmutenden Vermischungen der Themen. Plötzlich standen die Studiengebühren trotz deren Der Vorlesungsbetrieb an der Uni Hamburg hat wieder begonnen, es sind Erstsemester unter uns und das WiSe´11/12 verspricht bewegt zu werden: “Die Stadt muss sich ent- scheiden, ob sie Wissenschafts- standort sein oder werden will.” - Dieter Lenzen am 07.06.11

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(Ausgabe III Oktober 2011)

Was sind kritischen Jurastudierende?

"Ich studierte also Jus", so Kafka. "Das bedeutete,

dass ich mich in den paar Monaten vor den

Prüfungen unter reichlicher Mitnahme der Nerven

geistig förmlich von Holzmehl nährte, das mir

überdies schon von tausend Mäulern vorgekaut

war."

"Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur

Pflicht." (Bertolt Brecht)

Der Vorlesungsbetrieb an der Uni Hamburg hat wieder begonnen, es sind Erstsemester unter uns und das WiSe´11/12 verspricht bewegt zu werden:

Das erste Mal seit Jahren hat es am 01.06.2011 ein Vollversammlung der Jurastudierenden in einem Rest-los gefülltem Hörsaal gegeben, einer Veranstaltung auf der Dekan Tilman Repgen dazu aufrief: „Nicht studieren, sondern protestieren!“. Was folgte war eine Demonstration von mehr als zehntausend Mitglieder der Ganzen Uni am 07.06 getragen von einer beispiellosen Welle der Solidarität, die neben dem Engagement der Verwaltung samt des Unipräsidenten Dieter Lenzen vor allem aktiven und kritischen Studierenden zu verdanken ist.

Der Kampf um die Zukunft (KUD) der Wissenschaft wird weitergehen und wir, die kritischen Jurastudierenden Hamburg möchten euch bekräftigen daran Teilzunehmen. Das heißt zum einen in den bevorstehenden Monaten, das Holzmehl als Holzmehl zu erkennen und zum anderen die Aspekte unseres Studiums zu erforschen, die Brecht anspricht: Mit Herzblut unsere Gesellschaftliche Relevanz, Macht und Missbrauch zu untersuchen; Unrecht zu erkennen! Das bedeutet konkret sich nicht nur den Paragraphen und Gesetzes Systematiken zu widmen, sondern auch die Vorstellung von Gerechtigkeit zu schärfen, also die Wirklichkeit des Rechts unserer Gesellschaft und unsere Gesellschaft selbst gem. dem Grundsatz: Cui bono? Wem nützts? kritisch zu hinterfragen.

Diese Frage stetig zu stellen ist Aufgabe aller

Mitglieder der Fakultät. Und dafür gilt es die Rahmenbedingungen neu zu gestalten:

• Die Zwischenprüfungsordnung muss ge-ändert werden. Die Grundlagen des Rechts bedürfen einer größeren Gewichtung.

• „Nicht studieren, sondern protestieren“ Dazu muss Zeit und Anreiz für Engage-ment geschaffen werden! Dabei spielen gerade die Ersten Semester eine große Rolle.

• Kulturelle und politische Veranstaltungen o. Vorlesungen an der Fakultät, die sich kritisch mit unserem Fach und der gesellschaftlichen Entwicklung beschäf-tigen.

Bei all dem ist ein politisierter Fachschaftsrat erforderlich und Wünschenswert. Diese Forder-ungen gelten nicht nur gegenüber der Universitäts-Verwaltung sondern vorallem uns Studierenden. Es kann nicht länger hingenommen werden, dass sich unsere Studentischen VertreterInnen auf das Grillen von Würstchen und unterhalten einer mittelmäßigen Klausurensammlung beschränken.

…nicht nur an der UHH:

“Die Stadt muss sich ent-scheiden, ob sie Wissenschafts-standort sein oder werden will.” - Dieter Lenzen am 07.06.11

Mehr Wissen schafft Mehr: Überall! Standort Ideologie ist hier fehl am Platze. Daran sollten kritische Studierende in der aktuellen Debatte erinnern: Das humane Bedingungen für das schlussendliche Ziel Frieden geschaffen werden müssen ist keine Hamburger Besonderheit. Da Hilft ein Blick über den (Programmatischen) Tellerrand:

So schrieb das Jura Magazin: Dabei kam es zu merkwürdig

anmutenden Vermischungen der

Themen. Plötzlich standen die

Studiengebühren trotz deren

Der Paragraphenreiter ist eine Information von und für Studierende der Rechtswissenschaftlichen Fakultät und wird herausgegeben von:

Kritische Jurastudierend sozial, demokratisch und emazipatorisch

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längst beschlossener Abschaffung und zusätzlich

die Ungleichbehandlung der Studierenden, die

“längst unbezahlbare Aussbildung” an den Unis

oder gar die “Profitgier der Banken” im Fokus der

Redner. Es erschien manchmal so, als ob

Letztgenannte das eigentliche Anliegen der

Demonstration verkannten.

Verkannt haben hier lediglich die Autoren: Sie zeigen, dass selbst auf Höhepunkten der

Mobilisierung es nötig ist nicht nur (mal wieder alá Jura-Liste, Jusos&Co) Mitzulaufen.

Leicht sollte es kritischen Studierenden Fallen den Zusammenhang zwischen Ungleichbehandlung, unbezahlbare Ausbildungen und die Profitgier der Banken zu ergründen. Dann wird auch klar, dass der „Standort“ der kleinere Bruder von Ignoranz und Egoismus ist.

Kritische

Jurastudierende sozial, demokratisch und emazipatorisch Treffen Wir treffen uns jeden 1. und 3. Mittwoch im Monat in der Schweinebucht, dem Café der Historiker im 9. Stock des Phil-Turms. Zeit: 16:30 Uhr. Das nächste Mal am 26.10! Kontakt [email protected]

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Erfreuliche ist, dass es nicht nur uns als Kritische Jurastudierende an der Fakultät gibt, die eine hinterfragende Sicht auf Recht und Rechtswissenschaft haben. Denn auch HAJ ist hier aktiv:

Hamburgs aktive Jurastudent_innen (HAJ) Wir sind eine Hochschulgruppe an der Universität Hamburg. Unser Ziel ist es, der im Studium weitgehend fehlenden Diskussion und kritischen Reflexion rechtspolitischer Themen etwas entgegen zu setzen. Wir treffen uns wöchentlich zum Austausch untereinander und organisieren darüber hinaus regelmäßig Veranstaltungen, auch mit Referent_innen anderer Fachrichtungen, die allen Studierenden und anderen Interessierten offen stehen. Das Recht nimmt in besonderem Maße Einfluss auf die Menschen - Jura ist eine politische Wissenschaft, die grundsätzlicher Hinterfragung und interdisziplinären Austausches bedarf. Wir sind Teil des Bundesarbeitskreis kritischer Juragruppen (BAKJ), der die Zeitschrift Forum Recht herausgibt und sich am Grundrechte Report beteiligt. Zwei Mal jährlich findet ein Kongress statt, der jeweils von einer anderen Städtegruppe organisiert wird. Kontakt: [email protected] | www.haj.blogsport.de V.i.S.d.P.: Andreas Dannwolf, Großer Schippsee 28, 21075 Hamburg

Montag, den 24.10

ist um 14h00

im Audimax eine

Vollversammlung aller Universitären

Statusgruppen geplant