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8 17. MÄRZ 2013 Nachrichten Schweiz ST. GALLEN/BERN Die Staatsanwaltschaft St. Gallen hat einen leitenden Beamten des kantonalen Baudepartements wegen Rassendiskriminierung verurteilt. Dies nachdem er in einer E-Mail von seinem privaten Account aus an die israelische Botschaft in Bern den Tod von jüdischen Zivilisten bejubelt hatte. Das zeigen Recherchen der SonntagsZeitung. Der Fall ereignete sich im vergangenen Sommer, nachdem bei einem Terroranschlag auf einen israelischen Reisebus in Bulgarien fünf jüdische Zivilisten getötet wurden. Für den Sek- tionsleiter der St. Galler Kantonsverwaltung ein Grund zur Freude: «Juden in Bulgarien ermordet. Grossartig. Ein guter Tag in meinem Leben», schreibt er in einer Nachricht an die israelische Botschaft. Und fügt an: «Ich bin sehr stolz auf die Helden, die die Juden getötet haben.» Im Dezember verurteilte die Staatsanwaltschaft St. Gallen den Beamten zu 90 Tagen bedingt und einer Geldbusse in der Höhe von 25 000 Franken. Antisemitisches Gedankengut in der Schweiz: Keine Entwarnung trotz weniger Vorfälle als im Vorjahr Der betroffene Kantonsangestellte, der in seiner Funktion mit Bundes- als auch mit Gemeindebehörden zu tun hat, zeigt sich gegenüber der SonntagsZeitung uneinsichtig: «Es gibt für mich nichts zu bereuen im Sinne einer Schuldanerkennung.» Er hät- te seine Aussagen aber «präziser» formulieren können. Und: Er sei kein Antisemit. Die israelische Botschaft bestätigt den Vorfall und spricht von einem «besonders extremen» Fall. «Das ist ein Grund zur Beunruhigung», sagt Sprecherin Esther Hörnlimann. Dass die Judenhetze des Kantonsangestellten kein Einzel- fall ist, zeigt ein noch unveröffentlichter Bericht des Schwei- zerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG) und der Stif- tung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA), welcher der SonntagsZeitung vorliegt. Demnach ereigneten sich in der Deutschschweiz im Jahr 2012 mehr als zwei Dutzend ähnliche Fälle. Mehrheitlich handelte es sich dabei um antisemitische Zuschriften. Der Bericht listet aber auch Schmierereien oder verbale Attacken auf. Im Vergleich mit dem Vorjahr ist die Zahl der Vorfälle (25) zwar um ein Drittel zurückgegangen. SIG-Vizepräsidentin Sa- bine Simkhovitch-Dreyfus gibt aber keine Entwarnung: «In der Schweiz existiert nach wie vor antisemitisches Gedanken- gut.» Dieses könne sich schnell wieder entfachen, so wie es gegenwärtig in einigen europäischen Ländern der Fall sei. Zu- dem sehen wir laut Simkhovitch nur die Spitze des Eisberges. «Viele Fälle bleiben im Verborgenen», sagt sie. FABIAN EBERHARD Tod von jüdischen Touristen bejubelt Verurteilter St. Galler Beamter zeigt sich uneinsichtig, er sei kein Antisemit BERN FDP-Bundesrat Johann Schneider-Ammann gerät unter Druck der Gewerbepolitiker im Parlament – Zankapfel ist die hö- here Berufsbildung. In einem ge- harnischten Protestbrief, der der SonntagsZeitung vorliegt, erheben sechs Nationalräte von links bis rechts entsprechende Vorwürfe an den Wirtschaftsminister: Im neu gebildeten Staatssekretariat für Bil- dung, Forschung und Innovation (SBFI), das dem freisinnigen Ma- gistraten unterstellt ist, würde die- ser Lehre und Berufsbildung zu- gunsten der universitären Ausbil- dung vernachlässigen. Im Klartext: Schneider-Ammann ver- säume es, alle Sozialpartner miteinzubeziehen, schiebe die Ver- antwortung bei der praktischen Umsetzung einzig auf die Lei- tungspersonen und überlasse die vorgeschriebene Arbeitstei- lung mit der Wirtschaft in diesem Bereich sträflicherweise dem Zufall. Schlimmer noch: Die Ausgestaltung des SBFI werde von der «Universitätslobby» beeinflusst. Die Unterzeichner des Schreibens – die Nationalräte Max Binder (SVP), Jacques Bourgeois (FDP), Yvonne Gilli (Grüne), Markus Lehmann (CVP), Ruedi Lustenberger (CVP) und Jacques-André Maire (SP) – ermahnen Schneider-Ammann, bei der neu geschaffenen Behörde die höhere Berufsbildung «auf die gleiche Ebene» zu stellen wie die Hochschulausbil- dung. Federführend bei der Aktion war der Schweizerische Gewerbeverband. Beim Wirtschaftsdepartement hiess es auf Anfrage, man wol- le persönlich an den Departementschef gerichtete Briefe nicht in der Öffentlichkeit kommentieren. REZA RAFI Schneider-Ammann gerät ins Kreuzfeuer Parlamentarier werfen dem FDP-Bundesrat vor, die Berufsbildung zu vernachlässigen Schneider-Ammann: Von Nationalräten ermahnt BERN/ZÜRICH Morgen Montag legt Economiesuisse in einem zentra- len Dossier ihre Position fest: Es geht darum, ob der Bundesrat die Ventilklausel anrufen, also die Zuwanderung aus der EU vorübergehend einschränken soll. Weil die Einwanderung aus Europa ungebrochen hoch bleibt, könnte die Landesregie- rung ab April diese Massnah- me ergreifen. Der Wirt- schaftsdachverband spielt dabei eine zentrale Rolle – das ist sich auch Aussenminister Burkhalter (FDP) bewusst. Anläss- lich eines Tref- fens mit Econo- miesuisse-Präsident Rudolf Wehrli und Direktor Pascal Gentinetta vergangenen Mitt- woch in Bern sprach Burkhalter das Thema an. In seinem De- partement sorgt man sich um die angeschlagene Glaub- würdigkeit des Verban- des nach der desolaten Kampagne gegen die Minder-Initiative. Burkhalter gehört zu den Gegnern der Ventil- klausel und ist auf die Cheflobbyisten aus Zü- rich angewiesen. Der EDA-Vorsteher braucht die Unterstützung der Wirtschaft, weil er fürchten muss, schon im Bundesrat keine Mehrheit für einen Verzicht auf die Ventilklausel zu finden. Insi- der gehen davon aus, dass mit ihm nur Finanzministerin Widmer- Schlumpf (BDP) und SP-Bundes- rat Alain Berset gegen die Anru- fung der Ventilklausel sind. Ueli Maurer (SVP) und Doris Leuthard (CVP) seien hingehen klar dafür. Unentschieden seien noch SP-Mi- grationsministerin Simonetta Sommaruga und FDP-Wirtschafts- minister Johann Schneider-Am- mann. Gerade um Letzteren zu gewinnen, braucht Burkhalter ein klares Signal der Wirtschaft. Beim Verband bestätigt man das Tref- fen vom Mittwoch, will aber kei- ne Inhalte kommentieren. REZA RAFI, DENIS VON BURG MEHR ZU ECONOMIESUISSE SEITE 47 Didier Burkhalter (r.): Braucht Unterstützung von Gentinetta Burkhalter lobbyiert gegen Ventilklausel Economiesuisse-Spitze war zu Gesprächen in Bern – Entscheid wird morgen gefällt VON DENIS VON BURG BERN Der Fall der mit 200 000 Franken Abgangsentschädigung aus der Klinik Waldau ausgeschie- denen Regula Mader wird für ihren Vorgesetzten, den Berner SP-Regierungsrat Philippe Perre- noud, zur Hypothek. Sie gefähr- det seine Wiederwahl und damit die rot-grüne Mehrheit im Kan- ton. Wie Recherchen der Sonn- tagsZeitung zeigen, hat der Ge- sundheitsdirektor seiner Partei- kollegin Mader just an dem Tag ein wohlwollendes Zeugnis ge- schrieben, als klar war, dass Ma- der als Klinikchefin nicht mehr zu halten war. So soll er dafür gesorgt haben, dass Mader eine grosszü- gige Abgangsentschädigung zuge- sprochen werden konnte. Jetzt sprechen bürgerliche Grossräte von «Vetternwirtschaft im rot-grünen Filz». SVP-Gross- rat Thomas Fuchs sagt: «Das sieht nach einem Gefälligkeitszeugnis aus. Offensichtlich wollte Herr Perrenoud Frau Mader den Ab- gang vergolden.» Faktum ist: Die Berner Regierung musste ent- scheiden, ob die von Waldau-Che- fin Mader verlangte Entlassung von Werner Strik, dem Direktor Erwachsenen-Psychiatrie, rech- tens sei. Ein externes Gutachten verneinte dies. Anfang November orientierte der federführende Jus- tizdirektor Christoph Neuhaus die Regierung, dass es deshalb wohl schwierig werde, Strik zu entlassen. Und es wurde auch klar, dass dann die inzwischen mit einem Burn-out krankgeschriebe- ne Mader als Waldau-Chefin nicht mehr haltbar sei, weil sie Strik voreilig angeschuldigt habe. Am 30. November erhielt der Regie- rungsrat und damit auch Perre- noud den fertigen Bericht. Gleich- entags stellte Letzterer Mader ein hervorragendes Zeugnis aus. Am 5. Dezember kassierte die Regie- rung die Entlassung Striks. Gut zwei Monate später musste der Berner Regierungsrat eine für Mader lukrative Trennungsver- einbarung akzeptieren – weil das Zeugnis keine für den Staat güns- tigere Lösung mehr zuliess, wie man Perrenoud regierungsintern vorwarf. Perrenoud wehrt sich gegen den Filzvorwurf. Die Unter- schrift unter das von Mader seit Wochen verlangte Zwischenzeug- nis sei nur zufällig kurz vor den für Mader folgenschweren Ent- scheidungen erfolgt. SVP-Grossrat will wissen, wer für Zeugnis verantwortlich sei Trotzdem sehen die bürgerlichen Parteien jetzt Chancen, den mit seiner Spitalpolitik schon ge- schwächten Perrenoud mit dem Vorwurf des Genossenfilzes ab- wählen zu können, und wollen die Affäre am Kochen halten. SVP-Grossrat Fuchs will nächste Woche in einer dringlichen Inter- pellation wissen, wer für das Zeugnis verantwortlich sei. Gleichzeitig bringen sich die Bür- gerlichen in Stellung für die Wah- len 2014. Seit einiger Zeit baut die SVP den Jurassier Manfred Büh- ler auf, um Perrenoud den für den Berner Jura reservierten Sitz ab- zujagen. Und unter dem Eindruck von Perrenouds Fehltritten, so er- zählt ein SVP-Insider, würden sich die Reihen für eine gemein- same, Erfolg versprechende Liste der bürgerlichen Parteien FDP, SVP und BDP schliessen. «Perre- noud schweisst uns zusammen», heisst es optimistisch in den sonst zerstrittenen Parteien. MEINUNG DENIS VON BURG POLITIK-CHEF Genossenfilz als Wahlhilfe für die Bürgerlichen Als die gescheiterte Waldau- Chefin Regula Mader mit einer Abgangsentschädigung von 200 000 Franken aus dem Berner Staatsdienst schied, schien es noch ein Fall einer dreisten Abzockerin. Inzwischen handelt es sich um den Fall einer Regie- rung, die vergisst, dass der Staat nicht ihr gehört. Die rot-grüne Regierungsmehrheit hat ihren Kollegen Philippe Perrenoud gewähren lassen, als erRegula Mader, die sich schon ihren Ab- gang als Statthalterin teuer hat- te bezahlen lassen, zurückholte. Und sie hat tatenlos zugeschaut, wie Perrenoud ihr zum zweiten Mal den Abgang vergoldete. 200 000 Franken sind keine enorme Summe, sie reichen aber, um die Glaubwürdigkeit der rot-grünen Regierung infrage zu stellen. Sie, die einst angetreten war, um mit der SVP-Pfründen- wirtschaft aufzuräumen, darf sich jetzt nicht wundern, wenn ihr Genossenfilz vorgehalten wird. Und sie wird sich ebenso wenig wundern dürfen, wenn die bürgerlichen Parteien damit die Wahlen gewinnen sollten. Perrenoud unter Druck Berner Regierungsrat soll Chefbeamtin Gefälligkeitszeugnis ausgestellt haben FOTO: KEYSTONE

Perrenoud unter Druck - swissjews.ch · Kollegen Philippe Perrenoud gewähren lassen, als er regula Mader, die sich schon ihren ab-gang als Statthalterin teuer hat-te bezahlen lassen,

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817. März 2013

NachrichtenSchweiz

St. GalleN/BerN Die Staatsanwaltschaft St. Gallen hat einen leitenden Beamten des kantonalen Baudepartements wegen Rassendiskriminierung verurteilt. Dies nachdem er in einer E-Mail von seinem privaten Account aus an die israelische Botschaft in Bern den Tod von jüdischen Zivilisten bejubelt hatte. Das zeigen Recherchen der SonntagsZeitung.

Der Fall ereignete sich im vergangenen Sommer, nachdem bei einem Terroranschlag auf einen israelischen Reisebus in Bulgarien fünf jüdische Zivilisten getötet wurden. Für den Sek-tionsleiter der St. Galler Kantonsverwaltung ein Grund zur Freude: «Juden in Bulgarien ermordet. Grossartig. Ein guter Tag in meinem Leben», schreibt er in einer Nachricht an die israelische Botschaft. Und fügt an: «Ich bin sehr stolz auf die Helden, die die Juden getötet haben.»

Im Dezember verurteilte die Staatsanwaltschaft St. Gallen den Beamten zu 90 Tagen bedingt und einer Geldbusse in der Höhe von 25 000 Franken.

antisemitisches Gedankengut in der Schweiz: Keine entwarnung trotz weniger Vorfälle als im Vorjahr

Der betroffene Kantonsangestellte, der in seiner Funktion mit Bundes- als auch mit Gemeindebehörden zu tun hat, zeigt sich gegenüber der SonntagsZeitung uneinsichtig: «Es gibt für mich nichts zu bereuen im Sinne einer Schuldanerkennung.» Er hät-te seine Aussagen aber «präziser» formulieren können. Und: Er sei kein Antisemit.

Die israelische Botschaft bestätigt den Vorfall und spricht von einem «besonders extremen» Fall. «Das ist ein Grund zur Beunruhigung», sagt Sprecherin Esther Hörnlimann.

Dass die Judenhetze des Kantonsangestellten kein Einzel-fall ist, zeigt ein noch unveröffentlichter Bericht des Schwei-zerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG) und der Stif-tung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA), welcher der SonntagsZeitung vorliegt. Demnach ereigneten sich in der Deutschschweiz im Jahr 2012 mehr als zwei Dutzend ähnliche Fälle. Mehrheitlich handelte es sich dabei um antisemitische Zuschriften. Der Bericht listet aber auch Schmierereien oder verbale Attacken auf.

Im Vergleich mit dem Vorjahr ist die Zahl der Vorfälle (25) zwar um ein Drittel zurückgegangen. SIG-Vizepräsidentin Sa-bine Simkhovitch-Dreyfus gibt aber keine Entwarnung: «In der Schweiz existiert nach wie vor antisemitisches Gedanken-gut.» Dieses könne sich schnell wieder entfachen, so wie es gegenwärtig in einigen europäischen Ländern der Fall sei. Zu-dem sehen wir laut Simkhovitch nur die Spitze des Eisberges. «Viele Fälle bleiben im Verborgenen», sagt sie. Fabian EbErhard

Tod von jüdischen Touristen bejubeltVerurteilter St. Galler beamter zeigt sich uneinsichtig, er sei kein antisemit

BerN FDP-Bundesrat Johann Schneider-Ammann gerät unter Druck der Gewerbepolitiker im Parlament – Zankapfel ist die hö-here Berufsbildung. In einem ge-harnischten Protestbrief, der der SonntagsZeitung vorliegt, erheben sechs Nationalräte von links bis rechts entsprechende Vorwürfe an den Wirtschaftsminister: Im neu gebildeten Staatssekretariat für Bil-dung, Forschung und Innovation (SBFI), das dem freisinnigen Ma-gistraten unterstellt ist, würde die-ser Lehre und Berufsbildung zu-gunsten der universitären Ausbil-dung vernachlässigen. Im Klartext: Schneider-Ammann ver-säume es, alle Sozialpartner miteinzubeziehen, schiebe die Ver-antwortung bei der praktischen Umsetzung einzig auf die Lei-tungspersonen und überlasse die vorgeschriebene Arbeitstei-lung mit der Wirtschaft in diesem Bereich sträflicherweise dem Zufall. Schlimmer noch: Die Ausgestaltung des SBFI werde von der «Universitätslobby» beeinflusst.

Die Unterzeichner des Schreibens – die Nationalräte Max Binder (SVP), Jacques Bourgeois (FDP), Yvonne Gilli (Grüne), Markus Lehmann (CVP), Ruedi Lustenberger (CVP) und Jacques-André Maire (SP) – ermahnen Schneider-Ammann, bei der neu geschaffenen Behörde die höhere Berufsbildung «auf die gleiche Ebene» zu stellen wie die Hochschulausbil-dung. Federführend bei der Aktion war der Schweizerische Gewerbeverband.

Beim Wirtschaftsdepartement hiess es auf Anfrage, man wol-le persönlich an den Departementschef gerichtete Briefe nicht in der Öffentlichkeit kommentieren. rEza raFi

Schneider-Ammann gerät ins KreuzfeuerParlamentarier werfen dem FdP-bundesrat vor, die berufsbildung zu vernachlässigen

Schneider-ammann: Von Nationalräten ermahnt BerN/zürich Morgen Montag legt

Economiesuisse in einem zentra-len Dossier ihre Position fest: Es geht darum, ob der Bundesrat die Ventilklausel anrufen, also die Zuwanderung aus der EU vorübergehend einschränken soll. Weil die Einwanderung aus Europa ungebrochen hoch bleibt, könnte die Landesregie-rung ab April diese Massnah-me ergreifen. Der Wirt-schaftsdachverband spielt dabei eine zentrale Rolle – das ist sich auch Aussenminister Burkhalter (FDP) bewusst. Anläss-lich eines Tref-fens mit Econo-

miesuisse-Präsident Rudolf Wehrli und Direktor Pascal Gentinetta vergangenen Mitt-woch in Bern sprach Burkhalter

das Thema an. In seinem De-partement sorgt man sich um

die angeschlagene Glaub-würdigkeit des Verban-des nach der desolaten Kampagne gegen die Minder-Initiative.

Burkhalter gehört zu den Gegnern der Ventil-klausel und ist auf die Cheflobbyisten aus Zü-rich angewiesen. Der EDA-Vorsteher braucht die Unterstützung der Wirtschaft, weil er fürchten muss, schon im Bundesrat keine

Mehrheit für einen Verzicht auf die Ventilklausel zu finden. Insi-der gehen davon aus, dass mit ihm nur Finanzministerin Widmer-Schlumpf (BDP) und SP-Bundes-rat Alain Berset gegen die Anru-fung der Ventilklausel sind. Ueli Maurer (SVP) und Doris Leuthard (CVP) seien hingehen klar dafür. Unentschieden seien noch SP-Mi-grationsministerin Simonetta Sommaruga und FDP-Wirtschafts-minister Johann Schneider-Am-mann. Gerade um Letzteren zu gewinnen, braucht Burkhalter ein klares Signal der Wirtschaft. Beim Verband bestätigt man das Tref-fen vom Mittwoch, will aber kei-ne Inhalte kommentieren.

rEza raFi, dEniS Von burGMehr zu ecoNoMieSuiSSe Seite 47

Didier Burkhalter (r.): Braucht unterstützung von Gentinetta

Burkhalter lobbyiert gegen VentilklauselEconomiesuisse-Spitze war zu Gesprächen in bern – Entscheid wird morgen gefällt

Von dEniS Von burG

BerN Der Fall der mit 200 000 Franken Abgangsentschädigung aus der Klinik Waldau ausgeschie-denen Regula Mader wird für ihren Vorgesetzten, den Berner SP-Regierungsrat Philippe Perre-noud, zur Hypothek. Sie gefähr-det seine Wiederwahl und damit die rot-grüne Mehrheit im Kan-ton. Wie Recherchen der Sonn-tagsZeitung zeigen, hat der Ge-sundheitsdirektor seiner Partei-kollegin Mader just an dem Tag ein wohlwollendes Zeugnis ge-schrieben, als klar war, dass Ma-der als Klinikchefin nicht mehr zu halten war. So soll er dafür gesorgt haben, dass Mader eine grosszü-gige Abgangsentschädigung zuge-sprochen werden konnte.

Jetzt sprechen bürgerliche Grossräte von «Vetternwirtschaft im rot-grünen Filz». SVP-Gross-rat Thomas Fuchs sagt: «Das sieht nach einem Gefälligkeitszeugnis aus. Offensichtlich wollte Herr Perrenoud Frau Mader den Ab-gang vergolden.» Faktum ist: Die Berner Regierung musste ent-scheiden, ob die von Waldau-Che-fin Mader verlangte Entlassung von Werner Strik, dem Direktor Erwachsenen-Psychiatrie, rech-tens sei. Ein externes Gutachten verneinte dies. Anfang November

orientierte der federführende Jus-tizdirektor Christoph Neuhaus die Regierung, dass es deshalb wohl schwierig werde, Strik zu entlassen. Und es wurde auch klar, dass dann die inzwischen mit einem Burn-out krankgeschriebe-ne Mader als Waldau-Chefin nicht mehr haltbar sei, weil sie Strik voreilig angeschuldigt habe. Am 30. November erhielt der Regie-rungsrat und damit auch Perre-

noud den fertigen Bericht. Gleich-entags stellte Letzterer Mader ein hervorragendes Zeugnis aus. Am 5. Dezember kassierte die Regie-rung die Entlassung Striks. Gut zwei Monate später musste der Berner Regierungsrat eine für Mader lukrative Trennungsver-einbarung akzeptieren – weil das Zeugnis keine für den Staat güns-tigere Lösung mehr zuliess, wie man Perrenoud regierungsintern

vorwarf. Perrenoud wehrt sich gegen den Filzvorwurf. Die Unter-schrift unter das von Mader seit Wochen verlangte Zwischenzeug-nis sei nur zufällig kurz vor den für Mader folgenschweren Ent-scheidungen erfolgt.

SVP-Grossrat will wissen, wer für zeugnis verantwortlich sei

Trotzdem sehen die bürgerlichen Parteien jetzt Chancen, den mit seiner Spitalpolitik schon ge-schwächten Perrenoud mit dem Vorwurf des Genossenfilzes ab-wählen zu können, und wollen die Affäre am Kochen halten. SVP-Grossrat Fuchs will nächste Woche in einer dringlichen Inter-pellation wissen, wer für das Zeugnis verantwortlich sei. Gleichzeitig bringen sich die Bür-gerlichen in Stellung für die Wah-len 2014. Seit einiger Zeit baut die SVP den Jurassier Manfred Büh-ler auf, um Perrenoud den für den Berner Jura reservierten Sitz ab-zujagen. Und unter dem Eindruck von Perrenouds Fehltritten, so er-zählt ein SVP-Insider, würden sich die Reihen für eine gemein-same, Erfolg versprechende Liste der bürgerlichen Parteien FDP, SVP und BDP schliessen. «Perre-noud schweisst uns zusammen», heisst es optimistisch in den sonst zerstrittenen Parteien.

MeiNuNGDenis Von Burg Politik-Chef

Genossenfilz als Wahlhilfe für die Bürgerlichen

als die gescheiterte Waldau-Chefin regula Mader mit einer abgangsentschädigung von 200 000 Franken aus dem berner Staatsdienst schied, schien es noch ein Fall einer dreisten abzockerin. inzwischen handelt es sich um den Fall einer regie-rung, die vergisst, dass der Staat nicht ihr gehört. die rot-grüne regierungsmehrheit hat ihren Kollegen Philippe Perrenoud gewähren lassen, als er regula Mader, die sich schon ihren ab-gang als Statthalterin teuer hat-te bezahlen lassen, zurückholte.

und sie hat tatenlos zugeschaut, wie Perrenoud ihr zum zweiten Mal den abgang vergoldete. 200 000 Franken sind keine enorme Summe, sie reichen aber, um die Glaubwürdigkeit der rot-grünen regierung infrage zu stellen. Sie, die einst angetreten war, um mit der SVP-Pfründen-wirtschaft aufzuräumen, darf sich jetzt nicht wundern, wenn ihr Genossenfilz vorgehalten wird. und sie wird sich ebenso wenig wundern dürfen, wenn die bürgerlichen Parteien damit die Wahlen gewinnen sollten.

Perrenoud unter Druck Berner Regierungsrat soll Chefbeamtin Gefälligkeitszeugnis ausgestellt haben

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