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Online-Recruiting | Personalentwicklung | Kompetenzmanagement | HR-Software | Vergütungssysteme Personal wirtschaft Magazin für Human Resources Eingriffe mit Strategie Special Gesundheitsbranche extra Personalmanagement 2010 Eingriffe mit Strategie

Personal wirtschaft extra - Christiane Siemann · Führungskompetenz in der Pflege stärken Von leitenden Pflegekräften wird nicht nur Fach-, sondern auch Führungs- und Managementkompetenz

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Online-Recruiting | Personalentwicklung | Kompetenzmanagement | HR-Software | Vergütungssysteme

PersonalwirtschaftMagazin für Human Resources

Eingriffe mit Strategie

Special Gesundheitsbranche

extra

Personalmanagement

2010

Eingriffe mit Strategie

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Personalmanager in Klinken sind um ihren Job nicht zu beneiden. Aus zwei Gründen: In manchen Kran-kenhäusern spürt man noch heute die Patina einer längst vergangenen Zeit; diese Häuser widersetzensich dem Trend, Gesundheitsleistungen effizient zu managen und Personalarbeit als zentrale Aufgabezu begreifen. Historisch gewachsen mussten Krankenhäuser sich lange nicht den ökonomischen Anfor-derungen stellen. Nun erfahren viele Kliniken schmerzhaft, dass sie Unternehmen sind, die Geld ver-dienen müssen und nicht wie Verwaltungen geführt werden können. Personalmanager, die in solchenStrukturen bei Null anfangen müssen, stehen vor unzähligen Baustellen – auch wenn je nach Träger-schaft, Region und Größe der Häuser große Unterschiede bestehen.

Auf der anderen Seite gibt es HR-Kollegen in Krankenhäusern, in denen ein zeitgemäßes Personalmanagement ganz oben auf der Agenda steht. Auch ihnen wünscht man Überzeugungsqua-litäten, Entscheidungsstärke und Umsetzungskompetenz. Denn einerseits werden ihnen wie allen ande-ren Krankenhausmanagern täglich Bad News zu Gesundheitspolitik, Fallpauschalen, Kostenzuwachsund hochverschuldeten Krankenkassen um die Ohren gehauen. Andererseits müssen sie vor Ort kämp-fen: Nicht nur um Ärzte und Pflegepersonal, sondern auch um effiziente Organisations- und Personal-strukturen, um strategische Personalentwicklung inklusive Führungsbefähigung des ärztlichen undpflegerischen Personals, Mitarbeiterbindung und vieles mehr.

Hilft den Personalmanagern in Krankenhäusern ein Blick in das HR-Management anderer Branchen?Bei manchen Herausforderungen – wie beim Personalmarketing und Employer Branding – durchaus.Bei anderen eher nicht, aber sie können von Erfahrungen ihrer Kollegen aus anderen Kliniken lernen.

Das Special „HR-Management in der Gesundheitsbranche“ zeigt gelungene Fallbeispiele aus Kliniken:Von Konzepten der Mitarbeiterbindung, Modellen des Kompetenzmanagements, Zeitarbeit sowie Per-sonalentwicklung in der Pflege bis zum effizienten Einsatz von HR-Software, die dabei unterstützt,administrative Prozesse zu verschlanken.

Die Patina bröckelt!

Ihre

Christiane Siemann

| EDITORIAL

Kämpfen bis der Arzt kommt…

Impressum

Redaktion: Jürgen Scholl (js), Herausgeber; Erwin Stickling (sti),Chefredakteur; Christiane Siemann (cs), freie Mitarbeiterin; Sven Frost (sff), Redakteur

Redaktionsanschrift: Wolters Kluwer Deutschland GmbH,Luxemburger Straße 449, 50939 Köln,Telefon: 0221/94373-7653, Fax: 0221/94373-7757,E-Mail: [email protected],www.personalwirtschaft.de

Abonnement und Einzelverkauf: Wolters Kluwer Deutschland GmbH Postfach 2352, 56513 Neuwied Telefon: 02631/801-2222, Telefax: 02631/801-2223,E-Mail: [email protected]

Fachbeiträge aus bereits erschienenen Ausgaben sind verfügbar unter: www.personalwirtschaft.de

Geschäftsführer: Dr. Ulrich Hermann

Programmleitung: Jürgen Scholl

Anzeigen:

Rolf Ganzer (Verkaufsleitung),Telefon: 0221/94373-7620, E-Mail: [email protected]

Karin Kamphausen (Anzeigenmarketing),Telefon: 0221/94373-7629, E-Mail: [email protected]

Jörg Walter (Anzeigenverkauf), wanema media,Telefon: 0931/304699-66, E-Mail: [email protected]

Karin Odening (Anzeigendisposition),Telefon: 0221/94373-7266, E-Mail: [email protected]

Herstellung: Michael Dullau

Gestaltung: Art + Work, Köln, Lars Auhage, Martin Schwarz

Erscheinungsweise: 12mal jährlich, 37. Jahrgang 2010

Bezugspreis: Standard-Abo jährlich 159,80 € zuzüglich Versand-kosten. Einzelpreis 15,90 € zuzüglich Versandkosten. Für Studieren-de und Auszubildende jährlich 79,90 € zuzüglich Versandkosten.Das Jahresabonnement ist schriftlich mit einer Frist von sechs Wo-chen zum Ende eines Kalenderjahres kündbar. Probeabonnements,die nicht acht Tage nach Erhalt des letzten Probeheftes schriftlichgekündigt werden, gehen automatisch in ein Jahresabonnementüber. Auslandsabonnement auf Anfrage.

ISSN 0341-4698

Vertrieb: Zeitschriftenhandel und Bahnhofsbuchhandel:United Marketing Service (UMS) Am Waldessaum 4 A, 51545 Waldbröl, Telefon: 02291/912420

Druckerei und Lieferanschrift für Beilagen: Druckerei Wilhelm & Adam OHG Werner-von-Siemens-Straße 29, 63150 Heusenstamm

Copyright: Luchterhand, eine Marke von Wolters Kluwer Deutsch-land GmbH. © 2010 Wolters Kluwer Deutschland GmbH, Köln.

Mit Namen gekennzeichnete Beiträge stellen nicht unbedingt dieMeinung der Redaktion oder des Verlages dar. Für unverlangt einge-sandte Manuskripte übernehmen wir keine Haftung. Mit der Annah-me zur Veröffentlichung erwirbt der Verlag vom Verfasser alle Rech-te, einschließlich der weiteren Vervielfältigung zu gewerblichenZwecken.

Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungensind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb derengen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung desVerlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Verviel-fältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeiche-rung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

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Special Gesundheitsbranche | 2010 www.personalwirtschaft.de4

GESUNDHEITSBRANCHE INHALT

Personalwirtschaft Special Gesundheitsbranche

8 Round Table

Von der Diagnose zur BehandlungDie Personalarbeit ist noch lange nicht

in allen Kliniken anforderungsgerecht

aufgestellt. Experten diskutieren

beim Round Table der Personalwirtschaft

Lösungen und Trends.

14 Online-Recruiting

Job-Links ohne UserÄrztliches Personal ist unterdurchschnitt-

lich engagiert in Online-Jobbörsen und

Social Networks. Was tun Personalmanager,

um potenzielle Kandidaten anzusprechen?

18 Online-Recruiting

„Abschied von traditionellenteuren Suchwegen“ Zwei Jobbörsen-Betreiber im Interview:

Generalisten oder Spezialisten – welche

Online-Stellenmärkte sind erfolgreicher?

20 Personalmanagement

Die richtige Strategie für dieZukunftDie Handlungsfelder der Personalwirtschaft

in Krankenhäusern gehören auf den Prüf-

stand, mahnt Professor Bernd H. Mühlbauer.

Er zeigt Aufgaben, Strategien und Ziele auf.

24 Mitarbeiterbindung

Die Besten haltenEffektive Instrumente helfen, Fachpersonal

zu binden. MediClin verfügt über ein

detailliertes Konzept zur Mitarbeiter-

bindung vom Einführungspaten bis zum

Abbau von Demotivatoren.

28 Zeitarbeit

„Unser Ziel ist es, qualifizierteKräfte zu finden“In der Regel setzen die Kliniken des

Main-Taunus-Kreises Zeitarbeitnehmer

nur in Engpass-Situationen ein. Die

Personalleiterin berichtet aus der Praxis.

29 Zeitarbeit

Bedarf an ZeitarbeitnehmernsteigtWissenschaftler erwarten bis 2025 einen

Beschäftigungszuwachs von bis zu einer

Million Arbeitsplätzen im Pflegebereich.

30 Zeitarbeit

„Notlösungen müssen durchStrategie ersetzt werden“Strukturierte Arbeitsabläufe und gezielter

Mitarbeitereinsatz sind ein Schlüssel zur

Effizienz, meint die Wirtschaftswissen-

schaftlerin Professor Schinnenburg. Enorme

Reserven seien noch nicht aufgedeckt.

32 Personalentwicklung

Viele Kompetenzmodelle – ein ZielStrategische Personalentwicklung ist ein

Instrument der Unternehmenspolitik.

Über das Kompetenzmodell für Führungs-

kräfte der Sana Kliniken AG berichtet

Personalleiter Michael Rabus.

34 Personalentwicklung

Führungskompetenz in derPflege stärkenVon leitenden Pflegekräften wird nicht

nur Fach-, sondern auch Führungs- und

Managementkompetenz verlangt. Die

Pflege-Führungsakademie der Schön Klinik

schult ihre Mitarbeiter in Workshops.

36 HR-Software

Stechuhr und Plantafelgehören der Vergangenheit anDie Stadtklinik Frankenthal arbeitet mit

einem elektronischen Zeitwirtschaftssystem,

das auch eine Zutrittskontrolle umfasst.

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Special Gesundheitsbranche | 2010 www.personalwirtschaft.de 5

46 Change Management

Change-Prozess des PersonaldezernatsVon der Bürokratie und Innenorientierung

zu Wirtschaftlichkeit und Kunden-

orientierung. Der Personalleiter des

Universitätsklinikums Saarland berichtet

über Erfolgsfaktoren.

49 Arbeitsrecht

Die Aufgabe der Tarifeinheitdurch das BAGArbeitgeber im Gesundheitswesen

müssen in Zukunft mit komplizierten

Gehaltsverhandlungen rechnen. Doch

es gibt noch weitere arbeitsrechtliche

Herausforderungen, die Klinikpersonaler

kennen sollten.

52 Employer Branding

Notruf: Arbeitgeber KrankenhausWie wird eine Employer Brand entwickelt?

Experten beschreiben den Prozess und

schildern wichtige Maßnahmen.

55 Betriebliche Altersversorgung

Attraktiv für Arbeitgeber und Arbeitnehmer Über den Durchführungsweg der

Unterstützungskasse können

Lohnnebenkosten reduziert und

die Altersversorgung der Mitarbeiter

verbessert werden. Daneben ist die

bAV ein Weg der Mitarbeiterbindung.

38 HR-Software

Wenn Kliniken kränkeln, ist IT die richtige MedizinPersonalkostenplanung, Dienstplangestal-

tung, Bewerbermanagement: Professionelle

Software-Lösungen sparen Zeit, Geld und

übernehmen Frühwarnfunktionen.

40 Standortsicherung durch Kooperation

Universitätskliniken nutzenSynergienDie UK Köln und Bonn führen ihre

Entgeltabrechnung über ein gemeinsames

IT-System gemeinsam durch. Eine

wegweisende Kooperation!

42 Vergütungssysteme

Handlungsbedarf erkannt Die bloße Tarifvergütung ist kaum geeignet,

um sich im Wettbewerb hervorzuheben.

Variable Vergütungsbestandteile, wie sie

auch der „Vario-Ä“ vorsieht, eignen sich

dagegen als Führungs- und Steuerungs-

element.

Rubriken

3 Editorial Kämpfen bis der Arzt kommt…

3 Impressum

6 News

58 Online-Check Spezialisierte Jobbörsen im Gesundheitswesen

Wir rekrutieren, überlassen

und vermitteln bundesweit für

anspruchsvolle Kunden der

Gesundheitsbranche.

Fachkräfte für

Medizin und Pflege

Strategischer

Einsatz von Zeitarbeit

Behebung von akuten

Personalengpässen

Master Vendor

Full Service

On Site

Management

Kontakt:Franz & Wach Medical Care

Brauhausstraße 15

91522 Ansbach

Tel. 0981 / 487 54 00-0

[email protected]

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Entwicklung Health-Care-Stellenmarkt

Nach dem Abbau folgt der Mangel

Die Zeitreihe des Adecco-Stellenindex

auf der Grundlage von Stellenangebo-

ten in 40 Printmedien spiegelt die

unterschiedlichen „Personalkonjunk-

turen“ im Krankenhaussektor perfekt

wieder. Deutlich wird, dass zur Mitte

der Jahrzehnts auf Grund des Kosten-

drucks in den Kliniken ein massiver

Stellenabbau vorgenommen wurde,

insbesondere im Pflegebereich. Inzwi-

schen hat sich die Situation wieder

umgekehrt. Der Ärztemangel ist so

groß wie noch nie, und die offenen

Stellen für Pflegkräfte nähern sich

dem Ausgangsniveau von 1995. Allein

in den ersten fünf Monaten dieses

Jahres registrierte der Adecco Stellen-

index 7581 offene Stellen für Personal

in der Pflege. Dazu wurden 1285 Ärz-

te gesucht. Alle medizinischen Berufe

addiert, von der Physiotherapie bis

zum Labor, waren in fünf Monaten

15 655 Stellen nicht besetzt.

www.adecco.de

Kooperation

s+p AG erweitert Kundenkreis im Gesundheitswesen

Siemens Healthcare aus Erlangen,

Komplettanbieter für Lösungen im

Gesundheitswesen, hat mit der s+p AG,

einem der führenden Anbieter von Per-

sonalwirtschaftslösungen im deut-

schen Mittelstand sowie im Öffentli-

chen Bereich und Gesundheitswesen,

einen Kooperationsvertrag für den Ver-

trieb der s+p-Software-Lösungen im

deutschen Klinikumfeld abgeschlos-

sen.

Mit dem Spezialisten für integrierte

Personalsoftware erhalten Siemens-

Kunden zukünftig eine Personalmana-

gement-Lösung, die alle Prozesse einer

modernen Personalabteilung abdeckt.

So stehen Werkzeuge für Personalab-

rechnung und Personalkostenplanung

ebenso zur Verfügung wie für ein

umfassendes Ressourcenmanagement

zur Mitarbeiterentwicklung und -ver-

waltung. Mit der Anbindung der s+p

Anwendungen an die von Siemens

angebotenen Krankenhausinformati-

onssysteme (KIS) soll zukünftig bei-

spielsweise der Abgleich der OP-Pla-

nung mit den Dienstplänen deutlich

vereinfacht werden.

„Die Kooperation mit Siemens Health-

care ist ein weiterer wichtiger Schritt

zum Ausbau unserer Aktivitäten in

dieser Branche“, erläutert Matthias

Schneider, Vorstand der s+p Arbeitge-

ber. Bereits heute zählen zahlreiche

Institutionen aus dem Gesundheits-

Sektor, darunter das Bayerische Rote

Kreuz, die Managementgesellschaft

Gesundheitszentrum Löbau-Zittau

mbH, die Norddeutsche Gesellschaft

für Diakonie oder der Caritasverband

im Kreisdekanat Warendorf e.V. zu sei-

nen Kunden. www.spag-personal.de

Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Softwaregestützte Personalplanung im Krankenhaus

Einen großen Träger im Gesundheitswe-

sen zählt die GFOS mbH, Essen, mit dem

Landschaftsverband Westfalen-Lippe

(LWL) seit einiger Zeit zu ihren Kunden.

Beim LWL sollen zukünftig mehr als

10 000 Beschäftigte mit X/TIME dispo-

niert und zeitwirtschaftlich abgerechnet

werden. Neben der reinen Zeiterfassung

wird der LWL unter anderem auch auf

die Dienstplangestaltung von GFOS set-

zen. Insgesamt sollen die Mitarbeiter

von 14 Krankenhäusern, fünf Maßregel-

vollzugskrankenhäusern sowie sieben

Rehabilitationseinrichtungen, zehn

Wohnverbünden und sieben Pflegezen-

tren mit X/TIME-PEP geplant werden.

Die Planung der Mitarbeiter soll sowohl

schicht- als auch stundenbezogen auf der

Grundlage der jeweiligen Therapiepläne

erfolgen. Ziel ist es, den Personaleinsatz

an die entsprechenden Bedarfe anzupas-

sen und dabei sowohl Serviceleistungen

als auch Kosten zu optimieren. Hierzu

sammelt die Software alle relevanten

Informationen von der Qualifikation des

Personals über Zeitsalden sowie Verfüg-

barkeiten. Insbesondere im Bereich der

stundenbezogenen Dienstplanung,

welche einen untertägigen, bedarfsorien-

tierten Planungsansatz ermöglicht, ver-

schafft der Einsatz des X/TIME-Lösungs-

systems eine erhebliche Verbesserung

der Flexibilität und somit eine Basis zur

langfristigen Kostenoptimierung. Alle

diese Kriterien werden bei der Planung

ebenso automatisch berücksichtigt, wie

individuell zu definierende Einsatzfakto-

ren, gesetzliche Regeln und „Gerechtig-

keitsbelange“. Die Anbindung der

einzelnen Häuser soll über die Workflo-

wkomponente der Software erfolgen.

www.gfos.com

Special Gesundheitsbranche | 2010 www.personalwirtschaft.de6

GESUNDHEITSBRANCHE News

Adecco Stellenindex

Gesundheitsberufe im Krankenhaus1995 2000 2005 2009

Mediziner2479 3780 2013 3508

Pflegeberufe20 680 18 379 5945 17 870

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Studie „Krankenhauslandschaft im Umbruch“

Krankenhäuser wollen sparen und gleichzeitig in Qualität investieren

In den kommenden Jahren werden zahl-

reiche Krankenhäuser geschlossen,

zusammengelegt oder verkauft werden

müssen. Das besagt eine Studie der Prü-

fungs- und Beratungsgesellschaft Ernst &

Young. Danach können immer weniger

klamme Städte und Gemeinden wegen

sinkender Steuereinnahmen die Defizite

ihrer Krankenhäuser ausgleichen. Dage-

gen seien private Krankenhausbetreiber

wegen ihres größeren finanziellen Spiel-

raums in einer weit günstigeren Aus-

gangsposition. „Sie werden in den kom-

menden Jahren ihren Marktanteil weiter

ausbauen“, heißt es in der Studie, für die

Ernst & Young Stuttgart 300 Kranken-

hausmanager und 1 500 Verbraucher in

Deutschland befragt hatte. Allerdings

wachse für die Kliniken auch der Druck:

Es müssten einerseits die Kosten gesenkt,

andererseits die Wettbewerbsfähigkeit

verbessert werden. Seit dem Jahr 2000

sind die Kosten im Krankenhausbereich

um über 20 Prozent gestiegen. Und dieser

Trend wird auch in den kommenden Jah-

ren anhalten: Über 80 Prozent der befrag-

ten Krankenhausmanager erwarten einen

Anstieg der Personal- und Sachkosten in

den kommenden zwei Jahren. „Wegen der

älter werdenden Bevölkerung und auf-

grund neuer diagnostischer und thera-

peutischer Verfahren sind steigende

Kosten im Krankenhaussektor vorpro-

grammiert – trotz aller Bemühungen um

Kostensenkungen“, prognostiziert Nils

Söhnle, Partner bei Ernst & Young.

Hinzu kommen die Auswirkungen der

Wirtschaftskrise, die Auswirkungen – so

die Studie – insbesondere Krankenhäuser

der öffentlichen Hand treffen werden.

Geringere Kirchensteuereinnahmen und

verminderte Spendenaufkommen werden

aber auch die finanzielle Leistungsfähig-

keit der freigemeinnützigen Träger beein-

trächtigen.

Um zukünftig im Wettbewerb bestehen zu

können, wollen die Krankenhäuser nicht

nur die Kosten senken, sondern auch in

qualitätssteigernde Maßnahmen und

neue Angebote investieren. Geld sparen

wollen die Manager vor allem bei den

medizinischen Verbrauchsgütern. Aber

auch Personal soll abgebaut werden:

Jeweils gut jedes dritte Krankenhaus (39

Prozent) will die Zahl der Beschäftigten

in der Pflege beziehungsweise der Ver-

waltung reduzieren. Gleichzeitig wollen

die Krankenhäuser auch neue Investitio-

nen tätigen und bestimmte Fachbereiche

stärken, Gebäude modernisieren und den

Komfort für die Patienten erhöhen.

Zusätzliches Personal wollen hingegen

nur die wenigsten Kliniken einstellen.

Unterm Strich sei daher mit einem weite-

ren Arbeitsplatzabbau bei den Kranken-

häusern zu rechnen. www.ey.com

14%Eher geringeBedeutung

2%Keine Bedeutung

43%Sehr großeBedeutung

41%Eher großeBedeutung

„Welche Bedeutung hat aus Ihrer Sicht in den kommenden Jahren die folgende Maßnahme für Krankenhäuser, um wettbewerbsfähig zu bleiben?“

Anhebung des Komforts für die Patienten (Essen, TV, Telefon, Betten etc.)

Zusammenarbeit mit anderen Kliniken

Verbesserung der Ausbildung des Pflegepersonals

Stärkung bestimmter Fachbereiche/Spezialisierung

Modernisierung des Baus

Anschaffung neuer, zusätzlicher Geräte (über Ersatz hinaus)

Modernisierung der technischen Ausstattung

Zusätzliche Ärtze

Zusätzliches Pflegepersonal

Zusätzliches Sonstiges Personal

Sehr große Bedeutung

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0

Eher große Bedeutung

54%

61%

53%

61%

50%

36%

51%

41%

33%

17%

39%

29%

36%

26%

35%

47%

31%

34%

32%

33%

„Welche Bedeutung habenderzeit Kostensenkungsmaß-nahmen für Ihr Krankenhaus?“

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Immenser Kostendruck, Leistungsausweitung und Personalmangel heißen die Fesseln der Klinikpersonaler.

Trotzdem wird von ihnen rasches, flexibles und strategisches Handeln erwartet. Erschwerend kommt hinzu,

dass die HR-Prozesse noch lange nicht in allen Häusern zeit- und anforderungsgerecht aufgestellt sind.

Unter der Leitung von Professor Bernd H. Mühlbauer erörterten spezialisierte Dienstleister Instrumente und

Wege zu einem professionellen Personalmanagement in Krankenhäusern.

Von der Diagnose zur Behandlung

Special Gesundheitsbranche | 2010 www.personalwirtschaft.de8

HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE Round Table

linikpersonaler bewegen sich ineinem Spannungsfeld, das jähr-

lich brisanter wird. Bedingt durch denmassiven Personalabbau der letztenJahre fehlt ausreichend Personal;gleichzeitig zeichnen sich die demo-grafische Entwicklung und der Nach-wuchsmangel bereits ab. Zudem wächstder Bedarf an Gesundheitsleistungenin Anzahl und Qualität enorm, da dieBevölkerung immer älter wird. DasDilemma wird verschärft, da viele Krankenhäuser erst jetzt beginnen,ihre HR-Prozesse zu ordnen. Es istjedoch viel in Bewegung, das registrie-ren auch Personal- und Management-berater, Personaldienstleister und Marketingexperten. Sie unterstützenKliniken bei den dringendsten opera-

tiven und strategischen Aufgaben,allem voran bei der Suche nach quali-fiziertem ärztlichen und pflegerischenPersonal. Bernd Sydow, Leiter Medical& Science bei Adecco und Geschäfts-führer von Time & More: „In der ganzen

Republik sind Ärzte und Pflegeperso-nal stark nachgefragt. In der Zeitarbeitist der Bedarf schon heute 20 Mal höherals in der reinen Personalvermittlung.Sobald es Ausfälle gibt, haben die Häu-ser kaum noch eine andere Chance, als

Prof. Bernd H. Mühlbauer,der an der FH GelsenkirchenManagement im Gesundheits-wesen lehrt und Mitglied in Aufsichts- und Verwal-tungsräten konfessionellerKrankenhäuser sowie wissenschaftlicher Gutachterist, moderierte die Experten-runde.

K

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Special Gesundheitsbranche | 2010 www.personalwirtschaft.de 9

mit externen Kräften zu arbeiten.“Auch die spezialisierten Stellenbörsenim Internet spüren den Personaldruckder Kliniken, bestätigt Dr. Marion Spil-ker, Geschäftsleitung Krankenhaus-stellen.de. Auch dabei konzentriert sichdie Suche auf qualifizierte Pflegekräf-te ebenso wie auf Ärzte in der Fach-arztausbildung und Fachärzte.

Kurieren an Symptomen

Zwar spricht eine Studie vom InstitutArbeit und Technik (IAT) vom Boomder Leiharbeit – aktuell sind gut 19 000Leiharbeitskräfte in Gesundheitsberu-fen beschäftigt – doch sie hat sich nochlange nicht etabliert. Auch wenn etli-chen Krankenhäuser sie als Instrumentnutzen, um Engpässe wie Feiertags-und Wochenendschichten und Nacht-dienste abzudecken, zeigen sich vieleKliniken zögerlich, wie der Anteil von2,3 Prozent am Gesamtumsatz derBranche zeigt. „Viele Häuser versu-chen, so lange wie möglich selbststän-dig qualifiziertes Personal zur Aus-hilfe zu finden, und Ärzte sowie pfle-gerisches Personal für die Festeinstel-lung zu rekrutieren – obwohl ihnen dieZeit, die Ressourcen und das Such-Know-how fehlen“, berichtet GünterSchwendner, Leiter Medical Care, Franz& Wach. Der Weg über die Direktansprache vonpotenziellen Kandidaten ist dagegenvon Kliniken schon akzeptiert. Während vor einigen Jahren Personal-berater von Krankenhäusern nur aufPositionen in der ersten Führungsebe-ne angesetzt wurden, werden sie jetztauch angefragt, um im OberärztlichenBereich Kandidaten anzusprechen, dabisherige Suchwege wie über das „Ärz-teblatt“ häufig ohne Ergebnis bleiben,erklärt Dr. Julia Schäfer, Leitung Prac-tice Health Care bei Kienbaum: „Kli-niken wissen, dass bestimmte Zielgrup-pen persönlich angesprochen werdenmüssen. Zudem spüren wir Konjunk-turen, was den strategischen Ausbaubestimmter Fachrichtungen anbetrifft,

die etwa durch Zusatzentgelte, Kom-plexpauschalen oder eine bessereBewertung in den DRG, in den diagno-sebezogenen Fallgruppen nachgefragtwerden. Kliniken haben in ihren Per-sonalabteilungen nicht die Kapazität,um 40 oder mehr Kandidaten anzu-sprechen und zu „pflegen“.

Struktureller Mangel

Doch der Erfolg des Einen führt aufGrund des engen Arbeitsmarktesimmer zum Verlust beim Anderen. „Mitjeder besetzten Stelle werden immerneue Lücken aufgerissen, dies löst nicht das Problem. Der Personalman-gel ist eine strukturelle Herausforde-rung“, so Karsten Graf, Geschäftsfüh-rer von Manpower Professional.Externe Ursachen sind unter anderemdie mangelnde Attraktivität der Bran-che und beschränkte Anwerbemöglich-keiten aus dem Ausland. „Zu den inter-nen Hindernissen zählen vor allem dieArbeitsbedingungen vor Ort; und selbstwenn ein Haus sehr gute Bedingungenbietet, versäumt es, diese publik zu

machen.“ Allerdings gilt das nicht füralle Krankenhäuser, denn die Bedeu-tung von Klinik- und Personalmarke-ting ist sehr wohl bei den Akteurenangekommen. „Wie werde ich alsArbeitgeber attraktiv und was mussdas Haus tun, um attraktiver zu wer-den?“ So lautet die häufigste Frage anGeschäftsführer Stephan Rotthaus, Spe-zialist für Klinikmarketing. „EtlicheKrankenhäuser wissen, wie wichtig esist, gute Arbeitsbedingungen zu bie-ten, eine attraktive Arbeitgebermarkezu entwickeln und sie auch zu kom-munizieren. Dabei rückt immer mehrin den Vordergrund, wie es gelingt, dieMitarbeiter zu Multiplikatoren für dieeigene Marke zu machen.“

Personal entscheidet über Markterfolg

Klinikpersonalern ist nicht neu, dassdie Arbeitsbedingungen eine große Rol-le bei der Mitarbeitergewinnung und -bindung spielen. „Doch kann es ihnenüberhaupt gelingen, sich in der„Gemengelage“ aus führungs- und

Personalpolitik muss proaktiv und langfristig betrieben werden und darf nicht auf kurzfristigen Aktionismussetzen.

Axel Broders, Geschäftsführer, Innovagroup Personal- und Managementberatung

Ärzte sind dann zu gewinnen, wenn sie medizinisch arbeiten dürfen und nicht überwiegend Verwaltungsarbeitübernehmen müssen.

Karsten Graf, Geschäftsführer, Manpower Professional GmbH

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Special Gesundheitsbranche | 2010 www.personalwirtschaft.de10

HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE Round Table

betriebspolitischen Problemen alsattraktiven Arbeitgeber darzustellen?“,fragt Professor Mühlbauer kritischnach. Denn hierarchische Strukturen,Probleme zwischen ärztlichem undpflegerischem Personal, fehlende Per-sonalmanagementinstrumente und vie-le andere Minenfelder würden den Auf-bau eines positiven Images erheblicherschweren. Die apodiktische Antwortlautet: Sie müssen einfach! Denn obeine Klinik überlebt oder nicht, bestim-men maßgeblich die Mitarbeiter. DasAusscheiden von Krankenhäusern amMarkt werde sehr stark am Thema„Attraktivität als Arbeitgeber“ entschie-den, betont Stephan Rotthaus, rott-haus.com. „Krankenhäuser sind gutberaten, die Abwärtsspirale zu einemfrühen Zeitpunkt zu stoppen. Der Per-sonalabbau der vergangenen Jahreführt zu einer starken Arbeitsbelas-tung, das wiederum belastet dieBetriebsatmosphäre und damit dieArbeitgeberattraktivität. Im frühen Sta-dium kann man dies mit gezielten Maß-nahmen stoppen, zu einem späterennur noch schwer.“ Und dass die Posi-tionierung gelingt, dafür gibt es Bei-spiele auf dem Markt.

Klinikpersonalarbeit besser als ihr Ruf?

Das Bild, das die Fachöffentlichkeitvom Personalmanagement in Kranken-häusern zeichnet, ist zugegebener-maßen ziemlich düster. Wohlwissend,dass es viele Unterschiede zwischenöffentlichen, konfessionellen und pri-vaten Trägern gibt. Gegen die Schwarz-malerei, die den Häusern eher eineSchieflage attestiert, wendet sich Dr.Peter Windeck, Geschäftsführer vonMummert Healthcare: „Das HR-Mana-gement der meisten Kliniken ist ver-gleichbar mit dem vieler mittelständi-scher Unternehmen. Sicher hat dasPersonalmanagement Nachholbedarfzu anderen Leistungsbereichen. Abergenauso schnell wie sie in den letztenJahren im Controlling und der IT auf-

geholt haben, werden sie auch im Per-sonalmanagement aufholen.“ Personalwerde heute nicht mehr nur unterKostengesichtspunkten betrachtet, son-dern unter Wertschöpfungsaspekten.„Wir merken, dass bei Führungsposi-tionen inzwischen ein erheblichesGewicht auf die Managementqualifi-kation im Bereich Personal gelegtwird.“

Personalentwicklung oft nicht vorhanden

Außerdem sei es eine Fehlannahme,so Peter Windeck, dass die Häuser heu-te kein gutes Personal finden würden,weil das Personalmanagement schlechtsei. „Sie finden meistens keine Mitar-beiter, weil der Markt sie nicht mehrhergibt.“ Bei den Verbesserungen desPersonalmanagements müsse es nichtnur um das Thema Recruiting gehen,sondern insbesondere um Arbeitgebe-rattraktivität, um Mitarbeiterbindungund darum, Erfolge sicherzustellen.Die Experten in der Runde teilen nichtdie Diagnose, das Personalmanagement

sei ausreichend für die Rekrutierungguter Mitarbeiter gerüstet. So führtAxel Broders, Geschäftsführer der Innovagroup, aus: „Strategische Pla-nung und Personalmarketing werdenimmer noch ad hoc und experimentellumgesetzt. In den meisten Häusern –ob konfessionell oder öffentlich – wirdPersonalpolitik nicht proaktiv und lang-fristig, sondern reaktiv betrieben, sieist auf kurzfristigen Aktionismus aus-gelegt.“ Es fehle an Workforce-Plan-ning und Strategie, nur die privatenTräger könnten hier auf einen Vor-sprung verweisen. Ähnliche Erfahrungen hat Julia Schä-fer von Kienbaum gemacht. Das Per-sonalmanagement sei zwar nicht durch-gehend schlecht aufgestellt, jedochnicht hinreichend organisiert. „Perso-nalentwicklung ist in etlichen Häusernein Fremdwort. Wenn Arbeitgeber keinprofessionell aufgestelltes Personalm-anagement haben, Potentialanalysenund Feedback-Kultur fehlen, hapert esoft im Bewerbungsprozess an langwie-rigen und nicht aufeinander abge-

Das Überleben einer Klinik wird maßgeblich bestimmt von ihrer Attraktivität als Arbeitgeber, und damit auch von den Mitarbeitern.

Stephan Rotthaus, Geschäftsführer, rotthaus.com

Die modernen Methoden der Personal-führung, Konflikt- und Fehlermanagement,Organisationslehre und anderes würdenfür Führungskräfte sowohl Motivation alsauch aktives Wissensmanagementbedeuten.

Dr. Julia Schäfer, Leitung Practice Health Care, Kienbaum

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stimmten Verfahren. Ebenso fällt eineUnentschiedenheit auf in Bezug auf diemedizinisch-strategische Ausrichtungder Klinik, da die Entscheidungsgre-mien und Auswahlprozesse oft nichtverzahnt sind.“ Mittelständische, unter-nehmerisch geprägte Strukturen magauch sie bei vielen Häusern noch nichterkennen.

Wer nicht plant, verliert

Und selbst bei der professionellenRekrutierung hapert es noch, berich-tet Marion Spilker von krankenhaus-stellen.de. Die meisten Klinken wür-den auch auf Grund der hohen Kosten,die mit den meisten Formen der Per-sonalakquise verbunden sind, oft zulange auf Initiativbewerbungen hoffen,sehr spät die Entscheidung zur akti-ven Suche treffen und so eine für alleBeteiligten sinnvolle vorausschauendePersonalplanung versäumen. Peter Windeck, Mummert Healtcaresetzt dagegen: Natürlich sei es nichtzu begrüßen, wenn Kliniken keine pro-spektive Personalplanung und strate-

gische Personalarbeit betreiben. „Aberes ist falsch, anzunehmen, dass dieVerantwortlichen ihren Job nichtbeherrschen und im Grunde nur in dieWirtschaft gucken müssten.“ Die Pro-bleme seien zum Teil anderer Natur.Das größere Problem als die Gewin-nung sei die Bindung. Denn früherwaren Krankenhäuser froh, wenn nachder Facharztausbildung der Arzt dasHaus verlassen hat, da der Nachfolgerschon in den Startlöchern wartete. Heu-te sei es umgekehrt: Wenn ein Fach-arzt, der über sechs Jahre im Haus aus-gebildet wurde und nun in der Lageist, eine Oberarztfunktion wahrzuneh-men, das Haus verlässt, bedeute daseinen „Supergau“. Deswegen sollte dasGewicht unbedingt auf die Bindung vonLeistungsträgern gelegt werden, soPeter Windeck.

Kreative Ideen für die Mitarbeiterbindung

Ideen und Ansätze, die es den ehernoch traditionell aufgestellten Häusernleichter machen würden, geeignetes

Personal zu finden, gibt es reichlich. Beispielsweise vermissen Ärzte undPflegepersonal flexible Arbeitsbedin-gungen. Das sei ein Grund, warum siezu einer Arbeitnehmerüberlassungwechseln, berichtet Bernd Sydow vonAdecco Medical & Science. „Klinikentun sich sehr schwer, Wiedereinstei-gern und Müttern mit Kindern flexibleArbeitszeiten anzubieten. Und auchein Betriebskindergarten mit einer 24-Stunden-Betreuung wäre nicht kompli-ziert umzusetzen, damit ließen sichviele Arbeitskräfte zurückgewinnen.“Gänzlich unüblich seien bislang nochgeldwerte Zusatzleistungen wie ein Fir-menwagen oder ein I-Phone. „Vor demHintergrund, dass es überwiegend sehrgut qualifizierte und berufserfahreneKollegen sind, die mehr und mehr eineKarriere als Honorararzt vorziehen,sollten Kliniken diese Rechnung nochmal neu überdenken“, so Bernd Sydow.Denn oft müssten die gleichen Klini-ken auf Honorarärzte zurückgreifen,sodass dies unterm Strich wahrschein-lich teurer werde.

MBA als Chance

Alle Anstrengungen und kreativenIdeen würden sich lohnen, um Mitar-beiter zu halten, bekräftigt auch Gün-ter Schwendner von Franz & Wach. Sosei es in der Industrie schon üblich,dass Unternehmen eine Stelle sechsJahre frei halten, wenn der Arbeitneh-mer nach der Ausbildung ein Studiumabsolvieren möchte. Gelegenheit zu zeigen, wie ernst es Kli-niken mit Personalentwicklung undMitarbeiterbindung ist, biete dieMasterausbildung für Mediziner. Noch,so Professor Mühlbauer, wird der MBAzur Privatsache erklärt. Vorstellbar undwünschenswert sei jedoch auch im Sin-ne einer mittelständischen Personal-politik mit strategischer Prägung, dassdie Finanzierung ganz oder teilweiseübernommen würde – im Gegenzugverpflichtet sich der Chefarzt oder Fach-arzt, seine Arbeitskraft der Klinik wei-

Alle Maßnahmen und kreativen Ideen, um Mitarbeiter zu binden, zahlen sich fürein Krankenhaus aus.

Günter Schwendner, Leiter Medical Care, Franz & Wach

Für alle Beteiligten ist es sehr wichtig, den Klinikarbeitsmarkt so transparent zugestalten, dass Arbeitgeber und Arbeit-nehmer direkt zueinander finden können.

Dr. Marion Spilker, Geschäftsführerin, Clinic CareerManagement/Krankenhaus-stellen.de

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HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE Round Table

tere Jahre zur Verfügung zu stellen.Auch dies wäre eine Möglichkeit, Mit-arbeiter länger an sich zu binden.

Ärzte von Bürokratie entlasten

Auf einen anderen wichtigen Aspektmacht Karsten Graf von Manpower Pro-fessional aufmerksam: So wie ein Kon-strukteur konstruieren wolle, so möch-ten Ärzte medizinisch tätig sein. In derPraxis werden Mediziner allerdingsmit administrativen Arbeiten mehr als überhäuft. „Hier liegt ein großes Potenzial, und wenn Personaler mehr Macht in der Organisationsentwick-lung haben, könnten sie die Prozesseso ordnen, dass Ärzte von Verwaltungs-arbeiten entlastet werden“, lautet derWunsch von Karsten Graf. Denn selbstwenn mehr und mehr Kliniken moder-ne Personalmanager einstellen, bleibeoffen, wie sie im Unternehmen posi-tioniert und mit welcher Macht sie aus-gestattet seien. Während die einen nurdas externe Marketing beeinflussenkönnten, hätten andere starke Einfluss-möglichkeiten in die Organisation hin-

ein. Ob und wie Personalentwicklungals Instrument implementiert ist, hängtganz entscheidend von ihrem Einflussab. Und von der Einsicht der Kliniklei-tung, dass Personalentwicklung keinGood-Will-Instrument ist. „Personal-entwicklung als nachhaltiger und ste-ter Prozess findet sich kaum. Und die-jenigen Häuser, die es betreiben,können als Pioniere gelten – in ersterLinie privat geführte Häuser“, berich-tet Axel Broders, Innovagroup. Einegroße private Kette habe seit kurzemein Kompetenz-Center für Chefärzte ein-gerichtet, das der Identifikation vonTalenten im Konzern diene und bislangfür den eigenen Bedarf zuständig sei.In 80 bis 90 Prozent der Häuser, so dieEinschätzung der Experten am Tisch,spiele Personalentwicklung immernoch keine Rolle. Dieses Defizit kannindirekt zum Personalmangel führen.„Wenn leitende Ärzte scheitern, dannmeistens nicht an der fachlichen Qua-lifikation, sondern am mangelndenKommunikationsvermögen, mangeln-der Führungskompetenz sowie an Feh-

lern in der Vermarktung des Leistungs-spektrums“, so Peter Windeck, Mum-mert Health Care.

Know-how für Führungskräfte

Einen Handlungsbedarf gerade imBereich Führungskräfteentwicklungregistriert Julia Schäfer, Kienbaum. Diemodernen Methoden der Personal-führung, das Führen von Mitarbeiter-gesprächen und insgesamt das Beherr-schen der Management-Toolbox würdedie Krankenhäuser positiv beflügeln.Incentivierung, Förderung von Dritt-mitteleinwerbung, Zuweisermarketing,Konflikt- und Fehlermanagement, Ge-sundheitsökonomie, Organisationsleh-re und anderes würden für Führungs-kräfte sowohl Motivation als auch akti-ves Wissensmanagement bedeuten.Noch ruhen die personalwirtschaftli-chen Funktionen auf sehr vielen Schul-tern, die eine strategische Personalent-wicklung verhindern. Chefärzte sindfür Ärzte, ihren Bedarf und für die Per-sonalentwicklung zuständig, die Pfle-gedienstleistung für pflegerischeArbeitnehmer, die Personalabteilungfür die Verwaltung zuständig. Prof.Mühlbauer: „Ein Zusammenspiel allerBereiche findet noch nicht statt. Einangestrebtes Ziel sollte sein, die Perso-nalabteilung als Serviceabteilung mitinterner Kundenorientierung zu instal-lieren, die auch eine Bring-Schuld imBereich der Personalentwicklung wahr-nimmt.“ Aber immerhin gäbe esModellversuche, die auf dem richtigenWeg seien.

Zusätzliche Ressourcen gewinnen

Würde der Numerus Clausus abge-schafft und stattdessen mehr Auswahl-gespräche eingesetzt werden, ließensich mittel- bis langfristig Ressourcenheben, betont Innovagroup-Geschäfts-führer Axel Broders. Auch mehr para-medizinische Studiengänge, eine bes-sere Ausstattung der Universitäten undeine Reform der Weiterbildungsord-nung könnten den Mangel mindern.

Das HR-Management der meisten Kliniken ist so professionell wie das vieler mittelständischen Unternehmen.

Dr. Peter Windeck, Geschäftsführer, MummertHealthcare

Intelligente Weiterqualifizierungen von berufsnahen Gruppen schaffenzusätzliche Personalressourcen, die Kompetenzträger entlasten.

Bernd Sydow, Head of Business Line Medical &Science, Adecco, und Geschäftsführer Time & More

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Doch zu warten, kann sich derzeit kein Klinikbetreiber erlauben. So gibtes auch Sofort-Maßnahmen, die grei-fen, weil sich die Berufslandschaft inKliniken verändert hat – und neueBerufsbilder entstanden sind wie der Case-Manager, Patientenberater,Kodierfachkraft oder Entlassungsma-nager.

Prozessoptimierung

Während Kliniken neue Berufsbildergestalten, arbeiten die Personaldienst-leister an Qualifizierungen. „Um zusätz-liche Ressourcen im Operationssaal zugewinnen, haben wir Arzthelferinnenund Rettungssanitäter für spezielleTätigkeiten im OP und im Intensivbe-reich weiterqualifiziert“, berichtetBernd Sydow von Adecco. Durch Pro-zessoptimierung vor Ort sei es einerKlinik gelungen, die Aufgabenteilungdahingehend zu ändern, dass bestimm-te Aufgaben von geringer qualifizier-ten OP-Kräften erbracht werden können. Damit werde das höher qua-lifizierte Personal entlastet und einneuer Mitarbeiterpool entstehe. DerPersonaldienstleister Franz & Wachfinanziert beispielweise Weiterquali-fizierungen von Pflegepersonal zurIntensivbetreuung von beatmungsbe-dürftigen Patienten im Rahmen dermobilen Pflege.

Migranten fördern und schulen

Auch ein Blick in die Nachbarländerkönnte den knappen Arbeitsmarkt nocherheblich entlasten. Eine Studie vonManpower belegt, dass trotz ähnlicherdemografischer Rahmenbedingungenin Europa, Deutschland den größtenEngpass im Pflegebereich und bei Ärz-ten hat. Karsten Graf, Manpower Pro-fessional: „Unser Arbeitsmarkt mussglobaler werden, hier wünschen wiruns erleichterte Bedingungen bei derAnerkennung von ausländischen Stu-dienabschlüssen und eine Harmonisie-rung der Sozialsysteme.“ Die Rekru-tierung von Fachkräften im Ausland

ist jedoch nur dann ein sinnvollerSchritt, wenn die Mitarbeiter systema-tisch befähigt werden, die Sprache undKultur zu erlernen, plädiert Marketing-experte Stephan Rotthaus. Kommuni-kationsprobleme zwischen Patient undMigranten, die als Arzt oder Pflegeper-sonal tätig sind, belasten das Klinik-image erheblich. Die Integration laufenicht von alleine, sondern bedürfegezielter Maßnahmenpakete.Doch eines darf nicht aus dem Blickgeraten: „Natürlich gibt es Arbeitskräf-te für alle Bereiche. Im deutschen Kran-kenhausarbeitsmarkt sind zwar ärzt-liche und Pflegekräfte zurzeit knapp“,erläutert Marion Spilker von kranken-haus-stellen.de. „Doch jedes Jahr kom-men neue Absolventen hinzu und esgibt eine nicht unbedeutende Anzahlan Medizinern, die sich beispielweiseim Rahmen ihrer Facharztausbildungoder aus familiären Gründen verän-dern wollen. Kliniken, die sich gut auf-stellen, ihre Arbeitsangebote so attrak-tiv wie möglich gestalten und geschicktdafür sorgen, dass sie ihre potentiel-len Arbeitnehmer mit dem Angeboterreichen, finden auch ihre Arbeitneh-mer.“Sicher ist, dass Krankenhäuser, die sichbereits den Anforderungen an guteArbeitsbedingungen gestellt haben undihre Attraktivität als Arbeitgeber kom-munizieren, im Wettbewerb über einenVorsprung verfügen – unabhängig vonder Größe des Hauses.

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Wenn das Stellenangebot für Ärzte größer ist

als die Nachfrage und gleichzeitig auf das

Jobbörsen-Desinteresse der Zielgruppe trifft,

ist es besonders schwierig, das knappe Gut der

Mediziner zu erreichen. Doch Klinikpersonalleiter

streichen E-Recruiting nicht aus ihrem

Maßnahmenkatalog – aus guten Gründen.

Job-Links ohne User

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HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE Online-Recruiting

angewählt, aber für weitere, vertiefendeLinks nimmt sich das ärztliche Personalnicht die Zeit. Sie suchen nicht so stetigund ausdauernd wie andere Berufsgrup-pen.“ Ähnliches registriert Janko Zehe,Leiter Portalmanagement von DocCheck,einer Community für Mediziner mit ange-schlossener Stellenbörse: „Ärzte sind nichtgewillt, Umwege in Kauf zu nehmen. Außer-dem sind sie es derzeit nicht gewohnt, über-haupt suchen zu müssen. Wenn sie jedochbereit für einen Stellenwechsel sind, wol-len sie gezielt angesprochen und nicht mitanderem medizinischen Personal in einenTopf geworfen werden.“ Und selbst wennsich Ärzte in Stellenportalen bewegen undsogar ihr Profil in einem Social Networkhinterlegt haben, so Jens Ripper, Personal-marketingexperte der Schön Klinik, dannseien sie wesentlich weniger aktiv als bei-spielsweise kaufmännisches Krankenhaus-Personal.

Initiativbewerbung und Direktan-sprache

Das größte Hindernis bei der Ärzte-Rekru-tierung im Netz – und somit die Ursachefür die Internet-Lethargie – liegt wohl im

Ungleichgewicht zwischen Angebot undNachfrage. Die Schön Klinik, ein famili-engeführter Verbund von 15 Krankenhäu-sern mit den Fachgebieten Orthopädie,Neurologie, Psychosomatik, Chirurgieund Innere Medizin, kann auf einigeErfahrung mit E-Recruiting zurückgrei-fen. Sie praktizieren schon länger dieSuche über die eigene Homepage, allge-meine Stellenbörsen sowie Online-Fachbörsen und studierten dabei dasSuchverhalten. „Die meisten jungen Assi-stenzärzte sind nicht darauf angewiesen,aktiv im Internet zu suchen. Auch schonHochschulabsolventen werden von Head-huntern angesprochen“, berichtet JensRipper, Schön Klinik. Und diejenigen Ärz-te, die nicht von Personalberatern ange-sprochen werden, haben klare Vorstel-lungen von ihren Karriereschritten undstarten eine Initiativbewerbung. Das Uni-versitätsklinikum Frankfurt muss keineambitionierten Personalmarketing-Bemühungen starten, um ärztliches Per-sonal zu finden – ein Vorteil, von demviele Lehrkrankenhäuser profitieren. „Wirsind immer noch in der glücklichen Lage,dass sich sehr viele Ärzte spontan bewer-

ind Mediziner weniger internetaffinals andere Berufsgruppen? Sicher-

lich nicht, denn sie recherchieren in fach-lichen Zusammenhängen genauso inten-siv im Netz wie andere Beschäftigte. DochJobangeboten via Internet fehlt noch dernennenswerte Response. Die Bestands-aufnahme ist ernüchternd. Spricht manmit Klinikleitern großer Einrichtungen,heißt es desillusioniert: „E-Recruitingläuft noch nicht rund.“ Das soll heißen:Wenn es um die Stellensuche geht, bevor-zugen Ärzte überwiegend andere Wegewie Zeitungen, Fachzeitschriften und denpersönlichen Kontakt. Die Suche über Job-börsen oder gar die Kontaktaufnahme inSocial Networks scheint das ärztliche Per-sonal eher zu ignorieren. Ob die Internet-Kanäle bei der Stellensuche nur nochnicht eingeübt sind oder die Berufsgrup-pe wirklich ein anderes Suchverhaltenhat, bleibt noch offen. Feststellbar ist aufjeden Fall, dass selbst eine Online-Stel-lenausschreibung auf einer Klinik-Home-page Medizinern zu zeitintensiv ist. Michael Rabus, Personalleiter der SanaKliniken, berichtet: „Ein Link zur Über-sicht der Stellenangebote wird schnell

S

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ben“, berichtet Martin Wilhelm, Pflegedi-rektor des Universitätsklinikums Frank-furt mit 4000 Beschäftigten. Die Prioritä-ten, die stellensuchende Bewerber haben,ordnen sich seiner Erfahrung nach wiefolgt: Neben der Auswahl des Standortsspiele in erster Linie eine Rolle, ob undwelche Fachweiterbildung angestrebt wer-de und ob die Bewerber in einem Hausarbeiten wollen, in dem sie ohne Arbeit-geberwechsel mehrere Fachdisziplinenkennenlernen können. „Berufseinsteigerund Ärzte mit kürzerer Berufserfahrungsuchen daher nicht über Internet-Kanäle;ärztliches Personal mit viel Erfahrungkennt seinen Marktwert und wendet sichdirekt an das Haus“, schildert Martin Wilhelm, Uniklinik Frankfurt, das Such-verhalten der Zielgruppe. Bei der Rekru-tierung von Auszubildenden im pflegeri-schen Bereich und für die Verwaltungnutzt die Uniklinik allerdings ihre eige-ne Homepage zur Stellenausschreibung– mit Erfolg.

Von Wegelagerern bis Experten

Eignen sich Homepages, Online-Börsenund Netzwerke gar nicht, um ärztlichesPersonal zu rekrutieren? „Xing und Co.sind kein Huntingground, um Medizinerzu finden; für kaufmännische Führungs-kräfte bilden sie durchaus eine Networ-king-Plattform“, berichtet Dr. Julia Schä-fer, Seniorberaterin bei KienbaumHealthcare. Außerdem zeige die Erfah-rung, dass ärztliches Personal, das sichin Social Networks oder Bewerberdaten-banken bewege, häufig nur seinen Markt-wert testen wolle. Auch im Bereich Pfle-gekräfte seien Online-Stellenbörsen sowieSocial Media Networks kaum geeignet,fachlich und persönlich geeignetes Personal zu finden. „Online-Chats, Websites mit Klinikbewertungen oderauch Facebook dienen vielen Personal-chefs weniger zur Rekrutierung als zurHintergrundrecherche des semi-privatenBackgrounds oder Klinikimages“, so Dr.Julia Schäfer. Anders stellt sich die Aus-gangssituation dar, wenn nicht-medizini-sches Personal gesucht wird. Die Sana

Kliniken nutzten Xing für Stellenanzei-gen in der Holding, also im kaufmänni-schen Bereich. Bei der Rekrutierung vonärztlichem Personal verlässt sich die Kli-nikgruppe einerseits auf die eigene Home-page. Andererseits auf traditionelle Fach-zeitschriften und auch Onlinebörsen –nicht nur auf die marktbekannten, allge-meinen Stellenbörsen, sondern auch Fach-börsen. Das Personalmanagement derSana Kliniken hat einzelne Online-Job-börsen auf ihre Bandbreite und Funktio-nen im Health-Care-Bereich ausgewertet.Das Ergebnis fasst Personalleiter Micha-el Rabus zusammen: „Die marktbekann-ten allgemeinen Stellenbörsen haben nureine geringe Anzahl an Anzeigen aus demmedizinischen Umfeld. Zudem arbeitenÄrzte, die gezielt suchen, mit anderenSuchkriterien als ein Kaufmann oder Inge-nieur. Die Anzahl der medizinischen imVergleich zu technischen Stellen ist letz-ten Endes sehr begrenzt, sodass wir nichtvon einer nennenswerten Besucherzahlausgehen können.“Auf Health Care spe-zialisierte Fachbörsen haben ihn bei derÜberprüfung nur teilweise überzeugt.„Einige von ihnen sind ,schwarze Scha-fe’, denn jeder im Markt weiß um den Ärz-temangel, gerade in ländlichen Regionen.Also haben sie einen mehr oder minderfunktionierenden Bereich für Gesundheitaufgebaut, ohne aber über die spezifi-schen Kenntnisse von Fach- und Funkti-onsbereichen zu verfügen“, erläutert derPersonalchef der Sana Kliniken. Wie vonanderen Klinikpersonalern zu hören ist,schrecken einige Jobbörsen-Betreiber auchnicht davor zurück, fingierte medizini-sche Stellen auszuschreiben – nur um inden Gesundheitsmarkt vorzudringen undvermeintliche Kompetenz vorzuweisen.

„Minimalinvasive“ Personalsuche

Keine guten Noten, sowohl für einige Fach-börsen als auch für markterfahrene Job-portale, lautet das Resümee der befragtenPersonalverantwortlichen. Die Recrui-ting-Strategie der Universitätsklinik Kölnheißt daher bei Ärzten, Medizincontrol-lern oder Gehaltsabrechnungsspeziali-

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HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE Online-Recruiting

sten: Nicht im Gießkannen-Prinzip, son-dern „minimalinvasiv“ vorzugehen, soPersonalleiter Dr. Nicolai Kranz. Dasbedeutet für ihn, sehr genau zu eruieren,wo die einzelnen Berufsgruppen suchen,ob über die Homepage, spezialisierte Job-börsen, die überregionalen Print-Märkteoder in Netzwerken. Denn anders als beianderen akademischen Berufen, sei dieAusrichtung von Ärzten sehr viel spezi-eller. Das schlage sich in den großen Onli-ne-Jobbörsen noch nicht nieder. Mögli-cherweise fehle hier das vertiefte Wissenum die Spezialsierungen. Ein Radiologewürde deshalb auch eher Seiten von Fach-gesellschaften aufsuchen, als die markt-bekannten Börsen, die unter der Rubrik„Arzt und Mediziner“ einen bunten Mixanbieten. Der Erfolg der sehr differenzier-ten Vorgehensweise der Uniklinik Kölnliegt in der Kostenersparnis und im Aus-bleiben einer Bewerberflut. Personallei-ter Nicolai Kranz:„Wir erreichen eine guteRelation von erhaltenen Bewerbungen zupassgenauem Anforderungsprofil, dasspart uns Zeit und Geld.“

Testen und beobachten

Aber auch wenn sich das ärztliche Per-sonal noch nicht wie andere Berufsgrup-pen im Social Web bewegt, so sind sichgroße Klinikbetreiber doch bewusst, dasshier ein Kanal existiert, denn es zu beob-achten gilt. Das Universitätsklinikum Kölnbeschäftigt in seiner Personalabteilungspeziell eine Expertin, die sich mit demKomplex Personalbeschaffung im Inter-net beschäftigt. „Sie beobachtet die Bewe-gungen bei Facebook und andere Netz-werken, und recherchiert, auf welchenSeiten sich beispielweise ,Engpass-Grup-pen’ bewegen“, berichtet PersonalleiterDr. Nicolai Kranz: „Auch wenn wir jetztam Standort Köln akquisitorische Vortei-le haben, könnte uns der Ärztemangelerreichen, deswegen ist es sinnvoll, sichfrühzeitig mit Social Media zu befassen.In den nächsten Jahren wird sich dieBewerbersituation nicht entspannen.“ Auch die Schön Klinik plant ihre Perso-nalmarketingmaßnahmen mit Blick auf

die langfristige Entwicklung und starte-te erste Social Web-Aktivitäten. Sie steckenzwar noch in den Kinderschuhen, so Per-sonalmarketing-Experte Ripper, aber „wirtesten und beobachten“. Auf Xing undFacebook hat der Klinikverbund dasUnternehmensprofil eingestellt. DieseNetzwerk-Aktivitäten verfolgen sie nichtin erster Linie, um aktuelle Stellenange-bote zu publizieren. „Diese Kanäle eig-nen sich gut, um Kontakte zu pflegen, dieauf Karrieremessen entstanden sind. Wirkönnen dort Informationen verbreitenund diskussionsanregend wirken“, erläu-tert Jens Ripper und zieht ein Fazit: Auchwenn die traditionelle Fachpresse bei derStellensuche jetzt noch höher im Kursstehe, werde die Online-Suche der Ärztestetig zunehmen.

Strategisches E-Recruiting istein Muss

Aufgrund der Erfahrungen, dass Ärztebislang nicht sehr aktiv Positionen imInternet suchen, stellt sich die berechtig-te Frage: Lohnt es sich für das Personal-management in Krankenhäusern, auchnoch Mitarbeiter damit zu beauftragen,tagesaktuell nach potenziellen Bewer-bern zu suchen? Julia Schäfer, LeiterinPractice Team Kienbaum Healthcare: „Diemeisten Kliniken betreiben kein syste-matisches oder strategisches E-Recruit-ing, da es an speziell geschultem Perso-nal beziehungsweise an Kenntnissen im E-Marketing fehlt und Online-Stellenbörsen für Mediziner eine untergeordnete Rolle spielen.“ Doch E-Recruitment sollte in Zukunft ein fest-er Bestandteil der Kliniken im Bewerber-management werden, rät die Beraterin.Allerdings ergänzt durch zielgruppen-spezifische Angebote, wie beispielweiseTwitter für Pflegeschüler, Call-Back fürinteressierte Assistenzärzte, Online-Regi-strierungen, darüber hinaus auch durchJob-Messen, Kongresse und Newsletter.Jedoch verlange die Suche nach den pas-senden Kandidaten weitere Kompeten-zen: „Professionelle und geschulte Recrui-ter sollten den Auswahlprozess in enger

Abstimmung mit der jeweiligen Klinik-leitung steuern, koordinieren und struk-turierte Interviews führen“, so Julia Schä-fer. Zusätzlich könnten die Kliniken durchvorausschauendes E-Recruitment auchstrategisches Personalmanagementbetreiben und Kandidatenpools bilden,die sie unabhängiger von Ad-Hoc-Vakan-zen machen und damit handlungsfähi-ger – statt wie bisher nur passiv auf ein-gehende Bewerbungen zu warten.

Arbeitgebermarke im Vordergrund

Das Universitätsklinikum Frankfurt plantvoraus und lässt sich von einer speziali-sierten Marketingagentur unterstützen.Pflegedirektor Martin Wilhelm: „Dennnatürlich wollen wir zukünftig auch inden Online-Medien präsent sein. Es istnicht auszuschließen, dass sich bald dieUni-Kliniken gegenseitig das Personal,abjagen’, das heißt, Personalmarketingund E-Recruiting könnten auch bei unseinen noch höheren Stellenwert bekom-men als derzeit.“ Nicht nur die Frankfur-ter Klinik, auch andere Häuser verstärkenderzeit ihr Employer Branding im Netzund in den Print-Medien. Vielen Perso-nalern erscheint die Bildung einer Arbeit-gebermarke wichtiger, als die Präsenz aufjeder Online-Plattform. Da etliche Unter-suchungen zeigen, dass die Rahmenbe-dingungen bei der Arbeitgeberauswahlfür Ärzte eine überaus große Rolle spie-len, versuchen Personalabteilung imdirekten Gespräch und mit weichen Fak-toren zu punkten. Für Stellenbörsen könn-te dies heißen, in Zukunft nicht nur Fach-und Funktionskategorien zu bieten, son-dern „Work-Life-Balance“, „innerbetrieb-liches Gesundheitsmanagement“ oder„Kinderbetreuung“ zu verschlagworten.Wenn Online-Jobbörsen zugeschnittene,neue Such-Kategorien bilden, entdeckendie bislang desinteressierten medizini-schen User einen Mehrwert.

Christiane Siemann, freie Journalistin, Bad Tölz

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HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE Online-Recruiting

Die Gesundheitsbranche lechzt nach Personal und die Rubrik „Health-Care“ ist in den Online-Jobbörsen

angekommen – mal mehr und mal weniger erfolgreich. Manche Stellenbörsen wittern nur eine Marktlücke und

hoffen auf ein schnelles Geschäft. Doch sie unterschätzen nicht nur die Komplexität des Berufsbildes.

StepStone-Vorstand Frank Hensgens und Janko Zehe, Leiter Portalmanagement von DocCheck, einer Plattform

für Mediziner, über die Nutzungseigenarten der Zielgruppe und Rekrutierungschancen über das Internet.

Janko Zehe, Leiter Portal-management, DocCheck

„Abschied von traditionellen teuren Suchwegen“

Personalwirtschaft: Von Klinikperso-nalern hört man Kritik an Online-Jobbörsen: Einige spezialisierte Fach-börsen seien eher „Wegelagerer“ undmanche der generalistischen Stellen-börsen würden durch Inkompetenz immedizinischen Sektor auffallen. Wiegut sind die Jobbörsen im BereichGesundheit aufgestellt?Janko Zehe, DocCheck: Der Markt fürÄrzte ist schwierig. Die Nachfrage großund das Angebot knapp. Ob die große Notder Klinikpersonaler von manchen Anbie-tern ausgenutzt wird, dass kann ich nichtsagen. In einem so engen Markt ist es gutmöglich, dass Personaler auch schlechteErfahrungen mit Dienstleistern machen.Es gibt allerdings gute, speziell auf dasmedizinische Personal zugeschnitteneFachbörsen. Wichtig bei der Auswahl ist,dass Suchmaßnahmen und Erfolge trans-parent und messbar sind.Frank Hensgens, Stepstone: Keine Pro-bleme haben Kliniken mit Online-Stellen-offerten, wenn sie im betriebswirtschaft-

lichen oder IT-Sektor suchen. Auch im Pfle-gebereich bewährt sich der Kanal. Die Kri-tik, allgemeinen Stellenbörsen würde dasSpezialwissen fehlen, bezieht sich auf dasBerufsbild der Ärzte. Ich muss zugeste-hen, dass wir das Segment seit Jahren bear-beiten, und erst nach einiger Erfahrungden Arbeitsmarkt der Ärzte verstehen.Früher haben wir in einem Channel dieBerufsgruppen „Pharma, Medizin und Bio-tech“ zusammengefasst, also Äpfel undBirnen in einen Korb geworfen. Wir muss-ten lernen, dass Ärzte mit ihrem sehr spe-ziellen Ausbildungs- und Berufsbild einenseparaten Channel benötigen. Deshalbhaben wir einen neuen Kanal aufgebaut,der mit einer wesentlich detaillierterenKategorisierung arbeitet.

Es gibt Fachbörsen, die bis zu 500Berufsbezeichnungen allein im medi-zinischen Sektor anbieten. Können dasdie allgemeinen Stellenbörsen leisten?Frank Hensgens: Wir sind Jobbörsenspe-zialisten, aber keine Gesundheitsspezia-

listen. Das heißt, wir beherrschen dieKategorisierung sowie die Verschlagwor-tung, kennen das Suchverhalten der Kan-didaten detailliert und können daher ausErfahrung sagen: Weniger ist mehr! Zuviele Differenzierungen nutzen die Usernicht, sondern greifen in diesem Fall aufdie Freitextsuche zurück.

Anders als bei Ingenieuren ist die Dif-ferenzierung ärztlicher Funktionsbe-reiche um ein Vielfaches komplexer.Wie hoch muss der Spezialisierungs-grad sein, um Ärzte gezielt zu errei-chen? Janko Zehe: Das ist keine Fragen derAnzahl von Berufskategorien. Seit 1996haben wir kontinuierlich unsere Commu-nity aufgebaut. Wir sprechen die Spra-che der Ärzte ganz gut. Da wir Servicesvon Ärzten für Ärzte bieten, haben wirgelernt zuzuhören, die Bedürfnisse auf-zunehmen und umzusetzen. Wir kom-men mit unserem Angebot aus der Mitteder Zielgruppe heraus und wissen, wo

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den Ärzten der Schuh drückt. Mit unse-ren Services setzen wir bei den Bedürf-nissen der Ärzte an. Die Kategorien inunseren Suchmasken stammen aus denWeiterbildungsordnungen der Ärztekam-mern. Diese Fachgebiete nutzen die Ärz-te auch in ihrem eigenen Profil und iden-tifizieren sich damit.

Bislang sind Ärzte nicht sehr Job-börsen-affin. Liegt nicht doch eine Ursa-che darin, dass ein angehender Spezialist für Handchirurgie nicht erstalle chirurgischen Stellenanzeigenanklicken, sondern gleich bei der Handchirurgie landen will?Frank Hensgens: Richtig ist, dass wirnoch detaillierter arbeiten müssen, vorallen Dingen weil Ärzte nicht mit ande-ren Berufsgruppen vermischt werdenwollen. Aber grundsätzlich sehe ich dieEntwicklung anders. Mediziner sindgenauso internetaffin wie andere Berufs-gruppen, aber sie holen jetzt erst auf inBezug auf die Jobsuche im Internet. Jahr-zehnte kannten sie nur die Stellenange-bote des Ärzteblatts, das quasi ein Monopol hatte. Nachdem immer mehrArbeitgeber vor den hohen Preisenzurückschrecken, wissen Ärzte, dass sieim Internet Stellenangebote finden undgehen zunächst in Suchmaschinen wieGoogle. Hier geben sie verknüpfte Begrif-fe ein und stoßen darüber auf die Stellen-börsen. Vor zwei bis drei Jahren war esnoch wesentlich schwieriger Response zubekommen, doch wir spüren merklichenZuwachs. Kunden geben uns Feedback,dass sie aufgrund der Suchanzeige erfol-greich einstellen konnten. Es bleibt immernoch schwierig, eben weil die Ärzte die-se Wege erst für sich entdecken müssen.Deshalb forcieren wie die Anstrengungen,um über andere Quellen mehr Traffic aufdie Stellenanzeigen zu bringen.

Sie beide haben als Anbieter eingemeinsames Problem: Warum solltenÄrzte Jobbörsen nutzen, wenn sie aufder Straße „mit dem Lasso eingefan-gen“ werden?

Janko Zehe: Also, Ärzte fängt man nichtmit einem Lasso, sondern am besten miteinem „Pflasterstreifen“. Und genau die„Stickiness“ eines Pflasters bietet eineÄrzte-Community. Die Ärzte müssen unsnicht besuchen, sie sind schon bei uns –weil wir Ärzten in vielen Bereichen ihresBerufs helfen – nicht nur bei der Jobsu-che. Als Online-Stellenmarkt müssen wir dieAufgabe lösen: Wie spricht man die Ärz-te an, die zu den Wechselbereiten undlatent Suchenden gehören? Das sind mehrals diejenigen, die aktiv suchen. Hier kön-nen wir durch die Nähe zu unseren Usernüber verschiedene Kanäle auf Stellenan-gebote aufmerksam machen, zum Bei-spiel über Newsletter und Weiterbildungs-portale. Frank Hensgens: Wir fokussieren unsnicht nur auf Ärzte, sondern auch aufPflegepersonal. Beiden Gruppen bietenwir auch Zusatzservices. Wir kooperie-ren mit mehreren Fachdiensten und -por-talen im Gesundheitsbereich. Wir wer-den kein Gesundheitsportal, doch wirwerden den Channel noch attraktivergestalten, damit die medizinischen Fach-kräfte zusätzliche Informationen wie Wei-terbildungsinformationen zum Facharztbei uns finden.

Ist E-Recruiting in Kliniken denn schonakzeptiert? Janko Zehe: Wir registrieren, dass sichKlinikpersonaler nach und nach von derausschließlichen Suche über Printanzei-gen verabschieden. Als einen der Haupt-kritikpunkte hören wir immer die hohenKosten. Nun gibt es verschiedene Alter-nativen, beispielweise die eigene Klinik-Homepage. Aber früher oder später lan-den sie bei Online-Stellenbörsen.Online-Medien bieten hier wesentlicheVorteile, denn Kliniker müssen Kostensparen und messbare Erfolge vorweisen.Sie müssen einfach mit der Zeit gehenund innovative Wege suchen, sonst sinddie ausländischen Kliniken einfach schnel-ler und schnappen ihnen die Ärzte vorder Nase weg.

Frank Hensgens: Das kann ich nurbestätigen; private Kliniken, die wirt-schaftlich arbeiten, nutzen schon längerund erfolgreich den Weg über das Inter-net und fordern uns auch bei der Ent-wicklung. Krankenhäuser, die öffentlichbetrieben werden, verhalten sich eherInternet-fern. Das gleiche gilt für Städte.Dabei könnten die Personalabteilung vieleffizienter und kostengünstiger Mitarbei-ter finden; anscheinend fehlt hier derKostendruck und die Gelder werden nochverschwendet.

Können die Social Networks wie Lin-ked-in, Xing und andere eine Kontakt-plattform bieten, um Ärzte anzuspre-chen und „abzugreifen“? Bislang sinddort kaum Mediziner vertreten.Janko Zehe: Das wird sich kaum ändern,denn die Ärzte sind dort nicht unter sich.Es lauert hier immer die Gefahr, dass einPatient vorbeiklickt und eine kostenloseBeratung erhalten will. Mediziner wollendaher im Social Net lieber unter sich blei-ben. Deshalb bieten wir eine Communi-ty an, exklusiv für Heilberufe. Medizinerwollen ihren eigenen geschützten Raumhaben: Fachgruppen, mit denen sie Dis-kussionen führen können, und Experten-runden, in denen die Kontakte knüpfenkönnen. Das geht nur, wenn sie sich sichersein können, dass dort keine fachfrem-den Personen mitreden.

Ärztliches Personal scheint also auchin Zukunft nicht auf allen Internet-Kanälen zu finden zu sein?Frank Hensgens: Die Zielgruppe bleibteine sehr spezielle, die nicht mit Twitteroder ähnlichem zu locken ist. Ein Grundliegt natürlich auch darin, dass Ärzte imTagesgeschäft am Menschen arbeiten undnicht am Rechner, wie Controller, Ingeni-eure und andere. Das heißt auch, ihr Zeit-budget ist anders. Doch in dem Maße, indem sich Arbeitgeber abwenden von kost-spieligen Suchwegen, werden auch Ärz-te ihren Blick für Jobbörsen öffnen – daszeigt die Erfahrung der letzten Jahre.

Das Interview führte Christiane Siemann.

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HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE Personalmanagement

und organisationsspezifische Herausfor-derungen externer und interner Art müs-sen zunächst erfasst und bewertet werden,um den Wandel in den dargestellten Funk-tionen der Personalwirtschaft in seinerQualität und Quantität genauer zu bestim-men. Personalabteilungen sollten sichdarüber hinaus als zentrale Serviceabtei-lungen für alle Berufsgruppen im Kran-kenhaus verstehen. Die disziplinäre Aufteilung personalwirtschaftlicher Funk-tionen auf die Leitungen unterschiedli-cher Berufsgruppen für Ärzte, Pflegekräf-te, Verwaltung, Technik und andere mussder Idee einer integrierten und interdis-ziplinär arbeitenden Personalwirtschaftim Krankenhaus weichen. Betrachten wir

im Folgenden die sich ändernden Funk-tionen und Aufgaben.

Personalbeschaffung

Die Arbeitskräftesuche wird sich vonnationalen Märkten stärker auf interna-tionale Märkte ausweiten müssen, da inDeutschland quantitativ immer wenigerMenschen als potenzielle Mitarbeiter zurVerfügung stehen werden. Die Personal-beschaffung und -einstellung ausländi-scher Mitarbeiter stellt die Krankenhäu-ser vor eine große Herausforderung, dadie Bewerber unterschiedliche Kulturender Länder und der Organisationen ken-nengelernt haben, die mit denen inDeutschland und mit deutschen Kranken-

inschlägige Veröffentlichungen ver-weisen auf die demographische Her-

ausforderung, die einerseits zu immerweniger Bewerbern für Gesundheitsbe-rufe, andererseits zu einer immer höhe-ren Patientenzahl und einer größerenArbeitsbelastung der Mitarbeiter führenwird. Zudem wird in der Gesundheits-wirtschaft die Nachfrage nach Gesund-heitsdienstleistungen weiter ansteigen.Ein Krankenhaus sollte sich personalwirt-schaftlich positionieren, weil über dieHandlungsfelder der Personalabteilun-gen ein großer Teil der Zukunft einesKrankenhauses mitentschieden wird (Abbildung 1). Personalwirtschaft impli-ziert strategisches Handeln. Regionale

E

Sinkende Bewerberzahlen, älter werdende Belegschaften und ein steigendes Leistungsvolumen machen

das Dreieck zukünftiger Handlungsbedingungen aus, in dem sich die Personalwirtschaft der Kranken-

häuser neu positionieren muss. Wer demnach für neue Mitarbeiter attraktiv bleiben und vorhandene

Mitarbeiter behalten will, muss seine Krankenhauskultur verändern. Dem Wandel des Krankenhauses

geht ein Wandel der Personalabteilung voraus!

Die richtige Strategie für die Zukunft

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häusern nicht vergleichbar sind. Die Fra-ge nach dem In- oder Outsourcing vonDienstleistungen wird auch im Bereichder Personalwirtschaft in Krankenhäu-sern neu belebt. Die Funktion „Personal-beschaffung“ wird von Krankenhäusernmehr und mehr extern eingekauft undman bedient sich entsprechender Dienst-leister. Neue Technologien leisten einenwesentlichen Beitrag dabei, Mitarbeiter inanderen Organisationen zu identifizierenund für sein Krankenhaus zu begeistern.Krankenhäuser müssen deshalb „Anzie-hungskraft“ entwickeln.

HandlungsfelderPersonaleinführung

Alle neuen Mitarbeiter, einschließlich Teil-zeitkräfte, Auszubildende sowie derDienstleister brauchen eine systematischeEinführung in die spezielle Organisations-kultur eines Krankenhauses. Demnach

sind Einführungsprogramme aufzubauen,bei denen sich vorhandene und neue Mit-arbeiter vorstellen und bekanntmachen

können. Erste Bausteine für eine fachli-che, interdisziplinäre und soziale Kompe-tenzentwicklung sind hier besonders wich-

Handlungsfelder der Personalwirtschaft Abbildung 1

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Exogene Faktoren und ihre Auswirkungen auf die Personalplanung.

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HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE Personalmanagement

tig. Nicht am ersten Tag sind alle Berei-che, Personen, Aufgaben und Arbeitsin-halte vorzustellen. Manche Krankenhäu-ser sind auf den Antrittsbesuch ihrerMitarbeiter noch gar nicht vorbereitet!

Personalverwaltung

Die gesamte Personalverwaltung musssich in Richtung kundenorientiertem Personalmanagement weiterentwickeln.Die Mitarbeiter und externen Partnererwarten zukünftig umfassende Service-leistungen von den Personalmanagern.

Sie wollen betreut, aktiv angesprochenund beraten werden. Der Weg zu einerkundenorientierten Personalabteilung istweit und mit vielen Veränderungen für dieMitarbeiter in Personalabteilungen ver-bunden. Viele Krankenhäuser stehen hiererst noch am Anfang der Entwicklung:Heute noch aktuelle Themen, wie die Ein-führung und Sicherung der Arbeitszeit-erfassung oder die Verlässlichkeit in derGehaltsabrechnung müssen Routinelei-stungen einer Personalabteilung undderen Rechenzentren sein.

Was die Krankenhäuser heute über ihreMitarbeiter wissen, weicht sehr von demab, was sie morgen über sie wissen müs-sen. Der „Faktor“ Mensch als Mitarbeiterwird voraussichtlich noch einmal neu zuentdecken sein. Mitarbeiter sind nichtnur Vollkräfte, die bezüglich ihrer Arbeits-leistung über Anhaltszahlen zu beurtei-len sind. Mitarbeiter sind die Dienstleisterund damit Kunden und unmittelbare Part-ner der Patienten und Angehörigen. DieKrankenhäuser werden lernen müssen,mit diesem Erfolgsfaktor ganz andersumzugehen und ihn zu „pflegen“. Mitar-beiter sind Leistungsträger und nicht nurKostenfaktor. Das Committment der Mit-arbeiter, ihre Arbeits(un)zufriedenheit,die Organisationskultur und das Betriebs-klima werden zu wichtigen Entschei-dungsparametern. Das werden selbst dieKrankenhäuser lernen, die bislang gegen-teiliger Meinung sind, weil sie kaum mehrMitarbeiter finden werden, die sich als„Einsatzfaktor“ diskreditieren oder alsFinanzkapital behandeln lassen wollen.

Personalbetreuung

Wegen der zunehmenden Internationali-sierung sind Fremdsprachenkenntnissefür Mitarbeiter der Personalwirtschaftmehr und mehr Pflicht. Auch müssen sichdie Mitarbeiter in Personalabteilungenauf unterschiedliche Kulturen undUmgangsformen einstellen. Darüber hin-aus müssen Konzepte zur Gesundheitser-haltung, -förderung und zum Fehlzeitenm-anagement vielleicht überdacht, in vielenKrankenhäusern allerdings erst neu ein-geführt werden. Die Personalbetreuung istum viele Servicefunktionen zu erweitern.Betriebskindergärten sind inzwischenauch von Krankenhäusern als Handlungs-feld wiederentdeckt worden, gerade weildie zunehmende Zahl junger Ärztinnenweder auf eine Familie noch auf eineberufliche Entwicklung verzichten möch-te. Doch die Phantasie der Krankenhäu-ser darf hier nicht stehenbleiben: Kinder-und Hausaufgabenbetreuung, verschie-dene Serviceleistungen für Krankenhaus-mitarbeiter (zum Beispiel Einkaufsservice,

Personalbedarf der Zukunft Abbildung 2

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Wäscheservice, freie Pausengestaltungwährend der Arbeitszeit in entsprechen-den Erholungszonen, Home-Office-Arbeitsangebote) und noch viele Leistun-gen mehr, die in der Art eines Cafeteria-Systems angeboten werden. Jeder Mitar-beiter kann sich die Leistungen wählen,die zu seiner Lebenssituation passen, umseine Work-Life-Balance ausgewogengestalten zu können. Jeder Mitarbeiter,der nicht am Arbeitsmarkt gesucht wer-den muss, sondern auf seinem Arbeits-platz verbleibt und sich dort positiv ent-wickelt, zeigt sich auch als ökonomischerGewinn, weil unter anderem Personalbe-schaffungs- oder Fehlzeitenkosten erstgar nicht entstehen.

Personalbeurteilung

Die bisher nur sporadisch eingesetztenVerfahren der Mitarbeiterbeurteilungmüssen auf alle Arbeitsbereiche, Fachab-teilungen und Berufsgruppen ausgedehntwerden. Dabei sind leistungsorientierteBeurteilungssysteme anderen Systemenvorzuziehen, weil sie sich beispielswei-se mit Tarifverträgen wie dem TVÖD ver-binden lassen. Leistungsbeurteilungensollten mit Leistungsvergütungen ver-knüpft werden. In diesem Bereich dür-fen die Krankenhäuser auf Wissenschaft-ler und Berater zurückgreifen, die geradeim Bereich der Leistungsbeurteilung überentsprechende Erfahrungen verfügen.Selbstgemachte „Leistungsbewertungs-systeme“ der Krankenhäuser dürften hiernicht die richtigen Mittel der Wahl sein.

Personalentwicklung – eine Muss-Aufgabe

Im Krankenhaus gibt es noch keine inter-ne Personalentwicklungsabteilung, diesich der systematischen Entwicklung vonfachlichen, sozialen und systemischenKompetenzen aller Mitarbeiter undBerufsgruppen widmet. Personalentwick-lung ist für die Zukunft der Krankenhäu-ser ein entscheidendes Thema. Das Kran-kenhaus, das es versteht, die stärkermotivierten und sich identifizierendenMitarbeiter zu entwickeln, wird – bei glei-

chen tarifbezogenen Vergütungsbedin-gungen – als bevorzugter Arbeitgeber gelten. Weil Krankenhausmitarbeiterebenfalls zu dem Krankenhaus eine stär-kere Bindung erzeugen, die ihren Bedürf-nissen nach Mitbestimmung und Mitge-staltung Rechnung tragen, wird auch einmitarbeiterbezogener Führungsstil durchdie Führungskräfte zu erlernen sein. Hierstellt sich gerade für Ärzte ein großes Ent-wicklungsfeld dar, weil Führung in die-ser Berufsgruppe häufig noch mit Durch-setzung des eigenen Willens gleichgesetztwird. Partizipative Formen der Beteili-gung von Mitarbeitern in den umfangrei-chen Veränderungsprozessen, die denKrankenhäusern bevorstehen, sind injedem Fall den klassischen Top-Down-Ansätzen vorzuziehen. KonfessionelleKrankenhäuser werden deshalb dieBesonderheit einer „Dienstgemeinschaft“deutlicher machen müssen, die auch fürden Umgang mit den Mitarbeitervertre-tern tragfähig ist.Personalentwicklung stellt aber auch auseinem anderen Grund ein wichtiges The-ma dar. Die Krankenhäuser haben ihreAnforderungen im Bereich der Dokumen-tation von Leistungen stark anheben müs-sen. Systeme des Qualitätsmanagements,der Qualitätssicherung und des internenRisikomanagements haben die Messlat-te für die Schreib- und Ausdrucksweiseder Mitarbeiter so hoch werden lassen,dass diese Anforderungen von vielenBewerbern überhaupt nicht mehr erfülltwerden können. Allein die allgemeineRechtschreib- und Rechenschwäche vie-ler junger Menschen sollte Krankenhäu-ser dazu ermutigen, ihren MitarbeiternSchulungsangebote zu unterbreiten. Auchhier ist eher Kreativität gefragt: Daskostenlose Rechtschreibprogramm, dassauf einem Laptop des Krankenhausesauch privat genutzt werden kann, spartFortbildungskosten, die schnell die Höheder Anschaffungskosten von mobilen PCserreichen können. Forensische oderfinanzwirtschaftliche Probleme als Resul-tat aufgedeckter Dokumentationsmängel,die seitens der Krankenkassen oder des

Medizinischen Dienstes dazu führen, dassBehandlungskosten nicht bezahlt wer-den, sind sicher nachteiliger zu bewer-ten, als die kostenlose Ausgabe privatnutzbarer PCs.

Personalentlassung

Manchmal sind gerade leitende Mitarbei-ter „Bremsklötze“ im Wandlungsprozessvon Krankenhäusern. Wenn sich leiten-de Mitarbeiter als zu „hartleibig“ zeigenund dem Wandel nicht aufgeschlossengegenüberstehen, müssen weitere Maß-nahmen bis hin zur Personalentlassungeingeleitet werden. Dies kann bis zu einersystematischen Personalentlassung und-überleitung (Outplacement) führen, umden Wandel des Krankenhauses zubeschleunigen und sich von den „Brems-klötzen“ zu befreien. Zwar werden hierhohe Abfindungszahlungen auf einigeKrankenhäuser zukommen, die aber beigenauer Betrachtung niedriger sein kön-nen, als die Kosten, die durch die Abwan-derung und Demotivation vormals lei-stungsstarker Mitarbeiter entstandensind. Um eine Leistungskraft aus einemOrden zu zitieren: „Wenn Sie an dengeplanten Maßnahmen nicht teilnehmen,sprechen wir mit Ihrem Nachfolger.“ Man-chen Krankenhäusern mangelt es an derentsprechenden Konsequenz. Dass alle Maßnahmen vor dem Hinter-grund externer und interner Herausfor-derungen erst nach einer genauen Ana-lyse der Situation sowie einer angepasstenStrategie gelingen können, versteht sichfast von selbst. Die drohende Personal-verknappung sollte den Krankenhauslei-tungen jedoch signalisieren, dass die Zeitfür den Wandel der Personalwirtschaftmehr als reif ist.

Autor

Professor Bernd H. Mühlbauer,lehrt an der FH GelsenkirchenManagement im Gesundheits-wesen, [email protected]

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pflegeeinrichtungen sowie teilweise imKlinikmanagement. Als Grund für diePersonalverknappung sind der fehlen-de medizinische Nachwuchs und diedemographische Entwicklung mit eineralternden Belegschaft bei einem tendenziell wachsenden Bedarf der Branche zu nennen. Zudem sinkt dieAttraktivität der ärztlich-pflegerischenTätigkeit. Das Gesundheitswesen istaußerdem im Vergleich mit anderenBranchen von einer überdurchschnitt-lich hohen Fluktuationsquote gekenn-zeichnet. Die Mitarbeiter identifizierensich zwar stark mit ihrer beruflichen

Tätigkeit und ihrem medizinischenFachgebiet, die Bindung an ihren Arbeit-geber ist jedoch nur schwach ausge-prägt. Problematisch sind außerdem die rasantansteigenden Ausgaben für Leihpersonalund für Personalgewinnung, die denUnternehmenserfolg bei ohnehin schwie-rigen Rahmenbedingungen gefährden.Es wird zwingend notwendig, den Blickvon der Kür (Personalgewinnung) zurPflicht (Personalbindung) zu wenden. Eine Umfrage der Bundesvertretung derMedizinstudierenden in Deutschlandunter 3600 Studenten (BVMD 2006) zeigt

ine der personalwirtschaftlichen Herausforderungen, die sich zukünf-

tig noch verstärken wird, ist die wach-sende Zahl der Arbeitsplatz- und Ausbil-dungsplatzwanderer. Der Klinik-VerbundMediClin nutzt eine Reihe von Maßnah-men, um die Verweildauer der Mitarbei-ter im Unternehmen nachhaltig zuerhöhen. Die Personalsituation im Gesundheits-wesen zeichnet sich durch einige Beson-derheiten aus: Es besteht eine hohe Per-sonalquote von bis zu 70 Prozent undgleichzeitig ein Mangel an Ärzten undFachkräften in Krankenhäusern, Alten-

Die fachliche und überfachliche Kompetenz von Mitarbeitern und ihre Arbeitszufriedenheit sind

Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg einer Klinik. Deshalb werden in den kommenden

Jahren eine gute und erfolgreiche Personalpolitik und eine starke Mitarbeiterbindung die wichtigsten

Ziele für Unternehmen der Gesundheitswirtschaft sein.

Die Besten halten

E

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HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE Mitarbeiterbindung

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folgende Bedürfnisse und Erwartungender zukünftigen Ärzte: Die Studierendenwünschten sich für ihren späteren Arbeits-platz neben einem angemessenen Grund-gehalt, gute Fortbildungsmöglichkeiten,eine Entlastung bei Verwaltungsaufga-ben, die Vereinbarkeit von Familie undBeruf, Kinderbetreuungsmöglichkeiten,geregelte Arbeitszeiten, die Möglichkeitder Teilzeitarbeit sowie einen partner-schaftlichen Umgang mit Vorgesetzten. Als die entscheidenden Faktoren der Mit-arbeiterbindung im Krankenhaus werdennach einer Studie insbesondere Vertrau-en in und Identifikation mit der Organi-sation, Berufung, Lust auf Veränderung,Wechselbarrieren und Zufriedenheit mitdem Arbeitsplatz definiert. Diese Mitar-beiterzufriedenheit wird wiederum ent-scheidend beeinflusst durch Entgelt,Arbeitszeit, Kollegen, Karrierechancenund die Arbeitsbedingungen. Für den Mit-arbeiter in einem Unternehmen existie-ren also viele Faktoren, die einen attrak-tiven Arbeitsplatz ausmachen. Auf derBasis dieser Erkenntnisse haben Einrich-tungen im Gesundheitswesen die Mög-lichkeit, sich durch entsprechendemonetäre oder nichtmonetäre Erken-nungsmerkmale zu profilieren. Die fol-genden Maßnahmen konzentrieren sichauf Gestaltungselemente außerhalb desEntgeltbereichs.

Maßnahmen zur Mitarbeiterbindungbei MediClin

Um die Identifikation der Mitarbeiter mitdem Unternehmen und das Vertrauen indie Organisation zu fördern, wurden beiMediClin Leitsätze im Rahmen einer„Zukunftswerkstatt“ entwickelt. In einemtransparenten Prozess unter Beteiligungder Mitarbeiter wurden unter anderemAussagen zu den Bereichen „Unsere Mit-arbeiter“, „Qualität und Wirtschaftlich-keit“ und „Wachstum und Fortschritt“ for-muliert. Aus den Leitsätzen wurde einumfassendes Personalkonzept zu den The-men „Personalgewinnung“, „Entwicklungund Bindung“ sowie „Kontakt halten nachdem freiwilligen Ausscheiden eines Mit-

arbeiters“ entwickelt. Neben dieser wich-tigen konzeptionellen Ebene, sind es ins-besondere die darin konkret benanntenEinzelmaßnahmen, die darüber entschei-den, welche Intensität die Bindung derMitarbeiter an das Unternehmen erreicht.

Einführungspaten

Um bei neu gewonnenen Mitarbeiternfrühzeitig eine gute Bindung aufzubau-en, ist eine strukturierte Einarbeitungnotwendig. Bei der Einführung in ein neu-es Unternehmen können Einarbeitungs-paten helfen. Ihr Mentoring fördert dieEntstehung von persönlichen Beziehun-gen, die Vernetzung der Mitarbeiter unddie gezielte Nutzung der informellen Kom-munikationswege. Sinnvoll ist außerdemdie Bereitstellung eines Einführungsleit-fadens. Für neue Mitarbeiter, wie zumBeispiel Assistenzärzte, bietet MediClineine zentrale Einführungswoche, die ins-besondere Berufseinsteigern Informatio-nen und Schlüsselkompetenzen vermittelt,die sie während ihres Studiums nichterhalten. Bei der Integration von auslän-dischen Mitarbeitern ist es sinnvoll, dieBewerber von der Bewerbung bis zur Ein-stellung zu betreuen. Dazu gehören beiMediClin Klinikhospitationen, Deutsch-Sprachkurse der MediClin Akademie mitModulen zur Spezialisierung „Deutschfür Mediziner“, Seminare zum Thema„Interkulturelle Kompetenz“, Beantra-gung der Berufserlaubnis und Betreuungdurch eine Beauftragte für die Integrati-on ausländischer Mitarbeiter.

Fortbildung und Kooperation

Für die Mitarbeitergewinnung sind auchdie Aus-, Fort- und Weiterbildungsmög-

lichkeiten relevant. So kooperieren wir mitWeiterbildungsinstituten, Fach- und Hoch-schulen. Mit der Universität Bratislava undder Universität Constanta hat das Unter-nehmen Exchange-Programme vereinbart.Die Weiterbildung der MediClin Mitar-beiter erfolgt auch in der firmeneigenenAkademie, die jedes Jahr rund 180 Semi-nare für alle Berufsgruppen anbietet. Für die Fort- und Weiterbildung schreibteine Konzernbetriebsvereinbarung trans-parente und verlässliche Regelungen derfinanziellen Förderung und der Freistel-lung des Mitarbeiters fest. Die Weiterbil-dung wird jährlich in allen Einrichtun-gen strategisch geplant. Bei Fragen derKarriere- und Entwicklungsmöglichkei-ten steht neben dem direkten Vorgesetz-ten die zentrale Personalentwicklung alsAnsprechpartner und Berater zur Verfü-gung. Außerdem können sich die Mitar-beiter zur Beratung an gewählte Ombuds-männer und einen Assistenzarztsprecherwenden.Für die Facharztweiterbildung kann einezentrale Auflistung aller Weiterbildungs-ermächtigungen mit medizinischen Le-bensläufen der zuständigen Chef- undOberärzte genutzt werden. Die leitendenÄrzte übernehmen die Aufgabe von Fachmentoren. Die Verbindlichkeit undTransparenz der Facharztweiterbildungwird durch Ausbildungscurricula gewähr-leistet, was im Gesundheitswesen bislangnoch nicht üblich ist. Psychologen erhalten bei der Weiterbildung zum Psy-chologischen Psychotherapeuten einefinanzielle Unterstützung durch dasUnternehmen und werden für die Wei-terqualifizierung freigestellt. Ein weiteres Instrument, um Mitarbeiter

MediClin Info

Die MediClin ist ein bundesweit tätiger Klinikbetreiber und ein großer Anbieter in den BereichenNeuro- und Psychowissenschaften sowie Orthopädie. Mit 33 Klinikbetrieben, sieben Pflegeeinrichtungen, neun Medizinischen Versorgungszentren und einem Hotel für Gesundheit und Erholung ist die MediClin in elf Bundesländern präsent und verfügt über eine Gesamtkapazitätvon rund 7900 Betten. Für die MediClin arbeiten rund 8000 Mitarbeiter.

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HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE Mitarbeiterbindung

langfristig zu binden, ist das Talentmana-gement. Den Mitarbeitern sollen durchdas Unternehmen interne Karrierewegeaufgezeigt und ermöglicht werden. Nebenden umfassenden konzernweiten Rotati-onsmöglichkeiten zwischen den verschie-denen Einrichtungen von MediClin undden medizinischen Fachgebieten beste-hen zahlreiche regionale Kooperationenmit externen Partnern.

Flexible Arbeitszeitmodelle

Um als Arbeitgeber attraktiv zu sein, mussheute die Vereinbarkeit von Beruf undPrivatleben gewährleistet werden. Dazugehören flexible Arbeitszeitmodelle. So bietet die MediClin Rose Klinik an,Oberarztstellen zu teilen, was ein Novumim Gesundheitswesen ist. Außerdem beteiligen sich die MediClin-Kliniken anverschiedenen Programmen zur Verbes-serung der familienfreundlichen Perso-nalpolitik. Das Unternehmen organisiertin ausgewählten Häusern auch Kinder-betreuungsangebote und ermöglicht durchdie Kombination von Kliniken und Alten-pflegeeinrichtungen an einem Standortden Mitarbeitern trotz pflegebedürftigerAngehöriger, beruflich tätig zu sein.

Bessere Unternehmenskultur

Nicht zu unterschätzen für die Bindungvon Mitarbeitern sind Gemeinschaftser-lebnisse. So veranstalten die Einrichtun-gen regelmäßig Betriebsfeste, nehmen anregionalen Sport- oder Kulturveranstal-tungen teil und organisieren ein jährlichstattfindendes Fußballturnier. Die Unternehmenskultur und das Be-triebsklima lassen sich auch durch geziel-te Personalmanagementmaßnahmen ver-bessern. Eine Verbesserung wird bei-spielsweise durch die Zertifizierung desArbeitsschutzes, durch Teilnahme anArbeitgeber-Wettbewerben und durch einbetriebliches Gesundheitsmanagementerzielt. Zur Unternehmenskultur gehörenauch die Vermittlung von Wertschätzungund die Etablierung einer Dialogkultur. Der Gestaltung der Arbeitsbedingungengilt bei MediClin ein besonderes Augen-

merk, da sie in entscheidendem Maße dieIdentifikation der Mitarbeiter mit demUnternehmen prägen. Zur Verbesserungder Arbeitsbedingungen gehören dieStrukturierung von Arbeitsinhalten undAufgaben des Mitarbeiters und die Über-prüfung im Sinne des KontinuierlichenVerbesserungsprozesses (KVP). Wesentliches Effizienzpotenzial im Kran-kenhaus sehen Experten auch in der Opti-mierung der abteilungs- und funktions-übergreifenden Arbeitsorganisation. Hierist vielfach noch eine Orientierung nachFachgebieten, statt nach Prozessen alsOrdnungsprinzip erkennbar. Aus diesemGrund finden in den MediClin-Einrich-tungen regelmäßige Qualitätszirkel, Job-Rotationen, Seminare, Teamentwicklungoder Supervision statt.

Demotivatoren abbauen

Zur Bindung von Leistungsträgern ver-hilft insbesondere auch der Abbau soge-nannter Demotivatoren wie Bürokratie,ineffiziente Prozesse oder stupide Routi-nen. Ein internes Ideenmanagement undVorschlagswesen leistet hier große Diens-te. Darüber hinaus zählen Arbeitsplatzsi-cherheit und garantierte Sozialleistun-gen zu den nachvollziehbaren Bedürfnis-sen von Mitarbeitern. Bei der Bindung von Personal spielt auchdie Führungskompetenz eine wesentli-che Rolle. Untersuchungen zeigen, dassdie direkte Führungskraft den größtenEinfluss auf die Bindung des Mitarbei-ters an das Unternehmen besitzt. Aus die-sem Grund empfiehlt sich eine verbind-liche, kontinuierliche Qualifizierung derFührungskräfte aus allen Bereichen undHierarchiestufen. Die MediClin Akade-mie unterstützt deshalb Führungskräftedurch entsprechende Angebote, wie zumBeispiel durch ein Führungscurriculumfür Chef- und Oberärzte.Bei Mitarbeitern, die eine längere Wei-terbildung absolvieren, krank oder inElternzeit sind, erhalten Kontaktprogram-me die Bindung zum Unternehmen. Dazueignen sich regelmäßige Informationenaus der jeweiligen Einrichtung (Newslet-

Autor

Jochen Hahn,Leiter Personalentwicklung/ MediClin Akademie,[email protected]

ter), Einladungen zu Weiterbildungen undVeranstaltungen oder die Benennungeines „Paten“. Austrittsinterviews, wieauch die routinemäßige Befragung aus-scheidender Assistenzärzte, in denenFluktuationsgründe ermittelt werden,ermöglichen dem Unternehmen frühzei-tig der Abwanderung von Arbeitskräftenentgegenzusteuern.

Employer Branding

Unabhängig von der Branche, ist es ent-scheidend für die Bindung von Leistungs-trägern, dass der Mitarbeiter die nicht-monetären Anreize nicht nur in derStellenanzeige oder im Leitbild lesenkann, sondern sie in seinem Arbeitsall-tag auch tatsächlich erfährt. Wird ein Auseinanderklaffen von Anspruch undWirklichkeit von den Mitarbeitern außer-halb des Arbeitsplatzes kommuniziert,führt dies zu einer massiven Schädigungder Arbeitgeberattraktivität. SämtlicheBemühungen einer beginnenden Arbeit-gebermarkenbildung in Kliniken undAltenpflegeeinrichtungen werden damitfrühzeitig ad absurdum geführt.In Fachkreisen wird noch immer darüberdiskutiert, ob die monetären oder dienicht-monetären Argumente einen Mit-arbeiter zum Verbleib beim bisherigenArbeitgeber bewegen. Für medizinischeEinrichtungen außerhalb der attraktivenBallungszentren sind diese Diskussionenobsolet, da die Einrichtungen künftig dar-auf angewiesen sein werden, alle ihnensich bietenden Stellschrauben zu nutzen,um auf dem stark umkämpften Personal-markt bestehen zu können.

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Was in Industrie, Handel und Dienstleistung längst zur Normalität gehört, hält auch

Einzug im Gesundheitswesen: Die Zeitarbeit. Seit 1998 greifen die Kliniken des

Main-Taunus-Kreises mit elf medizinischen Fachabteilungen mit 523 Patientenbetten

auf Zeitarbeitnehmer zurück. MTK-Personalleiterin Erika Völkel, verantwortlich für rund

1400 Mitarbeiter, berichtet über ihre Erfahrungen.

Erika Völkel, Personalleiterinder Kliniken des Main-Taunus-Kreises.

„Unser Ziel ist es, qualifizierteKräfte zu finden“

Personalwirtschaft: Wann setzen SieZeitarbeitskräfte ein?Erika Völkel: In der Regel setzen wir Zeit-arbeitskräfte nur in Engpass-Situationenein, das heißt, wenn in der Pflege durchKrankheit oder unvorhergesehene Ausfäl-le examiniertes Personal fehlt. Meis-tens sind die Kräfte nur schicht- oder tage-weise bei uns beschäftigt. Wir verlassenuns aber nicht nur auf diese Möglichkeit.Um Personalausfälle besser auffangen zukönnen, sind wir von der Stations- zurBereichsorganisation übergangen. Der Vor-teil durch den Zusammenschluss von meh-reren Stationen einer medizinischen Diszi-plin liegt klar auf der Hand: Personalausfällemüssen jetzt beispielsweise nicht mehrzwingend von einer kleinen Pflegeeinheitaufgefangen werden, sondern profitierenvon einem größeren Personalpool, mit derFolge, dass nicht immer auf Fremdpersonalzurückgegriffen werden muss. Zudem istin den Bereichen ein größeres Fachwissenbei den Pflegekräften vorhanden.

Kritiker sagen, Zeitarbeit im Kranken-haus sei deshalb problematisch, weildie Kontinuität fehle und die Qualitätsich nicht sichern lasse.Natürlich ist es besser, wenn eingearbei-tetes Personal zur Verfügung steht. Dochwenn auf einer Station mit 36 Betten plötz-lich nur eine examinierte Kraft in einer

Schicht arbeitet, ist es besser, sie wirddurch zwei examinierte Zeitarbeitneh-mer unterstützt, als wenn sie nur aufHilfskräfte angewiesen ist. Und das Pro-blem der Einarbeitung, beziehungswei-se der fehlenden Kontinuität, stellt sichja auch, wenn unser Pflegepersonal inanderen unserer MTK-Häuser aushilft.Um die Qualität langfristig zu sichern,haben wir mit einem der Personaldienst-leister vereinbart, dass wir examinierteKräfte auch länger übernehmen. Falls siesich nach sechs Monaten bewährt haben,werden sie in ein festes Angestelltenver-hältnis übernommen, so wie rund 20 Pfle-gekräfte im vergangenen Jahr.

Stehen die Kollegen und der Betriebs-rat den ausgeliehenen Pflegekräftenkritisch gegenüber?Diese Erfahrung machen wir nicht. DieKollegen sind sehr dankbar, wenn Schich-ten mit Zeitarbeitnehmern besetzt wer-den. Denn die Alternative wäre, dass siekeiner unterstützt und sie alleine dieArbeit bewältigen müssten. Auch unserBetriebsrat ist froh, wenn die Abteilun-gen entlastet werden. Er fragt von sichaus an, ob zusätzliche Leihkräfte aufbestimmten Stationen mit Engpässen ein-gesetzt werden können – zur Entlastungder Mitarbeiter und damit sie gute Arbeitleisten können.

Wie sind Ihre Erfahrungen mit Perso-naldienstleistern?Wir haben feste Ansprechpartner bei denFirmen und die Zusammenarbeit funktio-niert hervorragend. Wenn möglich, setzendie Arbeitnehmerüberlassungen immerdie gleichen Mitarbeiter ein, die alle exami-nierte Kräfte sind und nach unserer Erfah-rung auch wirklich gut arbeiten. Wir sindfroh, dass wir die Zeitkräfte haben. DerMarkt wird immer enger, das spüren auchdie Personaldienstleister. Und weil die Res-sourcen immer knapper werden, und esfür uns auch ein Kostenfaktor ist, am Marktzu akquirieren, sind wir sehr zufriedenmit der Möglichkeit, über die Zeitarbeits-unternehmen auch neues Personal zugewinnen.

Ärzte bieten sich schon als Honorar-kräfte an. Wie lange wird es dauern, bisauch Pflegekräfte als Honorarkräfteauftreten? Das gibt es jetzt schon! Auf dem Marktsind Agenturen, die Pflegekräfte vermit-teln, die auf Honorarbasis arbeiten. Bisdato haben wir das nicht genutzt, und fin-den diese Konstellation auch sehr schwie-rig, weil das Gehaltsgefüge in der Klinikdamit durcheinander gerät. Unser Ziel istes, qualifizierte Kräfte zu finden und festeinzustellen.

Das Interview führte Christiane Siemann.

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HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE Zeitarbeit

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In den Einrichtungen spielt oft die sehrdünne Personaldecke eine entscheidendeRolle für den Einsatz von Zeitkräften. Dennschon einzelne krankheitsbedingte Aus-fälle bringen die Personalplaner regelmäßigin Bedrängnis. Häufig bleibe ihnen nur,auf Beschäftigte anderer Stationen zurück-zugreifen, und wenn das nicht möglich ist,der Einsatz von Zeitarbeitnehmern.

Die Motive der Auftraggeber

In einigen Einrichtungen gehe der Bedarfallerdings über solche kurzfristigen Not-fallmaßnahmen hinaus, so die Böckler-Stif-tung. Manchmal würden Leiharbeitnehmereingesetzt, damit dasStammpersonal über-haupt dazu komme,Urlaub zu nehmen oderÜberstunden abzubau-en. Als weiteres Motivfür den Einsatz vonZeitarbeitskräfte nenntdie Studie den FaktorKostenersparnis. Auf-wändige Personalsuchemit Stellenanzeigenund Bewerbungsge-sprächen entfalle inden Kliniken durch dieZusammenarbeit mitZeitarbeitsfirmen. Wersich bewähre, könnespäter immer noch festeingestellt werden.

ie deutschen Krankenhäuser habenzwischen 1996 und 2006 rund 46 000

Pflege-Vollzeitstellen gestrichen – obwohlder Arbeitsaufwand pro Patient gestiegenund die Patientenzahl etwa gleich gebliebenist. Dabei dürfte der Bedarf an qualifizier-ten Pflegekräften in Zukunft erheblich stei-gen, Wissenschaftler erwarten einenBeschäftigungsgewinn von bis zu einer Mil-lion Arbeitsplätzen im Pflegebereich bis2025. Die IAT-Forscher werteten für ihreStudie die Stellenanzeigen großer Perso-naldienstleister aus und führten Exper-teninterviews mit Vertretern von Pflege-einrichtungen, Zeitarbeitsfirmen, mitPersonalräten und Beschäftigten.

Qualifizierte Kräfte gesucht

Derzeit arbeiten von den rund 19 000 Zeit-arbeitnehmern in Gesundheitsberufen eingroßer Teil in der Pflege. Die absolute Zahlder Zeitarbeitskräfte im Gesundheitswesensei gemessen an den rund 1,3 MillionenPflegekräften und den insgesamt 600 000Arbeitnehmern in der Überlassung aller-dings relativ niedrig. Während Industrieund andere Dienstleistungsbranchen oft aufZeitarbeitnehmer ohne spezielle Qualifika-tion zurückgreifen, spielt dagegen die qua-lifizierte Ausbildung im Pflegebereich einegroße Rolle, so die Studie. Die Auswertungder Stellenanzeigen ergibt, dass nur etwa13 Prozent der Ausschreibungen sich anPersonen mit Helfer-Qualifikation richten,die übrigen an Fachkräfte.

Krankenhäuser, Altenheime und mobile Pflegedienste beschäftigen

rund 19 000 Zeitarbeitnehmer. Damit hat sich ihre Zahl seit 2004 verfünffacht.

Die steigende Nachfrage sei auch ein Indikator für die wachsende

Personalknappheit im Pflegebereich, konstatiert eine Untersuchung der

Hans-Böckler-Stiftung und des Instituts Arbeit und Technik (IAT).

Bedarf an Zeitarbeitnehmern steigt

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Zeitarbeit HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE

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Pflege: Leiharbeit nimmt zu Info

Die Zahl der Leiharbeitskräfte stiegQu

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… im Gesundheitswesen1500

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Index 1996 = 100… in der Gesamtwirtschaft

Zwar sind die Löhne, die ZeitarbeitsfirmenKranken- oder Altenpflegerinnen zahlen,zumindest bei Berufsanfängern nichtwesentlich niedriger als reguläre Tariflöh-ne. Trotzdem sind Leiharbeitnehmer oftbilliger, weil sie nur für die tatsächlichgeleistete Arbeit bezahlt werden müssen,nicht aber bei Krankheit oder wenn gera-de kein Bedarf besteht. Zeitarbeit in der Pflege, fasst das IAT zusam-men, sei als Symptom einer unzureichen-den Ausstattung mit Planstellen für qualifi-zierte Fachkräfte zu betrachten. Hinzu kämendie fehlenden gesellschaftlichen Anstren-gungen zur Nachwuchssicherung. (cs)

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HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE Zeitarbeit

Der Handlungsdruck der Klinikpersonaler ist enorm. Sie müssen den Mangel verwalten

und gleichzeitig ein modernes Personalmanagement aufstellen. Professor Dr. Heike

Schinnenburg, Wirtschaftswissenschaftlerin an der Fachhochschule Osnabrück, mit dem

Schwerpunkt Personalmarketing, -recruiting und -entwicklung im Gesundheitsbereich,

plädiert für mehr Strategie in den HR-Prozessen.

„Notlösungen müssen durchStrategie ersetzt werden“

Personalwirtschaft: Sind Zeitarbeiterund Honorarkräfte im Krankenhausein Arbeitsmodell der Zukunft? Heike Schinnenburg: Beides sind proba-te Mittel, um eine Notsituation schnellabzufedern. Es sind flexible Instrumen-te, aber als Dauerlösung nur begrenztgeeignet. Qualifizierte Zeitarbeitnehmersind über längere Zeit teurer. Zwar wer-den augenscheinlich die Personalkostenreduziert, aber die Zeitarbeiter laufenüber Sachkonten und werden nur andersverbucht. Zudem brauchen Kliniken kei-ne atmende Personaldecke, denn andersals beispielweise in der Getränkeindus-trie unterliegen sie keiner typischenHochsaison. Bevor das Management zuZeitarbeit greift, wäre es zu empfehlen,bei fest angestellten Mitarbeitern fle-xiblere Arbeitszeiten zu ermöglichenund mit bereichsübergreifenden Perso-nalpools zu arbeiten.

Woran scheitern denn bislang flexible-re Arbeitszeitmodelle?Flexibilität wurde bislang von den Mit-arbeitern nie erwartet, deshalb ist auchJobrotation häufig unbeliebt. Die Mitar-beiter fühlen sich sehr eng mit ihrer Sta-tion verbunden. Es verwundert nicht,dass Beschäftigte, die 20 Jahre auf der

gleichen Station gearbeitet haben, sichscheuen, an anderer Stelle eingesetzt zuwerden. Letztlich berührt das Thema desPersonaleinsatzes – ob mit eigenen oderüberlassenen Kräften – eine grundsätz-liche Frage nach Arbeitsabläufen und -strukturen im Krankenhaus. Gerade dieumstrittenen konzerninternen Zeitar-beitsfirmen entstehen oft als Notlösungund Umgehungsstrategie, weil Arbeit-geber aus Tarifverträgen nicht heraus-kommen, aber unter hohem Kostendruckstehen. Auf Dauer sind sie unter Gesichts-punkten der Arbeitgeberattraktivität unddes Pflegepersonal- und Ärztemangelsaber sehr kritisch zu bewerten. Momen-tan rächt sich, dass sich in vielen Klini-ken über Jahre der Bereich Personal-management nicht weiterentwickelt hat.

Wie sieht die Rolle der Personalver-antwortlichen heutzutage aus?Klinikpersonaler sind bis vor kurzemnoch als Sachverwalter der Personalad-ministration und des Rechts verstanden

worden. Die Geschäftsführung hat daherüberwiegend Personaler eingestellt, dieauch lediglich Administration beherr-schen sollten. Die Macht im Kranken-haus lag an anderer Stelle und sollte daauch bleiben. Es wurde kein Geld in diePersonalentwicklung investiert, undwenig zur Verbesserung der Unterneh-menskultur getan. Bis heute fehlt nochin vielen Häusern die Wertschätzung fürPersonalarbeit und für Personal! Man-che Häuser haben bereits dazugelerntund verstanden, dass HR- Managementeine zentrale Rolle haben muss. Klinik-personalleiter haben derzeit einenextrem schwierigen Job. Angesichts desKostendrucks und der Lawine von Per-sonalproblemen können sie teilweise nurnoch unter Leidensdruck reagieren unddie Aufgaben nicht strategisch angehen.Deswegen werden Instrumente aus demIndustriebereich unreflektiert übernom-men. Wichtiger wäre, die Möglichkeitder Flexibilisierung intern zu verbes-sern, Personalentwicklung zu betreiben,

Professorin Dr. Heike Schinnenburg, Wirtschafts-wissenschaftlerin an der FH Osnabrück.

Bis heute fehlt in vielen Häusern die Wertschätzung für Personal undPersonaler.

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die richtigen Mitarbeiter zu fördern undzu binden sowie sich auch um dasBetriebsklima zu kümmern.

Welche Wege führen zu einer Profes-sionalisierung des Personalmanage-ments?Bevor das HR-Management regelmäßigZeitarbeiter einsetzt, müsste beispiel-weise geklärt werden, mit welchem Zieldies geschieht und für welche Bereichedies aufgrund standardisierter Prozes-se und geringer Risiken überhaupt sinn-voll ist. Dazu gehört auch, den eigenenMitarbeitern mitzuteilen, ob Zeitarbeit alsschnelles Rekrutierungsinstrumentgenutzt wird und eine spätere Übernah-me erfolgen soll. Aber zuvor bedarf eseines anderen wichtigen Schrittes: DieProzesse eines Hauses, sowohl im HR-Bereich als auch in den Arbeitsabläufen,müssen einer Prüfung unterzogen wer-den. Viele Prozesse lassen sich erheb-lich effizienter organisieren, sodass Dop-peluntersuchungen vermieden werdenund auch Ärzte von administrativenTätigkeiten entlastet werden. Hier lie-gen enorme Reserven, die, wenn sie aufgedeckt werden, erheblich Personal-kosten reduzieren und die Mitarbeiter-zufriedenheit erhöhen. StrukturierteArbeitsabläufe und gezielter Mitarbei-tereinsatz sind ein Schlüssel zur Effizi-enz. Noch liegt der Fokus nicht auf denProzessen. Man schaut auf die Kosten,aber wenn die Prozesse nicht professio-nalisiert sind, sägt man mit einem stump-fen Sägeblatt und ist verzweifelt, dasskeine guten Ergebnisse zu erzielen sind.

Derzeit müssen Kliniken oftmals bei-de Problemfelder bearbeiten: Einer-seits die Prozesse aufrollen, anderer-seits die Personalprobleme lösen. Inder Öffentlichkeit ruft das Honorar-arzt-Modell große Empörung hervor.Zu Recht? Die Emotionalität sollte aus der Diskus-sion herausgenommen werden. Ein Teilder Honorarärzte hat die Festanstellungverlassen, da ihnen die Arbeitsbedingun-

gen nicht gefallen und der Arbeitsmarktihnen attraktive Alternativen bietet. Ver-glichen mit mittelständischen Unterneh-men anderer Branchen haben Kranken-häuser in der Breite noch erheblichenNachholbedarf im Bereich Mitarbeiter-bindung. Honorarmodelle sowie auch dieZeitarbeit sind aus meiner Sicht nichtproblematisch, wenn es Chancen für alleBeteiligten eröffnet, beispielweise fle-xible Arbeitsmöglichkeiten oder den Wie-dereinstieg in den Beruf ermöglicht. Doches sollte nicht ignoriert werden, dass eineKlinik eine Kernbelegschaft braucht, diesich dem Haus emotional verbundenfühlt. Das gelingt noch nicht. Das Kon-strukt Zeitarbeit als Dauerlösung zu nut-zen, ist für qualifizierte Mitarbeiter wederökonomisch sinnvoll noch förderlich fürden Betriebsablauf.

Ist das nicht eine antiquierte Auf-fassung? Die Art, wie wir arbeiten,hat sich in den letzten Jahrzehnten gewandelt. Projektbezogene, flexibleArbeitseinsätze, ähnlich wie beiHonorarärzten, kommen doch auchden Bedürfnissen von Beschäftigtenentgegen.Natürlich kann diese Entwicklung nichtignoriert werden, sie vollzieht sich gleich-sam parallel. Ich würde Kliniken aberein geplanteres Vorgehen empfehlen. Esbedarf einer Diskussion, die in anderenLändern geführt wird. Zum Beispiel, obwir ein Consultantmodell wollen und obdas jetzige Chefarztsystem noch sinn-voll ist. Traditionell werden Chefärztenach Publikationen eingestellt – dieFührungskompetenzen werden kaumberücksichtigt, Das ändert sich jetzt nach und nach. Dennoch ist kritischanzumerken, ob nicht die „eierlegendeWollmilchsau“ gesucht wird: Eine medi-

zinische Koryphäe mit betriebswirt-schaftlichem Know-how (zum BeispielMBA) und Führungskompetenz. Der Ein-satz von Honorarärzten fördert das Nach-denken über diese Fragen. Wollen wirFachärzte, die wirklich nur Medizin aus-üben, oder wollen wir Menschen, dieauch eine Klinik prägen, führen und denGesamtprozess mitsteuern ? Projektbe-zogene Arbeit eignet sich gut, um vonExternen unterstützt zu werden. Nurbraucht es auch in der Zusammenarbeitzwischen Unternehmen und Freibe-ruflern/Beratern eine sehr professionel-le Organisation. Je professioneller dieOrganisation ist, desto besser gelingt die-se Abstimmung und das Miteinanderunterschiedlicher Beschäftigungsformen.

Wird die „Aufholjagd“ der Klinikper-sonaler gelingen?Die privat geführten Häuser sind in ihrerEntwicklung überwiegend deutlich wei-ter. In ihren Zentralen haben sie in derZwischenzeit auch Führungskräfte ausanderen Branchen rekrutiert, für die stra-tegische Personalentwicklung sowieFührungsinstrumente eine Selbstver-ständlichkeit darstellen. Ich sehe sehrviel Bewegung und eine Öffnung gegenü-ber Lösungen aus anderen Branchen stattder früheren Abkapselung. Das Engage-ment ist vorhanden. Gute Chancen bieten auch berufsgruppenübergreifen-de interne Personalentwicklungsmaß-nahmen, beispielweise gemeinsameFührungstrainings, um das Verständnisuntereinander zu fördern, oder auchexterne Qualifizierungen wie der MBAHealth, weil Führungskräfte aus Pflege,Verwaltung und Ärzte zusammen überLösungsansätze diskutieren und sich völ-lig anders erleben als im täglichen Dienst.

Das Interview führte Christiane Siemann.

Die Überprüfung der Prozesse würdeRessourcen aufdecken, die letztlichPersonalkosten reduzieren helfen.

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HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE Kompetenzmanagement

Führungskräftebeurteilungen haben kei-ne einheitliche Basis.

● Personalentwicklung wird ausschließlichdurch Einzelmaßnahmen oder aber nachdem „Gießkannen-Prinzip“ gelebt.

Eine strategische, aus den Unternehmens-zielen abgeleitete Personalentwicklung istso nicht möglich. Es bedarf eines neuenVerständnisses von Personalentwicklungin Unternehmen und einer gemeinsamenBasis des Handelns, bei der das Manage-ment von Anfang an eingebunden werdensollte. Ein systematisches Kompetenzma-nagement kann dieser Anforderung Rech-nung tragen.

Personalentwicklung mit System

Mit einem Kompetenzmanagementsystemerfolgt die inhaltliche Ausrichtung der Per-sonalarbeit basierend auf den Fähigkeiten derMitarbeiter. Zunächst werden gemeinsamdie erforderlichen Kompetenzen festgelegt,die die Mitarbeiter benötigen, um die unter-nehmenseigenen Strategien umzusetzen.Mit Hilfe des Kompetenzmodells könnenMitarbeiter selbst einschätzen, in welchemUmfang sie diese Anforderungen erfüllenoder nicht erfüllen. Durch das Feedback ihrerVorgesetzten sind die Mitarbeiter zu jedemZeitpunkt über ihre persönlichen Entwick-lungs-und Einsatzchancen informiert. Diedaraus resultierende Chance, Potenziale zuerkennen und frühzeitig planen zu können,

hilft den Mitarbeitern bei ihrer eigenen, akti-ven Karriereplanung. Verfolgt man einen integrierten Ansatz, istein Kompetenzmodell aber noch viel mehr,nämlich die Grundlage für viele HR-Instru-mente. Idealerweise kann die Mitarbeiter-gewinnung danach ausgerichtet werden.Zudem können sowohl die Einarbeitung alsauch die Auswahlentscheidung überprüftund auch die Personalplanung systema-tisch darauf aufgebaut werden. So verstan-den handelt es sich bei einem Kompetenz-managementsystem um ein integriertesFührungsmodell. Auch für die Personalent-wicklungsmaßnahmen bringt ein Kompe-tenzmanagement Vorteile. Sie könnenbereichs- und standortübergreifend fokus-siert und gesteuert werden. Die Beschäfti-gung mit Kompetenzen fördert außerdemdie Suche nach alternativen Entwicklungs-wegen im direkten Arbeitsumfeld unddämmt die Tendenz zu standardisiertenund wenig abgestimmten Seminarteilnah-men ein.

Viele Modelle – ein Ziel

Bekanntlich führen viele Wege nach Rom. Umdas geeignete Kompetenzmodell für Unter-nehmen zu entwickeln, sollten folgendePunkte beachtet werden:1. Die den Kompetenzen zugrunde liegen-

den Verhaltensweisen sollten klar beschrie-ben sein.

n personalintensiven Wirtschaftszwei-gen wie etwa dem Gesundheitswesen

ist qualifiziertes Personal einer der zen-tralen Schlüsselfaktoren zur Realisie-rung von strategischen Unternehmens-zielen. Dies gilt auch für die SanaKliniken AG. Durch kontinuierliches underfolgreiches Wachstum ist der Bedarfan Fach- und Führungskräften bei derSana spürbar gestiegen. Die Herausfor-derung für das Unternehmen bestehtnicht nur darin, die „richtigen Mitarbei-ter“ erfolgreich und effizient zu gewin-nen, sondern neue und vorhandene Mit-arbeiter am „richtigen“ Arbeitsplatzeinzusetzen, kompetent weiterzubildenund dauerhaft an das Unternehmen zubinden.

Nicht nach dem Gießkannen-Prinzip

In der Personalarbeit verfährt man häufignach folgenden unsystematischen Grundsät-zen: ● Die Auswahl von Mitarbeitern erfolgt

meist gegenwartsbezogen, das heißt aufBasis einer Stellenbeschreibung, die dieaktuelle Situation und den Bedarfbeschreibt.

● Es werden unterschiedliche Führungsphi-losophien von Führungskräften ange-wandt, je nach beruflichem Werdegang.

● Eingesetzte Personalentwicklungsinstru-mente wie Zielvereinbarungen oder

I

Qualifizierte Mitarbeiter finden, die zum Unternehmen passen und diese

langfristig an das eigene Unternehmen binden: Mit dieser Zielsetzung

entwickelt die Sana Kliniken AG ihr eigenes Kompetenzmodell.

Viele Kompetenzmodelle – ein Ziel

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weit und stellenbündelübergreifend gel-ten sollen. Bei verschiedenen Kompetenz-modellen werden neben weichen Fakto-ren auch die jeweiligen Anforderungenvon Fach- und Methodenkompetenz abge-bildet. Die Sana Kliniken verzichtetenbewusst darauf. Denn für die Förderungvon fachlichen Kompetenzen wird bereitsüber andere Kanäle gesorgt und der Bedarfermittelt. Außerdem können die Anforde-rungen hier selbst innerhalb eines Stel-lenbündels so unterschiedlich sein, dassentweder die Komplexität erhöht oder aberdie Abbildung darunter leiden würde. Der hier gewählte Ansatz bietet also für die Sana Kliniken die Möglichkeit, eineBalance zu schaffen zwischen unterneh-mensweit einheitlicher Abbildung undKomplexitätsreduzierung einerseits underforderlicher Differenzierungsmöglich-keit, je nach Stellenbündel und tätigkeits-spezifischen Anforderungen, andererseits.Zug um Zug etabliert sich damit ein ein-heitlicher Sprachgebrauch zu Kompeten-zen über die Organisationseinheiten hin-weg. Dezentrale „Insellösungen“ werdenüberwunden und führen zu einer einheit-lichen, standardisierten Beschreibung vonAnforderungen.

Lebendes Modell

In einem ersten Pilotprojekt führt die SanaKliniken AG derzeit das Kompetenzmodellim Führungskräftebereich ein. Die gefun-denen Sollausprägungen einzelner Stel-lenbündel werden im Anschluss auf ihreKompatibilität mit den Bedürfnissen vonSana hin evaluiert und angepasst. DasFeedback der Mitarbeiter wird hier einewichtige Rolle spielen. Auf dieser Basisund unter regelmäßigem Abgleich mit derUnternehmensstrategie und dem Leitbildwird das Modell anschließend und auchin Zukunft angepasst und stetig weiter-entwickelt werden.

2. Das Modell sollte langfristige Geltungerlangen, aber trotzdem regelmäßigüberprüft werden.

3. Die Inhalte des Modells sollten unab-hängig von Fachrichtungen anwendbarsein.

4. Die Unternehmensstrategie sowie even-tuell vorhandene Leitbilder solltenbereits bei der Entwicklung berücksich-tigt werden.

Für Kompetenzmodelle gibt es verschiede-ne Ansätze und unterschiedliche Ausprä-gungen. So werden werte-, forschungs- undstrategieorientierte Ansätze diskutiert. Jenach Zielsetzung des Kompetenzmanage-ments unterscheidet man diverse Modelle.Diese können unabhängig von Funktion undTätigkeit eines Mitarbeiters (generellerAnsatz) oder aber an dessen Rolle im Unter-nehmen ausgerichtet sein (zielgruppenspe-zifischer Ansatz). Die drei gängigen Model-le – das generelle Kompetenzmodell, das„Single-Job-Modell“ und das „Multiple-Job-Modell“ unterscheiden sich vor allen Din-gen in Bezug auf die Differenzierungsmög-lichkeit der Rollen. So sind – im generellenKompetenzmodell die für die Unternehmens-entwicklung erforderlichen Verhaltenswei-sen für alle Mitarbeiter abgebildet. Die Dif-ferenzierung nach Rollen oder gar nachtätigkeitsspezifischen Anforderungen isthier jedoch nicht möglich. Im sogenannten „Single-Job-Modell“ wirdjede einzelne Tätigkeit isoliert betrachtetund so die erforderlichen Kompetenzengut und präzise abgebildet. Allerdings istdie Vergleichbarkeit über verschiedeneRollen hinweg nicht möglich und der Pfle-geaufwand des Modells erheblich größer.Gerade letzteres kann die Akzeptanz – davon Führungskräften als zu große Bela-stung empfunden – und somit auch dieEtablierung im Unternehmen behindern.Dazwischen steht das sogenannte „Multi-ple-Job-Modell“. Neben unternehmensweitgültigen Verhaltensweisen fließen hierzielgruppenspezifische Anforderungenmit ein. Es werden also ausgewählte Kom-petenzen für einen bestimmten Kreisbeschrieben. Außerdem finden sich dieunterschiedlichen Mitarbeitergruppen eher

wieder, was zur Akzeptanz im Unterneh-men beiträgt.

Einführung eines Kompetenzmodellsam Beispiel der Sana Kliniken AG

Die Sana Kliniken AG entschied sich zurEinführung eines Kompetenzmodells aufBasis des „Multiple-Job-Ansatzes“. Um einestabile Einführung zu gewährleisten, ent-schied man sich zu einer Einführung imSinne eines „Wasserfallsystems“. Das heißt,als erstes wird das Modell für einen defi-nierten Kreis an Führungskräften zurAnwendung kommen und dann systema-tisch auf weitere Mitarbeitergruppen aus-geweitet werden.Inhaltlich wurden die Kompetenzen für dieRolle „Führungskraft“ erarbeitet. Es wur-den also Verhaltensweisen, die einheitlichfür alle Führungskräfte des UnternehmensMaßstab sein sollen, definiert. Diese wur-den wiederum nach sogenannten Stellen-bündeln wie „Geschäftsführer“, „Bereichs-leiter“ oder auch „Chefarzt“ gegliedert.Unter Berücksichtigung des jeweiligen Bei-trags eines Stellenbündels im Unterneh-men und in Übereinstimmung mit denUnternehmenswerten der Sana, wurdendie unterschiedlichen Kompetenzen imAnschluss festgelegt.Den Diskussionen lagen beispielhaft fol-gende Leitfragen zugrunde: ● Welche Kompetenzen sind heute bei den

Führungskräften verschiedener Bereicheund Funktionen erforderlich?

● Welche Kompetenzen sind zukünftigzum Erreichen der Unternehmenszielenötig?

● In welchem Verhalten zeigt sich die gefor-derte Kompetenz?

● In welchen Ausprägungen ist die Kom-petenz erforderlich?

Im Ergebnis umfasst das Sana Kompetenz-modell insgesamt vier Kompetenzfelder.Diese unterteilen sich wiederum in 13Kompetenzbereiche. Die einzelnen Kom-petenzen sind definiert und in ihrer Aus-prägung je nach Stellenbündel skaliert.Festgelegt wurden darin überfachliche,häufig auch als „weiche“ Faktoren bezeich-nete Verhaltensweisen, die unternehmens-

Autor

Michael Rabus,Personalleiter und stellvertreten-der Bereichsleiter Personal undTarifwesen, Sana Kliniken AG,[email protected]

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HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE Personalentwicklung

gehen und eigene Entscheidungen konse-quent vertreten. Die Erfahrung zeigt aber,dass dies Kompetenzen sind, die vielePflegekräfte nie gelernt haben, bezie-hungsweise mehrheitlich als „fremd“ emp-finden. Wer sich als Pflegekraft „beru-fen“ fühlt, möchte für andere „sorgen“,ist teamorientiert und damit den Men-schen zugewandt. Mit dieser Persönlich-keitsstruktur geraten Pflegemitarbeiterin innere und äußere Konflikte, wenn sieals Führungskraft plötzlich unangeneh-me Entscheidungen treffen und im TeamKonflikte lösen sollen. Deshalb vermit-teln die Trainings für Führungskräfte derSchön Klinik nicht nur Handwerkszeugwie Gesprächstechniken. Vielmehr ladensie zur Reflexion über die Anforderun-

gen an eine Führungskraft ein. Dabei wirdbewusst die Ambivalenz thematisiert, diezahlreiche Pflegekräfte im Rahmen ihrerFührungsrolle erleben. Indem die Fort-bildungsmodule dieses „Unbehagen“gezielt ansprechen, ermöglichen sie eineAuseinandersetzung damit und zeigenauch Lösungen auf. Ausgangspunkt istdie eigene Persönlichkeitsstruktur.Anhand von Persönlichkeitsprofilen lernen Führungskräfte ihre Präferenzenkennen. Wer sich ungern dem Wettbe-werb stellt und eigene Vorstellungendurchsetzt, erfährt im Rahmen der Refle-xion, dass dies keine „fremden“ oder negativ besetzten Eigenschaften sein müs-sen. Vielmehr unterstützen Entschei-dungsstärke und Durchsetzungsvermö-

m Anfang stand die Erkenntnis: DasKrankenhauswesen bereitet die Pfle-

ge und damit jene Mitarbeitergruppe, diefür die größten Teams verantwortlich ist,auf ihre Aufgaben nur unzureichend vor.Deshalb wenden sich drei Fortbildungs-programme an junge Nachwuchskräftemit Potenzial (MOVE), adressieren dieBedürfnisse von Stationsleitungen (KER)und bereiten Pflegedienstleitungen aufdie Managementaufgaben in der Klinik-leitung vor (TOP-PDL). Wo entstehen innerhalb der Pflege diegrößten Herausforderungen für Führungs-kräfte? Wer große, heterogene Teams auserfahrenen und jungen Kräften führt, soll-te kommunikations- und entscheidungs-stark sein, Konflikten nicht aus dem Weg

A

Pflegekraft Anna S. ist 27 Jahre alt. Seit einem halben Jahr leitet sie ein Team von 30 teilweise deutlich älteren

Pflegekräften. Auf ihre Aufgaben als Stationsleitung wurde sie fachlich vorbereitet – jetzt treten aber Konflikte

im Team auf. Frau S. engagiert sich stark, aber ohne sichtbare Erfolge und fühlt sich zunehmend ausgebrannt.

Für Pflege-Führungskräfte wie sie hat die Klinikgruppe Schön Klinik seit 2008 eigene Fortbildungsmodule

entwickelt, die Führungskompetenzen aufbauen und stärken sollen.

Führungskompetenz in der Pflege stärken

Die Klinikgruppe Schön Klinik ist auf Neurologie, Orthopädie und Psychosomatik spezialisiert. Im Bild: Die Schön Klinik Bad Eibling.

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Klinikleitungen und einem Mitglied derGeschäftsführung präsentieren.

Pflege-Führungsakademiedokumentiert erste Erfolge

Die ersten Ergebnisse dieser internen„Pflege-Führungsakademie“ sind positiv.Die Teilnehmer – in der Mehrzahl sindes Frauen – berichten von einem Zuwachsan Selbstvertrauen. Situationen, die vor-her als belastend erlebt wurden, wie dasGespräch mit „schwierigen Angehörigen“,können dank MOVE aktiver vorbereitetund reflektierter durchgeführt werden.Dies beugt einem Phänomen vor, das inder Pflege zunehmend beobachtet wird:Das frühe „Ausbrennen“ gerade von jun-gen Führungskräften, die sich mit ihrerSituation überfordert fühlen. Einige Teilnehmerinnen des ersten Programm-Jahrgangs rückten bereits in mittlereFührungspositionen nach und füllen ihre Rolle dort erfolgreich aus. Der Kom-petenzzuwachs auf der Nachwuchsebe-ne stieß in der Klinikgruppe zudem eineweitere Entwicklung an. Personalabtei-lung, Klinik- und Pflegedienstleitungenentschieden sich, auch Angebote für diehöheren Führungsebenen in der Pflege zuentwickeln. Entsprechend bilden sich Sta-tions- und Pflegedienstleitungen in eige-nen Programmmodulen weiter.Wie erfolgreich ist das Programm? Fürerste Analysen ist es noch zu früh. So las-sen sich die Erfolge des Programmszunächst nur anhand individueller Rück-meldungen analysieren. „Dank MOVEhabe ich mich persönlich weiterent-wickelt“, berichtet eine Nachwuchskraft,„an Selbstbewusstsein gewonnen undkann mir vorstellen, eine Stationsleitungzu übernehmen.“ Die Reflexion über daseigene Führungsverständnis erleben dieTeilnehmer dabei als Unterstützung. Sozieht eine Teilnehmerin folgendes Fazit:„Schwächen wurden konkret benannt,um daran zu arbeiten. Das Programmmacht eigene Grenzen deutlich, hilft aberauch, diese zu durchbrechen.“

Natalie Schult, Personalreferentin Schön Klinik.

gen dabei, die „professionelle Rolle“ alsLeitung und damit der Führungsaufgabegerecht zu werden.

Veränderter Berufsalltag stellt neueAnforderungen an Führungskräfte

Mit diesem Fortbildungsansatz reagiertdie Schön Klinik auf einen verändertenBerufsalltag. Im Gesundheitswesen erwar-tet man von Führungskräften nicht mehrnur Fach-, sondern auch Führungs- undManagementkompetenzen. Patienten,aber auch Mitarbeiter, stellen andere undhöhere Ansprüche an eine Führungskraftals früher. Patienten wollen stärkerumsorgt werden und verstehen eine Kli-nik als Dienstleister. Bisher war die Pfle-ge stark hierarchisch organisiert. JungePflegekräfte bringen ein verändertesBerufs- und Professionalitätsverständnismit und stellen ihre Vorgesetzten damitvor neue Herausforderungen. Auf dieseAnforderungen will die Klinikgruppe ihreFührungskräfte vorbereiten. Selbstver-ständlich bietet die Klinikgruppe im Rah-men ihres Weiterbildungsangebots auchzahlreiche Fach-Fortbildungen an. Dochdieser Fachfokus wird gezielt um Per-spektiven erweitert, bei denen die Per-sönlichkeitsentwicklung im Mittelpunktsteht.

Fokus liegt auf Praxisbezug

Ein Beispiel aus der Nachwuchsförderungzeigt, wie einzelne Programmmodule eineReflexion des eigenen Handelns initiieren:Das Programm MOVE – Motivation, Ori-entierung, Verantwortung, Entwicklung –wendet sich an Nachwuchskräfte mitPotenzial, die mittelfristig eine Stations-leitung übernehmen werden. Aus Sichtder Mitarbeiter geht es darum, eigeneStärken, aber auch Lernfelder zu identi-fizieren, Sozial- und Methodenkompetenzauszubauen sowie sich mit anderen Poten-zialträgern auszutauschen. Die Klinik-gruppe versteht das Programm als Instru-ment der Mitarbeiterbindung, möchtedarüber Nachwuchskräfte identifizierenund langfristig auch die eigene Führungs-kultur verändern. Die Gruppengröße ist

bei MOVE auf maximal 15 Teilnehmerbeschränkt, um ein möglichst individuel-les Lernumfeld zu bieten. Die Teilnehmerarbeiten in sechs zweitägigen Workshops– verteilt über ein Jahr – mit Trainernund externen Referenten zusammen. Dielange Zeitspanne bietet Raum für persön-liche Weiterentwicklung im Rahmen vonaufeinander aufbauenden Modulen. Zwi-schen den Workshops ist genügend Zeit,um das Gelernte immer wieder im Arbeits-alltag anzuwenden. Im Programm wechseln sich die Vermitt-lung von Kompetenzen mit Praxiseinhei-ten ab, in denen die Teilnehmer beispiel-weise in einem Rollenspiel Gespräche mitAngehörigen üben können. Für einenzusätzlichen Praxisbezug sorgt die kol-legiale Fallarbeit. Die Pflegekräfte disku-tieren Alltagssituationen, unter anderemden Umgang mit schwierigen Mitarbei-tern; sie entwickeln gemeinsam Lösun-gen, die zunächst im Rollenspiel und dannin der Praxis umgesetzt werden. Beimnächsten Treffen berichtet die Pflegekraft,ob der Lösungsansatz erfolgreich war undwie sie selbst die Situation erlebt hat. Eine wichtige Rolle kommt den „Lernpart-nerschaften“ zu. Die Teilnehmer arbeitenüber das Programm hinweg in Zweier-gruppen zusammen. Dabei kann Teilneh-merin A von den Stärken von Teilnehme-rin B lernen – und umgekehrt. Dadurchbilden sich Gegenpole, die voneinanderprofitieren und sich möglicherweise auchüber das Programmende hinaus unter-stützen. Über zwölf Monate hinweg arbeiten dieTeilnehmer zudem an einem gemeinsa-men Projekt, das eine klinikübergreifen-de Fragestellung aufgreift, analysiert unddazu Lösungsvorschläge entwickelt. DasArbeitsthema wird von den Teilnehmernin Absprache mit der Personalabteilungselbst gewählt. Die Gruppenarbeit ist hier-bei das ideale Übungsfeld, um Projektar-beit zu erlernen, aber auch sich in neu-en Rollen auszuprobieren und zu erleben.Wertschätzung für ihren Einsatz erfah-ren die Pflegekräfte zum Abschluss, wennsie ihre Ergebnisse vor Führungskräften,

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Stadtklinik Frankenthal. Hier hat mansich schon früh Gedanken gemacht, wiedas Personal am effektivsten eingesetztund eingeplant werden kann. Die Kärt-chen für die Plantafel wurden schon vorJahren durch ein elektronisches Systemzur Personaleinsatzplanung ersetzt. Hier entschied man sich für das Zeitwirt-schaftssystem PER-RES (Personal-Res-sourcen-Management-System) von MGMGesellschaft für Organisationsberatung,Information und Datenverarbeitung imGesundheitswesen mbH aus Grünstadt,einem Spezialisten nicht nur für IT undMedizintechnik, sondern auch für das Per-sonalmanagement im Krankenhausbe-reich. Das System verwaltet die Mitarbei-terdaten, erstellt die Dienstpläne, machtdie Urlaubsberechnung und stellt demAbrechnungsprogramm alle lohnrelevan-ten Daten zur Verfügung. Selbstverständ-lich werden dabei alle tarifrechtlichen

Bestimmungen abgebildet. „Wir brauchenheute sehr viel Flexibilität und großeTransparenz, das geht nur mit elektroni-scher Unterstützung“, erklärt Margit Ste-cher-Reiner, Personalleiterin und stellver-tretende kaufmännische Direktorin derKlinik. Wurden die Arbeitszeiten zunächstteilweise an PCs und einer alten Stechuhrerfasst, entschied man sich vor rund zweiJahren, moderne Zeiterfassungsterminalsvon Kaba zu installieren. Seitdem buchenalle Mitarbeiter, die variable Arbeitszeitenhaben, mit ihrem LEGIC-Schlüsselanhän-ger. Sie können nicht nur ihre Arbeitszei-ten an Kaba Terminals erfassen, sonderndort auch ihre Zeit- und Urlaubskonto-stände abfragen. Als Test wurde zunächstein Terminal vor der neuen, umgebautenApotheke (heutiges Service-Center Phar-ma/Medical) in Betrieb genommen. Hierdiente das Terminal gleichzeitig auch zurOnline-Zutrittskontrolle, da Vorschriften

ie Stadtklinik Frankenthal mit ihren315 Betten ist das zentrale Kranken-

haus für Frankenthal und Umgebung. Die Klinik mit ihren fünf Abteilungen (Inne-re Medizin, Chirurgie, Gynäkologie/ Geburtshilfe, Anästhesiologie/Intensivme-dizin und Psychiatrie) versorgt die Bevöl-kerung der Region mit rund 630 Mitarbei-tern. Von der Ambulanten Koloskopie,Akupunktur über Schlafapnoe-Screeningbis hin zur Vakuumtherapie hat das Kran-kenhaus neben den Regelleistungen eineReihe von besonderen Leistungen anzubie-ten. Die drei neuen Chefärzte wollen zudemdas Behandlungsangebot zukünftig stetigerweitern. Zur Gesundheitsprävention fin-den immer wieder interaktive Veranstal-tungen und Vorträge in der Cafeteria statt. Angesichts des Kostendrucks im Klinik-bereich müssen die vorhandenen Ressour-cen und Kapazitäten optimal eingesetztwerden. Das gilt natürlich auch für die

Angesichts des Kostendrucks im Klinikbereich müssen die vorhandenen Ressourcen und Kapazitäten

auch in der Stadtklinik Frankenthal optimal eingesetzt werden. Dort hat man sich früh Gedanken

gemacht, wie das Personal eingesetzt und eingeplant werden kann. Die Kärtchen für die Plantafel

wurden deshalb durch ein elektronisches System zur Personaleinsatzplanung ersetzt.

Stechuhr und Plantafel gehören derVergangenheit an

D

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HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE HR-Software

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zur Überwachung eingehalten werdenmüssen. „Unsere Erfahrung mit der Zeit-erfassung und der Zutrittskontrolle dortwar sehr positiv, sodass wir das Systemschrittweise ausbauten“, betont MargitStecher-Reiner. So wurden am Hauptein-gang und im ersten Stock weitere Zeiter-fassungsterminals installiert. Als näch-stes kam ein hochsensibler Bereich an dieReihe: Das Säuglingszimmer. Um derGefahr einer Babyentführung wirksam zubegegnen, wurde die Türe zum Neugebo-renen-Zimmer mit einem Online-ZK-Leserabgesichert. Das Zimmer kann also nurjemand betreten, der die entsprechendeBerechtigung auf seinem Legic-Chip hat.

Zutrittssicherung mit CardLink

Größere Umbaumaßnahmen erlaubtendann die Umsetzung eines durchgängi-gen Sicherheitskonzepts für Zutritte zuRäumen und Bereichen. Mit der neuen,

vergrößerten Patientenaufnahme solltendie Funktionsräume (Labore, Räume mitDiagnostikgeräten) so abgesichert wer-den, dass keine Unbefugten sie betretenkönnen. Angesichts des knappen Bud-gets musste dabei auch auf die Kostengeachtet werden. Komfortabel, sicher undwirtschaftlich sollte das gesuchte Systemsein. Der Softwarepartner mgm empfahlmit CardLink von Kaba eine mechatroni-sche Lösung, um damit die bisherigeSchlüssellösung abzulösen. Der Clou dabei: Die Türen müssen nichtaufwendig verkabelt werden, sondernwerden mit Digitalzylindern ausgerüstet.Die Zutrittsberechtigungen zu jeder Türsind auf den Mitarbeiterchips gespeichert.Die Verwaltung der Berechtigungen über-nimmt das CardLink-Modul von PER-RES.Über PER-RES integriert sich die mecha-tronische Zutrittskontrolle nahtlos in dasbereits vorhandene Online-System der

Zeitwirtschaft und Zutrittskontrolle. Die-ses Konzept überzeugte die StadtklinikFrankenthal. „Wir benötigten keine neueSoftware, sondern lediglich eine Erwei-terung“, freut sich die PersonalleiterinMargit Stecher-Reiner. „Mit diesem inte-grierten System sparen wir Zeit, da dieDaten nur einmal zentral gepflegt wer-den müssen, und sind immer aktuell. Wirkönnen Sicherheit gewährleisten undhaben jetzt von der Dienstplanung überdie Zeiterfassung bis hin zur Abrechnungeinen automatisierten Prozess.“

Blick in die Bereiche des Hauses: Allgemeinstationen der Fachrichtungen Innere Medizin, Chirurgie, Gynäkologie, HNO, Psychiatrie, Intensivabtei-lung, in die OP– und Anästhesieabteilung und die Abteilung für Geburtshilfe.

Autorin

Petra Eisenbeis-Trinkle,Presse- und Öffentlichkeits-arbeit, Kaba GmbH,[email protected]

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Umsetzung der Unternehmensziele und fürdie künftige Marktstellung gesehen.Doch die meisten Krankenhäuser betreibendas Personalkostenmanagement nach wie vormit Excel, was bei größeren Einrichtungenrasch an seine Grenzen stößt. VerschiedeneExcel-Tabellen anstelle eines zentralen Systemsmit einheitlicher Datenbasis sorgen für zahl-reiche Fehlerquellen und erhebliche Ungenau-igkeiten in den Planungen. Ist- und Planko-sten sollten daher an weiterführendeSoftwarelösungen übergeben werden. Dieseermöglichen dann maximale Transparenz beiden Ausgaben für Mitarbeiter.

HR-Software dient als Frühwarnsystem

Hinzu kommt, dass der Software-Einsatz einetagesaktuelle Hochrechnung der Personalko-sten erlaubt. So ergeben sich neue Möglich-keiten für die Planung und Kontrolle der Wirt-schaftlichkeit von Krankenhäusern. DasProblem der Planung realer Personalkostenfür zukünftige Perioden lässt sich über soft-waregesteuerte „Wenn-dann-Szenarien“ beikostenwirksamen Maßnahmen erheblich ver-bessern, zum Beispiel bei Veränderungen derZahl der Mitarbeiter oder Tariferhöhungen imöffentlichen Dienst sowie durch Kostensimu-lationen bei der Planung neuer Stellen. Derentscheidende Vorteil solcher Simulationen

liegt in der Frühwarnung des Krankenhausm-anagements hinsichtlich personalwirtschaft-licher Kennzahlen. Wer Trends zum Beispielbei den Ausfallzeiten, Fluktuationen, Leistungs-mengen und Überstunden frühzeitig erkennt,kann rechtzeitig gegensteuern und so dieKosten unter Kontrolle halten. „Wenn-dann-Szenarien“ ermöglichen auch, verschiedeneTariferhöhungen mit aktuellen Bestandszah-len durchzuspielen und helfen damit dem Per-sonalplaner, bereits im Vorfeld eine Strategiezur Budgeteinhaltung zu entwickeln.

Zukunftssimulationen per Mausklick

Doch bevor es soweit ist, müssen aussagekräf-tige Personalkennzahlen korrekt ermittelt undanalysiert werden. Vorteile bieten hierfür vorallem integrierte Personalsysteme, in denen einPersonalkosten-Planungsmodul mit der Per-sonalabrechnung und Stammdatenverwaltungauf einer Datenbasis arbeiten. Das Modul greiftsich dann automatisiert tagesaktuelle Abrech-nungs- und Stammdaten zum Durchspielender unterschiedlichen Szenarien aus dem über-geordneten HR-System heraus und kann die-se mit den hinterlegten Plandaten kombinie-ren. Ampel- und Cockpitfunktionalitätenvisualisieren darüber hinaus ohne Zeitverzö-gerung sowohl den aktuellen als auch einensimulierten Status. Die Justierung einzelner

ie zunehmende Privatisierung von Klini-ken verschärft den Wettbewerb zwischen

den Krankenhäusern, der demographischeWandel beschert den Institutionen eine ver-hältnismäßig hohe Zahl an älteren Patientenund die Personalkosten steigen jährlich an. Soveranschlagt das Statistische Bundesamt fürdie Krankenhäuser 2008 insgesamt Kostenvon über 71 Milliarden Euro. Gut 43 Milliar-den Euro entfallen auf die Personalkosten. Da gerade im Gesundheitssektor die Mitarbeiter der Personalabteilung mit extremkomplexen und teilweise sehr unterschiedli-chen Kostenstrukturen und Finanzierungsfor-men konfrontiert sind, ist der Software-Ein-satz bei der Personalabrechnung mittlerweileStandard. Die unterschiedlichsten Gehaltsmo-delle mit einer extremen Bandbreite und Varia-bilität von Zuschlägen beispielsweise für Über-stunden und Bereitschaften, knapp 30Berufsgruppen mit verschiedensten Entloh-nungsmodellen sowie eine Vielzahl gesetzli-cher Regeln und Vorgaben stellen die beson-deren Herausforderungen der HR-Abteilungdar. Thema Nummer Eins im Gesundheitswesenist der Kostendruck. Da die Personalkostenden größten Teil der Gesamtausgaben darstel-len, werden Personalkostenplanung und -con-trolling als strategischer Erfolgsfaktor für die

Auch wenn Ärzte und Pflegepersonal einen humanitären

Beruf ausüben, funktioniert das Krankenhaus-Management

nicht karitativ. Kliniken müssen täglich effizient arbeiten und

mit ihren Ressourcen wirtschaften, um erfolgreich zu sein.

Um die Wirtschaftlichkeit der Institution tagesaktuell zu

kontrollieren und mit verlässlichen Personalkennzahlen

langfristig zu planen, ist eine HR-Software unverzichtbar.

Wenn Kliniken kränkeln, ist IT die richtige Medizin

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HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE HR-Software

D

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Parameter erlaubt dabei das Durchspielenunzähliger Szenarien per Mausklick.

Nachholbedarf beim Talentmanage-ment im Gesundheitswesen

Öffentliche und private Kliniken sowie soziale Einrichtungen nutzen häufig die klas-sischen Werkzeuge Personalabrechnung, Personalkostenplanung sowie Ressourcen-management zur Mitarbeiterentwicklung und-verwaltung. Indem aktuelle Personalkenn-zahlen vorliegen, verhilft die Software bei-spielsweise zu einer optimalen Dienstplange-staltung und setzt so die Mitarbeiter effektivund effizient ein.Neben einer professionellen Administrationund Personalabrechnung wird aber auch dasTalentmanagement im Gesundheitswesenimmer wichtiger. Dies beginnt beim profes-sionellen Bewerbermanagement mit einfa-chen Online-Bewerbermöglichkeiten überWeiterbildungsmanagement, Leistungsbeur-teilung und Nachfolgeplanung bis hin zueinem strategischen Personalkostencontrol-ling. Auch Maßnahmen für die Mitarbeiter, wieWeiterbildungen lassen sich aufgrund von

Special Gesundheitsbranche | 2010 www.personalwirtschaft.de 39

strategischer Mitarbeiterbeurteilung und Ziel-vereinbarung fundiert und besser planen,wenn dadurch ein konkretes Qualifikationsde-fizit und damit Weiterbildungsbedarf ermit-telt wird.

Einheitliche Datenbasis ist Pflicht

Wer vor der Entscheidung steht, eine Personal-Software einzuführen, sollte auf Insellösun-gen in Verbindung mit Excel verzichten undstattdessen auf eine einheitliche Datenbasismit rollenorientierter Benutzerführung zurück-greifen können. Die Integration aller Person-althemen von der Personalabrechnung über dasTalentmanagement bis hin zum Personalcon-trolling vermindert den Verwaltungsaufwand.Redundante Daten gehören der Vergangen-heit an und Auswertungen können mit aktu-ellen Personalkennzahlen schnell und einfachüber alle Bereiche hinweg erstellt werden.Zudem sollte das Personalsystem an gängigeKrankenhausinformationssysteme angebun-den sein, sodass beispielsweise Personalinfor-mationen zuverlässig für die Dienstplangestal-tung oder Personaleinsatzplanung genutztwerden können.

Bei dezentralen Organisationsstrukturen miteiner Vielzahl von Beschäftigten kann diemonatliche Lohn- und Gehaltsabrechnungkomplex werden. So auch beim BayerischenRoten Kreuz (BRK), das aus der Landesge-schäftsstelle in München, den fünf Bezirks-verbänden sowie 73 Kreisverbänden und derenvielfältigen Einrichtungen besteht. Beim Soft-warewechsel bestand die Herausforderungdarin, die bestehenden drei Abrechnungs-systeme zusammenzuführen und somit eineeinheitliche Datenbasis zu schaffen. „Um dieKomplexität der monatlich rund 18 000 Abrech-nungen bei mehr als 250 Mandanten zu lösenund damit entsprechende Prozesse zu verein-fachen, haben wir uns für die Einführung der s+p Personalabrechnung entschieden. Die-ses System ermöglicht uns nicht nur die tag-genaue Abrechnung. Auch zahlreiche Auswer-tungen sind einfach zu generieren und stehenumgehend zur Verfügung“, begründet WalterBraeschke, Leiter Abteilung Personalverwal-tung der Landesgeschäftsstelle München desBRK, die Vorteile der HR-Software mit einheit-licher Datenbasis.

Zielvereinbarungen und erfolgsorientierte Vergütung

Was die wirtschaftliche Situation betrifft, sinktdie Stimmung im Gesundheitssektor. Das aktu-elle Krankenhaus-Barometer, eine regelmäßi-ge, repräsentative Erhebung des DeutschenKrankhaus Instituts ergibt, dass 21 Prozentder befragten Krankenhäuser ihre wirtschaft-liche Lage als eher gut einschätzen. 34 Pro-zent sehen ihre Situation hingegen eher alsunbefriedigend. Um wettbewerbsfähig zu seinund zu bleiben, werden sich zahlreiche Klini-ken den Herausforderungen stellen, undArbeitszeitmodelle und Zeiterfassungssyste-me einführen. Zudem könnten zukünftig Ziel-vereinbarungen und erfolgsorientierte Vergü-tung als Mittel der Produktivitätssteigerungder Mitarbeiter herangezogen werden.

Autor

Matthias Schneider Vorstand der s+p Softwareund Consulting AG,[email protected]

Controlling der Personalkostenplanung Abbildung

Vergleich der Kostenentwicklung unterschiedlicher Planungsszenarien mits+p Personalkostenplanung.

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ihr System neu aufsetzen. Zahlreiche Hür-den sind dabei zu überwinden: DerUmgang mit Personaldaten ist höchst sen-sibel; Datenschutz, innerbetriebliche Mit-bestimmung und natürlich auch die wirt-schaftliche Eigenständigkeit der beidenWirtschaftsunternehmen stellen Anfor-derungen, die auch im privatwirtschaft-lichen Umfeld nicht leicht zu meisternsind. „IT-technisch lassen sich die Berech-tigungsprofile leicht trennen, sodassimmer sichergestellt ist, dass kein Unbe-rechtigter die Daten einsehen kann“, ver-sichert Dieter Moritz, IT-Direktor der Köl-ner Uniklinik. Sein Kollege Erich Pfeifer,IT-Direktor, Uniklinik Bonn: „Dieses Projekt setzt Maßstäbe hinsichtlich Pro-jektmanagement und gemeinsamen IT-Plattformen und ist wegweisend für diein Zukunft in einer engen IT-Kooperati-on zusammenarbeitenden Unikliniken“.Dass die Interessen der Beschäftigtenberücksichtigt werden, ist ebenfalls sicher-gestellt: „Wir haben die Sozialpartner vonBeginn an einbezogen und schon infor-miert, bevor das Projekt gestartet ist“, so

die Bonner Personalchefin Michaela Kla-ges. „Vertreter aller Personalräte warenund sind in den verschiedenen Arbeits-gruppen aktiv tätig.“

Gemeinsame Entgeltabrechnung

Mit der rechtlichen Verselbstständigungder 34 deutschen Unikliniken zu Beginndes Jahrtausends haben sich in Nord-rhein-Westfalen bereits zwei der sechsUnikliniken des Landes für den Eigen-betrieb der Gehaltsabrechnung entschie-den. In Köln und Bonn werden die Bezü-ge der Angestellten und Beamten nochdurch das Landesamt für Besoldung undVersorgung in Düsseldorf abgerechnet,das mit 900000 Zahlfällen größte Lohn-büro Deutschlands. Nun haben sich erst-mals zwei universitäre Maximalversor-ger zur Zusammenarbeit entschlossen,um im Interesse der Wirtschaftlichkeitund zur Qualitätssicherung Synergienzuheben. Ein Weg, der auch den Wün-schen der Landesregierung entspricht:Bereits zu Beginn der Legislaturperi-ode wurden die sechs Kliniken aufge-

ie Deutsche Forschungsgemeinschaftund das Ministerium für Innovation,

Wissenschaft Forschung und Technolo-gie zeigen sich begeistert: Das innovati-ve und insbesondere aus Eigeninitiativeheraus entstandene Kooperationsprojektwird mit 2,3 Millionen Euro gefördert.„Wir sind über die Fördergelder außeror-dentlich erfreut“, so die KaufmännischenDirektoren Günter Zwilling, Universitäts-klinik Köln und Dr. Hans Jürgen Hacken-berg, Universitätsklinik Bonn, überein-stimmend. „Wir können endlich auch inder Verwaltung zeitnah ein Großprojektdurchführen, welches ohne die positiveBegutachtung durch die DFG finanziellnur schwer zu realisieren gewesen wäre.“ Damit beide Universitätskliniken die Ent-geltabrechnung gemeinsam durchführenkönnen, müssen als Grundvoraussetzungein gemeinsames IT-System und harmo-nisierte Arbeitsprozesse betrieben wer-den. Dies bedeutet die komplette Neuein-führung des in Köln bereits betriebenenPersonalinformationssystems für denStandort Bonn. Die Uniklinik Köln muss

D

Die Universitätskliniken Köln und Bonn haben sich

entschlossen, im administrativen Bereich enger

zusammenzuarbeiten. Hierzu gehört neben einer

umfangreichen Zusammenarbeit der IT-Bereiche auch

der Aufbau einer gemeinsamen Entgeltabrechnung für

die insgesamt mehr als 12 000 Beschäftigten mit

dem Ziel, in den Personalbereichen beider Häuser

Arbeitsabläufe zu optimieren und Kostensenkungs-

potenziale zu heben.

Universitätsklinikennutzen Synergien

HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE Standortsicherung durch Kooperationen

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fordert, Kooperationsmöglichkeiten zuprüfen.Die gemeinsame Gehaltsabrechnung istder erste Schritt, aber die Vision der HR-Leitungen geht weit darüber hinaus: ZurBindung und Gewinnung der besten Mit-arbeiter wollen sie ihre Personalarbeitauch in anderen Bereichen professiona-lisieren. Konzepte für die Personalent-wicklung beispielweise für ärztliches Per-sonal und Pflegekräfte lassen sichgemeinsam viel besser entwerfen. Gleich-zeitig halbieren sich damit die Kosten fürexterne Beratung. Gemeinschaftliche Stel-lenausschreibungen wird es – mit Ausnah-me der im Rahmen des derzeit laufendenProjekts zu besetzenden Positionen –allerdings nicht geben.

Eigenständigkeit und Gemeinsamkeit

„Wir sind und bleiben eigenständig. Aberdas schließt beispielsweise eine Koope-ration bei den internen Arbeitsmärktennicht aus. Eine gemeinsame Jobbörsekann Überhangmitarbeitern und Lei-stungsträgern gleichermaßen eine Fort-entwicklung ermöglichen. Damit hat dieUniklinik Köln bereits erste gute Erfah-rungen gemacht.Für die Mitarbeiter ergeben sich über dasInsourcing der Gehaltsabrechnung zahl-reiche Qualitäts- und Servicesteigerungen:● Bessere Datenqualität, da die Personal-

sachbearbeiter durch die Datenpflegefür die Qualität der Abrechnung gegen-über dem Kunden verantwortlich zeich-nen,

● Ansprechpartner zur Gehaltsabrech-nung sind vor Ort und persönlichbekannt,

● Gehaltssimulation im Einzelfall fürFührungskräfte und Mitarbeiter „aufKnopfdruck“,

● nachvollziehbare auf die spezifischenBedürfnisse der Beschäftigten einesKrankenhauses abgestimmte Gehalts-abrechnung.

Für die Unternehmensleitung und die bud-getverantwortlichen Führungskräfte erge-ben sich zusätzlich folgende Vorteile:

● Budgetplanung auf Basis von Echtdaten,● Personalkostensimulation auf Basis

von Echtdaten bei Tariferhöhungen,Änderungen der Sozialversicherungs-beiträge,

● keine Zeitverzögerungen durch aufwen-dige und fehleranfällige Personalko-stenintegration.

Mindestens genauso bedeutsam ist denPersonalleitungen ein Sekundäreffekt,von dem sie sich Verbesserungen erhof-fen: Das Insourcing der Entgeltabrech-nung soll durch die notwendige Prozess-optimierung die Arbeitsabläufe in denPersonalbereichen verbessern und aufdiese Weise deren Dienstleistungsqua-lität steigern. Eine solche Steigerung wur-de durch die Mitarbeiter und Führungs-kräfte beider Häuser als notwendigangemahnt. Damit dient die Maßnahmeunmittelbar der Motivation der in Kran-kenversorgung, Forschung und Lehre täti-gen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.Gleichzeitig schafft das Insourcing dienotwendige Grundlage, damit die Perso-nalbereiche ihre Kernfunktion der Ent-geltabrechnung qualitätsgerecht erfüllen– ein wichtiger Aspekt, wenn bedachtwird, dass die Personalaufwendungenetwa 60 bis 70 Prozent der Kosten desKrankenhausbetriebs ausmachen. Derzeitgemäße Trend zum Outsourcing die-ser Kernfunktion wird bei größeren Unter-nehmen oftmals zum Bumerang für dieDienstleistungsmentalität und -qualitätder Personalbereiche. Die Uniklinikenwählen aus diesem Grund den umgekehr-ten Weg.

Insourcing sinnvoll

Erfahrungsgemäß steigt die Motivationder im Personalbereich tätigen Mitarbei-ter, wenn sie neben dem Einstellungs-und den übrigen Personalverwaltungs-prozessen auch für die Abrechnung ihrerKunden unmittelbar und persönlich ver-antwortlich sind. Diese Aussage ist frei-lich in Fachkreisen nicht unumstritten.Strategisch korrespondiert die Maßnah-me mit dem generellen Trend zum Insour-cing, wovon sich die Unternehmenslei-

tungen verstärkte Autonomie, die Eins-parung der Mehrwertsteuer und die Aus-lastung im Überhang befindlicher Beschäf-tigter versprechen, deren Freisetzung imöffentlich-rechtlichen Umfeld politischunerwünscht und rechtlich auch kaummöglich ist. Im Übrigen entspricht dieMaßnahme jüngeren Erkenntnissen,wonach die Auslagerung der Gehaltsab-rechnung an die vermeintlich günstigenDienstleister oftmals deutlich teurer undletztlich unrentabel wurde. Grund hier-für ist die in der Gesamtkostenbetrach-tung oftmals „vergessene“ Einrichtungeiner Kommunikationsschnittstelle zwi-schen dem externen Administrations- undAbrechnungsdienstleister einerseits undden Mitarbeitern des Unternehmens ande-rerseits zur Klärung von Fragen wie bei-spielsweise zur Vergütung.Aktuell ist der Kooperationsvertrag für dieHR-Kooperation in Arbeit, auf deren Grund-lage beide Unternehmen im Januar 2011den operativen Betrieb starten. Für die Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter in den betei-ligten Bereichen sind die Herausforderun-gen enorm. Abteilungen werden verkleinertoder vergrößert, neue entstehen. In vielenFällen ändert sich der Vorgesetzte oder derZuständigkeitsbereich und für jedenBeschäftigten gilt es, viel Neues zu erlernen.Damit dient das Projekt gleichzeitig auchder Weiterbildung der Beschäftigten. Letzt-lich sichert das Projekt Arbeitsplätze.Der Name des Projekts verdeutlicht dieSynergie: „LiVe-HR!“. „Li“ für Lindenburgsteht für den Standort der Uniklinik inKöln. Und „Ve“ für Venusberg, denn dortist die Bonner Uniklinik zu Haus. Die Ach-se Köln-Bonn hat Zukunft. Immer mehrMitarbeiter beider Standorte pendeln täg-lich. Freiwillige Kooperation von Mitarbei-tern statt Zwangsfusion von Unterneh-men: Das geht im öffentlichen Dienst.LiVe-HR: Zusammen sind wir stärker!

Autor

Dr. Nicolai Kranz,GeschäftsbereichsleiterPersonal & Organisation,Uniklinik Köln,[email protected]

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Die prekäre Situation, in der sich viele Akteure der Kliniklandschaft befinden,

ist vor allem durch immensen Effizienzdruck geprägt. Hinzu kommt der

akute Fachkräftemangel – vor allem, aber keineswegs ausschließlich, im

ärztlichen Dienst. Um dieser Herausforderung erfolgreich zu begegnen,

braucht ein Krankenhausunternehmen vor allem motivierte, leistungsstarke

Mitarbeiter und professionelle Führungs- und Steuerungssysteme.

Handlungsbedarf erkannt

hen gleichwohl in der Implementierungzusätzlicher variabler Vergütungsbestand-teile, wie sie beispielsweise der Tarifver-trag für die Ärztinnen und Ärzte an kom-munalen Kliniken neuerdings vorsieht(„Vario-Ä“), und in der Verteilung von Pool-mitteln. Die Kienbaum-Studie zeigt, dassvariable Vergütungsbestandteile ein durch-aus spürbares Volumen erreichen (Fachärz-te bis 10 000 Euro, im Durchschnitt 7000Euro; Ärzte in Weiterbildung bis 7000 Euro,im Durchschnitt 5000 Euro).

Vergütung versus professionelleFührung

Eine von Kienbaum im vergangenen Jahrdurchgeführte Studie zu Vergütungstrendsund personalwirtschaftlichen Themen, ander sich mehr als einhundert Krankenhäu-ser aller Trägerstrukturen und Größenklas-sen beteiligt haben, brachte hervor, dass diePositionierung als attraktiver Arbeitgeberdas zentrale HR-Thema ist. Andere aktuel-le Studien zeigen, dass die Kliniken Perso-nalmanagement insgesamt als ihre aktuellwichtigste Herausforderung ansehen. Willein Krankenhaus sich nachhaltig als attrak-tiver Arbeitgeber positionieren, sollte es denFokus nicht zu einseitig darauf ausrichten,der Zielgruppe ein möglichst attraktivesGehaltsniveau zu offerieren. Verschiedeneempirische Studien belegen, dass die Höhe

der Vergütung zwar einen bedeutenden Stel-lenwert einnimmt, jedoch von einer ganzenReihe weiterer Themen begleitet wird. Dazugehören insbesondere ● Weiterbildungsmöglichkeiten und lukra-

tive Karriereoptionen (gerade bei Ärztenin der Weiterbildung von enormer Rele-vanz),

● Vereinbarkeit von Beruf und Familie,● fordernde Aufgaben, selbstständiges Arbei-

ten, Verantwortung übernehmen,● kompetente Koordination und optimale

organisatorische Rahmenbedingungen(das heißt bei Ärzten im speziellen auch:Bürokratieabbau),

● gutes Verhältnis zur Führungskraft, ins-besondere Förderung/Unterstützung, Aner-kennung und offene Feedback-Kultur.

Es wird an dieser Aufzählung deutlich,dass professionelle Führung das zentraleMerkmal attraktiver Arbeitgeber ist. DieStudie sowie zahlreiche Gespräche mitKrankenhausverantwortlichen zeigenjedoch immer wieder, dass es in der Bran-che beim Thema Führung häufig noch mas-siven Entwicklungsbedarf gibt – geradeauch im ärztlichen Dienst. Tradiertes, star-res Abgrenzungsdenken zwischen denBerufsgruppen und Klinikbereichenerschwert zudem das Entstehen eines ein-heitlichen Führungsverständnisses. Hier-in liegt für die Kliniken somit eines der

n vielen Einrichtungen weisen jedoch gera-de diese Systeme noch erheblichen Ent-

wicklungsbedarf auf. Dabei könnten sie einenwertvollen Beitrag auch zur Positionierungals attraktiver Arbeitgeber leisten.Attraktive Vergütung ist unumstritten einwesentliches Attribut attraktiver Arbeitge-ber und spielt daher bei der Rekrutierungund Bindung von Mitarbeitern eine bedeu-tende Rolle. Kienbaum erhebt in Kranken-häusern seit mehr als zehn Jahren Datenzur Vergütungshöhe und -struktur vonFührungs- und Fachkräften. An den Erhebun-gen beteiligen sich jährlich weit mehr alseinhundert deutsche Kliniken und liefernein differenziertes Bild der Vergütungssi-tuation (siehe Abbildung 1). Im umkämpften ärztlichen Arbeitsmarktbesteht die Besonderheit, dass arztspezifi-sche Tarifverträge die Krankenhausbran-che inzwischen in einem hohen Maßabdecken und dadurch eine recht homoge-ne Vergütungssituation hergestellt wurde.Chefärzte sind davon ausgenommen, eben-so finden sich im oberärztlichen Bereichhäufig außertarifliche Konstellationen. Diebloße Tarifvergütung, die bei den Fach- undWeiterbildungsärzten dominiert, ist kaumgeeignet, sich als Klinikunternehmen nen-nenswert im Wettbewerb hervorzuhebenund als attraktiver Arbeitgeber zu positio-nieren. Wirkungsvolle Möglichkeiten beste-

I

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HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE Vergütungssysteme

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vorrangigsten Handlungsfelder, zugleichaber auch die Chance, sich im Wettbewerbpositiv hervorzuheben.

Variable Vergütungssysteme

Intelligente Vergütungssysteme sind sehreffektive Führungsinstrumente, die entschei-dend zu professioneller Führung und darü-ber hinaus zu hoher Motivation und effizi-enterer Leistungserbringung beitragenkönnen. Damit leisten sie zugleich einenmaßgeblichen Beitrag zum Aufbau und zurnachhaltigen Sicherung der Arbeitgeberat-traktivität. Der Erfolgsbeitrag der Vergü-tungsgestaltung liegt nicht darin, durch einebloß höhere (Fest)Vergütung attraktiverscheinen zu wollen. Entsprechend positi-ve Effekte verpuffen oft sehr schnell, weilsie in der Regel nicht vermögen, eine unzu-reichende Entwicklung anderer relevanterAttraktivitätsmerkmale zu kompensieren,und sie führen letztlich lediglich zu einer

dauerhaften Aufblähung der Personalkosten. Intelligente Vergütungssysteme sind viel-mehr dadurch gekennzeichnet, dass sie einer-seits weit mehr als die monetären Bedürf-nisse des Beschäftigten ansprechen, undandererseits für das Unternehmen einenspürbaren Mehrwert generieren, der vorallem darin liegt, dass die Leistungserbrin-

gung optimiert und die Gesamteffizienzgesteigert wird. Diese Anforderungen erfüllen insbesonderevariable, zielbasierte Vergütungssysteme. Sieermöglichen, die Unternehmensstrategie unddie daraus entwickelten Ziele auf die einzel-nen Organisationseinheiten und Ebenen hin-unterzubrechen und so darauf hinzusteuern,

Vergütungsbandbreite bei Fachärzten und Ärztenin Weiterbildung

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Fachärzte Ärzte in Weiterbildung

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Special Gesundheitsbranche | 2010 www.personalwirtschaft.de44

HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE Vergütungssysteme

dass die Leistungsaktivitäten unternehmens-weit konsistent im Einklang mit der Unter-nehmensstrategie ausgerichtet werden. Zielvereinbarungen sind dabei ein Führungs-instrument, das nicht nur auf den oberenFührungsebenen wirkungsvoll umgesetztwerden kann, sondern auf allen Ebenen undauch bei Mitarbeitern ohne Führungsverant-wortung. Das System kommt zur vollen Ent-faltung, wenn es möglichst flächendeckendumgesetzt wird. Bei Beschäftigten, bei denenes schwerfällt, spezifische Einzelziele zu defi-nieren, haben sich Teamziele in der Praxis alssinnvolle Lösung bewährt; sie wirken sichzugleich positiv auf den Zusammenhalt unddas gemeinsame Verständnis im Team aus.

Zielvereinbarungen fördern selbstständiges Handeln

Aus Sicht der Beschäftigten tragen heraus-fordernde – und zugleich realistische – Zie-le positiv zur Motivation bei. Ziele kommu-nizieren eine deutliche Erwartungshaltungund entsprechen daher dem Bedürfnis derBeschäftigten nach Orientierung und Koor-dination. Richtig verstanden, fördern Ziel-vereinbarungen selbstständiges und eigen-verantwortliches Handeln. Nicht zuletzt istdie Leistungsmessung fester Bestandteil desZielvereinbarungsprozesses, der damit demBedürfnis vieler Beschäftigter nach Feed-back und Anerkennung entgegenkommt.Werden variable Vergütungskomponenten„on top“ gewährt, führen sie zwar auch zueiner Steigerung der Personalkosten; andersals bei einer Erhöhung der Festvergütungrechtfertigt sich dies aber durch die erziel-ten Effizienzsteigerungen und die weiterenpositiven Effekte wie höhere Führungsqua-lität, motiviertere und zufriedenere Beschäf-tigte – man kann also von einer „investivenVergütungskomponente“ sprechen.

Kliniken haben den Handlungsbedarf erkannt

Kliniken erkennen zunehmend, dass pro-fessionelle Führung und effizienteFührungsinstrumente entscheidend zurZukunftsfähigkeit eines Krankenhausun-ternehmes beitragen. Auch der jüngste Tarif-abschluss zwischen der Vereinigung der

kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA)und dem Marburger Bund, eröffnet den Kli-niken die Möglichkeit, für Ärzte eine zusätz-liche variable Vergütungskomponente aufBasis von Zielvereinbarungen einzuführen(„Vario-Ä“). Da bei Chefärzten seit Länge-rem eine klare Tendenz zu Zielvereinba-rungen und daran anknüpfenden Bonus-zahlungen besteht, bietet es sich an, ihnendas Instrument zur Führung der unterstell-ten Mitarbeiter selbst in die Hand zu geben,und so die Führungskultur zu stärken sowieeine konsistente zielorientierte Ausrich-tung der Kliniken zu unterstützen. Varia-ble Vergütung ist ein Thema, das geradevon Seiten der Arbeitnehmervertretungenteilweise mit Skepsis betrachtet wird. Die

Autor

Thomas Thurm,Compensation Consulting,Kienbaum Management Consultants GmbH,[email protected]

Potenziale der variablen Vergütung Abbildung 3

Variable Vergütung ist NICHT…

ein Instrument zur Geldverteilung in besonders erfolgreichen Unter-nehmen.

ein Instrument zur permanenten Leistungsverdichtung.

ein Instrument zur Honorierungweniger, herausragender Spitzenleister.

Variable Vergütung ist…

ein Instrument, das eine optimierte Unternehmens-steuerung und professionelle Führung unterstützt und damit zu höherer Effizienz und steigendemGeschäftserfolg beiträgt.

• ein Instrument, das die Konzentration der Leistungs-anstrengungen auf die aus Gesamtunternehmens-sicht wesentlichen erfolgsrelevanten Aspekte fördert,

• dadurch auch unnötige Tätigkeiten reduziert und zuEntlastung und höherer Effizienz führt,

• und Mitarbeiter motiviert, weil sie in größerer Gewissheit arbeiten, etwas Sinnvolles zu tun und zu einem größeren Gesamten beizutragen.

ein Instrument, das zu einer gerechteren, leistungs-differenzierten Vergütung führt und die Mitarbeiter ggf. am Gesamtunternehmenserfolg teilhaben lässt.

Wesentliche Vorteile zielbasierter variablerVergütungssysteme

Abbildung 2

Vorteile für die Beschäftigten

• Selbstständiges und eigenverant-wortliches Arbeiten.

• Orientierung/Koordination und die Gewissheit, zum Gesamterfolg sinnvoll beizutragen.

• Leistungsfeedback, Anerkennung und transparente Grundlage für Weiterentwicklungsmaßnahmen.

• Möglichkeit der Einkommenssteigerung.

Vorteile für das Unternehmen

• Zielgerichtete Steuerung der Aktivitäten undkonsistente Ausrichtung auf die Unterneh-mensstrategie.

• Professionalisierung der Führung führt zu opti-mierter Zusammenarbeit und zufriedenerenMitarbeitern.

• Förderung der Motivation der Beschäftigtenund von „Unternehmern im Unternehmen“.

• Variable Vergütungskomponente ermöglichtattraktivere Gesamtvergütung, die sich u. a.aus Effizienzgewinnen finanziert.

• Gerechtere, leistungsdifferenzierte Vergütung.

damit verbundenen Kontroversen sindjedoch zumeist auf eine unvollständige,teils sogar verfälschte Sichtweise zurück-zuführen. Bei neutraler Betrachtung wirddeutlich, dass alle Beteiligten profitieren, daes letzten Endes um den Erfolg und dieZukunftsfähigkeit des Unternehmens unddie Zufriedenheit der Beschäftigten geht.

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Roland Baier, Leiter Personaldezernat, Univer-sitätsklinikum Saarland

Klaus Wietfeld,Geschäftsführer,Perkura GmbH

Special Gesundheitsbranche | 2010 www.personalwirtschaft.de46

sen. Dies wurde in der Vergangenheitauch von ihnen erwartet. Mitarbeiterori-entierung und Kundenorientierung nah-men zu dieser Zeit noch wenig Platz ein.Gleichwohl war aber das Gespür vorhan-den, etwas verändern zu müssen. Doch dieFrage, was genau zu verändern war unddie Angst davor, Fehler zu machen, habenihre Motivation gebremst.

Wie gingen Sie den Veränderungspro-zess an?Roland Baier: Im Vordergrund stand fürmich zunächst, die Motivation und dieEigenverantwortlichkeit meiner Mitarbei-ter zu fördern. Dies hatte absolute Prio-rität, denn wenn beide Eigenschaften gutausgeprägt sind, werden die Sachzieleeines Veränderungsprozesses schnellererreicht. Hier galt es, die Wirtschaftlich-keit der Personalarbeit und die Hebelwir-kungen unserer Arbeit für die Kliniken

deutlich zu verbessern. Gleichermaßenwollte ich das Personal-Controlling pro-fessionalisieren und eine Personalent-wicklung aufbauen.

Warum haben Sie diesen Verände-rungsprozess mit einer externen Bera-tung durchgeführt?Roland Baier: Ich wollte mich aus deroperativen Veränderungsarbeit ganzbewusst heraushalten, denn „lautes Den-ken“ von meiner Seite über verschiedeneOptionen hätten die Mitarbeiter als mei-ne Ziele interpretiert. Darüberhinaus woll-te ich die Motivation fördern, indem ichden Beschäftigten Gestaltungsmöglich-keiten einräume. Deshalb habe ich michfür die externe Unterstützung entschie-den. Perkura konnte die Ideen der Mitar-beiter aufgreifen und diese im Kontextder von mir festgelegten Rahmenbedin-gungen zu Konzepten formen.

Personalwirtschaft: Herr Baier, alsöffentlich rechtliche Einrichtung hatte das Universitätsklinikum desSaarlandes einen privilegierten Sta-tus. Mit den Änderungen der politi-schen Rahmenbedingungen wurdedas Universitätsklinikum des Saar-landes in der Eigenverantwortunggestärkt und musste sich zunehmendunternehmerisch aufstellen. WelchesBild hatten Sie drei Monate nach Dienstantritt als Leiter des Perso-nalderzernats?Roland Baier: In Schlagworten gesagt:Es herrschten Bürokratie, Innenorientie-rung und Justiziabilität vor. Als ich zumPersonaldezernat kam, hatten die Mitar-beiter die professionelle Kompetenz, Sach-vorgänge wie Personalverwaltung und -abrechnung sowie Personal-Controllingfachlich korrekt zu bearbeiten und juri-stisch sicher in Wort und Schrift zu fas-

Als Roland Baier vor knapp vier Jahren die Leitung des Personalderzernats im Universitätsklinikum

Saarland übernahm, leitete er einen Change-Prozess ein, dabei ließ er sich vom Beratungsunternehmen

Perkura unterstützen. Der Leiter des Personaldezernats und Klaus Wietfeld, Geschäftsführer von Perkura,

ziehen rund anderthalb Jahre nach der Umstrukturierung Bilanz.

Change-Prozess des Personaldezernats

HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE Change Management

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Special Gesundheitsbranche | 2010 www.personalwirtschaft.de 47

Herr Wietfeld, wie sind Sie an diesesProjekt herangegangen?Klaus Wietfeld, Perkura: Bevor wir einkonkretes Vorgehen definieren konnten,haben wir zunächst einen Diagnosework-shop mit den Führungskräften des Perso-naldezernats durchgeführt. Dabei berich-teten die Mitarbeiter, wo aus ihrer Sichtdie „offenen Baustellen“ liegen. Geleitetvon unserer Frage: Wenn Sie dürften, wieSie wollten, was würden Sie dann ändern?Dabei erfuhren wir, dass attraktive Auf-gabeninhalte, Aufstiegsmöglichkeiten undkollegiale Zusammenarbeit einen wesent-lichen Stellenwert einnahmen.

Welche „Baustellen“ wurden benanntund gab es Unterschiede in der Sicht-weise der Mitarbeiter und der Dezer-natsleitung?Klaus Wietfeld: Als Berater interessiertmich zunächst immer die Frage nach derVeränderungsfähigkeit und der Verände-rungsbereitschaft der Menschen. Für dasUniversitätsklinikum Saarland konntenwir im Diagnoseworkshop feststellen, dasdie Mitarbeiter eine klare Sicht hattenund somit grundsätzlich bereit waren füreine Veränderung. Sie benannten als Pro-blemfelder sehr gefestigte Strukturen undAbläufe, vielfältige interne Schnittstel-len, reagierendes Verhalten, Arbeitsstauan Kompetenzengpässen, verzweigte Pro-zesse und teilweise uneindeutige Verant-wortlichkeiten.

Wie lief das Projekt ab?Roland Baier: Wir haben die gesamteMannschaft des Personaldezernats infor-miert und den eingeleiteten Prozess, sei-ne Ziele, die Vorgehensweise, die Betei-ligung der Mitarbeiter im Projekt und dieRolle der Berater vorgestellt. Und natür-lich auch die Berater, Herrn Wietfeld undFrau Maichl, und ihre Arbeitsweise. Dar-über hinaus war es mir wichtig, den Per-sonalrat von vornherein miteinzubezie-hen und jederzeit eine Teilnahme anMitarbeiterinterviews oder Projektsit-zungen für den Personalrat einzuräu-men.

Im Anschluss haben wir mit allen Mitar-beitern Interviews durchgeführt – zu ihrenAufgaben und Kernprozessen sowie zu„Baustellen“, die sie gerne verändern möch-ten. Dabei haben wir auch immer die Fra-ge gestellt: Was soll erhalten bleiben? Zuergänzen ist, dass die alten Kompetenz-strukturen – und hier meine ich das „Dür-fen“ der Mitarbeiter – kaum eine absch-ließende Sachbearbeitung ermöglichtenund rund 80 Prozent aller Vorgänge überden Tisch des Abteilungslei-ters oder des Dezernatslei-ters liefen. Das hat uns lang-sam und ineffizient gemacht.

Wie entstand das neueModell?Klaus Wietfeld: Wir habenin den Workshops dieErgebnisse der Analysevorgestellt und Konsequen-zen für die Organisation

Universitätsklinikum des SaarlandesEckdaten (Stand 2009)

Info

Vorgehensweise und Prozess der Organisationsentwicklung Abbildung 1

Geschäftsmodell alt Abbildung 2

4780 Mitarbeiter (davon knapp 600 Ärzte und 2000 Pflegekräfte)

306 Schüler, Auszubildende, Praktikanten

36 Kliniken und Institute verschiedenster Fachrichtungen

1415 stationäre Planbetten

51 051 stationäre Patienten (Fälle)

183 138 ambulante Neuzugänge

besprochen, daraus leiteten wir Alterna-tiven ab. Bei der Bewertung von Organi-sationsoptionen wollten die Mitarbeiterzunächst keinen festen Standpunkt bezie-hen. Es wurde mit wechselnden und teil-weise gegensätzlichen Sichtweisen argu-mentiert. Aus unseren Erfahrungenwissen wir, wenn Sachargumente mutie-ren, dann liegt zumeist ein emotionalerWiderstand vor. Erst als wir diese Ebeneim Projektteam erreichen konnten, hat-

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Special Gesundheitsbranche | 2010 www.personalwirtschaft.de48

HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE Change Management

ten die Mitarbeiter akzeptiert, dass sieauch gestalten dürfen. Ich zitiere eineAussage, die es auf den Punkt bringt: „Wirsind es nicht gewohnt, so zu arbeiten.“

Welche Philosophie stand hinter demVorschlag für die neue Organisation?Klaus Wietfeld: Im Kern sind es vierElemente. Erstens: Klare Verantwortlich-keiten und eine weitgehend abschließen-de Vorgangsbearbeitung auf einer Ebe-ne. Zeitens: Klare Ansprechbarkeiten fürMitarbeiter und Führungskräfte, damitdie Grundlage für eine bessere Kunde-norientierung geschaffen werden kann.Drittens Kürzere Durchlauf- und Bear-beitungszeiten durch Prozessmodellie-rung und Automatisierung von 16 Kern-prozessen. Viertens: Die Trennung vonVorgangsbearbeitung im Dienstleistungs-zentrum und Entgeltabrechnung. Dar-aus wurde das neue Geschäftsmodellabgeleitet.

Was haben Sie wirtschaftlich mit die-sem Modell erreicht?Roland Baier: Zwei meiner Sachzielelauteten: Die deutliche Steigerung derWirtschaftlichkeit der Personalarbeitund eine deutliche Verbesserung derKundenorientierung. Um dies zu errei-chen, haben wir ein Dienstleistungszen-trum für alle Mitarbeiter eingerichtet.Hier werden alle Vorgänge aufgenom-men und möglichst abschließend bear-beitet. Der Mitarbeiter hat nur einenAnsprechpartner. Ist der Vorgang kom-plexer, sodass weitergehende Kompetenzbenötigt wird, so wird diese zwischenden Bereichen Dienstleistung, Personal-betreuung und Personalabrechnung orga-nisiert, um vertieftes Fach- und Exper-tenwissen beizusteuern. Ferner konntenwir eindeutige Verantwortlichkeitenschaffen, indem wir für die einzelnenKliniken, insbesondere auch für diejeweiligen Führungskräfte, einen festenAnsprechpartner im Bereich der Perso-nalbetreuung etabliert haben. Im Zugeder Reorganisation konnten wir dasaltersbedingte Ausscheiden von vier

Vollzeitkräften (circa zwölf Prozent) kom-pensieren und einen neuen Bereich Per-sonalentwicklung als Stabstelle im Per-sonaldezernat aufbauen.

Wenn Sie zurückblicken: Welcheswaren die Erfolgsfaktoren für dieUmsetzung?Roland Baier: Ein gutes Konzept allei-ne stellt noch keinen erfolgreichen Pra-xisbetrieb sicher. Daher konnten dieMitarbeiter zunächst auf der Grundla-ge der Aufgaben- und Anforderungspro-file, ihrer fachlichen Kompetenzen sowieihrer beruflichen Vorerfahrungen Wün-sche äußern, in welchem Bereich siegerne tätig werden möchten. Hier hat-ten wir eine Deckungsquote von 80 Pro-zent zwischen den Wünschen der Mit-arbeiter und der Einschätzung derFührungskräfte zur Eignung und Kom-petenz. Darauf aufbauend haben wir mitPerkura Kommunikationstrainings fürdie einzelnen Bereiche durchgeführt.Ziel hier war es, Methoden zu erlernen,um insbesondere auch spannungs-geladene Themen von den Führungs-kräften aufzunehmen oder ihnen mitzu-teilen. Wesentlich war auch das drei-monatige Intensivtraining auf fachli-cher Ebene mit den einzelnen Teams.In diesem Prozess war ich persönlichsehr engagiert, da nur auf einer fach-lich sicheren Plattform auch sozialkon-form agiert werden kann.

Herr Baier, was hören Sie von IhrenMitarbeitern, sprich Kunden, nachzwei Jahren?Roland Baier: In unseren Breiten ist eshäufig so, dass keine Kritik bereits eingroßes Lob darstellt. Es gibt in der Tatkeine kritischen Stimmen aus den Klini-ken, aber wir erhalten – anders als in derVergangenheit – ausdrückliches Lob vonMitarbeitern und Führungskräften. Diestärkste Resonanz erhalte ich aus mei-nem Dezernat. Die meisten Mitarbeiterbeurteilen ihre persönliche Situation undMotivation wesentlich besser als zuvor.Dies haben die jährlichen Mitarbeiterge-spräche deutlich gezeigt. Meine Kosten-ziele habe ich erreicht, das ist auch in derGeschäftsführung transparent.

Haben Sie damit Ihre Ziele erreicht?Roland Baier: Nein, das haben wir nochnicht. Wenn wir über den Tellerrand blicken,dann stehen große Herausforderungen an,wie beispielsweise der Fachkräftemangelund die Auswirkungen einer älter werden-den Belegschaftsstruktur. Die Kostenschrau-be wird nicht lockerer, daher steigen auchdie Anforderungen an das Personal-Con-trolling. Die Personalentwicklung wird imKrankenhaus sehr stark an Bedeutunggewinnen müssen, um den aktuellen undzukünftigen Herausforderungen gerechtwerden zu können. In diesen Bereichenhaben wir nun eine erste Grundlage gelegt.

Das Interview führte Karin van Soest-Schückhaus,freie Journalistin, Mönchengladbach.

Geschäftsmodell neu Abbildung 3

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oder aber die korrekte Abgeltung vonBereitschaftsdienstzeiten befassen. Außer-dem stellen sich Arbeitgeber immer öfterdie Frage, ob und unter welchen Bedin-gungen sie sich ihrer Tarifbindung ent-ziehen können, beispielsweise durch Aus-tritt aus dem Arbeitgeberverband odereinem „Blitzwechsel“ in eine Mitglied-schaft ohne Tarifbindung (sogenannte OT-Mitgliedschaft) kurz vor dem Abschlusseines neuen – aus Arbeitgebersicht ungüns-tigeren – Tarifvertrags. Alternativ habenArbeitgeber in der Vergangenheit die„Flucht nach vorn“ in einem – bis dato –spezielleren Haustarifvertrag angetreten. Auch eine Ende Juli herausgegebene Pressemitteilung des BAG, welche in Pres-

se und Politik auf ein breites Echogestoßen ist, stammt aus dem Bereich desTarifrechts.

Die Klage eines Oberarztes

Da der zugrundeliegende Sachverhaltzudem aus dem Gesundheitssektorstammt und die Entscheidung erhebli-chen Einfluss auf die Tariflandschafthaben wird, soll sie mit ihren erheblichenPraxisfolgen für den Gesundheitssektorhier genauer vorgestellt werden. Das BAGteilte mit, dass der für Sondervergütun-gen zuständige 10. Senat sich der Rechts-auffassung des anschließe, wonach es kei-nen übergeordneten Grundsatz derTarifeinheit gebe.

ochaktuell ist dabei die Aufgabe derTarifeinheit durch das BAG aufgrund

der Klage eines Oberarztes in der Tarif-vertragskollision „Marburger Bund/ver.di“. Einen Kernbereich des Arbeitsrechts imGesundheitssektor bildet seit jeher dasTarifrecht. Insbesondere Krankenhäusersind aufgrund einer jahrzehntelangenTarifbindung durch detaillierte Tarifver-träge geprägt. Bis 2005/2006 galt in derMehrzahl der Kliniken der Bundesange-stelltentarifvertrag (BAT), welcher inzwi-schen durch den Tarifvertrag für denöffentlichen Dienst (TVöD) ersetzt wurde.Arbeitsrechtler müssen sich daher regel-mäßig mit Streitigkeiten über die richti-ge Eingruppierung von Arbeitnehmern

Der Gesundheitssektor bietet vielfältige arbeitsrechtliche Problemfelder, die über das normale Arbeitsrecht

hinausgehen. Insbesondere die geänderte Rechtsprechung zur Tarifeinheit – zumal sie dem Gesundheits-

sektor entstammt – sollten Personaler kennen und sich auf die entstehenden Praxisfragen vorbereiten.

Die Aufgabe der Tarifeinheitdurch das BAG

H

Arbeitsrecht HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE

Special Gesundheitsbranche | 2010 www.personalwirtschaft.de 49

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In dem ursprünglich vom 4. Senat ent-schiedenen Fall hatte ein Oberarzt, derMitglied des tarifschließenden Marbur-ger Bundes war, gegenüber seiner Klinikeinen Urlaubsaufschlag in Höhe von628,76 Euro eingeklagt, den der BAT für ihn vorsah. Der BAT war für ihn ein-schlägig, weil der Marburger Bund dieDienstleistungsgewerkschaft ver.di zumAbschluss des BAT auch in seinem Namenbevollmächtigt hatte. Die Klinik lehnteden Anspruch allerdings mit Hinweis aufden zwischenzeitlich mit ver.di abge-schlossenen TVöD ab, der den alten BAT(dem bisher geltenden Grundsatz der Tarifeinheit folgend) verdrängt habe. Fürden Abschluss des TVöD hatte der Mar-burger Bund ver.di keine Vollmacht erteilt.Da der Marburger Bund erst später mitdem Arbeitgeberverband einen eigenenTarifvertrag abschloss, galten zum Zeit-punkt der Klage des Oberarztes im Kran-kenhaus zwei Tarifverträge, nämlich derweiterhin geltende BAT und der aktuelleTVöD.

Aufhebung der Tarifeinheit

In der juristischen Literatur und der Recht-sprechung herrschte in solchen Fällenschon immer Streit darüber, ob und inwie-fern in einem Betrieb überhaupt mehre-re Tarifverträge Anwendung finden kön-nen. Fallkonstellationen dieser Art hatdas BAG in der Vergangenheit stets nachdem sogenannten Grundsatz der Tarifein-heit aufgelöst. Der Kern dieses Grundsat-zes liegt darin, dass in einem Betriebimmer nur ein Tarifvertrag zur Anwen-dung kommen soll („ein Betrieb, ein Tarif-vertrag“), nämlich derjenige, welcher denEigenarten und Bedürfnissen des Betriebsam besten entspricht (sogenannte Tarif-spezialität). Diesen Grundsatz der Tarifeinheit hat das BAG nun aufgegeben.Dass ein Arbeitgeber an verschiedeneTarifverträge gebunden sein kann, istnach der Ansicht des BAG im Tarifver-tragsgesetz so angelegt. Unmittelbar geltende Tarifverträge könnten daher ins-besondere vor dem Hintergrund der ver-fassungsrechtlich verankerten Koalitions-

freiheit nicht einfach im Wege der rich-terlichen Rechtsfortbildung durch den„erfundenen“ Grundsatz der Tarifeinheitaußer Kraft gesetzt werden, nur weil ineinem Betrieb zeitgleich mehrere Tarifver-träge bestünden, also eine Tarifpluralität.

Tarifpluralität und Folgen

Die Entscheidung des BAG ist bei Politi-kern, Arbeitgeberverbänden und Gewerk-schaften auf breite Ablehnung gestoßen.Schon vor der Bekanntgabe der Entschei-dung des 10. Senats hatten die Bundes-vereinigung der Deutschen Arbeitgeber-verbände (BDA) und der DeutscheGewerkschaftsbund (DGB) den Gesetzge-ber aufgefordert, den Grundsatz der Tarifeinheit gesetzlich festzuschreiben.So will die Bundesministerin für Arbeitund Soziales, Ursula von der Leyen, dieTarifeinheit wohl durch ein entsprechen-des Gesetz wiederherstellen, notfalls auchdurch eine Änderung des Grundgesetzes.Hintergrund der Forderung nach einemgesetzgeberischen Eingreifen ist dieBefürchtung vieler Arbeitgeber undGewerkschaften, dass es zu einer Zer-splitterung der Tariflandschaft kommenkönnte. Diese Befürchtung ist nicht vonder Hand zu weisen, da die Rechtspre-chungsänderung des BAG prinzipiell klei-nere Spartengewerkschaften für fachlichgut ausgebildete und spezialisierte Arbeit-nehmergruppen beziehungsweise Funk-tionseliten – wie beispielsweise vom Mar-burger Bund vertreten – stärkt. Deshalbhaben insbesondere große Gewerkschaf-ten wie ver.di ein Interesse an der gesetz-lichen Festsetzung der Tarifeinheit. DieAufhebung der Tarifeinheit führt damitzunächst einmal zu einer verstärkten Kon-kurrenzsituation auf Seiten der Gewerk-schaften. Umgekehrt müssen Arbeitge-ber im Gesundheitssektor aber in derZukunft damit rechnen, mit unterschied-lichen Gewerkschaften Tarifverhandlun-gen führen zu müssen und von diesenauch bestreikt zu werden. Verhandlun-gen mit Spartengewerkschaften könnendann nicht mit Hinweis auf einen bereitsbestehenden Tarifvertrag und den frühe-

ren Grundsatz der Tarifeinheit abgelehntwerden. Dies kann insbesondere beigroßen Personalabbaumaßnahmen pro-blematisch und teuer werden, wenn meh-rere Gewerkschaften den Abschluss einesTarifsozialplans fordern. Arbeitgeber undPersonaler müssen sich in jedem Fall aufeine Verkomplizierung von Tarifverhand-lungen einstellen.Zudem führt die neue Tarifpluralität aberauch zu einer Reihe von praktischen Fra-gen in den Betrieben. Gelten in einemBetrieb nun mehrere Tarifverträge, somuss für jeden Arbeitnehmer geklärtwerden, welcher Tarifvertrag auf ihnAnwendung findet, was ohne die Fragenach seiner Gewerkschaftszugehörigkeit– bisher ein „No Go“ – praktisch nichtmöglich sein wird. Noch drängender istmomentan die Frage, ob und inwieweitdie in vielen Arbeitsverträgen vorhande-nen Bezugnahmeklauseln auf Tarifver-träge jetzt noch wirken. Die Fälle der jetztmöglichen Tarifpluralität regeln diemomentan in den Arbeitsverträgen vor-handenen Bezugnahmeklauseln nämlichzumeist nicht. Außerdem ist völlig offen,inwieweit die neue Tarifpluralität mitdem Betriebsverfassungsrecht bei priva-ten Arbeitgebern harmoniert. So beste-hen Mitbestimmungsrechte des Betriebs-rats nur, sofern es keine entsprechendetarifliche Regelung gibt. Ob aber die Rege-lung in einem Tarifvertrag einer Spar-tengewerkschaft das Mitbestimmungs-recht für den ganzen Betrieb sperrenkann oder ob die Mitbestimmungsrech-te der Tarifzugehörigkeit der betroffenenArbeitnehmer folgen, ist juristisch unge-klärt. Weitere spezielle arbeitsrechtliche Fra-gestellungen, die gerade im Gesundheits-wesen bei den dort agierenden Arbeitge-bern auftreten:

Umstrukturierung und Outsourcing

Im Gesundheitssektor hat der Themen-kreis Umstrukturierung/Outsourcing unddie damit eng verknüpfte Problematikdes § 613a BGB (Betriebsübergang) einegroße Bedeutung, da sich insbesondere

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HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE Arbeitsrecht

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Krankenhäuser einem immer stärkeren Kostendruck ausge-setzt sehen und versuchen, durch Umstrukturierungs- und Out-sourcing-Maßnahmen ihre Kostenstruktur zu verbessern. Sobetrifft nicht ohne Grund einer der Leading-Cases des Bundes-arbeitsgerichts (BAG) einen Klinikfall. In dem sogenanntenRheumaklinik-Urteil schränkte das BAG die Verlagerung vonArbeitsplätzen auf neu gegründete und voll integrierte Organ-gesellschaften mit dem hauptsächlichen Ziel der Verringerungder Lohnkosten stark ein. Neben Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen bekommenauch die gesetzlichen Krankenkassen den Kostendruck imGesundheitssektor besonders stark zu spüren. Wie in ande-ren Wirtschaftsbereichen auch wird hierauf verstärkt mitZusammenschlüssen reagiert, um Synergien zu bündeln undals größere Einheit eine stärkere Marktmacht und eine ver-besserte Kostenstruktur zu entwickeln. Nachdem sich die TKKAnfang 2009 schon mit der IKK zusammengeschlossen hat-te, fusionierten Anfang 2010 die DAK und die Hamburg Mün-chener sowie die Barmer und die Gmünder Ersatzkasse. ImJuli 2010 wurde dann bekannt, dass die DAK und BKK Gesund-heit zusammengehen. Zusammenschlüsse dieser Art bergenumfangreiche arbeitsrechtliche Fragen. Neben dem schonangesprochenen § 613a BGB muss sich hier insbesondere umeine arbeitsrechtliche Pre-/Post-Merger-Integration geküm-mert werden.

Betriebliches Gesundheitsmanagement

Arbeitsrecht und Gesundheit sind zwei eng verknüpfte Bereichemit großen Schnittmengen und einer Vielzahl von Praxisfragenfür Personaler im Gesundheitssektor. Im Gesundheitssektor stel-len sich sämtliche Fragen, die auch Unternehmen in anderenWirtschaftsbereichen im Hinblick auf ihre Mitarbeiter und dieRessource Gesundheit zu beantworten haben. Das gilt für dieEinrichtung von gesundheitlich unbedenklichen Arbeitsplätzenim Hinblick auf gesetzlich vorgeschriebene Arbeitsplatzsicher-heit, für die Implementierung eines betrieblichen Gesundheitsm-anagements (BGM) oder etwa das gesetzlich vorgesehene betrieb-liche Eingliederungsmanagement (BEM) bei Langzeitkranken,welches jeder Personaler im Hinblick auf haftungs- und kündi-gungsrechtliche Folgen ohnehin im Blick hat.Der Gesundheitssektor schreitet seit jeher mit seiner techno-logischen Innovationskraft voran. Durch den vermehrten Ein-satz von technischen Systemen ergeben sich immer daten-schutzrechtliche Probleme. Und nicht nur im Hinblick auf dieErfassung von Kunden- oder Patientendaten, sondern auchhinsichtlich einer möglichen Überwachung von Arbeitneh-mern, welche die entsprechenden Einrichtungen und Pro-gramme bedienen und deren Eingaben eventuell im Nachhin-ein zur Kontroll- und/oder Leistungserfassungszweckenausgewertet werden könnten. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach Mitbestimmungsrechten des Betriebs-

Autor

Tobias Neufeld,LL.M. Rechtsanwalt, Fachanwaltfür Arbeitsrecht, Solicitor (England & Wales) bei der Kanzlei Allen & Overy LLP,[email protected]

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rats/Personalrats und dem möglichen Abschluss von Betriebs-/Dienstvereinbarungen.

Ausstieg aus der Zusatzversorgung bei der VBL

Immer wieder gibt es im Gesundheitssektor auch Problemebeim Ausstieg von Arbeitgebern aus der Zusatzversorgung derVersorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL), insbe-sondere bei Privatisierungen. Im Falle eines Ausscheidens ver-langt die VBL nämlich satzungsgemäß als Kompensation dieZahlung eines nicht unbeträchtlichen Gegenwerts der Alters-versorgung, über deren Höhe in vielen Fällen Streit entbrennt.Zudem kann die VBL die Zahlungspflicht des Arbeitgebers ofteinseitig herbeiführen. Hier gilt es, vor einer Privatisierungeine Sonderabrede mit der VBL zu treffen.

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HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE Employer Branding

Employer Branding heißt das Handlungsfeld für alle Unternehmen und Einrichtungen im Gesundheitswesen, die

sich aktiv als Arbeitgeber positionieren wollen. 2009 blieben in Krankenhäusern rund 5.000 Vollzeitstellen im

Ärztlichen Dienst unbesetzt. Das entspricht einem Durchschnittswert von vier Stellen pro Krankenhaus, wie

das „Klinik Barometer 2009“ des Deutschen Krankenhaus Instituts zeigt.

Notruf: Arbeitgeber Krankenhaus

arbeiter, bis hin zu Marketing- und Wer-bemaßnahmen, wie Broschüren, Anzei-gen, Messestände, Internet etc.

1. Involvieren Sie die richtigenAnsprechpartner

Involvieren Sie nach Möglichkeit vonBeginn an die oberen Führungsebenen,den Geschäftsführer und das leitendeManagement. Das gibt Ihnen Rückhaltund hilft dem Projekt, die notwendige Pri-orität und Aufmerksamkeit zu erlangen.Absolut erfolgsrelevant: Schon im Umset-zungsprozess sollten Sie frühzeitig alleIhre Mitarbeiter über die geplanten Maß-nahmen in Kenntnis setzen, involvierenund begeistern. Denn letztendlich sindes alle Bereiche, die dazu beitragen, stra-tegische Ziele zu erreichen. Werden die

Mitarbeiter von Beginn an einbezogen(beispielsweise durch Befragungen undinterne Kommunikationsmaßnahmen),können sie sich als Teil des Ganzen sehenund stehen hinter den Entwicklungen.Außerdem ist es nur durch die Mitarbei-ter möglich, die nötigen Insights zu erlan-gen, denn alle Mitarbeiter waren schließ-lich auch einmal Bewerber. DieWahrnehmung des eigenen Arbeitgebersist die Basis für die Außenwahrnehmung.

2. Planen Sie ausreichend Ressourcen ein

Employer Branding ist eine sehr umfang-reiche, strategische Aufgabe. Beginnendbei der Planung und Konzeption über dieSteuerung der Prozesse (zusammen etwadrei bis vier Monate) und bis hin zur

ine Arbeitgebermarke lässt sich abernicht „mal eben“ nebenbei ent-

wickeln. Es gibt wichtige Aspekte, die aufjeden Fall beachtet werden müssen. Diefolgenden neun Schritte sollten auf demWeg zu Ihrer Employer Brand beachtetwerden, um langfristig die passenden Mit-arbeiter – Ärzte, Pflegepersonal oder Kräf-te in der Verwaltung – für Ihr Kranken-haus gewinnen und auch binden zukönnen. Employer Branding ist keine Nebensache: Employer Branding muss im Kontext derUnternehmensstrategie und als wichtigeFacette des gesamten Corporate Brandinggesehen werden. Denn die EmployerBrand ist die strategische Basis für alleMaßnahmen der anschließenden Markt-bearbeitung, also vom Auftreten der Mit-

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Special Gesundheitsbranche | 2010 www.personalwirtschaft.de 53

von Telefoninterviews oder Fokusgrup-pen. Das liefert die nötigen Argumentefür eine glaubwürdige Positionierung.Und stärkt nebenbei noch die Identifika-tion mit dem Arbeitgeber.

8. Kommunizieren Sie! Bessernoch: Lassen Sie kommunizieren

Sie müssen im Rahmen der Marktbear-beitung nicht alles selbst machen. IhrenMitarbeitern wird man ohnehin mehrGlauben schenken als Ihnen. InvolvierenSie die Beschäftigten, denn sie sind Mul-tiplikatoren und füllen eine EmployerBrand mit Leben. Das gilt natürlich imBesonderen für den täglichen Arbeitsall-tag. Aber auch für die aktive Marketing-Kommunikation: Ein Mitarbeiter, der beieiner Veranstaltung anzutreffen ist, fürden Unternehmensblog schreibt und aktivist auf sozialen Plattformen, ist für Bewer-ber greifbar. Durch solche Botschafter las-sen sich Authentizität und Nähe vermit-teln, die auch einen Blick hinter dieKulissen von Unternehmen ermöglichen.Es ist wichtig, dass diese Botschafter fürden Austausch zwischen Mitarbeiternund Bewerber zur Verfügung stehen unddie Employer Brand zum Leben erwecken.

9. Halten Sie durch● Employer Branding ist ein strategisches

Thema. Es beschreibt einen Prozess. ● Vermeiden Sie Aktionismus. Geben Sie

Ihrer Arbeitgebermarke Zeit. ● Bleiben Sie sich treu, kommunizieren

Sie offen und sympathisch. Dann wer-den auf Dauer die richtigen BewerberIhr Unternehmen bereichern.

● Und denken Sie daran: Eine Botschaftist schnell kommuniziert, aber sie mussgelebt werden, damit sie langfristig undnachhaltig beim Empfänger ankommt.

Begleitung der Umsetzung ist eine Men-ge Arbeit notwendig. Die Verantwortli-chen sollten in dieser Zeit möglichstimmer erreichbar und ansprechbar zusein, um einerseits in Entwicklungeninvolviert zu sein und darüber berichtenzu können, aber auch um eventuell internentstehende Unsicherheiten zu entschär-fen. Um dies zu gewährleisten, ist es wich-tig, die entsprechenden Ressourcen zurVerfügung zu haben. Neben dem Projekt-leiter sollten für ein Employer BrandingProjekt auch Verantwortliche aus der Ver-waltung (Leitung, Personalbereich, Mar-keting/Kommunikation) sowie weiterePersonen aus verschiedenen Bereichenmit unterschiedlichem Background, alsozum Beispiel Ärzte und Pflegepersonal,in den Projektalltag involviert sein. Dashilft nicht nur, die Arbeit auf mehrereSchultern zu verteilen und für Akzeptanzzu sorgen, sondern auch ein breites Spek-trum an relevanten Themen abzudecken.

3. Verwenden Sie genügend Zeit füreine ausführliche Analyse

Die Analyse ist die Basis für die Identifi-zierung glaubwürdiger Attribute, für einedifferenzierende Positionierung und füreine zielgerichtete und sympathischeKommunikation. Vier Felder sind zu ana-lysieren: Das Unternehmen selbst, dasImage des Unternehmens aus externerwie auch aus interner Sicht, die Konkur-renz und die Zielgruppen. In diesemZusammenhang werden in der Regel stra-tegische Materialien zum Unternehmenund zur Marke analysiert ebenso wirddas interne und externe Image überprüft,um zu ermitteln, welche Wahrnehmungdie Bewerber haben und wie die Innen-sicht, also die Meinung der Mitarbeiter,dazu beitragen kann, diese positiv zu ver-ändern. Zudem wird das Wettbewerbsum-feld betrachtet, immer unter dem Aspekt,wo sich potentielle Bewerber alternativbewerben und welche Vorteile und Inhal-te die entsprechenden Wettbewerber kom-munizieren. Abschließend werden nochdie Bedürfnisse der Zielgruppen im Zugeder Arbeitgeberwahl untersucht.

4. Trauen Sie sich eine eindeutigePositionierung zu„Mut zur Lücke“ – klingt abgedroschen,ist aber nötig. Stützen Sie sich auf mar-kante, belegbare Merkmale und verfal-len Sie nicht dem Wunsch, es allen rechtmachen zu wollen. Sie wollen ja schließ-lich auch nicht alle potentiellen Bewer-ber ansprechen, sondern nur die, die auchzu Ihnen und Ihrer Ausrichtung passen.Erst eine eindeutige Positionierung machtaus einem beliebigen Arbeitgeber einenArbeitgeber mit einem speziellen Ange-bot und einer speziellen Nachfrage.

5. Setzen Sie eine spitze Positionie-rung auch ebenso spitz um

Eine eindeutige Positionierung ermög-licht auch eine eindeutige Kampagne-nidee, die differenziert und profiliert. Esgeht im Kern darum, mit einem positi-ven, glaubwürdigen Bild in die Köpfe derZielgruppen zu gelangen und dort auchzu bleiben. Im richtigen Umfeld aufzu-tauchen und aufzufallen statt in der brei-ten Masse unterzugehen. Eine verwäs-serte Kreativkonzeption macht deshalbdie Vorarbeit zunichte. Vermeiden sie alsozu starke Kompromisse, wenn Sie Auf-merksamkeit erregen wollen.

6. Werden Sie konkret

Bewerber wollen wissen, was sie erwar-tet. Überzeugen Sie sie durch relevanteInhalte und konkrete Aussagen. SprechenSie beispielsweise nicht über Work LifeBalance, sondern über flexible Arbeits-zeitmodelle oder Möglichkeiten der Kin-derbetreuung.

7. Berücksichtigen Sie den internenund externen Markt

Ihre Mitarbeiter/innen tragen wesentlichzur Wahrnehmung des Unternehmensbei. Denken Sie bei der Marktbearbeitungdaher auch an interne Zielgruppen. Siesollten die Employer Brand tragen undmit Leben füllen. Dann stimmt auch dieAußenwahrnehmung. Binden Sie daherdie Mitarbeiter schon im Rahmen derAnalyse in den Prozess ein, etwa in Form

Autoren

Dr. med. Thomas Dannecker,Geschäftsführer, Freiburger Ärzte Consulting,[email protected]

Carsten Franke,Vorstand Milch & Zucker,The Marketing & Software Company AG,[email protected]

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Betriebliche Altersversorgung verbinden einige Personal-

abteilungen der Krankenhäuser fast ausschließlich

mit der öffentlichen und kirchlichen Zusatzversorgung.

Damit wird dieses Thema regelmäßig als vorhanden und

zu teuer „abgehakt“ und nicht als eine Möglichkeit der

Mitarbeiterbindung verstanden.

Attraktiv für Arbeitgeberund Arbeitnehmer

kenhäuser in diesem Bereich in der Regelkeine zusätzlichen Kosten zulassen. Dasist aber auch gar nicht notwendig. Es gehthier vielmehr um die Frage, welche unter-nehmerische Weichenstellung kann dieVersorgung der Mitarbeiter verbessern undgleichzeitig die Lohnnebenkosten reduzie-ren. Aber nicht nur die kurzfristige Ver-minderung der Lohnnebenkosten sondernauch der mittel- und langfristig effektiveAufbau von Vorsorgevermögen muss zuneh-mend in den Fokus der Personalmanagerrücken. Das auf 67 steigende Rentenein-trittsalter bei gleichzeitigem Wegfall derFörderung der Altersteilzeit wird auch dieUnternehmen der Gesundheitswirtschaftmit zusätzlichen Kosten belasten. Um die-se Zusatzkosten über die nächsten Jahreüberschaubar zu halten, muss heute gehan-delt werden. Hier gibt es vier einfacheAnsatzpunkte:1. Zusätzliche steuerliche Förderungen für

die Altersversorgung der Mitarbeiter, 2. Lohnoptimierung mit dem Ergebnis

einer Win-Win-Situation,3. Mitarbeiterzufriedenheit durch einfa-

che Portabilität,

4. Informationskonzept zur vollen Nut-zung der Fördermöglichkeiten.

Zusätzliche steuerliche Förderung in der Altersversorgung

Krankenhäuser, die ihre Mitarbeiter auchbei der Entgeltumwandlung an die Zusatz-versorgungskassen verweisen, schränkendie Fördermöglichkeiten der Mitarbeiterin der Steuer- und Sozialversicherungs-freiheit erheblich ein. Unabhängig davon,ob die jeweilige Zusatzversorgungskassenoch im Umlageverfahren (wie beispiel-weise die VBL-West) oder schon im Kapi-taldeckungsverfahren (wie beispielweisedie Kirchlichen Zusatzversorgungskas-sen) ist, kommt es zu Wechselwirkungenmit den Arbeitgeberbeiträgen, wenn auchdie Entgeltumwandlung über die Zusatz-versorgung läuft. Diese Wechselwirkun-gen haben für viele Mitarbeiter erheblicheNachteile. Für viele bedeutet das sogar,dass sich die Entgeltumwandlung nichtmehr lohnt. Immer mehr Krankenhäuserhaben das erkannt und erweitern die Mög-lichkeiten für die steuer- und sozialversi-cherungsfreie Entgeltumwandlung durch

abei hat die betriebliche Altersver-sorgung mit ihren fünf steuerlichen

Förderwegen viel mehr zu bieten als nurdie Möglichkeiten der Zusatzversorgung.Zunehmend nutzen daher innovativeKrankenhäuser die Vielfalt der Förder-möglichkeiten und werden so als attrak-tive Arbeitgeber von den Mitarbeiternwahrgenommen. Natürlich ist für die Mehrheit der Kranken-häuser mit der öffentlichen und kirchlichenZusatzversorgung eine Grundlage geschaf-fen. Weil jedoch einige dieser Kassen heu-te sehr hohe Umlagen und teilweise Sanie-rungsgelder erheben, ist das Thema„Betriebliche Altersversorgung“ bei man-chen Krankenhausmanagern negativbesetzt. Es entstehen Zusatzkosten, die vie-le Krankenhäuser hoch belasten. So erhebtbeispielsweise die Versorgungsanstalt desBundes und der Länder (VBL) West eineArbeitgeberumlage von 6,45 Prozent vomVBL-pflichtigen Brutto zuzüglich eines Eige-nanteils des Mitarbeiters von 1,41 Prozentaus dem Nettoeinkommen. Dazu müsseneinige Krankenhäuser auch noch Sanie-rungsgelder zahlen. Deshalb werden Kran-

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HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE Betriebliche Altersversorgung

Special Gesundheitsbranche | 2010 www.personalwirtschaft.de 55

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HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE Betriebliche Altersversorgung

ändert. Inklusive der AVL in Höhe von13,30 Euro beträgt die Einzahlung in diebetriebliche Altersversorgung (bAV) dann83,30 Euro. Der Arbeitnehmer spart damitbei gleichem Nettoeinkommen mehr alsdoppelt so viel. Unter der Voraussetzung, dass sowohl derVL-Vertrag als auch der AVL-Vertrag biszum 65. Lebensjahr laufen, beträgt alleinder Umstellungsgewinn für einen heute40-jährigen Arbeitnehmer ca. 30000 Euro.Und das, ohne einen zusätzlichen Euroaus seinem Nettoeinkommen einzuset-zen.Hierbei entsteht eine echte Win-Win-Situa-tion, weil auch der Arbeitgeber spart. Diebisherige VL von 6,65 Euro zuzüglichSozialversicherungsabgaben von 1,33Euro kosten tatsächlich 8 Euro (Siehe Abb.2). Obwohl die Zuzahlung des Arbeitge-bers in der AVL auf 13,30 Euro erhöht

die Einführung des DurchführungswegsUnterstützungskasse. So haben sich bei-spielsweise in den letzten Monaten mehrals 20 Universitätskliniken dem Versor-gungswerk KlinikRente angeschlossen,um den Ärztinnen und Ärzten die steuer-lichen Fördermöglichkeiten der Unterstüt-zungskasse über „KlinikRente Plus“ zubieten. Der Abschluss eines Tarifvertra-ges zwischen Marburger Bund und derTarifgemeinschaft der Länder im Jahr 2009hat dafür die Grundlage geschaffen. Nachwie vor gibt es aber Krankenhäuser, dieebenfalls die tariflichen Voraussetzungenhaben und diese einfachen Möglichkei-ten zur Mitarbeiterbindung und -zufrie-denheit nicht nutzen. Die Vorteile der Entgeltumwandlung for-muliert ein aktueller Ratgeber der Ver-braucherzentrale so: „Stellen Sie sich vor,der Staat schießt regelmäßig die Hälfteder Altersversorgung zu, und die Emp-fänger winken dankend ab“. Damit dieMitarbeiter diese Vorteile nutzen können,müssen aber auch mehrere Förderwegemit unterschiedlichen steuerlichen Wir-kungen zur Verfügung stehen.

Lohnoptimierung mit dem Ergebniseiner Win-Win-Situation

Eine weitere Möglichkeit zur Mitarbeiter-bindung bietet sich durch ein Programmder Lohnoptimierung im Bereich der Ver-mögenswirksamen Leistungen. Die tarif-lichen Voraussetzungen dafür sind in fastallen Krankenhäusern gegeben, dennochnutzen es bisher nur einzelne Arbeit-geber. Allerdings erfreut sich dieses Programm zunehmender Beliebtheit. Worum geht es dabei?Die Arbeit- beziehungsweise Dienstneh-mer erhalten in den Krankenhäusern inder Regel Vermögenswirksame Leistun-gen (VL) in Höhe von 6,65 Euro pro Monat. In vielen Krankenhäusern nutzenca. 70 - 80 Prozent der Belegschaft dieseVL. Sie stocken den Arbeitgeberbeitragvon 6,65 Euro mit zusätzlichen Eigen-beiträgen auf und zahlen bis zu 40 Euroim Monat ein. Das erfolgt aus dem Net-toeinkommen. Die VL werden in unter-

schiedliche Sparverträge, zum BeispielBausparverträge, eingezahlt. In diesenFormen sind die VL lohnsteuer- und sozi-alabgabenpflichtig. Jetzt zur Lohnopti-mierung: Der Arbeitgeber bietet allenArbeitnehmern, die künftig die VL in einebetriebliche Altersversorgung einzahlenund gleichzeitig eine Entgeltumwandlungvon mindestens 60 Euro vereinbaren, anStelle der VL von 6,65 Euro eine Verdopp-lung der Arbeitgeberleistung an. DieseMitarbeiter erhalten eine Altersvorsorge-wirksame Leistung (AVL) von 13,30 Euro(siehe Abbildung 1) an. Teilzeitkräfteerhalten die VL beziehungsweise AVLanteilig. Unterstellt man, dass ein Mitar-beiter bisher 40 Euro in einen Sparver-trag (Überweisung VL) einzahlt, kann ernach einer Umstellung circa 70 Euro ineine Entgeltumwandlung einbringen,ohne dass sich sein Nettoeinkommen ver-

Optimierung der VL durch AVL – ein Vergleich Abbildung 1

VL – Vermögenswirksame Leistungen

Bruttogehalt 2500,00 Euro

VL - Arbeitgeber + 6,65 Euro

Gesamt-Brutto = 2506,65 Euro

Lohnsteuer - 399,31 Euro

Sozialversicherung - 513,24 Euro

Nettoverdienst = 1594,10 Euro

Überweisung VL - 40,00 Euro

Nettoüberweisung = 1554,10 Euro

beispielhaft für einen 40-jährigen; ledig; Steuerklasse I/O (Tabelle 2010); KiSt: NRW; GKV 14,9%

AVL – Altersvorsorgewirksame Leistungen

Bruttogehalt 2500,00 Euro

Arbeitgeberleistung + 13,30 Euro

Einzahlung in bAV* - 83,30 Euro

Gesamt-Brutto = 2430,00 Euro

Lohnsteuer - 376,98 Euro

Sozialversicherung - 497,55 Euro

Nettoverdienst = 1555,47 Euro

Überweisung VL - 0,00 Euro

Nettoüberweisung = 1555,47 Euro

* Einzahlung in die betriebliche Altersversorgung

(70,00 Euro Entgeltumwandlung zzgl. 13,30 Euro Arbeitgeberleistung)

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2010

Optimierung der VL durch AVL – Arbeitgebersicht Abbildung 2

Arbeitgeber-Aufwand bei VLEinzahlung in VL 6,65 Euro

Sozialabgaben auf VL 1,33 Euro

Gesamtaufwand auf VL 7,98 Euro

Anstelle von circa 8 Euro Aufwand für die VL, ergibt sich ein Ertrag von circa 0,70 Euro bei AVL.Bei einem Wechsel von VL zu AVL entsteht ein Gesamtvorteil von rund 8,70 Euro pro Monat.Der Zuschuss für die Arbeitnehmer wird verdoppelt. Der Arbeitgeber spart Geld.

Arbeitgeber-Aufwand bei AVLEinzahlung in AVL 6,65 Euro

Einsparung Entgeltumwandlung 14,00 Euro

Zuschuss von AG 6,65 Euro

Ergebnis durch AVL 0,70 Euro

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wird, spart der Arbeitgeber Geld. Durchdie Kopplung der AVL an eine Entgeltum-wandlung spart das Unternehmen antei-lige Sozialversicherungsabgaben, dennsowohl die AVL als auch die Entgeltum-wandlung sind lohnsteuer- und sozialab-gabenfrei. So kann ein Arbeitnehmer biszu 70 Euro umwandeln, ohne das Net-toeinkommen zu mindern. Bei diesemUmwandlungsbetrag ergibt sich für denArbeitgeber eine Kosteneinsparung anSozialabgaben in Höhe von 14 Euro imMonat. Im Saldo spart das Haus damitrund 8 Euro im Monat für jeden Vertrag,der umgestellt wird (Siehe Abbildung 2). Unter dem Begriff „KlinikRente AVL“ hatdas Versorgungswerk dieses Programmspeziell für Krankenhäuser und Pflegeein-richtungen zugeschnitten.Mit diesem Konzept zur Lohnoptimierungkann sehr effektiv zusätzliches Vorsor-gekapital aufgebaut werden. Obwohl dieSparleistung sich mehr als verdoppelt,bleibt die Nettoauszahlung für die Arbeit-nehmer gleich und der Arbeitgeber spartzusätzlich Lohnnebenkosten.

Mitarbeiterzufriedenheit durch ein-fache Portabilität

Mitarbeiterbindung kommt aus einer Viel-zahl von größeren und kleineren Vortei-len, die der Arbeitgeber seinen Mitarbei-tern bietet. Solch ein Vorteil ist auch dieUnterstützung einer einfachen Portabi-lität. Unter Portabilität versteht man dieMitnahme der betrieblichen Altersver-sorgung bei einem Arbeitgeberwechsel.Dieses Thema wird für die betrieblicheAltersversorgung immer wichtiger. Ganzbesonders gilt das für Berufsgruppen, diein der Berufslaufbahn den Arbeitgeberhäufiger wechseln, wie zum Beispiel dieÄrzte. Aber es gilt natürlich auch für dieanderen Berufe im Gesundheitswesen.Mitarbeiter wollen die Möglichkeit haben,ihre betriebliche Altersversorgung beieinem Arbeitgeberwechsel ohne bürokra-tische Komplikation mitbringen bezie-hungsweise mitnehmen zu können. Des-halb wurden mit der Einführung desRechtsanspruchs auf Entgeltumwandlung

im Jahr 2002 mehrere Branchenversor-gungswerke gegründet, zum Beispiel dieMetallRente, die ChemieRente und dieKlinikRente. Innerhalb solcher Branchen-lösungen ist die Mitnahme einer beste-henden Versorgung problemlos möglich.Es erfolgt eine einfache Ummeldung beieinem Wechsel des Arbeitgebers. Gleich-zeitig wird für die Arbeitgeber die Admi-nistration erheblich vereinfacht. Beson-ders wichtig ist der Anschluss an denStandard im Durchführungsweg Unter-stützungskasse. Hier gibt es keine Mög-lichkeit der Übertragung – hier kann dieVersorgung nur innerhalb der gleichenKasse fortgesetzt werden. Vor diesem Hintergrund haben sich inzwi-schen fast 1300 Unternehmen der Gesund-heitswirtschaft dem VersorgungswerkKlinikRente angeschlossen. Auch in Tarif-verträgen wird sehr oft auf Branchenlö-sungen verwiesen.

Informationskonzept zur vollen Nutzung der Fördermöglichkeiten

Die Reformen der letzten Jahre haben mitden Regelungen zur Entgeltumwandlungden Unternehmen Instrumente an dieHand gegeben, die Versorgung der Mitar-beiter ohne zusätzlichen Aufwand für dasUnternehmen zu verbessern. Allerdingsist eine Voraussetzung, dass die Umset-zung in den Unternehmen auch funktio-niert. Gerade hier, im „Funktionieren“,liegen oft die Probleme. In vielen Fällenwerden die Fördermöglichkeiten imBereich der betrieblichen Altersversor-gung über Entgeltumwandlung von denMitarbeitern nicht oder nur unzureichendwahrgenommen. Im Ergebnis werden dieVorteile dann nur von einem geringen Teilder Belegschaft genutzt. Zusätzlich ver-schärft sich die Situation dadurch, dassin vielen Fällen die monatlichen Brutto-aufwendungen viel zu gering sind undnicht ausreichen, die Versorgungslückezu schließen. Auf der anderen Seite fließenMonat für Monat von vielen MitarbeiternBeiträge für die VL aus dem Netto in rela-tiv uneffektive Vertragsformen. Das lässtsich durch die richtige Information der

Mitarbeiter ändern. Mit einem in der Pra-xis erprobten Umsetzungs- und Informa-tionskonzept können viele Mitarbeiter undauch die notwendigen Umwandlungsbe-träge erreicht werden. Dieses Herangehen wird gerade für Unter-nehmen der Gesundheitswirtschaft inAnbetracht der Rente mit 67 und der vonder Bundesbank angestoßenen Diskussi-on über ein Renteneintrittsalter von 69immer wichtiger. Fazit: Zusätzliche Vorsorge liegt im Inter-esse der Arbeitnehmer und Arbeitgeber.Die Renten sinken. Das gilt für die gesetz-liche Rente genauso, wie für die Rentender öffentlichen und kirchlichen Zusatz-versorgung. Jeder Arbeitnehmer mussheute zusätzlich vorsorgen. Hierfür bie-tet die Entgeltumwandlung beste Mög-lichkeiten. Die Unternehmen müssen aberdie Voraussetzungen schaffen, dass dieMitarbeiter die Vielfalt der Förderwegenutzen können und auf die richtige Artdarüber informiert werden. Das Ende derSubventionierung von Frühverrentungund das steigende Renteneintrittsaltererhöht das Arbeitskräfteangebot der über60-jährigen von heute einer Million aufrund vier Millionen bis 2035. Bis dahinwerden die Kosten für einen vorzeitigenÜbergang in den Ruhestand weiter anstei-gen. Diese Kosten werden vor allem dieUnternehmen tragen müssen. Den Mit-arbeitern alle Förderwege der betriebli-chen Altersversorgung aktiv anzubietenund sie über diese Möglichkeiten zu infor-mieren, ist nicht nur eine Frage der Mit-arbeiterbindung, sondern auch ein Mittellangfristiger Kostenreduktion.

Autor

Hubertus Mund,Geschäftsführer, Versorgungs-werk KlinikRente, Köln,[email protected]

Autor

Friedhelm Gieseler,Geschäftsführer, Versorgungs-werk KlinikRente, Köln,[email protected]

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Online zum neuen Kittel?Zahlreiche Jobbörsen haben sich auf medizinisches Personal und Pflegekräfte

spezialisiert. Der Online-Check nimmt sechs Stellenportale unter die Lupe.

www.jobcenter-medizin.dewww.jobcenter-medizin.de wird vomSpringer Verlag betrieben und umfas-st rund 260 aktive Stellenanzeigen, diesich anhand der vier Kriterien „Fach-richtung, „Position“, „Region“ und „Post-leitzahl“ durchsuchen lassen. Die Auf-bereitung der Treffer erfolgt anhand einer einfachen Liste, diesich nach den genannten Kriterien sortieren lässt. Insgesamt istdas Portal sehr übersichtlich strukturiert und beschränkt sichauf die drei Hauptmenüpunkte „Für Arbeitgeber“, „Für Bewer-ber“ und „Über Uns“. Je nach Exklusivität des Layouts variierendie Kosten für eine Anzeigenschaltung zwischen 289 Euro und399 Euro. Ein Zusatznutzen für Bewerber entsteht durch dieFunktion „Jobletter“, die es Benutzern erlaubt, persönliche Such-profile anzulegen und sich täglich oder wöchentlich über neueAnzeige informieren zu lassen.

www.krankenhaus-stellen.de

Frisch am Markt der Jobportale für Mediziner angetreten istwww.krankenhaus-stellen.de, ein seit 2010 aktives Spin-Off derRWTH Aachen in Kooperation mit der EinkaufsgemeinschaftKommunaler Krankenhäuser (EKK) eG. Zielgruppe sind hier spe-ziell Krankenhäuser, zum Zeitpunkt des Onlinechecks warenbereits über 100 Anzeigen verzeichnet. Darüber hinaus enthältdie Seite die Möglichkeit, kostenfrei Jobgesuche aufzugeben,sowie eine Infothek unter anderem mit Bewerbungstipps, Kon-gress- und Fortbildungskalender. Das Portal www.kranken-haus-stellen.de überzeugt durch Nutzerfreundlichkeit dank desklar strukturierten und angenehm gestalteten Layouts. Einzi-ges kleines Manko: Die Nutzungskosten für Unternehmen sindnicht angegeben – man muss schon eine Weile suchen, um inden Nutzungsbedingungen den Hinweis zu finden, dass dieVergütung einzeln vereinbart wird und unter anderem je nachNutzungszeitraum und Größe des Krankenhauses variiert.

www.doccheck.comMit über 700000 registrierten Nutzernzählt www.doccheck.com zu den mit-gliederstärksten Fachportalen für Medi-zin in Europa. Die angebotenen Servi-

ces sind vielfältig und umfassen neben Newslettern, einem Onli-ne-Shop, einem eigenen TV-Kanal und Tools für Medizinstu-denten auch einen Stellenmarkt. Dieser ist umfangreich besetztund weist rund 1500 Stellenangebote sowie knapp 200 Bewer-berprofile aus. www.doccheck.com weist eine frech-moderneOptik auf, wie schon der Slogan der Stellenbörse verdeutlicht:"Find Deinen neuen Kittel".

www.medi-jobs.de

Obwohl hinter www.medi-jobs.de keinUnternehmen steht, sondern die Seiteoffenbar von einer Privatperson betrie-ben wird, ist das Ergebnis nicht minderprofessionell: Die Seite macht einen auf-geräumten Eindruck, erinnert von Optikund Aufteilung eher an die Suchmaschine Google und beschränktsich infolgedessen auf das Wesentliche. Abgesehen von der Stel-lensuche und ein paar Bewerbungstipps befinden sich aufwww.medi-jobs.de keine weiteren Inhalte. Derzeit umfasst dieSuche rund 2200 Angebote. Diese sind anhand von horizontalenReitern nach Berufsgruppen von Ärzte über Altenpflege bis hinzu Therapie und Verwaltung geordnet; zudem ist anhand von Iconssofort erkennbar, ob es sich um eine Voll- oder Teilzeitstelle, einPraktikum oder eine Ausbildung handelt. Außerdem userfreund-lich und beachtlich: Das Einstellen von Anzeigen ist kostenfreimöglich. Kleines Manko jedoch: Eine Suche nach regionalen Kate-gorien (Bundesland und/oder Postleitzahl) ist nicht vorgesehen.

www.medizinische-berufe.de

Bereits 1996 gegründet, bezeichnet sich www.medizinische-beru-fe.de als „Stellenbörsenpionier“. Auf den ersten Blick fällt dieTatsache auf, dass hier fast doppelt so viele Bewerberprofile (985)wie zu besetzende Stellen (534) hinterlegt sind. Dabei liegt derSchwerpunkt deutlich auf der Gruppe der Ärzte, auf die rund 80 Prozent der Angebote entfallen. Nicht besonders komfortabelist die Suchfunktion. Zum einen erschließt sich der Unterschiedzwischen der normalen und erweiterten Jobsuche sowie der Funk-tion „Stöbern“ nicht deutlich, zum anderen fehlt auch hier eineSuchoption nach Einsatzort beziehungsweise -region. Die Prei-se beginnen bei 300 Euro für selbsteingestellte Stellenanzeigenund enden bei 3800 Euro mit 25 Anzeigen und Zugang zur Bewer-berdatenbank. Jürgen Mai

TITEL Interim Management

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HR-MANAGEMENT IN DER GESUNDHEITSBRANCHE Online-Check

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