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Peter Steinhagen San Cugat del Valles, 22.9.2017 Paseo del Caqui 35 08198 San Cugat del Valles Spanien, Tel 0034-650977816 Email: [email protected] Verlagsgruppe Random House GmbH Neumarkter Str. 28 D-81673 München Lektorat Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit möchte ich Ihnen meinen Roman „Mit Crazy Horse im Schnee, Eine Begegnung mit dem Tod“ zur Veröffentlichung anbieten. Es ist die Geschichte der gemeinsamen Flucht eines Weißen vor seiner Inhaftierung und eines indianischen Mädchens, das einen Selbstmordversuch überlebte. Ihre Reise führt zu den heiligen Stätten der Dakota in Süd Dakota und Wyoming. Diese Reise wurde inspiriert von dem wahren Bericht über eine Selbstmordepedemie, die über die Pine-Ridge- und andere Reservationen hereingebrochen ist. Viele dieser Jugendlichen träumen von einer Figur namens Slin Man, einem bösen Cartooncharakter, der diese zum Selbstmord anzustiften versucht. Die Geschichte stellt den Versuch dar, sich vorzustellen, wie eine Heilung hätte aussehen können. Dabei geht es um eine Begegnung mit der Geschichte und mit inneren Dämonen. 1. Das Thema Ihrer Arbeit: Das Abenteuer der Begegnung mit der eigenen dunklen Seite in Form einer Wander- und Liebesgeschichte, die in Amerika beginnt und bis ans Ende des Jakobsweges in Spanien führt. 2. Der Titel „Die Sonne folgt dem Weg der Sterne, Narren auf dem Jakobsweg“ 3. Der Inhalt Der Protagonist Paul erwacht und sieht den Schatten eines Panthers über die Decke seines Schlafzimmer kriechen, das von draußen von einer entfernten Lampe angeleuchtet wird. Dieser Schatten wird ihm noch mehrere Male begegnen, am Ende in Form einer dramatischen Begegnung mit dem Tod. Kurz darauf endet Pauls Aufenthalt in Amerika und seine Beziehung. Er beginnt den Jakobsweg um mit dem inneren Todeswunsch fertig zu werden. Er trifft verrückte und interessante Leute und verliebt sich in die Pilgerin Natali. Bis zum Ende ist unklar, ob er sich ändert, ob die Liebe bestehen bleibt und ob er die Kraft zum Überleben findet. Seine Begegnung mit dem Tod macht ihn jedoch bereit für die neue Liebe. 4. Kernthemen: - Die Suche nach einem Grund weiterzuleben, angesichts eines unverstellten Blickes auf die Wirklichkeit und des Scheiterns einer Beziehung. - Die Geschichte des mittleren Westens der USA, insbesondere das Schicksal der Dakota. - Das Leben der Nomaden und die Sehnsucht nach dem besseren Lebens jenseits des Horizonts,

Peter Steinhagen · Web view- Route und Schicksal von U.S.-Tracks im 19. Jahrhundert, - Was an der DDR-Revolution 1989 wichtig war, - Das Schicksal der Templer und das der Katharer

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Peter Steinhagen

Peter Steinhagen

San Cugat del Valles, 22.9.2017 Paseo del Caqui 35 08198 San Cugat del Valles Spanien, Tel 0034-650977816 Email: [email protected]

Verlagsgruppe Random House GmbH

Neumarkter Str. 28D-81673 München

Lektorat

Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit möchte ich Ihnen meinen Roman „Mit Crazy Horse im Schnee, Eine Begegnung mit dem Tod“ zur Veröffentlichung anbieten. Es ist die Geschichte der gemeinsamen Flucht eines Weißen vor seiner Inhaftierung und eines indianischen Mädchens, das einen Selbstmordversuch überlebte. Ihre Reise führt zu den heiligen Stätten der Dakota in Süd Dakota und Wyoming. Diese Reise wurde inspiriert von dem wahren Bericht über eine Selbstmordepedemie, die über die Pine-Ridge- und andere Reservationen hereingebrochen ist. Viele dieser Jugendlichen träumen von einer Figur namens Slin Man, einem bösen Cartooncharakter, der diese zum Selbstmord anzustiften versucht. Die Geschichte stellt den Versuch dar, sich vorzustellen, wie eine Heilung hätte aussehen können. Dabei geht es um eine Begegnung mit der Geschichte und mit inneren Dämonen.

1. Das Thema Ihrer Arbeit:

Das Abenteuer der Begegnung mit der eigenen dunklen Seite in Form einer Wander- und Liebesgeschichte, die in Amerika beginnt und bis ans Ende des Jakobsweges in Spanien führt.

2. Der Titel

„Die Sonne folgt dem Weg der Sterne, Narren auf dem Jakobsweg“

3. Der Inhalt

Der Protagonist Paul erwacht und sieht den Schatten eines Panthers über die Decke seines Schlafzimmer kriechen, das von draußen von einer entfernten Lampe angeleuchtet wird. Dieser Schatten wird ihm noch mehrere Male begegnen, am Ende in Form einer dramatischen Begegnung mit dem Tod. Kurz darauf endet Pauls Aufenthalt in Amerika und seine Beziehung. Er beginnt den Jakobsweg um mit dem inneren Todeswunsch fertig zu werden. Er trifft verrückte und interessante Leute und verliebt sich in die Pilgerin Natali. Bis zum Ende ist unklar, ob er sich ändert, ob die Liebe bestehen bleibt und ob er die Kraft zum Überleben findet. Seine Begegnung mit dem Tod macht ihn jedoch bereit für die neue Liebe.

4. Kernthemen:

- Die Suche nach einem Grund weiterzuleben, angesichts eines unverstellten Blickes auf die Wirklichkeit und des Scheiterns einer Beziehung.

- Die Geschichte des mittleren Westens der USA, insbesondere das Schicksal der Dakota.

- Das Leben der Nomaden und die Sehnsucht nach dem besseren Lebens jenseits des Horizonts,

- Das Pilgern des Camino

- Die Betrügereien und Fehler des Kolumbus,

- Route und Schicksal von U.S.-Tracks im 19. Jahrhundert,

- Was an der DDR-Revolution 1989 wichtig war,

- Das Schicksal der Templer und das der Katharer nach deren Flucht nach Spanien um 1290.

- Die Suche nach einer zeitgemäßen Spiritualität.

5. Kommentiertes Inhaltsverzeichnis / Angabe zum Umfang des Buches

Die Kapitel gliedern sich wie folgt:

1. Kapitel: „Der Schatten“ Paul der Protagonist und Ich-Erzähler erwacht nachts und schaut den Schatten zu, die von einer Straßenlaterne durch ein kleines Wäldchen auf seine Schlafzimmerdecke geworfen werden. Dabei entdeckt er einen großen Schatten, der von keinem Eichhörnchen oder Waschbären kommen kann. Er überlegt, um was es sich handeln könne und reflektiert über sein Leben in Wisconsin, seltsame Wesen im Wald und die Besiedlung des mittleren Westens.

2. Kapitel: „Die Fahrt nach Westen“ Paul erinnert sich an eine Fahrt mit einem Freund zu den Orten in Süd-Dakota, von denen er als Kind in Indianerbüchern gelesen hatte. Er erzählt den Verlauf der Schlacht von Little Bighorn River, dem letzten großen Sieg einer verbündeten Streitmacht indianischer Stämme über die U.S. Kavallerie. Die Szenerie wirkt ernüchternd auf Paul, unter anderem deshalb, weil es sich nur um ein zwanzigminütiges Gefecht gehandelt hatte, nicht um eine Schlacht von epischen Ausmaßen. Paul gesteht sich außerdem ein, letztlich enttäuscht zu sein von Amerika, dessen Kultur nach seinem Eindruck den Menschen schadet.

3. Kapitel: „Ein Traum endet“ Am Tag nach dem Erlebnis mit dem Schatten wirft Pauls Freundin Maria mit ihm plötzlich vor, nichts von der Liebe zu verstehen. Er hinterfragt sie und bekommt schnell heraus, dass sich in jemanden anderen verliebt hat. Paul rennt aus dem Haus und landet in einer Bar im nahen Baraboo, wo er eine Bekannte trifft, die gerade den Jakobsweg vollendet hat. Sie erwähnt, dass ein Mann am Ende des Weges an der Atlantikküste alle seine Sachen verbrannt hatte und ins Wasser gesprungen ist. Dies beeindruckt Paul, der mit einem inneren Todeswunsch kämpft. Die Wanderung stellt seinen Versuch dar, noch etwas Wahres, Lebenswertes in der Welt zu finden. Am Ende wartet die Entscheidung auf ihn, ob auch er sich ins Meer stürzen will, um Gott herauszufordern oder den Tod zu finden.

4. Kapitel: „Die Sehnsucht nach den Sternen“ Paul beginnt den Jakobsweg in Ronchesvalles und führt eine Unterhaltung mit einem gewissen Carlos, einem älteren Mann aus Spanien, mit dem er noch öfters zusammen treffen wird. Carlos stellt ein paar Fragen und entpuppt sich als eine Art Coach. Paul bittet ihn um Hilfe, aber Carlos ist abweisend und verschwindet für mehrere Tage. Paul wandert allein weiter.

5. Kapitel: „Haben die Tempelritter überlebt?“ Paul begegnet an einem Oktogon, einer achteckigen Kirche, die fälschlicherweise den Templern zugeschrieben wurde einem Mann namens Ralph, der ihn in ein langes Gespräch über die Tempelritter zieht. Während des langen Gespräches muss Paul mit ihm die Kirche immer wieder barfuß umkreisen, was ihn in Trance versetzt.

6. Kapitel: „Die Schöne von der Brücke“ Paul lernt seine zukünftige Liebe Natali auf einer mittelalterlichen Brücke in „Puente de la Reina“ kennen. Sie unterhalten über Kerzenlichter, die den Strom hinunter schwimmen, lernen sich aber nur flüchtig kennen.

7. Kapitel: „Die keltischen Hexen“ Paul lernt eine Frau kennen, die Mitglied in einem englischen Hexenzirkel ist. Sie erzählt ihm, was der Glaube an die Göttin für sie bedeutet. Am Ende wird er zu einem Ritual eingeladen bei dem ihm eine Erfahrung göttlicher Liebe zu Teil wird.

8. Kapitel: „Das Mantra“ Er trifft die nur aus Männern bestehende Pilgergruppe von Ralph und kommt ins Gespräch mit Jordi, der ihm ein Mantra mitgibt, das ihn auf dem Rest des Weges begleitet. Er fragt Paul wie weit er gehen will, um die Wahrheit zu finden.

9. Kapitel: „Über der Ebene ein weiter Himmel“: Paul trifft Horst, einen Mann aus Österreich, der in den Wäldern lebt und spricht mit ihm über außergewöhnliche Erfahrungen in den nächtlichen Wäldern und die Verbindung zu allen Wesen. Später am Tag trifft er Carlos wieder, nach dem er schon lange Ausschau gehalten hat. Er vermutet in Carlos jemanden, der ihm helfen kann und bittet ihn darum ihn in seine Geheimnisse einzuweihen. Erst als Paul auf dem leeren Kirchplatz vor ihm niederkniet, willigt Carlos ein.

10. Kapitel: „Das Märchen“ Carlos erzählt Paul nun von seiner Familie, die im Mittelalter aus den französischen Pyrenäen nach Spanien geflohen ist und ihre eigene spirituelle Tradition über die Jahrhunderte mit Hilfe von Märchen bewahrt hat. Carlos beschreibt den gnostischen Schöpfungsmythos von seinen Ahnen. Paul berichtet davon, dass er seinen Eltern als Kind Geld gestohlen hatte. Carlos fordert ihn auf, sich bei seinen Eltern dafür zu entschuldigen. Paul geht lieber in eine Bar und trinkt ein Bier. Da trifft er auf Peggy und ihre Hexen. Er stellt sie zur Rede, weil er glaubt, dass es sei bei dem Ritual zu Sex gekommen ist. Peggy antwortet, dass er alles getan habe um Sex zu haben. Sie gesteht, dass sie eine Lesbe ist und deshalb von ihm fortgegangen ist. Sie reden auch über ein mögliches Kind, das sie gerne allein aufziehen möchte.

11. Kapitel: „Der Sturm“ Paul gerät in ein Gewitter und wird fast von einem Blitz erschlagen. Vollkommen durchnässt rettet er sich in eine Bar. Er trifft Carlos wieder, der ihn drängt sich nun bei seinem Vater zu entschuldigen. Er ruft den Vater an, der überrascht und enttäuscht reagiert, dann aber einlenkt. Paul fühlt sich benommen. Carlos erzählt ihm einen weiteren Abschnitt aus dem Märchen „Eisenhans“ in dem er von der Schuld redet, die von dem Verlassen der Kindheit herrührt und dem Verlassen Gottes. Paul läuft den Rest der Tagesetappe allein und denkt wieder über die letzten Minuten von Custers Schlacht nach. Was mochten die Soldaten im Angesicht des Todes gedacht haben? Er gesteht sich ein, dass er sein Leben lang vor sich selbst davon gerannt ist. Wie die Soldaten keinen Moment der Stille gefunden hatten, um zu begreifen was gerade geschah, so hatte auch er sich diesen einen ehrlichen Moment der Reflexion nie genommen. Erst jetzt gesteht er sich ein, einen Abgrund aus Lügen und Maskeraden aufgehäuft zu haben.

12. Kapitel: „Der Brunnen“ Paul wird krank und muss die nächsten Tage in der nächsten Herberge bleiben. Carlos bleibt noch einen Tag bei ihm und erzählt die Geschichte vom Eisenhans bis zu einer entscheidenden Wende. Er gibt Paul eine Übung und einen letzten Rat, für den Fall, dass der dem Pfad der Gnosis folgen will. Am Nachmittag erreicht eine neue Gruppe von Pilgern das Hostel, unter ihnen Natali. Carlos überlässt Paul ihrer Obhut und geht weiter. Natali bleibt zwei weitere Tage bei Paul bis er weiter wandern kann.

13. Kapitel: „Das Glück der Nomaden“ In Leon führt Natali ein erstes Interview mit Paul, in dem er über seine Reise zu den heutigen Dakota in der Pine Ridge Rerservation erzählt. Er berichtet auch von seinem Besuch bei dem Monument für Crazy Horse Monument in den Black Hills. Er erzählt davon, dass die ganze Geschichte der Dakota eigentlich durch den Einbruch der Weißen in Amerika zustande kam, da sie ursprünglich Maisbauern an der amerikanischen Ostküste waren und nur durch ihre Flucht nach Westen in die Prärie kamen. Er glaubt, dass die Indianer die Büffel durch die neue leichte Jagd mit dem Pferd auch bald ausgerottet hätten. Was Paul bleibt, ist Hoffnungslosigkeit. Er und Natali gelangen in eine kultige Herberge

14. Kapitel: „Der Narr“ Paul begegnet einem Narren, der in einer Ruine in dem Bergdorf Foncebadon sein Quartier aufgeschlagen hat. Natali am nächsten Tag den legendären Tomas in dem nächsten Ruinendorf, in einer zusammengenagelten Bretterbude interviewen, aber der ist nicht da. Natali und Paul sprechen über indigene Kulturen. Was macht deren Lebensgefühl aus? In Ponferada in der Templerburg verlieben sie sich in einander. Aber Natali macht deutlich, dass sie sich weiter auf die Interviews konzentrieren muss. Paul ist enttäuscht und versucht sie am nächsten Tag abzuhängen.

15. Kapitel: „Rot leuchtende Haare“ Nach einer einsamen Tageswanderung trifft er Natali in Trabadelo Natali wieder. Sie versöhnen sich, liegen sich in den Armen und schmieden Zukunftspläne.

16. Kapitel: „Die Göttin“ Paul erkennt in O Cebrero sein Dilemma, nicht zu wissen was Liebe ist, außer in ihr eine Göttin zu sehen und ihr zu dienen. Natali und er haben eine berauschende Liebesnacht im Wald.

Natali will am nächsten Tag allein sein. Paul ist am Boden zerstört und beschließt nachdem sie, die sich mit einem gutaussehenden Spanien angefreundet hat, zu verlassen.

17. Kapitel: „Licht und Weihrauch“ Natali entschuldigt sich bei Paul und bittet darum wieder mit ihm gemeinsam zu Wandern, da dies der letzte Tag vor Santiago ist, Ankunft in Santiago, Beschreibung der Kathedrale, Trennung von und Verabredung mit Natali.

18. Kapitel: „Die Offenbarung des Jakobus“ Treffen mit einem Pilger, dem der Apostel Santiago erschienen ist und der diese Vision detailliert beschreibt.

19. Kapitel: „Der Tanz der Narren“ Wiedertreffen mit Phillip, dem Narren. Ein verrückter Tanz über den Platz vor der Kathedrale. Ein grotesker Tanz mit einem verlausten Hippimädchem in der Maskerade des Todes. Paul wird schlecht und verpasst deshalb Natali.

20. Kapitel: „Die Straße der Drachen“ Paul macht sich auf den Weg weiter richtig Westen. Die Landschaft schwankt, er sieht Drachen in der Tiefe und befürchtet verrückt zu werden. Er atmet langsam und spricht sein Mantra. Die frische Luft und sein stetiges Gehen stabilisieren seine Wahrnehmung. Er trifft Natali wieder sie verleben eine Liebesnacht in einer kleinen leeren Dorfschule, die als Herberge dient. Sie verleben einen weiteren Tag und eine Nacht in enger Verbundenheit aber auch voller Ungewissheit.

21. Kapitel: „Schlussakkord“ Natali und Paul erreichen Finistere. Paul entscheidet sich allein an den Strand auf der anderen Seite der Halbinsel zu gehen. Natali bleibt im Ort in der Herberge. Ihr Abschied ist traurig. Paul sitzt am Strand und schaut der untergehenden Sonne zu. Er stürzt sich schließlich ins nächtliche Meer nachdem bei den Hippies bei denen er wohnt noch eine Tasse mit einer Droge heruntergeschluckt hat. Er wird ins Meer hinausgetrieben und kämpft mit den Wellen und den inneren Visionen. Er scheint zu sterben und hat eine innere Vision. Aber mit großer Willensanstrengung gelangt er an den Strand von Finisterre. Natali findet ihn und bringt ihn in die Herberge.

6. Dieses Buch besitzt 51 550 Wörter; das entspricht im C6 Format einer Anzahl von c. 340 Seiten.

7. Leseproben

Aus c. 1: Der Schatten

Ich erwachte eines Nachts mit einem Gefühl der Gefahr. Diese Gefahr schien noch fern zu sein, aber ich spürte, dass sich irgendwo etwas geregt hatte. Es war so alt war, dass ich gehofft hatte, seine Existenz für immer unter den Abraumhalden des Vergessens zu begraben. Aber jetzt wusste ich wieder um seine Existenz. Mein Verstand konnte das nicht verstehen. Die Gedanken jagten durch meinen Geist. Was bedeutete das? Von wo kam die Gefahr? Ich hörte den ruhigen Atem von Maria an meiner Seite. Alles war ruhig. Ich schaute zur Decke hinauf, wo sich die Schatten der Zweige der Bäume bewegten, die draußen leise raschelnd im Nachtwind der hin und her schwangen. Es war dieses Bild an der Decke, das mich schon manche Nacht in den Schlaf gewiegt hatte. Das Licht wurde von einer hellen Straßenlaterne, die weiter unten am Hang stand, durch ein kleines Wäldchen hindurch auf unsere Decke geworfen. Ich hatte nie versucht etwas Bestimmtes in diesem Teppich aus Licht- und Schattenmustern zu finden, bis ich zum ersten Mal den Schatten eines Tieres hindurch huschen sah. Vielleicht war es eine Katze, ein Vogel oder ein Eichhörnchen gewesen, wer konnte das wissen. Was auch immer es gewesen war, es ließ mich in Vermutungen zurück bis ich wieder einschlief und die Sache vergaß. Heute war es aber anders, denn plötzlich erschien ein so großer, mächtiger Schatten an der Decke, dass er bald die Hälfte der beleuchteten Fläche einnahm, langsam mit scheinbar gespannter Kraft und in unheilverkündender Langsamkeit darüber schlich und wieder verschwand. Was auch immer es gewesen war, es konnte jetzt direkt an unserer Hauswand kratzen. Wir waren hier in Amerika, in Wisconsin, an den Außenhängen eines Massivs in dessen Mitte hoch über der Ebene der Teufelssee lag, der Devil´s Lake, den die Indianer ursprünglich den Geistersee, den Spirit Lake, genannt hatten, weil sie während ihrer Zeremonien die Stimmer der Geister hatten hören können. An seinen Ufern gab es Jahrhunderte alte, aufgeschüttete und mit Gras überwachsene Tierbilder, vor allem von Bären und Jaguaren. Das Gestein an den steilen Hängen des Devil´s Lakes änderte seine Farbe alle fünf Minuten wobei es zwischen Weiß und Rot oszillierte, zwei Farben, die für die Indianer heilig waren. Ich fragte mich unwillkürlich was für ein großes Tier so einen Schatten hatte werfen können und spürte ein leichtes Grauen. Es konnte nur ein Bär oder ein Jaguar gewesen sein, oder etwa ein Mensch? Ach, ja dann gab es da ja noch den Bigfoot, der in Kalifornien leben sollte, eine Yeti-ähnliches beharrtes zweibeiniges Wesen. Ein Freund berichtete mir von seiner Zeit als Scout am Rande der riesigen kalifornischen Wälder. Es hatte da einen selbstbewussten Jungen in seiner Pfadfindergruppe gegeben, dem niemand etwas hatte sagen können. Nachdem er einmal einem Bigfoot begegnet war, einer großen unerträglich stinkenden Gestalt, wie er sagte, saß er nur noch still und in sich gekehrt in der Ecke. Immerhin war das Gebiet des Devil´s Lakes durch riesige Agrarflächen und zwei große Flüsse von den westlichen Plains und den Rocky Mountains abgeschnitten, von Kalifornien gar nicht zu reden. Ich saß in meinem Bett und schaute hinaus in die Nacht. Ich versuchte dort den Schatten wiederzufinden, den ich eben an der Wand entdeckt hatte. Was für eine Kreatur konnte vor unserem kleinen Holzhaus durch die Äste geklettert sein? Oder hatte mich meine schläfrige Fantasie zum Narren gehalten? Was es auch gewesen war, dieser Schatten würde wiederkehren und mich nicht ungeschoren davonkommen lassen. Das wusste ich, obwohl mir diese Vorahnung zugleich absurd vorkam. (…)

Aus c. 2: Die Reise nach Westen

(…) (Die Schlacht am Little Bighorn River)

Inzwischen hatte Custer mit seinem Bataillon, das aus fünf Kompanien bestand, seine halbe Umrundung des Indianerlagers vollendet. Erst kurz vor dem eigentlichen Angriff trat das ganze Zeltlager in sein Blickfeld. Obwohl es groß war, wirkte es friedlich, denn er sah nur ein paar Frauen und Kinder und Pferde. Eine größere Menge von Kriegern machte er nicht aus. Sein Plan war mit seinen 250 Dragonern einen kleinen Teil des Zeltlagers zu umzingeln und die Frauen und Kinder als Geiseln zu nehmen. Dann wollte er die Krieger zum Aufgeben und zur Entwaffnung zwingen.

Er ritt den Hang hinunter, um den Fluss zu überqueren, und den Angriff vorzutragen noch bevor sich eine Verteidigungslinie formen konnte. Ob er den Fluss jemals erreichte, darüber gab es wiedersprechende Augen-zeugenberichte. Klar ist jedenfalls, dass der Gegenangriff wie ein Tornado über ihn hereinbrach. Er sah sich innerhalb weniger Minuten von einer fünf- bis zehnfachen Übermacht umzingelt. Nicht nur waren die Indianer bessere Reiter und kampferprobtere Krieger, sie hatten auch eine weitaus bessere Kampfmoral als die aus 15 Nationen zusammengestellte Truppe Custers. Auch in der Bewaffnung waren sie überlegen. Custers Leute besaßen altmodische Karabiner, die nach jedem Schuss neu geladen werden mussten, und Revolver, aber keine Säbel, da der General sich nicht durch deren Geklapper verraten wollte. Ein Drittel der Dakota-Krieger hatten dagegen schnellere Unterhebelgewehre zur Verfügung, die bis zu sechzehnmal sekundenschnell nachgeladen werden konnten und Flitzbogen die bei Reiterangriffen zu schneller Schussfolge fähig waren.

Custers Abteilung trat nach dem zweiten missglückten Angriff in Panik den Rückzug an. Zwei Kompanien wurden zurück-gelassen, um den Rückzug zu decken. Sie überlebten die nächsten fünf Minuten nicht. Die drei übrig gebliebenen Kompanien ritten in wilder Flucht den Hang hinauf. Aber es war zu spät. Der Kriegshäuptling Crazy Horse griff sie mit seiner Elite-Truppe von Norden aus an, womit ihr mögliches Entkommen in die Prärie vereitelt wurde. Die Dakotafrau Buffalo Calf Road Woman wurde berühmt, weil sie Custer mit ihrem geworfenen Steinhammer vom Pferd herunter holte.

Die Gedenksteine auf dem Schlachtfeld zeigten Peter und mir, wo die Körper der Toten gefunden worden waren. Die Heftigkeit des Angriffs erzeugte Chaos, die Kommandostruktur brach zu-sammen. Die verbleibenden Dragoner drängten sich in Gruppen zusammen und suchten hinter den Körpern ihrer Pferde Deckung, die sie zuvor erschossen hatten. Von außerhalb dieser Wälle aus toten Tierleibern hagelte es Pfeile und Kugeln. Die Indianer schossen hunderte Pfeile in die Luft die mit einem rauen Pfeifton von oben auf die Soldaten niedersausten. Einige Soldaten beginnen Selbstmord, um nicht lebend in die Hände der Indianer zu fallen. Andere senkten erschüttert ihre Waffen, als sie merkten, dass die Indianer sie nicht gleich töteten, sondern sie erst noch überritten um sie mit ihren Lanzen anzutippen, was diese Coup-Zählen nannten und die Essenz des Kampfes ausmachte. Andere sollen die Gewehre schreiend in die Luft gehoben haben, als ihnen die Munition ausgegangen war. Das ganze Gefecht dauerte „so lange, wie ein hungriger Krieger braucht um sein Mal zu ver-speisen“, wie indianische Augenzeugen es ausdrückten, also nicht länger als zwanzig Minuten. Ich fragte mich, was die Dragoner, diese hoffnungsvollen, aber auch un-erfahrenen Rekruten aus aller Welt wohl gedacht hatten, als sie bemerkten, dass es kein Entkommen mehr gab. Hatte irgendetwas ihnen Hoffnung gegeben? Welche Idee konnte so wahr und überzeugend sein, dass sie selbst dem herannahenden Tod wiederstehen konnte?

Aus c. 5: „Haben die Tempelritter überlebt?“

„Ich kenne eine Frau in den Pyrenäen“, sagte Ralph, „die in einer alten Templerkomturei lebt. Sie ist so eine Frau mit langen geflochtenen grauen Haaren, die keinen Luxus braucht. Sie trinkt Regenwasser und lebt von ihrem Garten. Das möchte ich auch mal machen.“

„Was sagtest du? Komturei?“

„Ja, das sind die Höfe, die die Templer hatten mit eigenen Farmen und Kirchen. Aus denen haben sie ihr Geld gezogen. Da gibt es auch eine Kapelle aus dieser Zeit und ein Templerkreuz aus Eisen, das am Rande eines kleinen Plateaus steht. Das habe ich selbst gesehen. Man steht da wie über den Wolken und da ist dieses unglaubliche Kreuz am Rande des Abhangs. Ich habe meinen Cousin, einen Ingenieur, gefragt ob so ein Kreuz aus dem Mittelalter die Zeiten überstehen kann und er sagte ja, das mittelalterliche Eisen bildet im Laufe der Zeit eine Oxidationsschicht, so dass es nicht weiter verrostet. Einmal wollte die Regierung da eine Erdbebenmessstation hineinbauen, genau in die Mitte dieses Plateaus. Und damit den heiligen Platz zerstören. Das ist diese Frau rausgegangen auf das Plateau mit ihrem Schlafsack, Wasser und Handy und hat eine Woche lang gebetet und gefastet. Sie ist schon in den Sechzigern. Aber sie hat öfters verrückte Dinge gemacht, wie ohne Geld von dort aus bis nach Santiago zu gehen. Jedenfalls hat sie da eine Woche verbracht und immer ihre SMS geschrieben und alle möglichen Leute um Hilfe gebeten, ohne dass etwas geschehen ist. Die lokalen Behörden waren nicht bereit, den Ort der Bohrung zu verändern. Die Zerstörung des Plateaus schien unvermeidbar. Aber dann in der letzten Nacht ist etwas sehr Seltsames geschehen. Eine Templerkohorte ist über den Himmel geritten, auf Schimmeln und in weißen Mänteln mit roten Kreuzen, wie in einem Film. Und sie hörte diesen Ruf: Alles wird gut! Danke!“ Ralph sah mich vielsagend an. Ich runzelte die Stirn.

„Ich kann mir vorstellen, dass du so was siehst, wenn du ´ne Woche betest und fastest, “ entgegnete ich. „Aber was bedeuten solche Visionen? Sind das Einblicke in eine höhere Ordnung oder nur Halluzinationen?“

Aus c. 13:.„Das Glück der Nomanden“

Leon war ein schöner Ort zum Verweilen. Die große Herberge, die ich mit letzter Kraft erreichte, wurde von Nonnen betrieben. Nachdem ich mich ausgeruht hatte ging ich mit Natali durch die Altstadt. Die Kathedrale war die schönste, die ich bisher gesehen hatte. Sie besaß noch die mittelalterliche Originalverglasung. Auch Natali war beeindruckt.

„So was habe ich bisher nur in Chartres gesehen.“ Sagte Natali.

„Ich war auch schon da, das war beeindruckend, diese Dunkelheit in der Kirche und die mystischen Farben. Hier ist es ein bisschen heller.“ Sagte ich.

„Was hast du bisher über den Weg gelernt?“ fragte ich sie nachdem wir auf den hellen Vorplatz getreten waren. Sie strich sich nachdenklich durch ihre rötlich-lockigen Haare.

„Ich habe eine Menge Aufzeichnungen gemacht. Ich muss übrigens zur Post um einiges nach Hause zu schicken, es wird zu schwer zum Schleppen.“ Sie nahm ihre Schreibmappe und wandte sich zum Gehen, dann hielt sie an und kehrte zu mir zurück.

„Aber…“ Sie warf mir aus ihren blau-grünen Augen einen kurzen strahlenden Blick zu.

„Ich brauche dich noch!“

„Hm? Wie meinst du?“

„Ich brauche dein Interview!“

„Was willst du denn wissen?“

Wir setzten uns auf eine Bank vor der Kathedrale und sahen den Leuten zu die über den Platz lustwandelten. Natali wandte sich mir zu und betrachtete mich aufmerksam.

„Ich will wissen, warum du hier auf dem Camino bist. Aber bitte so ehrlich wie möglich. Ich brauche etwas Fundiertes, keine Klischees.“ Sie war ernst. Ich hielt ihrem Blick für drei Sekunden stand und sah dann zur Kathedrale hinauf.

„Das ist eine lange Geschichte.“

„Das macht nichts, ich habe Zeit mitgebracht.“

„Ich war immer auf der Suche, ich weiß nicht wonach. Das erste Mal ist mir dieses Etwas, nach dem ich suchte, in einem Buch begegnet. Es war ein Jugendbuch über die Dakota…“ Ich erzählte Natali meine Geschichte mit Welskopf-Henrich. „Und dann war ich plötzlich in Amerika, ich weiß auch nicht wie ich dahin kam. Ein Freund hatte mich eingeladen und mir ein Aufenthaltsvisum besorgt. Naja, und dann sind wir eines Tages nach Westen aufgebrochen, mein Freund und ich, dahin wo sich das Schicksal der Dakota erfüllte.“ Ich schwieg und ließ den Highway wieder vor meinem inneren Blick auftauchen.

„So wir fuhren also nach Westen bis wir die Pinge Ridge Reservation der Dakota in Süd-Dakota erreicht hatten. Wir zelteten in einem Camingplatz am Rande der Bad Lands, die auch heiliges Indianerlang sind. Verkarstete Hügel und eine Stille und Trockenheit wie in der Wüste. In dem letzten heruntergekommenen Dorf vor der Reservation kamen mit einer Barfrau ins Gespräch, wie war noch ihr Name…Ich habe ihn vergessen. Sie sagte, sucht hier bloß keine Indianerromantik, hier ist keine mehr. Ihr kommt über hundert Jahre zu spät. Die meisten Leute hier haben ein Alkoholproblem. Diese Gegend hat selbst der Teufel vergessen. Und die Läden, die gerade außerhalb der Reservation liegen, machen einen Riesenumsatz mit Bier. Dann bist du ja am richtigen Platz, sagte ich. Sie lachte. An dem Abend kamen aber keine Leute aus der Reservation, so schlenderten wir durch den Ort, der voll war mit leeren staubigen Plätzen, verlassenen Trailern und kaputten Autos.“

„War dir klar, was du da suchst, bei den Indianern, deine Kindheit?“

„Ja, schon, ich habe nach den Spuren meiner Kindheit gesucht und Peter ist einfach nur mitgekommen und hat sich treiben lassen. Ich wollte noch einmal dieses prickelnde Gefühl der Spannung erleben, das ich als Kind hatte, als ich die ersten Bücher von Liselotte las.“

„Und hast du´s gefunden?“ fragte Natali lächelnd.

Ich machte eine verneinende Geste mit dem Kopf.

„Natürlich nicht. Aber ich habe Indianer gefunden, die etwas Ähnliches suchten wie ich, und die auch zu spät gekommen sind. Wir fuhren dann nach Wounded Knee. Hast du davon schon gehört?“ Natali nickte.

„Ja, das war wo das letzte Massaker an den Dakota passierte, wo die revolutionäre Bewegung des Geistertanzes niedergeschlagen worden war. Diese Bewegung war von einem visionären indianischen Propheten namens Wovoka ins Leben gerufen worden, und begann als eine Art neuchristlicher Religion, dann änderte sie ihre Richtung und wurde zu einer rein indianischen Widerstandsbewegung, in der Hoffnung dass durch die vereinten Gebete und Geistertänze der Indianer die Erde den Weißen Mann verschlingen würde. Das Massaker beendete diese Bewegung. Danach lebten sie nur noch in der Reservation.“ Ich sah sie anerkennend an.

„Ja, genau, du hast diese Geschichte auch studiert. Ich habe dort in Wounded Knee mit einem Mann gesprochen, der saß mit seiner Familie in einem kreisrunden Museum, das etwas roh und lieblos zusammengezimmert wirkte, wie die meisten Bauten und Häuser in Amerika. An den Wänden hingen Bilder und Plakate, die an die Besetzung des Ortes von 1973 durch indianische Aktivisten erinnerten und an die ich als Kind in den Nachrichten gesehen hatte. Es war das erste Mal dass ich Indianer in den Weltnachrichten sehen konnte. Sie machten darauf aufmerksam, dass der Krieg noch nicht vorbei sei. Die Familie passte auf das Museum auf. Der Vater erzählte mir, dass sie sich auf ein Abendessen mit dem Rest der Familie vorbereiteten. Das Essen war zum Gedenken an ihre vor zwei Jahren verstorbene sechzehnjährige Tochter gedacht. Sie war eingeladen und es war sicher, dass sie auch kommen würde, natürlich als Geist. Der Mann erzählte auch, dass er 1973 bei der Besetzung dabei gewesen war und als Fünfjähriger Nahrungsmittel durch den Umschließungsrind des FBI geschmuggelt hatte. Und dann sprachen er auch von den Treffen der Anonymen Alkoholiker, die es als einzige schafften, den Indianer zu helfen und sie wieder mit dem Großen Geist zu verbinden. Später sahen wir noch ein Blechschild mit dem Namen von Crazy Horse. Es war von Kugeln durchlöchert. Die Weißen hassten ihn noch immer. Er war eine mythische Figur. Soldaten berichteten, dass sie in einer Schlacht aus nächster Nähe auf ihn geschossen hatten, aber die Kugeln haben ihn nicht getroffen. Er hatte eine Art Zauberhemd. Nur die eigenen Leute konnten ihn töten. Sein Grab wurde nie gefunden, es liegt da draußen irgendwo in der sandigen Prärie von Pine Ridge.“

Natali notierte sich alles und dachte nach.

Ich hatte ihr erzählt in Ostdeutschland aufgewachsen zu sein, was sie interessant fand. Jetzt kam sie darauf zurück.

„Und wie hast du die Revolution 1989 im Osten erlebt?“ Ich brauchte ein paar Minuten, um die inneren Bilder zurückzuholen.

„Das schönste an der ganzen Revolution war die erste Demonstration, als es endlich auch in unserer Stadt losging. Wir hatten Kerzen dabei und fühlten uns wie eine verschworene Gemeinschaft, wie Brüder und Schwestern auf dem Weg in eine aufregende Zukunft. Das Gefühl der Freiheit versetzte uns in eine freudige Aufregung. Aber diese Gefühle verflogen wieder. Es war das was die Revolution ausgemacht hatte, nicht der Kaufrausch nach der Maueröffnung. Wir waren unterwegs, zusammen, wir waren noch nicht angekommen. Später, als wir auf die ersten freien Wahlen zugingen, sind wir alle zusammen die Straße entlanggezogen, obwohl wir für unterschiedliche Parteien demonstrierten und jeder für etwas anderes warb. Wir wollten dieses Zusammensein nicht aufgeben, denn wenn es einmal vorbei war, würde es nie wiederkommen, das wussten wir.“

„Ihr wart wie Nomaden.“ Sagte Natali lachend. Ich lächelte nachdenklich.

„Ich denke, das war immer so. Als die Europäer nach Amerika kamen und dann in langen Wagenkolonnen nach Westen zogen, haben sie alles miteinander geteilt und selbst ihr Leben eingesetzt, um sich gegenseitig zu schützen. Als sie sich dann niederließen und Städte bauten, zerfiel die Gemeinschaft. Und als die Indianer vor ihnen nach Westen zogen, um nicht von ihnen überrannt zu werden, waren sie eine intakte Gemeinschaft. Aber in der Reservation klappt es nicht mehr, weil sie sesshaft sind. Sie haben bei uns in Wisconsin genug Geld. Sie verdienen mit dem Casino an die Achtzig Millionen Dollar pro Jahr. Jeder kriegt seine lebenslange Rente. Aber sie kommen nicht mit dem Leben klar. Nur die, die wieder die alten Wege gehen. Ich war mal auf einem Pow Wow, einem traditionellen Fest mit ihren Tänzen, das war toll. Diese Jugendlichen und Erwachsenen hatten Halt in der Tradition gefunden. Sie gingen wieder zur Visionssuche tagelang in die Wildnis, ohne essen und ohne trinken. Seid Wanderer soll Jesus mal gesagt haben. Ich habe mal gelesen, dass sich die Menschheit an der Küste von Ostafrika nach Norden vorgearbeitet hat, und dann weiter nach Osten an den asiatischen Küsten entlang gewandert ist, über viele Tausend Jahre, bis sie mit Booten nach Australien übergesetzt sind. Und auch dort sind sie auch ständig herum gelaufen. Wir haben einfach kein Sitzfleisch.“

„Es geht immer um Freiheit nicht wahr?“

Ich zuckte mit den Achseln.

„Ich glaube es geht immer um inneren Frieden. Ganz unspektakulär. Was wir im Westen für Freiheit halten hat bei den Urvölkern keine Bedeutung. Da gibt es die Idee des Reisens nicht und auch nicht die Idee von einem persönlichen Besitz, der über das Notwendigste hinausging. Freiheit musste für sie etwas anderes bedeutet haben. Wer weiß. Für heute bin ich zu müde. Lass uns morgen weiterreden, wenn du noch zuhören willst.“ Natali nickte.

„Ja, sicher. Es interessiert mich sehr.“

„Warum bist du eigentlich bei mir geblieben, als ich da Fieber hatte?“ Natali lächelte verlegen.

„Ich weiß auch nicht. Ich hatte einfach das Gefühl, dass ich bei dir bleiben sollte.“ Ich umarmte sie dankbar und trollte mich müde in mein Bett. Natali war im Frauentrakt der Herberge untergebracht. Die anderen Pilger waren mir alle unbekannt. Weil wir drei Tage verloren hatten, war eine vollkommen neue Welle von Leuten angerollt. So war es immer auf dem Camino, Anschluss halten war alles.

Am Morgen trafen Natali und ich uns vor der Herberge gingen durch Leon hinauf bis zu dem Vorort Virgen del Camino von wo wir den Weg über Landstraßen wählten, um nicht für zwei Tage an einer Schnellstraße langlaufen zu müssen. Unsere Schritte knirschten auf dem morgendlichen Weg. Ich erzählte meine Geschichte weiter. Natali war ganz die Feldforscherin, aufmerksam und mit einem Notizblock in den Händen.

„Später sind wir zum Monument von Crazy Horse gefahren, das in den Black Hills liegt. Es wird wenn es denn mal fertig werden sollte, das größte Denkmal der Welt sein. Da traf ich in einem Buchladen auch einen jungen Nachfahren der Dakota, der nur noch ein Viertel des indianischen Blutes in sich hatte und der seinem Vater nacheiferte, einem Halbblutkrieger, der auf seine Nahkampferfahrung im Vietnamkrieg stolz war. Das hatte ich schnell herausbekommen, als ich das Buch seines Vaters durchblätterte. Da stand er nun und würde nie mehr als ein Viertel-Dakota sein. Ein paar hundert Meter weiter waren die Weißen dabei, in den nächsten Vierzig Jahren des Rest des Berges so weit weg zu sprengen, bis die Figur von Crazy Horse erscheinen würde, der über die weiten endlosen Prärien im Norden schauen sollte. Das Motto des Denkmals war der angebliche Ausspruch des Häuptling: Mein Land ist da, wo meine Leute begraben liegen. Wenn das stimmte, hatte dies alles mit einer verlorenen Vergangenheit zu tun. Aber es war natürlich auch eine Antwort auf Mont Rushmore, dem Monument der vier Präsidenten mit dem die Sieger den Schwarzen Bergen ihr Gesicht aufgedrückt hatten.“

Natali nickte. Wir liefen über eine langweilige Ebene mit abgeernteten Feldern und einer Fernstraße in Hörweite.

„Aber du denkst das sei alles eine Lüge?“ wollte Natali wissen. Ich zuckte mit den Achseln.

„Das Denkmal ist eine typische Antwort der Weißen. Es ist Gigantismus wie man ihn von den Indianern hier nicht kennt. Warst du mal in Mexiko oder Peru?“

Natali nickte.

„Ich war in Mexico City in Teotihuacán.“

“Der Stadt mit den Pyramiden?” fragte ich nach.

„Ja, das war sehr beeindruckend. Man weiß bis heute nicht genau, welche Stämme diese Stadt errichtet haben und warum. Die soziale Struktur war feudalistisch. Statt Eisen verwendete man einen Stein namens Obsidian. Den haben sie in der Umgebung abgebaut. Dann wurde die Stadt verlassen. Schriftliche Hinweise gibt es nicht. Als die Azteken in dieses Gebiet kamen und Mexico City noch ein großer flacher See war, war Teotihuacán schon eine Ruinenstadt.“

„Das ist interessant. Und wie hoch sind die Pyramiden?“

„Ich glaube so hoch wie die Cheopspyramide, aber flacher und daher massereicher.“

„Wow, ich wollte nur sagen, dass die Indianer im Norden solche Großbauten nicht durchgeführt hatten, außer vor langer Zeit in Ohio. Und ausgerechnet dort bei Crazy Horse sollte ich nun erfahren, dass die Dakota gar nicht von dort stammten, sondern von weit aus dem Osten. Sie stammten aus Nord Carolina von der Atlantikküste.“

„Wow!“ Natali schien überrascht.

„Kurz vor der Ankunft der ersten Engländer hatten deren Medizinleute Wind von der dicken Luft bekommen, die sich da bedrohlich aus dem Osten übers Meer zog. Von den vier Hauptgruppen der Dakota machten sich drei nach Westen auf und zogen seit dem sechzehnten Jahrhundert Stück für Stück nach Westen, immer vor den Weißen her und dadurch ihre Freiheit für zwei- bis dreihundert Jahre bewahrend. An der Ostseite des Mississippi blieben sie für Jahrzehnte im späteren Minnesota stecken. Die große Zeit der Dakota begann jedoch als sie den vereisten Fluss eines Winters überquerten um auf der westlichen Seite nach Bisons zu jagen. Die ganze verheißungsvolle Weite der Prärie öffnete sich plötzlich vor ihnen. Als das Eis überraschend brach, kamen sie nicht mehr zurück und mussten sich auf eine neue Lebensweise einstellen. Diese bestand aus zwei neuen Errungenschaften, aus dem Pferd, einem Geschenk des weißen Mannes und dem Tipi, einer Erfindung der ursprünglichen Bewohner der Prärie. Die Dakota passten sich aufs Beste und in ganz kurzer Zeit an die neue Lebensweise an. Sie verkauften ihre Ländereien in Minnesota und holten den Rest ihres Stammes von der anderen Seite des Mississippi herüber, jagten nach Westen und eroberten weite Teile des heutigen Nord- und Süddakota. Sie waren die Helden der Prärie und träumten noch einmal einen fast hundertjährigen Traum von der Freiheit. Sie taten das aus zwei Gründen, zum ersten weil ihre Führer sie zur Abreise von der Ostküste bewegt hatten und zum zweiten weil das von den Weißen in Amerika neu eingeführte Pferd das Jagen auf die Bisons so einfach machte. Für mich war das ernüchternd zu sehen, dass dieser Traum daher auch nur eine Kreation des weißen Mannes gewesen, obwohl er als Sinnbild der unverfälschten Kultur der Indianer galt. Und ich fand noch etwas heraus. Es ist festgestellt worden, dass Großtiere nirgendwo auf der Erde überlebten außer in Schwarzafrika, wo nie mit dem Pferd gejagt wurde und in Nordamerika, wo es die Pferde vor ein paar tausend Jahren von den Indianern ausgerottet worden waren. Nun waren die Pferde wieder da. Die schnell ansteigende Population der Dakota und anderer Stämme hätte den Bisons den Garaus gemacht, wenn man ihnen ein paar Jahrzehnte Zeit gelassen hätte. Aber darauf wollten die Weißen nicht warten und ließen solche Leute wie Buffalo Bill auf Büffel los, die sie zu Tausenden hinmetzelten, um den Indianern die Nahrungsgrundlage zu entziehen und sie zur Aufgabe zu zwingen.“

„Bist du traurig, wenn du an all dies denkst?“ wollte Natali wissen. Ich dachte nach und fühlte nach.

„Ich glaube ich bin unendlich traurig,“ sagte ich nach einigen Minuten, „ich bin so traurig, dass ich mir das gar nicht anschauen will.“

„Und worüber genau bist du so traurig?“ Ich senkte den Kopf.

„Ich sehe keine Hoffnung, wenn ich genau hinschaue. Das macht mich traurig oder besser gesagt verzweifelt.“ Natalis Blick wurde auch schon ganz traurig, aber ihr Blick verriet immer noch ein wissenschaftliches Interesse.

„Und darum bist du auf dem Camino?“ Ich nickte langsam, während ich mich an den Trageriemen meines Rucksacks festhielt.

„Ich glaube ja.“

„Wonach suchst du hier auf dem Camino?“

„Ich glaube ich suche nach etwas das echt ist. Das alt ist und noch immer da ist.“

„Und hast du schon was gefunden?“

„Ich weiß nicht. Ich habe viel gehört, und vielleicht habe ich auch nicht richtig hingehört. Die Leute reden von Gott und den Tempelrittern und den Narren und dass ich auch ein Narr sei. Aber ich fühle mich einfach nur dumm. Ansonsten habe ich noch nichts Neues dazu gelernt, außer meinem Mantra vielleicht.“

„Welches Mantra?“

„Ja, ich bin dein.“

„Und hilft es?“

„Ja, es hilft. Ich weiß nicht, wo ich ohne es jetzt wäre.“

Wir erreichten eine kultige Herberge, deren Wände im Innenhof mit Graffiti der Pilger bemalt waren.

Nachdem ich mich geduscht und meine Wäsche in der Sonne aufgehängt hatte, legte ich mich in den Schatten einer Mauer auf der oberen Terrasse. Natali war in ihrem Bett verschwunden. Ich döste vor mich hin. Es war schön, so auf dem kühlen Beton zu liegen und das Lachen von einigen Mädchen in der Nähe zu hören. Ich versuchte die Übung des Brunnens, ganz hier sein und den Teil von mir zu erhaschen, der all dies wahrnahm, der immer da war, ob ich nun in Gedanken und Fantasien verloren oder gegenwärtig war. Und zum ersten Mal sah ich es. Das war eine überraschende Erfahrung. Ich hatte immer gedacht, ich würde für immer auf einen Körper begrenzt sein. Aber jetzt sah ich dieses stille Gewahrsein. Es war größer als die Welt.

Aus c. 17: Weihrauch und Licht

Natali und ich folgten dem Jakobsweg bis an die Kathedrale. Da wir noch Zeit bis zur Pilgermesse um zwölf hatten, gingen wir zuerst zum Pilgerbüro, um uns unsere Urkunde abzuholen. Das war in zehn Minuten erledigt. Danach schauten wir uns im eintrittsfreien Pilgermuseum einen Animationsfilm an, der den Zustand der Kathedrale kurz nach ihrer Fertigstellung aufzeigte. Ein rein romanischer Geniestreich von vor tausend Jahren!

„Wow! Was für eine Geschichte!“ hauchte Natali.

Dann liefen wir die Treppen hinauf zur wirklichen Kathedrale. Dort kamen wir noch gerade rechtzeitig an, um einen Sitzplatz auf dem steinernen Fußboden zu ergattern. Wir saßen da und hielten uns an der Hand. Ich ließ meinen Blick durch den Kirchenraum schweifen. Vor allem der Altarraum der Kirche hatte sich seit ihrer Erbauung verändert. Die Kirche war nun mit barrocken Prunk versehen worden und hatte dadurch viel von ihrer romanischen Majestät verloren. Der sich fast bis zur Decke auftürmende goldene Baldachin über dem Apostelgrab wurde von riesigen vergoldeten Engeln gehalten, die ich für übertrieben hielt. Was für ein Abfall von der ursprünglichen romanischen Schlichtheit, als der Sarkophag des Apostels noch ganz allein auf einem Altar gestanden hatte, in mitten einer schmucklosen Kirche von archaischer Schönheit. War das Gold der Inka nur deshalb unter so großen Mühen beschafft und herangeschleppt worden, um Kirchen wie diese damit auszuschmücken? Vielleicht war dies eine Art Sühne für den Schmerz, den die Conquistadores in Amerika verursacht hatten.

Wie schon bei anderen Kathedralen auf dem Camino, wie in Burgos und Leon, bei denen gotisches Chorgestühl einen Großteil des Kirchenschiffs blockierte, wünschte ich mir, dass das seit Jahrhunderten aufgetürmte Material auch aus dieser Kirche wieder herausgeworfen werden würde. Es war eine interessante Frage, was all dieser Prunk mit dem Camino zu tun hatte, der einfach, schlicht und entbehrungsreich gewesen war. Vielleicht war er als Belohnung gedacht, ein Hinweis auf das Himmelreich für die Pilger, zu einer Zeit, als es noch keine anderen Medien gegeben hatte. Sicherlich hatte die Intensität und goldene Pracht der Engel bei den Pilgern erhabene Gefühle ausgelöst.

Der Barock lehrte die Vision von einer Welt, die mit dem Göttlichen noch vereint war. Engel stiegen auf und nieder, wie in der biblischen Vision von Jakob, als dieser in einem Traum den Himmel offen sah. Alle Dinge änderten sich ständig, so auch eine Kathedrale wie diese.

Ein ständig plappernder Besucherstrom wälzte sich nur wenige Meter entfernt von Natali und mir durch die Kirche. Viele Besucher zog es zur Figur des Apostels, die hinter dem Altar thronte und über eine Treppe erreichbar war. Die Priester und die Sicherheitsleute forderten immer wieder Stille und ein Ende des Blitzlichtgewitters. Ich versuchte, alle Gedanken abzuschütteln und Ruhe zu finden. Dies war die Zeit meines Ankommens. Ich fiel gleich zu Beginn der Messe in eine angenehme Trance. Ich glaubte zum ersten Mal eine Ahnung davon zu bekommen was Leute zum Katholizismus hinzog. Es war auch eines der Geheimnisse der Liebe. Der rauchende Weihrauchkessel wurde von rotgewandeten Männern dicht über unseren Köpfen durch das Seitenschiff hin und her geschwungen. Natali sah mich mit feuchten Augen an. Sie war dankbar für diesen Moment, das konnte ich spüren. Ein schwingendes Pendel ist ein Festpunkt und das ganze Universum dreht sich unter ihm und um ihn herum, schrieb Umberto Eco einmal. Aber dieses Pendel schwang jetzt und hier nicht lang genug um die Erddrehung dadurch aufzuzeigen, dass sich die Kirche unter ihm hinweg drehte. Es war auch ein Symbol für die Gnade, die sich aus anderen Sphären auf die Kathedrale herabzusenken schien.

Ich verstand nicht viel von der spanischen Ansprache. Nur so viel, als dass es bei dem Camino um mehr ging, als um die Stempel auf dem Pilgerpass und um die Urkunde, die wir gerade empfangen hatten. Diese Messe galt als Abschluss der langen Wanderung nach Compostela. Es war seltsam, dass jetzt schon alles vorbei sein sollte. Nach der Messe ging ich zur kleinen Krypta unter dem Altar, von wo aus man den silbernen Sarkophag mit den Gebeinen des Apostels und seiner zwei Gefährten sehen konnte, hinter einem Gitter, etwa drei Meter entfernt. Hier setzte ich mich auf eine Ecke und kostete endlich voll Dankbarkeit von dem Nektar der Heiligen. Die Intensität des Apostels war nicht zu verleugnen. Welche Kraft musste dann erst Jesus ausgestrahlt haben, wenn seine Jünger schon so leuchteten?

Ein Versprechen des Jakobsweges wurde jetzt erfüllt. Ich spürte einen inneren Durchbruch nach oben, als wäre ein Kanal durch mein Rückgrat gegraben worden, der sich jetzt geöffnet hatte. Es war bemerkenswert, dass diese Erfahrung jetzt zu mir kam. Ich war fast jeder mystischen Lehre nachgelaufen, die ich nur hatte finden können, in Büchern, Ritualen und Workshops. Aber erst nachdem mir Maria eine Abfuhr erteilt hatte und ich mich auf die Suche nach der Wahrheit gemacht hatte war dies möglich geworden. Der beschwerliche Weg nach Santiago hatte mir den Durchbruch in etwas geschenkt, das sich wie ein innerer heiliger Raum anfühlte.

„Ich geh jetzt erst Mal zu dieser Herberge da auf dem Berg.“ Sagte ich zu Natali. „Ich bin so müde. Kommst du auch?“ Sie sah mich an, als befände sie sich ganz weit weg. Was war geschehen? Vielleicht hatte sie etwas erfahren, das ihre Pläne plötzlich verändert hatte.

„Ich bleib noch hier. Ich werde heute noch viele Stunden beten. Ich geh dann um Vier zu den Franziskanern.“ Wir sahen uns in die Augen. Würden wir uns vielleicht nicht wiedersehen? Ich würde ihr Lachen, ihre Arme, ihre roten Locken und ihre strahlenden türkisen Augen vermissen. Wir gaben uns einen kurzen Kuss.

„Können wir uns heute noch treffen?“ schlug ich vor. Sie überlegte und nickte langsam.

„Vielleicht um acht vor der Kathedrale?“

„Ja gut, ich werde da sein!“ sagte ich und ich ging hinaus. Ich brauchte ein paar Minuten, um mich wieder an das Alleinsein zu gewöhnen. Der Camino tischte einem jeden Tag viele Gerichte auf. Immerzu gab es neue Erfahrungen, die sich in Wellen und Überlagerungen abwechselten. Er enthüllte Dinge, die in den Menschen zuvor verborgen gewesen waren. Meist besaßen sie mehr Glauben, als sie sich zuvor eingestanden hatten. Ich besaß noch immer viel weniger Geduld und Vertrauen, als ich gerne gehabt hätte. Ich fühlte zwar die Liebe schon, heute besonders, wusste aber nicht wie ich sie leben konnte.

Ich ging zu einer großen ehemaligen katholischen Knabenschule, die jetzt als private Pilgerherberge geführt wurde. Sie war etwas überteuert, aber ich wollte meine nassen Sachen trocknen und die Stadt ohne Rucksack genießen. Ich machte eine kleine Wäsche, hängte sie innen an mein Fenster, da es draußen immer noch nieselte und legte mich für eine halbe Stunde hin. Es tat so gut in Santiago zu ruhen und alle Dinge zu vergessen! In der Zeit meines Wiederaufwachens geschah etwas Seltsames. Ich erkannte, dass ich frei von Raum und Zeit war, solange ich mich nicht daran erinnerte, wo sich mein Körper befand. Aber dann erinnerte ich mich doch und wachte auf. Ich brauchte all meinen Willen um meine müden Glieder von der Liege herunter zu rollen. Ich ging wieder in Richtung Stadt, die von hier aus gut zu überblicken war. Immer noch jagten tiefliegende Wolkenbänke über ihren heiligen Türmen dahin. Ich kehrte zurück in die Kathedrale, um dort mehr Zeit zu verbringen. Natali war verschwunden. Ich war enttäuscht. Was sollte ich jetzt anfangen? Ich konnte sie in der franziskanischen Herberge suchen, aber ich wollte ihr nicht auf diese Weise nachlaufen, denn wenn sie mich dann abwies, wäre es wirklich schmerzlich. Ich hatte immer noch mein Mantra und die Gedanken von Carlos, um mich auf den letzten Abschnitt meiner Reise vorzubereiten. Der Camino ging drei weitere Tagesmärsche weiter bis ans Ende der Welt, Finisterre, das im Mittelalter als die westlichste Spitze des Kontinents und damit der Welt gegolten hatte. Erst Kolumbus hatte sich weiter gewagt. Er hatte geheime portugiesische Logbücher einsehen dürfen. Er war nach Porto Santo auf den Azoren gesegelt, den westlichsten bekannten Inseln im Atlantik, um Seefahrer und Fischer nach Beobachtungen zu befragen, die auf weitere unbekannte Länder hinter dem westlichen Horizont hindeuteten. Er hörte in der Tat von Funden und Sichtungen, die auf Land weit im Westen hinwiesen. Kolumbus kannte offenbar auch Berichte von nordischen Seefahrern, die sich in früheren Zeiten an den nördlichen Küsten entlang über Island, Grönland, Neufundland zur anderen Seite des Atlantiks vorgewagt hatten.

Und doch blieb das Ende der Welt, dort wo es nicht weiter nach Westen ging, ein wichtiges Symbol für die Pilger. Plötzlich endete der ewige Weg im Meer. Der Lauf der Sonne hatte ihn über den Weg der großen Sehnsucht geführt, immer der nächtlichen Milchstraße folgend nach Westen. Und dann verschwand diese, ohne den Pilger mitzunehmen. Worauf sollte das hindeuten? Dass alles doch umsonst gewesen war, wie ein kosmischer Witz, nach dieser langen Reise? Oder auf den Tod, dieser Idee von einem erneuten Einsinken in die unbewusste Ursuppe des Seins? Oder dass es vielleicht doch noch mehr gab, als unsere Augen sehen konnten, wie zum Beispiel Amerika mit all seinen Schätzen, das weit hinter dem Horizont verborgen lag? Oder vielleicht auf den Geist selbst in dem all dies geschah, in dem alle Dinge erschienen und verschwanden ohne ihn selbst auch nur zu berühren?

Als ich durch die Gassen in der Altstadt ging, strahlte die Sonne wieder kräftig herab und ließ das nasse Straßenpflaster dampfen. Nach dem ich eine Weile ziellos umhergewandert war, erreichte ich den Platz vor der Kathedrale, dem Praza do Obradoiro, auf dem sich Neuankömmlinge sammelten und jene Pilger, die sich noch ein paar Tage hier ausruhten. Sie alle schauten immer wieder ein bisschen ehrfurchtsvoll zur Kathedrale hinauf, deren barocke Fassade, dieses Orgelwerk aus Stein, wie es genannt wurde, verfärbt von gelben Flechten war.

Aus c. 20: Die Straße der Drachen

Am nächsten Morgen erwachte ich spät, müde und zerstochen. Ich rappelte mich mühsam aus dem Bett heraus. Meine Glieder wollten sich nicht bewegen, nichts tragen und nicht weiter gehen. Aber ich war noch nicht am Ende angekommen. Ich trieb mich selbst hinaus. So wanderte ich weiter in Richtung Finisterre. Nachdem ich die Stadt verlassen hatte setzte ich mir die Narrenkappe wieder auf. Mir war noch immer schwindlich. Die Landschaft schien zu schwanken und zu fließen, als wäre alles dabei sich aufzulösen. Ich hörte die Schreie der Vögel beängstigend nahe. Ich fürchtete sie könnten sich in meinen Kopf einnisten und mich von dort vertreiben. Vielleicht war ich dabei den Verstand zu verlieren. Aber wem sollte ich von meinen Problemen erzählen? Ich war auf mich allein gestellt. Der Weg führte über bewaldete Hügel. Ich versuchte mich von meiner Verrücktheit abzulenken, indem ich an die Leute auf dem Camino dachte, nicht an Natali, denn das war zu traurig, aber an Bernhard und Phillip. Sie hatten Freiheit erlangt, jeder auf seine Weise. Diese Freiheit gipfelte nicht in einer totalen Unabhängigkeit sondern in einer Verbundenheit mit Dingen, die normaler Weise unsichtbar waren. Ich zählte mich langsam auch zu jenen, die das Alte unwiderruflich verlassen hatten. Eine Rückkehr war für einen erwachenden Geist nicht möglich. Ein Suchender musste jeden Götzen zerschlagen bis entweder die blanke Wahrheit oder gar nichts übrig blieb. Und irgendwo dazwischen war ich, doppelt einsam und verloren. Mit einem unbekannten Feind im Nebel vor mir und dem Rauch verbrannter Erinnerungen hinter mir.

Ich hatte mich eigentlich auf die Einsamkeit nach Santiago gefreut. Aber jetzt, als die Welt um mich waberte und mich zu verschlucken drohte, wäre mir Gesellschaft lieber gewesen. Ich wiederholte meine Mantra und fragte wieder einmal, wem ich eigentlich gehörte. War es etwas dieses Nichts, das von allen Seiten nach mir griff?

Langsam beruhigte sich mein Geist und die Landschaft stabilisierte sich wieder. Mein Schwindelgefühl wich Stück für Stück. Es mochte die frische Luft des Waldes sein und die stätige Anstrengung. Ich dachte wieder an meine Begegnungen und spürte zum ersten Mal Dankbarkeit auf dem Camino.

Ich gelangte an ein kleines Schulgebäude, am Rande einer Straße, das als Pilgerherberge ausgewiesen war. Ich betrat den schmucklosen Innenraum, der etwa zehn Matratzen enthielt. Sie waren auf der rechten Ecke aufgestapelt. Nur zwei lagen schon auf dem Boden und auf einer davon lag Natali. Die andere an ihrer Seite war leer. Sie blinzelte mich lächelnd an ohne meinen Narrenhut zu beachten.

„Hey Paul, du bist gestern Abend nicht gekommen! Hast mich mal wieder einfach allein gelassen.“

„Mann, Natali, ich bin so froh dich zu treffen!“ rief ich. „Wenn ich dir erzähl, was ich gestern erlebt hab, glaubst du mir das sowieso nicht!“ Sie blinzelte zu mir hinauf.

„Wir wollen uns nicht streiten. Kommt ruh dich aus.“

„Ja, gerne!“

Ich duschte schnell, wobei ich tief seufzte. Nun konnte ich das Zusammensein mit Natali richtig genießen, wenn ich es schaffte die Auflösungserscheinungen weiterhin fern zu halten. Der Camino war jetzt einsamer und auch wir waren entspannter. Ich legte mich an ihre Seite. Wie sie so geheimnisvoll unter ihren Haaren hervor lugte, wirkte sie wieder so verführerisch. Ich strich durch ihr lockiges Haar. Sie schien es zu genießen. Wir hielten uns eine Weile in den Armen. „Ich glaube ich werde langsam verrückt.“ Sagte ich und sank in einen Schlaf der Erschöpfung. Als ich aufwachte hielt sie mich noch immer in den Armen und flüsterte: “Lass uns nach draußen gehen, da ist es schöner als hier.“ Sie zog mich an der Hand in ein Waldstück, wo es kleine versteckte Grasstücke gab. Hier legten wir uns in die Nachmittagssonne und träumten tauschten unsere Erlebnisse auf dem Camino aus. Ich erzählte Natali von der Begegnung mit Phillip. „Und du bist als Clown über den Platz getanzt? Da hätte ich dich ja eigentlich sehen müssen.“ fragte Natali, wobei sie zu den Wolken hinauf blinzelte, die träge über den blauen Himmel zogen. „Ich habe was von der Aufregung mitbekommen, dieses Geschrei, aber ich lag einfach auf dem Pflaster und habe zu den Wolken hinaufgeschaut, wie jetzt!“

„Es war dieser unheimliche Tanz mit dem Tod. Ich glaube den tanze ich schon seit dem ich von Wisconsin aufgebrochen bin.“ Wir lagen uns in den Armen und liebkosten uns.

„Ja, da wartet noch was auf dich am Ende der Welt. Oder du wartest noch auf etwas. Du bist nicht mehr ganz da.“ Raunte Natali und strich mir durchs Haar. Ich hoffe, dass es etwas Gutes ist. „Ich habe dich lieb.“ „Ich dich auch.“

Die Nacht war heraufgezogen. Wir saßen vor der kleinen Dorfschule und schauten zur Straße hinüber. Über uns drehte sich der Sternenhimmel.

„Wir sind nur noch zwei Tage auf dem Camino, dann muss ich zurück nach Frankreich,“ seufzte sie. Ich nickte.

„Ich könnte dich in Frankreich besuchen.“ Schlug ich vor.

„Ja, gerne.“

„Aber nur wenige treffen sich wieder, die sich auf dem Camino kennengelernt haben.“ Sagte ich, plötzlich so von Gefühlen der Hoffnungslosigkeit übermannt, so dass ich den Wunsch hatte sie zu teilen. „Vielleicht geht unsere Zeit hier zu Ende.“ Wir schwiegen eine Weile.

„Das liegt doch an uns, oder?“ fragte Natali. „Wir entscheiden allein, was wir wollen.“

„Ja, das stimmt.“

Die Sterne drehten sich weiter ohne sich um unsere kleinen Geschichten zu kümmern. Sie waren für immer unerreichbar. Unsere Erde kreiste ihre einsamen Bahnen um die Sonne und nur wir konnten jeder Sonnenumkreisung einen Sinn geben. Welchen Wert aber hatte ein Sinn, den wir selbst gaben? War dann aller Sinn nur Erfindung?

Es tauchte ein anderes Pärchen auf, das sich in der anderen Ecke des leeren Klassenraumes gemütlich machte. Später träumte mich, dass ich auf einer nächtlichen Ebene stand und nach Westen, nach Finistere blickte. Der Mond warf sein fahles Licht während Sturmwolken unter ihm vorbeieilten. Ich blickte auf die Erde und sah einen Strom unter ihrer Oberfläche entlangfließen, einen seltsamen Strom. Er bestand nicht aus Wasser oder Magma, sondern aus etwas anderem. Es waren lebendige Wesen, die sich unter der Erde in einer Linie entlang schlängelten, Eidechsen aus Feuer oder Drachen. Sie bewegten sie in langer Reihe nach Westen und tauchten am Meer in die Tiefe, um sich wieder nach Osten zu wenden. Ich fragte mich, ob der ganze Camino von San Juan de Pier de Port bis nach Finisterre von einer solchen Drachenlinie durchzogen wurde. Und im Traum war es so. Das ganze Land war von diesen Drachenlinien durchzogen.

Am Morgen wachte ich schon früh auf. Ein fahles Licht fiel in den Raum als ich mir meine Narrenkappe wieder aufsetzte. Für einen Moment hatte ich den seltsamen Gedanken, dass Natali könnte tot sein könnte und erschrak. Ein sehr feines, fast unmerkliches Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. Ich hielt meine Hand unter ihre Nase und fühlte den Atem. Sie lebte! Ein Stein fiel mir vom Herzen. Das war seltsam, dass dieser Gedanke mich so früh am Morgen erschreckte. Ich trat hinaus und ging zum kleinen Wäldchen hinüber. Ein Hahn krähte im Dorf, die Schellen in meiner Mütze schellten leise, jedes Mal wenn einer meiner Gedanken für immer verlosch. Ein neuer Tag würde bald anbrechen. Im Schlaf hatte die Welt nicht für mich existiert. In der westlichen Wissenschaft war man sich lange völlig sicher darin gewesen, dass die Welt auch dann existierte, wenn niemand sie beobachtete. Ich hatte kürzlich im Internet einen Artikel gelesen, der dies in Zweifel stellte. Er beschrieb, dass es vom Standpunkt der Quantenphysik keine objektive Welt da draußen gab, nur eine scheinbar chaotische Suppe aus unendlich vielen Möglichkeiten. Danach gab es keine Materie und auch Raum und Zeit waren nur Überzeugungen, so wie Carlos und andere es gesagt hatten. Unser Geist hatte sich für eine Möglichkeit entschieden und sich darin stabilisiert. Vielleicht bestand die Kunst des Erwachens einfach darin, sich gegen alle Entscheidungen zu entscheiden? Oder für alles auf einmal? Bernhard war die Traumnatur der Wirklichkeit gezeigt worden. Ich war noch nicht so weit. Ich konnte nicht glauben, dass dies alles pure Illusion war. Aber wie jemand anderer sagte, die Welt konnte nur so wirklich erscheinen, wie man sie haben wollte.

Langsam verblassten die Sterne und gaben einem fahlen Licht von Osten her Raum. Ich weckte Natali. Sie willigte ein aufzubrechen und packte ihre Sachen zusammen obwohl sie noch müde war. Meinen Narrenhut nahm sie als gegeben hin. Der Morgen war angenehm zum Wandern. Wir gingen schweigend den kühlen Weg entlang, manchmal hielten wir uns an den Händen. Die uns verbleibende Zeit war knapp und das was uns danach Erwartete, ungewiss. Aber jetzt, an diesem sonnigen und friedlichen Morgen stieg ein stilles Glück in mir auf. Vielleicht fühlte ich so, weil ich spürte, dass Natali glücklich war. Während wir auf einem tief in den Boden des Waldes eingegrabenen Weg entlangliefen erspürte ich noch etwas anderes, Interessantes, die Drachenlinie unter mir. Diese zog mich nach Westen. In einer Bar tranken wir Orangensaft. Eine Frage brannte mir noch auf der Seele, denn noch wurde ich nicht aus Natali schlau.

„Warum hast du eigentlich so lange in der Kathedrale gebetet, wenn du doch nicht an den Camino geglaubt hast? Ist jetzt das Beten Teil deiner Forschung?“

Sie lachte und sah mir nachdenklich in die Augen.

„Ich hatte jemandem versprochen, für ihn zu beten.“

„Aber wie geht das? Du musst doch an was glauben, um zu beten.“

Sie schüttelte den Kopf und blieb stehen.

„Nein, ich mache einfach das, warum ich gebeten wurde. Ich sollte fünfhundert Ave Maria für ihre Mutter beten. Das habe ich gemacht.“ Ich nickte verwundert. Sie nahm meine Hand.

„Es ist so schön mit dir zusammen zu sein! Ich genieße jede Minute.“ sagte sie. Ich lächelte dankbar. Ich war so reich beschenkt worden auf dem Camino. Was hatte ich bisher zurückgegeben? Sie drückte meine Hand.

„Ich habe von Leuten gehört, die von Wundern leben. Sie treten zur Seite und lassen etwas Neues geschehen, das von außerhalb ihrer Kontrolle kommt.“

„Wo sollen diese Leute leben?“ fragte ich.

„Überall auf der Welt. Es ist eine Kunst des Lebens, so alt wie das Leben selbst.“ Ich erkannte, dass ich Natali wirklich liebte. Ich begriff nicht wie das möglich war, so schnell nach meiner Trennung. Ich erkannte, dass ich sie von unserem ersten Treffen an geliebt hatte, es mir aber nicht erlaubt hatte, dies zu fühlen. Aber nicht nur das wurde mir klar. Auch ihre Liebe erreichte mein Herz jetzt und das war wundervoll. Ich fühlte mich geliebt. Ich konnte mich an dieses Gefühl nicht erinnern, obwohl ich in der Kindheit sicher geliebt worden sein musste. Es war wie eine Offenbarung, umsonst geliebt zu werden, nicht für etwas das man tat.

„Und was bedeutet das für uns? Wie können Wunder uns helfen?“ fragte ich nach. Natali zuckte mit den Achseln.

„Ich weiß es nicht. Wir werfen alles in die Luft und lassen den Wind die Spreu forttragen. Was dann zurück kommt ist vielleicht ein Geschenk an uns. Wer weiß?“

Sie strahlte mich an.

„Vielleicht wird das ja die ganz große Liebe?“ fügte sie hinzu. Wir schauten uns auf einmal lange ganz ernst in die Augen. Hier fing etwas an, dass uns das Herz brechen konnte, das wussten und fürchteten wir. Aber wie konnten wir ohne Wagnis lieben? Dann brachen wir wieder auf.

Der Weg führte uns an Straßen entlang und durch Wälder, über Hügel und Täler. Es gab hier Eukalyptuswälder, die wie Fremdkörper in der Landschaft wirkten. Wenn man diese erst einmal gepflanzt hatte, und sie mit ihren tiefen Wurzeln den Grundwasserspiegel gesenkt hatten, war es schwer sie wieder loszuwerden, denn sie bildeten weitläufige Wurzelgeflechte, von denen aus sie immer wieder neue Sprösslinge hervorbringen konnten. Meine Gedanken kreisten während des Weges darum, dieser Plage her zu werden, anstatt einfach den Weg zu genießen. Wie schon in der Kathedrale, als ich mich über den barocken Stuck geärgert hatte, tat ich es auch hier. Ich erinnerte mich an ein Wort von Anthony De Mello, dem erleuchteten katholischen Priester, der seltsamerweise bei einem Retreat mit 42 Jahren ganz unerwartet starb. Er sagte, dass alles zugleich chaotisch und in Ordnung sei, je nachdem wie man selbst dachte. Wenn das stimmte, war es nur Zeitverschwendung, sich über irgendetwas aufzuregen.

Ich spürte den Pfad der Drachen manchmal direkt unter mir, manchmal weiter unten im Tal, ein paar hundert Meter nach Norden oder Süden verschoben. Aber immer riefen diese Wesen mich ihnen zu folgen. Sie schienen mir etwas zuzuraunen, wie: „Wir nehmen dich mit in die Tiefe.“ Ich versuchte mir keine Gedanken mehr um irgendetwas zu machen. Die Gegend um mich herum wurde fremder und fremder. Ich wanderte direkt in eine andere Welt hinein, die keinen Bezug mehr zu dem hatte, was ich kannte. Natali lief vor mir her, ohne Anzeichen irgendeiner Ermüdung.

Am späten Nachmittag mieteten wir ein Doppelbettzimmer. Es war so gut nach der langen Wanderung und nach der warmen und kalten Dusche in Natalis Armen zu liegen.

„Morgen Nachmittag ist die Wanderung vorbei.“ Sagte sie.

„Aber einige sagen, dass der Camino erst der Anfang des wirklichen Weges ist.“ antwortete ich leise, ohne es zu glauben. Sie fuhr mir durchs Haar.

„Ich hoffe das.“ Seufzte sie. „Sag mir was dir Phillip noch erzählt hat.“

„Er versucht alles ins Absurde zu ziehen, auch sich selbst und dadurch Freiheit zu erlangen. Er wollte alles sprengen. Er hat alles in sich selbst eingeladen und ist dabei völlig verrückt geworden. Als er mir meinen Narrenhut gegeben hat, hat er mir den Auftrag gegeben dasselbe zu tun.“

„Lad mich ein zu dir, zeig mir das, zeig mir alles, das ganze Universum!“ hauchte sie und verdrehte die Augen. Da war sie wieder, meine Göttin, das Sinnbild der Schönheit der Schöpfung. Ihr Gesicht gab die Antwort auf die Frage warum es diese Welt gegeben hatte, warum der eine Geist auf den Gedanken gekommen war, sich selbst widerzuspiegeln und mit Verschiedenheit zu spielen. Die Schönheit eines Wesens wie Natali es war brauchte eine Art der Wahrnehmung aus der Distanz und dann die Freude der Vereinigung. Ich spürte die tiefe Freude etwas Ewiges gefunden zu haben.

In der Nacht sah ich eine Spirale von hunderten fliegenden Geschöpfen, die sich in die Tiefe der Erde bewegten. Auf einem Berg saß ein alter Einsiedler vor seiner Hütte und betrachtete den Lauf der Sterne. Hinter ihm brannte ein kleines Feuer. In der Ferne aber brannte ein weiteres Feuer, anscheinend von einem Freund, einem weiteren Einsiedler. Der Mann in der Kutte schaute hinunter und betrachtete den Wirbel von Drachen, die sich von der Höhe der Sterne hinunter zum Mittelpunkt der Erde bewegten. Einige kamen von anderen Galaxien, einige von anderen Planeten. Diese seltsamen Straßen durchliefen das ganze Universum.

„Es gibt keine isolierten Sterne. Kannst du das sehen?“ fragte der Einsiedler.

„Aber alles ist so weit entfernt.“ Warf ich ein.

„Nicht wirklich. Wenn du es lernst auf den Flügeln des Geistes zu fliegen, dann kannst du überall auftauchen. Die Mitte ist überall. Nur auf der Oberfläche der Kugel scheint es Entfernungen zu geben.“

In diesem Augenblick erwachte ich. Ich atmete laut und versuchte mich zu orientieren. Natali nahm mich ihre Arme.

„Ich lass dich nie mehr los.“ Flüsterte sie.

„Ich dich auch nicht. Lass uns diese Reise zusammen machen!“

Ich erwachte früh am Morgen und blieb an Natalies Seite still liegen.

Später gingen wir im Morgennebel durch ein Tal. Wir sahen die Bergspitzen in der Morgensonne glühen.

„Was hast du denn über die Leute am Camino herausgefunden?“ fragte ich Natali.

Sie dachte eine Weile nach und antwortete: „Es gibt offene und geschlossene Gruppen. Mich interessieren mehr die offenen Gruppen, die sich auf dem Camino erst bilden. Sie bestehen manchmal nur für Stunden, Tage oder den ganzen Camino. Sie führen oft zu neuen Freundschaften oder Beziehungen. Dann gibt es die Leute, die schon zusammen zum Camino kamen, die bleiben auch hier zusammen. Die meisten Leute versuchen aber den Kontakt mit Fremden auf ein Minimum zu beschränken. Daher laufen sie meist nur nebeneinander her, ohne zu reden.“

„Und hast du was über den religiösen Hintergrund der Pilger erfahren?“

„Einige sind traditionelle Christen, zumeist Katholiken, aber auch viele Protestanten. Einige sind New Age-Leute. Die Mehrheit scheint den Camino aber aus Neugier zu machen. Weil es gerade Mode ist.“ Wir gingen eine Weile schweigend durch das Tal.

„Ich habe einen Pilger getroffen, der wollte in Finisterre ins Meer springen und nicht wieder zurückkommen, es sei denn er fände Erleuchtung.“ Sagte ich. Natali machte ein erstauntes Gesicht.

„Und hat er´s gemacht? Hast du ihn davor oder danach getroffen?“

„Danach. Etwas geschah mit ihm, bevor er das Wasser erreichte.“ Ich erzählte ihr die ganze Geschichte von Bernhard. Sie hörte es sich ohne Kommentar an. Später, als die Sonne den Nebel vertrieben hatte, legten wir uns auf einen warmen Felsen an einem winzigen Bächlein. Ich fuhr mit der Hand durch ihre warmen, lockigen Haare.

„Du suchst auch nach so etwas in Finisterre, nicht wahr?“ fragte Natali.

„Ja, ich suche auch so etwas und du?“ Sie schüttelte den Kopf.

„Ich weiß nicht mehr, nach was ich genau suche. Vielleicht nach einem richtigen Abschluss.“ Sagte ich.

„Kannst du mehr verlangen als dies?“ fragte sie ernst. Ihre Augen schimmerten. Ich zögerte mit der Antwort.

„Es ist komisch, aber ich habe das Gefühl den Verstand zu verlieren, mehr und mehr, je näher wir Finisterre kommen. Seltsamerweise träume ich immerzu von Drachen. Ich kann sie selbst jetzt spüren.“

„Wo?“ fragte sie etwas besorgt. Ich wies hinunter zum Boden.

„Da unten, unter dem Jakobsweg ziehen sie entlang, immer nach Westen.“ Ich erzählte ihr von meinen Fantasien und Träumen.

Sie ließ die Bilder vor ihrem inneren Auge vorbeiziehen.

„Du schaust in die Tiefen der Erde. Solche Ströme gibt es vielleicht wirklich. Deine Psyche spürte etwas und bildet es dann in Bildern aus. Was mir Sorgen macht, ist dein Verlust an normaler Wahrnehmung.“ Sie sah mich forschend an.

„Es ist als würde ein Vorhang fortgezogen, nicht?“

„Ja, genau so ist es. Da ist diese verrückte Welt da draußen, wo nichts geordnet ist und ich werde da langsam hineingezogen.“

„Glaubst du an Drachen?“

Ich lachte.

„Nein, gewiss nicht. Aber jetzt scheint alles möglich. Wenn ich an Bernhard denke, was dem passiert ist.“

Sie zog mich zu sich und wir küssten uns lange. Für einen Moment genoss ich den Augenblick, obwohl die Welt weiter schwankte und mir Natali zu entreißen suchte, ich hielt sie für einen Moment in meinen Armen, was auch immer kommen mochte.

Wir machten uns auf die letzte Wegetappe nach Westen. Drei Stunden später sahen wir das Ende des Kontinents, den atlantischen Ozean. Es fühlte sich seltsam, fast bedrohlich an, dass es dort nicht weiter nach Westen ging.

„Das Ende unserer Reise.“ Sagte Natali. Wir brauchten noch zwei Stunden um nach Finisterre zu kommen. Es war einmal ein Fischerdörfchen gewesen, das aber nun schon seit langer Zeit vom Tourismus lebte.

„Wollen wir nach einer Herberge suchen?“ fragte Natali. Ich blieb stehen und schaute zum Ort hinüber und sah sie davor stehen. Die Zeit blieb stehen und ich sah, dass ich mich jetzt entscheiden musste. Ich konnte meinen Geist stabilisieren und ein halbwegs normales Leben fühlen. Natali und ich konnten für eine Weile einen schönen Traum träumen. Oder die andere Möglichkeit: Der Spur des Wahnsinns zu folgen und alles aufs Spiel zu setzen, alles was ich bisher gelernt hatte und meine Liebe zu Natali, mein Leben, all das was übriggeblieben war von mir und was neu hinzugekommen war. Sollte ich all das aufs Spiel setzen für die vage und vollkommen verrückte Idee, mit dem Tod um die Erleuchtung zu ringen? Natali stand da wie eine Säule und ich sah einen Strom des Lichts durch meine Wahrnehmung gehen und alles verwandelte sich für einen Moment in eine Art holographisches Bild aus weißem Strahlen und Natali war die Göttin, die mich von der Ewigkeit her anschaute und lockte und suchte und sich finden ließ, aber war sie das wirklich? Vor meinen Augen verwandelte sie sich dann plötzlich in die dunkle Gestalt des Todes, den grimmigen Sensenmann, der mich immer verfolgt hatte und vor der Kathedrale im kurzen Aufblitzen des jugendlichen Lachens eines Mädchens und im Traum auf dem Schlachtfeld von Little Bighorn erschienen war, um mir zeigen, dass er stärker war als ich und alles hinwegfegen würde, was ich mein nannte. Es war Zeit ihm gegenüberzutreten und nicht ein weiteres Leben mit Alltäglichkeiten zu verbringen um mich von ihm abzulenken. Ich wollte wissen, ob ich nur ein Schatten war, auf die Leinwand dieser Welt von einem Licht geworfen wurde, das für immer jenseits meiner Reichweite lag. Oder ob ich Teil des Lichtes selber war.

„Nein, ich gehe rüber auf die andere Seite der Halbinsel, an den Strand. Ich muss den Ort sehen, wo Bernhard war,“ antwortete ich. Natalis Mundwinkel zuckten enttäuscht, ihre Augen wurden so feucht wie die meinen.

„Aber wo willst du schlafen?“ Ich wies über die Hügel nach Westen. „Da soll es so ein kleines Zelt Dorf geben. Entweder da oder draußen.“ Sie nickte traurig.

„Ich nicht, bin zu müde. Ich gehe hier in die Herberge. Vielleicht komme ich heute Abend hinüber oder morgen früh. Wir treffen uns noch einmal oder?“ Ich nahm sie in die Arme.

„Natürlich, ich komme morgen um neun an die Bushaltestelle. Wenn ich nicht komme, suche bitte nach mir. Ich will dich nicht verlieren.“ Uns beiden war nicht zum Lachen zu Mute. Unsere kurze Beziehung war ein einziges auf und ab der Gefühle gewesen. Sie gab mir einen Kuss und ging in das Gebäude des Pilgerbüros.

Ich lief weiter und folgte einer kleinen Straße, die aus der Stadt hinaus und hinüber auf die Atlantikseite der Halbinsel führte, die sich nach Süden zum Kap hin austreckte.

Aus c. 21: Schlussakkord

In der Nähe entzündeten die Hippies aus der Zeltstadt ein großes Feuer. Wer weiß wo sie das Holz hergeholt hatten. Ich ging hin und setzte mich zu ihnen. Sie waren guter Laune, ein paar hübsche Mädchen waren auch da und sie ließen einen Becher herum gehen, aus dem alle angewidert einen Schluck nahmen, während sie eine langsames, etwas trauriges Lied sangen. Her mit dem Becher, was auch immer da drin war, das war genau das Richtige für mich! Der Inhalt schmeckte wirklich bitter. Es war wohl dieses legendäre Ayahuasca aus dem brasilianischen Regenwald. Um mich herum drehten sich die Leute schon in Trance hin und her. Die Wirkung ließ auf sich warten. Nichts funktioniert hier mehr für mich. Die Verzweiflung kam mit ganzer Wucht zurück. Ich spürte wie das weite Meer mich rief. Endlich ins Unendliche eintauchen! Endlich wissen was jenseits des Universums war! Unter dem Lallen und Gejohle der anderen schnitt ich mir die Haare ab, warf meine Sachen ins Feuer und sprang ins Meer. Die Wellen waren mächtig und warfen mich dreimal wieder an den Strand zurück. Aber dann schaffte ich es doch hinauszuschwimmen. Das Wasser war kühl, aber ich gewöhnte mich daran. Ich wurde von den ihnen hin und her geworfen. Mit der Zeit wurden diese Wellen schwächer und ich gelangte ich ruhigere See. Wenn ich an die Tiefe unter mir dachte, machte mir das Angst. Ich drehte mich um und schaute auf die Küste zurück. Sie war schon erstaunlich weit entfernt. Und doch hatte ich das Gefühl das erste Mal in meinem Leben etwas Großes zu tun.

Ich hatte um die Wahrheit gebeten und hatte nichts bekommen, nur kluge Reden. Nun ließ ich es darauf ankommen. Gab es da draußen niemanden der auf meine Bitte antworten konnte? War das Universum leer und bedeutungslos? Ich sah mir zu wie ich so vor mich hinschwamm, immer weiter auf das schwarze Meer hinaus, über dem sich der Sternenhimmel wölbte. Nichts geschah, außer dass die Lichter von Finisterre hinter mir langsam kleiner wurden. So ging es eine Weile bis mich eine große Welle überspielte und es auf einmal „klick“ machte. Da begriff ich was ich tat. Ich war meiner eigenen Überheblichkeit zum Opfer gefallen. Ich hatte nichts womit ich das Universum herausfordern konnte. Und ich war allein, draußen auf dem nächtlichen Ozean. Ich wendete mich um und schwamm in Richtung der Küste, die sich dunkel über dem aufgegangen Mond abzeichnete. Ich fragte mich ob mich schon eine Strömung erfasst hatte. Dann war ich wohl verloren. Doch damit nicht genug. In diesem Moment schlug die Droge DMT wie eine Granate in meinem Geist ein. Sie erschien als eine brodelnde Wolke aus der Tiefe, die aus inneren Gesichtern bestand und meinen Körper durchdrang und nach mir griff. Ich sah alle Fratzen meines Geistes, alle Ideen, die ich jemals gehabt hatte und von denen ich gehört hatte, nun in Form von Bildern auf mich zukommen. Sie griffen nach mir und versuchten mir das aus dem Gehirn zu saugen, was darin noch von der Reise der Narren übrig geblieben war. Doch hielt ich an meinem Kurs fest und schwamm weiter auf die Küste zu, die ich aber nicht mehr sicher ausmachen konnte, nur der Mond der sicher im Osten leuchtete zeigte mir den Weg. Weiter brodelte es in meinem Inneren, das sich jetzt mit der Tiefe des Wassers verband in Form von unheimlichen, schleimigen und rauen Geschöpfen, die mich umkreisten und nach mir schnappten. Es waren Haie unter ihnen und Kraken und viele Geschöpfe die ich zu noch nie gesehen hatte. Es war ein Wirbel aus Verrücktheit, der sich um mich drehte und mich in die Tiefe zu ziehen suchte. Mein alter Freund der Schatten war auch dabei und langsam höher kam. Es war kein Jaguar diesmal, eher eine Robbe.

Jeden Atem sog ich ein, als wäre es mein letzter. Trotzdem versuchte ich einen Rest an Vernunft zu bewahren. Ich schien dem Land wieder näher zu kommen, konnte das Feuer der Hippies noch weit links von mir erkennen. Anscheinend zog mich eine Strömung am Lande entlang nach Westen und dann weiter hinaus auf den Ozean. Ich musste das Land erreichen, bevor es zu Ende war, denn die Landspitze von Finisterre war nicht mehr weit entfernt. Ich bereute meine Verrücktheit und doch bezweifelte ich keinen Moment, dass ich nicht so hatte weiterleben können, wie bisher, mit mir selbst wie ich war. Selbst meine Liebe für Natali hatte mich nicht ändern können, sonst wäre es nie so weit gekommen. Die Wirkung der Droge nahm noch zu und schob meinen Überlebenskampf in weite Ferne. Aber diesmal war etwas anders, ich rief um Hilfe. Ich schrie um Hilfe so laut ich konnte, gerade weil es so vergeblich war, weil ich alle Chancen in einem Moment der Dummheit verspielt hatte. Aber es war zu spät. Ich sank in die Tiefe. Es wurde still. Das war es also. Mein Fünkchen würde verlöschen. Ich sah das milde Licht des Mondes durch die Wasseroberfläche dringen. Der schwarze Schatten mit den gelben Augen tauchte endlich vor mir auf. Es war ein Drache, dessen langer zackiger Schwanz sich träge hinter ihm hin und her bewegte. Seine Zähne blitzten weiß in der Finsternis. Darauf also hatte er all die Zeit gewartet. Seine Augen kamen mir sehr nahe. Ich sah die Iris wie ein Feuerrad, in dem sich Ströme aus leuchtendem Gold in beiden Richtungen um einander drehten. Diese Feuerbahnen flossen auseinander und lösten alles auf, Stück für Stück lösten sich alle festen Dingen in Feuer auf und wurden fortgezogen. Ich fand mich auf dem Rücken des Drachen wieder, der den Feuerströmen folgte, als wären sie sein Lebenselement. Ja, er war selbst aus Feuer, einem schwarzen, metallisch glänzenden Feuer, das sich mit den gelben Flammen vermischte. Der Drache und ich drehten uns in einem riesigen Wirbel, zusammen mit Sonnen und Sterne, der um einen unergründlichen Schlund kreiste. Es gab kein Entkommen vor der Macht der Gravitation. Immer schneller sausten wir alle um das schwarze Zentrum. Am Ende wurden auch wir hineingesogen zusammen mit den Sternen, die noch vom Universum übrig geblieben waren und fiel ins Bodenlose. Der Körper des Drachens löste sich ins Nichts auf. Ich fragte mich mit Grauen wo der Fall wohl enden würde. Plötzlich verschwand alles und ich fand mich in vollkommener Leere wieder. Die Dinge hatten aufgehört zu existieren. Ich war ganz still und wartete. War das schon alles? War das der Tod? Ich war noch immer da. Das war vielleicht das Schlimmste. Ich war allein und ohne Körper. Mein Geist hatte keine Grenzen und keinen Bezugspunkt. War das die Hölle, die endgültige Trennung von Gott? Ich wartete aber nichts geschah. Endlich kam ich auf den Gedanken, um Licht zu bitten. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Es geschah auf seltsame Weise, erst unmerklich, dann immer offensichtlicher. Dieses unendliche Nichts, das mich verschluckt hatte, füllte sich mit Licht, einem zarten sanften Licht, das der Leere ihre Hoffnungslosigkeit nahm. Dieses Licht liebkoste mich und durchdrang mich und gab mir plötzlich einen Schups. Plötzlich war die ganze Welt wieder da, mein Körper und der Ozean. Das Licht hatte mich nach oben gestoßen. Ich durchstieß die Wasseroberfläche und tat einen tiefen Atemzug. Mein Geist war ganz klar. Die Monster in meinem Kopf waren verschwunden. Ich schwamm weiter auf das Ufer zu. Ich begann zu frieren. Ich war es nicht gewohnt lange zu schwimmen. Nach einiger Zeit merkte ich, dass ich es geschafft hatte in die Bucht südlich von Finisterre hinein zu kommen. Auf beiden Seiten von mir war deutlich Land zu sehen. Ich erinnerte mich an die Landkarte und wandte mich nach links, wo Finisterre liegen musste. Es schien noch eine Stunde zu dauern bis ich die Stadt wirklich dicht vor mir sah. Mir wurde schwarz vor Augen und ich dachte wieder an den Tod. Es war egal, ich hatte es jedenfalls versucht, zurück zu kommen. Und doch irgendwann, lange nachdem ich schon aufgegeben hatte spürte ich Boden unter meinen Füßen. Ich hatte den Strand in Finistere erreicht und kroch ein paar Meter ins Trockene. Dort blieb ich zitternd liegen.

Es dauerte nicht lange, bis mich eine Hand berührte und mich zur Seite drehte.

„Paul, bist du das?“ Es war Natali.

„Hm.“

„Komm mit mir, ich bring dich zur Herberge, mein Gott, was hast du getan! Ich hab dich überall gesucht!“ Sie umwickelte mich mit ihrer dünnen Decke und zog mich vom Strand weg. Meine Beine wollten den Dienst versagen, aber ich zwang mich zum Gehen. Das Glück Natali wiedergefunden zu haben, gab mir einen letzten Rest an Kraft. Sie hielt mich mit aller Kraft aufrecht und zog mich immer weiter, bis wir in der Pilgerherberge waren. Dann endlich ließ sie mich auf ihr Bett fallen und zog die Decke über mich. Sie umschlang mich und gab mir Wärme. Um mich drehte sich alles und hatte wieder das Gefühl in einen Abgrund zu fallen bis der Fall endete und ich mich wieder in dem sanften Strahlen wiederfand. Dann brach ich in ein langes Schluchzen aus.

„Ich musste das tun, sonst hätte ich mir diese Liebe mit dir nicht erlaubt.“ krächzte ich.

„Ich habe jede Stunde mir dir genossen. Aber das hat mir gerade Angst gemacht.“ Antwortete sie leise und streichelte meine nassen Haare.

„Ich bin wieder da.“ Sagte ich und fiel wie ein Stein in einen tiefen Schlaf, zitternd vor Kälte und Erschöpfung aber in Natalis Armen, die mich hin und her wiegte. Ich war endlich angekommen.

9. Meine Intention

Ich bin den Jakobsweg selbst gewandert und habe Jahre auf einer spirituellen Suche verbracht. Ich möchte neue Fragen stellen und Möglichkeit eröffnen auf eine frische und unverdorbene Art und Weise über unser Leben als Menschen nachzudenken. Der Jakobsweg ist für mich Buch ein Symbol der menschlichen Suche nach Antworten.

10. Das Neue an diesem Werk, was es von anderen Veröffentlichungen im Markt unterscheidet

Es gibt kaum vergleichbare Bücher auf dem Markt, die ein Feuerwerk an Geschichten, Fantasien und geschichtlichem Wissen auf eine möglichst präzise Weise mit dem psychologischen Entwicklungsprozess verbinden oder dessen Verweigerung. Dieses Buch ist kein typischer Erlösungsplot oder Erziehungsroman, eher eine realistische ironische Geschichte, da der Protagonist sich scheinbar nicht ändert.

den Jakobsweg

· die spirituellen Suche im christlichen und außerchristlichen Bereich,

· eine Liebesgeschichte,

· ein Entwicklungsdrama,

· ein Diskurs in gnostischer Philosophie,

· einen kleinen Ausschnitt aus der Geschichte des mittleren Westens der USA,

· einen Abriss über die Geschichte der Dakota in Nordamerika.

11. Vorwort aus prominenter Feder?

Stephan Hachtmann, der zwei Bücher im Bereich christlicher Spiritualität geschrieben hat (Berührt vom Klang der Liebe: Wege zum Herzensgebet, Weltmehr: Seelentexte für die innere Wandlung

Kreuzverlag) zählt zu meinen Freunden. Er könnte bereit sein, ein Vorwort zuschreiben.

12. Gruppen von Lesern an die sich das Werk richtet

Das Buch richtet sich an Leser die an folgenden Themen interessiert sind:

· am Jakobsweg,

· An der spirituellen Suche im christlichen und außerchristlichen Bereich,

· An einer Liebesgeschichte,

· an einem spannenden Buch,

· an einem Entwicklungsdrama,

· an der Geschichte der Dakota in Nordamerika.

Damit richtet sich das Buch an ein breites Publikum auch außerhalb des New Age.

13. Relevanz des Werkes für diese Lesergruppen

Wie andere populär-philosophische Werke zuvor (z.B. die von Richard David Precht) oder ethnologische Reiseberichte (wie die von Bruce Chatwin), wartet dieses Buch mit überraschenden Antworten auf und eröffnet neue Horizonte. Es wirkt inspirierend und erweckt Hoffnung.

14. Mögliche Verkaufszahlen

Wenn dieses Buch entsprechend vermarktet wird, kann es allein innerhalb der drei populären Themen-Nischen Jakobsweg (1332mal Google Suche pro Tag), Suche nach Gott/Erleuchtung (476/62mal Google Suche pro Tag) und Indianer (595mal Google Suche pro Tag) etwa 50 bis 200 Mal pro Woche verkauft werden.

Meine Erfahrungen als Publisher beziehen sich hier aber nur auf Verkäufe in Amazon im Internet.

15. Mein Hintergrund und meine Kompetenz

1. 1963 geboren in Rostock (…)

2. 1986-1990 Ausbildung zum Religionspädagogen der Evangelischen Kirche in Berlin

3. 1991 Ausbildung zur Telefonseelsorge und Beratung

4. 1990-1994 Kinder- und Jugendarbeit der Evangelischen Kirche /Rostock,

5. Mitarbeit in der Telefonseelsorge

6. 1994-2000 Diplom-Studium der Erziehungswissenschaft/Soziologie/Psychologie in der Uni Rostock  (1.3)

7. 2000-2002 arbeitslos in Berlin, in dieser Zeit Teilnahme an Sitzungen in Gestalttherapie, Familienaufstellung und Psychodrama, Teilnahme an vielen spirituellen Gruppen, Zen, Indianer, u.v.m.

8. 2002-2009 in Wisconsin (U.S.A.), Arbeit als Tellerwäscher, Raumpfleger, Koch, Gärtner, als spiritueller Schüler und Lehrer im Bereich heutiger Spiritualität, Elektriker und Konstruktionsarbeiter in Hotels und Restaurants,

9. soziale Arbeit innerhalb einer evangelischen Kirche und in Gefängnissen mit dem 12 Schritte-Programm der Anonymen Alkoholiker.

16. Heutige Tätigkeit

Zur Zeit lehre ich Deutsch und coache in Englisch im SEAT-Werk und in der Zuliefererindustrie bei Barcelona/Spanien.

17. Unterstützung in der Vermarktung des Werkes

Ich bin Teil eines weltweiten Freundeskreises von etwa 3000 Leuten im deutschsprachigen, englisch-, portugiesisch- und spanischsprachigen Bereich, die sich für meine Veröffentlichungen interessieren würden, wenn diese in deren Sprache verfügbar sein werden.

Ich hoffe sehr, dass sie an diesem Buch etwas finden können, das es Wert ist geteilt zu werden!

Mit freundlichen Grüßen, Peter Steinhagen.