4
Die Wissenschaft erhält (viel?) Geld aus Steuermitteln. Folglich muss sie zumindest in demokratischen Gesell- schaften Rechenschaft darüber ablegen, was sie mit dem Geld Nützliches tut. Die fraglose Geltung dieses Prinzips hat die Wissenschaft der Privilegien des Standes beraubt und sie zu einer Lobbygruppe neben anderen degradiert. Der Grundsatz der Berichtspflicht gilt inzwischen allent- halben als oberstes Gebot einer ›good governance‹. Aber anders als die großen Konzerne, die ihre Quartalsberichte in einfachen Zahlen an die Aktionäre melden und an der Börse auf schnelle Reaktionen hoffen können, ist es für die Wissenschaft nicht so einfach. Zwei Fragen stel- len sich unmittelbar: Was soll berichtet werden und an wen? Von der höfischen Gesellschaft zur massendemokratischen Öffentlichkeit Ein kursorischer Blick in die Geschichte zeigt, dass die moderne Wissenschaft schon immer ›berichtet‹ hat, aber weder war sie selbst noch waren die Adressaten der Be- richte dieselben wie heute. Im 17. und 18. Jahrhundert, als die Wissenschaft noch nicht in gleicher Weise ausdif- ferenziert war, bedurfte sie erst einmal der gesellschaft- lichen Anerkennung und der Patronage. Die konnte nur der Adel gewähren. So ist das erste Publikum die höfi- sche Gesellschaft. Ihr gegenüber führen die Naturfor- scher ihre Demonstrationen vor mit dem Hintergedan- ken, ein wenig Glanz möge auch auf sie fallen und ihnen größere Glaubwürdigkeit und Autorität verleihen. In einer Zeit, in der die Glaubwürdigkeit noch durch den sozialen Rang der Zeugen bestimmt wird, sind die For- scher auf ihre Zuschauer geradezu angewiesen. Im »goldenen Zeitalter der Amateurwissenschaft«, dem 18. Jahrhundert, werden die Experimente mit Überra- schungs- und Unterhaltungswert einem breit gefächerten Publikum vorgeführt, das vom vornehmen Salon bis zum Jahrmarkt reichte (Hochadel 2003). Dossier 11 Peter Weingart Die Öffentlichkeiten der Wissenschaft: Vorderbühne und Hinterbühne Dossier 10

Peter Weingart Die Öffentlichkeiten · 2015. 6. 16. · schaft. 1899 schreibt Ernst Haeckel im Vorwort zur sieb-ten Auflage seines populärsten Buches Die Welträthsel: »Die vorliegenden

  • Upload
    others

  • View
    2

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

  • Die Wissenschaft erhält (viel?) Geld aus Steuermitteln.Folglich muss sie zumindest in demokratischen Gesell-schaften Rechenschaft darüber ablegen, was sie mit demGeld Nützliches tut. Die fraglose Geltung dieses Prinzipshat die Wissenschaft der Privilegien des Standes beraubtund sie zu einer Lobbygruppe neben anderen degradiert.Der Grundsatz der Berichtspflicht gilt inzwischen allent-halben als oberstes Gebot einer ›good governance‹. Aberanders als die großen Konzerne, die ihre Quartalsberichtein einfachen Zahlen an die Aktionäre melden und ander Börse auf schnelle Reaktionen hoffen können, ist esfür die Wissenschaft nicht so einfach. Zwei Fragen stel-len sich unmittelbar: Was soll berichtet werden und anwen?

    Von der höfischen Gesellschaft zurmassendemokratischen ÖffentlichkeitEin kursorischer Blick in die Geschichte zeigt, dass diemoderne Wissenschaft schon immer ›berichtet‹ hat, aberweder war sie selbst noch waren die Adressaten der Be-richte dieselben wie heute. Im 17. und 18. Jahrhundert,als die Wissenschaft noch nicht in gleicher Weise ausdif-ferenziert war, bedurfte sie erst einmal der gesellschaft-lichen Anerkennung und der Patronage. Die konnte nurder Adel gewähren. So ist das erste Publikum die höfi-sche Gesellschaft. Ihr gegenüber führen die Naturfor-scher ihre Demonstrationen vor mit dem Hintergedan-ken, ein wenig Glanz möge auch auf sie fallen und ihnengrößere Glaubwürdigkeit und Autorität verleihen. Ineiner Zeit, in der die Glaubwürdigkeit noch durch densozialen Rang der Zeugen bestimmt wird, sind die For-scher auf ihre Zuschauer geradezu angewiesen. Im»goldenen Zeitalter der Amateurwissenschaft«, dem18. Jahrhundert, werden die Experimente mit Überra-schungs- und Unterhaltungswert einem breit gefächertenPublikum vorgeführt, das vom vornehmen Salon bis zumJahrmarkt reichte (Hochadel 2003).

    Dossie

    r

    11

    Peter Weingart D ie Ö f fent li chkei ten

    der W i ssenschaf t :

    Vorderbühne und H in terbühne

    Dossier

    10

    Gegenworte 19 Satz 7.4.2008 15:28 Uhr Seite 11

  • Inzwischen hatten sich die Akademien als Orte derForschung und der wissenschaftlichen Kommunikationherausgebildet, und die Glaubwürdigkeit der Wissen-schaft verlagerte sich auf die neue Institution. In demMaß, in dem die Experimente komplexer und die Präzi-sionsinstrumente sensibler wurden, kam es zur »Tren-nung zwischen privater Ausführung experimentellerHandlungen und öffentlicher Aufführung von Tatsachen.Ein solcher Wandel in der experimentellen Praxis gingmit der Veränderung der Umgangsformen in der Aka-demie einher. Das Phänomen konnte nicht mehr […]demonstriert werden, sondern es mußten Berichte überdurchgeführte Präzisionsmessungen vorgelegt« werden(Sibum 1997, S. 257).

    Die experimentelle Praxis wandert in geschlosseneLaborräume ab, das zuvor geschätzte Publikum musstedraußen bleiben. Dies ist der Augenblick, in dem sich dieBerichterstattung aus der Wissenschaft aufspaltet: in eineprimäre, die an die Wissenschaftler gerichtet ist, und einesekundäre, die sich an ein breiteres Publikum richtet. Ers-tere findet in den Fachjournalen statt, Letztere in popu-lären Darstellungen. Damit beginnen sich auch die dis-ziplinären Fachsprachen herauszubilden, die tendenziellnur noch diejenigen verstehen, die mit denselben Metho-den am selben Gegenstand arbeiten.

    Mit dem Wandel der Öffentlichkeit zur bürgerlichenGesellschaft im ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhun-

    dert entsteht ein neues Publikum der Wissenschaft, dassich in einem regen Vereinsleben organisiert. Der popu-lärwissenschaftliche Vortrag an ein bürgerliches Pub-likum wird im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts zurvorherrschenden sekundären Berichtsform der Wissen-schaft. 1899 schreibt Ernst Haeckel im Vorwort zur sieb-ten Auflage seines populärsten Buches Die Welträthsel:»Die vorliegenden Studien […] sind für die denkenden,ehrlich die Wahrheit suchenden Gebildeten aller Ständebestimmt. Zu den hervorragenden Merkmalen des neun-zehnten Jahrhunderts […] gehört das lebendige Wachs-thum des Strebens nach Erkenntniß der Wahrheit inweitesten Kreisen« (Haeckel 1901, S. III, meine Hervor-hebung). Haeckel repräsentierte als erster Propagandistder neuen Darwin’schen Deszendenztheorie die Idee desgesellschaftlichen Fortschritts, mit der die Wissenschaft

    nun identifiziert wurde. Unter solchen Bedingungen hates die Wissenschaft leicht. Die allgegenwärtigen techni-schen Produkte wie zum Beispiel die elektrische Beleuch-tung dokumentierten einer breiten Öffentlichkeit ihreFortschrittlichkeit und Nützlichkeit. Am Ende des19. Jahrhunderts hatte sich die Popularisierungsliteraturzu einem florierenden kommerziellen Markt entwickelt.

    Dieses harmonische Verhältnis zwischen der Wissen-schaft und ihrer Öffentlichkeit änderte sich nach demErsten Weltkrieg dramatisch. In den 1920er und 1930erJahren, dem Übergang von der bürgerlichen Gesellschaftzur Massendemokratie wird der bis dahin bestehendeRespekt vor dem Publikum durch eine neue Vorstellungabgelöst. Das Publikum galt plötzlich als unwissend unddesinteressiert. Popularisierung verlor ihre vorherige An-erkennung durch die Wissenschaft und galt mit einemMal als untergeordnet und marginal, weil sie zur profes-sionellen Forschungskommunikation nichts beiträgt.

    Relativitätstheorie und Quantenmechanik standen fürdie neue Unanschaulichkeit, die jedoch nicht nur für dieneue Leitwissenschaft, die Physik, sondern für alle Na-turwissenschaften galt. Die Physik nahm nur insoferneine Sonderstellung ein, als die Relativitätstheorie eineWeltbildveränderung bewirkte. Aber anders als DarwinsTheorie in der Mitte des 19. Jahrhunderts vermochte siekaum Fortschrittsfantasien zu beflügeln, sondern beließdie Öffentlichkeit in ungläubiger Verständnislosigkeit

    und Schrecken über die Wirkungen der Atombombe. DieLeistungen der Naturwissenschaftler für die Produktionneuer Waffen waren zwar beeindruckend, aber nicht ge-rade imagefördernd. In den 1950er Jahren verflüchtigtensich die Reste der anfänglichen Faszination mit denVisionen der zivilen Nutzung der Kernenergie (etwa diegroßzügige ›Aushebung‹ von Häfen und Kanälen: ProjectPlowshare), bevor sie in die akute Sorge um die Risikendes wissenschaftlich-technischen Fortschritts umschlug.Die Distanz zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeitwurde größer, und damit wuchs auch das wechselseitigeMisstrauen. Da die Wissenschaft (in den USA und West-europa) während des Kalten Krieges mit der ›Freiheit‹ desWestens gleichgesetzt wurde, war sie von der Berichts-pflicht weitgehend entbunden. Die heute als normal gel-tenden Erwartungen des ökonomischen Nützlichkeits-

    Gegenworte

    , 19.

    Heft

    Frühja

    hr 2

    008

    Die experimentelle Praxis wandert in geschlossene Laborräume ab,das zuvor geschätzte Publikum musste draußen bleiben.

    Gegenworte 19 Satz 7.4.2008 15:28 Uhr Seite 12

  • nachweises und seiner Dokumentation in Zahlen hättennoch bis in die Mitte der 1980er Jahre als sozialistischesTeufelszeug gegolten. Wo man sich dennoch gedrängtsieht, auf die Öffentlichkeit zuzugehen, geschieht diesvon einer paternalistischen Position aus.

    Die in dieser Zeit entscheidende Veränderung ist der›Strukturwandel der Öffentlichkeit‹, nämlich die Ablö-sung der bürgerlichen Versammlungsöffentlichkeit des19. Jahrhunderts durch eine massenmedial hergestellte Öf-fentlichkeit. Sie wird zuerst in den Zwischenkriegsjahren,sodann in den Propagandamaschinen der europäischen

    Diktaturen der dreißiger Jahre erkennbar, aber erst in derZeit nach dem Zweiten Weltkrieg entfaltet sich diese Öf-fentlichkeit als Produkt der sich kontinuierlich zu großenKapitalgesellschaften entwickelnden Medien. Die para-dox erscheinende Konstellation ist nun, dass es diesenMedien nicht mehr um Aufklärung, um erbauliche Teil-habe und auch nicht um die Entgegennahme von Berich-ten aus der Wissenschaft geht. Für diese kommerziali-sierten Medien ist die Wissenschaft vielmehr ein Bereichneben anderen, der dann und nur dann Gegenstand ihrerAufmerksamkeit wird, wenn er Nachrichtenwert hat.Diese Öffentlichkeit hat nichts mehr mit den ›Wahrheitsuchenden Gebildeten aller Stände‹ zu tun, sondern sieist ein amorphes und für die Medien nur aus den Leser-und Zuschaueranalysen sich erschließendes Publikum.Hauptsache ist, es sind möglichst viele, das heißt, dieQuote ist hoch genug, um die Werbemittel einzutreiben(und gerade die Quote ist bei Nachrichten aus der Wis-senschaft chronisch niedrig). Genau diese Öffentlichkeitist nun Adressat der Berichte aus der ihrer Rechen-schaftspflicht nachkommenden Wissenschaft.

    Die Verselbständigung derWissenschaftskommunikationNun könnte man denken, diese Beziehung sei imschlimmsten Fall folgenlos, doch das ist zu einfach undauch nicht der Fall. Zwei Entwicklungen lassen sichbeobachten: Zum einen unterliegt die Wissenschafts-berichterstattung der gleichen Dynamik des Medienge-schäfts wie andere Bereiche auch. Die kommerziellenMedien bedienen ein Unterhaltungsbedürfnis des allge-

    meinen Publikums, das sie in der täglichen Quotenab-frage zu erkennen glauben, aber nicht wirklich kennen,weil gar nicht alle Möglichkeitsspielräume erkundet undfolglich Aufklärungsüberraschungen nicht registriertwerden können (die ›Sendung mit der Maus‹ ist unerklär-licher Kult). So folgen die Darstellungen der Wissen-schaft den jeweils ›fashionablen‹ narrativen, zeitlichenund visuellen Gestaltungsprinzipien. Begriffe der PR-Macher wie Info- oder Edutainment verweisen auf denRest des schlechten Gewissens, den zumindest diejenigennoch verspüren, die ihr Tun von guter Popularisierung

    unterscheiden können. Das Spektrum der Wissenschafts-darstellungen reicht durchaus von ernsthaften Versuchen,an die große Tradition der Popularisierung anzuschließen(durch zunehmend professionelle Wissenschaftsjourna-listen), bis zu absurden Formaten, auf denen zwar ›Wis-sen‹ draufsteht, aber nicht drin ist. Positiv ließe sich vonVielfalt sprechen, die immer gut ist. Kritischer gesehensind gerade die teuersten Formate (›Einsteinjahr‹) die-jenigen, die die Berichterstattung der Wissenschaft denPR-Agenturen überantworten. Die aber haben wedereine präzise Vorstellung von dem zu adressierenden Pu-blikum noch ein Interesse an den Inhalten – Hauptsache:viel Aufmerksamkeit.

    Dieser Modus der Kommunikation, der unter ›Re-chenschaftspflicht‹ der Wissenschaft läuft und denHochsicherheitsschutz politischer Korrektheit genießt,zeitigt nichttriviale Folgekosten. Unter denen ist hierrelevant: Universitäten und Forschungseinrichtungenunterhalten inzwischen PR- und Marketingabteilungenund produzieren Hochglanzbroschüren, die denen derIndustrie nicht mehr nachstehen. Ihre Kosten gehen proEinrichtung in die Größenordnung mehrerer Wissen-schaftlerstellen. Allein, die Wirkung dieser Maßnahmenist unbekannt und tendiert wahrscheinlich gegen null,weil es das Publikum für diese Form der Berichterstat-tung gar nicht gibt (siehe zur Erfahrung amerikanischer›law schools‹ Espeland/Sauder 2007, S. 26). Das Publi-kum sind wiederum nur die Medien selbst.

    Die zweite Entwicklung ist in gewisser Weise die Ra-dikalisierung der ersten. Das Postulat der Rechenschafts-pflicht hatte von Anbeginn neben dem Aspekt der inhalt-

    Dossie

    r

    1312

    Für diese kommerzialisierten Medien ist die Wissenschaft vielmehr ein Bereich neben anderen, der dann und nur dann Gegenstand ihrerAufmerksamkeit wird, wenn er Nachrichtenwert hat.

    Gegenworte 19 Satz 7.4.2008 15:28 Uhr Seite 13

  • lichen Berichterstattung über neue Erkenntnisse derWissenschaft den der Kontrolle und Bewertung. Die Be-hauptung der Wissenschaft, nur sie selbst könne beurtei-len, welche Forscher gut, welche Universität exzellent sei,konnte in einem demokratischen Gemeinwesen nicht aufDauer Bestand haben. Andererseits ist der Kern der Be-hauptung nicht zu bestreiten: Expertenwissen ist letztlichunhintergehbar. Wie aber sollte man angesichts der un-übersehbaren Fülle wissenschaftlicher Erkenntnisse de-ren Qualität und die Exzellenz ihrer Urheber qualitativverlässlich und überdies vergleichbar beurteilen? SchonBerufungskommissionen können die Literatur nicht le-sen, die die Kandidaten produzieren. In dieser Situationkamen die Betriebswirte zur Hilfe. Wie in der Verwal-tung großer Wirtschaftsunternehmen auch, setzen sieKennzahlen ein, stellvertretend für die zu messende Sa-che selbst, leicht handhabbar, gut vergleichbar, idealeInstrumente für Außensteuerung. In der Wissenschaftgeht es jedoch nicht (primär) um Geld. Bleibt der Wegüber die viel zitierten Literaturmaße (Publikations- undZitationsindikatoren). Der Einsatz dieser sogenanntenbibliometrischen Indikatoren zur Leistungsbemessungeinzelner Forscher (zum Beispiel bei Berufungen), vonFakultäten oder Universitäten (zum Beispiel für Ran-kings) bis hin zu ganzen Disziplinen enthebt die Evalua-toren der Aufgabe des Lesens. Das heißt, dass die Inhalteder betrachteten Wissenschaft für das relevante Publi-kum (Politik und Medien) uninteressant sind. Die wis-senschaftsinterne Kommunikation wird in Stellvertreter(›proxies‹) transformiert, um sie dem externen Publikumüberhaupt zugänglich zu machen.

    Es waren nicht zufällig die Medien, die zuerst Inte-resse an dieser spezifischen Form der Berichterstattungaus der Wissenschaft angemeldet und sie massiv geför-dert und beeinflusst haben. Unter dem Etikett der›Transparenz‹ haben sie mit den von ihnen produziertenund publizierten Rankings den Nachrichtenwert ›Kon-kurrenz, Sieger, Verlierer = Sensation‹ bedient, gleichaufmit den Ligatabellen des Fußballs.

    Es gibt sicher einen tatsächlichen Gewinn an Transpa-renz und kreativer Konkurrenz. Dem stehen allerdingsdie unkalkulierten und geflissentlich ignorierten Kosteneines breiten Spektrums von Anpassungs- und Manipu-lationsbemühungen seitens der öffentlich evaluiertenPersonen und Einrichtungen als unbeabsichtigte Folgengegenüber. Ihre Erfassung ist inzwischen ein eigenerForschungszweig (systematisch zu Reaktivität Espe-

    land/Sauder 2007). Das Publikum ist dreigeteilt: Studen-ten und ihre Eltern nutzen die Zahl für ihre Standort-wahl, Politiker nutzen sie für ihre Steuerungsabsichten,und die Medien nutzen sie für die Erhöhung der Auf-merksamkeit.

    Zusammenfassend auf eine zugegeben vereinfachteFormel gebracht: Im Verlauf von dreieinhalb Jahrhunder-ten ist Erkenntnisgewinn als gesellschaftliche Veranstal-tung um etliche Größenordnungen gewachsen, damit istdie Erwartung an die Wissenschaft, Rechenschaft ab-zulegen, stetig gestiegen. Zugleich sind die Adressatendieser Berichterstattung immer diffuser geworden, siewerden nur mehr von den Medien imaginiert und kon-struiert, und die Inhalte der Berichte sind auf Kennzah-len eingedampft. Ein jeder mag für sich entscheiden, wasdavon zu halten ist, wenn es hinter einer glitzerndenVorderbühne gar keine Hinterbühne mehr gibt.

    LiteraturW. N. Espeland und M. Sauder: Rankings and Reactivity: How PublicMeasures Recreate Social Worlds, in: American Journal of Sociology 113,1, 2007, S. 1–40E. Haeckel: Die Welträthsel. Bonn 1901 (7. unveränderte Auflage)O. Hochadel: Öffentliche Wissenschaft. Elektrizität in der deutschenAufklärung. Göttingen 2003O. Sibum: Charles-Augustin Coulomb, in: K. v. Meyenn (Hg.): Diegroßen Physiker. München 1997, S. 243–262, 464–412

    Gegenworte

    , 19.

    Heft

    Frühja

    hr 2

    008

    Gegenworte 19 Satz 7.4.2008 15:28 Uhr Seite 14