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® 29 2013 ÜBER ZIEGEL UND VERANTWORTUNGSBEWUSSTE ARCHITEKTUR Wie sind eine kleine Ziegelei in einem kleinen Land. Und damit nicht automatisch eine bekannte Größe. Wir produzieren ein einfaches, unspektakuläres Produkt, das seit einigen hundert Jahren von der Entwicklung un- berührt geblieben ist. Wir formen und brennen den Ton, so wie es unsere Familie am selben Ort seit sieben Generationen tut. Wir produzieren Mauersteine. Und wir sind stolz. Stolz, weil unsere Steine von namhaften Architekten in der ganzen Welt gewählt werden. Für einzigartige Gebäude. Weil die Steine, trotz ihrer Schlichtheit, dem Gebäude eine besondere Aura verleihen. Der Stirling Prize, der vom RIBA verliehen wird, gehört zu den bedeutendsten Architekturpreisen der Welt. Am 29. September 2013 wurde er dem Architektenbüro Witherford Watson Mann für die gelungene Restaurierung des Schlosses Astley Castle verliehen. Wir nahmen an der Preisverleihung teil – stolz darauf, dass Steine von Petersen Tegl für das Projekt verwendet wurden. Wir sind – meinen wir – berechtigt stolz darauf, ein Produkt herzustellen, das von so vielen geschätzt wird. Ein Produkt, das sich mit der gleichen Selbst- verständlichkeit in einem 1000 Jahre alten Schloss in England und in einem ultramodernen Hochhaus in Schweden aus dem Jahre 2012 behauptet. Ein Produkt, dass uns auf die Landkarte gesetzt hat. Foto, Karlstad Punkthaus: Anders Sune Berg - Fotos, Astley Castle: Phillip Vile ES IST IN ORDNUNG, STOLZ ZU SEIN (WENN ES ETWAS GIBT, AUF DAS MAN STOLZ SEIN KANN)

PETERSEN 29 - Herbst 2013 - Deutsch

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Ein Magazin über Ziegel und verantwortungsbewusste Architektur

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Ü B E R Z I E G E L U N D V E R A N T W O R T U N G S B E W U S S T E A R C H I T E K T U R

Wie sind eine kleine Ziegelei in einem kleinen Land. Unddamit nicht automatisch eine bekannte Größe.

Wir produzieren ein einfaches, unspektakuläres Produkt,das seit einigen hundert Jahren von der Entwicklung un-berührt geblieben ist. Wir formen und brennen den Ton,so wie es unsere Familie am selben Ort seit siebenGenerationen tut.

Wir produzieren Mauersteine. Und wir sind stolz.Stolz, weil unsere Steine von namhaften Architekten inder ganzen Welt gewählt werden. Für einzigartigeGebäude. Weil die Steine, trotz ihrer Schlichtheit, demGebäude eine besondere Aura verleihen.

Der Stirling Prize, der vom RIBA verliehen wird, gehört zuden bedeutendsten Architekturpreisen der Welt. Am 29.September 2013 wurde er dem ArchitektenbüroWitherford Watson Mann für die gelungene Restaurierungdes Schlosses Astley Castle verliehen. Wir nahmen an derPreisverleihung teil – stolz darauf, dass Steine vonPetersen Tegl für das Projekt verwendet wurden.

Wir sind – meinen wir – berechtigt stolz darauf, einProdukt herzustellen, das von so vielen geschätzt wird.Ein Produkt, das sich mit der gleichen Selbst-verständlichkeit in einem 1000 Jahre alten Schloss inEngland und in einem ultramodernen Hochhaus inSchweden aus dem Jahre 2012 behauptet.

Ein Produkt, dass uns auf die Landkarte gesetzt hat.Foto

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ES IST INORDNUNG,STOLZ ZU SEIN(WENN ES ETWAS GIBT,AUF DAS MAN STOLZ SEIN KANN)

Punkthaus in KarlstadBauherr: Uddprojektet Ett AB

Architekten: Wingårdh Arkitektkontor AB

Hoch- und Tiefbau: Byggbolaget i Värmland AB

Stein: K57

Text: Ida Præstegaard, Architektin

Fotos: Anders Sune Berg

Karlstad liegt idyllisch an der Nordseite desgrößten schwedischen – und drittgrößten eu-ropäischen – Sees, des Vänern. Die Lage in ei-nem Delta, wo die Stadt von zahlreichenFlüssen und Kanälen durchzogen wird, bieteteinmalige Möglichkeiten, um Rahmen für einLeben am Wasser zu schaffen. WingårdhArkitektkontor bereicherte vor Kurzem dieStadt mit einem außergewöhnlich gelungenenPunkthaus, das sich einnehmend und wieselbstverständlich zu Wasser und Stadt verhält.

Als ich den Kanal im Viertel Bryggudden er-reichte, an dessen Ostseite sich das Punkthausbefindet, war ich sofort beeindruckt. Das 59 mhohe Haus mit seinen 62 Wohnungen bestichtdurch sein Raffinement und seinen Anmut undwirkt trotz seines Volumens nicht massiv. Ganzim Gegenteil – man denkt an eine schlanke,wohlgeformte Skulptur, ein neues Wahrzeichender Stadt, das den Zuschauer durch seineArchitektur und seine Detailfülle fesselt. Mankann gar nicht anders als immer wieder um dasHaus zu gehen, um es von allen Winkeln aus zugenießen.

Das Punkthaus ruht auf einem Plateau miteiner Treppenanlage aus Fichtenholz. Hochhausund Grundstück treffen höchst entspannt auf-einander – ein Badesteg mit einem Hochhaus.»Unser erster Entwurf war ein Hochhaus aufPfählen. Die Lösung mit dem Plateau bot je-doch bessere Zugangsverhältnisse für dieBürger der Stadt, die hier willkommen sind unddie Treppenanlage nutzen können,« berichtetdie verantwortliche Architektin des Projekts,Elin Wallinder, mit der ich am Haus verabredetbin.

DAS ARCHITEKTENBÜRO WINGÅRDHARKITEKTKONTOR HATTE SICHURSPRÜNGLICH EINE GLASVERKLEIDUNGFÜR DAS NEUE WOHNHAUS IN KARLSTADVORGESTELLT. EINE FASSADE AUSKOLUMBA ERWIES SICH JEDOCHALS DIE GÜNSTIGERE LÖSUNG.

Blick über die Stadt vom 59 m hohen Neubau. Am Ende des Kanals, mitten im Bild, der 45 Meter hohe Hauptsitz des Löfberg-Konzerns,ein Bau aus den 60er Jahren und das Gegenstück zum neuen Punkthaus.

Das 19-geschossige Punkthaus – eine schlanke, wohlgeformte Skulptur und ein neues Wahrzeichen der Stadt. Dass das Haus so leichtfüßig wirkt,ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass alle vier Fassaden nach innen knicken und der Grundplan so an einen Stern erinnert.

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PUNKTHAUSALS WOHLGEFORMTESKULPTUR

Das untere Geschoss bildet einen Übergangzwischen Holzplateau und Haus und wirkt visu-ell wie ein Fundament. Die horizontalen Liniender Treppenanlage setzen sich am unteren Teilder Fassade – sandfarben verputzt – durch einwaagerechtes Relief fort, das die horizontalenFensterbänder aufnimmt.

Dass das Haus so leichtfüßig wirkt, ist un-ter anderem darauf zurückzuführen, dass allevier Fassaden nach innen knicken und derGrundplan so an einen Stern erinnert. An zweiEcken befinden sich offene, ausgekragteBalkone, an den beiden anderen trifft Glas oh-ne Sprossen aufeinander. Beide Lösungen las-sen die Ecken schwebend und transparent er-scheinen.

Der architektonische Ausdruck ist abwechs-lungsreich – durch die variierten Fenster-formate, die französischen Balkone und dieErker, die widerspiegeln, wie viel oder wenigLicht in die Räumlichkeiten dahinter dringt. DieErker haben auch eine praktische Funktion; dasie aber in unterschiedlichen Höhen ausgeführtwurden, die sich über bis zu drei Geschosse er-strecken, wirken sie als starkes kompositori-sches Element der Fassadengestaltung.

Für die Fassade des Punkthauses wurdenKolumba-Steine verwendet, die jedoch nichtdie erste Wahl der Architekten waren. DasHochhaus ist das Ergebnis eines beschränktenWettbewerbs, der 2008 von der Wohnungs-baugesellschaft Jakten Fastigheter AB, einemUnternehmen des Löfberg-Konzerns, ausge-schrieben wurde. Löfberg bat vier Architekten-büros darum, einen Bebauungsplan für das ge-

samte Viertel Bryggudden auszuarbeiten undauch einen Vorschlag für ein Punkthaus. DerPlan beinhaltet, dass das Viertel seinenSchwerpunkt langsam von einem Industrie-und Hafenviertel in ein Wohnviertel verlagert.»In unserem Vorschlag arbeiteten wir mitZiegelfassaden für alle Gebäude, mit einerAusnahme: das Punkthaus, dass wir mit gold-anodisiertem Aluminium verkleiden wollten.Nachdem wir den Wettbewerb gewonnen hat-ten, wurde aus dem Aluminium goldfarbenesGlas. Im Zuge der Bauphase bat uns derBauherr, ein weniger kostspieligesFassadenmaterial zu finden. Da lag es nahe,sich erneut mit Ziegeln zu beschäftigen. Essollten aber ausgesuchte Ziegel sein, die vonden übrigen gemauerten Häusern abstechenwürden. Wir schlugen Kolumba vor, der in derRegel als hochpreisig eingestuft wird, sich hieraber als ausgesprochen wettbewerbsfähig er-wies. Zusammen mit dem Bauherrn entschiedenwir uns für eine dunklere Kolumba-Variante, diemit ihrem breiten Farbspektrum alle Nuancender Umgebung in sich vereint. Der Stein wurdemit einem kleinen Zusatz von gelbem Ton her-gestellt. Die goldenen Tupfer an seinerOberfläche und die aus goldanodisiertemAluminium ausgeführten goldenen Sprossender Erker führen zurück zur Goldfassade, die wiruns ursprünglich vorstellten,« so abschließendElin Wallinder.

Das Punkthaus ruht auf einem Plateau mit einer Treppenanlage aus Fichtenholz. Haus undGrundstück treffen höchst entspannt aufeinander – ein Badesteg mit einem Hochhaus.

Das Architektenbüro Wingårdh Arkitektkontor gewann den beschränkten Wettbewerb für einen Bebauungsplan,der den Schwerpunkt im Stadtteil Bryggudden langsam von einem Industrie- und Hafenviertel in einWohnviertel verschoben hat.

Schnitt Erdgeschoss Projektleiter Håkan Broström, Kooperationspartner von Prepart ABund die verantwortliche Architektin von Wingårdh Arkitektkontor,Elin Wallinder.

In einer früheren Phase des Projektssollte das Punkthaus mit goldfarbenemGlas verkleidet werden.

An zwei Ecken befinden sich offene, ausgekragte Balkone, an den beiden anderen trifft Glas ohneSprossen aufeinander. Beide Lösungen lassen die Ecken schwebend und transparent erscheinen.

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NACHHALTIGKEITBERUHT AUF SCHÖNHEITUND QUALITÄTDIE AUSSICHT GAB DEN AUSSCHLAG: RAFFINIERTE,ARCHITEKTONISCH IN SICH RUHENDE VILLA IN RIJSSEN.

Eine der ersten Entscheidungen, die getroffen wurden, als sichArchitekt Theo Reitsema und die Bauherren zusammensetzten,war es, die Größe des Hauses auf die Hälfte zu begrenzen. DieBauherren, ein Ehepaar in den 50ern, dessen Kinder aus demHaus waren, dachten an eine 350 m2 große Villa auf ihremTraumgrundstück in Rijssen. »Ich schlug vor, Qualitäts-materialien und Nullenergie-Lösungen höher zu prioritieren alsviele Quadratmeter. Daher entwarf ich ein 160 m2 großes Haus– und dafür entschieden sie sich,« so Theo Reitsema.

Das Grundstück für den Neubau liegt zwischen einer Reiheneuerer Villen auf einer ganz normalen Villenstraße mit einer be-eindruckenden Gartenaussicht. Die Grundstücke grenzen an eineaußergewöhnlich reizvolle Landschaft an: Wiesen undBaumgruppen, so weit das Auge reicht. Am Horizont sieht manden 60 Meter hohen Holterberg, wo die Sonne untergeht. DieseUmgebung – mit der atemraubenden Aussicht – bildete denAusgangspunkt des Architekten.

Das Haus sollte sich aus einleuchtenden Gründen zurLandschaft hin öffnen. Darüber hinaus meinte Theo Reitsema,dass auch die Bewohner der Villenstraße und Spaziergänger inden Genuss der schönen Aussicht kommen sollten. Diese Ideewurde verwirklicht, indem er das Haus als riesigen Bilderrahmen

entwarf, der einfach und wie selbstverständlich die Aussicht derdahinter liegenden Landschaft einrahmt. Das Wort Bilderrahmenist nicht zufällig gewählt – der in sich geschlossene Ausdruck derFassade lässt an einen massiven Rahmen denken.

Das Haus macht neugierig, sobald man in die Villenstraße ein-biegt und die Proportionen der Fassade, die Details und dieMaterialien betrachtet. Diese verdeutlichen den hohenBearbeitungsgrad des von der Größe her bescheidenen Hauses.Vereinfacht, raffiniert, minimiert. Nichts, aber auch gar nichts be-einträchtigt die Klarheit. Das Haus scheint über dem grünenRasen zu schweben. Von dort aus führt eine breite, mit Holz ver-kleidete Rampe zur großen zentralen Toröffnung – die einzige an-dere Öffnung in der Fassade ist ein kleines, quadratisches Fenster,durch das man auf eine kleine Veranda mit Morgensonne blickt.

Zur Straße breitet sich die mit Stahl eingefasste Fassade überdie schwebende Rampe aus. Auf der anderen Seite wurde dasHaus von der Rampe zurückgezogen. In diesem Teil des Hausesbefinden sich die Küche, der Essbereich und das Wohnzimmer.Durch die gläserne Fassade kann der Blick ungehindert über dieLandschaft schweifen. genau wie vom ebenfalls holzverkleidetenDeck aus. Auch die Unterseite des Schatten spendenden, ausge-kragten Daches ist mit Holz verkleidet.

Die Räume des Hauses sind genau so klar strukturiert wie sei-ne Konstruktion. Der Grundplan ist logisch und zweckmäßig.Keine überflüssigen Flure, sondern perfekt dimensionierteQuadratmeter für notwendige Funktionen. Die Aura vonExklusivität ist auf die eleganten, maßgeschneiderten Detailsund die Naturmaterialien zurückzuführen, aber auch darauf, dassalles hundertprozentig durchdacht ist. Man spürt, dass diesesHaus völlig auf seine Bewohner zugeschnitten wurde.

Was die Materialien betraf, so war die Vision, dass derRahmen einen Kontrast zur Landschaft bilden und daher dunkelsein sollte. Auch sollte dieses Dunkel einen Farbreichtum besit-zen, der beim Nähertreten sichtbar werden würde. Theo Reitsemaentschied sich dafür, eine Lösung mit Ziegel zu untersuchen.»Wir besuchten Petersen Tegl spät nachmittags in Duiven, wo wirvon Christian A. Petersen und Björn Lucassen in Empfang genom-men wurden. Sie luden uns ein, am folgenden Wochenende nachBroager zu kommen. In der Ziegelei entschieden wir, dieBauherren und ich, uns für Kolumba mit einem Zusatz von gel-bem Ton. Wir baten darum, unsere Partie nahe an den Flammenim Ofen zu brennen, damit die Steine punktuell glasiert erschei-nen würden. Darüber hinaus baten wir darum, sie ohneSandzuschlag herzustellen.«

Villa SR in RijssenBauherr:: Privat

Architekt: Reitsema & partners architects

Ingenieure: Bouwbedrijf Vonkeman & client

Stein: K58

Text: Ida Præstegaard, Architektin

Fotos: Luuk Kramer

Es war Theo Reitsemas Idee, dass auch die Bewohner der Villenstraße und Spaziergänger in den Genuss der schönen Landschaft hinter dem Haus kommen sollten.Das Haus ist daher ein riesiger Bilderrahmen, der die Aussicht einrahmt.

Das Haus liegt auf einem Plateau, dass nach Süden eine Holzterrasse bildet.Von dort aus blickt man ungehindert über die abenteuerliche Landschaft.

Für die private Seite des Hauses – die der Landschaft zugewandt ist– wurde ausschließlich Glas verwendet.

Querschnitt

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»Statt ein Recycling vonMaterialien zu diskutieren,sollten wir uns lieber daraufkonzentrieren, Häuser zu bauen,die wir gar nicht abreißenwollen.«

Theo Reitsema

Um den abgesteckten Rahmen für die Baukosten zu halten,wurde Kolumba nur an der Fassade zur Straße hin vermauert –insgesamt 42 m2. »Wenn die Bausumme nicht überschritten wer-den soll, gilt es, einen schönen Stein kreativ einzusetzen, statteine große Menge billiger Standardsteine zu kaufen,« so TheoReitsema, der mit einer Betrachtung zum Thema Nachhaltigkeitabschließt:

»Statt ein Recycling von Materialien zu diskutieren, solltenwir uns lieber darauf konzentrieren, Häuser zu bauen, die wir garnicht abreißen möchten. Wir bewahren ältere Häuser – weil sievielseitig verwendbar sind. Sie haben hohe, luftige Räume, brei-te Türen usw. Es gibt aber einen wichtigeren Grund dafür, dasswie sie nicht abreißen. Wir lieben diese Häuser, wenn dieArchitektur anspricht und die Materialien von guter Qualität sind– im Gegensatz zu vielen neueren Häusern, die aus so minder-wertigen Materialien gebaut wurden, dass niemand sie kaufenoder mieten möchte. Schöne Häuser werden immer wieder be-wohnt und genutzt, und hier kommt Petersen Tegl ins Bild. DieSteine der Ziegelei besitzen eine Schönheit, die man bewahrenmöchte – die wirkliche Herausforderung besteht darin, schöneHäuser zu bauen, denn die werden mehrere hundert Jahre über-dauern«.

Aufenthaltsraum und Küche sind zur Passagehin geöffnet, die der Glasfassade folgt.

Acht Reihen Mauerverbände in einem quadratischen Feld von 1 Meterin der Kolumba-Fassade wurden entfernt. So kann Licht in denSchlafraum dringen, obwohl die Fassade weiterhin geschlossen wirkt.

Für die Fassade wurde ein dunkler Kolumba-Stein mit einem Zusatz vongelbem Ton verwendet. Die Steine wurden nahe an den Flammen imOfen gebrannt und erhielten dadurch eine punktuell glasierte Oberfläche.

Das Betondach des Hauses ruht auf 100-mm-Außenmauern und drei Säulen aus Chrom mit einem Durchmesser von 60 mm. Als Teil der präzisenDetailvorgaben wird die Kolumba-Fassade von einem T-Stahlprofil getragen. Auch Fenster und Toröffnung werden von einem Stahlprofil eingerahmt.Die Mauer wurde mit 5 mm dünnen Fugen aus einem speziellen Klebemörtel errichtet.

Plan

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CHANGIERENDEGRAUTÖNE VONWEIß BISSCHWARZDIE DURCHDACHTEN FUNKTIONELLENUND BAUTECHNISCHEN LÖSUNGEN IMZENTRALEN RAUM DES KREMATORIUMS– DER OFENHALLE – VERMITTELNEIN FRIEDVOLLES, SINNLICHESERLEBNIS.

Als ich an einem nebligen Septembermorgenzum ersten Mal das Krematorium in der däni-schen Stadt Ringsted besuchte, war die erstePerson, die mir begegnete, ein niederländi-scher Experte in Sachen Umweltfilter. In seinerEigenschaft als Berater hat er zahlreiche

Krematorien in ganz Europa begutachtet, aber– so sagt er – noch nie eine schönere Ofenhallegesehen als die, in der wir uns jetzt befinden.Ich gebe ihm instinktiv recht. Dieser Raum isttatsächlich ein wunderbarer Abschluss des lan-gen Lebens und der nicht minder langenKarriere des Architekten Henning Larsen. EinRaum, der gleichzeitig Würde und Nüchternheitausstrahlt. Alles ist äußerst rationell organi-siert, aber gleichzeitig sichern dieEinbeziehung des Tageslichts, die Materialienund die Oberflächen einen feierlichenGrundton, der zu Herzen geht. Für den gesam-ten Raum wurden changierende Grautöne ge-wählt, von weiß bis fast schwarz. Auf spiegel-glatte oder rustikale Oberflächen wurde ver-zichtet. Die haptische Bearbeitung ist inner-halb eines engen Spektrums harmonisch gelöst,da die unterschiedlichen Texturen derMaterialien sich wunderbar ergänzen.

Der Geschäftsführer des Krematoriums, TomOlsen, ist nicht weniger begeistert als mein nie-derländischer Freund. Tom Olsen leitete bisherdas Bispebjerg Krematorium in Kopenhagen, wo

unter seiner Leitung die Idee eines freistehen-den Ofens und der ungehinderte Zugang für dieÖffentlichkeit eingeführt wurden. Und genaudas Bispebjerg Krematorium, ein Werk desArchitekturbüros Friis & Moltke aus dem Jahre2003, scheint den primären Referenzrahmen derAnlage in Ringsted zu sein. ”Wir übernahmendie besten und funktionellsten Lösungen derAnlage von Bispebjerg und wiederholten siehier”, erläutert Tom Olsen, der in der Bauphaseals Projektleiter tätig war. Während wir uns un-terhalten, öffnet sich die gläserne Schiebetürdes benachbarten Sargraumes. Aufgebahrt aufeinem Katafalken auf Rädern rollt ein Sarg inden Raum. Der schneeweiße Sarg sorgt einenkurzen Augenblick lang für einen Kontrast zuden Grautönen des Raumes, bevor insFlammenmeer in einem der Öfen verschwindet.”Wir wollten keine mechanischen Wagen, aufdenen die Mitarbeiter sitzen”, sagt Tom Olsen.”Unsere Arbeit soll in einem menschlichenTempo verrichtet werden, wir begleiten dieSärge auf ihrem Weg”. Er erklärt, dass dieseHaltung entscheidend für die Einrichtung des

ansonsten sehr effizienten Krematoriums war:”rationell, aber würdig”. Hinzu kam, dass einangenehmer Arbeitsplatz entstehen sollte, wodie Mitarbeiter den Tagesverlauf spüren. Eineriesige Glaspartie an der einen Längsseite derOfenhalle lässt auf einen nahe liegenden Waldblicken. Aus Rücksicht auf die Angehörigen hatdas Glas die Eigenschaft, dass es augenblicklichvon einem weißlichen Filter abgeblendet wird,wenn sich jemand auf dem benachbarten Fluroder im Garten bewegt. Das funktioniert lautTom Olsen so gut, dass die Scheiben sofort ab-geblendet werden, wenn draußen ein Hase vor-beiläuft.

Die Ofenhalle wird von fünf großenschwarzen Öfen dominiert, die frei im Raumaufgestellt sind. Die Architekten wünschteneine Oberflächenwirkung, wie man sie von al-ten gusseisernen Öfen kennt. Die Lösung: ei-ne Stahlplatte, die in einem Säurebad behan-delt wurde und dadurch eine koksgraue, me-lierte Oberfläche erhielt. Eine Reihe vonBetonsäulen in Zweiergruppen wurden entlangder Wände platziert. Zwischen den Säulen ist

Das Krematorium - ein einfacher, länglicher Baukörper, aus dessen Mitte sich die hohe Ofenhalle erhebt.Die Fassade wurde an beiden Enden vorgezogen, so dass auf der einen Seite der Eingang nach Westen geschütztwird und sich auf der anderen Seite der breite, rechteckige Schornstein erhebt.

Die Ofenhalle wurde mit den Sargräumen desKrematoriums verbunden. Für den durchgehendenFußboden wurde mattgrauer Granit gewählt.

Die Öfen sind mit einer säurebehandelten Stahlplatteverkleidet, deren koksgraue, melierte Oberfläche an alte,gusseiserne Kaminöfen erinnert.

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das untere Feld offen, während der obere Teilmit Lochziegeln in einem Grauton verkleidetwurden, Steine des gleichen Typs wie die übri-gen Mauersteine des Hauses. Die Löcher die-nen der Lüftung und dem akustischenAusgleich. Die Deckenkonstruktion wurde un-ter abgehängten Gipsmuscheln verborgen, de-ren weiche Wellenform sich durch den Raumzieht. Zwischen den Muscheln wird eine dun-kle Aussparung sichtbar, die zwischen denpaarweise angeordneten Säulen fortgeführtwird. Diese Aussparung sorgt für Absaugung,falls aus den Öfen unerwünschter Rauch aus-treten sollte. Hoch sitzende Bandfenster ent-lang der beiden Stirnwände des Raumes si-chern ein angenehmes Himmelslicht, dasdurch die niedrig angeordneten Fenster anden Seiten ergänzt wird.

Ein Raum, mit bestechendem Überblickkonzipiert, in seiner Gesamtheit wie auch imDetail. Die funktionellen und bautechnischenLösungen wurden in allen Einzelheiten archi-tektonisch durchdacht umgesetzt. Nicht alskalte akademische Übung, sondern als ausge-

prägt erhebende, sinnliche Architektur. DieBegegnung mit diesem Raum wird so zu einemwunderbaren Erlebnis – trotz seiner düsterenFunktion. Für den Bauherrn wie für denArchitekten war es entscheidend, keine er-drückende Stimmung entstehen zu lassen,sondern zu versuchen, dem endgültigenAbschied einen positiven Rahmen zu geben.In einem neutralen, anonymen Raum ist dasnicht möglich. Es muss etwas auf dem Spielstehen. Der Raum muss etwas wollen, sichtrauen. Ein solcher Raum ist die Ofenhalle desKrematoriums in Ringsted – ein wahrhaft sen-sationelle Leistung!

Das Krematorium wurde nach der Entscheidung ge-

baut, insgesamt sieben Krematorien in den Kirchen-

kreisen Roskilde und Lolland-Falster zu schließen

und sie durch ein modernes, umweltgerechtes

Krematorium zu ersetzen. Das Krematorium liegt

zwischen einem Waldrand und der Straße Kærup

Parkvej in einem gemischten Wohn- und

Industrieviertel am Rande der Stadt Ringsted.

Fælleskrematoriet in RingstedBauherr: Fælleskrematoriet Sjælland og Lolland Falster I/S

Architekten: Henning Larsen Architects

Hoch- und Tiefbau: Elindco

Ingenieure: Damgaard

Landschaftsarchitektin: Birgitte Fink

Stein: D91

Text: Thomas Bo Jensen,

Institutsleiter, Dozent, Architekt / Ph.D.

Königlich Dänische Kunstakademie

Fotos: Anders Sune Berg

Der verantwortliche Architekt Peter Munch beschreibt D91 als "ein Gewimmel von Grautönen, die im Mauerverband der Mauereine sehr stoffliche Oberfläche verleihen". Der deutliche keramische, geflammte Stein ist eine nahe liegende Lösung für einKrematorium, dessen eigentlicher Sinn hier darin zu bestehen scheint, die gemauerten Flächen des Gebäudes zu beleben.

Der obere Teil der Wand in der Ofenhalle besteht aus eigens für das Krematorium hergestellten Lochziegeln des gleichen Typswie die übrigen Mauersteine. Die Löcher dienen der Lüftung und dem akustischen Ausgleich. Die Deckenkonstruktion wurdeunter abgehängten Gipsmuscheln verborgen, deren weiche Wellenform sich durch den Raum zieht.

Das Licht von innen und außengleitet über die grau meliertengemauerten Wände.

Querschnitt

Erdgeschoss

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Die einladenden Räumlichkeiten der Bagge-sensgade im Kopenhagener Stadtteil Nørrebrosind das helle, geräumige Domizil derWeinhandlung Vinhanen - mit einer Decken-höhe von etwa vier Metern. Hinter der Bar, un-ter der Decke, kommt der Kern der Sache zumVorschein: fünf große Edelstahltanks mit ei-nem Fassungsvermögen von jeweils etwa3.000 Litern Wein.

Vinhanen führte mit der Eröffnung am 5.April dieses Jahres ein neues Konzept ein, dasman bisher in Südeuropa, nicht jedoch inKopenhagen, erleben konnte: Der Wein wirdaus dem Stahltank direkt in eine Flasche abge-füllt, die man leihweise in der Bar erhält odervon zu Hause mitbringt. Der Preis ist durchauserfreulich. Man kann auch ein Glas in der Bargenießen und eine Kleinigkeit essen.

Gegründet wurde Vinhanen von MetteLouise Johnsen, Thomas Berg von Linde, JacobBreinholt Schou und Julia Rodrigues. »Wir lie-ben Wein, und wir baten Künstler mit der glei-chen Passion, uns bei der Einrichtung zu hel-fen,« berichtet die Kuratorin Julia Rodrigues.

Von Anfang an stand fest, dass der Bodendem Raum Wärme verleihen sollte. Man dachteanfangs an Holz. Der Bildhauer BjørnNørgaard, mit dem einer der Eigentümer be-freundet ist, wurde gebeten, sich der Aufgabeanzunehmen. Er schlug Ziegel vor. Außerdemmeinte er, dass Vinhanen sich an Petersen Teglwenden solle, da er in zahlreichen anderenZusammenhängen mit der Ziegelei zusammen-gearbeitet hatte.

Die Lösung für Vinhanen bestand in hand-gefertigten Kolumba-Steinen, die von Bjørn

Vinhanen, Baggesensgade in KopenhagenBauherren: Julia Rodrigues, Thomas Berg von Linde,

Jacob Breinholt Schou und Mette Louise Johnsen

Bodenkonzept: Bildhauer Bjørn Nørgaard.

Assistenz: Architektin Tania Sonnenfeld

Stein: K33, K48, K11, K70, K21, K51, K23

Text: Ida Præstegaard, Architektin

Fotos: Anders Sune Berg

Design sollte demokratisiert werden und Urheberrechte sollten niemandem gehören – das ist die Haltungder Künstlergruppe Superflex, die zur Einrichtung von Vinhanen beitrug. Diese Haltung vermitteln dieStühle um den Tisch. Es handelt sich nicht um den bekannten Ameisen-Stuhl, sondern um einenbilligen Schalenstuhl in der Form der bekannten Design-Ikone. Stoffleuchten mit aufgedrucktenLeuchten-Ikonen vermitteln die gleiche Botschaft.

Vinhanen liegt in der Baggesensgade imKopenhagener Stadtteil Nørrebro.

Flaschen und Logo sind ein Entwurfvon Thomas Poulsen.

Die Gäste holen sich ihr Trinkwasser selbstvon Hahn in der Ecke.

Der Wein wird aus großen Edelstahltanks in Flaschen abgefüllt.Jacob Breinholt Schou entwarf den langen Stahltresen.

KOLUMBA ALSKÜNSTLERISCHES ELEMENT

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Nørgaard in sieben verschiedenen Farbtönenausgewählt wurden. Es wurden - mit Hilfe derArchitektin Tania Sonnenfeld - drei Vorschlägeausgearbeitet, die alle auf vier Systemen ba-sieren, die die Steine unterschiedlich anord-nen. Man entschied sich für einen dieserVorschläge, und das Ergebnis muss als sehr ge-lungen bezeichnet werden. Die rustikalenSteine in verschiedenen kräftigen, natürlichenFarben bilden eine große, variierte Fläche vonbeeindruckender Ausdruckskraft. Die weißenWände und die fast spartanische Einrichtungwirken angenehm neutral und zurückhaltend,so dass Kolumba als künstlerischesGestaltungselement und auch als verbindendeKomponente wirkt, die zum besonderenAmbiente des Raumes beiträgt, ohne es zuübertönen.

In einer Ecke des Raumes hat der KünstlerThomas Poulsen auf einem Minimum an Flächeeine Treppe mit eingebautem Spülstein vorge-sehen. Hier können die Gäste ihr Trinkwasserselbst abzapfen. Diese beiden Elemente, eben-falls aus Kolumba, markieren sich als selbstän-dige Skulpturen im Raum und sind darüberhinaus ein Beispiel für maßgeschneidertesDesign mit Funktion.

Für den Boden wählte der Bildhauer Bjørn Nørgaard Kolumba in sieben verschiedenen Farben,die er systematisch arrangierte. Die rustikalen Steine in klaren Naturfarben fügen sich alskünstlerisches, verbindendes Element zu einer harmonischen Fläche zusammen.

Die Tische und dieleichten Schemel sind einWerk von Jacob Breinholt

Schou. Sie laden ein,ein Glas Wein und Tapas

zu genießen.

Der Künstler Thomas Poulsen entwarf die Treppe mit dem eingebauten Spülsteinaus Kolumba-Steinen, die wie eine selbständige Skulptur im Raum steht.

BEIM EINTRITT IN DIE WEINHANDLUNGVINHANEN – WEINHAHN – FÄLLT DIEKLARE FUNKTIONALITÄT DES RAUMES INSAUGE - UND EIN AUßERGEWÖHNLICHER,WUNDERSCHÖNER KLINKERBODEN.

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FORTHVALLEYCOLLEGEMAUERSTEINFASSADEN AUSKOHLEBRANDZIEGELN IN ZWEIVERSCHIEDENEN NUANCENHARMONIEREN MIT DER UMGEBUNGUND SIND DAS VERBINDENDE ELEMENTDER BEIDEN NEUEN ABTEILUNGENEINER HOCHSCHULE NÖRDLICHVON EDINBURGH

Die vom Forth Valley College gestellte Aufgabebestand darin, zwei neue Universitätsgebäudein Alloa und Stirling zu entwerfen, die zwar inetwa die gleichen Fazilitäten enthalten, aberauf sehr unterschiedlichen Grundstücken undin nicht vergleichbaren Umgebungen gebautwerden sollten. Das Architekturbüro Reiachand Hall gewann den beschränktenWettbewerb, und die beiden Gebäude konnten2011 und 2012 bezogen werden.

Das Forth Valley College wurde im Jahre2005 gegründet und ist die fünftgrößteHochschule Schottlands mit Abteilungen inAlloa, Stirling und Falkirk. »Es war ein grund-legendes Anliegen des Forth Valley College,dass die neuen Einrichtungen sich wesentlich

von dem Gebäudetyp und der Einrichtung un-terscheiden sollten, die für ähnlicheAusbildungsstätten in Schottland typischsind. Das Ziel war es, Rahmen zu schaffen, diearchitektonisch und auch, was Einrichtungund Fazilitäten betreffen, modern, zweck-mäßig eingerichtet und einladend wirken,«berichtet Laura Kinnaird, Architektin, Reiachand Hall. Die neuen Gebäude in Alloa undStirling konnten diesen Forderungen mehr alsgerecht werden. In beiden Abteilungen sindbis in die späten Abendstunden Studenten zufinden, die es genießen, sich dort aufzuhaltenund zu arbeiten.

Das Budget der Aufträge war bescheiden.Reiach and Hall entschieden sich dafür, die

Gebäude so einfach wie möglich zu konzipie-ren, um dadurch hochwertige Materialien ein-setzen zu können. Die beiden Häuser liegen insehr unterschiedlichen Umgebungen. DerAlloa Campus befindet sich in einer städti-schen Umgebung auf einem leicht hügeligenGrundstück mit einem Niveauunterschied vonacht Metern. Die Form erinnert an ein H. Derwestliche Flügel – mit einem beeindruckendenBlick auf die Ochil Hills – schiebt sich, vonSäulen getragen, über den höchsten Punktdes Grundstücks hinaus.

Der Campus in Stirling wurde dahingegenmit zwei verbundenen, L-förmigen Gebäudenausgestattet – in einer weitläufigen, flachen,offenen Landschaft, die zum Fluss hin abfällt.

Das Alloa College wurde aus KohlebrandziegelnD76 in bräunlichen Nuancen gebaut.

Von den Gebäuden öffnet sich der Blickauf die reizvollen Ochil Hills.

Forth Valley College bietet Studiengänge in den Bereichen Technik,Elektronik, Medien, Gesundheit, Kunst, Handwerk und vieles mehr.

Der Alloa Campus liegt auf einem leicht hügeligen Grundstück mit einem Niveauunterschied von acht Metern. Der westliche Flügel schiebt sich über den höchsten Punkt des Grundstücks hinaus.Das Gebäude ist von alten Bäumen mit ausladenden Baumkronen umgeben. Die Architekten entscheiden sich daher für Steine in bräunlichen Nuancen.

Erdgeschoss – Alloa College Querschnitt – Alloa College

Alloa und Stirling Colleges, SchottlandBauherr: Forth Valley College

Architekten: Reiach and Hall Architects

Stein: Alloa College: D76

Stein: Stirling College: D71

Text: Ida Præstegaard, Architektin

Fotos: Dave Morris

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Durch die Ausformung des Hauses hat manvon allen Räumen aus eine wunderbareAussicht über die weite Landschaft. GegenSüdosten ahnt man die historische BurgStirling Castle, Sitz zahlreicher Könige, undgegen Nordosten sieht man das Monument desschottischen Nationalhelden Sir WilliamWallace.

Die Begeisterung der Studenten angesichtsder neuen, attraktiven Rahmenbedingungenist leicht zu verstehen. Die Auditorien undLaboratorien sind luftig, geräumig und vonTageslicht durchflutet. Auf Flure und Korridorewurde genau so viel Sorgfalt verwendet wieauf die übrigen Räume. Sie sind breit, gut be-leuchtet und in mehreren Abschnitten entlang

der Fassade platziert, so dass man sich imHause hinter Glas und mit Aussicht auf dieLandschaft bewegt. Die Inneneinrichtung isthell, Decken und Wände wurden häufig mitweiß pigmentiertem Lärchenholz verkleidet.

Schon in der einleitenden Phase desProjekts waren die Architekten davon über-zeugt, Mauersteine verwenden zu wollen.»Institutionelle Gebäude in Schottland wer-den häufig mit Glas verkleidet, aber diesemTrend wollten wir nicht folgen. Stattdessenwandten wir uns den Projekten von Reiachand Hall aus den 60er und 70er Jahren zu, wosich das Architekturbüro an Leverenz, ArneJacobsen und anderen skandinavischenArchitekten orientierte. Reiach and Hall baute

damals häufig mit Mauersteinen, und wir ver-suchten, dies im Forth Valley College-Projektaufzugreifen. Wir wandten uns an PetersenTegl, weil wir sehr genaue Vorstellungen vonden Nuancen hatten, die unsere Steine habensollten. Das Gebäude in Alloa ist von altenBäumen mit imposanten Kronen umgeben.Hier wollten wir dunklere Fassaden. In der of-fenen Landschaft in Stirling passten dahinge-gen hellere Fassaden besser. Trotz des unre-gelmäßigen Charakters der Kohlebrand-Oberfläche und des farblichen Unterschiedssind die Steine sich ganz offensichtlich ähn-lich, und die Fassaden wurden zum Bindeglieddes gesamten Projekts,« sagt Carol Macbain,Geschäftsführerin, Reiach and Hall.

»In diesen Zeiten der von Bauunternehmen abgesteckten Einheiten, vorgefertigten Systeme, Arbeitspakete und Leistungsanforderungenist es ein Vergnügen, etwas zu bauen, statt es nur zusammen zu bauen. Mauersteine sind definiert durch einen Schaffensprozess;ihre Abmessungen entsprechen denen der menschlichen Hand; ihr Ursprung und ihre Herstellung sind elementar und uralt. Architektenwerden in immer höherem Maße ihres Handwerks beraubt - durch das kapitalistische Baugeschäft; die Arbeit mit den Mauersteinenführt uns irgendwie zurück in weniger oberflächliche, menschlichere Zeiten.«

Neil Gillespie – Geschäftsführer, Reaich and Hall Architects

Stirling College liegt in einer weiten, offenen Landschaft, die zum Fluss Forth hin abfällt. Die offene Platzierung erforderte einen hellen Stein.Die Architekten entscheiden sich für D71, einem hellen, fast leuchtenden Stein mit weißen, grauen und grünen Farbnuancen.

Reiach and Hall ließen sich von den gemauerten Projekten des Architektenbüros aus den60er und 70er Jahren inspirieren, als sie die Gebäude in Stirling (oben) und Alloa entwarfen.

Vom Stirling College blickt man auf das Monumentdes Nationalhelden Sir William Wallace.

In der luftigen Kantine wurden weiß gestricheneOberflächen mit weiß pigmentiertem Lärchenholzkombiniert.

Erdgeschoss – Stirling College

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TRANSASIATISCHEKOOPERATIONNEUES WOHNHAUS IN TOKIOVERBINDET DÄNISCHE UND JAPANISCHE BAUWEISE –AUCH WÄHREND DER BAUPHASE.

Das Stadtbild Tokios wird nicht gerade von Ziegelsteinen ge-prägt. Dementsprechend groß war das Interesse der Passanten,als das Haus in Shibuya langsam Gestalt annahm und die Steinevermauert wurden. »Es kamen viele Kommentare, und dieMenschen interessierten sich viel mehr für die Steine als für dieArchitektur,« berichtet die Architektin des Hauses, MitsuyoSato, die ihren Diplomabschluss an der Kunstakademie inKopenhagen machte, seit vielen Jahren in Dänemark lebt – unddaher eine engere Beziehung zu Mauersteinen hat als die mei-sten anderen japanischen Architekten.

Das Grundstück liegt im Wohnviertel Shibuya mitten in Tokiound gehört Mitsuyo Sato, die damit auch ihre eigene Bauherrinwar. Das Projekt: ein 10 Meter hohes Wohnhaus mit fünfMietwohnungen. In Tokio wird dicht gebaut – das 367m2 großeGrundstück wurde für ein Haus von 627m2 genutzt.

Mitsuyo Sato arbeitet seit vielen Jahren als Architektin inJapan und auch in Dänemark. Im Haus in Shibuya verbindet sieselbstverständlich und sehr elegant den dänischen und japani-schen Baustil: »Es sollte kein massives Haus werden, das warwichtig. Daher habe ich die Fassade zur Straße etwas zurückge-zogen und vor dem Gebäude einen kleinen Eingangsbereich vor-gesehen, so wie es in Dänemark üblich ist,« sagt Mitsuyo Sato.Aufzug und Treppe befinden sich in einem Turm, der über dasDach hinaus in Richtung Straße strebt. Die perforierteEinsteinmauer sorgt zudem für Tageslicht und eine natürlicheLüftung und bildet eine interessante Teilmusterung.

»In Japan verwendet man traditionell glasierte Klinker für dieFassade. Ich finde Mauersteine viele schöner. Sie besitzen etwasUrsprüngliches und Robustes, das mich anspricht,« erklärt dieArchitektin. »Ich kontaktierte erst einige der wenigen

Ziegeleien, die es in Japan gibt. Es stellte sich heraus, dass die-se keine Standardziegel liefern, sondern nur auf Auftrag produ-zieren. Für mich war es absolut entscheidend, einen bewährtenStein zu verwenden, und so entschied ich mich für Petersen Tegl.Einmal aufgrund der groben, handgefertigten Struktur der Steine,zum anderen aufgrund des Farbenreichtums der Kohlebrand-ziegel. Ich wünschte mir nämlich einen grau-gelben Stein, dermit den Farben der Häuser in der Straße harmonieren würde undaußerdem grüne Nuancen zeigte, die wiederum zu denBambussträuchern und Bäumen auf dem Grundstück passen.«

Nachhaltigkeit ist kein selbstverständlicher Parameter in ja-panischen Mietwohnungen, da die zusätzlichen Baukosten meistnicht über die Mieten gedeckt werden können. Mitsuyo Sato warjedoch fest entschlossen, bei ihrem Bauvorhaben Elemente ei-ner nachhaltigen Bauweise einzuplanen. Dazu gehören die

Ein dänisch inspirierter Eingangsbereich vor dem Haus, dessen Fassade von der Straße zurückgezogen wurde.

Zwei dänische Maurer von der Firma "Øens Murerfirma" und die japanischenHandwerker arbeiteten zwei Monate lang erfolgreich Seite an Seite.

Vor Baubeginn findet in Japan eine traditionelle Shintō-Zeremonie statt;ein Priester bittet die Götter um Erlaubnis, das Haus zu bauen.

Das Haus mit seinen fünf Wohnungen liegt in einem Wohnviertel im Stadtteil Shibuya im zentralen Tokio. Mitsuyo Sato wählte einen Kohlebrandziegel für die Fassade, dessen Nuancen sich in den übrigen Häusern und inder Bepflanzung um das Haus wiederfinden.

Wohnhaus in Shibuya, TokioBauherr: Plan Co. Ltd.

Architektin: Mitsuyo Sato

Stein: D32

Text: Ida Præstegaard, Architektin

Fotos: Herr Kitada

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Type A

Type A

Type B

Type B

Type C

Type E

Type D

Type E

Type Ce Type D

Type A

Type B

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Type A

Sonnenkollektoren auf dem Dach. Sie decken den Strom-verbrauch der oberen Wohnung. Ein Warmwasserbehälter, der dasWasser nachts erhitzt, wenn der Strom am günstigsten ist, senktdie Stromkosten um ca. 30 %. Der 20m2 große Dachgarten wirdmit eingesammeltem Regenwasser bewässert. Darüber hinaus istdie Wahl wartungsfreier Mauersteine mit einer Lebenszeit vonmehreren hundert Jahren eine nachhaltige Entscheidung. DieMauern des Hauses einschließlich der Fassadensteine sind 400mm dick – üblich sind in Japan 200 mm. Die dickeren Mauernspeichern Kälte und Wärme besser und führen zu massivenEinsparungen für Klimaanlage und Heizung.

Die Wohnungen befinden sich in Längsrichtung des Hauses.Sie spiegeln beide Kulturen wider. Zum Teil wurde alsFlächenmaß die Abmessungen der Tatami-Matte zu Grunde ge-legt. Die Wohnungen im Erdgeschoss sind zweigeschossig und

mit einem traditionell gestalteten japanischen Raum eingerich-tet: auf dem erhöhten Fußboden eine Tatami-Matte, niedrigeTische, Wände aus Papier und leichte Schiebetüren. In allenWohnungen wurden Decken und Wände aus Fichte vorgesehenund – als unverkennbar nordisches Phänomen – gemauerte, ge-schlossene Kamine, die eine weit höhere Wärmenutzung bietenals die traditionelle offene Variante in Japan.

Die Bestellung und Lieferung der Steine verliefen ohneProbleme, und genau so sollte auch der Bauprozess ablaufen.»Die gemauerten Häuser, die ich in Japan gesehen habe, warenviel zu fein gemauert. Das Haus in Shoto sollte etwas Rustikaleshaben, und ich meinte, dies am besten dänischen Maurern ver-mitteln zu können« berichtet Mitsuyo Sato. »Kurz vorher, beider Renovierung der japanischen Botschaft in Kopenhagen, hat-te ich mit der Firma "Øens Murere" zusammengearbeitet, und ich

fragte, ob sie mit nach Tokio kommen wollten. Ulrik Sørensenund Morten Ritter trafen am 1. Oktober 2012 ein. Als sie nachsechs Wochen wieder abreisten, waren alle Fassaden aufgemau-ert. Die sprachlichen Barrieren zwischen Japanern und Dänenkonnten mit Zeichensprache und Mimik überwunden werden.Gute Zusammenarbeit, ja, aber auch kulturelle Heraus-forderungen. Beispielsweise hatten die beiden dänischen Maurerwohl noch nie einen Bauleiter wie Herrn Seki erlebt, der jedenMorgen vor Arbeitsbeginn auf gemeinsamer Gymnastik be-stand.«

Aufzug und Treppe befinden sich in einem Turm, der über das Dach hinaus in Richtung Straße strebt.Die perforierte Einsteinmauer des Turms sorgt für Tageslicht und für eine natürliche Lüftung.

Querschnitt Erdgeschoss 3. Obergeschoss Mitsuyo Sato schloss ihre Ausbildung an der Architektenschule inKopenhagen ab und arbeitet als Architektin in Dänemark und Japan.

Der Dachgarten der oberen Wohnung wird miteingesammeltem Regenwasser bewässert.

Die Wohnungen sind mit gemauerten Kaminen ausgestattet.Man wählte die gleichen Steine wie für die Fassade des Hauses.

Die unteren Wohnungen wurden mit einem traditionellen japanischenRaum und einem bepflanzten Lichthof konzipiert.

URBANES BAUEN MITLEIDENSCHAFT

Das Prinzip der Nachhaltigkeit findet auf ver-schiedensten Gebieten Anwendung. Für TomBock bedeutet es, Stadtquartiere und Gebäudeso zu entwerfen, dass es niemals jemand leichtfallen würde, diese wieder abzureißen.

Bock ist unkonventionell, ein Autodidakt.Als Architekt und Stadtentwickler verkörpert erin seiner Person den Geist der Renaissance. Mitinniger Leidenschaft, enormem Weitblick,großer Energie und eiserner Entschlossenheithat er einen neuen Stadtteil in Frankfurt amMain erschaffen und beginnt nun mit einemQuartier ähnlicher Größe in Mannheim. Eineum 1900 unter Kaiser Wilhelm II. erbauteKaserne wird hier bis 2018 in ein lebendigesStadtviertel umgewandelt werden.

Welches Potenzial in einem Ort liegen kann,hat Bock vor 18 Jahren schon einmal erkannt.Der Frankfurter Schlachthof befand sich da-mals auf dem Gelände des heutigen Deutsch-herrnufers – einer großartigen, innerstädti-schen Lage direkt am Mainufer.

Auf einer Gesamtfläche von rund 13 Hektarwurden ca. 200.000 Quadratmeter Wohn-,Büro- und Gewerbegebäude errichtet, inklusivedes Wahrzeichens, dem aus roten Ziegeln er-richteten, 90 Meter hohen Main Plaza Turm mitLuxus-Hotel und serviced Apartments. DieUmstrukturierung des Deutschherrnviertels warim Jahr 2008 zum größten Teil fertiggestellt.

Wenn Tom Bock ein Projekt beginnt über-

nimmt er die Verantwortung für jedes architek-tonische, soziale und ökonomische Detail. Dasreicht von der Idee über den Entwurf, dieFinanzierung und das Bauen bis hin zuVermietung und Verkauf und nicht zuletzt demeigenen Langzeit-Investment. So kümmertsich Bock sogar darum, dass die Menschen vorOrt etwas Anständiges zu essen bekommenkönnen. Tom Bock ist auch ein italienischerWein- und Olivenbauer auf zwei Landgütern inder Toskana. Deren hervorragende Weine,Olivenöle und andere Produkte werden nichtnur innerhalb Europas und in Übersee ge-schätzt, sondern natürlich auch an seine zweiRestaurants am Deutschherrnufer geliefert.Beide rangieren unter den Top Ten derFrankfurter Restaurants und sind für Bock eineQuelle der Inspiration.

„Mein vorrangiges Ziel ist es, eineUmgebung zu schaffen, in der das Leben ge-lebt werden kann – ich verstehe Architekturnicht nur im engeren Sinn, sondern sprechevon der `Architektur des Lebens` mit all ihrensozialen, kulturellen und ökonomischenWechselwirkungen. Es ist eine Fehlein-schätzung, wenn sich Architekten vor Allemals Künstler verstehen. Es gibt Kunst in derArchitektur, aber das ist nicht dasEntscheidende. Ich sehe mich selbst eher alseinen `Maurer, der ein bisschen Latein kann` -im Sinne von Adolf Loos. Ein wahrer

Stadtteil Deutschherrnufer, Frankfurt a. M.und SoHo Turley Mannheim: Wohnungen,Büros, Gewerberäume u.a.m.Bauherr: Bock Baukunst Development Group/

SoHo Turley Development Group

Architekten: Bock & Friends / unitedarchtects

Steine Deutschherrnufer: D31, D32, D37, D 38, D58

Steine SoHo Turley Mannheim: verschiedener

Kolumba Ziegelbruch

Text: Ida Præstegaard, Architektin

Fotos: Paul Kozlowski

Ein großer Platz mit einem Springbrunnen bildet den Mittelpunkt in dem von Tom Bock entworfenen Frankfurt Loop.Tom Bock verwendet halbe Steine und Bruchsteine in seinen gemauerten Fassaden.

Sein Ziel ist es, Verschwendung zu vermeiden, aber darüber hinaus meint Bock, dass die Fassaden vielschöner werden, wenn der Mauerverband wild und ohne Wiederholungen verläuft, also ohne erkennbarenRhythmus.

Das 90 Meter hohe Main Plaza, ein achteckiges Hochhaus aus roten Kohlebrandziegeln, wurde von Tom Bockin Zusammenarbeit mit den Berliner Architekten Kollhoff & Timmermann und dem Architektenbüro Klemencicentworfen. Das Haus umfasst ein Hotel, Wohnungen, Gastronomie, einen Wellnessbereich und vieles mehr.

Das Deutschherrnufer liegt am Main. Als die Verwandlung im Jahre 2004 abgeschlossenwurde, waren im neuen Stadtteil 200.000 m2 Quadratmeter bebaut worden.

„Die einzige Alternative zu Petersen Ziegelsteinen sind zerbrochenePetersen Ziegelsteine“. Tom Bock, Architekt14 |

Tom Bock führt in seinem neuen Projekt in Mannheim sein Prinzip weiter, Ziegelbruch zu integrieren.Hier entsteht durch den Umbau einer Kaserne, die um 1900 unter Kaiser Wilhelm II erbaut wurde,ein neues Wohnviertel. Diesmal verwendet er Kolumba-Fragmente für die Fassaden.

UM MATERIALVERSCHWENDUNG ZU VERMEIDEN UND EINLEBENDIGES MAUERWERK ZU SCHAFFEN, HAT TOM BOCKMEHRERE TONNEN ZIEGELBRUCH DER SORTE KOLUMBAAUF SEIN AREAL IN MANNHEIM SCHIFFEN LASSEN.

Baumeister muss ein Gefühl für Menschen,Proportionen, Raum und vor Allem sozialeInterdependenzen haben. Und es gibt viel vonanderen Kulturen und deren Ausdrucksweisenzu lernen. Nationalismus war nur in den letz-ten 150 Jahre vorherrschend, in allenJahrhunderten davor überschritten Einflüssenoch Grenzen. Mich interessiert, was guteArchitektur und besonders Kultur verschiede-ner Orte gemeinsam haben und nicht, was sieangeblich trennt.“

Das Deutschherrnufer besteht aus verschie-densten Gebäudetypen und Gebäude-ensembles, von denen rund 40 Prozent aufTom Bock zurückgehen. Jedes von ihnen be-sitzt eine eigene Identität, reflektiert aberauch immer die Idee der „Einheit in derVielheit“. Ihre Namen „Trapezio Fiorentino“und „Little SoHo“ stehen für Internationalität.Die Inspiration dieser Namen stammt aber im-mer aus Tom Bocks eigener Lebensumwelt undist niemals Marketing. Die architektonischeSprache variiert und Ziegel, Putz und Glas derFassaden wechseln sich harmonisch ab.

„Es ist wichtig, Abwechslung in einemViertel und an Gebäuden zu schaffen. Genausowichtig ist es aber auch, Gebäude zu einemharmonischen Ensemble zu verbinden. Ichbaue genauso gerne mit Beton wie ich auchPutz und Ziegelsteine verwende. Ich magPetersen-Ziegel aufgrund ihrer vielfältigen ge-

brannten Farbnuancen und vor allem wegenihrer erkennbaren Handwerkskunst im halb-in-dustriellen Prozess.“

Bocks Ziegelstein-Gebäude besitzen einweiteres Charakteristikum. „Wir nutzen immerauch halbe Steine oder Fragmente, wie wir dasin meiner norditalienischen Heimat schon im-mer getan haben. Nichts wird vergeudet. Ingewisser Hinsicht geht es hierbei umNachhaltigkeit – der Idee, dass Wegwerfen ge-nerell schlecht ist. Außerdem denke ich, dassFassaden viel schöner sind, wenn die Ziegel imwilden Verband ohne Wiederholungen gemau-ert werden, um den Rhythmus unvorhersagbarzu machen. Ich bin ein Anarchist. Ich mag die-sen militärischen Stil nicht, bei dem man so-fort erkennt, wie der Rest der Fassade ausse-hen wird, weil man schon einen Quadratmetergesehen hat. Ich begrüße professionelleUnvollkommenheit wie an römischen Mauern,denen man die Handarbeit ansehen kann.“

Die Idee, Bruchsteine für neue Fassaden zubenutzen, wird im SoHo Turley-Projekt inMannheim fortgesetzt. Diesmal wird Tom BockKolumba-Ziegel verwenden. Bisher wurden be-reits viele Tonnen von Kolumba-Fragmentenvon Broager nach Mannheim geschifft. „Dieeinzige Alternative zu Petersen Ziegelsteinen“so Bock, „sind zerbrochene Petersen Ziegel-steine“.

Die Wohnblöcke prägen zahlreiche grüne Dachgärten und Hofanlagen.

Mit dem Deutschherrnufer konnte Tom Bock seine grundlegende Haltung verwirklichen:wenn Städte funktionieren sollen, muss man Wohnungen, Büros, Gewerberäume,Einkaufsmöglichkeiten und Gastronomie gemeinsam anbieten.

Eine Arkade mit Säulen aus roten Kohlebrandziegeln sorgt für Schatten im Außenbereich der Restaurants. Die Anlage wirkt architektonisch variiert auf den Betrachter, da für die Fassaden Putz,Metall und Mauerwerk in verschiedenen Nuancen gewählt wurden.

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MATERIALIENALS BINDEGLIED

ZWISCHEN ANLAGEUND UMGEBUNG

DIE ARCHITEKTEN GINGEN BEI DER WAHLDER MATERIALIEN FÜR DAS NEUE

VITESSE-TRAININGSCENTER VON IHRENWUNSCHFARBEN AUS.

Der Konstruktionsschnitt des Hauses zeichnet sich am Giebel ab. Bei der Ankunfthat man daher sofort einen Eindruck von der Struktur und Funktion des Hauses.

Ausgangspunkt für das neue Trainingscenter war der Wunsch, das Haus durch die Verwendungvon unverfälschten, natürlichen Materialien an die umgebende Natur anzupassen.

Entlang des Südfassade bildet die Hanglage des begrasten Grundstückseine natürliche Basis für die Tribünenplätze,von denen aus man das Spiel verfolgen kann.

Die blanke Messing-Fassade wird imLaufe der Zeit braun patinieren.

Es wurde nicht nur ein neues Gebäude bezogen, als das neueTrainingscenter des Fußballklubs Vitesse im Februar 2013 ein-geweiht wurde. Es war der Beginn einer neuen Epoche für denFußball im niederländischen Arnheim. Alle Beteiligten – vomBesitzer, dem Architekten, dem Bauunternehmen und denHandwerkern bis hin zu den Profis und den jungen Spielern undihren zahlreichen Fans – waren und stolz und glücklich über dieneuen sportlichen Rahmen, die ihnen so viele Möglichkeitenbieten.

Geesink Weusten Architecten wurden bereits 1998 in dasProjekt eingebunden, als Vitesse sie bat, zu untersuchen, wieneue Fazilitäten für den Klub auf einem Waldgrundstück in derNähe des Olympic Sports Centre Papendal in Arnheim Platz fin-den könnten. In den folgenden Jahren nahm das Projekt lang-sam Form an – Entwicklung des Bebauungsplans, Vorunter-suchungen und Studienbesuche. Mit der Übernahme des Klubsdurch einen neuen Eigentümer, Merab Jordania, im Jahre 2010,gewann das Projekt an Dynamik. Baubeginn war Januar 2012,und genau ein Jahr später war das Center bezugsfertig.

Grundlage des Bauvorhabens: eine Anpassung an die schö-ne bewaldete Umgebung und der Wunsch, innen und außenausdrucksstarke, natürliche Materialien zu verwenden. DerBebauungsplan schrieb eine Gebäudehöhe von maximal 10,5 mvor. Um dem zu genügen, wurde das Untergeschoss mit denUmkleide- und diversen Behandlungs- und Trainingsräumen un-terirdisch platziert. Die eher nach außen gerichtetenFunktionen – Restaurant, Entspannungs- und Besprechungs-räume sowie Büros, – befinden sich oben im Haus.

Der Zutritt zu Vitesse erfolgt über den westlichen Teil desHauses. Die Einbettung in die Landschaft und eine lange Mauer,die ihren Anfang in der rechten Seite der Fassade nimmt, lei-ten den Besucher ganz natürlich zum Haupteingang. DerKonstruktionsschnitt des Hauses zeichnet sich am Giebel ab.Bei der Ankunft hat man daher sofort einen Eindruck von derStruktur und Funktion des Baus.

Das neue Trainingscenter umfasst 4220 m2 und wird als ei-ne einzige, in Messing gefaltete Bewegung erlebt – das Metall

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Die geschlossene, schwere Ostfassade ist der Hanglage angepasst. Es konnten daher Fenster vorgesehen werden,so dass Tageslicht in das Untergeschoss dringen kann.

Die Kolumba-Fassade wurde als Wandim Empfang in das Gebäude hineingezogen.

Lageplan Die Architekten wünschten Farben, durch die das Haus in die Umgebung integriert wird.Der schwere Sockel sollte wie aufeinander geschichtete Felssteine wirken und daher in Erdfarben ausgeführt sein.

umschließt die gesamte, geschlossene Nordfassade, bewegtsich um Haus und Dach herum, entfaltet sich gegen Osten ausund bildet die Tribünenüberdachung. Entlang der Ostfassadefällt das Grundstück ab und es kann Tageslicht in dasUntergeschoss dringen. Entlang des Westfassade fällt das be-graste Grundstück ebenfalls ab und bildet eine natürliche Basisfür die Tribünenplätze, von denen aus man das Spiel verfolgenkann. Auf dieser Seite besteht die Fassade aus Glas, wohinge-gen sie gegen Osten geschlossen und mit Messing verkleidetauf einem schweren Sockel ruht.

Die Farbvision der Architekten, die das Haus in die umge-bende Natur integrieren sollte, waren ausschlaggebend für dieMaterialwahl. Der schwere Gebäudesockel sollte Erdfarben ha-ben und den Eindruck aufeinander geschichteter Felssteine er-wecken. Die Steine sollten Farbnuancen aufweisen, die nichtnur zur heutigen goldenen Farbe des Messings passt, sondernauch zu dem dunkleren Farbton, den das Metall im Laufe vonvier oder fünf Jahren haben wird. »Wir fanden die von uns ge-suchten Farben durch eine Mischung drei unterschiedlich dunk-ler Farbnuancen des Kolumba-Steins, aber überzeugt wurdenwir vor allem durch die Form des Steins. Wir wollten nämlich ei-nen Mauerstein, aber in einem außergewöhnlichen Format, deran einen Naturstein erinnert. Nach unserer Auffassung bildetder einzigartige Kolumba-Stein – jeder Stein weist eine etwasunterschiedliche Form, Struktur und Farbe auf – ein harmoni-sches Ganzes, das an eine schwere Felswand in der Natur den-ken lässt«, berichtet Architekt Edo Geesink.

Als Besucher erlebt man, dass die Vision der Architekten,den optimalen Rahmen für Vitesse zu schaffen, auch verwirk-licht wurden. Das Haus ist unkompliziert, elegant und aus-drucksstark und besitzt eine dynamische Wirkung, die seineFunktion widerspiegelt. Die konsequente Verwendung unver-fälschter, natürlicher Materialien verbindet das Trainingscenterund seine Umgebung und vermittelt gleichzeitig einen Eindruckder gesundheitsfördernden Auftrag des Hauses.

Trainingscenter des Fußballklubs Vitesse, ArnheimBauherr: B.V. Vitesse

Architekten: Geesink Weusten Architecten, Arnheim

Hoch- und Tiefbau: Veluwezoom Verkerk Bouw, Zevenaar

Ingenieure: Kuijpers Installaties Arnhem B.V. Arnheim

Stein: Mischung von K43, K48, K58

Text: Ida Præstegaard, Architektin

Fotos: Luuk Kramer

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VISUELLE WIRKUNGMIT DUNKLEN STEINENDER NEUBAU DER FEUERWACHE IM NORWEGISCHEN SMEDESTADIST EIN GUTES BEISPIEL DAFÜR, DASS SELBST EIN RECHT GROßERGEBÄUDEKOMPLEX ARCHITEKTONISCH SO GESTALTET WERDEN KANN,DASS ER KLEINER ERSCHEINT.

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Eine moderne Feuerwache hat durch ihre Betriebsfunktionen ei-ne ansehnliche Größe. Wenn man sich wie im norwegischenSmedestad dafür entscheidet, mitten in einem bestehendenWohnviertel eine Feuerwache und Rettungszentrale zu bauen,ist nahe liegend, den großen Gebäudekomplex so zu gestalten,dass er sich seiner Umgebung anpasst.

Diese Mission gelang den Architekten des Projekts, LinkArkitektur, vorbildlich – durch drei planerische Schwerpunkte:Der Niveausprung und die Krümmung des Grundstücks wurdenfür Variationen des Grundplans, der Gebäudevolumina und derFassaden genutzt; der Gebäudekomplex wurde deutlich in zweiGebäudekörper aufgeteilt; es wurden für die FassadenMaterialien verwendet, die in Wohnvierteln allgemein üblichsind, nämlich Ziegel und Holz. Das Ergebnis: ein einladender,qualitativ hochwertiger Komplex, der kleiner erscheint, als er inWirklichkeit ist.

Das 3000 m2 umfassende Gebäude besteht aus einem recht-eckigen Teil für die Garagen der Rettungswagen, Werkstätten undLager sowie einem leicht geschwungenen Trakt für Büros sowieAufenthalts- und Mannschaftsräume. Die beiden Gebäude werdendurch einen gläsernen Eingangs- und Foyerbereich verbunden.

Zur Straße, dem gekrümmten Dalveien, hin, wirkt dieFassade als Lärmschutz und erscheint deshalb als relativ ge-schlossene Mauerfläche, die trotzdem als ausdrucksstark undprägnant erlebt wird. Das ist vor allem auf die Wahl der Steinezurückzuführen. Die Mauer wurde aus D51 von Petersen Tegl er-richtet, einem Stein in dunklen Grautönen mit erdgrünenFarbstichen. Der weich gestrichene, rustikale Stein verleiht derFläche eine zur Umgebung passende Struktur undOberflächenwirkung, die die Krümmung der Fassade unter-streicht. Andere Teile des Gebäudes wurden mit ölbehandelterZeder verkleidet, die der Fassade eine wirkungsvolle Vielfalt

verleiht. Auch der bewusste Einsatz von Verschiebungen in dergemauerten Fläche, u.a. in Form von ausgekragten und zurück-gezogenen Bandfenstern und einer größeren, hervorspringen-den Fensterpartie, die Licht in die Fitness-Einrichtungen derWache fluten lässt, tragen zum einladenden Ausdruck desGebäudes bei.

Der Haupteingang der Feuerwache sowie die Wagentore be-finden sich in der entgegengesetzten Fassade, die sich demPark- und Manövrierbereich zuwendet. Hier erscheint dasGebäude dreigeteilt, was funktionsbestimmt ist, und bestichtdurch seine Vielfältigkeit.

Der gekrümmte zweigeschossige Verwaltungstrakt wurde ausZiegelsteinen aufgemauert. Dieser Teil des Gebäudes ist schma-ler als die sich anschließende Garagenanlage. Der gläserneEingangsbereich bildet den Übergang zwischen den beidenBaukörpern.

Feuerwache Smestad, OsloBauherr: Oslo Kommune ved Omsorgsbygg Oslo KF

Architekten: Link Arkitektur

Ingenieure: Multiconsult AS

Stein: D51

Text: Tina Jørstian, Architektin

Fotos: Nils-Petter Dale

Zum Dalsveien wirkt die Fassade – hier eine relativ geschlossene Mauerfläche – als Lärmschutz. D51 ist ein Stein in dunklen Grautönen mit erdgrünen Farbstichen.

Erdgeschoss Erstes Obergeschoss

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Garagen- und Werkstattgebäude sind in zwei, leicht zueinan-der verschobenen Gebäude aufgeteilt: Anschießend an dieEingangspartie liegt die mit Zedernholz verkleideteGaragenanlage für die Rettungswagen, während der letzte undgrößere Teil dieses Gebäudeteils die großen Garagen für dieLöschfahrzeuge beherbergt. Dieser Teil ist wie auch derVerwaltungstrakt gemauert und durch imposante Wagentore cha-rakterisiert. Für Fenster-, Tür- und Torrahmen wurde ein dunkel-grauer Farbton gewählt, der mit der grauen Farbpalette derSteine und dem goldenen, ölbehandelten Zedernholz harmoniert.

Wie bereits erwähnt, gelang es den Architekten, den massi-ven Gebäudekomplex aufzuteilen und zu variieren, so dass ersich harmonisch in die umgebende Bebauung einfügt. Die rela-tiv dunklen gemauerten Fassaden tragen zusätzlich dazu bei,die Gebäudevolumina zu minimieren – allerdings nur visuell,denn dunkle Farben lassen kleiner erscheinen.

< Wirkungsvolle Variation: Teile der Fassadewurden mit ölbehandelter Zeder verkleidet.

< Der Eingangsbereich der Feuerwache ist dreigeteilt.In der Mitte liegt die gläserne Eingangspartie, die vondem gekrümmten, gemauerten Verwaltungsgebäudeund der Garagenanlage flankiert wird.

Der weich gestrichene, rustikale Stein verleihtder Fläche Struktur und Oberflächenwirkung

Die großen Garagen für die Löschfahrzeugeliegen im östlichen Teil der Anlage.

< Verschiebungen in der gemauerten Fläche in Form von ausgekragtenund zurückgezogenen Bandfenstern und eine größere, hervorspringendeFensterpartie lassen Licht in die Fitness-Einrichtungen der Feuerwache.

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Das Architekturbüro Arkitema gewann 2009 denWettbewerb für vier neue Gerichtsgebäude, dieim Laufe des Jahres 2012 in den StädtenHerning, Holstebro, Kolding und Holbæk ver-wirklicht wurden. Die dänische Gerichts-strukturreform aus dem Jahre 2007 bedeutete,dass 82 Amtsgerichtskreise auf die heutigen 24schrumpften – und damit neuere und größereGerichtsgebäude erforderlich wurden.

Der Auftrag sah keine architektonischeVerbindung zwischen den Gebäuden vor, weildie vier Kontexte und Bebauungspläne sichgrundlegend von einander unterschieden. Eswar jedoch ein klarer Wunsch, dass die

Gerichtsgebäude ausnahmslos Würde undAutorität ausstrahlen und gleichzeitig dasGericht als zuvorkommende und offeneOrganisation unterstützen sollten. Arkitemadachte daher anfänglich nicht daran, vier ähn-liche Gebäude zu entwerfen. Man begann da-mit, ein Gerichtsgebäude spezifisch für dieStadt Herning zu entwickeln.

Hier befanden sich auf der einen Seite desneuen Gerichts 1,5-geschossige Stadthäuserund am anderen Ende des Grundstücks dreige-schossige Zweckbauten. Die Architekten saheneine Abstufung von klein auf groß vor – einSchritt, der sich auch in den variierenden

Raumtypen widerspiegelt. Die offizielleMindestanforderung an die Deckenhöhe in denGerichtssälen beträgt 4,5 Meter, wohingegender Bauherr nur bescheidene 2,8 Meter für dieBüroabschnitte verlangte. Eine weitere Voraus-setzung war, dass man nicht von außenEinblick in die Gerichtssäle haben dürfe. Dahererhalten diese Räume ihr Tageslicht vor allemvon "geliehenem" Seitenlicht der Flure, die derFassade zugewandt sind.

Im Zuge der beginnenden Planung der dreiandern Gerichtsgebäude – mit vielen identi-schen Anforderungen an Einrichtung undLogistik – entstand die Idee, auf die unter-

schiedlichen Kontexte den gleichen architek-tonischen Ausgangspunkt und Material-charakter anzuwenden wie für das Projekt inHerning. Die Lösung bestand in einemFassadentyp, der horizontale Bändern "sta-pelt". Diese sind abwechselnd durchgängigoder werden durch Fensteröffnungen durchbro-chen. Durch diese Vorgehensweise konnte dieHöhe des Gebäudes in den verschiedenenAbschnitten je nach den Anforderungen an dieDeckenhöhe variiert werden.

Durch den Bau von vier Gerichten bot sichrein wirtschaftlich eine Grundlage dafür, sichauf die Knotenpunktdetails der Gebäude zu

Arkitema entwickelte eine Formensprache und eine Reihe von Prinzipien für das Gerichtsgebäude in Herning,die auch auf die drei folgenden Gebäude angewendet wurden.

< Die Mauerkronen der Gebäudesind durch ein kräftiges Profil inrohem Aluminium geschützt.Ein Notwendigkeit wurde in einprägnantes Detail verwandelt.

Die Wahl des klassischengelben Ziegels drückt Demokratieund Bürgernähe aus.

Die vier Fassaden der vier Gerichtsgebäude:gestapelte horizontale Bänder mit abwechselnddurchgängigen und durchbrochenen Fensteröffnungen.

HERNING

HOLBÆK

KOLDING

HOLSTEBRO

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THEMA MITVARIATIONENVIER NEUE GERICHTSGEBÄUDE ANVERSCHIEDENEN ORTEN IN DÄNEMARKBILDEN IN IHREM INDIVIDUELLEN KONTEXTARCHITEKTONISCH UND BAUTECHNISCHEIN ENSEMBLE.

konzentrieren und eine rein bautechnischeLösung für die aufeinander geschichtetenFassadenbänder zu entwickeln. Jedes zweiteFassadenband besteht aus ungebrochenemMauerwerk, dessen unterer Mauerverband auseinem Ziegelbalken besteht, aufgehängt inverzinkten Konsolauflagern an einer Hinter-mauer aus Betonelementen. Letztere bildendie Überlieger der Fenster aus rohem Alu-minium, die gut geschützt in den dazwischenliegenden Bändern eingebettet sind.

Arkitema entschied sich für Mauersteine alsFassadenmaterial, da bei Steinen das Prinzipdes Stapelns inhärent ist. Die Wahl fiel auf ei-

nen handgestrichenen, gelblichen Stein – inDänemark ein Klassiker, der, eben weil er sogewöhnlich ist, Demokratie und Bürgernäheausdrückt. Der gelbe Stein, der ursprünglichals weniger fein als ein roter Ziegel angesehenwurde, fand häufig Verwendung für dieHofseite von Gebäuden. Für Arkitema war eseine Pointe, dass gelbe Ziegel per se mitRobustheit und Zurückhaltung assoziiert wer-den konnten.

Die neuen Gerichtsgebäude stellen eineTypologie aus vier robusten, unauffälligenSchwestern dar, mit diskreten Qualitäten, diedazu einladen, sie zu interpretieren.

Vier Gerichtsgebäude in Herning,Kolding, Holstebro und HolbækBauherr: Staatliche Schloß- und

Immobilienverwaltung Dänemarks

Architekten: Arkitema

Landschaftsarchitekten: Arkitema

Ingenieure: Bascon

Hoch- und Tiefbau: A. Enggaard

Stein: D32

Text: Nini Leimand, Architektin maa, Phd, Dozentin

Königlich Dänische Kunstakademie

Fotos: Thomas Mølvig

Die Gerichtssäle erfordern geschlossene Fassaden, aber die Fensterbänder sind technisch so vorbereitet, dass Fenster einfacheinzusetzen sind, wenn die Gebäude eines Tages von Mietern übernommen werden sollten, die Tageslicht benötigen.

Die horizontalen Bänder erleichtern es,die Gebäudehöhe zu variieren.

Für die Fassaden wurde ein Mörtel mit hohem Kalkgehalt verwendet.Dadurch entsteht eine Variation in den großen Flächen, die mit zementbasiertemMörtel nicht erreicht wird. Für die Sockel wurde ein Zementmörtel verwendet.

> Die Gerichtsgebäude sollten Würde,Autorität und Entgegenkommen

ausstrahlen.

> Unmittelbar über der Erde der Abschlussmit einer stehenden Rollschicht. Ein schönes,

klassisch gemauertes Detail.

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345 MEATPACKINGIN DER 14. STRAßE AUF MANHATTAN

LIEGT EIN NEU ERBAUTER WOHNBLOCK,AUS GEDIEGENEN MATERIALIENERRICHTET, MIT FACHLICHEM STOLZ UNDRÜCKSICHT AUF DIE UMGEBUNG.

Auf der südwestlichen Seite Manhattans, un-mittelbar nördlich des Greenwich Village, liegtdas alte Meatpacking District von New York.Mehr als hundert Jahre lang lagen hierSchlachtbetriebe, die das Fleisch anschließendpackten und an die Einzelhändler schickten.Heute gibt es nur noch wenige Schlachtereien,und ein Teil des Bezirks steht heute unterDenkmalschutz. Das schützt viele der alten

Das neue Gebäude sollte sich harmonisch in seine Umgebung einfügen und zugleich architektonischesBindeglied zwischen den historischen und den neueren Gebäuden des Stadtviertels sein.

Alle neuen Gebäude in New York müssen den städtischen Bauvorschriften genügen: der Baukörper muss sichnach oben hin verjüngen, damit die Straßen nicht in ewigem Schatten liegen.

Am Eingang schmückt ein dekoratives Lochmuster den Läuferverband der Fassade. Organisch geformteBaldachine lassen Tageslicht auf den Bürgersteig dringen.

Gebäude gegen den Abriss. Heute sind sie inEdel-Boutiquen, angesagte Restaurants, Cafésund Nachtklubs umgewandelt worden.

An der nördlichen Grenze des Viertels, inder 14. Straße, liegt ein Stadthaus-Neubau,der sich in vielerlei Hinsicht von den übrigenHäusern abhebt. Mit seinen 11 Geschossenund einem Dachgarten überragt es den größ-ten Teil der übrigen Gebäude. Im Haus befin-den sich 37 Eigentumswohnungen, einschließ-lich fünf Penthouse-Wohnungen, sowie zweiGeschäfte auf Straßenebene - typisch, unddoch anders als ein normales Gebäude in NewYork. Das Design ist anders, in den großenLinien und auch, was die Details betrifft.

Aus einiger Entfernung sieht es aus, alswürde das Haus organisch aus der Steinwüstewachsen. Der untere Baukörper erscheint als

dicke, hellgraue Steinumhüllung, die oben ge-gen Westen abgestuft wird. Aus dem oberenTeil dieser soliden Struktur erhebt sich eineelegante dreigeschossige Box aus Bronze undGlas. Diese Konstruktion wurde von der ge-mauerten Fassade zurückgezogen, was elegantwirkt und auch einer Anzahl von TerrassenPlatz bietet. Der schmale Turm für den Aufzug,der in ein verzinktes Metallgitter eingekapseltwurde, strebt noch weiter in die Höhe als dasübrige Gebäude.

Steht man dicht vor dem Gebäude, siehtman die raffinierten, haptischen Details, dieeinen Eindruck von Qualität vermitteln. Eswurden Kolumba-Steine, kombiniert mitMauersteinen im Flensburger Format vermau-ert. Zu den außergewöhnlichen Detailsgehören eine Änderung des Musters an den

Hausecken und auf Straßenhöhe verschiedeneReliefwirkungen an der Fassade.

Mauersteine von hoher Qualität standenganz oben auf der Wunschliste des Architekten-und Entwicklungsunternehmens DDG. Architektund Partner Peter G. Guthrie erläutert: »UnserZiel war es, das Gebäude harmonisch im Stil undGeist des Stadtteils zu verankern und gleichzei-tig unsere Nachbarn an der Westseite deutlichzu überragen. Das erforderte einen Übergangzwischen alt und neu, ein Zusammenweben vonstädtischer Ambiente, Ziegel und Bronze, damites mit dem übergeordneten Plan für das Hausharmonierte.«

Struktur und Details waren von großerBedeutung für den Erfolg des Gebäudes. Diegegossene Betonmarkise über dem Gehsteig,die in der gesamten Länge des Hauses läuft,

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Ein Teil der Appartements haben den Vorteil eines Balkons.

Das neue Gebäude der DDG: ein abgestufter, massiver Gebäudekörper aus handgefertigten Mauersteinen und ein Penthouse aus Glas und Bronze. Ganz oben strebt der schmale Turm für den Aufzug, der in einem verzink-ten Metallgitter eingekapselt wurde, noch ein paar Geschosse weiter in die Höhe.

Die Maurer in New York gewöhnten sich schnell an dieArbeit mit Kolumba. Das rustikale Format gewährleistetgroße Toleranzen und ist leicht zu vermauern.

< An den Ecken erhielt jeder vierte Kolumba-Stein einekleine Drehung - ein winziges Detail mit großer Wirkung.

wurde mit einer Reliefwirkung ausgeführt undmit organisch ausgeformten Öffnungen für diedarüber gepflanzte Begrünung ausgestattet.Abgesehen davon wurde für das Haus 345Meatpacking auf überflüssige Details verzich-tet. Das Gebäude wirkt im Verhältnis zu den äl-teren Häusern in der Nachbarschaft als ein raf-finierter, funktioneller Mitspieler.

Querschnitt

345 Meatpacking, NYCBauherr, Architekt, Hoch- und Tiefbau, Verwaltung: DDG

Stein: K91, D91 in Flensborgformat

Text: Thomas Dickson, Schriftsteller und Architekt

Fotos: Tom Eckerle und DDG

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Das Architektenbüro DDG Partners waren erstmals zugleichBauherr und Architekt des neuen Gebäudes inder 14. Street. Das Haus gefällt durch seine Formund die Materialwahl. Foto: Tom Eckerle

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B E R AT E R P E T E R S E N T E G L

U D G I V E R

E X P O R T - A L L G E M E I N B E R AT E R - S O N S T I G E S

PETER G. GUTHRIE:

ÜBER UNSEREMAUERSTE INE

Bei der Suche nach dem passenden Baumaterial für unserProjekt, 345 meatpacking, war uns klar, dass im unterenGebäudebereich – und um den ging es hier – Baukeramikdas Material der Wahl sein würde. Wir hatten aber keineVorstellung, wie wir unsere architektonischen Ziele kon-kret realisieren sollten. Benötigt wurde ein Material, dasHandwerkskunst und Modernität gleichzeitig repräsentie-ren konnte. Schlicht und effizient einsetzbar sollte es sein– aus Kostengründen, aber auch, weil schlichte, robusteEhrlichkeit genau das war, was unserem Stilempfindenentsprach.

Wir hatten Ziegelsteine von Petersen an einemGaleriegebäude in Manhattan bewundert und waren faszi-niert und überaus beeindruckt von den Proportionen undOberflächen der Steine. Auch die Fotos, die wir von PeterZumthors Kolumba-Museum gesehen hatten, waren ein-fach bestechend. Doch erst als wir den Ort der Herstellungbesuchten, wurde uns klar, dass wir das perfekte Materialund den idealen Partner für unser Projekt gefunden hat-ten. Nachdem wir beim Prozess der manuellen Produktionder Steine – vom Rohmaterial über die Formung bis zumBrennen – zusehen konnten (und sogar bei einem Steinselbst Hand anlegen durften), war man so freundlich, unsein Modell unserer bevorzugten Kombination, Flensburgund Kolumba, in vollem Maßstab vorzuführen.

An unserer Entscheidung war nicht mehr zu rütteln.Dass wir den Produktionsprozess geradezu „spüren“ unddann auch noch mit den verschiedenen Ausführungen involler Größe experimentieren konnten, gab für uns denAusschlag. Wir hatten ein Produkt gefunden, das unsererPhilosophie von Handwerkskunst hundertprozentig ent-sprach: Auf der Oberseite der Steine findet man sogarDaumenabdrücke, die den manuellen Verarbeitungs-prozess bezeugen, der für Steine von Petersen kennzeich-nend ist.

Die unterschiedlichen Oberflächen der Steine und ihreTextur harmonieren sehr gut mit den schlankenProportionen. So entsteht eine ideale Destillation der vonuns angestrebten Verbindung von alt und neu in einemeinzigen Material und Produkt.

Dank der leichten Verlegbarkeit der Steine konnten wirzusätzliche Details erforschen und bauliche Akzente set-zen, die das Zusammenspiel von handwerklicher und indu-strieller Fertigung noch besser hervorheben.

Die Kombination von Flensburg und Kolumba gab unsdie Möglichkeit, die Regelmäßigkeit und Gleichförmigkeitbei Größe und Farbe etwas zu durchbrechen und so denEindruck von Natürlichkeit zu akzentuieren.

Die Steine von Petersen bilden den perfekten Kontrastzur Bronzeverkleidung der höheren Fassadenbereiche undFenster. Glänzend, hell und metallisch das eine, erdig,schwer und bodenständig das andere – aufgelockert wirdder Gegensatz durch integrierte landschaftsgärtnerischeElemente. Wir sind stolz auf die gelungene Komposition,und der Stein von Petersen war die erste und wichtigsteKomponente, die wir dafür ausgewählt haben.

Peter G. GuthrieArchitekt, Leiter, Design & Construction, DDG