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Pflegefamilien – ein guter Ort für Kinder mit schwerwiegenden Behinderungen? Prof. Dr. Klaus Wolf Universität Siegen 28. Fachtagung der St. Gallus-Hilfe 26.9.2013

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Pflegefamilien – ein guter Ort für Kinder mit schwerwiegenden Behinderungen?

Prof. Dr. Klaus WolfUniversität Siegen

28. Fachtagung der St. Gallus-Hilfe26.9.2013

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Einige Vorbemerkung

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Zum Verhältnis der Betreuung in Einrichtungen und in

Pflegefamilien

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Gliederung

1. Was sind Pflegekinder? Was sind Pflegefamilien?

2. Sollen die Pflegeeltern professionell sein?

3. Untersuchungsergebnisse – illustriert an Zitaten

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1. Was sind Pflegekinder?Was sind Pflegefamilien?

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Wie wollen wir Pflegekinder betrachten?

als Träger von Störungen?als Traumatisierte?als Opfer?als zwischen den Stühlen/Familien platzierte? als Jugendliche, bei denen in der Pubertät alles

besonders schwierig wird? ......?

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Mein Vorschlag:Lassen Sie uns Pflegekinder betrachten:als Kinder und Jugendliche, Jungen und Mädchen die versuchen im schwierigen Gelände

zurechtzukommen die Erfahrungen verarbeiten und sich ihre Welt

erklären wollendie ein positives Selbstbild entwickeln und

handlungsfähig bleiben wollen (Bewältigung)

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Aufgaben und Probleme, die Mädchen und Jungen in unserer Gesellschaft bewältigen müssen

Besondere Aufgaben und Probleme von Kindern mit Behinderungen oder extrem belastenden Erfahrungen

Besondere Aufgaben und Probleme von Pflegekindern

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Pflegefamilien-Dreisatz1. Pflegefamilien geben eine Antwort auf eine zentrale Frage in

unserer Gesellschaft: Was können wir tun, wenn Kinder von ihren Eltern zeitweise oder auf Dauer nicht hinreichend betreut werden?

2. Wir muten den Kindern, den Pflegefamilien und den Herkunftsfamilien mit der Unterbringung des Kindes in der Pflegefamilie komplizierte Aufgaben zu.

3. Die Betreuung von Kindern in Pflegefamilien ist nur zu verantworten, wenn alle beteiligten Menschen die Unterstützung durch einen leistungsfähigen, professionellen Dienst erhalten.

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Die Herkunftsfamilien-Pflegefamilien-Figuration

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Belastungs-Ressourcen-Balance

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2.

Sollen (oder müssen) die Pflegeeltern professionell sein?

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Das Kolonialisierungsmodell

1. Im Hilfeplangespräch werden Ziele für das Pflegekind festgelegt. Wortführer in diesem Gespräch sind die Professionellen, Herkunftsfamilie und Pflegefamilie sind die Laien, die beteiligt werden und Aufgaben zugewiesen bekommen.

2. Die Pflegefamilie wird als Dienstleister des Amtes definiert. Sie sind Subunternehmer, die bezahlt werden und deswegen die Aufträge des Amtes erfüllen müssen. Wenn sie das nicht können oder wollen sind sie ungeeignet und kommen als Geschäftspartner nicht (mehr) in Frage.

3. Die Ziele werden operationalisiert, die Umsetzung der so entwickelten Planung wird in bürokratischen Verfahren kontrolliert: Die Zielerreichung wird bewertet und die Hilfeplanung systematisch fortentwickelt.

4. Die Pflegefamilie hat die Planung umzusetzen und die Erwartung der Sozialen Dienste zu erfüllen. Leistet sie das nicht, kann ihr der Auftrag (und damit das Kind) entzogen werden.

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Das Dienstleistungsmodell

1. Die Adressaten der Dienstleistungen und damit die potenziellen Nutzer sind die Pflegefamilie und alle ihre Mitglieder: die Pflegeeltern, die leiblichen Kinder der Pflegeeltern und die Pflegekinder. Je nach Aufgabenzuschnitt werden auch die Mitglieder der Herkunftsfamilie zu Adressaten.

2. Diese Menschen haben es oft - neben den Themen, die auch andere Eltern beschäftigen - mit schwierigen, ungewöhnlichen Fragen, Problemen und Themen zu tun. Viele dieser besonderen Themen entstehen durch ihre Situation als unkonventionelle Familie.

3. Sie suchen Antworten in Gesprächen in der Familie, mit Freunden und Verwandten und mit anderen Pflegeltern, z.B. auch in den sehr aktiven Onlineforen. Manchmal finden sie dort Antworten, manchmal bleiben Fragen offen und gravierende Belastungen bestehen. Hier kommen die Sozialen Dienste ins Spiel. Sie stellen sich der Aufgabe, den Menschen die Ressourcen zugänglich zu machen, die ihnen bei der Bewältigung ihrer besonderen Probleme nützlich sind und die sie in anderen Kontakten nicht finden. Dafür entwickeln sie Arbeitsbündnisse mit den Familienmitgliedern.

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Dienstleistungsmodell – Fortsetzung

4. Wenn sie diese Ressourcen durch professionelle Mitarbeiter bekommen, dann haben wir ein Dienstleistungsverhältnis. Die Mitarbeiter übernehmen nicht die Regie in der Familie, sondern sie können z.B. ihr professionelles Wissen als Professionelle bei der Erziehungsberatung, der Suche und Finanzierung von therapeutischen Hilfen, des Dechiffrierens merkwürdiger Verhaltensweisen des Kindes sowie bei der Ermutigung und der Restabilisierung von Sinnkonstruktionen von Pflegeeltern zur Verfügung stellen.

5. Für die Erbringung der Dienstleistung durch die Fachkräfte gelten die Standards der Profession.

6. Die Professionellen können das private Leben unterstützen, erleichtern, fördern, sie können einen Puffer bilden zu belastenden Interventionen z.B. aus der Schule und als Dolmetscher zwischen den Sprachen der Familien und denen der Verwaltung, pädagogischer, therapeutischer, medizinischer und anderer Spezialisten übersetzen.

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Wo soll die Professionalität angesiedelt sein?

Je leistungsfähiger ein Dienst ist, desto umfassender respektiert er das Eigenartige des privaten Lebens.

Je weniger leistungsfähig ein Dienst ist, desto stärker fordert er die Professionalität des privaten Lebens.

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Centre for Research on the Child and Family

1.Carers who identify as carers but accept the parenting role

Carers who identify themselves positively as foster carers e.g.• enjoy their professional role /skills and their partnership with

social workers • value their training opportunities, • work positively with the child, including regarding being in care • support birth family as well as foster family identity

AND Accept the role of parents

• fully committed to the child as a family member• welcoming the prospect of the child being part of the family into

adulthood

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Centre for Research on the Child and Family

2. Carers who identify themselves as parents but accept the role of carer

Carers who identify themselves positively as parents e.g. • motivated to build a family• emphasise normalising the child’s experience / acting as any

parent would • use their own family and friends as support systems

AND Accept the role of carer e.g.

• Understand their role as carers on behalf of local authority• Like to know the social work system / support is there for them

and the child

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Untersuchung

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Schlüsselkategorien

1. Pflegeeltern brauchen Respekt für ihre besondere Persönlichkeit

2. Pflegeeltern brauchen diverse Netzwerke

3. Pflegeeltern brauchen gesellschaftliche Anerkennung

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Schlüsselkategorie 1

Pflegeeltern brauchen Respekt für ihre besondere Persönlichkeit

• Deutungsmuster• Sinnkonstruktionen• Bewältigungsstrategien• Umgang mit Emotionen

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DeutungsmusterPM: „Meine erste Vorstellung war so, vielleicht gibt es irgendwo eine Familie mit

vielen Kindern und das Letzte wird behindert geboren und die Familie schafft es nicht, sich darum zu kümmern, wegen der anderen Kinder und weil sie berufstätig sind oder vielleicht alleinerziehend. Die Sache mit den ganzen Misshandlungen, das kam erst später. Das kannten wir ja höchstens aus dem Fernsehen. Da denkt man ja nicht, dass man irgendwann mal so einem Menschen gegenüber steht. Am Anfang als ich die Arztbriefe gesehen habe und der Verdacht aufkam, dass es die Mutter gewesen sein könnte, die es letztlich auch war, da kam schon eine Menge Hass erst mal auf. Das hat ein Jahr ungefähr gedauert. Dann fing so ein Prozess des Umdenkens an. In den Arztbriefen stand immer geschrieben: ‚Die Mutter geht sehr liebevoll mit ihr um, kann aber keine Gefühle zeigen.’ Ich habe sie ja dann auch kennengelernt und irgendwie habe ich mir dann auch Gedanken über die Mutter gemacht. Ich habe dann in der Mutter meine Pflegetochter gesehen. Weil sie spielt auch mit ihrer Puppe und wenn sie den Knopf zum Ausmachen nicht findet, fliegt sie in die Ecke. Und wenn der Staat es zulässt, dass eine Frau, die geistig behindert ist und der Staat weiß, dass diese Frau sich nicht allein um das Kind kümmern kann und diese Frau dann nicht unterstützt, dann kann ich nicht jemanden dafür verantwortlich machen, der nicht den Verstand hat, zu wissen, was er tut. Sie ist mit ihr umgegangen wie mit einer Puppe. Ich möchte nicht, dass über die Mutter schlecht gesprochen wird. Die Verantwortung liegt nach unserem Eindruck bei den Ämtern, die das Kind nach der ersten Misshandlung wieder zurück in ihre Familie gegeben haben, so dass die Misshandlungen weitergehen konnten. Aber so ein Blick muss sich auch erst entwickeln.“

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SinnkonstruktionenPV: „Dass das wirklich eine Berufung ist. Dass man das kann. Dass man die

Fähigkeit hat, so ein Kind, irgendein Kind zu sich zu nehmen und das wirklich lieb zu gewinnen, so als wenn es das Eigene wäre oder in manchen Situationen vielleicht noch mehr. Weil es viel schwieriger ist, als normale Kinder in Anführungsstrichen. Wenn man die Berufung nicht hat, dann schafft man das nicht. Dann sagt man irgendwann: ‚Nee, ich habe die Nase voll. Ich will doch meine Ruhe haben.’ Und ich hoffe, dass wir auch in zwanzig Jahren noch nicht so weit sind und unsere Ruhe haben wollen. [...] Ohne unseren Glauben, weiß ich nicht, dann wäre es ein Beruf. Und mit unserem Glauben ist es eher Berufung. Ohne, dass die uns aufgedrängt wurde, das ist ganz komisch. Also bei Berufung, denkt man ja, das muss man machen. Könnte man jetzt denken, das muss man machen, weil irgendeiner gesagt hat: ‚Du machst das jetzt.‘ Sondern das ist irgendwie von innen heraus. Das macht uns ja auch Spaß. Es ist schön. Es gibt mehr schöne Seiten als schlechte Zeiten und das ist gut. Es hat uns als Familie gestärkt und es bringt uns viel, über uns selbst nachzudenken.“

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Bewältigungsstrategien

PM: „Und wie gesagt, unsere Kinder werden begafft. Wir gehen hin, wir kommen da nicht drum herum, wir werden begafft. Also geht mein Mann hin und lässt sich die Fußnägel lackieren. Und dann guckt kein Mensch mehr auf die Kinder. Da rennen sie alle hin und gucken auf meinen Mann.“

PV: „Das mache ich ja nur aus diesem Grund, wenn ich mit lackierten Fußnägeln durch die Fußgängerzone gehe, mit Schlappen natürlich, bin ich der Hingucker. Dann guckt keiner mehr auf meine Kinder.“

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Umgang mit Emotionen

PM: „Dann kommt noch das Highlight, dass er Fahrrad fährt. ‚Der Junge wird nie Fahrrad fahren. Da brauchen Sie sich gar keine Gedanken machen.’ Wir haben ein Fahrrad gekauft. Mein Mann hat das vom Trampeln her leichter gemacht. Dann hat er sich Pfingsten mit ihm hier hingestellt und Fahrradfahren geübt – die ganze Straße hat applaudiert – der fuhr, von jetzt auf gleich. Das war ein absolutes Highlight.“

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Schlüsselkategorie 2

Pflegeeltern brauchen diverse Netzwerke

• Privates Netzwerk• Professionelles Netzwerk durch Pflegekinderdienst• Sonstiges professionelles Netzwerk

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Privates Netzwerk: Partnerschaft

PV: „Für mich gibt es eine Sache, da verzichte ich nur ungern drauf. Abends noch so eine halbe Stunde oder Stunde in Ruhe auf der Couch zu sitzen – entweder alleine oder mit meiner Frau – das finde ich total wichtig. Eine halbe Stunde, in der ich auch mit meiner Frau mal noch ein paar Sachen besprechen kann, die anliegen oder wichtig sind oder einen einfach bewegen.“

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Privates Netzwerk: Leibliche Kinder

PM: „Da kommen immer wieder Bestätigungen, dass wir es bis jetzt richtig gemacht haben. Vor allen Dingen, wenn ich sehe, wie toll die Großen sich durch die zwei Kleinen entwickelt haben. Also, die haben denen ganz viel beigebracht. Und die wären auch nicht so, wenn unsere Pflegekinder nicht wären. Und wie hundertprozentig die dahinter stehen. Ja, das beeindruckt mich immer wieder.“

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Privates Netzwerk: Pflegekinder

PV: „Wir haben ja von ihm auch eine ganz dolle Beschreibung von Ärzten und Psychologen bekommen. Als wir ihn dann gesehen haben, waren wir doch eigentlich richtig positiv überrascht, dass er so lieb ist. So klein, so zerbrechlich, also wir haben eigentlich sofort so einen Beschützerinstinkt gehabt. Jetzt war es auch noch so, er fremdelt ja nicht. Also er geht wirklich zu jedem hin und das war einfach schön. Wir sahen ihn zum ersten Mal. Die Bereitschaftspflegeeltern kamen in das Zimmer rein und er lief dann zu mir und blieb bei mir, obwohl ich ja fremd war und jedes andere Kind, normale Kind würde das gar nicht machen, weil er war in dem Alter, wo man fremdelt. Aber das war für mich eigentlich schön. Für mich war damit eigentlich das Eis gebrochen, was leicht zu brechen war.“

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Privates Netzwerk: Befreundete Pflegeeltern

PM: „Vorhin rief eine Freundin an, das ist eine Pflegemutter, die hat im Moment zwei Bereitschaftskinder und hat sonst noch drei Pflegekinder. Die wäre vorbeigekommen, wenn Sie jetzt hier nicht sitzen würden. Mit der kann ich über solche Dinge reden, die versteht das. Das ist, als ob man mit einer anderen Sprache spricht. Man kann das nicht mehr mit allen Leuten besprechen, weil da der eigene Hintergrund ist und gewisse Empfindsamkeiten und Dinge, die man nicht allen Leuten erklären kann.“

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Professionelles Netzwerk:Diakonie Düsseldorf

PM: „Die Mitarbeiter der Diakonie sind – glaube ich – kaum zu toppen. Also da wurde eine Crew zusammengebastelt, die spitze ist. Die sind immer erreichbar. Also auch in schwierigen Situationen, wo zum Beispiel der leibliche Vater aufgetaucht ist. Wo wir alleine vermutlich abgestürzt wären, wenn das schief gegangen wäre. Also, wie sie als zuständige Mitarbeiterin da war, was sie gemanagt hat, als Ansprechpartnerin die ganze Zeit kompetent zur Verfügung stand. Wie sie sich da eingesetzt und gekümmert hat, das fanden wir damals schon total faszinierend. Und das zieht sich eigentlich durch das ganze Team. Also zumindest die, die ich jetzt kenne, die sind wirklich durchgängig erreichbar. Und ich kriege das ja auch bei anderen Familien mit. Also wenn ‚Not am Mann’ ist, auch diejenigen die eigentlich nicht direkt zuständig sind für die Familien wirklich ‚Gewähr bei Fuß’ stehen und wirklich zu den unmöglichsten Zeiten da aufschlagen, weil es auch wirklich nötig ist. Und ich glaube, das macht das Ganze aus. Auch wenn die Kinder weit entfernt in einer Klinik behandelt werden müssen – dann hatten wir immer ganz kontinuierlichen telefonischen Kontakt. Ich weiß gar nicht wie oft die angerufen haben. Da ist einfach so eine andere Menschlichkeit dahinter. Nicht nur so dieses Sachliche. Die sind eigentlich wirklich immer griffig. Und ich finde, das macht das Besondere irgendwie aus.“

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Sonstiges professionelles Netzwerk: Medizinischer Sektor

PM: „Dann kommen die hin und machen diese riesengroße Operation. Dann gehen die hin und holen ihre Kollegen aus Frankfurt und München dazu. Ja, also das ist doch eine Sache, wo ich sage: ‚Klasse, das sind Leute die wirklich Ahnung haben, die aber auch nicht nur aufs Gradewohl operieren, sondern die sagen: ‚So einen Eingriff gibt es fast nicht in Deutschland. Das gibt es in Afrika viel, aber hier gibt es damit nur wenig Erfahrung. Wenn es aber einer kann, dann ist es der Arzt aus München.’ Die dann sagen: ‚Wir operieren trotzdem nicht einfach los, wir lassen einen Kopf anfertigen, an dem wir Operationen üben können.’ Wo ich dann das Gefühl habe: ‚Hier fühle ich mich sicher. Hier wird einfach auch mitgedacht.’“

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Schlüsselkategorie 3

Pflegeeltern brauchen gesellschaftliche Anerkennung

• Spezifische Weiterbildung, Informationsangebote, organisierter Austausch in Selbsthilfegruppen

• Medizinische Versorgung (solidarische Finanzierung & unbürokratische Bewilligung)

• Leistungsfähige, engagierte und kooperationsfähige Behörden und Soziale Dienste

• Transparentes und kindorientiertes Rechtssystem

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Resümee

PV: „Und da sieht man aber erst mal, was wirklich wertvoll ist. Wie wertvoll die Kinder sind. Und das verstehen die Leute nicht. Das kann man auch nicht erklären. Und wir oder ich jedenfalls haben aufgehört, den Leuten zu erklären, warum ich unseren Pflegesohn richtig für wertvoll halte. Weil das ist er einfach. Und wer das so nicht versteht, bei dem fehlt irgendwas. Also bloß weil er nicht rechnen kann und nicht spricht und immer noch nicht sauber ist, ist er trotzdem wertvoll. Und das müssen die Leute einfach kapieren. Und da ist die Gesellschaft so was von weit weg davon. Wenn man sich da die Fernsehsendungen anguckt, um was es da geht, um Schönheit und sonst was. Das ist so was von Pillepalle.“

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Prof. Dr. Klaus Wolf

Universität Siegen FORSCHUNGSGRUPPE PFLEGEKINDERAdolf-Reichwein-Str. 2 57068 Siegen

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