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Pharmakogenetik Mit der genetischen Diagnostik von Medikamentenunverträglichkeit zur individualisierten Arzneimitteltherapie

Pharmakogenetik - zfh.bio.logis.de · viduellen Pharmakokinetik oder einer weiterführenden moleku-largenetischen Diagnostik, stehen wir gerne zur Verfügung. 10 Notizen. 11 Am Weißkirchener

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PharmakogenetikMit der genetischen Diagnostik von Medikamentenunverträglichkeit zur individualisierten Arzneimitteltherapie

Ursachen und Folgen von Medikamenten- unverträglichkeitDie individuell unterschiedliche Verträglichkeit eines verabreich- ten Medikaments stellt für den für die Medikamententherapie (Pharmakotherapie) verantwortlichen Arzt eine alltägliche He-rausforderung dar. So können bei einigen Patienten mit der Gabe eines bestimmten Medikamentes Wirkungen auf den Krankheitsverlauf erzielt werden, bei anderen hingegen zeigt die eingeleitete Therapie keinen Erfolg, oder es kommt sogar zum Auftreten von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) (1, 2).

Untersuchungen haben ergeben, dass bei 20 –50 % aller Pati-enten, die mit bestimmten Medikamentengruppen wie Beta-blockern, Antidepressiva oder Statinen behandelt werden, kein ausreichender therapeutischer Nutzen nachzuweisen ist oder die Therapie abgebrochen wird, weil das Medikament nicht vertragen wird. Allein in den USA gehen etwa 100.000 Todes-fälle pro Jahr auf UAW zurück. Ursachen für eine Medikamen-tenunverträglichkeit können Alter, Ernährungsgewohnheiten, gesundheitliche Verfassung, Umwelteinflüsse und begleiten-de therapeutische Maßnahmen sein. Außerdem spielen gene-tische Unterschiede des Menschen eine weitere wesentliche Rolle für das Auftreten von unerwünschten Arzneimittelwir-kungen. Ziel einer Untersuchung solcher genetischer Faktoren ist es daher, mit dem Wissen über die bei einer Person vorhan-dene genetische Disposition eine Medikamententherapie indi-viduell in Art und Dosis anzupassen. Die mangelnde Wirksam-keit eines Arzneimittels und unerwünschte Nebenwirkungen sollen so möglichst ausgeschlossen werden (1, 2).

Genetische Ursachen von Medikamenten- unverträglichkeitDie Erforschung der menschlichen Erbsubstanz (humane Ge-nomforschung) hat im Laufe der letzten Jahre die Vorausset-zungen zu einem besseren Verständnis dieser genetischen Faktoren geschaffen. So konnten Genvarianten (Polymorphis-men) identifiziert werden, die für die Verarbeitung von Medi-

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Tabelle 1 Beispiele für Konse-quenzen von gene-tischen Varianten mit Bedeutung für die Arzneimitteltherapie

kamenten und anderen Substanzen durch den menschlichen Körper (Metabolismus) eine Bedeutung haben. Dies führte zu neuen Erkenntnissen und der Entwicklung eines neuen medizi-nischen Schwerpunktes: der Pharmakogenetik (3).

Individuell unterschiedliche Reaktionen auf ein verabreichtes Medikament können durch Veränderungen an verschiedenen kritischen Punkten eines Metabolismus verursacht sein (vgl. Tab. 1). So kann ein Mangel an einem körpereigenen Enzym, welches für die Verstoffwechslung eines Medikamentes wich-tig ist (drug metabolizing enzyme, DME), zu einer erhöhten Konzentration des Medikamentes bis hin zu schädigenden (to-xischen) Mengen führen.

Im Gegensatz hierzu kann auch die gesteigerte Aktivität eines wirkstoffabbauenden Enzyms zu einer niedrigeren Arzneimit-telkonzentration und somit zu einem herabgesetzten thera-peutischen Effekt führen.

Außer Polymorphismen in Genen für DMEs sind z. B. auch Ver-änderungen in Genen für andere körpereigene Eiweiße (Pro- teine) wie Rezeptoren, Transportproteine und andere Struk-turen der Zellsignalübertragung wichtige Ursachen für die un-terschiedliche Reaktion der Menschen auf die Gabe von Medi-kamenten.

unerwünschte Arzneimittelwirkung (UAW) bis hin zu

lebensbedrohlichen Situationen oder tödlichem Ausgang

verlängerte Wirkung des Medikamentes

erhöhte Dosis bis zur Wirkung erforderlich

keine Wirkung des Medikamentes

verstärkte Wechselwirkung zwischen Arzneimitteln

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Beispiele für genetische VariantenEine relativ häufig vorkommende genetische Variante mit Be-deutung für die Arzneimitteltherapie ist das in der Therapie von bestimmten Tumoren häufig eingesetzte Zytostatikum 5-Fluorouracil. Mehr als 80 % der verabreichten Menge an 5-FU werden durch das Protein Dihydropyrimidindehydrogena-se (DPD) im Körper abgebaut. Die Aktivität des DPD-Enzyms ist individuell sehr unterschiedlich und kann erheblich durch Veränderungen (Mutationen) im DPD-Gen beeinflusst sein. Von der häufigsten dieser Mutationen ist etwa 1 % der europä-ischen Bevölkerung betroffen. Sie wird als „Exon-14- Skipping-Mutation“ bezeichnet. Bei Vorhandensein dieser Mutation ent-steht ein um 55 Proteinbausteine (Aminosäuren) verkürztes DPD-Protein, das seine Funktion als Enzym verloren hat und somit kein 5-FU mehr abbauen kann. Dadurch können bei einer Chemotherapie mit 5-FU toxische Konzentrationen im Körper und somit lebensbedrohliche Komplikationen auftreten (4 – 6).

Eine weitere häufige genetische Variante, die für den Patien- ten therapeutische Relevanz besitzt, steht in direktem Zu-sammenhang mit der Wirksamkeit einer Codein-Behandlung: so haben etwa 6 – 10 % der Westeuropäer eine Verände-rung in dem Gen, das für das Enzym CYP2D6 codiert. Ein Mangel dieses Enzyms führt zu einer eingeschränkten thera- peutischen Wirksamkeit dieses Arzneimittels, da CYP2D6 für die Umwandlung des Codeins zu der schmerzstillenden Wirk-substanz Morphin verantwortlich ist (7, 8).

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Zusammenfassung und AusblickIn den letzten drei Jahren haben erst einige wenige Polymor-phismen, die mit einer Medikamentenunverträglichkeit asso-ziiert sind, ihren Einzug in die Routinediagnostik gefunden. Dies liegt daran, dass die Kosten für eine Untersuchung bisher immer noch relativ hoch waren und das Wissen um Untersu-chungsergebnisse genetischer Varianten mit der Bedeutung für die Arzneimitteltherapie bisher nur wenigen Spezialisten zur Verfügung stand.

Um mehr Patienten mit einer individuell nach ihren genetischen Varianten angepassten Arzneimitteltherapie zu versorgen, wurden und werden innovative diagnostische Verfahren und Informationssysteme entwickelt. So können in der Routinedia-gnostik zunehmend mehr Analysen ausgewählter genetischer Varianten sowohl medizinisch als auch ökonomisch verantwor-tungsvoll angeboten werden.

bio.logis wird mit seiner diagnostischen Kompetenz dazu bei-tragen, eine solche individuell auf den Patienten abgestimmte Arzneimitteltherapie möglich zu machen. bio.logis ist davon überzeugt, dass eine nach vernünftigen Kriterien eingesetzte pharmakogenetische Analyse dazu beiträgt, sowohl das Ri-siko medizinischer Komplikationen zu senken als auch eine sichere und wirksame Arzneimitteltherapie zu ermöglichen. Für die Durchführung pharmakogenetischer Untersuchungen lassen sich demnach zwei Hauptargumente anführen: zum einen ethische Gründe, die sich aus der Reduktion von Schä-digungen durch eine verabreichte Arzneimitteltherapie ablei-ten und damit die ärztliche Verantwortung für den Patienten betreffen, zum anderen ökonomische, die mit einer hierdurch verbundenen Senkung der Behandlungskosten und somit Ver-antwortung für die Gesellschaft einhergehen.

Arzneistoffe, bei deren Anwendung eine pharma-kogenetische Untersuchung sinnvoll sein kann

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Medikamentengruppe Wirkstoff Variante/n in Gen

Onkologie

Zytostatika 5-Fluorouracil DPD Anthracycline MDR1 Taxane MDR1 Vincaalkaloide MDR1

Thiopurine Azathioprin TPMT 6-Mercaptopurin TPMT 6-Thioguanin TPMT Topoisomerase-1-Inhibitoren Irinotecan UGT1A1

Psychiatrie / Neurologie

Antiepileptika Phenobarbital CYP2C9 Phenytoin CYP2C9 Neuroleptika Haloperidol CYP2D6 Clozapin CYP2D6

Trizyklische Antidepressiva Nortriptylin CYP2D6 Amitriptylin CYP2D6 / CYP2C19

andere Antidepressiva Fluoxetin CYP2D6 / CYP2C9 Moclobemid CYP2C19

Analgetika Codein CYP2D6 Tranquillizer Diazepam CYP2C19 (oder Tranquillanzien) Nichtsteroidale Diclofenac CYP2C9Antirheumatika (NSAR) Ibuprofen CYP2C9

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Medikamentengruppe Wirkstoff Variante/n in Gen

Kardiologie

Antiarrhythmika Mexiletin,Flecainid, Encainid CYP2D6 Procainamid NAT2 Beta-Blocker Propranolol CYP2D6 / CYP2C19 Carvedilol CYP2D6 Irbesartan CYP2C9 Beta-2-Rezeptor-Agonisten Salbutamol ADRB2 Statine Fluvastatin CYP2C9 Vitamin-K Antagonisten / S-Warfarin CYP2C9Cumarinderivate Marcumar CYP2C9

Endokrinologie / Gastroenterologie

Antidiabetika Glibenclamid CYP2C9 Tolbutamid CYP2C9 Troglitazon CYP2C9 Diuretika Torasemid CYP2C9 Tienilinsaure CYP2C9 Hormone Estrogen COMT / CYP2C9 Tamoxifen CYP2D6 / CYP2C9 L-Dopa COMT Protonenpumpenhemmer Omeprazol CYP2C19 Lansoprazol CYP2C19 Pantoprazol CYP2C19

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Literatur(1) Meisel C, Gerloff T, Kirchheiner J, Mrozikiewicz PM, Niewinski P, Brockmoller J and Roots I Implications of pharmacogenetics for individualizing drug treatment and for study design. J. Mol. Med. 81:154–167 (2003)

(2) Schulz T, Degen G, Foth H, Kahl R, Kramer P-J, Lilienblum W, Schrenk D, Schweinfurth H. Zur Bedeutung von genetischen Po-lymorphismen von Fremdstoff-metabolisierenden Enzymen in der Toxikologie. Stellungnahme der Beratungskommission der Sektion Toxikologie der Deutschen Gesellschaft für experimentelle und klinische Pharmakologie und Toxikologie (DGPT). Umweltmed. Forsch. Prax. 7(4):232-246 (2002)

(3) Daly AK Pharmacogenetics of the major polymorphic metabo-lizing enzymes. Fundamental & Clinical Pharmacology 17:27-41 (2003)

(4) Mattison LK, Soong R and Diasio RB. Implications of dihydropy-rimidine dehydrogenase on 5-fluorouracil pharmacogenetics and pharmacogenomics. Pharmacogenomics 3(4):485-492 (2002)

(5) Van Kuilenburg ABP, Haasjes J, Richel DJ, Zoetekouw L, Van Lenthe H, De Abreu RA, Maring JG, Vreken P, and van Gennip AH. Clinical Implications of Dihydropyrimidine Dehydrogenase (DPD) Deficiency in Patients with Severe 5-Fluorouracil-associated To-xicity: Identification of New Mutations in the DPD Gene. Clinical Cancer Research Vol. 6:4705-4712 (2000)

(6) Morel A, Boisdron-Celle M, Fey L, Soulie P, Craipeau MC, Traore S, and Gamelin E. Clinical relevance of different dihydropyrimidine dehydrogenase gene single nucleotide polymorphisms on 5-fluo-rouracil tolerance. Mol. Cancer Ther. 5(11):2895-2904 (2006)

(7) Schwab M, Marx C, Zanger UM, Eichelbaum M. Pharmakogene-tik der Zytochrom-P-450-Enzyme. Bedeutung für Wirkungen und Nebenwirkungen von Medikamenten. Deutsches Ärzteblatt, Jg. 99, Heft 8:A497-A504 (2002)

(8) Hersberger M, Rentsch KM. Cytochrom P450 2D6: vom Ge-notyp zur Dosis-Anpassung. Schweiz. Med. Forum Nr. 48:1158-1161 (2002)

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Hinweise zu Anforderung und Probenmaterial Bitte beachten Sie, dass mit Inkrafttreten des Gendiagnostik-gesetzes (GenDG) am 01. 02. 2010 eine genetische Diagnostik nur mit unterschriebener Einwilligungserklärung des Patienten oder seines gesetzlichen Vertreters durchgeführt werden darf. Diese Einwilligungserklärung finden Sie auf allen bio.logis An-forderungsscheinen.

Bitte verwenden Sie das Auftragsformular molekulargene-tische Diagnostik.

Klinische Daten und Vorbefunde zur Erkrankung, Angaben zu Dosis und Zeitraum der Arzneimitteleinnahme, aufgetretenen Unverträglichkeitsreaktionen oder zu ausbleibenden therapeu-tischen Effekten können separat oder auf dem Anforderungs-formular vermerkt werden.

Probenmaterial5 – 10 ml EDTA-Blut

Transport der Probe bei Raumtemperatur (innerhalb von max. 3 Tagen nach Blutentnahme)

VersandFahrdienst oder Postweg

Bitte kontaktieren Sie den Client Service von bio.logis Zentrum für Humangenetik unter 069 - 530 84 37- 0.

UntersuchungsdauerJe nach Umfang und Art der Analyse zwischen 1 – 2 Wochen

ErgebnisseDie Interpretation pharmakogenetischer Analyseergebnisse beinhaltet detaillierte Informationen, welche ausgerichtet am individuellen Bedarf des Patienten, die Auswahl und Dosierung eines Arzneimittels unterstützen können. Eine ständig aktua-lisierte Übersicht aktueller Forschungsergebnisse ergänzt den Abschlussbericht einer jeden Untersuchung.

Zur Diskussion des Befundes und für weitere Informationen, wie die Durchführung von Analysen zur Ermittlung einer indi-viduellen Pharmakokinetik oder einer weiterführenden moleku-largenetischen Diagnostik, stehen wir gerne zur Verfügung.

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Notizen

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Am Weißkirchener Berg

A5

Altenhöferallee

Rosa-Luxemburg-Str.

Marie-

Curie

-Str.

Riedbe

rgalle

eOberursel

Kalbach

Bad Homburger Kreuz

KasselDortmund

Bad Homburger Kreuz A5

Offenbacher KreuzA3WürzburgDarmstadt

Nordwestzentrum

City

bio.logisFIZ

Max-von-Laue-Str.

Konr

ad-Z

use-

Str.

Zur Kalbacher Höhe

Anreise mit dem Auto:

A 5 Richtung Bad Homburg Ausfahrt Bad Homburger Kreuz auf die A 661 Richtung Offenbach Ausfahrt Heddernheim an der zweiten Ampel rechts in die Altenhöferallee abbiegen direkt nach dem Kreisel befindet sich das FIZ auf der linken Seite

Aus Richtung NordenA 661 Richtung Offenbach Ausfahrt Heddernheim weiter wie oben

Aus Richtung SüdenA 661 Richtung Bad Homburg Ausfahrt Heddernheim weiter wie oben

Aus Richtung WiesbadenA 66 Richtung Frankfurt Ausfahrt Frankfurt / Main Miquelallee in Richtung Oberursel, Bad Homburg, Nordweststadt der Rosa-Luxemburg-Straße folgen Ausfahrt Merton-viertel, Riedberg an der ersten Ampel links in die Altenhöferallee abbiegen weiter wie oben

ParkmöglichkeitenParkbuchten vor dem Haupteingang Tiefgarage (Einfahrt: am Kreisel in Richtung Max von Laue Straße, nach 50 Metern rechts)

Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln:

Von U-Bahn-Station HauptwacheU1 Richtung Ginnheim Ausstieg Nordwestzentrum U2 Richtung Bad Homburg, Gonzenheim Ausstieg Sandelmühle Bus 29 Richtung Frankfurt / Main Kalbach Ausstieg Uni Campus RiedbergU3 Richtung Oberursel-Hohemark Ausstieg Niederursel U9 Richtung Nieder-Eschbach Ausstieg Uni Campus RiedbergU8 Richtung Riedberg Ausstieg Uni Campus Riedberg

Von NordwestzentrumBus 29 Richtung Frankfurt / Main Hohe Brück Ausstieg Uni Campus Riedberg Bus 251 Richtung Kronberg im Taunus Berliner Platz Ausstieg Max-Planck-Institut / FIZ

Von Hauptbahnhof bis Hauptwacheerreichbar über S1- S6; S8; S9; U4; U5

Merton-viertel

A661

FlughafenDarmstadtBasel

Autobahnanschluss / ExitHeddernheimRiedbergMertonviertel

bio.logis Zentrum für Humangenetikim FIZ Frankfurter Innovationszentrum Biotechologie

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bio.logis Zentrum für Humangenetikim FIZ Frankfurter Innovationszentrum Biotechnologie

Altenhöferallee 360438 Frankfurt am MainT + 49 (0) 69 - 530 84 37- 0F + 49 (0) 69 - 530 84 37- 11 [email protected]

AutorenProf. Dr. med. Daniela SteinbergerDr. rer. nat. Klaus-Ulrich Lentes Dr. phil. Maike Post akkreditiert durch:

College of American Pathologists (CAP)