11
582 L. Hermann: (Aus dcm physio!ogischcn Institut zu KSnigsberg i. Pr.) Phonophotographische Untorsuchungen. Von L. Hermann. Io Die graphische Aufzeichnung von Stimm- und Sprachlauten hat bisher wesentlich mit zwei Schwierigkeiten zu ki~mpfen ge- habt: erstens die Einmischung der eigenen Triigheitsschwingungen des angesungenen, resp. angesproehenen KSrpers, zweitens die un- genfigende Treue mit welcher die Schwingungen dieses KSrpcrs in Folge tier Reibungen, Eigenschwingungen etc. des schreibenden Hebels sich aufzeichnen. Besonders die letztere Schwierigkeit in tiberraschender Voll- kommenheit zu tiberwinden, ist mir in den letzten Monaten mit Htllfe der Photographie gelungen. Die yon mir erlangten Auf- zeichnungen Ubertreffen nach dem Urtheile Aller, welche sie ge- sehen haben, hinsiehtlich ihrer Deutlichkeit, Feinheit und Eleganz bei Weitem alles bisher Bekannte, und ich werde zeigen, dass das Gleiehe auch hinsichtlich ihrer Treue gilt. Ich beschreibe zunKehst das Experimentirverfahren, und zwar zuerst den rein graphischen Theil desselben. Die angesungene resp. angesprochene verticale Fli~che besteht, wie der zweite Abschnitt genauer darlegen wird, je nach Umstiin- den aus einer Eisen-, Glimmer-, Holz- oder Papierplatte, oder aus einer gespannten Membran. Auf diese lehnt sich ein sehr leiehtes versilbertes Glasspiegelchen~). Die Verbindungsweise wird sp~ter angegeben werden. Das Spiegelehen schwingt in Folge der Schwingungen der Anspruchsfl~che um eine verticale Axe. Eine Siemens und Halske'sche Flachdecklampe yon 9 Amp6re wird dutch eine Dynamomaschine zum Leuchten gebracht. Meine dureh einen 4 pferdigen Gasmotor getriebene Maschine kann bei 65 Volt Klemmspannung his tiber 30 Ampere geben, jedoch wiire dieser Betrieb bei einigermaassen liingerem Schlusse fiir die 1) Das yon mir verwendete runde Spicgelchen, yon Hartmann u. Braun in Bockcnhcim geliefcrt, hat 10 mm im Durchmesser und wiegt 0,08 gr.

Phonophotographische Untersuchungen

Embed Size (px)

Citation preview

582 L. H e r m a n n :

(Aus dcm physio!ogischcn Institut zu KSnigsberg i. Pr.)

P h o n o p h o t o g r a p h i s c h e U n t o r s u c h u n g e n .

Von

L . H e r m a n n .

Io

Die graphische Aufzeichnung von Stimm- und Sprachlauten hat bisher wesentlich mit zwei Schwierigkeiten zu ki~mpfen ge- habt: erstens die Einmischung der eigenen Triigheitsschwingungen des angesungenen, resp. angesproehenen KSrpers, zweitens die un- genfigende Treue mit welcher die Schwingungen dieses KSrpcrs in Folge tier Reibungen, Eigenschwingungen etc. des schreibenden Hebels sich aufzeichnen.

Besonders die letztere Schwierigkeit in tiberraschender Voll- kommenheit zu tiberwinden, ist mir in den letzten Monaten mit Htllfe der P h o t o g r a p h i e gelungen. Die yon mir erlangten Auf- zeichnungen Ubertreffen nach dem Urtheile Aller, welche sie ge- sehen haben, hinsiehtlich ihrer Deutlichkeit, Feinheit und Eleganz bei Weitem alles bisher Bekannte, und ich werde zeigen, dass das Gleiehe auch hinsichtlich ihrer Treue gilt.

Ich beschreibe zunKehst das Experimentirverfahren, und zwar zuerst den rein graphischen Theil desselben.

Die angesungene resp. angesprochene verticale Fli~che besteht, wie der zweite Abschnitt genauer darlegen wird, je nach Umstiin- den aus einer Eisen-, Glimmer-, Holz- oder Papierplatte, oder aus einer gespannten Membran. Auf diese lehnt sich ein sehr leiehtes versilbertes Glasspiegelchen~). Die Verbindungsweise wird sp~ter angegeben werden. Das Spiegelehen schwingt in Folge der Schwingungen der Anspruchsfl~che um eine verticale Axe.

Eine S iemens und Halske'sche Flachdecklampe yon 9 Amp6re wird dutch eine Dynamomaschine zum Leuchten gebracht. Meine dureh einen 4 pferdigen Gasmotor getriebene Maschine kann bei 65 Volt Klemmspannung his tiber 30 Ampere geben, jedoch wiire dieser Betrieb bei einigermaassen liingerem Schlusse fiir die

1) Das yon mir verwendete runde Spicgelchen, yon H a r t m a n n u. B r a u n in Bockcnhcim geliefcrt, hat 10 mm im Durchmesser und wiegt 0,08 gr.

Phonophotogral)hische Untersuchungen. 583

Maschine gef~thrlieh. Ieh beschriinke mich daher ftir gewiihnlich dnrch Einschaltung der gebr~iuchlichen technischen Widerstiinde ans Neusilberspiralen auf etwa 9 Amp6re, stcigere jedoch ffir den kurzen Moment des Cylinderumganges durch einen din Wider- stand ausschaltenden du Bois'sehen Schltissel den Strom auf etwa 20 Amp6re.

Ftir die Flachdecklampe habe ieh sehon vor langer Zeit yore hiesigen Mechaniker W i p p r e c h t eine Dunkellaterne herstellen las- sen, welche sich vortrefflich bew~hrt hat. Die Lampe ist dutch ein Gegengewicht ~iquilibrirt so in der Laterne aufgeh~ingt , dass leichtes Nachhelfen mit der Hand die Verschiebung des Lichtbo- gens, welche durch das Abbrennen der unteren Kohle erfolgt, stets compensiren kann. Die Seitenschwankungen dcr h~ingenden Lampe sind dadurch verhindert, dass ihre beiden Verticalstangen mittels zweier angelStheter Schlaufe in zwei verticale Ftihrungsstangen eingreifen, welche mittels eines Querstticks am Boden der Laterne befestigt sind. Dieses Quersttick kann in seiner eigenen Richtung mittels ejner die Wand der Laterne durchbohrenden und aussen mit einem Knopi~ verschenen Schraube etwas hin und her bewegt werden, wodurch auch in horizontaler Richtung eine genaue Ein- stellung des Lichtpunktes ermiiglieht wird. Der Kasten der La- terne ist parallelepipedisch, yon Holz, innen geschwarzt. An der Stirnwand ist ein runder Ausschnitt mit einem metallenen Futter, in welches der ganze optische-Theil einer aus Paris bezogenen Duboseq 'schen Laterne hineinpasst. Vor den Beleuchtungslinsen befindet sich ein ebenfalls yon D u b o s e q (P e 1 li it) bezogener Deckel mit stellbarem Spalt. Den Linsen gegentiber triigt die Hinterwand der Laterne einen einfachen Reflector yon Bleeh. Dutch eine grosse runde Oeffnung im Deckel des Kastens hangt die Lampe hinein, mittels eines auf dem Deckel befestigten starken eisernen Galgens mit zwei Rollen aufgehiingt. Ueber den offenen Theil der Lampe ist ein doppelter Mantel aus sehwarzem Stoffe (mit eingen~hten Spreizringen) gezogen, welcher am Deckel rings um die Oeffnung mittels eines Ringes befestigt ist. Das Ganze sehliesst, aueh beim Leuchten des Bogenlichtes, vollkommen lichtdieht. Dutch Ventilationsiiffnungen am Fusse der Vertiealw~inde der Laterne, sowie in der Bleehkappe der Lampe (letztere sind sehon an den Lampen gegeben) ist Erhitzung des Innenraumes hinreiehend ver- hUtet. Die Ventilationsiiffnunffen sind durch eigenthtimliche yon

584 L. H e r m a n n :

Herrn W i p p r e c h t construirte Blechkappen cbenfalls liehtdicht gemacht.

Die Einstellung des Lichtbogens in verticaler und horizon- taler Riehtung, die Handhabung des Hauptschltissels uud des den Widerstand ausschliessenden Verst~irkungsschlUssels (s. oben) be- sorgt ein Assistent.

Die Laterne mit dem dureh das Bogenlicht beleuchteten ver- ticalen Spalt befindet sich etwa 2 Meter yon dem Spiegelchen, auf einem besonderen Tisehe, damit die ErschUtterungen durch die Handhabung der Schli|ssel, diejEinstellungen und das Spiel des eleetromagnetisehen Regulirapparates im Kopfe der Lampe das Spiegelchen nicht erschtittern. Ftir gewisse Versuehe ware besser das letztere mit dem Anspruchsorgan auf einem ersehtitterungs- freien Fundamentpfeiler aufzustellen, welchen das Institut aber leider nicht besitzt. Wandeonsole sind nieht gut verwendbar, well der Sprechende sieh hinter dem Organ und Spiegel befinden muss.

Dieht vor dem Spiegelehen, zwischen diesem und dem Spalt befindet sich eine gewShnliche Convexlinse yon etwa 1--11/2 Dioptrien. Vermittels derselben liefert das Spiegelchen ein reelles verkleinertes Bild des Spaltes, tiber dessen Auffangung sogleich gc- sprochen Werden soil. Da das Licht zweimal durch die Linse geht, so wirkt sie wie eine Linse yon doppelter Kraft; das Bild be- findet sich ungefahr 1/2 Meter vor der Linse und dem Spiegel. Na- ttirlieh muss es durch entsprechende Stellung des Spiegels soweit naeh dcr Seite abgelenkt sein, wie der Versuch erfordert (urn etwa 35o), und selbstverst~ndlich muss die Linse, um das Bild am giinstigsten zu gestalten, so azimuthirt sein, dass sie zur Halbirungs- linie zwischen auffallendem und abgelenktem Strahlsenkrecht steht.

Aufgcfangen wird nun das feine verticale Spaltbild auf einer sehwarzen Blechplatte mit feinem h o r i z o n t a l e n Spalt. Dm'ch die Schwingungen des Spiegelchens (s. oben) verschiebt sich das ver- ticale Spaltbild parallel mit sich selbst in horizontaler Richtung, so dass der aus der Kreuzung des Bildes mit dem Spalt hervor- gehende Lichtpunkt horizontal oscillirt.

Diese Oscillationen werden nun u n m i t t e l h a r p h o t o g r a - ph i r t , indem sie auf eine dicht hinter dem Spaltblech sich in verticaler Richtung bewegende empfindliche Papierfl~t ehe fallen.

Zur Bewegung des Papiers sowohl wie zur Befestigung des Spaltbleches dient ganz einfach das vortreffiiche B a l tzar ' sche

Phonophotographische Un~ersuchungen. 585

Kymographion-Uhrwerk, dessen Cylindcrax c natiirlich h o r i z o n t al gelegt wird. Das Uhrwcrk wird im Innercn auf schnellsten Gang gestellt, ausserdem abet dcr Windfifigel entfernt (dessert Axe jedoch, da sie zugleich zum Arretiren dient, bleiben muss).

Ffir die gewiihnlichen Aufzeichnungen yon Vocalen, Conso- nantcn, Silbcn etc. dient jcdesmal nur cine einzige Umdrchung des Cylinders. Wahrend dcrselben ist natfirlich die Geschwindigkeit nicht constant, sondern rasch zunehmend. Damit in der Zeichnung diese Zunahme nicht zu stSrend wirkt, wird nur ein Thcil (Drittel his Hitlfte) des Cylinderumfangs mit Papier bedeckt, und daffir gesorgt~ dass das Papier jedesmat crst dann in den Bereich des Spaltes kommt, wenn schon eine crheblichc Geschwindigkeit erreicht ist. Ferner muss daftir gesorgt sein, dass nach Ablauf der Papicrfi~che der Cylinder sieh yon selbst arretirt, damit nicht zwei Curven auf einander gesch.rieben werden. Dies erreichte ich hiJchst cinfaeh dadurch, dass ich eine der Speichen des Rothgussfutters des Cylinders etwas verst~trken, durchbohren und mit cinem einsteck- baren StSpsei versehen liess, welcher gegen den mit dem Riillchen versehencn Ffihrungsarm des Cylinders anschl~igt; an der Anschlags- stelle wird der Arm mit ciner Bleiplatte umhtillt. Der Anschlag, welcher den Cylinder im schnellsten Gange plStzlich anhalt, schK- digt wcdcr den mit Blci bedcckten Arm, noch das Uhrwerk im allermindesten. Letzteres wird allein crmiiglieht durch die ausge- zcichnete Einriehtung des B a 1 t z a r'schen U hrwerks, dass der Cylin- der mittels einer Planscheibe mitgenommen wird. Diese dreht sich beim Arretiren des Cylinders noch eine kleine Strecke weiter, so dass das Uhrwerk nicht pliitzlich arretirt wird. - - Beim An- sehlagen geht tier Cylinder tin klein wenig zurtick; damit hicr- dutch nicht der Schluss der Curve verdorben wird, muss das Pap ie r schon eine Strecke vor Erreichung des Anschlages aufhSren. Die Lage welche das Papier nach dem bier und oben gesagten hubert muss, wird zweckm~tssig auf dcm Rande des Cylinders durch einige Tintenstriche markirt.

~Naeh jcdem Umlauf muss der arretirte Cylinder wieder be- wegungsf~ihig gemacht werden. Anfangs erreichte ich dies dadurch, dass ich den Arretirungszapfen fiber dem Ftihrungsarm herauszog, den Cylinder um den Bcreich dieses Armes weiter drehte und den Zapfen unter dcm Arm wicder einsteckte, wodurch der Cylinder ftir eine neue Umdrehung wieder frei ist. Viel practischer fund

586 L. t i c rmann:

ieh es sp~tter, den Cylinder (unter Li~sung des Arretements an der WindfiUgelaxe) mittels der Planseheibe jedesmal um seinen Um- lauf mit der Hand wieder zurtickzudr'ehen, so dass der Zapfen (der nun nicht mehr ausziehbar zu sein braucht) nun wieder unter dem Arme anliegt. Hierdurch wird zugleich das Uhrwerk immer wieder um den abgelaufenen Theil aufgezogen. Nattirlich muss beim Zurtick- drehen des Cylinders der Spalt verdeckt seiu.

Das Spaltblech besteht aus zwei am Sp.alte keilfSrmig zuge- schiirften geschwiirzten Messingplatten, welche dutch zwei Schienen, an denen sie festgeschraubt sind, verbunden werden. Das eine Blech ist mit einer Hiilse und Klemmschraube versehen, und wird mittels derselben auf einem horizontalen Messingstabe in geeig- neter Lage befestigt. Den Messingstab (denselben, an welehem sonst Pantographen, Zeitschreiber u. dgl. befestigt werden) tr~tgt mittels eines geschlitzten Fusses, in den er eingelassen ist, die an der Baeke des Trommelstativs angebraehte Presssehraube. Die beiden Platten kiinnen etwas einander geniihert oder entfernt, d. h. die Breite des Spaltes variirt werden. Das Spaltblech tangirt beinahe den Mantel des Cylinders, selbstverstiindlich mit der Seite, an welcher der zugeschiirfte Spalt seine Enge hat.

Ein aus Pappe und Holzleisten zusammengesetztes Gehituse bedeckt wiihrend der Versuche den Cylinder und dessen Ftihrung sowie das Spaltblech. Das Uhrwerk selbst nebst der Planseheibe wird vom Gehause voll~ti~ndig freigelassen, d. h. die dem Uhrwerk zugewandte Wand desselben ist so ausgesehnitten, dass sie sehr genau den Eisentheilen des Cylindertr~gers anliegt. Die gegen- tiberliegende Wand des Gehauses (an der Seite der Kurbel ftir die Trommelverschiebung) fehlt vollsti~ndig bis auf eine die beiden L~tngsw~tnde verbindende Holzleiste am Boden. Die hintere Litngs- wand und die Decke des Gehiiuses sind undurchbrochen, die andere Liiugswand, hinter welcher das Spaltblech liegt, hat dem Spalte ent- spreehend ein rechteekiges offenesFenster. Die Hiihe desselben ent- spricht etwa der Lange des verticaleu Spaltbildes, die Liinge ist nur etwa 2 cm, so dass das Spaltblech also bis auf den Theil, auf welchem das Bild spielt, ganz verdeckt bleibt und kein Nebenlieht das Papier erreiehen kann.

Ein liehtdichtes schwarzes Tuch wird tiber das Gehiiuse ge- breitet, seine herunterhiingenden Theile verdecken vollstiindig so- wohl die offene Seite des Gehituses wie das Spaltfenster. In die

Phonophotographischc Untersuchungen. 587

offene Seite hineingreifend kann derExperimentator mit dem vom Tuche dieht umhiingten Arm die Km'bel regieren, und so zwisehen je zwei Versuchen den Cylinder ant" seiner Axe verschieben. Die Verhi~ngung des Fenstcrs wird nur wahrend des Versuehes selbst durch Zurticklegen des Tuches beseitigt.

Die Verschiebung des Cylinders vor jedem neuen Versueh muss natUrlieh so sein, dass die Curven nicht in cinander greifen. Hierzu sind ftir gewShnliche Versuche zwei ganze Umdrehungen der Kurbel geniigend. Hiernach wird die Verschiebung stets genau ausgefUhrt. Man kann so genau 17 Curven auf dasselbe Papier in gleichen Abs/anden aufzeichnen.

Sehr wichtig ist das Stativ, auf welehem das Uhrwerk steht. Ich kann mir keine hierzu empfehlenswerthere Vorrichtung denken, als das in vielen photographischen Ateliers gebr~iuchliche 3s~tulige Salonstativ yon A. S t eg e ma n n (Berlin, Oranienstrasse 151). Dieser ungemein solid gebautc Apparat ist fur alle Laboratoriumszwecke hiichst ntitzlieh, bei welchen schwere Apparate sanft und genan horizontal und namentlich aaf- und abwarts verstellt werden miissen. Bei meinenVersuchen muss der hellste Theil des vertiealen Spalt- bildes genau in die Hiihe des horizontalen Spaltes kommen, ferner genau in die Mitte des Fensters, und selbstverst~indlich muss der Cylindermantel genau die Bildebene tangiren. Alles dies erreieht man leieht mittels des angegebenen Stativs, welches auf seinen Rollen sieh leicht horizontal versehieben liisst, vor Allem aber mittels seiner drei soliden verticalen Triebe sich durch eine einzige Kurbel ausserst rein auf- und niederbewegen l~isst, und in jederHiihe yon selber trotz centnerschwerer Lasten genau stehen bleibt. Dass diese Stative schwarz sind, ist ein weiterer Vorzug.

Was das Papier betrifft, so reicht die Empfindlichkeit des seit Jahren yon mir fiir rheo-photographische Zwecke 1) verwendeten Eastman-Bromsilberpapiers ftir diesen Zweck nicht aus. Ungleich empfindlicher ist das Bromsilberpapier yon Dr. F. S t o l z e in Char- lottenburg bei Berlin, und zwar sowohl das glatte F-Papier wie das etwas rauhere E-Papier, mit welchen beiden ich stets vortreff- liche Resultate erhalten habe. Dies Papier hat noeh den Vorzug sehr glticklicher Dimensionen; man kann es n~imlich in Rollen

1) Ueber meine rheophotographischen Versuche werde ich spgter Mit- theilung machen.

588 L. Itcrman~l:

yon 50 em Breite beziehen, und so erstens Streifen daraus schneiden, welehe gerade genau um den Ba l tza r ' schen Cylinder (der genau 50 cm Umfang hat) herumgehen (tiber solche Versuehe s. unten), zweitens aber, ftir die gewiihnlichen Versuehe, ftir welche Streifen von nur 15--25 cm L~mge ausreichen, gerade 4 Streifen aus der Papierbreite gewinnen, da 121/2 cm zur v0lligeu Ausnutzung der Cylinderhtihe grade ausreichen.

Die Befes~igung der Papierstreifen auf dem Cylinder gesehieht hiichst einfach und passend dutch zwei Gummiringe, welehe am oberen und unteren Rande mit straffer Spannung um den Cylinder herumgehen. Man erreicht sehr bald die ntithige Uebung um die Streifen rasch und glatt in richtiger Lage zu befestigen. Die beiden freien R~inder des Streifens haben die Neigung sieh etwas vom Cylindermantd abzuheben, was sehr stiirend werden kSnnte wegeu der Enge des Raumes zwischen dem Cylindermantel, und dem Spaltbleeh sowohl wie der Versehiebungs-Sehraubspindel. Jedes Streifen des Papiers an diesen Objecten muss sorgi'~ltig vermieden werden. Ieh erreiehe dies ganz einfach, indem ich naeh dem Auf- spannen die beiden freien Ritnder mit der Scheere concav ausschneide. Nattirlich mUssen alle diese Arbeiten in der Dunkdkammer bei dcm. rubinrothen oder grtingelben Lichte einer guten Dunkelkam- merlaterne ausgeftihrt werden, ebenso das Einftihren des besehiekten Cylinders in seine Lager, wobei nattirlich das Pappgehiiuse vorher entfernt wird. Dies Einftihren vollziehe ich tibrigens aueh bei absoluter Dunkelheit mit roller Sicherheit. Bemerkt sei noeh, dass das Bild auf dem Spalte so stehen muss, dass es genau der Mitte der Cylinderl~tnge bei genau mittlerer Stellung des Cylinders auf seiner Spindelbahn entspricht; nnr so kann man die gauze It(ihe des Cylinders ausnutzen, d. h. 17 Curven auf jedem Papierstreifen gewinnen.

Das Dunkelzimmer, in welehem die Versuche ausgeftihrt wer- den, ist in meinem Institut ein grosses dreifenstriges Zimmer. Ich babe die absolute Verdunkelung auf folgende einfache Weise sehon vor 4 Jahren erreicht. Das Zimmer hat Doppelfenster, die sich aUe nach innen 5ffnen. Die innerenFltigel babe ich nun an ihrer Aussenseite mit passenden Pappen, welche vorher auf der Zimmer- seite schwarz angestrichen wurden, sorgfiiltig zugenagelt, und die Fugen zwisehen den einzelnen Pappbliittern, welehe ilbrigens ein- ander stark libergreiihn miissen, noch sorgfiiltig mit geeignetem

Phonophotographische Untersuchungen. 589

Papier verklebt. FUr gewShnlieh stehen die Innenfltigel often, das Zimmer ist dann hell. Zur Verdunkelung werden sie einfach ge- sehlossen; tier lichtdiehte Schluss wird dann noeh durch gewShn- liehe Holzladen, welehe yon innen die Fenster bedeeken, gesiehert. Die Thiir des Zimmers muss eine ,,Liehtschleuse" haben, d. h. eine Vorrichtnng, welehe das Betreten und Verlassen des Zimmers ohneEindringen eines Lichtstrahls gestattet, ttierzu dient tblgende einfache Vorkehrung. Die ZimmerthUr ~ftnet sich nach innen, und hat ziemlich tiefe Pfosten. Auf der Aussenseite der Pfosten ist nun ein Vorhang aus doppeltem sehr diehtem sehwarzblauen Stoffe angebraeht, dessen unterer Saum auf dem Boden aufliegt und mit eingeni~htem Bleisehrot besehwert ist. Der Vorhang be- steht aus zwei Fltigeln~ die sich in der Mitre um mehrere Fuss- breiten tiberdecken ; er wird dutch eine Zugvorrichtung auf- und zu- gezogen, und schliesst schon fur sieh lichtdicht. Beim Betreten des Zimmers tritt man zuerst zwischen Vorhang und Thtir, jenen sorg- faltig hinter sich schliessend, ehe man die ThUr (iftnet; entspre- chend umgekehrt beim Verlassen. Das Zimmer ist so absolut ver- dunkelt, dass man auch nach langem Aufenthalt in demselben trotz ~iusserster Adaptation der Augen keinen Lichtschein entdeekt. Icb habe in demselben mir frUher meine photographischen Tro.cken- platten selbst hergestellt; das Trocknen derselben dauert 10--12 Stunden, und der geringste Lichteindruek w~hrend dieser Zeit wtirde sich durch Verschleierung verrathen haben. Ieb habe die Herstellung eines Dunkelraums -- einer auch ftir optische Zwecke unentbehrlichen Laboratoriums-Einrichtunff-- deswegen genauer be- schrieben, weil sie leicht yon Collegen, denen kein im Bau des Instituts vorgesehenes Dunkelzimmer zu Gebote steht, oder denen die vorhandenen, oft sehr unpractischen Einrichtungen sich nicht bewahrt haben, ausgeftihrt werden kann.

W~thrend das Zuschneiden und Aufspannen der Papierstreifen, das Einlegen des Cylinders, sowie die Entwick]ung der Photo- gramme, absolutes Fernhalten chemisch wirksamen Lichtes erfor- dern, ist dies ftir die eigentlichen Versuche erfreulicherweise nicht erforderlieh, da der Cylinder durch die oben angefUhrten Vorrich- tungen hinreichend vor Lieht geschtitzt ist. Man kann daher das electrische Licht wahrend der Verstellungen des Cylinders etc. ruhig leuehten lassen, da das dtinne vom Spalt zum Spiegel gehende Liehtbiindel das Zimmer nicht wesentlich erhellt, ja man kann sogar

E. Pflfiger Archly f. Physiologie, Bd. XLV, 39

590 L. Hermann:

eine Oasflamme brennen lasseu, was fiir die Ftihrung des Parallel- protokolls angenehm ist.

Die Hervorrufung der Photogramme erfolgt etwa wie bei Momentaufnahmen. Ich verwende gew(ihnlich eine Mischung yon 3 Vol. ges~,ttigter L(isung von neutralem Kaliumoxalat und 1 Vol. gesiittigter FerrosulphatlSsung, mit Zusatz yon etwa 1 Tropfen einer J/2 procentigen Liisung yon Natriumhyposulphit auf je 10 ccm des Entwieklers. Derselbe Entwickler kann mehrmals hintereinander, ja noch am folgenden und zweitnRchsten Tage gebraucht werden. Schneller aber entwickeln frisch bereitete Gemische, am besten zu gleiehen Theilen mit sehon gebrauchtem versetzt. Naeh der Her- vorrufung wird kurz gewasehen, und dann zweimal je 3 Minuten in stets erneute lproeentige SalzsRure (1 Theil gewShnliehe kRuf- liche Siiure auf 100 Wasser) eingelegt; wenn man dies unterliisst, so nimmt das Papier eineu gelblichen Ton an, der tibrigens nichts schadet. Hierauf wird unter einer Brause gut gewaschen, und durch 10 Minuten langes Einlegen in eine 20procent. Natriumhyposul- phitliisung fixirt, endlich mehrere Stunden gewaschen und getroeknet. Naeh dem Troeknen wird auf Grund des Protokolls zu jeder Curve ihre Bedeutung mit Tinte hinzugeschrieben.

Will man l~tngere Siitze, gauze Lieder u. s. w. aufschreiben, so bedient man sigh der an vielen Bal tzar 'schen Kymographien angebraehten selbstth~,tigen Verschiebung des Cylinders und iiber- zieht den ganzen Umfang desselben mit einem Papierstreifen: Da es sich bier nicht um genaues Studium der einzelnen Vocaleurven u. dgl. handelt, ist es gut sich mit miissigerer Geschwindigkeit zu begntigen, was fUr diesen Fall wichtige Vortheile hat. Vor Allem kann man den Windfitigel am Apparate lassen, um die Beschleuni- gung ~m Laufe des Versuchs zu vermeiden; man kann ihn Ubrigens, damit er den Gang nicht zu sehr verlangsamt, an seiner Axe fest- binden. Ferner ist es gut, die Frictionsrolle der Cylinderaxe nicht an den Rand der Planscheibe einzustellen, sondern durch ZurUck- sehrauben der ersteren das Verh~Itniss der Cylinderumdrehungen zu denjenigen der Planscheibenaxe etwas zu reduciren. Hierdurch n~imlieh wird die Schraubenlinie, welche die Sprechcurve auf dem Cylinder zurUcklegt, etwas steiler, so dass .die Curven nicht in ein- ander gerathen. Da bei diesen Versuchen das Papier sich relativ langsam bewegt, so genUgt auch geringere Lichtst~rke, resp. engere

Phonophotographische Untersuchungen. 591

Sp~dtweiten; durch letztere kann die Feinheit des Schreibens auch bei m~tssigem Licht aufs Aeusserste gctrieben werden.

Endlich will ieh noch erw~thnen, auf wel(~he Weise ich, ehe ich im Besitz hinreiehcnd intensiven Lichtes und genUgend cmp- findlichen Papiers war, Vocalcurven auf gewShnliche Troekenplatten in ausgezeichneter Feinheit photographirt babe. Hierbei diente eine auf das oben erw~ihnte S t egemann ' s che Stativ passende Camera aus derselben Werkstatt. Das Objeetivbrett wurde entfernt, so dass das Spaltbild direct auf die matte Scheibe, resp. auf die in der Kassette befindliche Trockenplatte geworfen werden konnte. Jedoch war diesmal der Spalt an dcr Lampe horizontal gestellt, und ebenso das Aufnahmeorgan so gedreht, dass das Spicgelchcn am eine horizontale Axe oseillirte. In der Camera bildcte sich also ein horizontales Bild des Spaltes, welches parallel mit sich selbst in verticaler Richtung oscillirte. Es war somit ein verticaler Spalt i n der Camera so anzubringen~ dass er unmittelbar vor der Trockenplatte schwebte. Zu diesem Behufe liess ich statt der ge- wShnlichen hSlzernen Einsatzplatte der Camera eine geschw~irzte Einsatzplatte anfertigen, welche zwei fast rechtwinklig abbiegendc, aber einander an ihren freien Kanten auf Spaltweite nahekommende Metallleisten trng, d. h. eine Platte mit eincm Spalt~ der abet nicht in der Ebene der Plattc~ sondern in tinct weiter zurUcklicgenden Ebene lag. Dieser Spalteinsatz war so gearbeitet, dass er bei auf- gezogenem Kassettenschieber genau in den Raum der Kassette hineinragte uud der Spalt dieht vor der Platte schwebte. Nattirlich kann dieser Einsatz crst nach dem EinfUhren der Kassette und Aufziehen ihres Schiebers an Seine Stelle gebracht werden. Dies Alles geschieht bei Lichtabschluss. Die Kassette kann an meincr Camera in horizontaler Richtung in einem genauen Gcleise ver- schoben werden. Der Versuch besteht nun darin, dass nach Ein- stellung des Bildcs auf der matten Scheibc alles wieder verdunkelt und nun die Scheibe dutch die Kassette crsetzt wird. :Naehdem deren Schieber aafgezogen worden, wird der Spalteinsatz yon vorn eingesetzt, und die Kassette so gestellt, dass der Spalt nahe dem einen Plattenrande steht. Hierauf wird der Vordertheil der Camera verh~tngt, das Lieht in Gang gesetzt, und der Versuch besteht nun einfaeh darin, die Kassette mit der Hand schnell durch ihre Bahn zu ziehen, bis der Spalt am andern Plattenraud angelangt ist, worauf man den schwarzen Vorhang am Vordcrtheil dcr Camera

592 L. Herm ann: Phonophotographische Untersuchungen.

wieder fallen liisst. Vor dem niichsten Versueh wird die Camera mittels der Kurbel des Stativs um einen bestimmten stets gleichen Betrag gehoben oder gesenkt, so dass man aueh hier die ganze Hiihe der Platte ausnutzen, d. h. mit Curven in regelmiissigen Ab- stlinden erfUllen kann. Diese Versuche sind zwar weniger bequem als die mit Papier und Uhrwerk, ferner ist die Bewegung mit der Hand gemacht, also nicht r-egelmassig und gleiehmiissig; daftir aber erfordern diese Versuche welt geringere Lichtsti~rke. Ihre Resultate lassen an Eleganz und Genauigkeit ebensowenig zu wtlnsehen Ubrig wie diejenigen mit Papier.

Schliesslich will ich noch eine u von der Empfind- liehkeit des verwendeten Papiers zu geben versuchen. Ich finde z. B. auf einer Tafel mit recht hohen Curven fUr den Vocal A auf die Note gis (207,6 Schw.) gesungen die Gesammtli~nge der Linie ftir eine Periode gleich 20,5 mm (l~ngs der Curve gemessen), ebenso aufderselben Tafel fUr ein I auf die Note H (123,5 Sehw.) eine Gesammt- li~nge gleich 41,9 ram. Das Lieht zeiehnete also im ersteren Bei- spiel pro See. 207~6.20,5 mm, im zweiten pro See. 123,5-41,9 mm. Das Spaltbild hatte etwa J/4 mm Breite, der Horizontalspalt hiieh- stens 1/3 mm. Die Diagonale des dutch Kreuzung beider gebildeten Rechtecks (die Hauptriehtung der Curventheile ist als diagonal anzusehen) betrug also hSchstens 5/12 ram, folglich die Expositions- zeit im ersteren Falle hiichstens 1/lOe14 See., im zweiten hSchstens 1/le419 See. Trotz dieser unglaublieh kurzen Expositionszeitensind die h0chst zarten Linien yon einer Feinheit und Bestimmtheit, vonder nur der Anbliek eine Vorstellung geben kann. Auf der Tafel, weleher die Messungen entnommen sind, waren die Elonga- tionen des Bildes ungewiihnlich gross. Auf den meisten sind sie geringer, daher die Expositionszeiten llinger und die Curven stiirker und schwi~rzer.