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JAGEN MIT DEN KUNG Buschmänner gehören zu den letzten Jägervölkern der Erde. Wie sie jagen und was ein europäischer Jäger von ihnen lernen kann, erfuhr WILD UND HUND-Pirschexperte Andreas Bach im namibischen Busch. Thore Wolf Foto: Thore Wolf unter sich PIRSCH- PROFIS 56 wildundhund.de Jäger - Aus aller Welt WILD UND HUND | 3/2016

PIRSCH- PROFIS€¦ · Pfeilgift braut, sieht aus wie ein Jugendlicher. Fragt man nach seinem Alter, ist man er-staunt: Etwas über 40 Lenze zählt Philip, der für einen Buschmann

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  • JAGEN MIT DEN KUNG

    Buschmänner gehören zu den letzten Jägervölkern der Erde. Wie sie jagen und was ein europäischer Jäger von ihnen lernen kann, erfuhr WILD UND HUND-Pirschexperte Andreas Bach im namibischen Busch.

    Thore Wolf

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  • Der Mann, der über dem Feuer das Pfeilgift braut, sieht aus wie ein Jugendlicher. Fragt man nach seinem Alter, ist man er-staunt: Etwas über 40 Lenze zählt Philip, der für einen Buschmann recht hochgewachsen ist. Sein Gefährte Asser ist wesentlich kleiner und älter. Er selbst schätzt sich auf Mitte 60. Aber so genau kann er das nicht sagen. Wie für die meisten Buschleute, auch San ge-nannt, hat das für ihn keine Bedeutung.

    Philip und Asser gehören dem Stamme der !Xun (ausgesprochen Kung, wo-bei das „!“ einen kleinen Schnalzlaut darstellt) an. Auf der Farm Omalan-ga im Norden Namibias arbeiten die beiden als Fährtenleser. Sie unter-stützen die Berufsjäger beim Jagen

    mit den Gästen. „Buschleute gehören zu den besten Trackern weltweit“, sagt Farmer und Berufsjäger Gunter Schwalm anerkennend.

    Aus diesem Grund zog es auch WILD UND HUND-Pirsch experte

    Andreas Bach zu den Buschleu-ten. Seit Jahren besucht der Schwarzwälder regelmäßig

    Jägervölker und jagt mit ihnen. „Egal ob man mit den San im

    südlichen Afrika oder mit den Inuit in Nordamerika pirscht, es ist nicht nur ein großarti-

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  • ges Erlebnis, sondern man lernt immer etwas Nützli-ches für die Jagd in heimischen Revieren dazu. Vom Fährtenlesen über das lautlose Bewegen im Gelände bis hin zu interessanten Tricks fürs Leben draußen“, resümiert der Schießausbilder.

    Unter dem Schirm eines Schatten spendenden Baumes zeigen die beiden Jäger Andreas, wie sie über einem kleinen Feuer das Gift auf traditionelle Weise aus der Larve des Pfeilgiftkäfers herstellen und damit ihre Pfeile präparieren. Es wird nicht, wie man vermuten mag, auf die Pfeilspitze gestrichen, son-dern auf die Wicklung, mit der diese am Schaft befes-tigt ist. Das hat mehrere Gründe: Zum einen würde das Gift auf der Pfeilspitze beim Auftreffen abgestreift werden, zum anderen wäre es zu gefährlich, sich an der scharfen Pfeilspitze zu verletzen, denn die Gifte der Buschleute wirken absolut tödlich. Nicht nur aus den Käferlarven wird das Gift gewonnen, sondern auch aus allerlei Pfanzenteilen, wie der Knolle der Buschmannsrose oder aus der Milch des Tambuti-baumes. Stets wird das Gift benutzt, welches im Um-feld der Buschleute gerade verfügbar ist.

    Auch der Holzbogen hat es in sich. Auf den ersten Blick mutet er wie ein Spielzeug aus Kindertagen an. Doch spannt man ihn, wird die ungeheure Kraft da-hinter deutlich. Geschnitzt aus dem Übergang von Kern- und Splintholz des Rosinenstrauches wird er in

    der Glut gehärtet. Die Sehne wird ent-weder aus Kuduhautstreifen, Flachs oder auch aus Wildtiersehnen ge-zwirnt, indem sie mit der Hand auf dem Oberschenkel gerollt wird. Buschmänner können dies schmerz-los, weil ihre Oberschenkel nicht be-haart sind. Bereits am Vorabend hatte Andreas Gelegenheit, den Bogen im Einsatz zu sehen. Bis auf 20 Meter ka-men die Kung an ein Perlhuhn ran, und

    Buschkost: Auf dem offenen Feuer garen die Jäger das zuvor mit Pfeil und Bogen erlegte Perlhuhn.

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  • Asser erlegte es mit einem sauberen Schuss. Andreas kam sich dabei ein wenig vor, wie auf einer Zeitreise in die Steinzeit. Seine Büchse im Großwildkaliber wirkte in der gesamten Szenerie wie ein futuristi-scher Fremdkörper.

    Plötzlich reißt ihn Farmer Gunter aus aus den Gedanken. „Das Pfeilgift braucht häufig lange, bis es wirkt“, übersetzt er aus der Buschmannsprache. „Je nachdem, wie stark das Wild ist und wo der Treffer

    sitzt, kann es bis zu 48 Stunden dauern. Die Buschmänner verfolgen das beschos-sene Stück dann so lange, bis es veren-det.“ Nach einer kurzen Pause ergänzt er: „Bei Menschen, die es nicht von klein auf gewohnt sind, das mit Gift getötete Wild zu essen, kann es in Ausnahmefällen zu starken Lähmungen führen.“ Dem deut-schen Jäger wird es etwas flau im Magen. Schließlich hatte er mit Philip und Asser das Perlhuhn auf dem Feuer gegart und

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  • Andreas Bach beim Übungsgsschießen mit dem Bogen. Um damit Wild zu erlegen, müssen die Buschmänner bis auf etwa 20 Schritt ans Stück heran.

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  • gegessen. „Mach dir mal keine Ge-danken“, beruhigt ihn Gunter. „Es muss ja nichts passieren. Und wenn, merkst du erst ein leichtes Ziehen in den Beinen.“

    Die Jäger beenden die Mittagsrast und packen ihre Siebensachen zu-sammen: Pfeilköcher, Bogen und Messer. Alles, was die Buschmänner brauchen, tragen sie am Körper. Viel ist es nicht. Ansonsten sind die bei-den nur mit einem Lendenschurz aus gegerbten Springbockdecken be-kleidet.

    Mit federleichten Schritten be-wegen sich die zwei zierlichen Kung-Jäger durch den Busch. Fast gazellenartig überwinden sie jede kleine Freifläche bis zur nächsten Deckung. Ständig bleiben sie stehen, deuten auf Fährten am Boden und versuchen Andreas zu erklären, wie sie diese lesen. Da er aber weder die Klick- und Schnalzlaute noch Afri-kaans versteht, übersetzt Farmer Gunter: „Eland, stark, aber vielleicht nicht so alt.“

    Das erkennen die Buschmänner an der Art und Weise, wie die Trittsie-gel abgedrückt sind. So sind die Schalen der Vorderläufe eines alten

    Bullen stärker in den Sand einge-presst, da sein Gewicht sich schon mehr nach vorn verlagert hat. Zu-dem stehen sie weiter auseinander. Und wieder zeigen sie auf eine wei-tere Fährte. „Von einem Gnu“, sagt Gunter. Die noch relativ scharf im Sand gezeichneten Ränder der Sie-gel weisen darauf hin, dass das Stück erst vor Kurzem hier entlanggezogen ist. Maximal von heute Morgen, ver-muten die beiden Buschmänner. Schon nach einem halben Tag hat der Wind die scharfen Konturen im Sandboden etwas abgetragen, nach zwei Tagen kann bereits gar nichts mehr davon zu sehen sein.

    „Eventuell ein passendes Stück – probieren wir es“, schlägt Gunter vor. Andreas legt seine ausgestreckte fla-che Hand neben das Trittsiegel und markiert Länge und Breite des Ab-druckes mit kleinen Filzstiftlinien auf seiner Hand. „So merk ich mir das“, sagt der deutsche Pirschexperte, während Philip den Wind mit etwas Sand prüft, den er durch seine Faust rieseln lässt. Er steht jetzt genau in Richtung des Fährtenverlaufes. Was nun? Asser sondiert das umliegende Gelände, murmelt verschiedene

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    Asser präpariert einen Giftpfeil.

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  • Schnalzlaute hervor. Er vermutet, dass das Stück über einen bekannten Wechsel durch eine Dornbusch-gruppe in Richtung eines weiter entfernten Wasserlo-ches gezogen ist. Nach kurzer Beratung mit Gunter und Andreas steht fest: Die Männer umschlagen das unwegsame Gebiet, um nicht zu viel Krach im Geäst zu machen, und suchen an einer anderen Stelle wei-ter, an der sie den Anschluss des Wechsels vermuten.

    Tatsächlich. Wenig später stößt Asser freudige Töne aus, zeigt auf den sandigen Boden, reißt die Au-gen weit auf und strahlt froh unter seinem bunten Kopfschmuck aus Straußeneiperlen hervor. „Er hat die Fährte wieder gefunden“, erklärt der weiße Be-rufsjäger. Und das in einem Meer aus unzähligen wei-teren Trittsiegeln. „Tatsächlich“, bestätigt Andreas, nachdem er seine Hand mit den Markierungen neben die Fährte legt. „Es ist die einzige, die genau zwischen die Striche passt.“ Er will wissen, woran der Busch-mann die Gnufährte so sicher erkannt hat. Assers er-staunter Blick zeigt, dass er für diese Frage wohl kaum Verständnis hat. „Weil die genauso aussieht und ge-nauso alt ist“, übersetzt Gunter aus den knappen Schnalzern des alten Kung. „Er weiß es eben, das ist wie Instinkt, da kommen wir Weißen nicht mit“, kom-mentiert der Berufsjäger.

    Das Talent, Fährten derart sauber zu lesen, sicher-te den Buschmännern nicht nur jahrtausendelang das Überleben, sondern war ihnen auch sehr oft zum Verhängnis geworden. Mit der Besiedlung des

    Ein Gespann – zwei Welten: Philip und Andreas beobachten aus der Deckung heraus Wild.

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  • südlichen Afrika durch Europäer und einwandernde schwarze Stämme wur-den die Ureinwohner immer wieder verfolgt, ihr Lebensraum eingeengt – von weißen und schwarzen Siedlern gleichermaßen. Häuptlinge schwarzer Stämme benutzten die Buschleute so-wie ihre Art der Hetzjagd und ließen von ihnen Wild zu Stande hetzen, um es zu erlegen. Bis Ende der 1980er-Jah-re dienten während des südafrika-nisch-angolanischen Grenzkrieges zahlreiche Busch männer in den Rei-hen der südafrikanischen Armee, wo-bei viele ihr Leben ließen. Dort ver-dingten sie sich hauptsächlich als Fährtenleser im Kampf gegen die im Norden Namibias operierenden SWAPO-Truppen.

    Mittlerweile ist die Kultur der ehe-maligen Kalaharibewohner nahezu ausgelöscht. Mit ihr ebenso das Wissen zahlreicher Buschleute um die Zusam-menhänge in der Natur. „Nur noch sehr wenige beherrschen die alten Jagd-techniken und leben nach traditionel-ler Art“, bedauert Gunter Schwalm. Umso stolzer ist er, mit Asser und Philip zwei Tracker mit diesen selten gewor-denen Fähigkeiten gefunden zu haben.

    Wie Schweißhunde haben sich die beiden auf der Fährte des Gnus festge-saugt und folgen ihr immer zügiger. Vor einer großen Freifläche wird Asser, der

    Pfeilspitzen der Kung: Für Giftpfeile und großes Wild werden nur die kleinen Spitzen (Mitte) verwendet, damit das Gift besser wirkt.

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    Ein Rudel Weißschwanzgnus hat sich auf einer Freifläche eingestellt.

    als erfahrenster Spurenleser die Füh-rung übernommen hat, langsamer, deu-tet den anderen, sich zu ducken. Auf der Freifläche ist kein Haar zu sehen. In der Fährte des Gnus hat der alte Busch-mann aber frische Losung gefunden. „Sie lässt sich noch verschmieren und ist noch nicht trocken“, flüstert Gunter Andreas ins Ohr. Das Stück kann also noch nicht weit sein.

    Im Zeitlupentempo verlassen die Jä-ger ihre Deckung, um die Fläche besser einsehen zu können. In einer buschfrei-en Lücke am Horizont heben sich dunk-le Wildkörper ab: Wie an einer Perlen-schnur ziehen die Weißschwanzgnus nach links. Doch der Wind hat gedreht und steht direkt auf das Wild.

    In einer weit ausholenden Linksbe-wegung umschlagen die Jäger das Ru-del, um die Stücke von der anderen Flanke abzupassen. Nach einem schnel-len Sprint hockt sich die Gruppe auf As-sers Zeichen hinter einen Busch. Es dauert keine fünf Minuten, bis die Gnus auf etwa 300 Meter in Anblick kommen. Der gesuchte Bulle ist auch dabei. Asser murmelt etwas in seiner San-Sprache. „Er meint, wir haben momentan keine Chance, näher ranzukommen“, über-setzt Gunter. Andreas grinst: „Ich glau-be, das passt!“ Er legt sich auf den Bauch, klappt das Zweibein der Büchse aus.

    „Wenn du kannst, schieß!“, fordert Gunter seinen Jagdgast auf. Andreas

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  • misst die Entfernung: 270 Meter. Für den Schießlehrer keine schwierige Dis-tanz. Ein paar Klicks an der Absehen-schnellverstellung seines Zielfernrohrs. Plötzlich schiebt sich ein Blessbock vor den Bullen. Als das Gnu wieder frei-steht, reißt der Schuss aus der .338 La-pua den alten Bullen von den Läufen.

    Am erlegten Stück lässt Andreas den Tag Revue passieren. Plötzlich zuckt der Deutsche zusammen, hält sich das Bein. „Nur ein Krampf, Gun-ter.“ „Nicht, dass das vom Pfeilgift kommt“, erklärt dieser unter schallen-dem Lachen: „Das war heute Mittag ein kleiner afrikanischer Spaß. Giftpfei-le nehmen die Buschmänner nur für großes Wild. Bei einem Perlhuhn braucht es das nicht, außerdem würde das Fleisch des kleinen Wildes dann zu bitter schmecken.“ Andreas lacht

    lauthals: „Und das war ein deutscher Spaß – ich hab nämlich keinen Krampf, nur einen Mückenstich!“

    Sein Blick schweift zwischen sei ner großkalibrigen Büchse mit dem 25-fachen Zielfernrohr und den beiden Buschmännern hin und her. Die Ge-danken kreisen. Andreas wird etwas nachdenklich und trifft eine Entschei-dung: „Gunter, ich denke, der weite Schuss war genug Zivilisation für heu-te. Ich glaube, ich verzichte auf die lu-xuriöse Zeltunterkunft der Lodge und verbringe die nächste Nacht hier drau-ßen mit den Kung.“

    Informationen zum Jagdgebiet unter omalangasafaris.net

    Einen Film über die Jagd mit den Busch männern sehen Sie auf wildundhund.de

    Assers Augen nehmen selbst auf größere Entfernungen jede noch so

    geringe Bewegung wahr.

    Ein starker Weißschwanzgnubulle ist mithilfe der Kung-Fährtenleser zur Strecke gekommen.

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