68
COVER #44 Winter | Inviern 2012|2013 Generationen [ Generaziuns ] AM KÜCHENTISCH DER GROSSFAMILIE Hierbleiben muss man aushalten DER SCHLOSSHERR SCHWÄRMT Tarasp als Lieblingsprojekt SEIT 100 JAHREN FÄHRT DIE RHB BIS SCUOL Eine Bahn für grosse und kleine Fische

piz Magazin No. 44

Embed Size (px)

DESCRIPTION

piz, das Magazin für das Engadin und die Bündner Südtäler berichtet lebensnah, interessiert und unterhaltend über eine äusserst vielfältige Region. No. 44 - Generationen [Generaziuns] Mehr als eine Familiensache Seit Generationen bebaut die Familie dieses Stück Land.» Wir verstehen den Satz sofort: Es geht um Väter, Grossmütter und Urgrossväter – um eine Familienangelegenheit, um Traditionen. Doch der Begriff «Generationen» geht darüber hinaus.

Citation preview

Page 1: piz Magazin No. 44

COVER

Generationen |� Generaziuns�# 44 : W

inter | Inviern 2012|�2013

#44Winter | Inviern 2012�|�2013

Generationen[ Generaziuns ]

AM KÜCHENTISCH DER GROSSFAMILIEHierbleiben muss man aushalten

DER SCHLOSSHERR SCHWÄRMTTarasp als Lieblingsprojekt

SEIT 100 JAHREN FÄHRT DIE RHB BIS SCUOLEine Bahn für grosse und kleine Fische

piz44_Cover_RZ.indd 1 19.11.12 16:07

Page 2: piz Magazin No. 44

Zegg_Samnaun_220x287_1012.indd 1 19.10.12 09:46

Page 3: piz Magazin No. 44

INHALT / CUNTGNU

5

6

10

16

22

28

32

38

40

42

46

50

52

56

60

62

66

Editorial. Mehr als eine Familiensache.

«Hierbleiben muss man aushalten.» Diskussionen am Küchentisch einer Grossfamilie.

«Tarasp ist mein Lieblingsprojekt.» Der Sanierer von Schloss Tarasp über sein Engagement und seine Ideen – eine Fiktion aus dem Sommer 1912.

Zeitlauf am See. Die Künstlerin Gabriele Horndasch hat am frühen Morgen die Stimmungen am Lai Nair in Tarasp dokumentiert.

Strecke für grosse und kleine Fische. Seit genau hundert Jahren fährt die RhB ins Unterengadin. Dazu ein Blick ins Bahnmuseum Albula.

Olympias Riesendefizite. Köbi Gantenbein über die Geschichte und die hinterlassenen Finanzlöcher der Grossveranstaltungen.

Dad ons grass e dad ons majers. Üna spassegiada tras la ils ultims decennis da la culrua rumantsch la-dina – mit einer deutschen Zusammenfassung.

Kindergärtnerin der Kindeskinder. Tina Puorger betreut bereits die Kleinen ihrer ersten Kindergärtler.

Engiadina narrais-cha. Extracts da las nardats dad Alfons Clalüna e Caricaturas da Jürg Parli.

Warum Töchter die Eltern pflegen. Fast immer kümmern sich Töchter um ältere Familienangehörige.

Das Geschäft bleibt in der Familie. Obwohl es nicht immer einfach ist: Oft werden die gleichen Berufe gelernt und die Unternehmen weitergeführt.

Der Rollator neben dem Kinderwagen. Betagte und Kinder unter einem Dach, das kann funktionieren.

Die Zukunft der «Fränzlis» ist weiblich. Drei junge Frauen in den musikalischen Fussstapfen ihrer Väter.

Paradies der Worte und Gedanken. Die Biblioteca Engiadinaisa in Sils ist das Werk einer Stifterin.

Bücher. Neuerscheinungen aus der Region.

Pizzeria. Aktuelles aus Südbünden.

Vorschau. Impressum.

Titelbild Gabriele Horndasch, Bild rechts: pictore/istockphoto.com

Page 4: piz Magazin No. 44

The rentexperts

No.1worldwideover 800 shops

www.intersportrent.ch

Ins_Rent_2012_piz_220x287mm 30.10.12 09:46 Seite 1

The rentexperts

No.1worldwideover 800 shops

www.intersportrent.ch

Ins_Rent_2012_piz_220x287mm 30.10.12 09:46 Seite 1

Page 5: piz Magazin No. 44

5piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

Liebe Leserinnen und Leser – chara lectura, char lectur

EDITORIAL Urezza Famos

Seit Generationen bebaut die Familie dieses

Stück Land.» Wir verstehen den Satz sofort: Es

geht um Väter, Grossmütter und Urgrossväter –

um eine Familienangelegenheit, um Traditionen.

Doch der Begriff «Generationen» geht darüber hin-

aus. Wir gehen in dieser Ausgabe zwar auch den tradi-

tionellen Bildern nach, wo Grossfamilien über Gene-

rationen zusammenleben und wo die Jugend in die

Fussstapfen der Eltern und Grosseltern tritt und Ho-

tels, Unternehmen oder die Musikgruppe der «Fränz-

lis» weiterpflegen und weiterführen. Wir stellen Ih-

nen eine Kindergärtnerin vor, die bereits die Kinder

ihrer ersten Kinder auf einem Stück Lebensweg beglei-

tet, und es geht um Töchter, die ihre Eltern pflegen.

Aber wir zeigen Ihnen auch, wie nichtfamiliäres Zu-

sammenarbeiten und -leben über Generationen hin-

weg funktioniert. Etwa im «Neugut» in Landquart, wo

Alterszentrum und Kindergarten unter dem gemein-

samen Dach untergebracht sind – ein Modell, über das

man auch im Engadin intensiv nachdenkt.

Wir befassen uns mit dem Generationenwechsel in

der romanischen Literatur und blenden zurück in die

hundertjährige Geschichte der Bahnverbindung ins

Unterengadin und – provokativ im Hinblick auf die

Bündner Abstimmung im März 2013 – in die Verände-

rungen im Olympia-Zirkus. Symbolträchtig zeigt die

Fotostrecke den Lauf der Zeit – auch ein Element des

Generationenbegriffs. Wir laden Sie ausserdem ein zu

einem Ausflug in die Fiktion, wenn es darum geht, zu

ergründen, was der Retter von Schloss Tarasp vor ge-

nau 100 Jahren gesagt hat – gesagt haben könnte!

All diese Geschichten wollen Ihnen zeigen, dass über

die Generationen nicht nur Materielles weitergegeben

wird, sondern auch soziale Kompetenz und kulturelle

Werte. Freuen Sie sich also wieder auf ein Heft voller

überraschender Geschichten und abonnieren oder

verschenken Sie piz: www.pizmagazin.ch

Daspö generaziuns cultivescha la famiglia quist

toc terrain». Dalunga inclegiaina la frasa: I’s

tratta da baps, da nonas e da tats – i’s tratta

d’üna fatschenda da famiglia, da tradiziun. Ma il pled

«generaziuns» tendscha sur quai oura. In quist’ediziun

muossaina bainschi eir purtrets tradiziunals, ingio

cha famiglias grondas vivan insembel düront genera-

ziuns e generaziuns, ingio cha’ls giuvens surpiglian

l’hotel o l’affar dals genituors e da lur nonas e bazeg-

ners, uschè sco ch’eir ils «Fränzlis» chüran e mainan

inavant lur tradiziun musicala. No As preschantain

üna muossadra chi accumpogna fingià als uffants da

seis prüms scolarins sün ün toc da lur via ed i’s tratta

implü da figlias chi pisseran per lur genituors.

No As muossain però eir co chi funcziuna la convi-

venza e la collavuraziun sur plüssas generaziuns tan-

ter persunas na paraintas. Quai es per exaimpel il cas

i’l «Neugut» a Landquart, ingio ch’ün center d’attem-

pats ed üna scoulina as rechattan suot il listess tet – ün

model chi vain tut in consideraziun intensivamaing

eir per l’Engiadina.

No ans occupain cun la müdada da generaziuns illa

litteratura rumantscha e dain ün sguard inavo sün

100 ons istorgia da la viafier in Engiadina Bassa – e pro-

vochain ün sguard inavant sün las müdadas i’l circus

olimpic chi han da gnir admissas illa votumaziun

chantunala in marz 2013. Las fotografias simbolise-

schan l’ir dal temp – ün ulteriur elemaint chi’d es col-

lià cul term generaziuns. Dasper tuot quist As invi-

daina da far ün’excursiun fictiva e tadlar che cha

l’iniziant restoratur dal Chastè da Tarasp ha dit precis

avant 100 ons – o pudess avair dit!

Tuot quistas istorgias muossan cha las generaziuns nu

dan inavant be mezs materials, mobain eir cumpeten-

zas socialas e valuors culturalas. S’allegrai dimena da

leger darcheu ün magazin plain istorgias surprenden-

tas ed abunai o regalai il piz: www.pizmagazin.ch

Mehr als eine Familiensache

Page 6: piz Magazin No. 44

6 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

Das Haus an der Via Spelma in St. Moritz ist die

Antithese zur Behauptung, dass der Lebens-

raum für Einheimische im Oberengadin bald

so knapp wird wie für Bären. In der Gemeinschaftskü-

che des hundertjährigen Hauses gehen drei Generati-

onen einer Grossfamilie ein und aus. Die Spaghetti

schmecken hervorragend und nach zwei Stunden Ge-

spräch am grossen Tisch stellt sich so was wie Gebor-

genheit ein. Man fühlt: Das hier ist ein Zuhause.

Am Tisch mit uns sitzen Marcella Maier, die 92-jährige

Schriftstellerin, engagierte Journalistin und streit-

bare Politikerin, im Haus Nona genannt; ihre Tochter,

Corina Huber, und deren Tochter, Selina Huber. Drei

Frauen, drei Generationen St. Moritzerinnen, die ge-

meinsam Erfahrungen teilen, die beinah ein ganzes

Jahrhundert umfassen. Sie empfangen uns stellvertre-

tend für den gesamten Haushalt. Zwei weitere Töchter

von Marcella Maier leben mit ihren Familien eben-

falls unter demselben Dach, fünf Enkel und einige Un-

termieter gehen hier ein und aus. Eine Lebensgemein-

schaft, wie sie in unseren Breitengraden nur noch

selten anzutreffen ist.

Gibt es noch Unterschiede?St. Moritz ist ein janusköpfiger Ort, Dorf und Mini-

stadt in einem. Die Mischung aus provinziellem Dorf-

leben und mondäner Weltläufigkeit bestimmt hier

den Lauf der Dinge und die Biografien derjenigen, die

hier aufwachsen, ihre Jugend verbringen und viel-

leicht auch bleiben. Obwohl das die wenigsten tun,

wie Corina Huber sagt. Aus ihrer ehemaligen Schul-

klasse sei es gerade mal eine Handvoll, die sich für ein

Leben im Engadin entschieden hätte. Die anderen ha-

ben sich über die Berge davongemacht.

Davongemacht, weil hier oben etwas Entscheidendes

fehlt für ein «erfülltes» Leben? Unterscheidet sich die

Kindheit und Jugend im Engadin überhaupt noch von

derjenigen im Unterland? Die Einkaufsmöglichkeiten

sind doch in etwa dieselben wie in grossen Agglome-

rationen. Die elektronischen Netzwerke garantieren

wie anderswo die Teilhabe am globalen Informations-

fluss. Persönliche Kontakte können dank Facebook,

Twitter und schnellen Verkehrswegen auch über die

Berge hinweg intensiv gepflegt werden.

Weg – und wieder zurück«Es ist eben nicht so einfach, sich selbst zu finden, sei-

nen eigenen Weg zu beginnen in einem Tal, in dem es

doch eng ist, wo alles schon vorgegeben ist, wo man

sofort auffällt, wenn man nur ein bisschen aus der

Reihe tanzt», sagt Selina, die jüngste der drei Frauen.

Sie habe schon ab der sechsten Klasse gewusst: «Ich

muss hier weg.» Dank des weltoffenen Elternhauses

hat sie ihre Kontakte anderswo gesucht, gefunden und

gepflegt. Als sie nach der KV-Ausbildung nach Zürich

zog, erging es ihr aber doch ein wenig wie Johanna

Spyris Heidi in Frankfurt: Die Menschenmassen, die

Vielzahl der Lebensentwürfe, die tägliche Hektik wa-

ren ebenso erschlagend wie inspirierend. Ganz zu

schweigen vom Ausgeh- und Kulturangebot, das die

Angebote im Engadin doch etwas alt aussehen lasse.

Und doch: Nachdem die Stadt «erobert», einige neuste

Trends ausprobiert waren, verblasste der Reiz des Un-

bekannten. Und dann wurde auch Selina sachte von

der ältesten aller Engadiner Krankheiten gestreift,

vom Heimweh.

«Der Drang, wegzugehen, die Welt zu sehen, keimt

hier oben besonders gut», meint ihre Grossmutter.

Das kommt natürlich auch durch Begegnungen mit

Gästen, die einem allein schon durch ihre Herkunft –

sei es Hamburg, London oder São Paulo – ständig den

Duft der weiten Welt durch die Nase ziehen. «Ist man

aber länger in der Stadt, beginnt man die Natur zu ver-

missen. Und dann auch wieder umgekehrt», erklärt

Selina, die vorläufig zurückgekommen ist in die WG

der Nona. Die Enkelin arbeitet bei einem Tourismus-

«Hierbleiben muss man aushalten»

Text: Mathias Balzer

Fotos: Flurin Bertschinger

Was prägt eine Jugend im Engadin? Unterscheidet sie sich in globalisierten Zeiten überhaupt noch von einer in Basel oder Zürich? Wir versuchen die Frage am Küchentisch einer Grossfa-milie in St. Moritz zu klären.

Foto rechte Seite:

Eine Grossfamilie über

drei Generationen lebt im

selben Haus. Drei Frauen

diskutieren als Stellvertreter-

innen: Marcella Maier (Mitte),

deren Tochter Corina Huber

(rechts) und die Enkelin,

Selina Huber (links).

Page 7: piz Magazin No. 44

7piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

Page 8: piz Magazin No. 44

8 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

büro, weiss aber genau, dass sie es hier oben nicht

allzu lange aushalten wird. Zu viel gebe es noch zu ent-

decken in dieser Welt. Indien und Nepal hat sie bereits

intensiv bereist. Weitere Ziele, als Ferien- oder als Ar-

beitsort, stehen auf ihrer Wunschliste. Auch ihr

Freundeskreis wohne weit um den Piz Nair herum.

Andere Zeiten – andere BedingungenFür Marcella Maier, 1920 geboren, stand ein solch glo-

baler Lebensentwurf vorerst nicht zur Disposition. In

den Dreissigerjahren verbrachte sie das damals auch

für Engadinerinnen obligate Welschlandjahr als Au-

pair-Mädchen bei einer kulturell engagierten Familie

in Genf. Nach einem darauf folgenden Italienaufent-

halt war es aber bereits fertig mit der Entdeckung der

Welt. Die Jahre des Zweiten Weltkriegs verbrachte sie

fast ausschliesslich in St. Moritz. «Wo hätte man auch

hingehen sollen? Die Grenzen waren dicht. Am

Abend wars im ganzen Land dunkel», erinnert sich die

heute beinah erblindete Schriftstellerin. «Aber das

war kein langweiliges Leben», sagt sie nachdrücklich.

«Der Zusammenhalt im Dorf war gross. Man half sich

mit dem Nötigsten aus. Die Frauen nähten oder strick-

ten gemeinsam. Kulturell lief wenig. Die Hotels waren,

mit Ausnahme des ‹Palace›, geschlossen. Einige vom

Krieg geflüchtete Musiker gaben ab und zu ein Kon-

zert. Dann ging man eben zu Fuss nach Silvaplana

und kehrte nach dem Konzert unter dem Sternenhim-

mel nach Hause zurück.»

Als es nach der Olympiade 1948 wieder aufwärtsging,

in den Fünfzigern die Hollywoodstars wieder anreis-

ten, war Marcella Maier bereits Mutter und hatte sich

für ein engagiertes Leben im Engadin entschieden.

Die Welt habe sie erst später bereist.

St. Moritz weiss, woher der Zeitgeist wehtCorina Huber, heute Leiterin der Dokumentationsbi-

bliothek in St. Moritz, steht quasi in der Mitte der Er-

fahrungen ihrer Mutter und derjenigen ihrer Tochter

Selina. Sie widerspricht der Tochter, wenn diese das

hiesige Kulturangebot etwas belächelt. Es gebe mitt-

lerweile Anlässe, wie das Jazzfestival oder das Art Mas-

ters, die internationalen Wind ins Kulturleben bräch-

ten und den Vorteil hätten, dass man hier, im Dorf,

den Künstlern auch persönlich begegnen könne.

Ihr, die Ende der Sechzigerjahre zwanzig war, habe es

hier oben auch in der Jugend nicht an Essentiellem ge-

fehlt. Natürlich hätten auch sie oft Freunde in Zürich

besucht und spätestens nach dem ersten Openair-Be-

such in Wetzikon, an dem «Deep Purple» aufspielten,

habe auch sie gewusst, woher der Zeitgeist weht.

St. Moritz war damals ganz und gar nicht unberührt

von den Kulturimpulsen, die aus San Francisco und

London über den grossen Teich wehten. So entschied

sie sich, als nach einer neunmonatigen Indienreise

mit ihrem Mann die Familiengründung anstand, in

St. Moritz zu bleiben. «Mir ist das leicht gefallen», sagt

sie heute. «Ich bin eben ein Naturkind.»

So unterschiedlich die zeitlich bedingten Umstände

dieser drei Biografien sind, so klar wird beim Gespräch

hier in der Küche, dass es ohne einmal wegzugehen

kein Hierbleiben gibt. Dass nur wenige zurückkom-

men, liege vor allem an den Arbeitsmöglichkeiten,

meint Selina Huber. «Das Jobangebot ist sehr be-

schränkt, etwas wirklich Interessantes zu finden, ist

schwierig.» Demnach sind die Engadiner, wie zu Zei-

ten der Zuckerbäcker, im Grunde immer noch Aus-

wanderer. Nur sind die Bodenpreise mittlerweile zu

hoch, um sich als Rückkehrer ein Sommerhaus zu

bauen, wie es vorhergehende Generationen taten.

Einheimische als ZaungästeFür diejenigen, die hier bleiben, haben sich die Mög-

lichkeiten, mit dem globalen Dorf in Kontakt zu blei-

ben, durch die Mobilität und die Oberflächen der elek-

tronischen Kommunikationsmittel erweitert. Vom

realen Gast bekomme man heute aber weniger mit, als

früher, meint Selina und stellt ihrer Grossmutter die

Frage, ob es denn früher nicht interessanter gewesen

sei, als die Gäste nicht wie heute nur drei Tage, son-

dern drei Wochen oder drei Monate geblieben seien.

Grossmutter und Mutter bestätigen, dass sich das Ver-

hältnis zu den Gästen bestimmt verändert habe. Für

Selina hat der Tourismus im Spiegel der Erzählungen

ihrer Grossmutter, die immerhin Persönlichkeiten

wie Hermann Hesse oder Charlie Chaplin begegnet ist,

an persönlichem Charme eingebüsst.

Die Nona lächelt: «Wir leben hier in einem Theater.

St. Moritz ist eine Bühne und die Einheimischen sind

dabei Zaungäste und Zudiener. Das ertragen nicht alle.

Diese Rolle muss man schon aushalten, wenn man

hier lebt.»

Hier noch das Bild der Frauen am Tisch, ganz klein?

Page 9: piz Magazin No. 44

9piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

v i v a n d a g e n u i n a e n g i a d i n av i v a n d a g e n u i n a e n g i a d i n a

Anzeige_PIZ_04_10_mehlberg.indd 1 19.04.10 09:04

Page 10: piz Magazin No. 44

10 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

Das ist er also, der Mann mit den vielen Millio-

nen, Fabrikant, Reklamegenie, Bazillenkrieger,

Aufsteiger aus einfachen Verhältnissen. Freun -

de sagen: Ausnahmemensch.

Das «Teehaus» unterhalb des Schlosses ist unser Treff-

punkt. Ein flacher Holzbau, zwei Räume mit Telefon,

wenige Möbel, ein Harmonium, alles rauchgeschwän-

gert. Lingner begrüsst mich freundlich-skeptisch. Er

trägt Bart, ist von blasser Gesichtsfarbe, etwas steif-

nackig, ausgesucht höflich im Umgang. Die warme

Nacht lockt auf die Korbstühle im Freien. Das Heer der

Grillen gibt den Ton an und die Fledermäuse stürzen

sich in ihre Jagdgründe.

Ich bin auf 22 Uhr bestellt worden. Bausekretär Vaja

hat mich hierhin begleitet, sich ein paar Bemerkun-

gen zu Lingner gestattet, mir dann etwas von einer

Staubsauganlage erzählt, die nun doch nicht einge-

richtet werde, den vielen elektrischen Steckdosen und

der Zentralheizung und dass der Chef immer das Mo-

dernste wolle. Ich hörte nur mit halbem Ohr zu.

Lingner kramt einen dünnen Karton aus seinem lei-

nenen Anzug und steckt ihn wieder ein – seine Agenda,

die er jeden Tag wegwerfen kann, er mag es nicht, das

Erledigte verflossener Wochen mit sich herumzu-

schleppen. Offenbar bin ich heute sein letzter Gast.

Ein smarter junger Mann füllt zwei Gläser mit franzö-

sischem Rotwein, stellt etwas Gebäck dazu, sein Auf-

treten hat etwas Mondänes, steht in eigenartigem

Kontrast zur natürlichen Umgebung aus Wiese und al-

lerlei Buschwerk.

Lingner schaut mich prüfend an, setzt dann, gemes-

sen und kunstvoll, eine Zigarre in Brand, nimmt ei-

nen Zug und betrachtet sichtbar entspannt, fast liebe-

voll das glühende Ende. Derweil mache ich mir über

die korrekte Anrede Gedanken. Nach seiner Weltge-

sundheitsausstellung in Dresden vom letzten Jahr

wurde er mit Ehrungen aller Art überhäuft. Also Ex-

zellenz (der Wirkliche Geheime Rat)? Oder Herr Dok-

tor (als Ehrendoktor der Medizin der Universität

Bern)? Oder (da ich gehört hatte, er möge Schmeiche-

leien nicht) einfach Herr Lingner? Ich versuche es:

Exzellenz.

Lingner wehrt ab: Einfach Doktor, bitte.

Dann will er alles über mich erfahren, wer ich sei, wel-

che Ausbildung ich genossen habe, in wessen Dienst

ich stehe und so weiter.

Warum gerade Tarasp?Endlich ergibt sich Gelegenheit für die erste Frage: Die

Menschen möchten immer zuerst wissen, wieso Sie über-

haupt nach Tarasp gekommen sind.

Oh, der Name Tarasp begegnete mir erstmals anläss-

lich eines wohltätigen Basars in Dresden, und zwar in

Gestalt eines Aquarells, welches unsere damalige Kö-

nigin Carola, eine grosse Frau, gemalt hatte. Sie besass

in Tarasp ein Hausgrundstück, verbrachte gern den

Sommer hier oben, malte fleissig. Neugierig geworden,

fuhr ich im Jahr 1900 hin, damals noch mit der Kut-

sche über den Pass. Natürlich lockten mich ebenso die

arzneikräftigen Glaubersalz-Quellen, die grossartige

Trinkhalle, das vorzügliche Alpenklima, die ganze

wilde Gebirgsnatur – Marienbad und Vichy erschei-

nen mir demgegenüber geradezu als langweilig.

Hatte denn eine Krankheit Sie geplagt?

Nein, nein, ich war damals etwas überarbeitet, da

braucht man Gratifikation. Aber man geht ja auch aus

anderen Gründen in die Kurhäuser, trifft sich dort mit

interessanten Menschen.

Und dann haben Sie sich in Schloss Tarasp verguckt?

Verguckt? Da ist nichts bloss gefühlsmässig. Es gibt lei-

der viele mittelalterliche Burgen in Deutschland und

der Schweiz, die zerfallen oder, was fast noch schlim-

mer ist, die ungeschickt oder kitschig restauriert wer-

«Tarasp ist mein Lieblingsprojekt»

Text: Walter A. Büchi

Fotos: Susanna Fanzun

Tarasp verdankt den Wiederaufbau der Ruine zum Schloss vor hundert Jahren dem «Odol könig» Karl August Lingner. Lingner-Biograf Walter A. Büchi hat den damaligen Schlossherrn zu ei-nem Interview auf der Baustelle überreden können – eine Fiktion aus dem Sommer 1912.

Page 11: piz Magazin No. 44

11piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

Im «Teehaus» unterhalb des Schlosses unterhält sich Biograf und Interviewer Walter A. Büchi mit «Odolkönig» Karl August Lingner. Lingner liess die Ruine vor hundert Jahren wieder zum Schloss ausbauen.

Page 12: piz Magazin No. 44

12 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

den. Mein Ziel ist klar: Das Alte erhalten, das Neue ge-

stalten! Dabei vertraue ich mich ganz der Führung der

Wissenschaft an. Ich will etwas Einmaliges hinstellen,

eine mustergültige Rekonstruktion.

Also kein Neuschwanstein …

... ums Himmels willen! Eine mustergültige Rekonst-

ruktion unter Mitwirkung der besten Herren vom

Fach. Die Wiederherstellung deutscher Burgen ist üb-

rigens auch ein Herzensanliegen unseres Kaisers Wil-

helm, einer seiner Burgenforscher war mehrfach hier.

Was möchten Sie mit dieser Burg?Man arbeitet bereits sechs Jahre am Schloss – wann wird

man fertig sein? Die Leute denken ja, Sie hätten beliebig

Mittel zur Verfügung. Auch weiss niemand so recht, was ei-

gentlich Ihr Ziel ist. Werden Sie dereinst darin wohnen?

Halt, halt. Sie sollten eine Frage nach der anderen stel-

len, und jetzt sind es schon deren drei! Um die Über-

sichtlichkeit zu wahren, nochmals von vorn. Die Bau-

zeit: Ich suche bei all meinen Bestrebungen kristallene

Klarheit – was hier nicht gleichermassen möglich ist,

weil es viele Überraschungen gibt und zu viele Ent-

scheide aus der Situation heraus geschehen müssen.

Die Beschaffung der Inneneinrichtung, der Möbel

und Kunstwerke, verläuft gut. Mit dem Aufrichtfest

rechne ich in spätestens zwei Jahren. Bitte bedenken

Sie, dass wir im Winter nicht viel machen können!

Wir freuen uns jedenfalls, dass die Engadin-Bahn im-

mer näher kommt. Schon nächstes Jahr fährt sie bis

Schuls – elektrisch!

Die Mittel?

Gewiss ging eine intensive Planarbeit voraus! Einen

Kostenvoranschlag festzusetzen, war nicht einfach.

Denn die Burg fordert uns ständig heraus, die jewei-

lige Sachlage befiehlt, was zu tun ist. Was meine Mit-

tel angeht, so sind diese selbstverständlich begrenzt,

da irren sich die Leute. Wer allerdings findet, Schloss

Tarasp sei mein Lieblingsprojekt, der irrt nicht.

Und nun Ihr Ziel, Herr Doktor?

Am Ende wird Schloss Tarasp als eine herrliche Baute

dastehen, verwandelt in ein Fest-, Kunst- und Gäste-

haus, wo meine Freunde sich aufhalten und sich im

Tempel der Kunst ergehen können. Wo Männer der

Tat sich zum Gedankenaustausch treffen, Neues in die

Wege geleitet wird. Oberstes Gesetz wird das Wohl der

Gäste sein, weshalb es auch einen Tennisplatz geben

wird, Bootsfahrten auf dem Wildsee und anderes

mehr. Auch der Tempel der Natur soll zu seinem Recht

kommen. Zurzeit wird grad über die Bepflanzung des

schrecklich kahlen Schlosshügels verhandelt, ich

denke an Ahorn, Esche, Vogelbeere, Birke, Silberpap-

pel, Blautanne, Berberitze, Legföhre, Wildrebe, Aka-

zie, Holunder, Efeu und habe angeordnet, dass nur ge-

pflanzt wird, was auch tatsächlich hierher gehört.

Spätere Generationen können sich dann in Botanik

üben! Lingner setzt seine «Romeo y Julieta» nochmals

in Brand, schmunzelt dabei. Die Tarasper werden mit

Giessen alle Hände voll zu tun haben!

Und die «schöne Gräfin», von der alle reden und für die im

Schloss ein Schlafzimmer reserviert sei?

Einen Moment lang blicke ich in Lingners Abwehr-

maske, jene Mischung von Entrüstung und Arroganz,

welche in Dresden berüchtigt sei. Ich bitte Sie! Solche

Fragen sind nicht verabredet! Und bis jetzt bestimme

immer noch ich, wer wo zu Bette geht!

Nach einigem Schweigen versuche ich es mit der

nächsten Frage: Nun haben wir vom Besten noch gar

nicht gesprochen: Es soll ein klingendes Schloss werden?

Ein rascher Zug an der Zigarre. Lingner blickt mich er-

neut eindringlich an. Misstrauen flackert auf. Der

Glutstängel ist jetzt bedrohlich auf mich gerichtet.

Page 13: piz Magazin No. 44

13piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

Impressionen aus dem Schloss

Tarasp und der Plan für

Lingners «Schnellen Seekreuzer

Tarasp».

Wer hat dies austrompetet?

Ich weiss nicht, was antworten. Jeder auf dem Hügel

hat doch schon davon gehört. Und den Bausekretär

will ich keinesfalls denunzieren: Er hat mir geflüstert,

gerade eben seien erste Pläne für den Einbau einer rie-

senhaften Orgel nach Dresden abgegangen, und die

werde um die 20'000 Mark kosten – etwa gleich viel

wie damals der Erwerb der ganzen Burgruine. Lingner

sei ein verhinderter Künstler und begnadeter Organist.

Und ich brauche jetzt dringend eine begnadete Frage,

um Lingners Goodwill zurückzugewinnen. Hatte

man mich nicht gewarnt, der Krösus lasse seine Pläne

nicht gern durchschauen und sei in solchen Dingen

ziemlich zart besaitet?

So kommt Geld ins DorfIch habe bemerkt, dass die Tarasper Sie sehr schätzen, auch

am liebsten mit Ihnen persönlich verhandeln …

… und ich mag halt die Tarasper ebenfalls gut leiden!

Nicht wenige können von uns profitieren. Dies soll

auch für die Zukunft gelten – die wieder belebte Burg

wird für die Aufgeschlossenen unter ihnen allerlei

Möglichkeiten bieten. So kommt etwas Geld ins Dorf.

Tarasp soll aufblühen. Meinerseits biete ich gerne

Hand für Neuerungen, doch die Wasserversorgung ist

leider immer noch ungelöst. Ich habe dafür doch An-

gebote gemacht. Stattdessen erzählt man sich, ich

würde über den Inn eine Brücke bauen, was ich ins

Land der Fabeln verweisen muss. Ich denke, die Ein-

heimischen sollten da und dort sich selber mehr rüh-

ren anstatt auf Hilfe von aussen zu warten.

Konflikte gibt es auch?

Wir haben das Baden im Wildsee einschränken müs-

sen. Dass unsere Arbeiter am Feierabend nackt in den

See sprangen, war zwar einerseits unverschämt, ihnen

anderseits an den heissen Tagen zu gönnen. Aber die

Empfindlichkeiten der Dorfbevölkerung gehen vor.

Ein Wirklicher Geheimer Rat, das bewohnbare Schloss,

Ihre Nachforschungen bei früheren adeligen Besitzern in

Österreich – könnte es sein, dass Sie mit Schloss Tarasp auf

die Übernahme eines Adelstitels hofften?

Die Frage gefällt ihm nicht. Energisch drückt er das

Rauchzeug ins Gras. Und dann, nach einiger Zeit:

Ach, dieses Geschwätz wegen der Rangerhöhung.

Sehen Sie, ganz Dresden hatte im vergangenen Jahr

erwartet, dass mich der sächsische König adeln würde.

Diese Gnade wurde mir nicht zuteil. Ansonsten habe

ich fast alle Ehrungen bekommen, die ein deutscher

Bürger bekommen kann. Auch diejenige der Dresdner

Bürgerschaft, die – spät genug – einsah, dass ich Idea-

list bin. All die Jahre blieb ich meiner Stadt treu, habe

nach besten Kräften dem Gemeinwohl gedient, Ideen

eingebracht und Schenkungen gemacht. Aber eigent-

lich waren wir ja bei Schloss Tarasp.

Sie fahren gern zur See, verfügen über eine 18-Meter-Luxus-

Yacht, welche den Namen «Tarasp» trägt …

… den exklusivsten Namen, den man sich denken

kann! Sehen Sie, ich mag die Extreme, das tiefe Meer

und die hohen Berge. Für Letzteres … Der smarte junge

Mann erscheint wieder, macht Lingner im Flüster-

ton – beinahe ein bisschen sehr intim – darauf auf-

merksam, die Geschäftsherren warteten im Hotel

Waldhaus schon geraume Zeit auf die Exzellenz.

Sind Sie beauftragt, mich hier abzuholen, und wenn

ja: Wer glaubt mir Befehle erteilen zu müssen? Damit

kann der junge Mann nicht dienen – er tat dies aus ei-

genem Antrieb, um Lingner nützlich zu sein, viel-

leicht auch um eines Trinkgeldes willen. Barsch wird

er weggewiesen. Und Lingner denkt nicht daran, un-

ser Gespräch zu beenden.

Sie wollten dereinst Musiker werden?

Meine musikalische Leidenschaft geht bis in die Ju-

gendjahre zurück und fand lange keine Erfüllung.

Page 14: piz Magazin No. 44

14 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

LITERATURHINWEIS:Walter A. Büchi:

Karl August Linger: Das grosse Leben des Odolkönigs,

Edition Sächsische Zeitung, 2006, Fr. 29.50

Kaufmann wurde ich wider Willen, was mir heute kei-

ner mehr glaubt. Aber ohne Musik kann ich nicht sein,

sie ist mehr als wohltuend, sie ist heilend, heilsam, gibt

Kraft. Wenn ich schmutzig bin, nehme ich ein Bad,

wenn ich mich seelisch reinigen will, spiele ich Orgel.

Das klingende SchlossDann wird Schloss Tarasp tatsächlich ein klingendes

Schloss werden?

Ja. Und was auch immer ein späterer Besitzer treibt,

die Musik darf keinesfalls aus dem Schloss mehr ent-

weichen, man soll sie im ganzen Schloss vernehmen

können, sie bringt Leben ins riesige Gehäuse wie

nichts anderes sonst. Dafür steht die Orgel. Verschie-

dene weitere passende Anlässe sind denkbar – als Gast-

geber hier oben muss man die Zweieinigkeit von mu-

sischer und kaufmännischer Begabung mitbringen.

Übrigens habe ich damit begonnen, alte Musikinstru-

mente zu sammeln, um sie erforschen zu lassen und zu

vervollkommnen – auch diese könnten hierher passen.

Inzwischen geht es gegen Mitternacht. Es scheint zu

stimmen, was ich sagen hörte: dass Lingner regelmäs-

sig die Nacht zum Tag mache. Eine persönliche Ar-

beitszeiteinteilung sei ihm fremd. Ausgerüstet mit

enormem Erkenntnisdrang und einem phänomena-

len Gedächtnis sei er stets ganz bei der Sache, was im-

mer es sei. Unter Freunden soll er geäussert haben, er

habe wenig vom Leben, müsse immerfort grübeln

und sinnen Nächte hindurch.

Lingner lehnt sich zurück. Tja, es ist ein köstlicher Be-

sitz – genau so werde ich es ins Vermächtnis schreiben.

Schloss Tarasp möchte ich gewissermassen dem Adel

zurückschenken. Falls dies nicht gelingen sollte,

müsste es wegen der hohen Kosten an einen reichen

Mann verkauft werden. Dieser sollte keine Steuern da-

für zahlen müssen. Aber: Trau, schau wem! Es darf

nicht sein, dass Schloss Tarasp wieder in Untätigkeit

und Zerfall gerät und meine ganze Arbeit hier oben für

die Katz war. Es muss doch jemanden geben, der wie

ich Freude daran hat, Gastgeber zu sein und die schö-

nen Künste zu fördern.

Als wir uns verabschieden, äussert Lingner den

Wunsch, ins Manuskript Einblick zu nehmen, mur-

melt etwas von schlechten Erfahrungen. Ist er das

Schosskind des Glücks, wie viele denken? Ich weiss

nicht. Wie ich zum Teehaus zurückschaue, sehe ich

hinter dem Fensterglas ein Streichholz aufflammen.

Dem Publikum öffnen? Sicher!Auf dem Weg ins Dorf komme ich am Wachthaus vor-

bei, wo noch Licht brennt. Sekretär Vaja öffnet das

Fenster, sein Arbeitstag ist nicht zu Ende, eine Kiste

voller rostiger Türschlösser sei auszupacken, frühmor-

gens kämen die Fachleute.

Meine Frage, ob Lingner denn die fertige Burg wenigs-

tens zeitweise auch dem Publikum öffnen werde, be-

antwortet er mit «sicher!» In der Tat: Lingners Unter-

nehmungsgeist hat immerfort Öffentlichkeit gesucht.

Dementsprechend, mutmasse ich, wird er auch

Schloss Tarasp nicht als verriegeltes Anwesen gedacht

haben, vielmehr soll es die Menschen anziehen und

ihr Interesse an Geschichte, Musik und Kunst wecken.

Und während ich mutmasse, sagt Sekretär Vaja: «Ex-

zellenz Lingner war mit dem Gespräch offenbar zu-

frieden – ganz zufrieden ist er nie! – und hat jedenfalls

grad angerufen, ich solle Ihnen unbedingt die Denk-

schrift mitgeben!»

Vaja steckt mir ein Büchlein zu: «Denkschrift zur Errich-

tung eines National-Hygiene-Museums in Dresden, darge-

legt von Dr. med. h. c. K. A. Lingner, Wirklicher Geheimer

Rat, März 1912».

Was lädt sich dieser Mann noch alles auf?

PS: Der Interviewer macht darauf aufmerksam, dass Karl August Lingners Worte zum Teil nicht im wissenschaftlichen Sinn zitier-bar sind. Gleichwohl beruhen die meisten Aussagen dieses fikti-ven Textes zumindest sinngemäss auf Aussagen von Lingner selbst, einige von mit ihm Vertrauten.

Karl August Lingner besuchte die Tarasper Schlossbaustelle nicht nur 1912, sondern auch in den darauf folgenden Sommern. 1914 gab es ein grandioses Auf- richtfest. Letztmals kam er 1915 nach Tarasp, bereits kränkelnd, doch immer in der Hoffnung, die Fertigstellung des Schlosses mitsamt der Orgel zu erleben. Es kam anders: Er starb am 5. Juni 1916 in einer Berliner Klinik – ohne Tarasp wieder gesehen zu haben.

Das Schloss ging testamentarisch an den Grossherzog Ernst Ludwig von Hessen. In neuester Zeit sind Bestrebungen im Gang, es in die Hand einer öffentlichen Stiftung zu überführen. Bereits in den 1990er Jahren hat eine Orgelstiftung das kostbare Instrument wieder zum Klingen gebracht.

Page 15: piz Magazin No. 44

15piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

PIZ TSCHÜTTAHotel · Restaurant · KulturCH-7557 Vnà / T: +41(0)81 860 12 12 / F: +41(0)81 860 12 [email protected] // www.hotelvna.ch

DAS HOTEL Eine architektonische Perle im Unterengadin

DAS RESTAURANT Feine Speisen und Engadiner Spezialitäten

DIE ZIMMER Schlafen in besonderem Ambiente

ARBEITEN Inspirierende Seminar- und Arbeitsräume

Jeden Dienstag: Engadiner Gesangs- und SpezialitätenabendJeden Donnerstag: Fondueabend mit unseren besonderen Fondue-KreationenKinder bis 12 Jahre schlafen bei uns bis Ende April 2012 für nur CHF 30.00 inkl. Frühstück

piz-inserat_vna_2012-2.indd 1 07.11.12 09:45

Romantik Hotel Muottas Muragl, CH-7503 Samedan – Engadin St. Moritz, Tel. +41 (0)81 842 82 32, www.muottasmuragl.ch

DIESE AUSSICHT GIBT ES ALS DESSERT. DIESE AUSSICHT GIBT ES ALS DESSERT. DIESE AUSSICHT GIBT ES ALS DESSERT. MOUNTAIN DINING TÄGLICH BIS 23 UHR. MOUNTAIN DINING TÄGLICH BIS 23 UHR. MOUNTAIN DINING TÄGLICH BIS 23 UHR. DIESE AUSSICHT GIBT ES ALS DESSERT. DIESE AUSSICHT GIBT ES ALS DESSERT. DIESE AUSSICHT GIBT ES ALS DESSERT.

120413_MM_Ins_MountainDinning_190x123_RA_d_PIZ_Magazin.indd 1 13.04.12 16:36

Page 16: piz Magazin No. 44

16 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

Im Sommer 2012 lief die Künstlerin Gabriele Horndasch jeden Morgen hinauf zum Lai Nair in Tarasp, um diesen im Morgenlicht zwischen 6 und 7 Uhr einmal zu umkreisen. Dabei hat sie eine Art Flügelpaar getragen, das neonrot leuchtet. Mit Video und Fotografie festgehaltene Bild-sequenzen dokumentieren diese tägliche, meist publikumslose Performance, in der die Künst-lerin das frühe Tageslicht mit dem Kunstlicht Zwiesprache halten lässt und auf diese Weise dem Betrachter den Lauf der Zeit vermittelt.

Zeitlauf am See

Schwarzes Loch, 26.8.2012 / 12

Page 17: piz Magazin No. 44

17piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

Schwarzes Loch, 26.8.2012 / 24

GABRIELE HORNDASCH (*1969) lebt in Düsseldorf.

Nach ihrer Ausbildung in Bildhauerei und Film an der

Kunstakademie Düsseldorf widmet sie sich vor allem

«Dingen, die in Bewegung sind». Ihre Arbeiten zeigt

sie an Gruppen- und Einzelausstellungen weit über

Deutschland hinaus. Nach verschiedenen Arbeitsauf-

enthalten in Frankreich, Südkorea, Polen und den

Niederlanden war sie im Sommer 2012 Stipendiatin

im Zentrum für Gegenwartskunst Nairs in Scuol.

Die Künstlerin bewegt sich zwischen den Disziplinen

von Bildhauerei, Film und Fotografie. Sie setzt dort an,

«wo wir unsere Alltagswirklichkeit, unser Denken und

Verhalten mit den Zeichen der Sprache fest im Griff zu

haben scheinen», schreibt Jürgen Kisters im Kölner

Stadtanzeiger über die Künstlerin. Zuletzt hatte sie

mit einer beweglichen Neobuchstaben-Installation

auf der Fassade des Japanischen Kulturinstituts in

Köln immer wieder neue Sätze kreiert und so den Sinn

der geschriebenen Sprache in Frage gestellt, denn da-

bei ist Sinnloses und Paradoxes entstanden. Dabei

«verlieren wir nicht nur die Sicherheit der Orientie-

rung, sondern unsere Fantasie wird zugleich mit aller-

hand Verrücktheiten beflügelt», schreibt Kisters – eine

Wirkung, die die Künstlerin erklärtermassen erzielen

will. Auch die den Lai Nair umkreisende rote Figur soll

uns beflügeln.

Fotos: Gabriele Horndasch

Page 18: piz Magazin No. 44

Schwarzes Loch, 26.8.2012 / 35

AUSSTELLUNGSTIPPHorndaschs Arbeit «Schwarzes Loch» (1-Kanal-Videoprojektion, HD, 9 Min., Farbe) wurde zur Jahresausstellung der Bündner Kunst-schaffenden im Kunstmuseum Chur eingeladen und ist dort bis zum 20. Januar 2013 zu sehen.

Page 19: piz Magazin No. 44

Schwarzes Loch, 26.8.2012 / 50

Page 20: piz Magazin No. 44

Neue Schneeschuh- und SkitourenkartenFür Ihre schönsten Gipfelerlebnisse – jetzt auch mit Schneeschuhrouten

www.swisstopo.ch / swissmaponline

Schweizer Alpen-Club SACClub Alpin Suisse

Club Alpino SvizzeroClub Alpin Svizzer

Schweizerische EidgenossenschaftConfédération suisseConfederazione SvizzeraConfederaziun svizra

Bundesamt für Landestopografie swisstopowww.swisstopo.ch

www.swisstopo.ch / ski

Partenaris engadin mobil

Tel. 081 837 95 95 [email protected]

Foto: H. J. Pfäffli

Page 21: piz Magazin No. 44

Disegnà da Christof RöschDisegned by Christof Rösch

Prodüt exclusiv da Curdin MüllerExclusively produced by Curdin Müller

Curdin MüllerFalegnamariaSclamischotCH-7558 Stradawww.mobigliamueller.ch

Christof RöschKunst + Baukunst

Schigliana 183 CH-7554 Sent

Qualitätsprodukt aus dem Engadin | Handwerkliche Tradition gepaart mit zeitlosem DesignRessourcenschonend dank sparsamer Konstruktion | Wertschöpfung zu hundert Prozent im Tal

Ins_Piz_Modulmoebel.indd 3 19.11.12 14:35

Page 22: piz Magazin No. 44

22 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

Die Fahnen sind gehisst, die Kanonen in Stellung

gebracht und die Rollen verteilt. Kinder und

Jungfrauen werden den Ehrentrunk kredenzen,

die Männer singen und die hohen Herren halten Re-

den. Noch hat im Unterengadin alles seine Ordnung,

und von Bever bis Scuol wird das Glas erhoben und

angestossen. Und man solle die Traditionen nicht ver-

gessen, heisst es, weder die vaterländische Gesinnung

noch die Vergangenheit noch das Rätoromanische –

auch nicht an einem Tag wie diesem.

Es ist der Samstag, 28. Juni 1913. In Zuoz erwartet die

Festgemeinde den ersten Zug – und damit den Beginn

der Zukunft. Dann donnern die Geschützsalven in

den klaren Morgen hinein und dem Zug entsteigen

Bundes-, National- und Regierungsräte, Bundes- und

Kantonsrichter, Bezirks-, Kreis- und Gemeindepräsi-

denten und einige wichtige Herren mehr. Blumen

werden in die Luft geworfen. In den Reden wird auch

die Jugend gepriesen, sie sei die eigentliche Zukunft,

die Trägerin des Fortschrittgedankens.

Die Herren Bundesräte Schulthess, Calonder und

Hoffmann stehen Pate, als ein Jugendbaum gepflanzt

wird, ein Vorgang, der sich unter dem sachverständi-

gen Blick des ersten und damals bereits 91-jährigen

eidgenössischen Oberforstinspektors vollzieht: Jo-

hann Wilhelm Fortunat Coaz, bekannt als Erstbestei-

ger der Bernina, nimmt an der Feier ebenso teil wie

sein Freund Jakob Christoph Heer, Verfasser des viel-

verkauften Heimatromans «Der König der Bernina».

Und die Dorfjugend trägt dessen Gedicht «Arven-

weihe in Zuoz» vor.

Streckenführung mit KometenschweifDoch die Feier ist nur kurz, der Zug entschwindet bald

in Richtung S-chanf. Dort ist der Halt noch kürzer,

sehr zur Enttäuschung des Redaktors des «Fögl

d’Engiadina», der eine Rede halten will, aber als einer

der Ersten im Engadin wortwörtlich erfährt, was es

wirklich auf sich hat mit der Redewendung «der Zug

ist abgefahren».

Angekommen ist der erste Zug im Engadin allerdings

bereits vor einem Jahrzehnt. Ende Juni 1903 war «die

erste völkerverbindende Lokomotive unter dem Don-

ner der Salutschüsse» in die Bahnhofshalle von Same-

dan eingefahren, erinnert das illustrierte Fremden-

blatt «Engadin Express & Alpine Post» an die

Einweihung der Albulastrecke. Seit dem 1. Juli 1903

fuhr die Bahn von Thusis bis Celerina, seit dem 10. Juli

Strecke für grosse und kleine Fische

Text: Thomas Kaiser

Vor 100 Jahren wurde die Eisenbahn durchs Unterengadin eröffnet. Hier fuhren und fahren nicht nur berühmte Menschen mit, sondern auch lebende Fische. Und die Bahn verbindet über Generationen hinweg die Geschichte mit der Gegenwart.

1

100-JAHRE-JUBILAUMAm Wochenende vom

29. / 30. Juni 2013 wird im Unterengadin das 100-jährige

Bestehen der Bahnstrecke Bever–Scuol-Tarasp gefeiert.

Weitere Infos unter www.rhb.ch

THUSIS

CHUR

AROSA

LANDQUART

KLOSTERS

ST. MORITZPONTRESINA

BEVER

POSCHIAVO

DAVOS

FILISUR

SCUOL-TARASP

DISENTIS

Page 23: piz Magazin No. 44

23piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

1904 bis St. Moritz. Aber erst jetzt, mit der Einweihung

der Strecke bis «Schuls-Tarasp» wird Bever das «enga-

dinerische Olten», wie das Fremdenblatt urteilt.

Knapp 50 Kilometer misst die neue Strecke Bever–

Schuls-Tarasp mit ihren 18 Tunnels und den 29 Brü-

cken und Viadukten. Den grössten Höhenunterschied

meistert sie mittels einer grosse Schlaufe, die «wie ein

langer Kometenschweif nach Zernez hinunter» führt.

«Ausserordentlich pittoresk», so das Fremdenblatt, sei

dann die Strecke vor Scuol, wo sich Felsstürze und Ab-

gründe eröffneten, aber die Waldidylle von Vulpera

mit ihrer prachtvollen Hotelfront diesen starken Ein-

druck doch gleich mildere.

Die Hotels finanzieren den Bahnbau mitDen touristischen Wert der Bahn schätzt man im

«Kurhaus» Tarasp» und im «Waldhaus» Vulpera hoch

ein. Beide Hotels zeichnen Aktien von je 117’000

Franken. Insgesamt ist die Verbindung – samt Rollma-

terial, Bahnhofbauten und Landkauf – mit 17 Millio-

nen Franken budgetiert. Bislang, so rechnet das

«Fremdenblatt» vor, brauchte man von Chur nach

Scuol «eine tüchtige Tagesreise, nun wird die Strecke

mit den Schnellzügen in 4 ½ bis 5, mit den gewöhnli-

chen Reisezügen in 5 ¾ Stunden zurückgelegt».

Am Eröffnungssamstag dauert die Reise allerdings ei-

niges länger. In Lavin wird der Zug mit einer Chalanda-

marz-Inszenierung begrüsst, in Ardez lässt der Män-

nerchor den «Bart Guglielm» aufleben, den

Freiheitshelden des 15. Jahrhunderts. Dazwischen

gibts weitere Ansprachen – und eine Ehrung der acht

Opfer, die der Zusammensturz des Baugerüstes des

Val-Mela-Viaduktes im August 1911 gefordert hatte.

Das Fest dauert das ganze Wochenende. In Scuol ver-

anstaltet man einen Umzug zum Hotel «Belvédère».

wo «feurige Toasts» ausgebracht werden, am Abend

lädt das «Kurhaus Tarasp» zum «Bierabend», am Sonn-

tag gibts einen Festgottesdient, ein Mittagsbankett im

«Waldhaus», Darbietungen der Engadiner Chöre mit

nahezu 800 Mitwirkenden und am Abend einen «Bal

Engiadinais» im «Viktoria». Offiziell nimmt die Bahn

am Dienstag, 1. Juli 1913, den Betrieb auf.

Mit dem «Rhätischen Krokodil» unterwegsGenau 62 Jahre später, am 1. Juli 1975, tritt Alfons

Ernst seine Stelle als Lokführer in Samedan an – bei

30  Zentimeter Neuschnee, wie er sich erinnert. Die

Witterung beeindruckt ihn allerdings weniger als das

historische Datum – und die Bahn an sich. Alfons

Ernst bleibt der RhB bis zur Pensionierung 2008 treu,

30  Jahre führt er von Scuol aus Züge durchs Unter-

engadin, später durch ganz Graubünden, unter ande-

rem mit dem «Rhätischen Krokodil». Und 1999 lenkt

er auch den ersten Zug durch den Vereinatunnel, der

die Reisezeit vom Unterland markant verkürzt.

Die Vereinalinie ist die erste Streckenerweiterung der

RhB seit dem Ersten Weltkrieg. Ursprünglich sollte die

Unterengadiner Linie ein Teilstück einer Bahnverbin-

dung von Chiavenna nach Landeck werden und Mai-

land mit München verbinden. Dieser grössere Kon-

text sei «unmöglich zu verkennen», hatte schon der

Bahningenieur Friedrich Hennings 1905 festgehalten.

Aber der Weltkrieg, der «Zusammenbruch der vielge-

rühmten Zivilisation des alten Europas», machte die

Pläne zunichte und – zumindest kurzzeitig – musste

auch das «Illustrierte Fremdenblatt» sein Erscheinen

einstellen.

Auf einen Schwatz oder einen Schnaps«Den ersten Zug durch den Vereina zu führen, das war

schon eine grosse Ehre», sagt Alfons Ernst heute, aber

er erinnert sich auch noch gut, wie sich damals die

Bauern gegen den Tunnel gewehrt haben, wie Schilder

mit der Aufschrift «Verei – Na» die Wiesen geschmückt

hatten. Die damaligen Vorbehalte kennen auch Si-

mon Rohner, RhB-Verkaufsleiter im Unterengadin,

2 3 4

1, 3 Mit einem Festumzug

wurde 1913 die Ankunft der

Bahn in Scuol-Tarasp gefeiert.

(Fotos: Archiv RhB)

2,4 Eines der letzten «Rhäti-

schen Krokodile» steht vor dem

Bahmuseum Albula in Bergün.

Auch den Führerstand gibts

zu bestaunen.

(Fotos: Maurice Haas und

Gian Marco Castelberg)

Page 24: piz Magazin No. 44

24 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

und Gian Meyer, Leiter Betrieb Scuol / Zernez. Aber ob

die Unterengadiner Linie ohne Vereinatunnel heute

noch bestehen würde, ist für diese beiden Bähnler

fraglich. Zumindest sei es zweifelhaft, ob man noch je

über 20 Millionen in die Umbauten der Bahnhöfe von

Scuol (2009) und Zernez (2011) investiert hätte – beide

sind inzwischen erneuert. Jetzt ist die Zukunft der

Bahn gesichert und die bereits realisierten und noch

geplanten Erneuerungen kosten rund 100 Millionen.

Nach der abgeschlossenen Sanierung des Tasnatun-

nels 2009 wird von 2014 bis 2017 der Magnacun-

tunnel saniert und verlängert.

Einige kleine Bahnhöfe sind aber heute nahezu ver-

waist. Simon Rohner und Gian Meyer erinnern sich

noch an andere Zeiten. «In Madulain, S-chanf, Gu-

arda oder Cinuos-chel war der Bahnhofvorstand

gleichzeitig auch Pöstler», blendet Meyer zurück. Er

selbst arbeitet schon seit 39 Jahren bei der RhB. Als

früherer Bahnhofvorstand brachte er den Pensionier-

ten jeweils die AHV ins Haus. «Dann wurde man zu-

weilen auf einen Schnaps eingeladen. Da durfte man

die Zeit nicht aus den Augen verlieren, denn ich

musste am Bahnhof auch die Weichen stellen.» Tempi

passati. Heute werden die Weichen ferngesteuert ge-

stellt, von Klosters oder Landquart aus.

Mit Geissböcken und Fischen unterwegsSimon Rohner, seit 21 Jahen bei der RhB, erinnert sich

an besondere Transporte: «In den kleinen Bahnhöfen

wurden nicht nur Koffer verladen, sondern auch

Schafe und Ziegen. Und wenn ein Bauer seinen Geiss-

bock brachte, dann hat man das manchmal noch Tage

später riechen können.» Bis vor 50 Jahren transpor-

tierte die RhB auch Fische, «und zwar nicht nur ‹gro-

sse Fische› wie Politiker, sondern auch echte: «Im

Oberengadin verdiente man sich mit der Fischerei da-

mals ein Zubrot, die lebenden Forellen wurden in Bot-

tichen im Zug nach Scuol gefahren und von hier ans

Kurhaus Tarasp geliefert.» Heute ist der Güterum-

schlag an den kleinen Stationen eingestellt und der

Transport von Schweinen, Ziegen und Forellen durch

die Tierschutzvorschriften verboten.

Eine Bahn, die Generationen verbindet Güter und Personen hat Alfons Ernst jede Menge

transportiert. Früher waren in Scuol nur zwei Lokfüh-

rer stationiert, erzählt er, einer für die Früh-, einer für

die Spätschicht, an den Wochenenden habe mal der

eine, mal der andere gearbeitet. Heute fahren die Lok-

führer durch ganz Graubünden. Mit der Eröffnung

des Vereinatunnels ergab sich eine eigentliche «Tour

des Grisons»: Vom Unterengadin ins Prättigau, weiter

nach Chur und über die Albulastrecke zurück ins En-

gadin. Heute rollen die Zugskompositionen von Scuol-

Tarasp durch den Vereina nach Landquart und weiter

nach Chur bis Disentis-Mustèr und zurück.

Und was war sein schönstes Bähnlererlebnis? Da muss

Alfons Ernst nicht lange überlegen: Eines Tages habe

es bei ihm geklingelt und eine junge Frau und ein jun-

ger Mann aus Deutschland seien an der Türe gestan-

den. Vor 25 Jahren, so erklärten sie ihm, da habe ih-

nen ein gewisser Lokführer das «Rhätische Krokodil»

gezeigt und alle Schalter erklärt, den Stromabnehmer,

den Motor … Das habe sie fürs Leben geprägt, sagten

die beiden. Deswegen seien sie heute gekommen, um

sich zu bedanken – das habe ihn doch sehr gerührt.

Eines der letzten «Rhätischen Krokodile» steht nun

vor dem Bahnmuseum Albula in Bergün. Von 1922 bis

1985 fuhr die 66 Tonnen schwere Lok über vier Milli-

onen Kilometer – auch Alfons Ernst lenkte sie. Und ein

paar virtuelle Kilometer kommen für ihn noch dazu.

Bei seinem Besuch im Bahnmuseum fährt er per Simu-

lator Richtung Engadin. Wenn man ihm zuhört, be-

greift man, warum für so viele Kinder Lokomotivfüh-

rer der Traumberuf ist und warum so viele Bähnler

jahrzehntelang ihrem Beruf treu bleiben.

65

BAHNMUSEUM ALBULA, BERGUN / BRAVUOGN

Die Linien der Rhätischen Bahn zwischen Thusis und Tirano

sind seit 2008 Unesco-Welterbe. Das Bahnmuseum Albula in

Bergün / Bravuogn liegt an der Albulalinie. Gezeigt werden

dort aber auch andere RhB- Strecken und das Museum rich-

tet sich nicht nur an Bahn-spezialisten. Neben Technik und

Bahngeschichte werden auch kulturelle und soziale Aspekte in

teils multimedial inszenierten Räumen, interaktive Installatio-

nen, in Klangräumen oder an Simulatoren gezeigt. Im Simula-

tor sind Fahrten mit dem «Rhätischen Krokodil» möglich.

Winter-Öffnungszeiten: Di-Fr 10-17 h, Sa, So 10-18 h

www.bahnmuseum-albula.ch

5 Gian Meyer (links) und Simon

Rohner erinnern sich noch

gut an die RhB-Fischtransporte.

6 Alfons Ernst fährt noch

einmal mit dem «Rhätischen

Krokodil» – im

Simulator des Bahnmuseums.

(Fotos: Thomas Kaiser)

Page 25: piz Magazin No. 44

1888 – 1969

Als er sich 1924 zur Erholung ins Bündner land begeben musste, fand er in der grossen Bergnatur ein Ebenbild des Menschen schicksals. Hans Fürst, Basel, 1957

© Galerie Curtins, St. Moritz

K ar l A egerter

In der Galerie Curtins in St. Moritz ist eine Werkschau dieses bedeutenden Schweizerkünstlers ausgestellt.Tel. 081 833 28 24 galerie-curtins.ch

1 0 J a h r e i n Z u o z C A R L A N D R E S T A N L E Y B R O U W N B A L T H A S A R B U R K H A R D A L A N C H A R L T O N H A M I S H F U L T O N

B E T H A N H U W S C A L L U M I N N E S K I M S O O J A M A R T I N A K L E I N R I C H A R D L O N G U L R I C H R Ü C K R I E M S E R G E S P I T Z E R N I E L E T O R O N I S U - M E I T S E N O T V I T A L D A N W A L S H P E T R A W U N D E R L I C H

22. Dezember 2012 bis 16. März 2013 ERÖFFNUNG 22 . Dezember 2012, 16-18.30 Uhr

G A L E R I E T S C H U D I Chesa Madalena • Somvih 115 • 7524 Zuoz • www.galerie-tschudi.ch

Dienstag bis Samstag 15-18.30 Uhr • 081 850 13 90

E. von Grützner - Fallstaff G. Segantini – Frauenporträt

KUNSTMUSEUM POSCHIAVOCASA CONSOLE

Über 100 Gemälde des 19. Jahrhunderts

Spitzweg – Calame – Lenbach – Grützner – Koller – Segantini u.a.

Dienstag – Sonntag 11.00 – 16.00 Piazza

Tel. +41 (0)81 844 00 40

Samuele Giovanoliim Andrea Robbi Museum Sils Maria

18. Dezember 2012 bis 7. April 2013Chesa Fonio, neben der Kirche, 7514 Segl/Sils MariaÖffnungszeiten Dienstag bis Sonntag 16 bis 18 UhrEintritt CHF 6.–, Jugendliche CHF 4.–www.andrearobbimuseum.ch

© Samuele Giovanoli, Vertreibung aus dem Paradies

sGiovanoli_pizIns_190x58_okt12.indd 1 30.10.2012 16:52:48

Page 26: piz Magazin No. 44

piz : Publireportage

Milan Kunc: GoldbilderWinter 2012/2013

Die in St. Moritz und Zürich etablierte Galerie Andrea

Caratsch eröffnet diesen Winter neue Räumlichkeiten

an der Via Serlas 12, unterhalb des Kulm Hotels. Die

moderne Architektur der neuen Galerie mit ihren grossflächigen

Fensterfronten lädt zu einem Kunstbesuch in drei Räume auf

500 Quadratmetern ein. In diesem grosszügigen Volumen wer-

den Werke der klassischen Moderne und der zeitgenössischen

Kunst dem Publikum präsentiert.

Am ursprünglichen Standort, an der Via Serlas 35-37, zeigt die

Galerie Andrea Caratsch ab Dezember «Goldbilder» von Milan

Kunc aus den Jahren 2005 bis 2012. Gross- und mittelformatige

Ölgemälde auf Goldgrund bespielen die Räume und werden

zum ersten Mal als geschlossene Werkgruppe gezeigt. Mit

Blattgold hinterlegt der 1944 in Prag geborene Künstler seine

surrealen Bildmotive und bringt mit der künstlerischen Verwen-

dung von Gold nicht nur Materialwert und Lichtglanz des Edel-

metalls an sich ins Spiel, sondern auch seine lange Tradition in

der Kunstgeschichte hinsichtlich Lichtsymbolik, Sakralität und

Spiritualität. Gold ist nicht aus der Malerei verschwunden, erlebt

seit Yves Klein einen Neuaufschwung und präsentiert sich in

den «Goldbildern» von Milan Kunc als feierlicher Goldgrund, der

der Nobilitierung der dargestellten Konsum-, Kultur- und Natur-

landschaften dient, aber auch auf eine tiefergehende Kritik an

den Werten des heutigen Zeitgeists und des Kunstbetriebs ab-

zielt. Dass sich Gegenstände und Lichtquellen der Umgebung

sowie der Betrachter selbst, je nach Blickwinkel, im Goldhinter-

grund spiegeln, macht diese Kunstwerke wandelbar und betont

den immateriellen Wert ihrer selbst. Das Traumartige von Kunc'

Visionen, das sich als roter Faden durch sein Werk zieht, findet

damit auf feierlichem Goldgrund seinen Höhepunkt.

Milan Kunc ist ein tschechischer Vertreter einer postmodernen

Pop Art und Mitbegründer der «Gruppe Normal» in Düsseldorf.

Sein Kunststudium hat er unter der Leitung von Joseph Beuys

und Gerhard Richter an der Kunstakademie in Düsseldorf ab-

solviert.

Beide Galerien in St. Moritz sind in der Hauptsaison von Montag

bis Samstag von 14.00 bis 19.00 geöffnet.

Galerie Andrea Caratsch, www.galeriecaratsch.com

Via Serlas 35-37 und Via Serlas 12, 7500 St. Moritz

Waldmannstrasse 8, 8001 Zürich

Mila

n K

unc,

Tie

rleb

en, 2

012,

Öl u

nd B

latt

gold

auf

Lei

nwan

d, 1

50 x

190

cm

Page 27: piz Magazin No. 44

JOHN ARMLEDERJEAN-MICHEL BASQUIAT

ALIGHIERO BOETTIGIORGIO DE CHIRICO

GEORGE CONDODOKOUPIL

LUCIO FONTANAPETER HALLEYMILAN KUNC

DAVID LACHAPELLEOLIVIER MOSSETHELMUT NEWTONLUCA PANCRAZZIALBERT STEINER

NOT VITALANDY WARHOL

GALERIE ANDREA CARATSCH WWW.GALERIECARATSCH.COM VIA SERLAS 12 & VIA SERLAS 35-37 ST. MORITZ TEL 081-734 0000WALDMANNSTRASSE 8 CH-8001 ZÜRICH TEL +41-44-272 5000

220x287_4f_ZS_Caratsch_Inserat_PIZ_Magazin.indd 1 01.10.12 13:33

Page 28: piz Magazin No. 44

28 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

Das Heldenfähnlein aus Graubünden setzt stolz

die Zahl XXIV vor sein Vorhaben, im Jahr 2022

Olympische Spiele in St. Moritz und Davos zu

veranstalten. Welch ein Bewusstsein von Ahnenfolge

und Generationengeschichte! Zuerst waren die Pio-

niere des 19. Jahrhunderts. Auf sie folgten in der zwei-

ten Generation die Machtmenschen. Sie haben der

dritten Generation den Weg geebnet: den Medien-

und Geschäftemachern. Diese regieren die Spiele bis

heute mit fester Hand als weltumspannendes Milliar-

dengeschäft. Und jetzt steht also die vierte Genera-

tion am Horizont: Das Heldenfähnlein aus Graubün-

den will «Weisse Spiele», klein und fein wie einst.

Athen und St. Moritz: die erste GenerationDie Pionierzeit begann am 25. März 1896 mit olympi-

schen Spielen in Athen. Es waren Spiele des edlen

Menschen, der mit einem Fuss im schon lange unter-

gegangenen Griechenland stand und mit dem andern

in der noch nicht so lange toten Romantik. Gegründet

von einem alternden Baron und gefördert vom grie-

chischen König Georg I. war Olympia der Reunions-

platz ihresgleichen und der Parvenus des Geldes. Lau-

fen, Speere werfen, Kugeln stossen; und ab 1924 in

Chamonix mit Skis durch Abhänge brausen, über

Schanzen springen und mit Schlitten tollkühn durch

Eiskanäle brettern – all das gehörte zum exquisiten Le-

bensstil der oberen Klassen. Arbeiten mussten sie

nicht, deshalb war auch sonnenklar, dass Sport eine

Freude des Amateurs zu sein hat – zwecklos schön, rit-

terlich und edel.

Die «Weissen Spiele» von 1928 in St. Moritz waren

kein Versprechen, sondern mühselige Realität. Denn

die Schneetechnik beschränkte sich aufs Schaufeln

und Eisschleppen. Halbverrückte pröbelten an Berg-

bahnen und Skiliften. Die Pistenmaschinen und die

Schneekanonen waren noch nicht einmal ein Thema

von Science-Fiction-Romanen. Zum Amusement ge-

hörte auch, dass edle Wilde in Form von verwegenen

Berg- und Tundraburschen sich mit stiebenden Eisläu-

fen und tollkühnen Skifahrten mit den adeligen Müs-

siggängern massen und den Klassen- und Völkerfrie-

den zelebrierten. 1932 fand die erste Generation der

Spiele ihr Ende in Lake Placid mitten in der Krise der

Weltwirtschaft. Olympia war beinahe pleite.

Garmisch und Berlin: die zweite GenerationDie 1930er-Jahre hatten keine offenen Ohren für Völ-

kerverständigung und edle Ritterspiele. Der Faschis-

mus in Italien und vor allem in Deutschland ent-

deckte den Sport als Massen- und Propagandamedium

und erfand den Sportler als Protagonisten des ari-

schen Helden. Die Generation Macht und Anspruch

löste den vornehmen und verarmten Adel ab. Nun galt

schiere Grösse der Spiele zur Darstellung von Macht

und Herrlichkeit. Ein schöner, edler, und gestählter

Sportlerkörper als Zeichen von Überlegenheit, Wille

und Disziplin, und das nicht mehr nur in der Arena,

sondern gefilmt und weltweit im Kino verbreitet.

Eindrücklich hat die Regisseurin Leni Riefenstahl

(1902–2003) diesen Generationenbruch angefeuert

und dokumentiert. Die ehrgeizige, künstlerisch und

technisch versierte Bergfilmerin drehte reihenweise

Streifen mit dem Adjektiv «weiss», von der Hölle über

den Rausch bis zum Paradies. Der Führer soll ein gros-

ses Faible für die sportliche Schönheit gehabt haben,

er war ihr Schutzherr und Förderer, sie von 1932 bis

1945 seine «Reichsfilmregisseurin». Sie inszenierte

monumentale Parteitagsschwarten und filmte die

Olympischen Spiele von Berlin 1936 und bekam dafür

eine olympische Goldmedaille.

Das adlige Antikenspiel, bereichert von Naturbur-

schen, hatte der grossen und mächtigen politischen

Inszenierung Platz gemacht, die die Bewegung der

Massen feierte. Die zweite Generation ging 1945 unter

und blieb dennoch am Leben. Die altersschwachen

Text: Köbi Gantenbein *

* Der Autor ist Chefredaktor von «Hochparterre». Er lebt und

arbeitet in Fläsch und Zürich und kandidiert für einen

Sitz im Comitée Internationale Olympique IOC.

Im März 2013 wird im Kanton Graubünden über den Olympia-Kredit abgestimmt. Im Jahr 2022 wollen die Promotoren die Spiele nach St. Moritz und Davos holen. Köbi Gantenbein schildert die Geschichte und kommentiert Geld und Geist des gigantischen Sport-Events.

Olympias Riesendefizite

Page 29: piz Magazin No. 44

29piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

Diktatoren in Moskau widmeten ihr 1980 eine Renais-

sance, die chinesischen Kommunisten peitschten

Machtspiele ebenso durch wie es der Autokrat Putin

2014 in Sotschi tun wird.

Tokio: die dritte GenerationDer Generationenbruch geschah in Tokio, wo sich ein

politisch und militärisch ruinierter Staat in neuem

Licht zeigen konnte. Weltweit präsent, denn erstmals

wurden die Leistungen der Kugelstösser und Läuferin-

nen per Satellit bis ins Engadin geschickt. Gleichzeitig

wurde die Welt massenhaft mit TV-Apparaten aus Ja-

pan versorgt. Geld, Medien und Spiele waren wirksam

und vielfältig profitabel verknüpft.

Leni Riefenstahl überstand die Reinigung Deutsch-

lands von den Nazis wundersam. Ihre Filme von den

Olympischen Spielen wurden Wegbereiter für diese

nächste Generation Olympia. Ihre Ästhetik der

grossen Massen und der schönen Körper war nun das

Mass der Dinge.

Die Spiele lernten schnell im neuen Massstab laufen.

Sie übernahmen aus der Zeit der faschistischen Herr-

lichkeit die Logik, dass der Staat und die Allgemein-

heit alles bezahlen, von Infrastrukturen bis zur Linde-

rung der Schäden und die Defizite, wogegen die

Privaten – von den Weltkonzernen bis zum Wirt vor

Ort – den Profit kassieren. Diese unverfrorene Ökono-

mie beschleunigte das Wachstums rasant. Denn sie

war und ist für die Waren- und Werbekonzerne und

für den Gastwirt vor Ort ebenso wie für das IOC und

seine Klientel vollkommen ohne Risiko. Letzteres

bleibt bei den Gemeinde- und den Staatskassen.

Es gab seit 1896 in Athen keine Olympischen Spiele

ohne mittleren oder grossen Kater für die öffentlichen

Haushalte: In Lillehammer stottern Stadt und Region

die gigantischen Schulden von 1994 auch nach zwan-

zig Jahren noch ab, die Eishalle ist eine Ruine, die

Hälfte der Hotels gingen Pleite und die Skilifte koste-

ten umgerechnet einen Dollar, inklusive aller Sesseli.

In Nagano hinterliessen die Spiele von 1998 unge-

deckte Milliarden, die die Stadt noch lange Jahre ab-

bezahlen muss. In Salt Lake City blieben 2002 unge-

deckte Checks von 600 Millionen Dollar zurück. In

Turin musste der italienische Staat 2006 ein 4-Milliar-

den-Dollar-Defizit bezahlen. Wer will, kann dort

noch eine Bobbahn abholen, deren Abbruch aber

250  Millionen Dollar kostet. Und schliesslich Van-

couver. Hier ist seit 2010 der Schuldenberg eine Milli-

arde Dollar gross und für die «grünsten Spiele aller

Zeiten» mussten 100’000 Bäume gefällt werden. Wel-

che Bündner aber haben wegen der Olympischen

Spiele ihre Ferien in Vancouver verbracht? Wer weiss,

wo auf der Landkarte Nagano liegt? Und wer wird

künftig in Sotschi statt in Laax snowboarden?

St. Moritz und Davos: die vierte GenerationDas kann so nicht weitergehen. Ein vierter Generatio-

nenbruch ist fällig. Diesen wollen die Heldenfähn-

leinträger aus Davos und St. Moritz mittels der Farben-

lehre einfädeln. Das ist klug und symbolträchtig. Leo

Trotzki erfand die «Rote Armee», die Palästinenser ter-

rorisierten die Welt mit dem «Schwarzen September»,

Jimmy Carter setzte auf die «Grüne Revolution» als

Friedensprojekt. Der Bündner Olympia-Promotor

Gian Gilli will nun «Weis se Spiele». Das ist ein ge-

schicktes Design, denn mit Weiss kann man vorab die

romantischen, bodenständigen und vernünftigen

Menschen begeistern: Die Skirennfahrerinnen sollen

über weissen Schnee brettern, die Schlittschuhläufer

über weisses Eis flitzen und die Biathlonisten durchs

weisse Schneegestöber schiessen. Weiss steht auch in

der Tagespolitik hoch im Kurs. Bundesrätin Widmer-

Schlumpf ruft nach einer «Weissgeld-Strategie», da-

mit das «Schwarze Geld» auf den Bahamas bleibe.

Die 60 Millionen schwere Designkampagne für die Be-

werbung der «Weissen Spiele» fordert auch zum Wi-

derspruch auf. Weiss soll die bunten, geldgierigen Vö-

gel im und ums IOK verscheuchen. Doch dort hält

man sich wohl vor Lachen die Bäuche ob dieser klei-

nen Bündner Truppe mit ihrer weissen Fahne. Das

IOC wird seine fetten Pfründe kaum verlassen.

Die «Weisse Spiele»-Truppe will die Kassenwarte der

Eidgenossenschaft und der Kantone dazu überreden,

im Fall der Fälle 4,3 Milliarden (bisher) herzugeben.

Hoffentlich sind die Politiker nicht chinesisch ange-

haucht. In China bedeutet Weiss nämlich hinterlistig.

Und das wollen die Fähnleinträger gewiss nicht sein,

obschon sie keck fordern, dass nicht sie und andere

Private, sondern die Steuerzahler im Land die unge-

deckten Checks von 1,3 Milliarden Franken (bisher)

bezahlen sollen. Die unter Finanzlasten ächzenden

Städte und Agglomerationen werden wohl in Weiss-

glut geraten, wenn sie hunderte Millionen an Medien-

multis und IOC-Klienten überweisen müssen.

Doch dazu kommt es kaum: Die Bündnerinnen und

Bündner sind schon lange nicht mehr katholisch, wo

Weiss unschuldig und jungfräulich heisst. Sie wissen,

dass Weiss in Tasmanien für Armut steht, im Budd-

hismus Trauer und in afrikanischen Kulturen Tod be-

deutet. Allein schon ihrer Kultiviertheit wegen wer-

den sie die «Weissen Spiele» im nächsten Frühling mit

Karacho an der Urne versenken.

Page 30: piz Magazin No. 44

A family affair since 1908

CH-7514 Sils-Maria (Engadin)Tel +41 (0)81 838 51 00 Fax +41 (0)81 838 51 98 www.waldhaus-sils.chFamilien Dietrich und Kienberger

Wintersaison: 14. Dezember 2012 bis 7. April 2013

Geschichte und gelebte Gegenwart in einem sehr persönlich

geführten Hotel mit 5 Sternen, aber ohne Star-Allüren.

Arvenstube, «The Bar» und Jugendstilsaal• Eigenes Trio für Salon-, Tanzmusik und Jazz• Bar/Arvenstube und Jugendstilsaal. Kulinarische Höhepunkte gepaart mit grosser Weinauswahl!

• Bergbahnen und OeV inklusive seit 1996

Ab 2 Tagen Skipass inkl. à CHF 25.- pro Person/Tag,

für Kinder bis 12 Jahre kostenlos mit dabei.

Die Adresse für Ihre AbenteuerStile Alpino: die perfekte Ausrüstung für Ihre Leidenschaft

Engadin: Samedan, Plazzet 16, tel. 081 850 02 22 Tessin: Lugano-Canobbio, via Sonvico 8b, tel. 091 940 10 00

stilealpino.ch

Exklusiv bei Stile Alpino

Page 31: piz Magazin No. 44

Ganz oben. Ganz frei.

Das Paradies.Hideaway im Engadin | www.paradieshotel.ch

+41

(0

)81

861

08

08

Ein unvergessliches Erlebnis!

Eine Kutschenfahrt ins schöne Fextal.

7514 Sils / Segl MariaTelefon: 081 826 52 [email protected]

Grösste Auswahl bester Fleisch,- Wurst,- Wildsaibling, und Wild-lachsspezialitäten aus eigener Produktion. Die feinsten Nuss-torten, Angus Beef, Käse, Honig, Wein*, Bier* Soglioprodukte* und Schnäpse aus der Region.*Nur in St.Moritz erhältlich

7500 St.Moritz-Bad 7522 La Puntvia tegiatscha 7 Plaz 2

WWW.LAUDENBACHER.CH

ST.M

OR

TZ B

AD

LA P

UN

T -1

0%VE

RED

ELT

GEJ

AG

TG

EFIS

CH

TA

LASK

A IM

JU

LI

Page 32: piz Magazin No. 44

32 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

Romanische LiteraturDie ladinische Kultur hat in den letzten Jahrzehnten Höhen und Tiefen durchlebt. Autor Romedi Arquint geht im romanischen Text den Entwicklungen im Detail nach und kommt in seiner deutschen Zusammenfassung zum Schluss, dass heute die Zweisprachigkeit zur Nor-malität wird – so wie es die Jungen sagen: «Ebain, here we are.» Seite 35

Page 33: piz Magazin No. 44

33piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

Las uniuns Patagonas vaivan invidà al cunt-

schaint professer Struz per cha quel detta impuls

e nouv schlantsch al movimaint Patagon. La sala

da l’Uors d’eira stachida plaina cur ch’el ha cumanzà

seis referat: «Sch’eu pens inavo a meis 7 ons ch’eu n’ha

pudü passantar pro Vus, il pövel Patagon, am vain adi-

maint il sömmi da Josef da las vachas grassas e da quel-

las maigras chi seguan – set ons abundanza e davo ün

temp da s-charsdà. Ed eu am dumond, scha quist

sömmi nun es forsa eir üna sumaglia pels trends e las

modas, forsa dafatta per las tambas-charias cha nus

nomnain istorgia mundiala».

Davo quista introducziun filosofica fixa el il public:

«Sco cha savais – quai d’eira avant 50 ons – am vaiva ün

stipendi dat la pussibiltà da stübgiar lingua e cultura

dals Patagons culla spranza cha quellas experienzas

possan eir gnir trattas a nüz dad oters pövelets. Apaina

rivà «sü ot illas muntagnas blovas d’ingiuonder ve-

gnan gio als ovas» (Selina Könz) sun eu gnü invidà ad

üna rapreschantaziun da teater. «Nus d’eiran adüsats

a teaters populars illa lingua da noss chantunais, dra-

mas tanter guardgiachatscha, frodulader e’ls duos

amants tanteraint ed otras cumedgias cun ün nivo so-

lalà…, ed uschè vaina cumanzà a scriver agens tocs, ra-

gischats ill’istorgia da nossa val e chi a listess temp

trattaivan dumondas existenzialas da la vita.

Il temp dal fain grassBe la lingua patagona es buna da tocker las ragischs

chafuollas da nos pövelet. Ma, na be quai», manzuna

l’autur chi, insembel cun sia duonna, faiva eir la re-

dschia, «avant ün pêr ons ans vaina miss insembel ca-

gio ill’ustaria e vain scrit e lura eir inscenà ün cabaret,

ingio cha vain fat ir dür e tender tras la Panaglia (Men

Rauch, Jon e Menhia Semadeni, Cla Biert)». Davo la ra-

preschantaziun n’haja fat la cugnuschentscha da quel

da las Neglas cotschnas da Müstair, ün homet viscul

chi giraiva cul microfen per la Patagonia intuorn (Ti-

sta Murk). Il pegasus d’ün’otra Musa (Artur Caflisch)

galoppaiva cun penna fina e schluppet da fraud tras la

val, e gnanca la gronda lavina nun es statta buna da til

paschantar. Pac temp davo sun eu stat al bal da la Pata-

gonia giuvna (inscunter da stà da la Ladinia) ed eu

n’ha realisà, cun quant entusiassem cha eir ils giuvens

as ingaschaivan: Ün cun la festa pro Antonio (Clo Duri

Bezzola), chi trattaiva l’integraziun, quella vouta das

las famiglias talianas, tschel chantaiva dals tragliuns

e disegnaiva Comics Patagons (Paulin Nuotcla), in-

tant cha’l Corv (periodic studentic) cratschlaiva sü da

l’Öli (ustaria da Gottfried Keller a Turich) e cha’l Char-

dun (periodic ladin) pizchaiva, i daiva apa-raintama-

ning ün erbari critic in poesia e prosa (Armon Planta),

perfin il diavel pizzaiva sü da l’infiern cul piz da la

corna tschanca (Jon Demarmels).

Casü illas nüvlas liricas tscherchaiva la randulina La

terra impromissa (Andri Peer), intant cha suot il sulai

d’avuost battaiva il cour da la liunessa plü plan (Luisa

Famos). Aint il «Fögl» (Fögl Ladin) as dispittaivan

quels chi van e quels chi stan (Cla Biert e Duri Gau-

denz); Laina verda annunzchaivan l’entrada dal sex

illa litteratura Patagona; ma la vaira sensaziun dasper

tuot quista richezza: I d’eira güst cumparü il prüm ro-

man patagon! Propcha üna Müdada! (Cla Biert). A nos

referent glüschivan ils ögls, sco schi’s vess averta üna

sfalizcha dal paradis, intant cha Gisep scuttaiva cagio

aint il public a Jonni: «Be plan, uossa am para’l dad es-

ser sfuondrà bel e bain in sömmis nostalgics – tuorna

darcheu sün terra, sar professer!»

Ils set ons majers «Eu sun hoz amo cha’m dumond, co ch’üna tala dina-

mica es insomma statta pussibla pro ün pövelet sco chi

sun ils Patagons! In mincha cas nu m’esa stat pussibel

dad impizzar in mia patria ün tal fö litterar. Ok, tuor-

naina a la realtà dad hoz. L’on passà sun eu dimena

tuornà davo bod 50 ans per la prüma vouta darcheu

Üna spassegiada tras la ils ultims decennis da la culrua rumantsch ladina. Ons grass ed ons ma-jers, fluraschun, normalità o resignaziun as dan il man. Nouvas spranzas a l'orizont ladin: I vain giovà cun las linguas, il patagon balla roc e'ls pleds fan nozzas culs purtrets.

Dad ons grass e dad ons majers

text: Romedi Arquint

illustraziun: Gregor Gilg

Page 34: piz Magazin No. 44

34 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

illa Patagonia. Che scuvertas n’haja fat? Ün cuntschaint,

mort massa bod, am vaiva tradi il misteri: «Als Pata-

gons mauncha ün Homer u ün Dante, be ün’ouvra da

reputaziun mundiela pudess der nouv fö a quist tröpet

spers (Giuliano Pedretti).» Talas vuschs sun suspettu-

sas e cur ch’el am muossa publicaziuns rezaintas – in

custüms exteriurs chi fan parada – crescha il suspet. E

pelvaira: Che müdada incredibla. I cumparan bainschi

amo adüna ils chalenders e’ls periodics in parada mo-

derna, tas-chabels ed in culur, reminiscenzas biografi-

cas schloppan sco Ovas da savun, intant cha gio da Fex

boffan Ventins e ventatschs ed otras publicaziuns bio-

graficas (Martin Rascher / Attilio Bivetti); i dà amo

adüna Vardats e nardats (GionTscharner) e Roba da

tschel muond (Dumenic Andri).

Ün pêr instancabels ramassan Raschladüras (Göri

Klainguti), publicheschan Bras-chers, Pennarias e ca-

ricaturas (Jacques Guidon), il pavel cuort es qua,

sainza dubi, quel pavel züjus ed indispensabel per

l’orma patagona. I dà dafatta eir trats squisits illa Cha-

dafö gio Giarsun (Leta Semadeni) e prosa fina sü Ftan

(Rut Plouda); gio’l fuond da la val as doda La rumur da

l’En (Oscar Peer). Üna fluraschun ha la lavur scienti-

fica; uschè es cumparü – i vaivan lönch spettà –

ün’ouvra remarchabla da la vita e lavur dad ün dals

monumaints Patagons (Peider Lansel da Rico Valär), la

distanza dal temp dà lapro eir l’ocasiun da tillas lovar

aint il context sozial e politic da seis temp. Stut suna

stat dal resun litterar dal Patagon Grischun; lapro

vaiva Flurin Spescha lantschà la nouva scripziun cul

prüm crimi rumantsch. L’inspecter Linard Lum (Göri

Klainguti) chargia pero inavaunt sia püppa cun s-chet

tabac patagon. E lstess, eu nun ha plü chattà quel fluid

vital, quella dinamica chi’m vaiva impreschiunà pro

mia prüm visita. Per resümar: In congual cun mia

prüma visita pasculeschan hoz vachas maigras süls

rars clerais Patagons.

Inscunter sül sunteri patagonDa pensar am dà alch oter; eu sun schmort da la pre-

mura cha’ls Patagons as dan per cultivar las fossas sül

sunteri patagon. Ünguott’incunter il cult dals morts,

quel ha tradiziun e seis lö pro’ls Patagons. El es segn

d’ün respet e d’üna valütaziun da las prestaziuns dals

antenats, po però eir servir per suogliar il vöd, pü mal

füssa sch’el impediss la cultivaziun dals vivs. La Pata-

gonia es plaina da reediziuns da cudeschs chi per part

d’eiran güst cumparüts pro mia prüma visita, dad edi-

ziuns, reediziuns e nouvas da reediziuns bilinguas. I

dà eir in ögl cun che verva e fantasia chi vegnan festa-

giats rituals commemorativs da Patagons e Patagonas

morts. Ils Patagons paran d’as fixar sül passà. Eu pre-

sum chi darà amo oters morts ch’els fan reviver. Min-

chatant vez eu la Patagonia sco ün grond desert, raras

las oasas cun aua frais-cha chi sadaja. «Nus eschan

bain amo qua, pels Patagons daja amo ün avegnir», pa-

ran ils Patagons da clomar sur il mür dal sunteri oura,

dond aua da prümavaira a las fluors e suogliond d’u-

tuon las fossas cun dascha.

Here we are!«Avuonda cul lamentöz!» interrumpa qua ün da quels

intellectuals our dal public: «Eir ils Patagons sun cuol-

pits da mega-trends globals, da sdarlossadas chi toc-

can la fundamainta da la società. Nun esa logic, cha’l

pled scrit perda da valur in vista als mezs electronics

ed a la surabundanza da purtrets? Eir noss vaschins as

lamaintan, cha la cugnuschentscha da la lingua giaja

almain, chi nu vegna plü discurri, ed amo damain

scrit correctamaing; co vessan ils Patagons dad esser

ün’excepziun?» «Hei, intant cha da plü bod i d’eiran ils

homens, magisters e ravarendas chi portaivan l’ierta

patagona, sun quels hozindi svanits davo computers

ed oters mobels moderns. Sport ed economia domine-

schan, intant cha lingua e litteratura sun dvantats

chomps d’occupaziun per pensiunats.» Ed uossa esa

gnü ad ün’ erupziun, cha’l moderatur ha gnü fadia da

tgnair in frain. Eu vögl finir meis rapport cun trais ci-

tats da quella discussiun animada.

Il prüm quel d’ün patagon chi viva a «Pürich»: «Nun

esa remarchabel co cha la bilinguità vivüda dals Pata-

gons driva las portas per publicaziuns da texts in dif-

ferentas linguas, e nun esa remarchabel cun quanta

bainvuglientscha, cha quels vegnan acceptats da la

critica litterara naziunala.» Üna duonna plü veglia:«Il

Patagon es plü preschaint co quai ch’el d’eira, cur

ch’eu d’eira giuvna. Eu passaint meis dis suletta in

stüva, e dürant di e not m’accumpognan il radio pata-

gon e la televisiun patagona. Eu nun ha mai vivü in ün

muond uschè patagon sco hoz!». Ün’otra vusch, quista

vouta d’ün giuven: «Quist cuntinuant marmuognöz

es tipic per vus vegliets, vus tuots in età avanzada. Da

tschella vart, da tschella vart, «Bibi vaplan» (Bianca

Mayer), hei quai nu resguardais vus sco cultura. Per

nus es il patagon dvantà ün hit! Bod in mincha chan-

tun da la Patagonia sunaina, registraina e prodüaina

songs in rap o roc cun nossas bands. Nus scrivain da-

fatta svess ils texts patagons. Giuvnas artistas ed ar-

tists actuali seschan cun musica, texts bilings e sot

l’jerta culturala da noss babuns! In voss discuors da

dumengias dschais vus adüna, cha la giuventüna saja

l’avegnir. «Ebain, here we are!»

Page 35: piz Magazin No. 44

35piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

Als ich vor einigen Jahren mit dem in-

zwischen verstorbenen Giuliano Pe-

dretti bei einem Glas Wein zusam-

mensass, bemerkte er: «Es müsste ein Dante

oder ein Homer her. Nur eine ausserge-

wöhnliche literarische Kapazität könnte es

schaffen, dem Romanischen Auftrieb und

Zukunft zu geben.» Ich meinte, aus seinen

Worten eine leise Resignation herauszuhö-

ren. Tatsächlich bewegt sich die literarische

Debatte in einer Kleinsprache ständig zwi-

schen (zu) hohem Anspruch und einer un-

kritischen Beliebig keit. Diese Bandbreite

aus zuloten und das eigene literarische

Schaffen mit einer kritischen Brille zu ana-

lysieren, fällt den Rätoromanen schwer,

treffen wir doch in der Kleinräumigkeit auf

personelle Verflechtungen, Rücksichtnah-

men und Sensibilitäten. Kommt dazu, dass

nur schon der Einsatz für die Erhaltung ei-

ner bedrohten Sprache Lob verdient; die lei-

seste Kritik wird in diesen Kreisen im besten

Fall als nicht qualifiziert, normalerweise je-

doch als Nestbeschmutzung ausgelegt.

Kurioser Trend zum AhnenkultEin Überblick über das ladinische Kultur-

schaffen der letzten Jahre zeigt einen leicht

kuriosen Trend zum Ahnenkult. Nichts ge-

gen die Achtung und Verehrung der Toten,

eine lebendige Erinnerungskultur ist im-

mer auch Nährboden für die Bewältigung

der Gegenwart – dies wird manchmal ver-

gessen. Gegenwärtig scheint das Pendel

aber eher in die andere Richtung auszu-

schlagen. Bücher, die vor weniger als fünf-

zig Jahren zum ersten Mal herausgegeben

wurden, werden neu aufgelegt. Es erschei-

nen kommentierte Neuausgaben. Andere

werden, obwohl zweisprachig schon vor-

handen, neu übersetzt und die alt-neuen

Bände werden gerne öffentlich präsentiert.

Gedenkveranstaltungen für tote ladinische

Klassiker boomen, oft genügt ein entfernter

Bezug zum Engadin. Dies mag nach aus sen

als Zeichen von Vitalität empfunden wer-

den. Doch selbst die ausserordentlich gefäl-

lige Ausstattung der Neuerscheinungen

lässt einen leicht müffelnden, resignativen

Geruch zurück.

Hochblüte und ZweisprachigkeitZugegeben, einem ergrauten Romanen

kann nostalgische Träumerei vorgeworfen

werden, wenn er sich bei der Betrachtung

des zeitgenössischen literarischen Betriebes

von seinen Jugenderfahrungen leiten lässt.

Tatsächlich lässt sich die Gegenwart nicht

mit der Hochblüte des ladinischen Kultur-

schaffens der ersten Jahrzehnte nach dem

Zweiten Weltkrieg vergleichen. Damals

wurden dem deutschsprachigen Volksthea-

ter romanische Stücke entgegengesetzt, die

die historischen Wurzeln der Engadiner

mit Lebensfragen konfrontierten, die sich

die französischen Existenzialisten stellten.

In der Zeitung «Fögl Ladin» duellierten sich

«quels chi van e quels chi stan»: Jene, die ge-

hen, und jene, die bleiben, und es fanden

sich hier auch ironische und kämpferische

Kommentare. Die Studenten liessen den

«Corv» («Rabe») krähen und schossen sich

auf das Establishment ein. Das Integrati-

onsproblem wurde in Form einer romani-

schen Adaption eines Stücks des bekannten

Berliner Grips-Theaters thematisiert.

Solche Zeiten lassen sich nicht wiederholen.

Obwohl die Entwicklung der Standardspra-

che Rumantsch Grischun vor allem bei der

studentischen Jugend auf euphorische Be-

geisterung gestossen ist, gibt es bisher kaum

Literatur im noch jungen Idiom. Doch es

gibt auch Erfreuliches zu berichten: In letz-

ter Zeit sind vermehrt bilinguale – zum Teil

von den Autorinnen und Autoren selber

übersetzte  – Bücher erschienen, etwa die

Werke von Leta Semadeni oder Ruth Plouda.

Sie machen deutlich, wie sehr die Zweispra-

chigkeit heute zur Normalität der Rätoro-

manen geworden ist. Man mag dies als ei-

nen weiteren Salamischnitt zum Untergang

des Romanischen bedauern oder aber als

Ausdruck eines bewussten und selbstver-

ständlichen Umganges mit der Sprache und

den Sprachen deuten.

Im Vergleich zu den «fetten» Jahren der

Hochblüte leben wir heute in literarisch

mageren Zeiten. Der Ruf nach dem erlösen-

den Ausnahmewerk oder die inflationäre

Pflege «dal sunteri rumantsch» (des «Fried-

hofes der Rätoromanen») könnten dies be-

stätigen. Vielleicht sind magere Jahre aber

einfach der normale Alltag einer Kleinspra-

che, wobei sich diese Normalität der litera-

rischen Produktion im Vergleich mit

deutschsprachigen Bündner Talschaften

immer noch auf einem hohen Niveau be-

wegt. Selbst grosse Kulturräume beklagen,

die schriftliche Sprache werde immer

schlechter beherrscht, und weitherum ist

eine Abnahme des Leseverhaltens festzu-

stellen. Das traditionelle Buch hat mit der

medialen und elektronischen Über-

schwemmung mächtige Konkurrenz erhal-

ten und hat einen schweren Stand.

Die Jugend machts vorDie positive Seite der Medaille: Noch nie

war die Präsenz des Romanischen in Radio

und Fernsehen derart breit und qualitativ

ansprechend wie heute. Und in beinahe je-

dem Luftschutzkeller der Rumantschia pro-

ben Jugendbands und schreiben Songs,

die – zur grossen Überraschung – auf Ro-

manisch von Liebe und Alltag erzählen. Die

Jungen entwickeln  – zweisprachig  – mit

Mu sik, Wort und Tanz Neues. «Ihr Alten be-

schwört bei jeder Gelegenheit, die Zukunft

gehöre der Jugend; here we are!» RA

Ein Spaziergang durch die letzten Jahrzehnte der ladinischen Kultur zeigt einen kuriosen Ahnenkult, aber er zeigt auch, dass die Zweisprachigkeit neue Chancen birgt.

«Here we are»

Page 36: piz Magazin No. 44

Gleitsystem Für unübertroffenen Comfort stellen Sie das Stressless® Verstellrad einmal ein und verändern danach Ihre Sitz-position nur durch Gewichts-verlagerung.

KreuzstützeDie Kreuzstütze wird synchron zur Kopfstütze reguliert. Lie-gend oder aufrecht nehmen Sie stets eine entspannte Po- sition ein.

Schlaf-FunktionZum Schlummern genügt ein Griff: ohne Aufstehen, ohne Verrenkung, ohne Mühe. Ein-facher geht’s nicht!

10 Jahre GarantieIn einem Stressless® können Sie sich beruhigt zurücklehnen. Sie haben 10 Jahre Garantie auf Gestell und Funktion.

Das Original Patentiert Patentiert Gestell + FunktionGrosse Sessel-Aktion:Die Gelegenheit ist günstig: Stressless® Consul und Ambassador in 3 Lederfarben „Batick“ zum Sonderpreis! Sofort lieferbar!

Stressless® Consulinkl. Hocker

statt 2.290.– CHF! UVP des Herstellers.

nur 1.895.– CHF www.stressless.ch

Grosse Sofa-Aktion:

Stressless® Wave2-Sitzer, mit niedriger Lehne

statt 3.700.– CHF! UVP des Herstellers.

nur 3.095.– CHF

Stressless® Wave mit hohen und niedrigen Rücken-lehnen als 2- oder 3-Sitzer in Leder „Batick“ Cream oder Schwarz zum Aktionspreis!

Nur echt mit der Stressless® Marke!

Stressless® Arion

Stressless® Taurus

Sie nehmen Platz und lassen sich fallen – Worte wie Wohlbefinden, Leichtigkeit und Entspannung gehen Ihnen durch den Kopf. Der anschmiegsame Bezug und das bequeme Polster verströmen Behaglichkeit. Mit weichem Schwung kontrollieren Sie den Sessel und erleben überlegene Technologie: Ihr Körper geniesst optimale Unterstützung – immer und überall. Nehmen Sie uns beim Wort und erleben Sie den einzigartigen Stressless® Comfort bei einer Sitzprobe. Entdecken Sie unsere Aktionsmodelle – die Angebote gelten vom 15.09. – 05.12.10!

Comfort ist ...das andere Wort für Stressless®

Stressless® Paradise

PAGE 2 / S2 PAGE 3 / S3

Gleitsystem Für unübertroffenen Comfort stellen Sie das Stressless® Verstellrad einmal ein und verändern danach Ihre Sitz-position nur durch Gewichts-verlagerung.

KreuzstützeDie Kreuzstütze wird synchron zur Kopfstütze reguliert. Lie-gend oder aufrecht nehmen Sie stets eine entspannte Po- sition ein.

Schlaf-FunktionZum Schlummern genügt ein Griff: ohne Aufstehen, ohne Verrenkung, ohne Mühe. Ein-facher geht’s nicht!

10 Jahre GarantieIn einem Stressless® können Sie sich beruhigt zurücklehnen. Sie haben 10 Jahre Garantie auf Gestell und Funktion.

Das Original Patentiert Patentiert Gestell + FunktionGrosse Sessel-Aktion:Die Gelegenheit ist günstig: Stressless® Consul und Ambassador in 3 Lederfarben „Batick“ zum Sonderpreis! Sofort lieferbar!

Stressless® Consulinkl. Hocker

statt 2.290.– CHF! UVP des Herstellers.

nur 1.895.– CHF www.stressless.ch

Grosse Sofa-Aktion:

Stressless® Wave2-Sitzer, mit niedriger Lehne

statt 3.700.– CHF! UVP des Herstellers.

nur 3.095.– CHF

Stressless® Wave mit hohen und niedrigen Rücken-lehnen als 2- oder 3-Sitzer in Leder „Batick“ Cream oder Schwarz zum Aktionspreis!

Nur echt mit der Stressless® Marke!

Stressless® Arion

Stressless® Taurus

Sie nehmen Platz und lassen sich fallen – Worte wie Wohlbefinden, Leichtigkeit und Entspannung gehen Ihnen durch den Kopf. Der anschmiegsame Bezug und das bequeme Polster verströmen Behaglichkeit. Mit weichem Schwung kontrollieren Sie den Sessel und erleben überlegene Technologie: Ihr Körper geniesst optimale Unterstützung – immer und überall. Nehmen Sie uns beim Wort und erleben Sie den einzigartigen Stressless® Comfort bei einer Sitzprobe. Entdecken Sie unsere Aktionsmodelle – die Angebote gelten vom 15.09. – 05.12.10!

Comfort ist ...das andere Wort für Stressless®

Stressless® Paradise

PAGE 2 / S2 PAGE 3 / S3

WOMA AGCho d‘Punt 477503 SamedanTel. 081 852 34 34www.woma-samedan.ch

!

Foto

by

Rob

ert

Bösc

h

TEL +41 (0)81 836 61 61 WWW.SUVRETTASNOWSPORTS.CH

COME SKI WITH US p o s c h i a v o

www.stone-artposchiavo.ch7742 poschiavo - piazza san giovanni

+41 (0)81 844 17 46 - +41 (0)79 202 40 [email protected]

Eigene Schleiferei

Familienbetrieb

Nur UnikateHandarbeit!

Einheimische Steine!

®

serpentinposchiavo

palü-granitposchiavo

marmor sassalbo poschiavo

jade-nephrit poschiavo

cavaglia granit poschiavo

rhodonitsils

marmor sassalbo poschiavo

verde andeer andeer

Rotpu

nktverlag.

www.rotpun

ktve

rlag

.chMagisches Oberengadin

»Dem Süden verschwistert«, schrieb Annemarie Schwarzenbach über das Oberengadin und machte es zu ihrer zweiten Heimat. Seit 150 Jahren ist das Hochtal magischer Anziehungspunkt für Schriftsteller und Intellektuelle, Freigeister und literarische Aristokraten. Der Autor führt uns auf Sommer- und Winterwanderungen an Orte, die von Bekannten aus Literatur- und Kultur-geschichte besungen, beschrieben oder verflucht wurden.

ArchitekturwandernWandern einmal anders: Nicht in die luf-tigen Bergeshöhen geht die Reise, son-dern dorthin, wo gebaut wird, wo bemer-kenswerte zeitgenössische Architektur entstanden ist und wo auch die alten Baudenkmäler stehen.Die 3. Auflage ist fast 70 Seiten dicker geworden und umfasst jetzt auch Orte und Regionen, die bisher ausgespart waren: Flims, die Ruinaulta, Ilanz, Valendas, Safien, Surses und Avers.

Köbi Gantenbein, Marco Guetg, Ralph Feiner (Hrsg.) Himmelsleiter und Felsentherme. Architekturwandern in GraubündenMit Farbfotos, Bauplänen, Routenskizzen und Serviceteil, 536 Seiten, Klap-penbroschur, 3., akt. und erw. Auflage 2013, isbn 978-3-85869-465-2, Fr. 49.–

Adrian Stokar Dem Süden verschwistert. Literarische Wanderungen im OberengadinMit Farbfotos von Thomas Burla. Routenskizzen und Serviceteil, 328 Seiten, Klappenbroschur, 2. Auflage 2013, isbn 978-3-85869-464-5, Fr. 38.–

Page 37: piz Magazin No. 44

p o s c h i a v o

www.stone-artposchiavo.ch7742 poschiavo - piazza san giovanni

+41 (0)81 844 17 46 - +41 (0)79 202 40 [email protected]

Eigene Schleiferei

Familienbetrieb

Nur UnikateHandarbeit!

Einheimische Steine!

®

serpentinposchiavo

palü-granitposchiavo

marmor sassalbo poschiavo

jade-nephrit poschiavo

cavaglia granit poschiavo

rhodonitsils

marmor sassalbo poschiavo

verde andeer andeer

Page 38: piz Magazin No. 44

38 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

Talina, Scoulina Sent, so meldet ein helles Mäd-

chenstimmchen. Ich frage förmlich nach der

Kindergärtnerin. Und höre, wie Talina fröhlich

und unbefangen nach Tina ruft. Tina! Tina! Nicht

etwa duonna Puorger oder tanta Tina, wie es früher

wohl geheissen hätte. Aber damals hatte der Kinder-

garten noch kein eigenes Telefon. Bis 1997 war die

Scoulina im Schulhaus einquartiert gewesen, dann

erst bekam sie ihr jetziges, grosszügigeres Quartier,

das ehemalige Gemeindehaus in Schigliana – wie im

Paradies. Daraus wird man unweigerlich vertrieben,

wenn man erst einmal in die richtige Schule muss. Die

Kinder haben ihre Tina sehr gern.

Angefangen als Kindergärtnerin hat Tina 1975/76,

nach dem Seminar in Chur. In Sent mit seinen heute

knapp 900 Einwohnern ist sie aufgewachsen, hat ge-

heiratet und hier arbeitet sie seit 25 Dienstjahren, die

Familienpause mit reduzierten Pensen nicht mitge-

rechnet. Die drei Töchter sind erwachsen, alle künst-

lerisch «erblich belastet», wie die Mutter sagt, und

nach Zürich ausgeflogen. Aber an den Wochenenden

kommen sie immer noch gern nach Hause, in die

wohnliche Familienküche, in der wir nun sitzen, am

schulfreien Samstagmorgen. An der Wand, handge-

schrieben, eine inspirierende Wörterspielerei: Kopf-

nuss / Nusstorte / Tortenguss / Gusseisen / Eisenkraut /

Krautstiel. Vor der Balkontüre sitzt dekorativ die Katze

Dolly. Auf dem Tisch stehen frisches Brot und eine Fla-

sche Wasser.

Jedem Kind sein «Ämtli»«Die Telefonansage haben wir in der Klasse richtig ge-

übt», erzählt Tina. Ihre derzeit 18 Senter Buben und

Mädchen teilen sich nämlich im Wochenrhythmus in

verschiedene Ämtchen, eines ist der Telefondienst.

Oder dem behinderten Gspänli beim Schuhebinden

und in den Rollstuhl helfen. Die Marenda-Täschli ver-

teilen – den Zvieri essen die Kinder gemeinsam.

Wer was zu tun hat, ist auf einem farbigen Plan ver-

merkt, der an der Wand hängt. Jedes Kind hat am ers-

ten Schultag ein Symbol für sich auswählen können,

weil Fünfjährige ja noch kaum lesen und schreiben

können. Das Emblem von Talina ist ein Mäuschen,

üna mürina. Nein, keine Computermaus. Auch Han-

dys haben im Chindsgi noch nicht Einzug gehalten.

Vor bald vierzig Jahren übernahm Tina für ihre erste

Klasse 32 Schülerinnen und Schüler, «happig» sei das

schon gewesen, erinnert sie sich. Aber sie habe bald

Text: Esther Scheidegger

Fotos: Susanna Fanzun

Kindergärtnerin für KindeskinderSeit Mitte der Siebzigerjahre engagiert sie sich als Kindergärtnerin in Sent, als Mutter und als Künstlerin mit Herzblut: Tina Puorger-Zanetti. Generationen von Kindern begleitet sie seit bald vierzig Jahren auf dem Entwicklungsweg Richtung Schule.

Page 39: piz Magazin No. 44

39piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

gelernt, was es heisst, in der Praxis aufmerksam, liebe-

voll und konsequent zu sein, nicht nur in der Theorie.

Die Kinder sollen spielend lernen, altersgemäss. Ihre

«Defizite» müsse man checken, und man könne auf

ihre natürliche Neugier bauen. Zuhören muss man

lernen, auch einmal stillsitzen, sich konzentrieren,

mit verschiedenen Materialien experimentieren und

spielen. Auch Langeweile darf einmal sein, dann kön-

nen neue Ideen kommen. Auf Technik will Tina ihre

Schützlinge nicht trimmen. Aber demnächst wird sie

ihren Fünfjährigen beibringen, wie man ein Blatt Pa-

pier zu Konfetti zerreisst. Und später wird auch der

Umgang mit einer Schere geübt.

Auch in den Bergen sind Kinder gestressterKinder fordern heute anders heraus als früher, sagt

Tina, ohne moralisierenden oder anklagenden Unter-

ton. Auch in Sent sind sie gestresster als in den fernen

1970er-Jahren, ihre Freizeit ist häufig heftig verplant

mit Turnen, Fussball, Hockey, Tennis und einigem

mehr. Die meisten Eltern wollen ihre Sprösslinge nach

Kräften fördern. «Ja, auch die Elternarbeit ist anders,

ist anspruchsvoller geworden», das bestreitet Tina

nicht. Heutige Eltern nehmen den Kindergarten nicht

auf die leichte Schulter, er ist nicht einfach nur ein Ort,

wo man seinen Nachwuchs vertrauensvoll parkieren

kann, Eltern wollen einbezogen werden, helfen gerne

mit, wenn es sich ergibt.

Tina Puorger versteht sich nicht als Animatorin, ob-

wohl sie mit ihrer Klasse bald Bauchtanz übt und vor

Weihnachten mit Gewürzen kocht und backt. Weil

das gemeinsame Jahresprogramm der drei Kindergär-

ten in Sent und in Scuol diesmal der Orient ist, mit ei-

nem gemeinsam inszenierten Musical im Frühling als

krönendem Abschluss. Solche wechselnden fächer-

und klassenübergreifenden Jahresthemen – «Zirkus»

zum Beispiel oder «Wasser» und nun eben «Orient» –

werden von den verschiedenen muossadras, den Kin-

dergärtnerinnen, und natürlich von den Kindern seit

rund zehn Jahren mit viel Engagement und Herzblut

bearbeitet. Kindergarten ist heute aber auch lernen.

Fünf Mädchen und Buben haben zweimal wöchent-

lich eine halbe Stunde Romanischunterricht, denn

die Umgangssprache in der Scoulina ist Vallader, das

die Kleinen bald wie im Schlaf beherrschen werden.

Mehr als fünf Ausländerkinder gab es in Sent übrigens

(noch) nie.

Erholung mit der KunstIhre Lust am Kindergartengeben sei nach so vielen

Jahren gottlob ungebrochen, sagt Tina Puorger. Aber

sie weiss auch, wie sie auftanken kann. Im Integrati-

ven Ausbildungszentrum Zürich IAC hat sie sich be-

rufsbegleitend zur Gestaltungspädagogin ausbilden

lassen, und seither erschafft sie kunstvolle schwe-

bende, federleichte Figuren aus Draht und Papierma-

ché, aus Schwemmholz und den Trouvaillen, die sie

auf ihren Spaziergängen unten am Inn sammelt. Ihre

beseelten Frauen und Engel hat sie schon mehrfach

ausstellen können, mit Erfolg, um den sie sich aber

nicht reisst. Schade findet sie in diesem Zusammen-

hang, dass es in Sent die Grotta da Cultura nicht mehr

gibt. Hier hatte sie auch eine Ausstellung mit Kinder-

zeichnungen organisiert. Doch die Gewölberäume ge-

hören nun zum neuen Kunsthotel.

Doch zurück in die heimelige Küche. Tina sagt:

«Quista lavur nun es amo lönch na a fin, ne in quai chi re-

guarda il tema, ne il material.» Die Arbeit sei noch längst

nicht fertig, weder aus thematischer Sicht, noch was

die Materialien im Kindergarten betrifft. Sie spricht

zwar explizit über ihre Figuren – es könnte aber ebenso

gut ihre Arbeit in der Scoulina gemeint sein. Denn was

sie sich niemals vorstellen könnte: Alle paar Jahre die

immer gleichen alten Vorbereitungen aus der Mappe

zu ziehen und nochmals anzubieten, weil das Leben

doch weitergeht!

Impressionen aus der Scoulina,

dem Kindergarten, von Sent, wo

Tina Puorger seit vierzig Jahren

mit Generationen von Kindern

spielt, bastelt, singt und lernt.

Page 40: piz Magazin No. 44

40 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

I d'eir'aint a Samignunbe'n moppel, mo ün grond furbun.Quel inventà ha 'na maschinachi our da naiv sa far benzina.

A d'eir'a Segl ün signur,na grand amih d'la lavur.

Ma'l faiva affers in TaiwanPer na murir da la fam.

I d'eir'a Sent üna matta,tant jent mangiaiv'la salata,garnida cun verms e lindornas.Ün di as sdruagl'la cun cornas.

A d'eir'a Puntraschigna'na giuva taunt bella e fina,vivaiva be da salata,numneda «miss secha» dafatta.

I d'eir'a Brail ün barbetchi spettaiva l'uors cul schluppet.Dal campel s'ho quel culozzoed el nu s'ho mê pü musso!

Engiadina narrais-chaZeichner Jürg Parli und Autor Alfons Clalüna haben einen kleinen Band mit Karika-turen und witzigen kleinen Gedichten in den romanischen Idiomen Puter und Valla-der über fiktive Personen aus den Engadiner Dörfern veröffentlicht . Erhältlich in den Buchhandlungen im Engadin oder bei der Uniun dals Grischs. www.udg.ch

Page 41: piz Magazin No. 44

40 Jahre La Fainera SportAn den XI. Olympischen Winterspielen von Sapporo sorgten Marie-Theres «Maite» Nadig und Bernhard Russi für Schweizer Triumphe, im deutschen Fernsehen wurde die erste Folge von «Raumschiff Enterprise» ausgestrahlt und in Schweden nahmen vier junge Leute namens Agnetha, Björn, Benny und Anni-Frid ihre erste Single auf – Abba startete die Erfolgskarriere. Und es gab noch ein wichtiges Ereignis im Jahr 1972: Am 18. Dezember öffnete in Sils-Maria das Sport- und Modegeschäft La Fainera seine Türen.

Ein Amerikaner im Engadin

Als der junge, sportbegeisterte Amerikaner Richard Weiner im

Jahr 1970 das erste Mal das Engadin besuchte, verguckte er

sich nicht nur in die Landschaft, sondern auch in Arlette Moeckli

aus Sils-Maria. Das Paar heiratete und gründete 1972 in einem

alten Stall am Dorfrand sein gemeinsames Sport- und Mode-

Fachgeschäft La Fainera. Richard kümmerte sich um alles

Sportliche. Arlette, die bei einem Sprachaufenthalt in London ihr

Faible für Boutiquen und trendige Fashion-Labels entdeckt

hatte, war für die Mode zuständig. Die Kombination von Sport-

artikeln und modischem Chic war ein Novum in dieser Zeit, kam

jedoch von Beginn weg hervorragend bei den Kundinnen und

Kunden an.

Segelschulpionier der ersten Stunde

Parallel zur Tätigkeit im Sportgeschäft brachte Richard Weiner

als Gründer einer Segelschule am Silsersee und mit einer Surf-

schule am oberen Ende des Silvaplanersees kräftig Wind in den

Engadiner Sommer-Tourismus. 1992 wurde La Fainera umge-

baut und mit einem Mountainbike-Kompetenzzentrum erweitert.

Ein weiterer Meilenstein bildete die Eröffnung des zweiten La

Fainerageschäfts mit Fokus Fashion im Zentrum von Sils-Maria

im Jahr 2008. In diesem gibt auch heute noch Arlette Weiner-

Moeckli modisch den Ton an.

Im Sommer und im Winter eine Top-Adresse

In der Silser Sportscheune haben mittlerweile Sohn Kevin Wei-

ner und seine Frau Francesca das Zepter übernommen. Sie sind

mit der gleichen Begeisterung für ihre Kundinnen und Kunden

da wie die Eltern in den letzten 40 Jahren. La Fainera gilt heute

als Top-Adresse im Engadin für Sport und Sportmode. Ob

Langlauf, Alpinski, Snowboard oder Schneeschuhwandern im

Winter sowie Biken, Wandern oder Golf im Sommer – La Fainera

garantiert für kompetente Beratung, ein umfassendes Sortiment

an Top-Marken und einen perfekten Service, zu dem auch ein

grosses Mietangebot im Rahmen des Intersport-Rent-Network

Engadin gehört.

2 x in Sils-Maria:

Für Sport am Dorfeingang, Casual-Mode im Zentrum.

www.lafainera.ch

1 - Bestens ausgerüstet auf die Piste: Kevin Weiner in seinem Element.2 - In den letzten 40 Jahren nicht weniger als sechs Mal geklaut: die Amerika-Flagge vor dem La Fainera-Hauptgeschäft.3 - Richard Weiner als Segellehrer in den 1970er-Jahren.

1 2 3

piz : Publireportage

Engadin – St. Moritz

Page 42: piz Magazin No. 44

42 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

Meine Mutter ist eine Rosinenpickerin», sagt Ur-

sina *, die ihre Mutter pflegt und anonym blei-

ben möchte. Die Tochter, um die sechzig, ist

ins Bergdorf zurückgekehrt, um sich um ihre über

90-jährige pflegebedürftige Mutter zu kümmern. Der

Vater wohnt unterm selben Dach des stattlichen Enga-

diner Hauses. Für ihn allein wäre das alles zu viel ge-

worden. Und da bei Ursina privat nicht alles so lief,

wie sie sich das gewünscht hatte, stand einer Rückkehr

ins Elternhaus nichts mehr im Weg. Sie schickt sich in

ihr neues Leben als Privatpflegerin ihrer Mutter.

Rund um die Uhr ist sie für die alte Frau da und küm-

mert sich auch um Haushalt und Garten. Ein Vollzeit-

job. Der Vater geht zur Hand, wo er kann. Manchmal

kommt auch die Schwägerin vorbei. Ursina steht auf,

wenn die Schmerzen der rheumageplagten Seniorin

zu gross werden. Und sie schildert jenen Sonntag-

abend, als die Mutter notfallmässig ins Spital über-

führt werden musste. «Das Schwierigste ist, jeden Tag

präsent zu sein», räumt die Tochter ein. Aber weil es

ihre Mutter ist, «macht man das». Mehr ist ihr über die

aufopfernde Pflege nicht zu entlocken: «Ich an ihrer

Stelle wäre auch froh.» Die Mutter ins Pflegeheim zu

geben, kommt für Ursina nicht in Frage. Zu teuer, zu

unpersönlich. Die Mutter geniesst zu Hause eine auf

sie zugeschnittene individuelle Rundum-Betreuung

durch ihre Tochter. Und als sie im vergangenen Win-

ter wegen sehr starker Rückenschmerzen eine Zeit

lang ganz bettlägerig war, organisierte die Tochter ei-

nige Tage zur eigenen Entlastung den Mahlzeiten-

dienst der Spitex. Doch die Mutter mochte das Essen

nicht: «Das Fleisch war nicht gar genug.» Die Tochter

steht nun wieder selber am Herd: «Meine Mutter ist

halt verwöhnt.»

Grosse ErwartungenDas Modell der pflegenden Tochter entspricht auch

dem Altersleitbild der Bündner Regierung. Nach den

im Februar 2012 verabschiedeten Richtlinien sollen

ältere Menschen so lange wie möglich zu Hause blei-

ben können und erst ins Heim müssen, wenn es gar

nicht mehr anders geht. Damit das möglich ist, müs-

sen die ambulanten Dienste der häuslichen Pflege und

Betreuung gestärkt und ausgebaut werden. Was aber

die Spitex oder eine privat angestellte Pflegeperson

nicht leistet, müssen die Angehörigen übernehmen.

In der überwiegenden Mehrheit sind es die Töchter

und Schwiegertöchter.

Warum Töchter die Eltern pflegen

Text: Daniela Schwegler

Fotos: Spitex Verband Schweiz,

Alan Meier

Im gewohnten Umfeld alt werden und zu Hause sterben dürfen, wer will das nicht? Umsetzbar ist der Wunsch nur, wenn genügend gute Seelen da sind, die bei Haushalt und Pflege zur Hand gehen. Fast immer sind das Frauen, Töchter und Schwiegertöchter. Warum eigentlich?

* Name geändert

Page 43: piz Magazin No. 44

43piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

Ob immer aus freien Stücken, ist eine andere Frage. In

der kürzlich im rätoromanischen Fernsehen ausge-

strahlten Dokumentation «Vegl e cuntent – alt und zu-

frieden» hat Filmemacherin Susanna Fanzun fürs In-

terreg-Projekt «Insieme sano – gemeinsam gesund»

alte Menschen im Südtirol und in Südbünden besucht.

Darunter Anna Pezzei im Südtiroler Gadertal, die dort

ihre 90-jährige Mutter pflegt. «Die Frauen überneh-

men die pflegerische Aufgabe nicht immer ganz frei-

willig», stellt diese Tochter fest: «Der gesellschaftliche

Druck und die Erwartungen sind sehr hoch.» Im ka-

tholisch-konservativen Südtirol sicher noch höher als

in den Bündner Südtälern, wie Susanna Fanzun beob-

achtet hat: «Bei uns ist der Druck nicht mehr so hoch.»

Ambulante Dienste bringen EntlastungDennoch: Die Erwartungen an die Töchter und

Schwiegertöchter sind noch immer massiv. Ein de-

menter Vater, der von der Schwiegertochter gepflegt

wird und sie ständig fertig macht, kann zur Belastung

werden. Oft opfern sich die Frauen so lange auf, bis sie

selber krank werden, bis der Rücken schmerzt oder sie

mit den Nerven am Ende sind. Dann erst verwerfen sie

die Hände, halten es nicht mehr aus, schlagen Alarm.

«Zum Glück werden solche Konstellationen immer

seltener. Die Leute nutzen Entlastungsangebote deut-

lich schneller als früher», beobachtet Ursla Pedotti,

Sozialberaterin der Pro Senectute Südbünden. «Frü-

her hatte man mehr Hemmungen. Wegen des biss-

chen Waschens, Anziehens und Pflegens wollte man

nicht gleich Unterstützung holen.» Dank des heute

gut ausgebauten Entlastungsnetzes sei der Druck auf

Angehörige deutlich geringer, so Ursla Pedotti.

Die Angebote müssen allerdings auch genutzt werden.

Noch in den Startlöchern steckt das Tageszentrum «la

girandola» in Poschiavo. «Die Töchter und Schwieger-

töchter haben Mühe, ihre dementen Angehörigen ei-

nen Tag zu uns zu bringen», sagt Pia Mathiuet, Ge-

schäftsleiterin der Spitex Valposchiavo. Das schlechte

Gewissen stehe ihnen im Weg, und sie denken, sie

könnten das doch selber. Das Umdenken, sich auch

mal einen Tag frei zu nehmen, brauche Zeit. Genauso

wie die Tatsache, dass in der Pflege auch Männer tätig

sind. Zwei ältere Damen im Tal beharrten beispiels-

weise strikte darauf, dass eine Frau von der Spitex

kommen müsse. Obwohl zum vierzigköpfigen Spitex-

Team im Puschlav auch zwei Männer gehören.

Warum fast immer die Frauen?Frauen sind nicht nur in der privaten, sondern auch in

der professionellen Pflege stärker gefragt. Woran liegt

das? Sind Frauen die besseren Pflegerinnen? Können

Männer das nicht auch? Schliesslich sind auch heute

noch die meisten Ärzte Männer. In der Arztpraxis darf

ein Mann einem also an den Leib, aber zu Hause

nicht? Warum? Mit dieser Frage beschäftigte sich

Frank Spreeuwers, stellvertretender Geschäftsleiter

der Spitex Oberengadin, in seiner Abschlussarbeit zur

Kaderausbildung in der Pflege. «Pflegen wird mit

Frauen assoziiert, auch heute noch, trotz Genderdis-

kussion», stellt er fest. Frauen hätten heute zwar die-

selben Rechte, aber nicht dieselben Chancen. Sprich:

Die Eltern haben bezüglich Hilfe und Pflege im Alter

höhere Erwartungen an die Töchter als an die Söhne.

«Die Frauen erfüllen diese Erwartungen und überneh-

men zu 80 Prozent die Pflege», schätzt Frank Spreeu-

wers. Wenn ein Mann am Pflegebett stehe, dann sei es

oft der Ehemann oder Partner, der sich um seine Frau

kümmere. Söhne seien viel weniger eingebunden.

«Sie verstecken sich hinter dem Argument, sie müss-

ten arbeiten. Aber viele haben auch schlicht keinen

Zugang zur Pflege.»

Frank Spreeuwers selber hat den Draht, steht er doch –

wenn auch seltener  – an Krankenbetten. Dass die

Pflege in Frauenhand ist, zeigt sich auch bei der Ober-

engadiner Spitex. Hier ist er der einzige Mann unter

Wenn die Töchter und Schwie-

gertöchter Entlastung von

der Pflege ihrer Angehörigen

brauchen, springt die Spitex ein.

FILM-TIPPDen Film «vegl e cuntent – alt und zufrieden» gibt es auf DVD. Bestelladresse: Gesundheitsamt Graubünden, Gesundheitsför-derung & Prävention, Tittwiesenstr. 27, 7000 Chur

Page 44: piz Magazin No. 44

44 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

45  Angestellten. «Wenn ein Mann im Pflegebereich

arbeitet, rutscht er häufig und rasch in Kaderpositio-

nen – wie ich selber auch», stellt er fest. Dass der Pfle-

geberuf für Männer wenig attraktiv sei, hänge auch

mit den tiefen Löhnen zusammen. Die Rollenteilung

sei aber auch schon in der Erziehung angelegt, denn

Kinder werden normalerweise von Müttern grossge-

zogen und lernen dabei, dass es Frauensache sei, für

die anderen zu sorgen.

«Männer haben Mühe damit, zu Hause den dienenden

Part zu erledigen», stellt Spreeuwers fest und fügt halb

im Ernst und halb schelmisch hinzu: «Wir möchten

herrschen, nicht dienen. Die Frauen zwar auch, aber

sie geben es weniger zu.»

Professionalisierung nimmt zuSamantha Ieronimo, Einsatzleiterin der Spitex im Un-

terengadin, zeichnet allerdings ein anderes Bild.

Heute seien auch in den Bergregionen die meisten

Frauen berufstätig. Immer weniger Töchter können

deshalb die Pflege der Angehörigen übernehmen. Und

viele aus den nachfolgenden Generation wollen diese

Verantwortung auch nicht. Dafür hat sie volles Ver-

ständnis: «Dass sich jemand heute 24 Stunden um

seine Eltern kümmert, kann man nicht mehr erwar-

ten. Jeder hat sein eigenes Leben, seine eigene Fami-

lie.» Und immer mehr Kinder ziehen auch weg. Dann

bleiben viele Leute allein in ihrem grossen Haus.

Für die Spitex-Krankenschwester Gaby Schmid aus La-

vin ist es «ein grosses Glück, für solche Leute da sein

zu dürfen. Ich bin geboren für die Pflege», sagt sie.

«Den alten Menschen daheim helfen zu können, und

ihnen geduldig eine herzliche, empathische und pro-

fessionelle Pflege zu bieten: Das ist der schönste Job

der Welt!» Und Männer könnten das wohl ebenso gut,

wenn sie wollten.

Marina Giacometti, Einsatzleiterin der Spitex im Ber-

gell, beschäftigt ausschliesslich Frauen. Aber auch sie

sieht, dass die Rollenverteilung zwischen Männern

und Frauen nicht mehr so starr ist. In einigen Jahren

werde es auch im Bergell ganz normal sein, dass Män-

ner in der Pflege arbeiten. «Es würde mich allerdings

sehr erstaunen, wenn ich das noch selber erlebe», sagt

sie augenzwinkernd.

Pro Senectute berätBeratung rund um die Pflege und Entlastungsmög-

lichkeiten gibt es auch bei Pro Senectute. Im Engadin

bricht bei dieser Organisation eine neue Ära an: Ursla

und Reto Pedotti werden nach 25 Jahren pensioniert.

Neu im Team sind Hermann Thom und Anna Bisaz

und sie beziehen neue Büros in Bahnhofsnähe in Sa-

medan. Anna Bisaz ist im Oberengadin aufgewachsen

und mit ihrer Familie zurückgekehrt. Sie wagt einen

Wiedereinstieg in die professionelle Sozialberatung.

Hermann Thom stammt aus dem Unterengadin, hat

Sozialarbeit studiert und steigt nach vielen Jahren der

journalistischen Tätigkeit bei Pro Senectute ein.

Pro Senectute Beratungsstelle Südbünden

Via Retica 26, 7503 Samedan, Tel. 081 852 34 62

[email protected] / www.gr.pro-senectute.ch

Werbung

ENTLASTUNGSANGEBOTEAngebote für Angehörige,

um sich bei der Pflege zu ent-lasten, gibt es viele: Für de-

mente oder psychisch kranke Senioren zum Beispiel die Ta-

gesstrukturen des Pflegeheims Promulins in Samedan, der Chasa Puntota in Scuol, der

Girandola in Poschiavo oder der Tagesklinik in St. Moritz. Dazu

existieren Ferienangebote für alte Menschen mit pflegerischer

Betreuung, Mahlzeitendienste, Weiterbildungsabende

für Angehörige.

UNAHELEN VON ALBERTINI

E N G A D I N E R H A N D S C H U H M A N U FA K T U R

A R D E Z - Z Ü R I C H

W W W. U N A - FA S H I O N .C H

Page 45: piz Magazin No. 44

The Spirit of Zuoz is fair play.

Programm:• Schweizer Matura • Deutsches Abitur • International Baccalaureate (englischsprachig)• International Summer Camp

& Junior Golf Academy

Das Lyceum Alpinum Zuoz ist eine der führenden Internatsschulen. Über 300 Schülerinnen und Schüler aus Graubünden und der ganzen Welt werden hier auf die Matura, das Abitur oder das International Bacca-laureate vorbereitet. Unsere Schule ist geprägt von Traditionsbewusst-sein und innovativem Denken. Sie vermittelt Werte wie Weltoffenheit, Fairplay und Leistungswille.

Lyceum Alpinum Zuoz AGCH-7524 Zuoz, SwitzerlandTel +41 81 851 3000Fax +41 81 851 [email protected]

LAZ_fair_WI_90x123_4c_PIZ_d.indd 1 01.11.12 08:02

Geschenkeladen Clalüna-Silsbeim PostplatzCH - 7514 Sils-Maria

Tel. +41 (0)81 826 54 [email protected]

Geschenke, einheimische Spezialitäten und Naturprodukte.

Geschenke & Spezialitäten

Albris F 1/4.indd 1 06-04-20 16.52.48

Page 46: piz Magazin No. 44

46 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

Das Ideal ist bekannt: Die Chefin oder der Patron

bleiben als Berater oder als Verwaltungsräte im

Hintergrund, geben hin und wieder einen Tipp,

lassen die Jungen aber machen. Gerade in wirtschaft-

lich eher klein strukturierten Regionen wie in Südbün-

den gilt dieser Weg als ideales Modell. Es gehen ihn

aber nicht nur Klein- und Mittelbetriebe. Auch be-

kannte Konzerne sind im Familienbesitz: Denner

wurde vor dem Weiterverkauf an Migros vom Enkel

übernommen, Swatch vom Sohn, die EMS-Chemie

ging an die Tochter. Unter den Grossbetrieben sind das

zwar die Ausnahmen, aber schweizweit bleiben nach

wie vor 40 Prozent der Firmen in den Familien und

werden von einer Generation an die nächste überge-

ben. Bei der grossen Bedeutung, die diese Nachfolge

weiterhin hat, geht gerne vergessen, wie komplex und

anspruchsvoll solche Entscheidungen sind – und zwar

für alle Beteiligten. Das beginnt bei der Besitzerin oder

dem Patron, die sich möglichst rechtzeitig Gedanken

über die Nachfolge machen müssten. Das Kunststück

dabei: Die Planung sollte beginnen, wenn sich die äl-

tere Generation noch voll im Saft fühlt und nicht erst,

wenn gesundheitliche Probleme auftreten.

Auf die lange Bank geschobenDie Erfahrungen zeigen allerdings, dass das Thema

gerne auf die lange Bank geschoben wird. Zum einen,

weil sich vor allem charismatische Unternehmerin-

nen und Unternehmer gerne für unersetzlich halten,

zum anderen, weil das Tagesgeschäft in einer Firma

anspruchsvoll ist und kaum Raum für längerfristige

Nachfolgeplanungen lässt. Fällt schliesslich der Ent-

scheid, sich damit auseinanderzusetzen, geht es zu-

erst um die Frage, wer überhaupt für die Nachfolge in

Betracht kommt: Sind Sohn oder Tochter fähig? Wol-

len sie überhaupt? Und wann? Falls ein Nachkomme

für die Nachfolge ausgewählt wird, müssen die An-

sprüche der anderen Erben gelöst werden. Steuern,

Erb- und Eherecht spielen eine wichtige Rolle. Nicht

zuletzt muss neben der Altersvorsorge der abtreten-

den Generation auch geklärt werden, womit sie sich

künftig beschäftigen, wenn das Unternehmen immer

der Lebensinhalt war.

Anspruchsvoll sind auch die Fragen, die sich die Nach-

folgerinnen und Nachfolger stellen müssen. Wollen

sie in die Fussstapfen der Älteren treten oder lieber et-

was Eigenes aufbauen? Vielleicht ziehen sie es vor, zu-

erst Erfahrungen in anderen Bereichen zu sammeln

und erst dann zu entscheiden. Ist die ältere Genera-

tion überhaupt bereit, die Verantwortung auch tat-

sächlich abzugeben – oder muss man sich ständige

Kritik oder Einmischungen gefallen lassen? Nicht sel-

ten führen solche Überlegungen zum Schluss, dass es

für alle Beteiligten besser ist, eine Geschäftsführung

ausserhalb der Familie zu suchen und bloss noch im

Verwaltungsrat mitzubestimmen oder das Unterneh-

men ganz zu verkaufen.

Viele BeratungsangeboteBei der Komplexität solcher Nachfolgeregelungen ist

es kein Wunder, dass es dafür zahlreiche spezialisierte

Beratungsangebote gibt. Die meisten grösseren Ban-

ken preisen sich als Spezialisten und organisieren re-

gelmässig Informationsveranstaltungen zu diesem

Thema. Es gibt diverse Unternehmensberatungen, die

sich spezialisiert darauf haben, oder auch Steuerex-

perten, die sich um Lösungen kümmern. Mediatorin-

nen und Coaches helfen mit, bei familiären Streitig-

keiten zu schlichten und eine Lösung zu finden.

Bei all den schwierigen und heiklen Fragen, die es zu

besprechen gilt, ist es nicht selbstverständlich, wenn

eine Nachfolge im Einvernehmen mit allen Beteilig-

ten gelöst wird. Wenn es gestandene Familienbetriebe

gibt, die gar von mehreren Generationen gemeinsam

geleitet werden, dann darf das fast schon als Kunst-

stück bezeichnet werden.

Text: Andreas Kneubühler

Fotos: Mayk Wendt

Es hat viel mit Tradition zu tun und irgendwie auch mit einer nostalgisch-heilen Wirtschafts-welt: Irgendwann übergibt der Firmengründer sein Geschäft an den Nachfolger aus der eige-nen Familie und der führt das Unternehmen weiter. Doch dieser Weg ist nicht hindernisfrei.

Das Geschäft bleibt in der Familie

Page 47: piz Magazin No. 44

47piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

DEM EDELSTEN LEBENSMITTEL VERSCHRIEBEN. «Wir sind drei

Brüder und jeder hätte gerne die Metzgerei übernommen, die schon

unser Grossvater vor rund 100 Jahren aufgebaut hat», sagt Ludwig

Hatecke (Mitte). Als Ältester der drei hatte er ebenfalls Metzger ge-

lernt und hat den Betrieb von seinem Vater Anton (rechts) übernom-

men, «aber meine Brüder würden das sicher mindestens so gut ma-

chen.» In der Familie leben die Väter den Söhnen die Qualitätsarbeit

vor: Fleisch als edelstes Lebensmittel hat grösste Sorgfalt verdient.

Entsprechend präsentieren sich auch die Geschäfte: Auf das eher

grobschlächtige einer Metzgerei trifft man hier nicht. – Und was hält

die vierte Generation davon? «Eigentlich arbeite ich ja hier für mich

und meine Generation, aber wenn die Jungen weitermachen, dann

freut einen das natürlich», sagt Ludwig Hatecke, und lachend ruft

Sohn David (links) quer durch den Laden: «Er hat mich hier hinein-

geprügelt.» Dass das nicht stimmen kann, merkt man sofort an der

selbstverständlichen Zusammenarbeit der Generationen. Vater Lud-

wig und Sohn David waren diesen Herbst zusammen in Paris, «um

uns schlau zu machen, was auf uns zukommt». Denn sie sind über-

zeugt, dass das, was sie dort entdecken, bald auch ins Engadin kom-

men wird. Dass Sohn David, der gelernte Koch, der zwischen zwei

Jobs und dem Militär ganz routiniert in Scuol in der Metzgerei steht,

den Familienbetrieb weiterführen wird, zeichne sich ab, sagt der Va-

ter – und der Sohn dementiert das nicht. Foto: Bernadette Steiner

Page 48: piz Magazin No. 44

48 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

WAS IMMER DU MACHST, MACH ES GUT. «Zwang gab es nie in der

Familie», sagt Thomas Walther (sitzend, 2. v.r.) vom gleichnamigen

Hotel in Pontresina. Die Urgrosseltern mit ihrem Betrieb in Films

mitgezählt, gehört er zur vierten Generation Hoteliers – seit drei Ge-

nerationen in Pontresina. Als Bub habe er allerdings noch die übli-

chen Berufswünsche gehabt, erinnert er sich: Lokführer oder Pilot.

Aber dann kam es doch zur klassischen Karriere: Kochlehre im «Pa-

lace» in St. Moritz und später Hotelier. Zehn Jahre war Thomas Wal-

ther weg und nie hatten die Eltern Barbara und Christian (sitzend, 1.

und 2. v.l.) gedrängt, sondern immer nur eines geraten: «Wenn du et-

was machst, mach es richtig.» – Lange vor der Rückkehr in den Fa-

milienbetrieb wurde über die Generationen hinweg diskutiert. Über

die Ziele war und ist man sich immer einig. Der Wechsel in der Be-

triebsführung zusammen mit Thomas’ Frau Anne-Rose (sitzend

rechts) verlief dann sehr harmonisch. Drei Generationen Walther –

mit den Kindern Valeria, Janick und Annina (stehend v.l.n.r.) – tref-

fen sich jeden Tag gemeinsam am Familientisch. So wie er es mit sei-

nen Eltern erlebt habe, so hält es Thomas Walther auch mit seinen

Kindern. Wenn im Hotel ein Anlass stattfindet, sagt er zu ihnen:

«Kommt, wenn ihr mögt.» Das Rezept funktioniert: Valeria hat sich –

ganz von sich aus – für eine kaufmännische Lehre in einem Hotel

entschieden. Foto: Mayk Wendt

Page 49: piz Magazin No. 44

49piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

DIE GRENZWÄCHTER-TRADITION IST ZU ENDE. Seit drei Gene ra-

tionen waren und sind die Rietmanns «Zöllner», Grenzwächter. Jac-

ques (links) und schon dessen Vater Robert (auf dem Foto). Sohn Ro-

bert (mit schwarzer Jacke) arbeitet sei den frühen Achtzigerjahren

beim Zoll, doch Sohn Patrick (rechts) hat die Tradition unterbro-

chen. Zwar liebäugelte auch er mit dem Beruf seiner Vorfahren, aber

als er die Ausbildung als Elektromonteur beendet hatte, war die Struk-

turanpassung bei der Grenzwacht im Gange und eine Berufskarri-

ere alles andere als sicher – jetzt arbeitet er bei der Kraftwerksgesell-

schaft. Der Vater hat dafür Verständnis, denn der Beruf habe sich

stark gewandelt. «Früher waren wir noch auf zweitägigen Kontroll-

touren in den Bergen unterwegs», das sei damals eine wichtige Mo-

tivation für die Berufswahl gewesen, «und natürlich habe ich den

Job von Grossvater und Vater her gekannt.» Heute geniesst Robert

Rietmann die Berge in der Freizeit und fliegt nur gelegentlich mit

den Heli-Kontrollen mit. Schmuggel zu Fuss über die Berge gibt es

nicht mehr. Heute geht es um grosse Mengen Schmugglerware, und

die kommt mit den Lastwagen. Und der Computer hat Einzug gehal-

ten. Seit Robert vor rund dreissig Jahren bei der Grenzwache begann,

ist der Personalbestand halbiert worden. Mit ein Grund, dass der Ju-

nior, Patrick, eine andere Karriere gewählt hat. Foto: Mayk Wendt

Page 50: piz Magazin No. 44

50 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

Eine Gruppe Kinder rennt durch einen Gang. Es

wird gelacht und gespielt. Ein Junge hat ein we-

nig den Anschluss verloren und springt deshalb

gleich noch ein wenig schneller, um seine Kollegen

wieder einzuholen. Zu schnell. Er stolpert über die ei-

genen Füsse und fällt. Die ersten Tränen lassen nicht

lange auf sich warten. Die erste Hilfe aber auch nicht.

Ein älterer Herr mit einer – nicht qualmenden – Bris-

sago im Mund hat das fröhliche Kindertreiben amü-

siert mitverfolgt und ist sogleich zur Stelle. Kurzer-

hand legt er seinen Gehstock zur Seite und hilft dem

Jungen wieder auf die Beine. Das Weinen hat aufge-

hört. Der Junge und der Mann stehen sich gegenüber

und lachen einander an.

Es ist keine Szene aus einem kitschigen Familienfilm,

sondern aus dem «Neugut» in Landquart. Das «Neu-

gut» ist der Inbegriff eines generationenübergreifen-

den Projektes: eine Alterssiedlung mit integrierter

Kindertagesstätte. Und entscheidend: Im «Neugut»

wird tatsächlich mit- und nicht nebeneinander gelebt.

«Der Austausch zwischen Jung und Alt soll auf eine

möglichst ungezwungene Art und Weise stattfinden»,

sagt Marica Juric, langjährige Pflegefachfrau und

Qualitätsverantwortliche des Betriebs. «So können

die Kinder den natürlichen Umgang mit der älteren

Generation lernen und treffen manchmal auch auf

die gesundheitlich handicapierte Generation», er-

gänzt Rosmarie Holzknecht, die stellvertretende Lei-

terin der Kindertagesstätte.

Bisher einziges BeispielIm «Neugut» gilt das Prinzip «alles kann, nichts muss».

Spontane Begegnungen zwischen Jung und Alt sind

jederzeit möglich, im Gang, in der Kantine beim Essen-

holen, auf den Stationen, im Garten, im Saal, auf dem

angegliederten Bauernhof oder in der Cafeteria. Aber

es gibt auch geplante Begegnungen. Zweimal im Mo-

nat findet «Turnen im Heim» statt, einmal im Monat

«offenes Spielen». Und vor Weihnachten werden ge-

meinsam Guetzli gebacken, es gibt den Samichlaustag

und einiges mehr.

Das Landquarter Beispiel zeigt eindrücklich, dass Pro-

jekte von generationenübergreifenden Mittags-

tischen und Kinderbetreuungen nicht nur funktio-

nieren, sondern für alle Beteiligten auch ein Gewinn

sind. Umso erstaunlicher, dass das Beispiel im Kanton

Graubünden noch immer eine Ausnahme ist. Ähnli-

che Ansätze gibt es immerhin in der Alterssiedlung

Der Rollator neben dem Kinderwagen

Text: Franco Brunner

Fotos: Gabriele Horndasch

Altersheime mit integrierten Kindertagesstätten. Firmenkantinen und Hotels, die Mittagsti-sche anbieten. Was sich in der Theorie als vorbildliche Vermischung der Generationen anhört, erweist sich in der Praxis – mit Ausnahmen – als eher unspektakulär.

Page 51: piz Magazin No. 44

51piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

Bodmer in Chur. Dort gibt es einen Mittagstisch für

die Seminaristinnen und Seminaristen. Zum eigentli-

chen Generationenaustausch kommt es dort aber

nicht. «Es ist mehr ein animiertes Nebeneinander»,

sagt der Leiter der Alterssiedlung, Andrea Menn. Trotz-

dem habe sich das Angebot seit mittlerweile sieben

Jahren bewährt. «Der Schüler-Mittagstisch belebt den

Betrieb und fördert den Kontakt und das Verständnis

unter den Generationen», so Menn. Auch im Senesca

Alterszentrum in Maienfeld holen die Primarschüler

ihr Essen am gleichen Ort wie die Seniorinnen und Se-

nioren. Gegessen wird jedoch in separaten Räumen. In

Laax ist ein Projekt, das sich Landquart als Vorbild ge-

nommen hatte, vor zwei Jahren abgelehnt worden,

noch bevor es konkret geplant werden konnte.

Essen im Hotel oder in der KantineAuch im Engadin haben sich die Mittagstische noch

nicht durchgesetzt, weder im eher urbanen Ober-

noch im eher ländlichen Unterengadin.

Beispiel S-chanf: Die Primarschule bietet einen Mit-

tagstisch im Hotel Scaletta an. Da die Kinder mit den

Lehrpersonen jeweils erst um 12.15 Uhr im Hotel er-

scheinen und es schon vor 13 Uhr wieder verlassen,

würden sich nur selten Kontakte mit den Hotelgästen

ergeben. «Von generationenübergreifenden Kontak-

ten und Begegnungen zu sprechen, wäre übertrieben»,

sagt Eva Pünchera von der Primarschule S-chanf. Das

Angebot werde aber rege genutzt: «Wir haben seit

sechs Jahren sehr gute Erfahrungen gemacht.»

Beispiel Bever: Dort steht die Kantine der Baufirma Le-

natti als Mittagstisch für die Schulkinder bereit. Doch

die Nachfrage ist derzeit zu klein und das Projekt ist

bis auf weiteres auf Eis gelegt, wie Schulleiterin Tania

Badel erklärt: «Wir sind eine sehr kleine Gemeinde, in

der das soziale Umfeld noch intakt ist.» Trotzdem

könne und würde man das Angebot von heute auf

morgen wieder aktivieren, wenn Bedarf vorhanden

wäre. Derzeit benötige in Bever nur eine Familie ein

Mittagstischangebot. Das betreffende Mädchen kann

bei der Familie eines ihrer Schulkollegen essen.

Scuol sucht nach einer LösungIn Scuol diskutiert man schon länger über einen Schü-

ler-Mittagstisch im Altersheim Chasa Puntota. Noch

bleibt es bei der Idee und die involvierten Stellen  –

Schule, Gemeinde, Altersheim und Eltern  – warten

auf einen ersten Schritt der jeweils anderen. Doch mit

dem neuen Schulgesetz können Gemeinden ab dem

nächsten Schuljahr zu Tagesstrukturen respektive

Mittagstischen verpflichtet werden, weiss Anna Ma-

this, Schulratspräsidentin in Scuol: «Die Blockzeiten

die mit dem neuen Schulgesetz eingeführt werden,

und die stetig steigenden Schülerzahlen geben die

Richtung vor.» Anna Mathis ist klar, dass ein generati-

onenübergreifender Mittagstisch eine ideale Lösung

wäre. «Die Idee steht bei uns ganz klar an erster Stelle»,

doch das Projekt stecke noch in den Kinderschuhen.

Immerhin seien alle Beteiligten positiv eingestellt.

Doch generationenübergreifende Angebote können

auch zu Problemen führen. In der Montalin-Schule in

Chur wurde das gemeinsame Essen im nahen Alters-

heim nach kurzer Zeit wieder aufgegeben, denn die

Heimbewohner fühlten sich vom Lärm und dem Trei-

ben der Kinder überfordert. Heute gibt es dort eine (ge-

nerationen-)gestaffelte Essensabgabe. – In Landquart

kennt man solche Probleme nicht. Wohl auch, weil

dort nicht gemeinsam gegessen wird und es – für beide

Seiten – immer Rückzugsmöglichkeiten gibt. «Das Ge-

meinschaftsprojekt hat sich bei uns bewährt», zieht

Rosmarie Holzknecht Bilanz. Bei den gemeinsamen

Unternehmungen sei jeweils rundum Freude zu spü-

ren, die sie nicht mehr missen möchte. Muss sie auch

nicht, denn der nächste Fasnachtsumzug durch das

Betagtenheim samt Rollator-Mitfahrgelegenheit für

die Kleinen folgt bestimmt.

5

Informationen über das Zentrum für Betagte und Kinder Neugut, Landquart:www.neugut-landquart.ch

Page 52: piz Magazin No. 44

52 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

Stubete am See 2012: Im romantischen Sommer-

garten «Bauschänzli» mitten in Zürich singen

drei bildhübsche junge Frauen glockenhell und

inbrünstig «s’ Landidörfli», jene überschwängliche,

walzerselige Liebeserklärung an die Landesausstel-

lung 1939, die für Generationen eine Art sentimentale

Nationalhymne war. Es sind Madlaina (27), Cristina

(25) und Anna Staschia (18), Töchter der Musiker von

den «Fränzlis da Tschlin» (siehe piz 36, Winter

2008/2009). Sie singen kapriziös, herzerweichend,

eine Augen- und Ohrenweide, ständig in Bewegung,

wippend, tänzelnd. Alle drei musizieren konzertreif.

Ihr Liedchen ist ein Highlight im Programm «Zürich

wackelt», mit dem die Engadiner Musikerfamilie Ja-

nett Zürich als Ländlerstadt rehabilitieren, wenn

nicht gar reaktivieren, will. Denn das war Zürich tat-

sächlich einmal, eine Ländlerstadt, in den 1920er-

und 1930er-Jahren.

Widerborstige ModerationenMadlaina Janett ist diplomierte Grafikerin und Illust-

ratorin. Sie spielt aber auch Bratsche, und dies mehr

als nur hobbymässig. Mit Musik, vielen romanischen

Kinderliedern und Flötenunterricht aufgewachsen,

wollte sie aber nie Musik studieren. Obwohl ein Leben

ohne Musik für sie nicht auszuhalten wäre. Sie gestal-

tet die Drucksachen und Flyer für die Konzerte. Auch

das witzige Cover der jüngsten CD «Fränzli live! Da la

Turnhalla a la Tonhalla», trägt ihre Handschrift. Sie

moderiert auch «Giodim», den rumantschen Lieder-

abend mit tieftraurigen Balladen, bösen Spottliedern

und lüpfigen Tänzen. Sie ist dabei der verschworen

eingespielten, schwarz gekleideten «Fränzli»-Män-

nerrunde spürbar zugeneigt und sie über setzt die

volkstümlichen Herzschmerztexte brillant und

manchmal widerborstig aus dem Romanischen:

«Wieso meinen diese Mädchen bloss immer alle, hei-

raten sei das Wichtigste überhaupt?»

Madlaina kontrastiert die alten Lieder unbefangen

mit heutigen Sichtweisen einer modernen Frau. Wer

sie in dieser Rolle erlebt, ist nicht nur begeistert, son-

dern auch beruhigt: «Ils Fränzlis da Tschlin» bleiben

unermüdlich spielfreudig und «in viadi», sie sind

auch in Zukunft unterwegs. Sie bleiben die Profis des

melodischen «Increschantüm», des Heimwehs, das

die Engadinerinnen und Engadiner auch dann plagt,

wenn sie zuhause sind – wo auch immer.

Eine musikalische BergtourZusammen mit der Historikerin Dorothea Zimmer-

mann (sie lernten sich beim Jobben im Service ken-

nen) hat Madlaina aufgrund ihrer Masterarbeit an der

Zürcher Hochschule der Künste («Projekt für eine

Stadtintervention») zum Thema Volksmusik eine

«vergnügliche Bergtour durch die Zürcher Innenstadt»

als Stadtführung konzipiert. «Es ist nicht immer über-

all Land drin, wo Ländler draufsteht», provoziert die

Heimwehbündnerin Madlaina vergnügt: «In Zürich

hat vor nicht allzu langer Zeit einiges begonnen, was

wir heute als uralte, bäuerlich-ländlich geprägte

Volkskultur wahrnehmen. So hat etwa die Trachten-

bewegung von Zürich aus ihren Siegeszug ins Land hi-

naus begonnen.» Und sie zitiert genüsslich die heute

unerhört pathetische Prosa eines Landi-Journalisten,

der damals einen Umzug beschrieb: «In diesem Trach-

tenvolk, das in seiner Herrlichkeit vor uns Städtern vo-

rüberzog, erkannten wir uns plötzlich selber in den

besten Zügen unseres eigenen Wesens. Wir spürten

alle leise in uns das Bauernblut rollen, das immer wie-

der die Bevölkerung der Städte mit neuen Säften

durchsetzt», die Passage findet sich im Goldenen Buch

der Landi, 1939.

Mit von der Partie an dieser unvergesslichen Stadtfüh-

rung war auch der Klarinettist, Saxophonist und Kom-

ponist Domenic Janett (63), das musikalische Gewis-

sen der Grossfamilie. Ihr Star, ihr Primus inter

Text: Esther Scheidegger

Fotos: Maurice Grünig

Sie sind keine Volksmusik-Quotenfrauen. Das haben ihre in die besten Jahre gekommenen Vä-ter, «Ils Fränzlis da Tschlin», fürwahr nicht nötig. Und ihre musikalischen Töchter Madlaina, Cristina und Anna Staschia Janett sowieso nicht.

Die Zukunft der Fränzlis ist weiblich

Foto rechte Seite:

Die Frauen der jüngsten

Generation der Grossfamilie

Janett spielen auf:

Madlaina, Cristina und

Anna Staschia (v.l.n.r.)

Page 53: piz Magazin No. 44
Page 54: piz Magazin No. 44

54 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

Pares – ohne ihn geht eigentlich nichts! Madlaina, die

Älteste der nachfolgenden Janett-Generation, ist in

Sulgen im Thurgau aufgewachsen. Die Mutter, Kin-

dergärtnerin, hat ihren Vollblutmusiker-Ehemann

Curdin (59)  – wie im Bilderbuch  – schon als Mäd-

chen in Tschlin kennengelernt, wo sie oft in den Fe-

rien war. Tochter Madlaina war noch nicht einmal auf

der Welt, als ihr Vater und seine Brüder Domenic (Kla-

rinette) und Duri (Kornett) zusammen mit Men Stei-

ner (Violine) und Flurin Caviezel (Bratsche) «Ils Fränz-

lis da Tschlin» gründeten. Der «Urfränzli», der Erfinder

der eigenwilligen, auch manchmal schrägen Volks-

musik, war der blinde Geiger und Klarinettist Franz-

Josef «Fränzli» Waser (1858–1895).

«L’amur nun es pulenta». Für die «Fränzlis» ist – wie

im romanischen Sprichwort – die Volksmusik wie die

Liebe keine gewöhnliche Polenta, keine Alltagskost.

Musiziert haben sie alle von Kindsbeinen an. Wie

schon ihre Onkel, baba Clà und baba Giovanin, die

zuhause im Unterengadin im legendären (ehemali-

gen) Hotel Muttler für ihr Dorf und bei Hochzeitsfes-

ten, aber auch bei Beerdigungen lüpfig aufspielten. Ihr

Grossvater Men Janett war langjähriger Dirigent der

Tschliner Dorfmusik und des gemischten Chors.

«Machsch en Witz?»Die lavuratori (Musikwerkstatt) der «Fränzlis», die je-

den Sommer in Tschlin stattfindet, hat mittlerweile

Kultstatus und wachsenden Zulauf, mit täglichen

Platzkonzerten und einem Abschlussfest. Ihr 30-Jahr-

Jubiläum feiert die Formation mit dem neuen Pro-

gramm «3 x 7 = 21 + 9 = 30, nimm den Löffel und iss

die Polenta». Den geradezu dadaistischen Titel ver-

danken sie einem Kollegen, dem er vor 150 Jahren zu

einem alten Engadiner Schottisch einfiel.

Madlaina ist seit 2002 eine «Fränzli», sie übernahm

den Part von Flurin Caviezel, der fünf Jahre lang das

Amt für Kultur des Kantons Graubünden leitete und

heute wieder als Multiinstrumentalist und Kabarettist

durchs Land tourt. Als sie ihr Vater damals fragte, ob

sie mitmachen wolle, erinnert sich Madlaina, sei sie

perplex gewesen: «Machsch en Witz?»

Schwester und CousineNeu ist nun auch ihre Schwester Cristina mit dabei,

die klassische Konzertcellistin und Cellolehrerin. An

der Hochschule der Künste in Bern hat sie mit einem

Master in Musikpädagogik abgeschlossen. In Zürich

absolvierte sie den Studiengang Master Perfomance.

Cristina war Mitglied des Schweizer Jugend-Sinfonie-

Orchesters. Heute spielt sie in verschiedenen Kam-

mermusik-Ensembles und auch in der Formation für

neue Schweizer Volksmusik namens «C’est si B.O.N.».

Zusammen mit Barbara Gisler, ebenfalls eine bravou-

röse klassische Cellistin und früher einmal Nachbars-

kind, mit Madlaina, mit Bruder Niculin (22), dem

Jazz-Saxophonisten, und mit Curdin Janett. Die Beat-

les werden auf Romanisch übersetzt, Streicher jo-

deln – es bleibt kein Auge trocken.

Zur jüngsten Janett-Generation gehört auch Anna Sta-

schia, die Tochter von Domenic und seiner indisch-

schweizerischen Frau Rupali. Sie leben in Stugl im Al-

bulatal. Ins Gymi geht Anna Staschia nach Samedan,

Ärztin möchte sie vielleicht werden. Oder doch lieber

Berufsmusikerin? Zur Geigenstunde fährt sie nach

Davos. Auch bei ihrem Onkel Jachen Janett hat sie Un-

terricht. Bei ihren anderen Onkeln und Cousinen

spielt sie mit, wann immer es möglich ist. Sie schlingt

eine Schärpe um die Taille, trägt auch einmal den Uni-

formhut mit Federbusch aus dem Fundus der Vorfah-

ren – und sie spielt virtuos!

Die Grossfamilie Janett spielt traditionelle und neue

Volksmusik, sie bewegt sich lustvoll auch in anderen

Stilen, selbst Klassik ist nicht tabu: Weltmusik mit

Tschliner Wurzeln. Der Applaus ist nicht enden wol-

lend – auch im Unterland.

CD-TIPPFränzlis live.

Da la Turnhalla a la Tonhalla. Zytglogge Verlag, 2009.

CHF 28.50

Der Fototermin am Zürcher

Stadthausquai wird zum

spontanen Konzert mit begeis-

terten Touristen als Zuhörer:

Madlaina, Cristina und

Anna Staschia Janett (v.l.n.r.)

Page 55: piz Magazin No. 44

HOTEL • RESTAURANT • HAMAM • CH-7524 ZUOZ TEL +41 (0)81 851 52 53 • www.hotelcastell.ch

Eine wundersame Hotelwelt für die ganze Familie: Natur, Sport, Architektur, Kunst, Genuss und Relaxing.

Willkommen im Hotel Castell.

Inserat Piz, Hotel Castell, 1/4 Seite hoch (90x123), Satzspiegel, 4c

mar-Gymnasium mit sehr breitem Wahlangebot

Handelsmittelschule mit Berufsmatura

Fachmittelschule Gesundheit und Pädagogik

Bildungs- und Berufsvorbereitungsjahr

Flexible Lösungen für musiktalente und Leistungssportlerund -sportlerinnen

Lernwerkstatt avanti

Engadiner Kinderuniversität

neues mittelschulgebäude

Academia Engiadina – Mittelschule Quadratscha 18, 7503 SamedanTelefon 081 851 06 12 [email protected] www.academia-engiadina.ch

Wir machen Schule.

Engadiner SpezialitätenNusstortenBirnbrote

...S

pecia

lita

ts

ou

r

dal P

arc N

aziu

nal...

da

l cu

n

Lavin/Zernez

Furnaria • Pastizaria • Cafè

www.giacometti-lavin.chTel. 081 860 30 30

Page 56: piz Magazin No. 44

56 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

Als Luise Silverberg am 26. November 1905 in

Köln geboren wurde, hätte niemand gedacht,

dass ihr – später französisch geschriebener

Name «Louise» – im Engadin lange über ihren Tod hi-

naus ein Synonym für Grosszügigkeit und Weitblick

sein würde. Louises Vater, Paul, war der einzige Sohn

von vier Kindern, wurde Rechtsanwalt und trat nach

dem plötzlichen Tod seines Vaters 1903 in die Fami-

lienunternehmungen ein. Er war jüdischer Herkunft

und trat mit neunzehn Jahren zum protestantischen

Glauben über, baute ein Wirtschaftsimperium auf,

das zu den bedeutendsten der Weimarer Republik ge-

hörte. Er hatte über fünfzig Vorstands- und Aufsichts-

ratsmandate inne, engagierte sich politisch, sozial

und kulturell. 1905 heiratete er die katholische Jo-

hanna Stieger und Tochter Louise wurde katholisch

getauft, war aber nach dem Verständnis der National-

sozialisten trotzdem Halbjüdin. Louise wuchs behü-

tet in Köln auf und verbrachte die Sommerferien am

Starnberger See, bei der Grossmutter väterlicherseits

in Bozen und wohl auch schon im Engadin.

Aus ihrer Kindheit rührt ihre Liebe zu Hunden und

Katzen, zur Bergwelt und der Natur. Sie wurde zu

Hause von Privatlehrern unterrichtet. Doch mit dem

Ausbruch des Ersten Weltkriegs, 1914, ging diese un-

beschwerte Zeit zu Ende. Der Vater musste an die

Front, die Mutter eröffnete zu Hause eine Pflegesta-

tion. 1917 wurde die Ehe der Silverbergs geschieden,

für die Tochter ein existentieller Schock. Die Mutter

hatte sich neu verliebt und Louise kämpfte zeitlebens

mit Schuldgefühlen, da sie sich als Vermittlerin der

Bekanntschaft mit dem neuen Mann, den die Mutter

1920 heiratete, verantwortlich fühlte.

Der Vater emigriert 1933 in die Schweiz …Die späteren schulischen Leistungen waren schlecht

und Louise verliess das Berliner Lyceum. Sie zog zum

Vater nach Köln, besuchte dort eine Landwirtschafts-

schule, absolvierte ein Haushaltsjahr und arbeitete

auf dem Gut des Vaters. Dieser entschloss sich 1933,

nach der Machtübernahme Hitlers, in die Schweiz ins

Exil zu gehen. Er verkaufte den Hof, das Geld floss an

Louise, da es bereits nicht mehr aus Deutschland her-

austransferiert werden konnte.

Die junge Frau zog es nach München, wo sie schnell ei-

nen grossen Bekanntenkreis hatte und sportlich sehr

aktiv war. Die Urlaube verbrachte sie mit dem Vater im

Hotel «Waldhaus» in Sils oder im «Suvretta House» in

Paradies der Worte und Gedanken

Text: Marina U. Fuchs

Fotos: Biblioteca Engiadinaisa

Die Biblioteca Engiadinaisa in Sils ist ein spezieller Ort – ein ruhiges Paradies der Worte und Gedanken, mehr stilvolles privates Wohnhaus denn öffentlicher Raum. Die Bibliothek geht zu-rück auf eine grosszügige und vorausschauende Stifterin: Louise Silverberg.

Quelle: u.a. Louise Silverberg, Stationen ihres Lebens,

Zur Erinnerung an die Gründe-rin der Stiftung Biblioteca

Engiadinaisa, Sils/Segl, 2001

Page 57: piz Magazin No. 44

57piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

St. Moritz. Dort lernte sie die verwitwete Gertrud

Thyssen kennen und es entstand eine enge Beziehung

mit vielen gemeinsamen abenteuerlichen Reisen.

Der Verfolgung durch die Nazis entging Louise Silver-

berg auch deshalb, weil ihre Freundin sie immer wie-

der versteckte und ihr Vater Aktien an die Nationalso-

zialisten abtrat. Diese hatten gedroht, im Falle einer

Weigerung gegen die Tochter vorzugehen. Nach den

ersten Bombenangriffen auf München 1944 brachten

sich die beiden Frauen auf dem Land in Sicherheit.

Dort entstand ihr Plan, ein Geburts- und Wohnheim

für Mütter und Kinder zu gründen, dazu später noch

ein Kinderheim. In Wartaweil, westlich von Mün-

chen, fanden sie ein passendes Anwesen. Gertrud

Thyssen, eine gelernte Hebamme, übernahm die Lei-

tung, Louise Silverberg kümmerte sich um Verwal-

tung und Küche. Doch ob all der Arbeit lebten sich die

Freundinnen auseinander.

… die Tochter folgt dem Vater 1957Louise Silverberg verliess Bayern 1957, begleitet von

ihrer Sekretärin Marianne Hauer. Die Entscheidung

für das Engadin fiel nicht nur, weil sie dort als Kind

und Jugendliche glückliche Zeiten verbrachte, son-

dern auch, weil sich die starke Raucherin von der Hö-

henlage Besserung für ihre angegriffene Gesundheit

versprach. Zunächst bewohnten die beiden Frauen Sil-

verbergs Ferienwohnung in der «Chesa Serlas» in

St. Moritz, zogen aber schon bald mit den Hunden

und Katzen in die neu erbaute Villa «Peter und Paul»

an die Via Anemona im Suvrettagebiet. Louise Silver-

berg lebte dort sehr zurückgezogen, widmete sich der

Literatur, der Musik und der Naturfotografie und be-

suchte oft ihren Vater, der inzwischen in Lugano lebte

und Bürger von Liechtenstein geworden war. 1959

starben sowohl Vater Paul wie Mutter Johanna.

Selbst gesundheitlich sehr angeschlagen, gründete

Louise mit dem ererbten Vermögen mehrere Stiftun-

gen. Die wichtigste und bekannteste ist die Biblioteca

Engiadinaisa in Erinnerung an ihren Vater und des-

sen Liebe zum Engadin. Zum Erbe Paul Silverbergs ge-

hörte auch eine umfangreiche Bibliothek. 2600 Bü-

cher aus den Bereichen Geschichte und Belletristik

sollten zum Grundstock einer Bibliothek werden, wie

es sie im Engadin noch nicht gab. Ihr schwebte eine

Freihandbibliothek vor, in der Einheimische und

Ferien gäste kostenlos Bücher ausleihen und in schö-

nem Ambiente vor Ort lesen können. Ihre Freundin

Anita Forrer bot ihr Bauland in Sils-Baselgia an, an ei-

nem Ort, den Louise besonders schätzte, weil er fernab

von Glamour und Partys lag. Vom ererbten Vermögen

werden aber auch zahlreiche kulturelle Projekte im

Engadin und in den Südtälern unterstützt.

Treffpunkt der GenerationenAm 5. Juni 1962 wurde die Bibliothek mit einem Fest-

akt eröffnet. In ihrer Ansprache betonte die Stifterin

die Dankbarkeit ihres Vaters gegenüber der Schweiz,

die ihm 1933 eine Heimat bot und die er bis zu seinem

Tode nie mehr verlassen hatte. Und sie verwies auch

auf ihre eigene Liebe zum Engadin. Schnell etablierte

sich die Bibliothek. Anita Forrer, die im Obergeschoss

auf Lebzeiten Wohnrecht hatte, berichtete beim fünf-

jährigen Jubiläum von bis zu fünfzig Besuchern täg-

lich. Trotzdem wurden Erweiterungspläne verworfen,

um den intimen Charakter nicht zu zerstören.

Louise Silverberg starb am Weihnachtstag 1969, und

nach dem Tod von Anita Forrer wurde auch das Ober-

geschoss zur Bibliothek. Der grösste Anziehungs-

punkt ist die ständig wachsende Sammlung an Bü-

chern, die sich mit dem Engadin und der romanischen

Sprache befassen, sowie die Bände heimischer Auto-

rinnen und Autoren. – Am grossen Holztisch, mit

Blick in die faszinierende Natur, treffen sich regelmäs-

sig die Generationen, denn Kinder und Senioren sind

die intensivsten Nutzer der Biblioteca.

Louise Silverberg (links) hat die

Biblioteca Engiadinaisa in Sils-

Baselgia gegründet. Heute ist

daraus eine moderne Freihand-

bibliothek geworden, in einzel-

nen Räumen mit dem Charme

der Gründungszeit.

TAUSENDE BUCHER In der Biblioteca Engiadinaisa stehen 18’000 Bücher. Eine um-fangreiche Sammlung über das Engadin, aber auch Klassiker, aktuelle Bestseller, Sachbücher, Zeitschriften und Kinderbücher, dazu fast 2’000 Kassetten und CDs sowie mehr als 600 DVDs. In den fünfzig Jahren des Beste-hens der Biblioteca wurden die Bestände gut 350’000-mal aus-geliehen.

Biblioteca Engiadinaisa Via da Baselgia 467515 Sils/Segl-Baselgiawww.bibliotecasegl.ch Öffnungszeiten: Mo–Fr 10–11.30 und 15–18 hDo bis 21 h

Page 58: piz Magazin No. 44

Im Herzen des Tourismus

Infotage in SamedanSamstag, 26. Januar 2013 und 23. Februar 2013Informieren Sie sich aus erster Hand über das Vollzeitstudium «Dipl. Tourismusfachfrau HF/-mann HF». Wir stellen Ihnen den eidgenössisch anerkannten Studiengang und den Campus unserer Höheren Fachschule vor.

Die Veranstaltungen dauern jeweils von 11 bis ca. 16 Uhr.

Die HFT Graubünden bereitet Sie optimal auf die Tätigkeit und Karriere in der Tourismusbranche vor, und dies mitten in einer der führenden Ferien-Regionen der Welt, Engadin St. Moritz.

Infos und Anmeldung: www.hftgr.ch

T +41(0)81 851 06 [email protected]

Via Cruscheda 3 · CH-7504 Pontresina/EngadinTelefon +41 (0)81 842 62 73 · www.sennerei-pontresina.ch

Vier aufregende Frisch-Fonduemischungen fixfertig aus

der Sennerei Pontresina

www.gletscherfondue.ch

Sennerei_PizMagazin_90x123

PIZ-ANZEIGENVERKAUF | INSERATS: E . DECK MARKETING SOLUTIONSVIA GIOVANNI SEGANTINI 22, CH-7500 ST. MORITZ, TEL . +41 (0)81 832 12 93, E [email protected]

Und da könntand Sie no a   Werbig macha! *

* Deutsch: Und hier wäre ein idealer Platz für Ihr kleines Inserat!

Die Praxis Ihres schönenund gesunden Lächelns.

Zahnärzte Ziedas

Surtuor 2, 7503 Samedan | Telefon 081 852 40 44 | [email protected] | www.ziedas.ch

Die Praxis Ihres schönenund gesunden Lächelns.

Zahnärzte Ziedas

Surtuor 2, 7503 Samedan | Telefon 081 852 40 44 | [email protected] | www.ziedas.ch

Page 59: piz Magazin No. 44

zollfreibei uns werden sie garantiert fündig!sport & mode parfum & kosmetik uhren & schmuck duty free

starke marken. starke werte .7563 Samnaun Dorf · [email protected] · www.hangl.ch

Tel. 081 / 861 92 00

Shoppingparadies Samnaun

EUROCENTER · Talstrasse 88 · 7563 Samnaun DorfTel. 081 / 868 58 80 · [email protected]

Butter, Zucker, Kaffee, Zigaretten, Parfum, Spirituosen, Schokolade, Souvenirartikel, Autozu-behör etc.

In unserer Cafèteria können Sie sich bei Getränken und kleinen Imbissen stärken.

Täglich aktuelle Treibstoffpreiseunter: www.eurocenter.ch

Tanken von 0 – 24 Uhr durch Noten- und Kredit-kartenbetrieb.

GraTIs- autowäsche-Bon: Wenn Sie 4x bei uns tanken, erhalten Sie eine GraTIs- aUTOWÄsCHE!

Bei uns finden sie eine große auswahl an unterschiedlichenZollfrei-Produkten wie:

Gratis-Kaffee

bei jeder

Tankung!

Täglich von 7.00 bis 20.00 Uhr für sie geöffnet!

15345_Hangl_AG_Inserat_PIZ_220x287.indd 1 31.10.12 10:33

Page 60: piz Magazin No. 44

60 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

BUCHER

Von Jägern und Hirten

Thomas Reitmaier (Hrsg.): «Letzte Jäger,

erste Hirten, hochalpine Archäologie in der

Silvretta», Amt für Kultur Graubünden /

Südostschweiz Buchverlag, 2012, Fr. 32.–

Seit Jahrtausenden rin-

gen Menschen auch in

den Alpen der Natur

ihr tägliches Brot ab.

Wenig scheint dabei so

selbstverständlich wie

die sommerliche Nutzung der rei-

chen Hochweiden. Die Ursprünge der

Alpwirtschaft sind bislang unbe-

kannt. Seit 2007 untersucht ein breit

angelegtes Forschungsprojekt die Sil-

vrettagruppe zwischen dem Unter-

engadin, Paznaun und Montafon.

Die reich bebilderte Publikation gibt

Einblick in die vielseitigen Methoden

der Archäologie im Hochgebirge.

17 Beiträge informieren über den ak-

tuellen Stand des Projektes: Von der

Entdeckung der ältesten Schweizer

Alphütte im Fimbertal bis zum wie-

der aufgetauchten «Veltliner Hüsli»

im Silvrettasee.

Neu aufgelegt: Hotelgeschichte

Isabelle Rucki: «Das Hotel in den Alpen. Die

Geschichte der Oberengadiner Hotelarchitektur

ab 1860». Fotos: Heinrich Helfenstein.

Verlag hier + jetzt, 2012, Fr. 69.–

Vor über 20 Jahren

war das Buch zum

ersten Mal erschie-

nen, aber seit Jahren

vergriffen. Die Auto-

rin, Isabelle Rucki,

die kurz vor der Fertigstellung des Bu-

ches starb, hat ihre Forschungen wei-

tergetrieben und sie verfolgte die En-

gadiner Hotelgeschichte bis in die

Gegenwart. Sie konnte die Neuauf-

lage noch bis fast zum Schluss beglei-

ten. Neue Schwerpunkte sind das Ho-

telbauverbot von 1915, die klassische

Moderne und deren weitgehendes

Fehlen im Engadiner Hotelbau. Auch

die in den 1940er-Jahren angestrebte

«Sanierung» ist ein grosses Thema.

Der Band ist mit aktuellen Aufnah-

men des Architekturfotografen

Heinrich Helfenstein grossformatig

illustriert.

Scuol dokumentiert

Paul Eugen Grimm: «Scuol, Landschaft –

Geschichte – Menschen», Druckerei Gamme-

ter, St. Moritz, 2012, Fr. 79.–

Ein 600 Seiten dickes

und schweres Buch

hat der Historiker

Paul Eugen Grimm

zur Geschichte von

Scuol verfasst. Er be-

schreibt darin alle Facetten: Land-

schaft, Geschichte und Menschen.

Das wissenschaftliche Werk ist aber

keineswegs trocken, sondern schil-

dert auch zahlreiche amüsante Anek-

doten. Der Band ist reich illustriert

und man entdeckt hier auch die ers-

ten Fotos, die von Scuol gemacht

wurden. Autor Paul Eugen Grimm

war bis vor kurzem Lehrer am Hoch-

alpinen Institut Ftan und er hat auch

bereits eine Chronik von Ftan ver-

fasst. Scuols Geschichte schildert er

immer in grösseren Zusammenhän-

gen. Der Blick geht über die Nachbar-

gemeinden hinaus bis nach Chur,

Bern oder Innsbruck.

Eine persönliche Reise

Angelika Overath: «Fliessendes Land»,

Luchterhand, 2012, Fr. 24.50

«Fliessendes Land» ist

vielleicht das persön-

lichste Buch der in Sent

wohnhaften Schriftstel-

lerin Angelika Overath:

eine Reise in die eigene

Vergangenheit, in andere Länder und

Kulturen, in die Welt des Schreibens.

Ihre Geschichten erzählen von der

Begegnung mit ungewöhnlichen

Menschen und geben uns Einblick in

ihre Werkstatt. Sie kehrt zurück ins

verlorene Atlantis der Kindheit und

der Jugend. Sie erzählt von Verheis-

sung und Scham, von väterlichen

Fussballritualen, von den Irritatio-

nen erster Sexualität unter Kirsch-

bäumen und den scheuen Gesten er-

hoffter Freundschaft. Sie fragt immer

wieder, was Wirklichkeit ausmacht

und wie die Grenzen zwischen geleb-

tem Augenblick und Traum, Glücks-

erfahrung und Angst verlaufen.

Bewegte «Schwarze Geschichte»

Patrick A. Wild: «Die Buchdruckerkunst im

Engadin», Verlag Casanova, 2012, Fr. 37.–

Romanisch war lange

eine gesprochene

Sprache. Mit der Refor-

mation im 16. Jahr-

hundert nahm das

(religiöse) Lesebedürf-

nis vielerorts zu. Im Sommer 1659

bekamen die beiden reformierten

Pfarrer Joan Pitschen Salutz und Ja-

chen Andri Dorta die Erlaubnis, in

«Schultz» (Scuol) eine Druckerei zu

eröffnen. Sie fuhren nach Poschiavo,

machten sich in der dort schon 1548

gegründeten Offizin Dolfino Lan-

dolfi kundig und veröffentlichten

1679 die erste romanische Bibel. In

Chur war ab 1672 der aus Vorarlberg

stammende Drucker Johann Georg

Barbisch tätig, der sich als Wander-

drucker etablierte. All das erfahren

wir im leidenschaftlich recherchier-

ten neuen Buch über die Buchdru-

ckerkunst im Engadin. (es)

Kindheitserinnerungen

Martin Raschèr: «Ova da Savun – Seifen-

wasser». Chasa editura rumantscha, Ru-

mantsch puter / deutsch. 2012, Fr. 29.–

«Die Zeit, die ich auf der

Stallbank neben dem

Grossvater verbrachte,

ist unvergesslich.

Manchmal denke ich,

dass ich auf dieser Bank,

wenn nicht mehr, so doch ebenso

Wichtiges gelernt habe wie auf den

unzähligen Schulbänken, die ich in

meinem Leben habe drücken müs-

sen.» In «Ova da savun / Seifenwas-

ser» beschreibt der heute 91-jährige

Autor Martin Raschèr in 35 Episoden

und Erinnerungen seine Kindheit

und sein Leben. Er hatte die Ge-

schichten zuerst auf Deutsch für

seine Familie niedergeschrieben.

Die Puter-Fassungen sind speziell für

das Buch entstanden. Eine der Ge-

schichten erzählt vom milchig-

blauen Seifenwasser, mit welchem

sich die Kinder wuschen – es gab

dem Buch den Titel.

Bergeller Architektur

Bündner Heimatschutz Sektion Engadin

und Südtäler: «Bergell – Architekturrundgänge

in Graubünden», Verlag Desertina, 2012,

Fr. 12.– (auch als italienische Ausgabe)

Der erste Architektur-

führer des Heimat-

schutzes erschien

2003 zu Poschiavo.

Jetzt ist der zweite

Band dem Bergell ge-

widmet. Er führt zu 25 Stationen der

Baukultur zwischen Maloja und Cas-

tasegna. Der Führer wurde von der

Kunsthistorikerin Ludmila Seifert-

Uherkovich verfasst und ist mit Auf-

nahmen des Fotografen Ralph Feiner

illustriert. Es gibt ihn in Deutsch und

Italienisch.

Aus dem Dunkeln leuchten

Ulrich Wismer, Hrsg.: «Glasmaler Gian

Casty – Aus dem Dunkeln leuchten», Verlag

Wälchli, Aarwangen, 2012, Fr. 62.–

Bestelladresse: [email protected]

Gian Casty (1914–

1979) stammte aus

Zuoz und arbeitete

als Glasmaler in

Basel. Seiner Heimat

Oberengadin aber

blieb er immer verbunden. In den

1970er-Jahren wurden seine Werke

im selben Atemzug genannt wie jene

von Marc Chagall. Seine Arbeiten

sind weitgehend vergessen, obwohl

sie bis heute zu bewundern sind,

etwa in den Kirchen in St. Moritz-

Bad, in Madulain und Zuoz oder am

grossen Fenster mit den dreizehn

Lämmern in der reformierten Kirche

in Scuol. Castys Werke findet man

aber in der ganzen Schweiz. Der

Künstler stellte seine Glasfenster sel-

ber her und entwickelte neue Techni-

ken. Er legte grossen Wert auf die

Wirkung des Lichtes.

Buchhandlung · PapeterieST. MORITZ

Page 61: piz Magazin No. 44

Ausflugstipps Engadin / Valposchiavo

Beratung / Reservation / VerkaufAn jedem bedienten RhB-Bahnhof oder direkt am Bahnhof St. Moritz, Tel +41 (0)81 288 56 40, [email protected] www.rhb.ch

Bernina ExpressVon den Gletschern zu den PalmenErleben Sie eine der spektakulärsten Alpenüberquerun-gen: Die Berninastrecke der Rhätischen Bahn von St. Mo-ritz oder Pontresina nach Poschiavo und bis ins südliche Tirano. Sie verbindet ohne Zahnrad den Norden und den Süden Europas. Ein besonderer Hochgenuss ist die Pano-ra mafahrt im Bernina Express – vorbei an Gletschern, hi-nunter zu den Palmen. Steigungen von bis zu 70 Promille meistert der Zug mit Leichtigkeit. Auf 2 253 Metern über Meer thront das Dach der RhB, Ospizio Bernina.

VollmondfahrtAlp GrümErleben Sie bei Vollmond die Berninastrecke in einem Pan-oramawagen der Rhätischen Bahn. Bahnfahrt von St. Mo-ritz / Pontresina im Extrazug nach Alp Grüm. Nach dem Aperitiv auf der Terrasse geniessen Sie einen Gletscher-fondue-Plausch im Ristorante Alp Grüm. Anschliessend Rückfahrt durch die grandiose Bergwelt.

Januar 2013: 26. / 27. / 28. – Februar 2013: 24. / 25. / 26. März 2013: 26. / 27. / 28.

SchlittelweltPreda — BergünAuf weltberühmten Schienen zum einzigartigen Vergnü-gen auf Kufen. Das Schlittelabenteuer Preda/Darlux — Bergün der RhB. Von 1800 m ü. M. in Preda geht es bergab: sechs Kilometer Schlittenfahren vom Feinsten nach Bergün. Die Schlit telbahn ist nachts beleuchtet (Di – So).

täglich ab 14.12.2012

PanoramawagenAuf der AlbulalinieIn allen Zügen zwischen St. Moritz und Chur oder um-gekehrt bieten wir Ihnen den gesamten Winter durch Panoramawagen 1. und 2. Klasse an. Reservieren Sie Ih-ren Sitzplatz frühzeitig. Die Reservationsgebühr beträgt CHF 5.00 pro Person und Weg.

täglich 15.12.2012 — 10.03.2013

BahnmuseumZeitreise in BergünIn Bergün, unmittelbar an der Albulalinie der RhB, steht das neue Bahnmuseum Albula. Ein Ort für Familien und Bahnliebhaber. Profitieren Sie mit einem Kombiangebot.

Dienstag bis Sonntag geöffnet

100 Jahre Bever-ScuolAm 29. und 30. Juni 2013 feiert die RhB ihre Jubiläums linie entlang der Strecke Bever – Scuol-Tarasp. Reservieren Sie sich das Datum. Detailinformationen unter:

www.rhb.ch/bever-scuol

Winteragenda_2012-13_220x287.indd 1 31.10.12 09:38

Page 62: piz Magazin No. 44

62 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

PIZZERIA

Der Verein Pro Büvetta will die Trinkhalle von Tarasp retten.

Sauna erneuert Das Bogn Engiadina in

Scuol präsentiert nun auch

seine Saunalandschaft

aufgefrischt und vergrös­

sert. Gestaltet wurde sie

von Innenarchitekt Cord

Glantz und seinem Team

aus Stuttgart. Grosszügige

Fenster gewähren Aus­

blick auf das Bergpanorama.

Die Duschen sind gross ­

zügiger und ein Tauchbecken

und ein Eisbrunnen er­

gänzen die Anlage. Schon im

vergangenen Jahr wurde

die Bäderlandschaft reno­

viert. Das Gesamtprojekt hat

6,6 Mio. Franken gekostet.

Hotel Holz-Ellipse In Form einer fünfzig Meter langen, mit unregelmässigen Holzbrettern verschalten Ellipse präsentiert sich der Neu­bau des Hotels Arnica in Scuol. Der aussergewöhnliche Bau wurde vom bekannten Scuoler Architekten Teodor Biert entworfen. Er hat Engadiner Tradition innovativ und frech inszeniert. Auf der Fassade hat er die sich verjüngenden Holzlatten gegeneinander verdreht montieren lassen, so dass ein lebendiges Bild entsteht. Der grosszügige, offene Frühstücksraum besticht durch frische Farben. Aus der Lounge mit Cheminée und den bis zum Boden verglasten Zimmerfenstern geniesst man die Aussicht auf die Un­terengadiner Bergwelt und das wilde Flusstal des Inn. Im Neubau sind 12 Zimmer, eine Suite und der Wellnessbe­reich sowie die Tiefgarage untergebracht. In den Zimmern stehen die Badewannen frei im Raum. Die Arvenholz­Betten stehen auf einem erhöhten Podest und wurden von einer Schreinerei speziell für das Hotel produziert. Mit dem Neubau gibt es in Scuol im oberen 3­Sterne­Hotelsegment ein neues Haus mit zeitgenössischem Design.

Kulturagenda Hotel Laudinella, Winterprogramm 2012/2013Details: www.laudinella.ch; Die Abendveranstaltungen beginnen, wo nicht anders vermerkt, um 20.30 Uhr.

26.12. Weihnachtskonzert: Familie Saitkoulov Oppert spielt Bach, Mozart, Rachmaninov, Grieg.

28.12. Kasperlitheater: «Rotkäppchen». Für Kinder ab 4 Jahren. Eintritt 12.– / 10.–, 17 Uhr.

5.1. Konstantin Scherbakov: Russische Werke für solo Klavier. Eintritt 45.–

7.1. Laura de Weck liest aus ihren Stücken und Kolumnen.

13.1. Sushi­Zubereitungskurs. Gebühr 120.–, 15 Uhr.17.1. Vom Essen in der Literatur. Vortrag von Mirella

Carbone und Joachim Jung.21.1. Menschen erzählen ihre persönliche Geschich­

te: Marco Mehli, Rega­Pilot und Bergführer. 4.2. Vortrag von Chasper Pult: Romanisch und

Deutsch geben Rätsel auf. Sind Morteratsch, Corvatsch und Rosatsch verwandt?

5.2. Highheels, oder wie Schuhe mit hohen Absätzen zum Vergnügen werden. Kursgebühr 150.–

6.2. Saxophonquartett Signum.12.2. Annette Postel erzählt aus dem Opern­Nähkäst­

chen und präsentiert Opernparodien.16.2. Jahreskonzert der Musikgesellschaft St. Moritz.22.2. Giuliano Pedretti – Filmporträt.23.2. Neues Zürcher Orchester.4.3. Menschen erzählen ihre persönliche Geschich­

te: Diana Segantini, Urenkelin von Giovanni Segantini, und ihre Mutter Ragnhild.

14.3. Friedrich Nietzsche: Die Kunst der Gesundheit. Vortrag von Mirella Carbone und Joachim Jung.

17.3. Thai­Kochkurs, Teilnahmegebühr 120.–, 15 Uhr.22.3. Handtaschenmonolog. Theaterstück von und

mit Eliane Barth Poltera.27.3. Eingemacht – Dramödie von Crusius & Deutsch

und Matthias Fankhauser, mit Songs von Roman Riklin. Musik: Marc Bänteli.

31.3. Osterkonzert: The Zurich Ensemble. 6.4. Werkstattkonzert des Blockflöten­Seminars.14.4. Hochzeitstorte selbst gemacht, 15 Uhr.1.5. Schweizer Jugend­Sinfonie­Orchester: öffentli­

che Generalprobe, 19.30 Uhr.

Büvetta rettenAnlässlich des UNO­Weltwassertages 2012 wurde im Früh­ling der Verein zur Rettung der Trinkhalle Büvetta in Nairs gegründet. Die wegen Felssturzgefahr nicht mehr zugäng­liche Trinkhalle Tarasp am Ufer des Inn war ein Bijou der Bädertradition und sie ist die letzte erhaltene Trinkhalle der Schweiz. Geplant wurde sie vom Architekten Bernhard Simon, dem «Erfinder» von Bad­Ragaz. Rund siebzig Perso­nen waren zur Gründung des Vereins Pro Büvetta Tarasp gekommen. Präsidiert wird der Verein von Architekt Werner Reichle aus Uster. In früheren Jahren hatte sich der ehemalige Hotelier Rolf Zollinger für die Erhaltung der Trinkhalle eingesetzt, doch aus den verschiedenen Plänen und Studien ist bisher nichts geworden. Wichtig sind als erste Schritte die Sicherung des Hanges oberhalb des historischen Gebäudes und erste Reparatu­ren an der Bausubstanz. Dafür sind rund sieben Millionen Franken nötig. Der Verein will danach ein Nutzungskon­zept für den historischen Bau erarbeiten. Das bedrohte Gebäude steht auf der «Roten Liste» des Schweizer Hei­matschutzes.

Page 63: piz Magazin No. 44

63piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

PIZZERIA

INTERSPORT Rent-Network EngadinWeitere Infos: Tel. +41 81 838 73 37www.rentnetwork-engadin.ch

PUBLITEXT

Engadin – St. Moritz

Rent-Shop: Dienstleistungen aus einer HandMöglichst schnell, möglichst bequem, möglichst

flexibel: Nach diesen Grundsätzen arbeitet das neue

Intersport Rent­Network Engadin­St. Moritz. Praktisch

und schnell ist auch das Konzept im neuen Rent­Shop.

Dieser befindet sich direkt in der Talstation der Berg­

bahn Corvatsch. Material abholen und ab auf die Bahn

und die Piste. Und nach dem Skivergnügen können

Sie Ihre Ausrüstung im praktischen Depot einstellen –

bequemer geht es nicht! Durch die Vernetzung mit

den Intersport­Standorten in St. Moritz, Sils­Maria,

Pontresina und Zuoz sind wir als Rent­Experten im

Engadin für Sie da!

Seit Frühling 2012 besteht das Intersport Rent-Network

Engadin-St.Moritz mit seinen sechs Partnern:

· INTERSPORT Schweiz, Ostermundigen

· Corvatsch Bergbahnen, Silvaplana

· Ender Sport Trend Fashion, St. Moritz

· Willy Sport, Zuoz

· La Fainera Sport und Mode, Sils/Segl­Maria

· Gruber Sport, Pontresina

Aus dem neuen Rent-Shop in der Talstation gehts direkt auf die Corvatschbahn.

Jeden Dienstag kommt im Hotel Piz Tschütta eine Engadiner Spezialität auf den Tisch, zum Beispiel Capuns.

Der Neubau der Sportanlage Promulins, Samedan. © Mierta & Kurt Lazzarini Architekten

Sportanlage Promulins, SamedanEin auffälliger Bau des örtlichen Architekturbüros Mierta und Kurt Lazzarini ist das Herz der erweiterten Sportanlage Promulins in Samedan. Ins Auge sticht der Bau wegen seiner Rundungen. Die Terrasse des multifunktional nutzbaren Hauses ist gleichzeitig Tribüne für den Sportplatz. Promu­lins verfügt nun im Sommer über ein Kunstrasenfussball­feld und einen Hartplatz, im Winter über eine Kunst­ und Natureisbahn. Dazu gibt es eine Kletterwand, Tennisplätze und ein Fitnesszentrum und vieles mehr. Die Arena dient dem Breiten­ wie dem Spitzensport. Die neue Sportanlage hat 15 Millionen gekostet. www.promulins-arena.chWer sich für die in Samedan zahlreich anzutreffende zeitge­nössische Architektur interessiert, dem sei die Gratis­iApp «Samedan baut» von Hochparterre empfohlen. www.hochparterre.ch oder im iTunes Store.

Programm Hotel Piz Tschütta, Vnà:>> Romanischkurse Ab dem 14. Januar bis Ostern bietet das Hotel Piz Tschütta, Vnà, wöchentlich einen Romanischkurs an: Morgens Romanisch lernen und die Geschichte der Sprache er­fahren. Nach dem Mittagessen die Kulturlandschaft des Unterengadins erwandern (einfache Wanderungen bis zu drei Stunden). Der pensionierte Lehrer Mario Oswald aus Ramosch begleitet Sie und führt Sie zu Orten in der Kultur­landschaft, die Sie neu entdecken werden. Jeweils Dienstag ab 8.30 Uhr bis Donnerstag 18.30 Uhr.Teilnehmerzahl: minimal 6, maximal 10 Personen, Kurskosten: CHF 180.– p.P. Kost und Logis individuell.

>> Engadiner Gesangs- und Kulinarik-AbendJeden Dienstag ab 18 Uhr wird Ihnen im Hotel Piz Tschütta eine Engadiner Spezialität serviert. Zur Auswahl gehören: Ofenfrische Plain in pigna (Kartoffeln mit Speck im Ofen gebraten), Pizzocels cun verdüra, Costinas e ravitscha, Rippli und Sauerkraut mit pizzocels, Capuns (gefüllte Mangoldtaschen), Canedels (Knödel nach Grossmutter­art), Micluns cun compott e chaschöl (Kartoffelriebel mit Kompott und Käse).Anschliessend, ab 20 Uhr, lernen und singen wir beim fröhlichen Beisammensein gemeinsam Engadiner Lieder.

Page 64: piz Magazin No. 44

64 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

PIZZERIA

Das Zuoz Globe TheaterDas Zuoz Globe führt die Theatertradition des Engadiner Dorfs Zuoz und des Lyceum Alpinum Zuoz weiter. Mit seinem spektakulären Vordach, das kühn in die Engadiner Bergwelt hinausragt und die Besucher empfängt, dem grosszügigen Foyer und dem Theaterraum mit seiner besonderen Atmosphäre ist der Bau eine architektonische Perle des Zürcher Architekturbüros Gasser Derungs. Das neue Theater fügt sich sehr selbstverständlich in die älteste Substanz und das ehemalige Schwimmbad des Lyceum Alpinum ein. Es verfügt über eine zentrale Bühne von 30 Quadratmetern mit Sitzplätzen für 99 Zuschauer auf drei Seiten. Schauspieler können auch die halboffenen Gänge hinter den obersten Zuschauerrängen sowie die Fensternischen bespielen. Im Zuoz Globe findet nicht nur Theater statt. Der Raum eignet sich für Anlässe aller Art: Konzerte, Vorträge, Lesun­gen, aber auch Workshops und Weiterbildungsveranstal­tungen. Die Infrastruktur umfasst eine komplette Licht­, Audio­ und Videoanlage, Leinwand, Beamer, WLAN und Rednerpult mit entsprechendem technischem Support.

Der Restaurationsbetrieb des Lyceum Alpinum übernimmt auf Wunsch das Catering für Apéros und Stehlunches.Am Lyceum Alpinum Zuoz widmet sich die Shakespeare Company unter Theaterleiter Giovanni Netzer konsequent und engagiert dem Werk Shakespeares. Diese wertvolle Bühnenerfahrung lehrt Empathie und Teamgeist, Geduld und Mut und schult für das Leben. Dieses Jahr zeigt die Shakespeare Company die Verwechslungskomödie «Was ihr wollt». Die letzten Vorstellungen finden am 15. und 16. Februar statt. Ticketverkauf unter:[email protected] oder Tel. +41 (0)81 851 30 00.

Theaterförderverein Der Theaterförderverein

Zuoz Globe fördert eine

hohe künstlerische Kompe­

tenz sowie Engagement

und Begeisterung für das

Theater. Er unterstützt

die Engadiner und damit

auch die romanisch­

sprachige Theatertradition

und ist gut in der Region

verankert. Der Verein fördert

insbesondere das Kinder­

und Jugendtheater im Ober­

engadin und den Aufbau

einer Theatergruppe für

die Jüngsten.

Foto

s: L

uca

Cri

velliYoga auf der Piste. Auf der «Paradiso­Piste» in

St. Moritz wird erstmals eine Yogapiste eingerichtet.

An vier fixen Stationen kann Yoga unter fachkundiger

Leitung praktiziert werden. Die Orte sind speziell ge­

wählt und passen zum jeweiligen Yogathema. Damit

wird die Piste auf eine andere Art «befahren». Es ändern

sich der Rhythmus und die Sichtweise des Skifahrens.

Eingerichtet wurde die neue Piste von Sabrina und

Nick Nussbaum­Berger, die bereits im Frühling 2012

den weltweit ersten Yogawanderweg im Tessin eröffnet

haben. – Sabrina Nussbaum arbeitet seit 27 Jahren bei

Suvretta Snowsports und ist ausgebildete Yogalehrerin.

Die Suvretta Snowsports School bietet begleitete Fahr­

ten an, sie sind individuell oder in der Gruppe buchbar:

Samstags, 10–13 Uhr: Yoga on Snow

Samstags, 17–18.30 Uhr: Yoga Indoor

Sonntags, 10–16 Uhr: individuelles Training

www.b-yoga.ch

Kulturarchiv UnterengadinDas Kulturarchiv Unterengadin (Archiv cultural Engiadina bassa, ACEB) ist nach der Startphase nun in Betrieb. Es sammelt, erschliesst, archiviert und macht Informations­material zugänglich. Das Archiv möchte so das kulturelle Wissen über die Region fördern. Gesammelt werden Mate­rialien hauptsächlich aus den Gebieten Kunst, Architektur, Archäologie, Geschichte, Fotografie, Literatur, Musik und Naturwissenschaften. ACEB übernimmt Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Fotos, Zeichnungen, Ton­ und Filmaufnahmen, Postkarten, Pläne, Urkunden, Karten, Notenblätter usw. Das Quellmaterial muss in Verbindung mit dem Unterengadin (Martina bis Brail) stehen. Private und Firmen, die solche Materialien besitzen, sind aufgeru­fen, sich mit dem Archiv in Verbindung zu setzen. – Die Diskussionen um die Gründung des Archivs gehen Jahre

zurück. Vor gut zehn Jahren drängten Privatpersonen den Regionalverband Pro Engiadina Bassa (PEB), vorwärtszu­machen. Zuerst wurden provisorische Räume in Vulpera bezogen, dann finanzierte PEB eine Halbtagsstelle. Einer der Grundbestände des Archivs sind Dokumente aus der Sammlung des früheren Hoteliers Rolf Zollinger. Er über­gab Materialien des abgebrannten Hotel Waldhaus in Vul­pera. Inzwischen ist das Archiv ins ehemalige Schulhaus S­chadatsch in Strada eingezogen.

www.archivcultural.ch (romanisch) undwww.archivcultural-de.ch (deutsch)

Community Skiing Eine weitere neue und

angesagte Art des Skifahrens

ist das Community Skiing

in der Gruppe. Es geht um

die gemeinsame Aktion und

Interaktion auf der Piste

und danach. Der Link vom

«Internetskifahren» zur

Begegnung und der gemein­

samen Liebe zum Schnee­

sport und zur Natur, gepaart

mit angesagtem Lifestyle.

Bei der Suvretta Snowsports

School kann Community

Skiing per Telefon oder

E­Mail reserviert werden.

Auf der Facebook­Seite «Suv­

retta Snowsports» kann man

neue Schneesportfreunde

kennenlernen. Skiprofis

begleiten die Gruppen.

Page 65: piz Magazin No. 44

65piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

PIZZERIA

Hotel Waldhaus, Sils-Maria, Winterprogramm 2012 / 2013Details und Ergänzungen: www.waldhaus.ch

31.12. «Scheherazade» ist das Thema des Silvesterballs. In der Bar spielt Clau Maissens «Clamür».

5.1. «TastenTanz». Video und Klavier mit Werken von Tschaikowsky bis Prokofiew.

7.1. «Love Letters» von A. R. Gurney. Szenische Lesung (Deutsch).

9.1. Klavierquintette mit Solisten des Sinfonieorches­ter Engadin und der koreanischen Pianistin Wonmi Kim. Werke von Mozart und Dvorak.

11.1. Theater: «Doledo da Silva». Clo Bisaz als Concierge «Giacometti» und Philippe Kuhn als Barpianist «Jeremy» spielen Hotelgeschichten.

14.1. Autorenlesung: Brigitte Kronauer.15.1. «Tafelrunde. Schriftsteller kochen für Freunde».

Angelika und Silvia Overath und Manfred Koch haben Lieblingsrezepte und Geschichten zusammengetragen. Mit Abendessen.

16.1. Autorenlesung: Hans Magnus Enzensberger. 21.1. «Bruno, Chef de Police.» Martin Walker liest auf

Englisch aus «Delikatessen». Mit deutscher Moderation.

24.1. Film: Porträt über Jacques Guidon, «Persona non grata».

30.1. Kammerkonzert mit Maja Weber (Violoncello) und Per Lundberg (Klavier): Beethoven, Rachmaninow und De Fallas.

1.2. Swing und Jazz in der Bar mit der Swiss Ramblers Dixieland Band.

4.2. Autorenlesung: Maja Wicki­Vogt über «Kreative

Vernunft: Mut und Tragik von Denkerinnen der Moderne».

9.2. Chansonabend mit Olivia Stahn und dem Pianisten Bari Büyükyildirim.

11.2. Ziegenhirtin Pia Solèr im Gespräch mit Chasper Pult über ihren Erlebnisbericht «Weite fühlen».

13.2. «Hanneli­Musig», 10­Jahres­Jubiläumstournee. Vergessene Melodien, quicklebendig und flott.

18.2. «Der kleine Stern auf Erden». Schattenfiguren­theater für Kinder.

18.2. «Rose. Vom Schtetl nach Miami Beach. Unruhige Fahrt» von Martin Sherman. Mit Graziella Rossi.

23.2. Boogie Woogie und Blues in der Bar mit Silvan Zingg, Nuno Alexandre und Valerio Felice.

25.2. Theater: «I tre secondi» zeigen «I Doganieri – Die Zöllner». Komödie.

1.3. Lukas Hartmann im Gespräch mit Chasper Pult über «Räuberleben».

4.3. Klaus Henner Russius liest aus «Der Kurgast» von Hermann Hesse.

8.3. Jazz in der Halle mit Walter Weber und Band.11.3. «Der Elegant». Tierische Verse von Peter

Zeindler.16.3. Film: «Unter Bauern». 25.3. «Die Grossherzogin von Gerolstein» Operette.5.4. Autorenlesung: «Über Bord» von Ingrid Noll. 6.4. Musik: Der St. Moritzer A­Cappella­Chor Las

Lodolas.

Engadin Winter-FestivalNach dem Erfolg des BSI

Engadin Musikfestivals

im vergangenen Sommer

findet nun auch im Winter

eine solche Konzertreihe

statt. An jedem Samstag

im Februar und März

werden bekannte Künstle­

r innen und Künstler

auftreten. Folgende

Konzerte sind geplant:

2.2.: Renaud Capuçon,

David Kadouch

16.2.: Sergei Nakariakov,

Russische Kammerphil­

harmonie St. Petersburg

23.2.: Winterreise

2.3.: Gabriela Montero

9.3.: Giora Feidman,

Gershwin Quartett

16.3.: Patricia

Kopatchinskaja

www.engadinfestival.ch

Gore Vidal (1925–2012) Ende Juli ist der amerikanische Schriftsteller und Gesell­schaftskritiker Gore Vidal gestorben. Berühmt wurde er mit seinen Büchern und mit seiner teils harschen Kritik an der Politik der USA. Bekannt war er aber auch im Unterengadin, das er zuletzt 2006 besuchte. Im ersten Teil seiner 1995 erschienenen Autobiografie «Palimpsest» erzählte er bereits, was er über seine Vorfahren wusste: Sein Urgrossvater war aus Feldkirch in die USA ausgewandert, ein anderer Teil der Familie wohnte auf Schloss Heidegg im Luzerner Seetal. Dass seine Familie mit den Vitals, dem ältesten Geschlecht von Sent, verwandt sein könnte, war ihm immer bewusst. Gore Vidal und der Künstler Not Vital aus Sent waren mit­einander bekannt. In der Fundaziun Not Vital sind in einer kleinen Publikation Teile aus Gore Vidals Autobiografie auf Romanisch übersetzt. Dort wird auch der möglichen Ver­wandtschaft der Vidals / Vitals nachgespürt. Ausserdem ist die Geschichte des Alesch d'Uina romanisch und englisch nacherzählt. Als Gore Vidal in Sent zu Besuch war, gewähr­te er dem «Tages­Anzeiger» ein Interview und sagte zur Schweiz: «Ich glaube, die Schweizer haben einen grossen Akt des Gleichgewichts vollbracht: Sie sind auf einem Hochseil, von dem sie nicht herunterfallen.»

Endstation Scuol-TaraspMit dem neuen Prioritätenplan der Bündner Regierung zum Bahnausbau bleibt Scuol­Tarasp wohl auf Jahrzehnte hinaus weiter Endstation für den Zug. Die Regierung hat sowohl die Weiterführung der Bahn Richtung Landeck zurückgestellt als auch dem Traum von einem Tunnel in den Vinschgau eine Absage erteilt. Für die Verbindung Unterengadin­Mals kommen auch aus Südtirol wenig ermunternde Signale: Landeshauptmann Luis Durnwalder hatte im Frühling 2012 bei einem Besuch in Chur eingeräumt, kein Geld für ein sol­ches Bahnprojekt zu haben. Die EU müsste hier mitzahlen, doch das sei zurzeit so illusorisch, wie für dieses Bahnprojekt private Investoren zu finden.

PUBLIkaTIonGore Vidal, Los Angeles – Sent, als 27 gün 2006, Fundaziun Not Vital, 2006, www.fundaziun.notvital.com

Page 66: piz Magazin No. 44

66 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013

Herausgeberin | editura Edition piz, Urezza Famos, Schigliana 183, 7554 Sent Tel. +41 (0)79 610 48 04, [email protected], www.pizmagazin.ch

Redaktion | redacziun Urezza Famos, René Hornung (rhg), [email protected]

Anzeigenverkauf | inserats E. Deck Marketing Solutions, Edmund Deck, Via Giovanni Segantini 22, 7500 St. Moritz, Tel. +41 (0)81 832 12 93, [email protected]

Produktion | producziun René Hornung, Eva Lobenwein

Artdirektion, Grafik | grafica Eva Lobenwein, Innsbruck, www.dieeva.com

Bildredaktion | redacziun da las illustraziuns Urezza Famos

Bildbearbeitung | elavuraziun grafica TIP – Tipografia Isepponi, Poschiavo

Korrektorat | correctorat tudais-ch Helen Gysin, Uster

Copyright Edition piz, Scuol

Druck | stampa AVD, Goldach (SG)

Autorinnen und Autoren, Fotos | auturas ed auturs, fotografias

Romedi Arquint, *1943, ist Theologe, Pfarrer, Kulturförderer und Ex-Politi-ker. Er lebt in Chapella / Cinuos-chel.

Mathias Balzer, *1967, aufgewachsen in St. Moritz. Kulturredaktor «Südost-schweiz», Theaterproduzent und Dramaturg. www.mathiasbalzer.ch

Flurin Bertschinger, *1981, ist in Sent im Unterengadin aufgewachsen und arbeitet als freiberuflicher Fotograf in Zürich. www.flurinbertschinger.com

Franco Brunner, *1997, freier Journalist in Chur. www.francobrunner.ch

Walter A. Büchi, *1945, Historiker, Publizist und Erwachsenenbildner. Lebt in St. Gallen.

Susanna Fanzun, *1963, Redaktorin bei der Televisiun Rumantscha. Arbei-tet und lebt in Scuol.

Marina U. Fuchs, *1953, freie Kulturjournalistin, Kulturvermittlerin und -beraterin, Juristin. Lebt und arbeitet in Celerina. www.marinafuchs.ch

Köbi Gantenbein, *1956, Chefredaktor von «Hochparterre», der Zeitschrift für Architektur und Design, Zürich, lebt in Zürich und Fläsch.

Gregor Gilg, *1964, visueller Gestalter und Comic-Zeichner in Bern. www.malepiwo.ch

Maurice K. Grünig, 1964, ist freischaffende Fotografin in Zürich, www.mauricegruenig.ch

Gabriele Horndasch, *1969, ist Bildhauerin und arbeitet mit Video und Fo-tografie. Sie lebt in Düsseldorf. www.gabriele-horndasch.de

Thomas Kaiser, *1979, betreibt in Chur die Denk- und Schreibwerkstatt. www. wortwert.ch

Andreas Kneubühler, *1963, freier Jour nalist im «Pressebüro St. Gallen»

Esther Scheidegger, *1946, freie Journalistin in Zürich.

Daniela Schwegler, *1970, freie Journalistin in Wald (ZH).

Mayk Wendt, *1982, ist in Ostdeutschland aufgewachsen und lebt als Fo-tograf im Engadin. www.maykwendt.com

VORSCHAU / PREVISTA IMPRESSUM

www.pizmagazin.ch

Nr. 44, Winter | Inviern 2012 / 2013.

Erscheint zweimal jährlich. Auflage: 30’000 Ex.

Abonnemente:

Edition piz, Schigliana 183, CH-7554 Sent.

Zweijahresabonnement: Fr. 35.– (exkl. Versandkosten und Mehr-

wertsteuer). Das Abonnement ist mit einer Frist von zwei Mo na ten

vor Ablauf kündbar. Ohne schriftliche Kündigung erneuert es sich

automatisch um zwei Jahre. [email protected]

Nächste Ausgabe: Juni 2013

Für unverlangt einge sandtes Text-, Bild- und Tonmaterial über-

nimmt der Verlag keine Haftung. – Nachdruck, auch auszugs-

weise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion.

Magazin für das Engadin und die Bündner SüdtälerMagazin per l'Engiadina ed il Grischun dal süd

Wandel | MüdamaintDie nächste Ausgabe wird piz-Magazin dem Wandel widmen. Das Thema

hat es in der rätoromanischen Literatur zum bekannten Schlagwort ge-

bracht. Cla Biert (1920–1981) hat sich in seinem 1962 erschienenen Buch «la

müdada» damit befasst. Inzwischen sind weitere fünfzig Jahre vergangen

und die Veränderungen haben sich massiv beschleunigt. piz wird diesem

«Müdamaint» nachgehen. Wir werden Ihnen wieder Menschen vorstellen,

die diese Veränderungen hautnah miterlebt haben, und wir fragen nach, ob

sich das Leben in den Bergtälern Südbündens langsamer wandelt als in den

Städten oder ob die Tourismusregionen sich mitten im Strudel des Wandels

befinden. Was passiert dabei in der Gesellschaft, in der Wirtschaft, im kul-

turellen Umfeld und im Privaten? Wo sind die Veränderungen am grössten?

Was bewerten wir als gut, was als negativ – und wieso? Und welche Heraus-

forderungen für die Zukunft ergeben sich daraus? Freuen Sie sich also auf

piz im Sommer 2013.

Foto

: Edi

tion

piz

Page 67: piz Magazin No. 44

In der schönsten Ferienregion der Schweiz erwartet Sie eine einmalige Wohnsituation auf höchstem Niveau: exklusive Eigentumswohnungen (2.5, 4.5 und 5.5 Zimmer) an sonniger, unverbaubarer Lage mit Blick in die imposante Bergwelt des Oberengadins. Der maleri-sche Dorfkern von Samedan mit seinen Sehenswürdigkeiten, dem abwechslungsreichen Tourismusangebot und einer Vielzahl hochstehender Gastronomiebetriebe ist in wenigen Gehminuten erreichbar.

DIE HIGHLIGHTSZ Moderne Architektur und ausgesuchte, exklusive MaterialienZ Höchste Wohnqualität mit einer funktionalen aber dennoch flexiblen RaumaufteilungZ Viel Licht dank grosszügigen FensterflächenZ Verkehrsgünstige Lage (gute Strassen- und Bahnverbindung, Flugplatz in der Nähe)Z Vielfältiges Freizeitangebot vor der Haustüre (3 Golfplätze, Schnee- und Bergsport)

SAMEDAN – die letzten exklusiven Eigentumswohnungen zu verkaufen.

www.park-quadratscha.ch

BERATUNG/VERKAUF

Markstein AG, Bellerivestrasse 55, CH-8034 Zürich, Telefon +41 43 810 90 10 , [email protected], www.markstein.ch

Page 68: piz Magazin No. 44

Die Kunst, Werte zu schaffen.Wir verbinden Kompetenz mit Konstanz.

International bedeutende Künstler wie Alberto Giacometti liessen sich in und von Graubünden inspirieren. Auch

unsere Arbeit ist geprägt von Weitsicht und fortwährender Innovation. Private Banking ist für uns keine Frage des

Vermögens, sondern Ihrer Bedürfnisse. Nutzen Sie unser Wissen und unsere Erfahrung für Ihren finanziellen Erfolg.

www.gkb.ch/privatebanking