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J. Meyer und K. Cfrolcbr. Polyhydrosulfuta tend -selenate. 0 1 Polyhydrosulfate und -selenate. Von JULIUS MEYER und KURT GBOHLER. Vor einiger Zeit war es JUL. MEYER und (3. DIRSKA~) gelungen, ein Salz darzustellen, das nicht weniger als 4 Hydroselenatgruppen an einem Kation enthielt. Da es sich hierbei um ein komplexes Kobaltikation handelte, so war es nicht ausgeschlossen, da6 unter den komplexen Kobaltisalzen auch andere aufzufinden waren, die 2 und 3 Rydrosulfat- oder Hydroselenatreste enthielten. Indessen fehlen Salze vom Typus X(SO,H), oder X(SeO,H), giinzlich, und auch Salze vom Typus X(SO,H), und x(SeO,H), sind kaum be- kannt. Zu den wenigen derartigen Stoffen gehiiren die sauren Sulfate und Selenate des Bariums , denen die Konstitution Ba(SOIH)2 und Ba(SeO,B), zukommt.a) Im Gebiete der komplexen Kobaltisalze waren Dihydrosulfate und Dihydroselenate vor allem bei den Monacidopentamminkobalti- kationen vom Typus [(NH3X COX].., Trihydrosulfate und Trihydro- selenate mit Hexamminkobaltikationen vom Typus [(NH,),Co]"' zu erwarten. Diese Erwartung schien um so berechtigter zu sein, als diese Kationen nicht nur normale Sulfate und Selenate, wie z. B. [(NH&Coj2(SOJ3 oder [(NH,),CoCl]SeO,, sondern auch Sulfathydro- sulfate wie das Salz von H. BILTZ und ALEFELD,) zu bilden imstande waren. Eine Erorterung der Bildungsbe- dingungen dieser normalen Sulfate und dieser gemischten Sulfat- hydrosulfate zeigte uns dann den Weg, auf dem wir zu den Poly- hydrosulfaten und Polyhydroselenaten kommen konnten. Zur Dar- stellung der normalen Sulfate war in den meisten Fallen verdiinnte Schwefelsiiure verwendet worden, wahrend man bei Verwendung konzentrierter Schwefelsaure und bei nachtraglichem geringen [(NHJS COC~I~(SO.J(SO~H)~ 1) JUL. MEYEB u. G. DIRSKA, 2. anorg. u. aElg. Chem. 136 (1924), 343, 369. 2, JUL. MEYER u. W. FRIEDRICH, 2. phys. C'hem. 101 (1922), 498. 7 H. BILTZ U. ALEFELD, Berl. Ber. 39 (1906), 3371.

Polyhydrosulfate und -selenate

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J. Meyer und K. Cfrolcbr. Polyhydrosulfuta tend -selenate. 0 1

Polyhydrosulfate und -selenate. Von JULIUS MEYER und KURT GBOHLER.

Vor einiger Zeit war es JUL. MEYER und (3. DIRSKA~) gelungen, ein Salz darzustellen, das nicht weniger als 4 Hydroselenatgruppen an einem Kation enthielt. Da es sich hierbei um ein komplexes Kobaltikation handelte, so war es nicht ausgeschlossen, da6 unter den komplexen Kobaltisalzen auch andere aufzufinden waren, die 2 und 3 Rydrosulfat- oder Hydroselenatreste enthielten. Indessen fehlen Salze vom Typus X(SO,H), oder X(SeO,H), giinzlich, und auch Salze vom Typus X(SO,H), und x(SeO,H), sind kaum be- kannt. Zu den wenigen derartigen Stoffen gehiiren die sauren Sulfate und Selenate des Bariums , denen die Konstitution Ba(SOIH)2 und Ba(SeO,B), zukommt.a)

Im Gebiete der komplexen Kobaltisalze waren Dihydrosulfate und Dihydroselenate vor allem bei den Monacidopentamminkobalti- kationen vom Typus [(NH3X COX].., Trihydrosulfate und Trihydro- selenate mit Hexamminkobaltikationen vom Typus [(NH,),Co]"' zu erwarten. Diese Erwartung schien um so berechtigter zu sein, als diese Kationen nicht nur normale Sulfate und Selenate, wie z. B. [(NH&Coj2(SOJ3 oder [(NH,),CoCl]SeO,, sondern auch Sulfathydro- sulfate wie das Salz von H. BILTZ und ALEFELD,)

zu bilden imstande waren. Eine Erorterung der Bildungsbe- dingungen dieser normalen Sulfate und dieser gemischten Sulfat- hydrosulfate zeigte uns dann den Weg, auf dem wir zu den Poly- hydrosulfaten und Polyhydroselenaten kommen konnten. Zur Dar- stellung der normalen Sulfate war in den meisten Fallen verdiinnte Schwefelsiiure verwendet worden, wahrend man bei Verwendung konzentrierter Schwefelsaure und bei nachtraglichem geringen

[(NHJS COC~I~(SO.J(SO~H)~

1) JUL. MEYEB u. G. DIRSKA, 2. anorg. u. aElg. Chem. 136 (1924), 343, 369. 2, JUL. MEYER u. W. FRIEDRICH, 2. phys. C'hem. 101 (1922), 498. 7 H. BILTZ U. ALEFELD, Berl. Ber. 39 (1906), 3371.

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Wasserzusatz die Sulfathydrosulfate erhalten hatte. Es spielt also die Konzentration der Schwefelsaure, oder genauer gesagt, das Ver- haltnis der Konzentrationen der verschiedenen Ionisntionsprodukte der Schwefelsaure eine Rolle. Es ist zu erwarten, da6 aus Lo- sungen, die reich an SO,-Ionen, also aus verdunnten Schwefelsaure. losungen, vor allem normale Sulfate herauskommen, wahrend aus Losungen, die reich an HS0,-Ionen sind, also aus konzentrierteren Schwefelsaureliisungen, vor allem Hydrosulfate erhalten werden. Schwefelsaurelosungen mittlerer Konzentration, die reich an beiden Ionen sind, sollten dann die Sulfathydrosulfate liefern. Indessen spielt neben der Konzentration der verschiedenen Ionenarten auch noch die Loslichkeit der entstehenden Salze eine Rolle.

DaB die sauren Sulfate, wie z. B. Ba(SO,H),, in verdunnteren Losungen unbestandig sind und unter Abspaltung von Schwefelsaure in normale Sulfate ubergehen, 1aBt sich auch noch auf andere Weise erklaren. Ebensowenig wie zwei und mehr Hydroxyl- oder Carb- oxylgruppen in unmittelbarer Nahe in einem Molekul bestandig sind und Wasser , bzw. Kohlendioxyd abspalten, haben auch zwei und mehr benachbarte Hydrosulfatgruppen groBe Neigung, Schwefelsaure abzuspalten: 2 SO,H = SO, + H,SO,. Es werden also voraussichtlich kleine Kationen schwieriger als groBere Hydrosulfate zu bilden ver- mogen. So sind auch tatsachlich bisher keine Hydrosulfate des Eisens Fe(S0,HX bekannt geworden, wahrend JUL. MEYER und G. DIFZSKA~) die Darstellung sogar eines Tetrahydroselenates bei einem ungewohnlich groBen Kation , dem Dekamminperoxokobalti- komplex [(NH,),Co-O,-Co~NH,),] (SeO,H), gelang. Die Stabilitat dieses merkwurdigen Salzes ist wohl auf die Verteilung der 4 Hydro- selenatgruppen auf die beiden Kobaltatome zuruckzufuhren, die in der Weise vor sich geht, daB je 2 Hydroselenatreste sozusagen an die beiden Enden des langen Kationkomplexes treten. So ergibt sich fur dieses Salz die Konstitution

nach der es eine groBere Bestandigkeit aufweisen mu& als wenn die 4 Hydroselenatgruppen in unmittelbarer Nahe eng zusammen- liegen wurden.

An der Hand dieser nberlegungen ergab sich so der Gedanke, die Besetzung der Stellen auBerhalb der umfangreichen Komplex- kationen durch Hydrosulfat- oder Hydroselenatreste mittels Ein-

J. Moqor und K. Grohler.

(H0,Se)2[(NR& c0 - '2 -- Co(NH&I(Seo,H)2 I

1) 1. c.

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wirkung konzentrierter Schwefel- bzw. Selensaure z. B. auf die ent- sprechenden Chloride in der Ktilte und Fallen mittels absoluten Alkohols bei sorgfiiltiger Fernhaltung von Wasser zu versuchen. Es gelang auch auf diesem Wege Vertreter von Salzen zu gewinnen, die mehrere Hydrosulfat- bzw. Hydroselenatreste enthalten. Es ge- lang aber auch, die genetischen Beziehungen zwischen den normalen und sauren Salzen aufzudecken , indem die Bedingungen festgelegt wurden, unter denen die Sulfathydrosulfate oder gemischtsauren Salze und die entsprechenden Selenate sich in normale und saure und diese dann wieder zuriick in gemischtsaure verwandeln lassen, je nachdem man Saure von geringerer oder st'arkerer Konzentration zur Anwendung brachte. Die Versuche wurden zunachst an Tri- athylendiaminsalzen des Kobalts vorgenommen und ergaben folgendes : La8t man konzentrierte Schwefelsaure in der Kalte auf Trien- kobaltichlorid einwirken, so bildet sich Trienkobaltitrihydrosulfat [Coen,KSO,H), . Arbeitet man mit einer 20-30°/,igen Schwefelslure so erhalt man das Trienkobaltisulfathydrosulfat [Coen3](S0,)(S04H). Durch Einwirkung von 10°/,iger Schwefelsaure gelangt man schlie8lich zu dem normalen Sulfate [Coen,],(SO,),, dessen analoge Hexammin- verbindung [(NH,),Co],(S04), .5H,O auf ahnlichem Wege schon von JORGENSEN I) gefunden war. Der enge Zusammenhang der 3 Trien- salze lieB sich dam dadurch nachweisen, da8 einerseits das Tri- hydrosulfat durch Behandeln mit einer ungefahr 20°/,igen Schwefel- s lure sich in Sulfathydrosulfat und dieses durch Behandeln rnit Wasser in das normale Sulfat verwandeln lie& Andererseits geht das normale Sulfat unter der Einwirkung von 25%iger Schwefel- saure in das Sulfathydrosulfat und dieses dann unter dem Einflusse von konzentrierter Schwefelsaure in das Trihydrosulfat iiber. Sche- matisch lassen sich diese Beziehungen folgendermaBen darstellen:

Die gro8e xhnlichkeit der Schwefel- und der Selensaure, die unter anderem auch in der Bildung zahlreicher, den komplexen Sulfaten analoger Selenate ihren Ausdruck findet 3, regte auch zur Darstellung entsprechender Hydroselenate an. Versuche von

I) JOR~ENSEN, 2, anorg. Chem. 17 (1898), 457. 2, JUL. MEYER u. H. MOLDENFIAUER, 2. anorg. u. aElg. &em. 116 (1921), 193.

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H. MOLDENHAUER das Selenat der Trienreihe zu gewinnen, waren ohne Erfolg geblieben. Durch Eindampfen von Trienkobaltisalz- liisungen mit Seleneiiure oder rnit Alkaliselenaten oder durch Aus- fillen mit Alkohol hatten sich stets nur Schmieren ergeben. Jetzt fiihrte der bei den Hydrosulfaten eingeschlagene Weg zum Ziel. So wurde das Trienkobaltitrihydroselenat durch mehrstiindiges inniges Verreiben des Trienkobaltichlorids mit konzentrierter Selen- saure in einer Eis-Kochsalzmischung gewonnen. Aus diesem Tri- hydroselenat wurde dann durch Einwirkung verdiinnterer Selensaure das Selenathydroselenat erhalten , das durch Behandeln rnit kon- zentrierter H,SeO, wieder in das Trihydroselenat zuriickverwandelt werden konnte. Das Trienkobaltiselenathydroselenat lieJ3 sich durch Liisen in Wasser und Ausfallen mit Alkohol dann in das normale Selenat uberfuhren, das dann durch Behandeln mit 25O1,iger Selen- saure wieder in das Selenathydroselenat umgewandelt wurde. Es lassen sich also die genetischen Beziehungen der Selenate durch dasselbe Schema wiedergeben, das fur die Sulfate giiltig war.

In ahnlicher Weise wie bei den Hexamminsalzen verliefen die Umsetzungen bei den Monacidopentamminkobaltisalzen. Es gelang Chloropentamminchlorid durch Behandlung mit konzentrierter Schwefelsaure unter Eiskiihlung und Fa lung mit absolutem Alkohol in Chloropentamminkobaltidi hydrosulfat [(NH,),CoCl](SO,H), , uber- zufiihren. Dasselbe Salz konnte auch noch auf einem anderen Wege erhalten werden, indem das von H. BILTZ und ALEFELD~) dargsstellte Chloropentamminkobaltisulfatdihydrosulfat, [(NH,),CoCl], SO,)(SO,H), , ale Ausgangsmaterial diente. In einer soeben er- schienenen Veroffentlichung von A. BBNBATH 3, wird diesem Salze iibrigens wieder die JORGENSEN’SChB Formel:

J. Meyer und K. Cfrchler.

[(NH3)6 c o ( 3 1 4 (8 0 4 ) 4 - 3 H, s 0, zugeschrieben. Dieses Sulfathydrosulfat geht bei der Behandlung mit konzentrierter Schwefelsaure in der oben angegebenen Weise in ein Salz von blaBrosa Farbe iiber, das nach Aussehen und Analyse sich als das Dihydrosulfat erwies. Nun war es JOEGENSEN~)

schon friiher gelungen, Chloropentamminkobaltichlorid durch Ver- reiben rnit verdtinnter Schwefelsaure bei gewBhnlicher Temperatur

l) H. MOLDENEAUER, Diseert. Brealau 1921, S. 27 (Haudschriftl. Exemplar). a) 1. c. ”) A. BENEATH, 2. anovy. 2c. ally. Chem. 161 (1926), 346. ‘) J~RQENSEN, Journ. prakt. Chern. [Z] 18 (1878), 215.

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und durch Zugabe von Wasser von 70° in das gewohnliche Chloro- pentamminsulfat, [(NH,),CoCl]SO,, iiberzufiihren. Dasselbe normale Sulfat war auBerdem von H. BILTZ und ALEFELD durch Umkristalli- sieren ihres Sulfathydrosulfates aus Wasser erhalten worden. So lie6 sich also auch fiir diese Gruppe von Salzen der Beweis der Uberfiihrbarkeit der normalen Sulfate in Sulfathydrosulfate und dieser dann in Hydrosulfate durch stufenweise Erhijhung der Kon- zentration der Schwefelsaure erbringen, ein Vorgang, der sich durch folgendes Schema ausdriicken IaBt :

Auch andere Pentamminsalze, wie das Chlorosalz, lieferten uns Dihydrosulfate und mit Selenshre auch Dihydroselenate. Durch Einwirkung von konzentrierter Schwefelsaure einerseits auf Chloro- nitrotetramminkobaltichlorid, [(NH,),CoCl(NO,)]Cl~H,O, und anderer- seits auf Nitroaquotetramminkobaltisulfat, [(NH,),(H,O)Co(NO,)]SO,, bildete sich beim Fa len der Losung mit absolutem Alkohol unter sorgfaltigem AusschluS von Wasser das Nitroaquotetramminkobalti- dihydrosulfat, [(NH,),(H,O)Co(NO,)] (SO,H),. Wurde die Fallung jedoch nicht mit Alkohol vorgenommen, sondern suchten wir das Salz aus der konzentrierten schwefelsauren Losung durch Zugabe von Wasser zu gewinnen, so bildete sich auBer einem im Wasser leicht liislichen Nebenprodukte das gelbe, in kaltem Wasser schwer liisliche normale Sulfat [(NH,)4(H,0)Co(N0,)]S0,.

In ganz entsprechender Weise wurde durch Verreiben des Chloronitrotetramminkobaltichlorida mit konzentrierter Selensaure das Dihydroselenat des Nitroaquotetramminkobalts gewonnen, das beim Umkristallisieren aus heiBem Wasser das gelbe, in kaltem Wasser sehr wenig losliche normale Selenat, [(NH,),(H,O)Co(NO,)]SeO,, liefert.

Von ganz besonderem Interesse war dann eine Umsetzung, die rnit den im komplexen Kern stehenden Saureresten vorgenommen wurde und die es ermoglichte, die oben entwickelten Gedanken iiber Bildung von Hydrosulfat- und Hydroselenatsalzen auch auf die innerkomplexe Besetzung mit diesen Saureresten auszudehnen. Salze, die nicht ionisierbare Hydrosulfat- oder Hydroselenatreste im kom- plexen Kern enthalten, sind in der Kobaltkomplexchemie bisher

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nicht bekannt. So bildet sich beim gelinden Erwiirmen von Chloro- nitrotetramminkobaltichlorid mit konzentrierter Selensiiure unter Entweichen von Chlor und Stickoxyden eine Lijsung, aus der nach dem Erkalten durch Alkohol ein violettes Salz ausgefallt wurde. Das gereinigte Salz besa6 die Formel:

[(NH3),Co(Se0,H)..~Se04~ 4H20. Hijchstwahrscheinlich bildet sich zuerst infolge des Austrittes des innerkomplexen Chloratoms und der Nitrogruppe das Dihydro- selenatosalz und zwar das Hydroselenat, [(NH ) Co(SeO,H).JSeO,H, das aber nicht isoliert werden konnte nnd beim Umkristallisieren aus Wasser in das Selenat, [(NH,),Co(SeO,H),],SeO, 4H20, iiberging. Ein Ubelstand bei der Bildung dieser Salze ist die Hartniickigkeit, mit der Schwefel- und Selensaure an ihnen haftet. Solche Salze zer- flieBen daher haufig wahrend des Absaugens auf dem Filter, und einmal schmierig gewordene Produkte lassen sich kaum wieder kristallin bekommen.

Durch die Gewinnung der sauren und gemischtsauren Sulfate und Selenate bot sich dann die Moglichkeit, eine Frage zu klaren, die den Gegenstand eines Meinungsstreites zwischen A. WERNER und S. M. JORGENSEN gebildet hatte. In der Chloronitrotetramminreihe war im Jahre 1894 von J~RGENSEN l) das Chlorid, [(NH,),CoCl(NO,)]CI, dargestellt worden, das sich aber beim Auflosen in Wasser sehr rasch hydratisierte, so da6 auf Zusatz von Metallsalzen zu der- artigen Losungen nur Aquosalze ausgefiillt wurden. So wurde aus der waBrigen Losung des Chloronitrochlorids das Aquonitrochlorid erhalten:

J. Meyer und K. Griihler.

? 4

[(NH3),C~C1(NO,)]C1 + H,O = [(NH3),C~(H20)(N02)]C1,. Im Jahre 1907 bestatigte A.WERNER das Hydratationsbestreben

des Chloronitrochlorids, bestritt jedoch, daB dem JoRGENSEN'SChen Salze die Aquonitroformel zukame, und diskutierte dafiir die Formel eines Esohydrates, [(NH3),CoC1(N02)]Cl~H,0. Durch Einhalten be- sonderer Bedingungen erhielt er aus diesem Esohydrate das Bromid, Jodid und Rhodanat. Hingegen gelang auch ihm nicht die Dar- stellung eines entsprechenden reinen Nitrats oder Sulfats. Traf die WERNER'sChe Behauptung von der Erhaltung des Chloronitrokom- plexes zu, dann mu6te es mijglich sein, d i e m in ein Chloronitro- sulfat iiberzufuhren, wenn man an das Chloronitrochlorid nicht wie

l) JOBOEXSEN, 2, morg. Clzem. 7 (1894), 291. WERNER, Bed. Ber. 40 (1907), 4128.

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PoEyhydrosulfate und -selenate. 97

bisher mit verdunnter, sondern mit konzentrierter Schwefelsaure heranging. Konzentrierte Schwefelsaure mui3 das Hydratations- bestreben des Salzes infolge ihrer eigenen starken Hygroskopie vermindern. Wenn die Schwefelsaure ferner nicht in den Komplex eintrat, so muBte also dann ein Sulfat der Chloronitrotetrammin- reihe zu erwarten sein, und im besonderen ein Hydrosulfat, [(NH3),CoC1(NO,)]S0,H. Der Versuch ergab, da3 bei Zugabe von konzentrierter HaSO4 zu [(NH3)4CoCl(N0,)]Cl in der Kalte Chlor- wasserstoff entwich und da6 die Liisung eine blutrote Farbe an- nahm, die auch schon JORGENSEN erwiihnt, ohne daB er aber naher darauf eingeht. Wurde zu dieser blutroten Losung nun unter Eis- Kochsalzkuhlung wasserfreier Alkohol gegeben, so gelang eO, ein Salz von der Formel : [(NH3),Co(H,O)(NO,)](SO4H), zu isolieren. Die- selbe blutrote LSsung erhielt man auch bei Zugabe von konzen- trierter Schwefelsaure zu Aquonitrotetramminkobaltisulfat, [(NH,),Co (H20)(N0,)]S04. Auch aus dieser Losung schied sich dann auf Zu- satz von absolutem Alkohol das Aquonitrotetramminkobaltidihydro- sulfat aus. Es war also nicht gelungen, ein schwefelsaures Salz der Chloronitrotetramminreihe zu gewinnen, das sich hatte bilden miissen, wenn als Ausgangsmaterial das Chloronitrochlorid und nicht das JoRcmNsE”sche Aquonitrochlorid vorgelegen hatte. Es ist nicht einzusehen, warum von den beiden im Kern befindlichen Siiure- resten NO, und C1 des Chloronitrochlorids gerade das Chlor, und nur das Chlor herausgeholt und die freigewordene Stelle durch ein Molekul Wasser, nicht aber durch Schwefelsaure besetzt werden sollte. Die konzentrierte H2S0, als Liisungsmittel hatte aui3erdem das auBerhalb des Komplexes befindliche Esowassermolekiil sicherlich aufgenommen und so verhindert, dai3 dieses in den Kern hinein- wanderte. Bildete dagegen das Aquonitrochlorid das Ausgangs- material [(NH3),Co(H,0)(N0,)]C1,, so lie8 sich das Zustmdekommen des Dihydrosnlfates vie1 einfacher und ungezwungener erklaren. I n diesem Falle wurde der Komplex namlich nicht angegriffen und nur das ionogen gebundene anionische Chlor wurde durch Hydrosulfat ersetzt, was auch durchaus mit den Erfahrungen libereinstimmt, die wir bei der Darstellung anderer Hydrosulfate gemacht haben.

DaB in dem fraglichen Salze tatsachlich ein Aquonitrotetr- amminkomplex vorliegt, lief3 sich auch noch durch eine andere Um- setzung wahrscheinlich machen, die gleichfalls bei Abwesenheit von Wasser vorgenommen wurde. Es wurde das Chloronitrotetrammin- chlorid mit halbkonzentrierter Schwefelsaure gelinde gewtlrmt; dabei

2. anorg. u. dig. Chem. Bd. 185. 7

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entwichen Stickoxyde und man erhielt eine LZisung, aus der auf Zusatz ron Alkohol ein Stoff von der Formel:

J. Heyer und K. Cirijhlel:

[(NH3~4C~(H,0)(S0,)],S0,. 2 C,H,OH ausfiel. Es ist besonders beachtenswert, daB hier ein Alkoholat ausfiillt, da das Aquosulfatosulfat , wie noch nachgewiesen werden konnte, die ausgesprochene Tendenz besitzt, mit 4 Molekulen Wasser zu kristallisieren. Die Abwesenheit von Wasser, bei der hier ge- arbeitet wurde, verhinderte jedoch die Bildung des Tetrahydrats. Wenn sich nun im Kern des Komplexes dennoch ein Molekiil H,O befindet, so ist wohl 81s sicher anzunehmen, daB dieses von vorn- herein einen Bestandteil des Kompiexes gebildet hat. Man kann es sogar als einen Beweis fur die groBe Haftfestigkeit des H,O im Aquonitrokomplex ansehen, daB es unter den vorliegenden Be- dingungen seinen Platz darin behauptete. Fur die JORGENSEN’SChe Behauptung spricht schlie6lich wohl auch noch das analoge Ver- halten des Chlorids und des Sulfats bei Zugabe von konzentrierter Schwefelsaure, die beide sofort gleichgefarbte Lasungen ergehen.

Somit macht also eine ganze Reihe recht beweiskraftiger Argumente die JoRGENSEN’SChe Formel: [(NH,),Co(H,O)(NO,)]Cl, fiir das strittige Salz in hohem Grade wahrscheinlich.

Es erscheint hier nicht unangebracht , eine kurze Betrachtung uber die mogliche Steliung des NO, und C1 im Chloronitrochlorid und des NO, und H,O im Aquonitrochlorid anzuschlietlen. Aus unseren Yersuchen ergibt sich mit groBer Wahrscheinlichkeit, daB diese Gruppen zueinander in Trans-Stellung stehen. Greifen w i r noch einmal auf das Dihydroselenatosalz, [(NH,),Co(SeO,H),],SeO,. 4H20, zuriick, das wir aus dem Chloronitrosalz durch Ersatz der NO,-Gruppe und des C1 durch die Hydroselenatreste erhalten hatten. SaBen diese beiden Hydroselenatreste ia benachbarten Koordinations- stellen, also in 1-2-Stellung, so ware, wie an dem Beispiel der Dihydroxyl-, der Dicarboxylgruppen usw. erliiutert werden kann, wiederum die Wahrscheinlichkeit der Abspaltung eines Molekuls Selensaure aus den beiden Hydroselenatgruppen sehr gro6. Es mutlte sich dann leicht ein Selenatosalz bilden und man wurde zu einem Salze von folgender sterischer Formel kommen: , rF4. I Y O 4

-+ r - 7 I I

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Polyhydrosulfate ulzd -selenate. 99

Bei Annahme der Trans-Stellung jedoch mug die Stabilitat des erhaltenen Dihydroselenates vie1 gr6Ser sein, was auch mit dem tatsachlichen Verhalten des Tetrammindihydroselenatosalzes iiberein- stimmt. Wir schreiben ihm also die Konstitution zu:

'Se04H'

Es kommt noch folgendes hinzu. Im Aquonitrotetramminchlorid steht an Stelle des locker sitzenden und leicht substituierbaren Chlors im Kerne ein Molekul H,O, das ein hohes MaB von Haftfestigkeit besitzt. Die Stabilitat, die dieses H,O-Molekul der halbkonzen- trierten Schwefelsaure gegeniiber aufweist, wird aber nur durch die Annahme verstandlich, da8 der in den Kern eintretende SO,-Rest eine vom H,O-Molekul entfernte Stellung einnimmt, da sonst eine brucbenftirmige Besetzung der beiden benachbarten Koordinations- stellen im Komplex durch den SO,-Rest auf Grund ihrer wasser- entziehenden Wirkung eintreten muBte. Derartige Brucken uber zwei benachbarta Koordinationsstellen sind zahlreich bekannt und werden durch Carbonato-, Oxalato-, Malonato-, Sulfato-, Selenato- und andere Siiurereste gebildet. Es mug also auch fur das Aquo- nitrosalz die Cis-Stellung abgelehnt und statt dieser die stabilere Trans-Form als die wahrscheinlichere betrachtet werden:

iSeo4 jNO, / ' / - m

'H,O I -1 f

H,O

Da die Darstellung des Aquotetramminsulfatoeulfats, von dem soeben die Rede war, sich auf bequeme Weise hatte bewerkstelligen lassen, so war anzunehmen, daB man auf einem entsprechenden Wege auch das Selenatoselenat, [(NH,),Co(H,O)(SeO,)],SeO,, erhalten wurde. Tatsachlich gelang auch unschwer die Gewinnung dieser Verbindung. Beide Salze lieBen sich dann in die zugehorigen Chloride, [(NH3)4C~(H20)(S0,)]C1 und [(NH,),Co(H,O)(SeO,)]Cl, uber- fiihren, die ihrerseits durch doppelte Umsetzung mit Silberselenat, bzw. mit Silbersulfat in das Aquosulfatotetramminkobaltiselenat, [(NH3),Co(S0,)(H,0)]2Se0,~ 4 H,0, und Aquoselenatotetramminkobalti-

?*

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100 J. Meyer umd K. Qriihler.

sulfat, [(NH3),Co(H,0)(Se0,)],S0,~ 4H,O, iibergefuhrt werden konnten. Diese beiden Salze stellen einen interessanten Fall von Ionisations- isomerie vor, der sich an einen analogen von JUL. MEYER und H. MOI,DENHAUER~) bei einem Pentamminsalz beobachteten Isomerie- fall anschlie6t. Das Sulfatoselenat und Selenatosulfat ahneln sich weitgehend, wie denn bereits von Jm. MEYER nachgewiesen worden ist, da6 der innerkomplexe Ersatz der Sulfatogruppe durch die Selenatogruppe keine merklichen Verschiedenheiten der physika- lischen Eigenschaften cur Folge hat.

Experimenteller Teil. Die erhaltenen Salze wurden auf Co, S und Se hin analysiert.

I n den sauren Salzen wurde au6erdem die Anzahl der sauren Wssserstoffatome auf titrimetrischem Wege mittels 0,05 n-KOH fest- gestellt. Der Gehalt an Co wurde in der iiblichen Weise durch Abrauchen des Salzes mit konzentrierter H,SO, als CoSO, bestimmt. Lag aber eine athylendiaminhaltige Verbindung vor, so muBte die organische Substanz in dem mit einem Tropfen konzentrierter Schwefelsaure angefeuchteten Salze zunachst durch vorsichtiges Ver- gluhen iiber freier Flamme zerstbrt werden. Dann wurde das zu- riickgebliebene Kobaltoxyd in Sulfat iibergefuhrt und gewogen. Schwefel wurde als Sulfat, SelensHure wurde nach der Reduktion zu SeO, und Se ale solches bestimmt. Gute Erfahrungen wurden mit den neuen Tiegeln der Berliner Porzellanmanufaktur gemacht , die einen porosen Boden von gesinterter Masse enthalten.

Samtliche Salze wurden vor der Analyse in wasserfreiem Alkohol aufgeschliimmt, abgesogen, mit i t h e r gewaschen und an der Luft getrocknet.

I. Trihydroeulfate nnd Sulfate. T r i a thy 1 en di am m i n k o b a 1 tit r i h y d r o s ul f a t [ Co en3.( SO,H), .

Es wurden 7 g Trienkobaltichlorid in der Kalte unter Umruhren in 60 cm3 konzentrierter Schwefelsaure aufgelbst und zur Entfernung des entweichenden Chlorwasserstoffes 24 Stunden lang in einen Vakuumexsiccator iiber konzentrierte Schwefelsaure neben Kalium- hydroxydstangen gestellt. Dann wurde die Lbsung in eisgekiihlten, wasserfreien Alkohol gegossen, was zur Vermeidung jeder Erwarmung in kleinen Anteilen geschah. Es fielen sofort sehr feine, hellgelbe Kristalle aus, die abgesaugt und mit absolutem Alkohol gewaschen

*) JUL. MEYER u. H. MOLDENEBUEB, 8 anorg. u. allg. Chem. 118 (1921), 24. JUL. MEYEB, 2. anorg. u. allg. GFem. 139 (1924), 338.

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Polyhydrosulfate Grid -selenate. 101

wurden. Das so gewonnene Salz wurde nochmals in konzentrierter Schwefelsiiure gelost und wie vorhin ausgefallt. Die Ausbeute be- trug 10,5 g und war quantitativ, was auch daran zu erkennen war, daB das LSsungsmittel vollstandig ungefarbt ablief.

[Co en3]C13 + 3H,SO, = [Co en,](SO,Hh + 3HCI. Bei der Andyse ergaben 0,1423 g Substann 0,0413 g CoSO, =

l l , O o / , Co; 0,1268 g Substanz ergaben 0,0370 g CoSO, = 11,l o/o Co; 0,1042 g Substanz ergaben 0,1369 g BaSO, = 18,0°/, S; 0,3051 g Substanz ergaben 0,4055 g BaSO, = 18,2O/, S; 0,0795 g Substanz verbrauchten 9,55 cm3 0,05 n-KOH = 0,6O/, H ; 0,1615 g Substanz verbrauchten 20,3 cm3 0,05 n-KOH = 0,6O/, H. In guter Uberein- stimmung damit verlangt die Formel des Trienkobaltitrihydrosulfata 11,l O/, Co, 18,l O/, S und 0,57 O/, H.

Dasselbe Trihydrosulfat konnten wir auch durch Behandeln des Sulfathydrosulfats mit konzentrierter Schwefelsaure gewinnen. Es wurden 4,5 g Triiithylendiaminkobaltisulfathydrosulfat, das wir nach einem weiter unten beschriebenen Verfahren dargestellt hatten, in 40 cm3 eisgekuhlter konzentrierter H, SO, aufgelost , worauf diese LGsung in eisgekiihlten absoluten Alkohol gegossen wurde. Das feine, hellgelbe Kristallpulver, das sofort ausfiel, wurde abfiltriert und mehrmals mit wasserfreiem Alkohol stiurefrei gewaschen. Das Salz hatte dasselbe Aussehen, wie das aus dem Trienchlorid ge- wonnene und zeigte die typische Farbe der Luteosalze. Um die Identitit der beiden Salze festzustellen, wurden die Hydrosulfat- gruppen titrimetrisch bestimmt. Die Ausbeute betrug 5,5 g und war also recht gut.

Bei der Titration verbrauchten 0,1255 g Substanz 14,3 cm3 0,05 n-KOH = 0,58O/, H; 0,1836 g Substanz verbrauchten 21,6 cm3 0,05 n-KOH = 0,60°/, H, in der guten Ubereinstimmung mit dem berechneten Werte 0,57 H.

Triathylendiamminkobaltisulfathydrosulfat-Hemi- hydra t , [Co en,](S04)(S0,H)~0,5H,0. Es wurden 5 g des soeben beschriebenen Trientrihydrosulfats in der Kalte unter Umriihren in ungefahr 40 cm3 20 O/,iger Schwefelsaure aufgelost und gleichfalls unter Eiskiihlung mit 96 O/,igem Alkohol wieder ausgefdlt. Es bildete Bich zunachst ein 01, das beim Reiben langsam kristallinisch wurde. Die Kristalle waren hellgelb und zeigten schon dadurch ein Luteosalz an. Das Salz unterschied sich weder in seinem AuBeren noch in seinen wesent- lichen Eigenschaften von dem Trihydrosulfat,

Die Ausbeute betrug nicht ganz 4 g.

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102 J. Xeyer und I! Grohler.

Bei der Analyse wurden 13,2 und 13,3O/, Co, 14,5 und 14,5O/, S gefunden; 0,1612 g Substanz verbrauchten 7,60 cm3 0,05 n-KOH = 0,24 O j 0 H. Fur das Triensulfathydrosulfat berechnen sich 13,4O/, Go, 14,5O/, S und 0,23O/, H.

Zur Darstellung des Sulfathydrosulfats kann man nicht nur vom Trihydrosulfat , sondern auch vom normalen Sulfat ausgehen. Es wurden 3 g normales Triensulfat, dessen Darstellung weiter unten beschrieben wird, unter Umruhren in 35 om3 eisgekuhlte 25 O/,ige Schwefelsaure gegeben und nach der Losung mit Alkohol gefallt. Die gelben Kristalle wurden wie oben abgesaugt, mit Alkohol gewaschen und getrocknet. Die Ausbeute betrug 3 g. Die Eigenschaften waren dieselben wie die des aus dem Trihydrosulfat gewonnenen Produktes.

Es verbrauchten 0,1851 g Substanz 8,7 cm3 0,05 n-KOH = 0,24O/, H , in guter Ubereinstimmung mit dem berechneten Werte 0,23O/, H.

Es wurden 3 g Trienkobaltisulfathydrosulfat in 30 cm3 Wasser von Zimmer- temperatur aufgelbst. Bei Zusatz von Alkohol fie1 ein gelbes Kristall- pulver aus, das abgesaugt und gewaschen wurde. Die Ausbeute betrug 2,5 g. Das Salz war in Wasser sehr leicht liislich und erwies sich gegen verdunnte Sauren als sehr bestandig. Durch Zusatz von Schwefelsiiure wurde es aus seiner wagrigen Lbsung nicht aus- geschieden. Durch Salzsiiure und Salpetersaure aber fielen Produkte am, die sich als Gemische von Sulfaten mit Chloriden, bzw. Nitraten erwiesen. Beim Kochen der wagrigen Lbsung tritt Zersetzung ein, die durch Anwesenheit von Schwefelsaure beschleunigt wurde. Bei Erhitzen des festen Salzes uber 150° wurde Schwarzfarbung be- o bachtet.

Bei der Analyse wurden 13,s und 13,9°/0 Co, 11,5 und 11,6°/0 S gefunden. Fur das Tetrahydrat berechnen sich 14,1°/, Co und 11,5O/, S.

11. Trihydroaelenate nnd Selenate.

T r i a thy lenkoba l t i su l f a t [Co en,],(SO,), 4H,O.

T r i a t h y l e n d i a m m i n k o b a 1 t i t r i h y d r o s e l e n a t [Go en,](SeO,Il), . Es wurden 2 g Trienkobaltichlorid in die etwa vierfache Menge eisgekuhlter konzentrierter Selensaure gegeben und mehrere Stunden lang darin innig verrieben. Die stark oxydierenden Eigenschaften der Selensaure bewirkten, daB das Chlor des Trien- chlorids nicht wie bei der Einwirkung der konzentrierten Schwefel-

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Polyhydrosulfate uud -stdenate. 103

saure als gasformiger Chlorwasserstoff, sondern als elementares Cblor fortging. Die konzentrierte Selensaure wird dabei zu seleniger Saure reduziert, so da6 ein reichlicher ~ b e r s c h u 6 an H,SeO, angewendet werden mu6. Die kristallisierte, feste Selensaure verfliissigte sich allmahlich in dem MaBe, wie sich das Trienchlorid darin aufloste, wozu mehrere Stunden erforderlich waren. Sodann wurde die Mischung zur Beseitigung ungeloster Salzteile durch einen Qooch- tiegel mit Asbestpolster gesaugt und 24 Stunden in einen Vakuum- exsiccator gestellt. Die Fallung des Salzes erfolgte, indem die Losung in kleinen Anteilen in eisgekuhlten absoluten Alkohol gegossen wurde. Wir erhielten so in guter Ausbeute ein gelbes Salz, das nach sorg- faltigem Auswaschen mit Alkohol und Trocknen sich analytisch als das erwartete Trienkobaltitrihydroselenat erwies. Die Ausbeute betrug 2,5 g. Die Farbe war die der Luteosalze.

Bei der Analyse wurden 8,3 und S,6°/0 Co, und 35,1°/0 Se gefunden, 0,0932 g Substanz verbrauchten €47 cm3 0,05 n-KOH = 0,47O/, H; 0,1281 g Substanz verbrauchten 12,2 cm3 0,05 n- KOH = 0,48O/, H. Fur das Trihydroselenat berechnen sich in sehr guter Ubereinstimmung rnit diesen gefundenen Zahlen die Werte 8,8°/o Co , 35,4°/0 Se und 0,45O/, H.

Auch aus dem Selenathydroselenat lie6 sich das Trihydroselenat erhalten, indem 2 g [Co en,](SeO,)(SeO,H) , dessen Qewinnung unten beschrieben wird, unter Eiskuhlung mit 10 om3 konzentrierter Selen- saure versetzt und langere Zeit damit tuchtig verrieben wurden, bis sich das Salz in der sich verflussigenden Selensliure aufgelost hatte. Dann wurde die Lijsung langsam in eisgekuhlten absoluten Alkohol gegeben, der sich ausscheidende gelbe Niederschlag abfiltriert, rnit Alkohol gewaschen und getrocknet.

Bei der Analyse dieses Produktes wurden 8,4°/0 Co und 35,3O/, Se gefunden; 0,1175 g Substanz verbrauchten 10,9 cm3 0,05 n-KOH gleich 0,47O/, H. Auch diese Werte stimmen mit den berechneten befriedigend uberein.

Tr i a t h y l e n d i a m m i n k o b a 1 t i s e l e n a t h y d r 0 s e l e n a t [Co en,)](SeO,)(SeO,B) - H,O . Es wurden 2 g Trientrihydroselenat in 10 cms eisgekuhlter, ungefar 20 Ofoiger Selensiiure aufgelost und mit Alkohol gefallt. Das hellgelbe Salz, das sich sofort reichlich aus- schied, wurde abfiltriert, mit Alkohol gewaschen und getrocknet. Die Ausbeute betrug fast 2 g.

Bei der Analyse wurden 11, l und ll ,lo/o Co, 28,9 und 29,0°/, Se gefunden, 0,1226 g Substanz verbranchten 4,6 cm3 0,05 n-KOH

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104 J. Heyer und K. G'r6hley.

= 0,19 H. Fur das Monohydrat [Co en,](SeO,)(SeO,H) - H,O berechnen sich in befriedigender ubereinstimmung mit diesen Zahlen die Werte 10,8O/, Co, 29,1°/, Se und 0,19O/, H.

Dasselbe Selenathydroselenat lafit sich auch aus dem normalen Selenat [Co en,],(SeO,), durch Behandeln rnit verdiinnter Selensaure erhalten. Es wurden 2,5 g normales Trienselenat, dessen Dar- stellung weiter unten beschrieben wird, unter Umriihren in ungefahr 12 g eisgekiihlter 20 o/oiger Selensaure aufgeliist, mit Alkohol in der Kalte gefallt, abgesaugt, gewaschen und getrocknet. Dieses Produkt hatte dieselbe hellgelbe Farbe wie das aus dem Trihydroselenat gewonnene und zeigte die gleiche Leichtliislichkeit in Wasser. Die Ausbeute betrug reichlich 2 g.

Von diesem Produkt verbrauchten 0,1294 g 4,s cm3 einer 0,05 n-KOH , die also 0,19O/, saurem H entsprechen, in bester Uber- einstimmung mit dem berechneten Werte.

Tr i ii t h y 1 end i a m mink o b a 1 t i s e 1 en at - m o n oh y d r a t [ Co en,& (SeO,), H,O . Es wurden 2 g Trientrihydroselenat in 20 cm3 kaltem Wasser aufgelost und rnit Alkohol ausgefallt. Das gelbe Salz wurde abgesaugt, rnit Alkohol gewaschen und getrocknet. Die Ausbeute betrug etwa 1,5 g.

Bei der Analyse wurden 12,3 und 12,5O/, Co und 25,2O/, Se gefunden. Fur das Monohydrat des normalen Selenates berechnen sich 12,7O/, Co und 25,6°/0 Se.

Die ihnlichkeit des normalen Trienselenates und -sulfates in bezug auf Aussehen, Laslichkeit und sonstiges Verhalten ist recht weitgehecd, wie ja bei der engen Verwandtschaft und hihnlichkeit zwischen Schwefel- und Selensaure zu erwarten ist. Die groBe Be- standigkeit des Sulfats gegen verdiinnte Sauren wurde auch beim Selenat beobachtet, das jedoch etwas geringere Verwitterungs- erscheinungen aufweist, was wohl auf den kleineren Kristallwasser- gehalt zuriickgefuhrt werden kann.

111. Dihydrosulfate. Chloropen ta m m i n k o b a 1 t i d i h y d r o s u 1 f a t [(NH,),CoCl]

(SO,H), . Es wurden 5 g Chloropentamminkobaltichiorid unter Eis- kiihlung rnit 50 cm3 konzentrierter Schwefeldure versetzt und so lange damit verriihrt, bis sich alles gelost hatte. Die rotviolette Lbsung wurde dann mehrere Tsge i m Vakuumexsiccator iiber kon- zentrierter Schwefelsaure neben Kaliumhydroxyd, das zur Bindung des entweichenden Chlorwasserstoffes diente, stehen gelassen. Die

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Polyhydrosulfats und -setenate. 105

FiCllung erfolgte durch absoluten Alkohol in der Kalte, Es schied sich ein rotviolettes Salz aus, das nach grtindlichem Auswaschen mit Alkohol noch einrnal in konzentrierter Schwefelsaure gelost, wie oben ausgefallt usw. und d a m an der Luft getrocknet wurde. Die Ausbeute war fast quantitativ, denn 5 g Chlorid, die sich nach der Gleichung

[(NH,),CoCl]Cl, + 2H,SO4 = [(NH3),C~C1](S0,H), + 2 HC1 umgesetzt hatten, ergaben 7 g Dihydrosulfat. Bei der Analyse konnte eine titrimetrische Bestimmung der sauren H-Atome nicht vorgenommen werden, da die intensive Eigenfarbe der Losung das Erkennen eines scharfen E’arbenumschlages des Indicators ver- hinderte. Das Vorhandensein von Chlor innerhalb des Komplexes wurde nach Zerstorung des letzteren durch Fallung mit Silbernitrat uachgewiesen.

Bei der Analyse wurden 15,9 und 15,9°/0 Co, 17,O und 17,1°/0 S gefunden. Fur das Chloropentamminkobaltidihydrosulfat berechnen sich 15,8O/, Co und 17,2°/0 S.

Das Dihydrosulfat ist in kaltem Wasser wenig lijslich uad seine waBrige LGsung zeigt ausgesproclien saure Reaktion. Durch Um- kristallisieren des sauren Salzes aus Wasser gelangt man zum be- kannten normalen Sulfat [(NH,),CoCl]SO, .

Wir haben das Dihydrosulfat auch durch Behandeln des gemischt- sauren Sulfates von H. BILTZ und ALEFELD erhalten, indem wir 5 g dieses Salzes unter Eiskiihlung mit ungefihr 40 ,ma konzen- trierter Schwefelsaure versetsten, bis es sich darin aufgelijst hatte. Dann wurde die rotviolette Losung wie oben mit Alkohol gefhllt. Das so erhaltene Produkt gleicht in seinem Aussehen vollig dem oben Gewonnenen. Die Ausbeute betrug fast 6 g.

Beider Analyse wurden 15,5 and 15,5°/0 Co, 17,O und 17,2°/0 S gefunden, alles in guter obereinstimmung mit den theoretischen Werten.

In einer jungst erschienenen Untersuchung iiber saure Salze des Chloropentamminkobaltirestes beschreibt A. BENRATH l) ein saures Sulfat, dem er die Formel [ (NH?),CoCl](SO,. H,SO,) zuerteilt. Dieses saure Salz durfte mit unserm Dihydrosulfat identisch sein. BENRATH hat dieses Salz bei Lijslichkeitsversuchen als Bodenkorper erhalten, bei denen er den Chloropentamminkobaltirest in Schwefelsaure steigender Konzentration bei 50° C zur Sattigung auf Iiiste. Zwischen

l) A. BENEATB, 2. anorg. u. all$ Cliem. 151 (1926), 346.

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106

13 und 4S0/, H,SO, bekommt er als Bodenkbrper ein gemischt- saures Salz, dem er nicht die Formel von H. BILTZ und ALEPELD [(NH3),CoC1],(SO4),(SO,), . H,SO, , sondern die iiltere von JORCSENSEN

[(NH,),CoCl],(SO,), - 3R,SO, zuschreibt, ohne allerdings analytische Belege dafur zu geben. Zwischen 48 und 75OlO H,SO, scheidet sich dann aber mit sehr rasch abnehmender Loslichkeit das Dihydro- sulfat aus. Bei noch starkerer Schwefelsaure tritt infolge der hoheren Temperatur von 50° bereits Zersetzung dieses Salzes unter Chlor- wasserstoffabspaltung ein. Die BENRATH’SChen Liislichkeitsversuche in Schwefelsiiure stiitzen in erfreulicher Weise die Richtigkeit unserer Annahmen iiber die Bildungsmoglichkeiten von Polyhydrosulfaten und -selenaten.

N i t r o a q u o t e t r a m m i n k o b a1 t i d i h y d r o su l fa t [ (NH,),Co($O) (NO,)]. (SO,H), . Es wurde zu einer kleinen Menge Chloronitro- tetramminkobaltichlorid [ (NH,),CoC1(NO2)]C1 in der Kiilte unter Um- riihren so vie1 konzentrierte Schwefelsaure gegeben, wie zum Losen des Salzes gerade erforderlich war, d. h. auf 1 g Salz ungefiihr 10 g H,SO, . Dabei entwich in reichlichen Mengen Chlorwasserstoff und die Losung nahm eine blutrote Farbe an. Die Isolierung eines Salzes aus dieser Losung gestaltete sich jedoch auBerordentlich schwierig und gelang erst nach vielen MiBerfolgen. Zunlchst wurde versucht, das geloste Salz durch Verdiinnen der Losung mit Wasser und Einengen im Exsiccator zu erhalten. Sobald jedoch die Losung mit Wasser versetzt wurde, hatte die eintretende Erwarmung eine Entwicklung von Stickoxyden zur Folge, die beim Arbeiten unter Eiskuhlung zwar schwacher war, jedoch nicht ganzlich verhindert werden konnte. Aus dieser Losung, die dann eine violette Farbe angenommen hatte, fie1 alsbdd ein gelbes Salz aus, das sich als ein Nitroaquosulfat [(NH,),Co(H,O) (NO,)]SO, erwies. Darauf wurde der Versuch gemacht, das gesucbte Salz durch Fallung mit Alkohol aus der konzentrierten schwefelsauren Liisung zu gewinnen. Auch hier trat aber Stickoxydentwicklung ein und das rotviolette Salz, das man ausscheiden konnte, erwies sich unter dem Mikroskop als nicht einheitlich. Es schien ein Qemisch von zwei Salzen zu sein.

Erst nach zahlreichen weiteren Versuchen gelang es, aus der blutroten Losung ein einheitliches rotes Salz zu gewinnen, und zwar auf folgende Weise: 3 g Chloronitrotetramminkobaltichlorid wurden in ungefahr 15 cm3 konzentrierte Schwefelslure gegeben und sofort nach erfolgter Losung unter Eis-Kochsalzkiihlung auBerst vorsichtig tropfenweise mit absolutem, vollkommen wasserfreiem Alkohol ver-

J. Meyer und K. Gr6hler.

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Polyhydrosulfate uqad -selenate. 107

setzt. Der Alkohol war durch mehrfache Destillation iiber Kalk unter Anwendung eines Golodetzaufsatzes entwassert worden. In einigen Fiillen trat dennoch voriibergehend schwache Stickoxyd- entwicklung ein, wodurch die Bildung eines volkommen reinen Salzes verhindert wurde. Das Salz, welches sich so ausschied, hatte rote Farbe und die Ausbeute war so gut wie quantitativ, indem fast 4 g erhalten wurden. Die Analyse zeigte, daB ein Dihydrosulfat deu Nitroaquotetramminkobalts vorlag.

Die Analyse ergab 15,5 und 15,5O/, Co, 50,l und 50,0°/, SO,. Fur das Salz [(NH,)4Co(H20)(N0,)](S04H), berechnet sich ein Gehalt von 15,3O/,, Co und 49,9O/,, SO,.

Dieses Salz hatte sich also nach der Gleichung [(NH,),CoCl(NO,)Cl * H,O + 2H,S04 =

[(NH,)4Co(H,0)(N02)1 (So,H), + 2HC1 gebildet. In waBriger Losung zeigt das Dihydrosulfat stark saure Reaktion. Indessen geht es rasch unter Abspaltung von heier Schwefelsaure in das normale Sulfat [(NH,),Co(H,O) (NO,)]SO, iiber, das im Gegensatz zum Dihydrosulfat in Wasser sehr schwer loslich ist. Der groBe Unterschied in der Loslichkeit dieser beiden Sulfate ist wohl mit der Grund gewesen, weshalb sich die Darstellung des Dihydrosulfates so schwierig gestaltet hat. Der geringste Wasser- zusatz bewirkte die Bildung des normalen Sulfates, wie andererseits die geringste Erwarmung auch noch Stickoxydentwicklung zur Folge hatte. Die Leichtloslichkeit des sauren Salzes kann nur voruber- gehend beobachtet werden, da es sich sofort nach der Auflosung auch schon wieder als normales Sulfat ausscheidet. Streng ge- nommen kann man also von einer Loslichkeit des Dihydrosulfates in Wasser gar nicht sprechen.

Behandelt man das Nitroaquodihydrosulfat mit konzentrierter Salzsaure, so bildet sich daraus wieder das Chloronitrochlorid zuruck.

Man kann das Dihydrosulfat auch aus dem leichter erhaltlichen normalen Nitroaquosulfat gewinnen, indem man 2,5 g Sulfat in etwa der zehnfachen Menge gut gekuhlter konzentrierter Schwefelsaure auflost. So erhalt man wiederum die blutrote Losung des Dihydro- sulfats, aus der sich nach dem oben angegebenen Verfahren das gesuchte Salz isolieren 1aBt. Aus 2,5 g Ausgangsmaterial wurden 3,5 g Dihydrosulfat gemonnen, das in seinem AuBeren vollig mi t dem oben dargestellten ubereinstimmte und 15,4O/, Co enthielt, wie auch berechnet worden war.

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108 J. Xeyer und Ii. ffriihler.

Uber die gegenseitige Stellung der Nitro- und H,O-Gruppe, bzw. der Nitro- und C1-Gruppe ist schon im allgemeinen Teile ge- sprochen worden. Mit griiBter Wahrscheinlichkeit diirfen wir l-6-Stellung annehmen.

IV. Dihydroselenate nnd Selenate.

N i t r o a q u o t e t r a m m i n k o b a l t i d i h y d r o s e l e n a t [NH,),Co (H,O)(NO,)](SeO,H), . F u r die Herstellung des Nitroaquodihydro- selenates kam nicht der gleiche Weg in Frage, der zu dem ent- sprechenden Dihydrosulfat gefiihrt hatte. Denn da die kostbare Selensaure in nur geringen Mengen zur Verfugung stand, mufite unter dem Gesichtspunkte grofiter Sparsamkeit vorgegangen werden. Es wurden 3 g Chloronitrotetramminkobaltichlorid in der Kiilte mit nur der doppelten Menge konzentrierter Selensaure innig verruhrt. Dabei entweicht Chlor und es entsteht eine sch6n rote, dickfliissige Masse , die auf Tonscherben gestrichen und im Vakuumexsiccator iiber Chlorcalcium neben KOH getrocknet wird. Wenn der Brei vollig trocken geworden ist, wird er mehrere Male in wasserfreiem Alkohol aufgeschlammt, absaugt , ausgewaschen an der Luft und schlieBlich im Exsiccator getrocknet. Die Ausbeute ist weniger gut als bei Salzen, die durch Fallung gewonnen werden, da das Produkt nicht quantitativ vom Tonscherben entfernt werden kann. Jedoch 1aSt sich die adsorbierte Selensaure extrahieren und wiedergewinnen. 3 g Ausgangsmaterial ergaben rund 2,5 g Salz von der Formel [(NH,),Co(H,O)(NO,)] (SeO,H), . Das reine Salz besaS rotgelbe Farbe und war dem entsprechenden Dihydrosulfat weitgehend Sihnlich.

Bei der Analyse wurden 12,5 und 12,3O/, Co, und 59,7O/, SeO, gefunden. Das Dihydroselenat verlangt in guter nbereinstimmung damit 12,3O/, Co und 59,7O/, SeO,.

Beim Auflosen in Wasser verhalt sich das Dihydroselenat ahnlich wie das Dihydrosulfat, indem es mit saurer Reaktion in Losung geht, dann aber rasch ein Molekul Selensaure abspaltet und als schwer losliches normales Selenat wieder ausfallt,

N i t r o a q u o t e t r a m m i n k o ba l t i s e 1 e n a t [ (NH,),Co(H,O)(NO,)] SeO, . Durch einfaches Umkristallisieren des Dihydroselenates aus heiBem Wasser erhielten wir das gelbe, schwer losliche normale Selenat, das in bezug auf Farbe und Loslichkeit dem bereits be- kannten normalen Sulfat weitgehend gleicht. 2 g Dihydroselenat lieferten 1,5 g normales Selenat.

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Polyhydrosulfate und -setenate. 109

Bei der Analyse wurden 17,s und 17,7O/, Co, sowie 42,S0/, SeO, gefunden. Die theoretischen Werte sind 17,6O/, Co und 42,8O/, SeO, .

V. Dihydroeelenatoaalze. D ihydrose l ena to t e t r a m m i n k o b a 1 t i s e l e n a t [(NH,),Co

(SeO,H),]SeO, .4 H,O . Die Darstellung dieses interessanten Salzes wurde bereits im allgemeinen Teile besprochen. Die genaueren Gewinnungsbedingungen waren folgende: es wurden 3 g Chloro- nitrotetramminkobaltichlorid innig mit 10 cms konzentrierter Selen- siiure verruhrt, wobei in reichlicher Menge C1 entwich. Zur Ent- fernung der entstandenen selenigen Saure wurde die dickflussige Xasse durch einen weitporigen Goochtiegel gesaugt. Der dark ver- bleibende Riickstand wurde erneut mit 10 cm3 H,SeO, behandelt und schwach erwarmt. Dabei trat nach kurzer Zeit plotzlich spontanes Aufschaumen der Masse und Entwicklung von Stickoxyden ein, die in dicken braunen Schwaden abzogen. Aus der LSsung, die violette Farbe angenommen hatte, wurde nach Abkuhlncg durch Aikohol ein violettes Salz ausgefallt, das nach dem Abfdtrieren noch nicht in kristallinischem Zustande erhalten werden konnte. I n einen sclchen ging es erst uber, nachdem es mit einigen Kubikzentimetern Wasser ubergossen und damit langere Zeit verrieben worden war D a m wurde abfiltriert, mit Alkohol gewaschen und an der Luft getrocknet. Die Ausbeute betrug 3 g.

Bei der Analyse wurden 11,l und 11,2*/, Co, sowie 68,3O/, SeO, gefunden. Fu r dss Dihydroselenatoselenat berechnen sich 11,3°/0 Co und 68,4O/, SeO, .

Da6 die Verteilung der ionogen gebundenen und der im Komplex stehenden Selenatgruppen der Formel [(NH,),Co(SeO,H),],SeO, ent- spricht, konnte durch ,,fiaktionierte Fallung" der Selensaure nach- gewiesen werden, die noch eine weitere interessante Beobachtung im Gefolge hatte. Eine abgewogene Menge des Salzes wurde in kaltem Wasser geltist und mit Chlorbarium gefallt. Der weiBe Niederschlag von Bariumselenat wurde in einem Goochtiegel ge- sammelt, bei wenig ubor looo getrocknet und gewogen. Die Menge entsprach einem Mo1 SelensiZure der angenommenen Formel. Als nun das Filtrat maBig erwarmt wurde, fie1 nach kurzer Zeit eine neue Menge BaSeO, aus, deren Gewicht ebenfalls bestimmt wurde. Die Wagung ergab die Tatsache, daB zwei weitere Molekule Selen- saure abgeschieden worden waren. Die Erklarung fur die Ab- spaltung von nur einem Molekul Selensaure aus dem Komplex durfte

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110 J. Hqer und I<. Grohler.

darin zu suchen sein, da8 die beiden Hydroselenatogruppen sich in einen Selenatorest und ein Molekiil H,SeO, umlagern. Die Fallung der beiden Hydroselenatogruppen aus dem Komplex erfolgt durch Kochen mit Salzsaure, wodurch der Kern zerstort wird. Die er- haltenen Werte beaaBon nicht das Ma8 von Genauigkeit, das fur eine exskte quantitative Analyse erforderlich ist ; doch schien es uns ausreichend, urn die fiir das Salz angenommene Konstitution in hohem MaBe wahrscheinlich zu machen.

VI. Selenatoealze. S e 1 e n a t o it quo t e t r a m min k o b a1 t i s e 1 e n a t [(NH,!, Co(H,O)

(SeO,)],SeO,. Durch eine geringe Abanderung des soeben beschrie- benen Verfahrens in bezug auf die Selensaurekonzentration gelangten wir zu einem ganz anderen Produkte. LieBen wir statt der kon- zentrierten Selensaure nur halbkonzentrierte auf Chloronitrotetrammin- kobaltichlorid einwirken, 80 entwich bei gelindem Erwarmen wie oben Chlor und Stickoxyd, doch trat in den Komplex neben 1 Molekiil Wasser noch ein Selenatorest nach der Gleichung:

2[(NH3),CoC1(NO,)]CI. H,O + 3H,SeO, + H,O = [(NH,),Co(H,O)(SeO,)],SeO, + 3HC1 + 2HN0,.

Wenn Fir von 5 g Chloronitrochlorid ausgingen, betrug die Ausbeute 5,5 g Selenatoaquoselenat.

Bei der Analyse dee im Trockenschranke auf looo erhitzten Salzes ergaben sich 16,2 und 16,2O/, Co sowie 59,6O/, SeO,. Fur die oben angegebene Formel berechnen sich 16,4 Go und 59,7 SeO,.

Das Salz besitzt dunkelkirschrote bis violette Farbe. I n Wasser ist es leicht loslich. Beim Kochen tritt Zersetzung ein.

S e 1 e 11 at o a gu o t e t r am mi n k o b a1 t i h y d r o s e 1 e n at [(NH,), Go (H,OXSeO,)]SeO,H. Das soeben beschriebene normale Selenatoselenat geht beim Behandeln mit konzentrierter Selensliure in der Kalte in das saure Selenat uber, das sich durch Umkristallisieren aus Wasser wieder in das normale Selenat verwandeln 1BBt. 1 g normales Selenat lieferte reichlich 1 g Hydroselenat. Bei der Analyse wurden 13,9 und 13,9O/, Co sowie 6fi,3°/0 SeO, gefunden. Die berechneten Werte sind 13,6°/0 Co und 66,2O/, SeO,.

[(NH,), Co(H,O) (SeO,)]Cl. Es wurden 3 g Selenatoaquotetramminkobaltiselenat mit 30 om3 halbkonzentrierter Salzsaure versetzt und gelinde auf etwa

S e 1 e n a t o a qu o t e t r am m i n k o b a1 t i c h 1 o r i d

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Polyhydrosulfale und -selenate. 111

40° erwarmt, bis sich alles gelijst hatte. Dann wurde nach dem Erkalten mit Alkohol gefallt. Man erhielt so 2,5 g eines violetten Salzes von der Formel [(NH,),Co(H,O)(SeO,)]Cl.

Bei der Analyse wurden 18,5 und 18,4°/0 Co sowie 44,2O/, SeO,, 11,2 C1 uncl 11,l O i 0 C1 gefunden. Theoretisch berechnen sich fur die oben angegebene Formel 18,2O/, Co, 44,2°/0 SeO, und

Das Selenatochlorid ist in Wasser sehr leicht ltslich. Auf Zusatz von Bariumchlorid fallt erst nach einiger Zeit ein wei8er Niederschlag von BaSeO, aus, beim Erhitzen jedoch sofort.

[(NH,), Co(H, 0) (YeO,)],SO, 4H,O. Das soeben dargestellte Chlorid la& sich durch Umsetzung mit Silbersulfat in das Selenatosulfat uberfuhren:

2 [NH,),Co(H,O)(SeO,)] C1 + Ag,SO, =

ll,oo/o c1.

S e l en a t oa quo t e tr ammin k o b a1 t i s u 1 f a t

[(NE,),Co(H,O)(SeO,)],SO, + 2AgCl. E3 wurden 2 g Selenatochlorid in 20 cm3 Wasser mit 1 g Silber-

sulfat in der Kalte kriiftig langere Zeit geschuttelt. Die vom aus- geschiedenen Silberchlorid befreite Lijsung wurde dann mit absolutem Alkohol versetzt, der Niederschlag von Selenatosulfat abfiltriert und mit Alkohol gewaschen. Durch Umkristallisieren aus verdunntem Alkohol wurde ein analysenreines Salz erhalten. Die Ausbeute be- trug 1 g. Das Salz besitzt kirschrote bis violette Farbe und besteht aus feinen Kristallnadeln.

Bei der Analyse wurden 15,s und 15,8% Co, 12,5 und 12,7°/0 SO, sowie 38,6O/, SeO, gefunden. Fur die oben angenommene Selen- atosulfatformel berechnen sich die Werte 15,S0/, Co, 12,9 o/o SO, und 38,5°/0 SeO,.

An der Konstitution des Salzes kann kaum ein Zweifel sein. Denn auf Zusatz von Bariumchlorid zu der schwach salzsauren wBBrigen Losung fallt zuerst nur Bariumsulfat aus. Nach dem Abfiltrieren und Aufkochen der klaren Liisung zeigt sich dann ein neuer Niederschlag, der sich durch sein Verhalten gegen konzen- trierte Salzsaure als Bariumselenat zu erkennen gab.

VII. Sulfatosalze.

[(NH,), Co (H, 0) (SO,)),SO,. Es war oben erwahnt worden, da8 bei dem Ver- suche, aus der blutroten Losung von Chloronitrotetramminkobalti- chlorid in konzentrierter Schwefelsture durch Zugabe von Wasser ein Salz zu gewinnen, die auftretende Erwarmung Stickoxydentwick-

S ul fat o a q u o t e t r a m m i n k o b a 1 t i s u 1 f a t

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112 J. Meger und K. Griihler.

lung zur Folge hatte, und daB die Losung, aus der das schwer liisliche Nitroaquosulfat [(NH,),Co(H,O)(NO,)]SO, isoliert worden war, eine violette Farbe angenommen hatte. Zu einem Stoffe von ahn- licher Farbe nun gelangte man, wenn man eine Losung des Chloro- nitrochlorids in konzentrierter Schwefelsaure einige Tage bei Zimmer- temperatur sich selbst UberlieE; es machte sich dann ein langsamer Farbenumschlag von blutrot nach violett bemerkbar. In beiden Fallen schien das Entweichen von Stickoxyden der AnlaB zur Farben- iinderung gewesen zu sein, und es schien der Miihe wert, diese Verhaltnisse genauer aufzuklaren. Zu diesem Zwecke muBte die Reaktion so geleitet werden, daB das NO, qantitativ entwich. Bei schwachem Erwarmen und Zugabe von etwas Wasser war zwar Stickoxydentwicklung bemerkbar, doch konnte so ein vollig NO,- freies Produkt nicht erhalten werden, weil man mit der Temperatur nicht zu hoch gehen durfte. Dagegen bewahrte sich ein kleiner Kunstgriff, bei dessen Anwendung vollig reines Salz erhalten wurde. Die Losung wurde in einem dickwandigen GFefaB, das kraftig eva- kuiert wurde, gelinde erwarmt, so daB die Stickoxyde sofort aus der Lijsung entfernt wurden. Die Masse wurde auBerdem wahrend des Absaugens kraftig geschuttelt. Nach dem Abkuhlen wurde dann mit Alkohol gefallt. Dem Salz, das sich hierbei ausschied, kam die Formel [(NH8),Co(S0,)(H,0)],S0, 2 C,H,OH zu, und zwar erhielten wir aus 3 g Chloronitrochlorid 3 g Sulfatoaquosulfat. Das Alkoholat ging beim Erhitzen auf 80° in das alkoholfreie Salz iiber, das bei langerem Liegen an der Luft Kristallwasser aufnahm und sich so in das Tetrahydrat verwandelte.

Bei der Analyse des Alkoholats wurden 17,5 und 17,6O/, Go sowie 43,2O/, SO, und 43,l SO, gefunden. Fu r das Alkoholat [(NHJ4Co(H,0)(S0,)1,SO, 2C,H,OH berechnen sich 1 7,60,10 Go und 43,0°/0 SO,.

Bei der Analyse des alkoholfreien Salzes wurde 20,5 und 20,5O/, Co sowie 50,l und 49,9°/0 SO, gefunden. Fiir das Salz [(NH,),Co (H,O)(SO,)],SO, berechnen sich in guter Ubereinstimmung damit die Werte 20,4O/, Go und 49,8010 SO,.

Bei der Analyse des Tetrahydrats ergaben sich 15,3 und 18,2O/, Co sowie 44,4 O,l0 SO,. Fur das Salz [(NH3),Co(H,0)(S0,)],S0, 4 H,O berechnen sich die Werte 18,l0/, Go und 44,3:/, SO,.

Eine wHBrige Auflosung des Sulfatosulfats ergibt auf Zusatz von Bariumchloridlosung so fort eine weifie Fallung von Barium- sulfat. Das klare Filtrat liefert bei uberschussigem Bariumchlorid-

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gehalt nach dem Aufkochen nochmals eine BaS0,-Fallung. Der ionogen gebundene und der komplex gebundene SO,-Rest reagieren also nicht gleichzeitig.

Sulfatoaquote t r a m m i n k o b a 1 t i c h 1 o r i d [(NH,),Co(H,O) (SO,)]Cl. Aus dem soeben beschriebenen Sulfatosulfat wurde nach Zusatz von halbkonzentrierter Salzsiiure und durch Fallung mit Alkohol das Chlorid der Reihe gewonnen. Bei 5 g Ausgangs- material wurden fast 4 g Chlorid erhalten. Das reine Produkt ist ein rotviolettes, in Wasser leicht liisliches Salz.

Bei der Analyse ergaben sich 21,5 und 21,4O/, Co, 34,6 und 34,6O/, SO, sowie 13,O und 12,9O/, C1. Aus der angenommenen Formel berechnen sich die Werte 21,3O/, Co, 34,7O/, SO, und 12,9 O/,, C1.

Die Ubereinstimmung der Sulfatosalze rnit den Selenatosalzen ist so weitgehend, da6 hier auf das dort Gesagte verwiesen werden kann.

Sul fa toaquote t r a m m i n k o b a1 t i s el e n a t [(NH,),Co(H,O) (SO,)],SeO, 4H20. Der Austausch des ionogen gebundenen Chlors im Sulfatochlorid gegen den Selenatrest durch Umsetzung mit Silberselenat ging glatt vonstatten. Es worden 2 g Sulfatochlorid in 20 cmg Wasser aufgeliist und rnit der berechneten Menge, namlich 1,s g Silberselenat, in der Kdte kriiftig durchgeschuttelt, wobei sich das Sulfatoselenat nach der Gleichung bildete:

2 [(NH3),Co(H,O)(SO,)lC1 + Ag,SeO, = [(NEg),ColH20)(S0,)1,Se0, + 2AgC1.

Ganz ahlich wie bei der Darstellung des Selenatosnlfats wurde dann such hier die vom AgCl abfiltrierte Lisung in der Kalte mit Alkohol versetzt und der sich ausscheidende Niederschlag des ge- suchten Salzes nach dem Abfiltrieren und Waschen mit Alkohol noch einmal aus verdiinntem Alkohol umkristallisiert. Das aus- geschiedene Salz, dessen Menge ungefhhr 1 g betrug, bestand aus schonen kirschroten bis violetten Kristallnadeln.

Bei der Analyse ergaben sich 17,O und 17,O O l 0 Co, 27,4 und 27,5°/0 SO, sowie 20,6O/, SeO,. Fiir die angenommene Formel eines Sulfatoselenattetrahydrats berechnen sich die Werte 16,9 Co 27,5O/, SO, und 20,5O/, SeO,.

Da6 die Schwefelsaure und die SelensLure iu diesem Salze ver- schieden, und zwar umgekehrt wie in dem isomeren Selenatosulfate gebunden waren, lies sich leicht nachweisen. Denn Bariumchloiid-

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losung erzeugte in der wliBrigen Losung einen weiBen Niederschlag, der sich nach dem Abfiltrieren beim Aufkochen in starker Salz- sliure auf loste, also Bariumselenat war. Das Filtrat dieses BaSe0,- Niederschlags gab nach dem Auf kochen mit BaC$-Losung nochmals eine weiBe Fallung, die sich aber wegen ihrer Udoslichkeit in Salz- sZZure als Bariumsulfitt nachweisen lieB.

Durch die wechselseitige Substitution von Schwefel- und Selen- siiure in den vier analog gebauten und teilweise isomeren Salzen

[(NH3),Co(H,0)(S0,)Izs04 [(NH3),Co(HzO)(S0,)1,Se0, [(NH,),Co(HzO)(SeO,)l,SeO,

wird wegen der ungemeinen xhnlichkeit der beiden Sauren keine merkliche Anderung der Eigenschaften der Salze herbeigefiihrt. Diese gleichen sich vielmehr in ihrem Aussehen und in ihren Liislichkeits- verhaltnissen derartig, daB sie durch diese beide Kriterien nicht von- einander unterschieden werden konnen. Slimtliche vier Salze be- stehen aus dunkelkirscbroten bis violetten Kristallnadeln und sind samtlich in Wasser sehr leicht lbslich.

[(NH3),Co(H,O)(SeO,)l,SO,

Breslaw , Anorgankche Abteilung des Chernischen Instituts der Univeysitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 17. Mai 1926.