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Praktikum bei der Fundación Agrecol Andes September Dezember 2015 Von Anja Ibes Cochabamba/Pasorapa, Bolivien PARROQUIA SAN JUAN BAUTISTA DE PASORAPA

Praktikum bei der Fundación Agrecol Andes · Arbeitsbereiche von Agrecol Eines der Themenfelder: Incidencia política („politisches Wirken“) •Strategien und Empfehlungen für

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Praktikum bei der Fundación Agrecol Andes

September – Dezember 2015

Von Anja Ibes

Cochabamba/Pasorapa, Bolivien

PARROQUIA

SAN JUAN BAUTISTA

DE PASORAPA

Das Büro von Agrecol Andes in Cochabamba

Arbeitsbereiche von Agrecol

Eines der Themenfelder: Incidencia política („politisches Wirken“)

• Strategien und Empfehlungen für die Politik in partizipativen Prozessen mit (lokalen) Akteuren aus der Zivilgesellschaft erarbeiten

• Interessensverbände bilden, z.B. ProduzentInnen-vereinigungen und Akteure von sozialen Organisa-tionen und privaten und öffentlichen Institutionen stärken (z.B. durch die Schulung lokaler Akteure mit spezialisierten an der Praxis orientierten Ausbildungen oder durch die Dokumentation von Best Practice Beispielen)

Projektregion Pasorapa

• Kooperation mit der Parroquia Pasorapa (keine Agrecol-MitarbeiterInnen vor Ort)

• Projekte von Agrecol in Pasorapa:

– Stärkung von „Post-Ernte-Prozessen“: Weiterverarbeitung und Kommerzialisierung landwirtschaftlicher Grundnahrungsmittel und Saatgutproduktion

– Gründung von ProduzentInnenvereinigungen basierend auf einer neuen Gesetzgebung der Regierung (OECOMs/OECAs)

– Vergangene Projekte: Erarbeitung von Strategien und Empfehlungen für die öffentliche Politik und Erstellung von Plänen zur Entwicklung der landwirtschaftlichen Produktion auf Gemeinde- und Bezirksebene

Workshops zur Weiterverarbeitung von Grundnahrungsmitteln

Neugründung einer ProduzentInnen-Vereinigung (OECOM) in Sarcitos/ S.C. Ceibas

Dokumentation über die Folgen der Wasserknappheit in Pasorapa

Einsatzgebiete der Parroquia Pasorapa Projekte der Parroquia:

– Förderung des Anbaus von Gemüse (ökologische Anbautechniken) – bisher noch mit verschenktem Saatgut aber Pläne zur Wissensvermittlung bei der Saatgutproduktion hat u.a. zur Diversifizierung der Ernährung und zum Empowerment von Frauen geführt

– Gewerblicher Obstanbau (Apfel und Pfirsich), Bereitstellung und Schulungen zum Obstanbau und eventuell gemeinschaftlichen Baumschulen (viveros comunitarios)

– Erhalt und Steigerung der Bodenfruchtbarkeit (organische Düngeverfahren) sowie der Vermeidung von Erosion (Wassererosion durch Terassenbau, Winderosion durch eingemauerte Parzellen vermeiden)

– Schädlings- und Pflanzenkrankheitsbekämpfung (Pflanzennachbarschaften mit Knoblauch/Zwiebel, fermentierter Sud aus Asche und Seife)

– Viewirtschaft: Krankheitsvermeidung durch Impfstoffvergabe und Ausbildung von PromotorInnen in den Gemeinden; Futterherstellung (Kaktus, Heu, Silo), Milchverarbeitung

– Fortbildung von ImkerInnen

– Zukünftige Projekte im Bereich der Kommerzialisierung und wirtschaftlichen Nachhaltigkeit (eigene Produktion von Betriebsmitteln und politische Partizipation fördern) und in der Konsolidierung bisher erreichter Erfolge

Die KollegInnen

Mein Projekt wurde seitens Agrecol von Juan Carlos Ortega und Judith Marcas betreut (Incidencia Política). Meine Kollegen von der Parroquia: Fredy Cabrera Machuga (Tierarzt) und Emilio Román Rojas und Ivernon Narváez González (Agrarökonomen)

Bodenfruchtbarkeitstests mit Emilio in Buena Vista

Eingefasste Beete zur Vermeidung von Bodenerosion

Bisher noch importiertes konventionelles Saatgut soll in Zukunft durch eigene Herstellung samenfester Sorten ersetzt werden

Bienenhaltung

Expertimente mit Kaktus (Tuna) zur Futtermittel-produktion für Rinder

Die Projektregion: Zwei Sub Centrales stehen im Fokus der Parroquia und damit auch von Agrecol – die Sub Centrales Seivas (Ceibas) und Quinori (mit insgesamt 10 Gemeinden)

Pasorapa

S.C. Ceibas

S.C. Quinori

Meine Projektarbeit

Ziel: Lokalen Wochenmarkt in Pasorapa einrichten um Kommerzialisierung lokaler ProduzentInnen zu ermöglichen

• Studie über die sozioökonomischen Situation in den Sub Centrales Pasorapa, Seivas und Quinori mit Fokus auf die lokalen Vermarktungsoptionen der KleinstproduzentInnen

• Die Angebotssituation in den beiden Sub Centrales Seivas und Quinori und die Nachfragesituation in der Gemeinde Pasorapa kennenlernen (Interviews, da keine Daten vorhanden)

1. Aktuelle Marktsituation

• Monatliche Lieferungen aus Cochabamba (10 Std.), Santa Cruz (15 Std.) und Aiquile (4 Std.), Gemüse und Obst wöchentlich aus Aiquile (2 Familien aus Pasorapa)

• 27 Geschäfte in Pasorapa, 5 verkaufen Gemüse und Obst

• Gleichzeitig müssen lokale Kleinstprodu-zentInnen ihre Güter statt in den Geschäften weit unter Wert an fahrende HändlerInnen verkaufen

2. Ergebnisse ProduzentInnen

• 46 Familien (Ø 4,3 Pers.) aus 10 Gemeinden i.d.R. 3-5 ha Land, 5-20% Bewässerung, fast in allen Fällen Produktionssteigerungen möglich (Selbsteinschätzung)

• Frauen: Gemüse (neu, Eigenbedarf), Kleinvieh Männer: Großvieh, Grundnahrungsmittel, Obst (neu,

zum Verkauf) • Vorwiegend Ackerbauern, weniger Viehwirte: Vieh

wird für Fleisch und vor allem als Anlage gehalten, daher kaum Frischmilchprodukte

• S.C. Quinori mehr Niederschlag und Zugang zum Markt in Vallegrande, S.C. Ceibas weniger Niederschlag und schlechter Marktzugang

Schwierigkeiten – Klimaveränderungen: größere Hitze, weniger Regen, mehr Insektenplagen und Pflanzenkrankeiten, weniger fruchtbare Böden – Mangelnde Infrastruktur (LKWs, Brücke, Bewässerungssysteme,

Maschinen) – Fehlender Zugang zu einem Markt (regelmäßige und bezahlbare

Transportmöglichkeiten) – Preise variieren stark (Verkauf an fahrende HändlerInnen) Durchschn. Einkommen 6000 Bs./Jahr reicht nicht aus Fast die Hälfte der Bevölkerung ist schon abgewandert, v.a.

Jugendliche

Interviewdurchführung mit Hilfe der Clase Promoción des Colegio Nathaniel Verduguez III. von Pasorapa

3. Ergebnisse KonsumentInnen

• 71 Familien in der Gemeinde Pasorapa (Ø 4,03 Pers., ca. 1500 EW)

• Hauptsächlich ausgeübte Berufe: LandwirtInnen, Hausmänner- und frauen, Bausektor, HändlerInnen, im Schulbetrieb arbeitend (LehrerInnen, etc.)

• 39% der Familien besitzen ein Motorrad, 17% besitzen ein Auto

• Durchschn. Einkommen: 20.112 Bs./Jahr, durchschn. Ausgaben für Nahrungsmittel: 5256 Bs./Jahr

• Die Bevölkerung hat sich in den letzten Jahren erhöht (es gibt 2 Grund- und eine weiterführende Schule), im Municipio hat sie sich verringert

• Den VerbraucherInnen sind faire Preise für die ProduzentInnen und gesunde und frische Lebensmittel am Wichtigsten

• Fast alle vorwiegend nachgefragten Produkte werden auch im Municipio selbst produziert (außer Reis, Zitrusfrüchte, Paprika/Gurken, Frischmilch)

4. Verbindung Angebot und Nachfrage

57600 45340

31350 26175

45006

28419

101297

1163 11190 10515

4850

23275

Mais Weizen Kartoffeln Bohnen

Angebot und Nachfrage Grundnahrungsmittel (in kg/Jahr)

Produktion Nachfrage Verkauf

- Hauptsächliche Einnahmequelle für ProduzentInnen - Dennoch Großteil für den Eigenbedarf, v.a. Kartoffeln (relativ

krankheitsanfällig) - Bohnen in Überproduktion, werden kaum selbst verzehrt

89440

19840

969 4071

49953

6209

36209

14494 6890 2720 130 1121

Rind Schaf und Ziege Geflügel Käse

Angebot und Nachfrage tierische Produkte (in kg/Jahr )

Produktion Nachfrage Verkauf

- Vieh wird v.a. als Geldanlage gehalten, Geflügel für den Eigenbedarf - Frischmilch wird fast nicht produziert und reicht höchstens für den Eigenbedarf

10538

1138 675

2813 3319 3319

2184 1215

5538

2312

375 1058

Pfirsich Apfel Chirimoya Avocado

Angebot und Nachfrage Obst (in kg/Jahr)

Produktion Nachfrage Verkauf

- Neues Projekt zur Förderung des gewerblichen Obstanbaus

5. Zusammenfassend

• KleinstproduzentInnen (v.a. Ceibas) haben Schwierigkeiten, ihre Produkte zu verkaufen (Zugang zum regulären Markt)

• Fast für alle im Municipio herstellbaren Produkte gibt auch eine hohe Nachfrage, die bisher von außerhalb bedient wird

• Es besteht eine Wertehaltung bei den VerbraucherInnen, die für eine lokale Vermarktung sprechen würde

• Fast alle Befragten ProduzentInnen gaben Möglichkeiten zur Produktionssteigerung an

Vorteile einer Einrichtung eines lokalen Marktes in Pasorapa

Ein regelmäßiger Markt in Pasorapa wäre also sinnvoll und zudem in verschiedener Hinsicht vorteilhaft:

Sozial:

• Ernährungssicherung und –souveränität • Beziehungen zwischen ProduzentInnen und KonsumentInnen • Wirkt Landflucht entgegen Ökonomisch: • Wertschätzung durch faire Bezahlung • Preisstabilisierung, Krisenresistenz • Fördert die lokale Ökonomie Ökologisch: • Vermindert Umweltverschmutzung • Unterstützt Biodiversität • Weniger Verbrauch von natürlichen Ressourcen und Energie

7. Ausblick und Empfehlungen

Infrastruktur: – Transport und Marktgebäude/-ort organisieren

– Kampagne zur Sensibilisierung von KonsumentInnen

– Weiterhin Gründung von ProduzentInnenorganisationen

– Grundlegende Leitlinien für Markt festlegen (wer darf verkaufen, etc.)

– Studie auch auf die anderen 3 Sub Centrales des Municipios Pasorapa ausweiten

Produktion: – Produktion anpassen und diversifizieren

– Produktionskosten berechnen

– Ökolog. Landwirtschaft weiterhin fördern

– Eigene Saatgutproduktion

– Bewässerungssysteme fördern

Eindrücke - Pasorapa

Bewertung Praktikum insgesamt Gut:

– Gute Kommunikation und hilfreiche Gespräche im direkten Kontakt – gab ein ausgiebiges Einführungsgespräch mit einem sehr

partizipativen Aufgabenfindungsprozess und einem fruchtbaren Abschlussgespräch (nachhaltig?)

– Gab klare Betreuungspersonen – Fast problemlose Bezahlung bei mir – Abschlusszertifikat

Weniger gut: – Betreuung vorher – Unterkunftssuche – Wenig Zwischenberichte/Unterstützung aus Ferne – Viel (Betreuungs-)Arbeit abgeschoben auf die Parroquia (führt zu

Unmut) – Negative Arbeitsatmosphäre und interne Konflikte im Agrecol-Team

selbst

Verbesserungsvorschläge

• Kommunikation per Mail/Telefon schlecht aber gut im direkten Kontakt

• ASA-Projektvorschlag

• Verbesserungsvorschläge für Agrecol Deutschland: – Erwartungen und Leistungen des PraktikantInnen-

programms ganz klar formulieren

– Ausreisezeiträume empfehlen

– Falls möglich mit Agrecol Andes eine Struktur für die Unterbringung in den ersten 1-2 Wochen absprechen

– Evtl. Kommunikation über andere/weitere Kontaktperson von Agrecol Andes?

¡Muchas gracias por su atención!