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13. / 14. MAI 2017 Bruckner KONZERTSAAL

prog 41 13/14Mai17 KuPa Titel 0805

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13. / 14. MAI 2017

Bruckner

KO N Z E R T S A A L

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P R O G R A M M

Anton Bruckner (1824 – 1896)Messe Nr. 2 e-Moll

für achtstimmigen gemischten Chor und Bläser WAB 27

(Fassung von 1882)

Kyrie. FeierlichGloria. Allegro — Andante — Tempo I

Credo. Allegro moderato — Adagio — Allegro — Tempo ISanctus. Ruhig, mehr langsam

Benedictus. ModeratoAgnus Dei. Andante

P A U S E

Sinfonie Nr. 6 A-Dur WAB 106

MajestosoAdagio. Sehr feierlich

Scherzo. Nicht schnell — Trio. LangsamBewegt, doch nicht zu schnell

Marek Janowski | Dirigent

MDR RundfunkchorMichael Gläser | Einstudierung

Mitschnitt Sendung am Sonntag, 14. Mai 2017 um 20.03 Uhr.

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28. MAI 2017, SO, 11.00 UHRKULTURPALAST

MALTEARKONA

F A M I L I E N K O N Z E R T

T i c k e t s u n t e r : t i c k e t @ d r e s d n e r p h i l h a r m o n i e . d e

phil zu entdecken in Mozarts Klavierland

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Bruckner 3

Es gibt Künstler, die fremd in ihrer Zeit stehen. Ihre Werke scheinen aus anderen Welten zu stammen, sie stoßen bei den Zeitgenossen auf Unverständnis und werden allenfalls bestaunt als Boten aus weit ab-liegenden Regionen. Anton Bruckner ist sowohl in seiner Sinfonik als auch in seiner geistlichen Chormusik ein Komponist, der aus räumlich und zeitlich sehr fernliegenden Quellen zu schöpfen scheint. Einigen gilt er als fast mittelalterliche Erscheinung. Seine tiefe katholische Frömmigkeit war ebenso unzeitgemäß wie seine unbedingte und kompromisslose Dienerschaft gegenüber den Idealen der Kunst. Zwar fällt es nicht einmal besonders schwer, Züge des 19. Jahrhunderts bei Bruckner zu finden: etwa die offensichtlichen Einflüsse Beethovens, Schuberts und Wagners. Doch werden diese Einflüsse in Bruckners Musik in einer Weise transformiert, dass sie dem geschichtlichen Zusammenhang enthoben zu sein scheinen. Wagners sehr fortschrittliche und gewagte Harmonik klingt, wenn Bruckner sie übernimmt, wie ein ganz selbstverständli-ches Kunstmittel, das den Anschein erweckt,

es habe den Komponisten immer schon zur Verfügung gestanden. Die dynamischen Formen Beethovens verlieren bei Bruckner vollkommen ihren revolutionären Stachel und erhalten den Charakter geradezu archai-scher Monumentalität.

Die Messe in e-Moll scheint in vielem auf die katholische Kirchenmusik der Renais-sance zurückzugreifen. Doch ist dies letztlich eine Renaissance, die es so nie gab. Es fällt schwer, konkrete stilistische Vorbilder zu nennen, wenngleich der Eindruck des Rück-griffs auf die große Zeit der a-cappella- Vokalpolyphonie stark ist – aber er ist eben auch trügerisch. In ähnlichem Sinne scheint die Sechste Sinfonie sich auf einen stilis-tischen Kontext zu beziehen, der nur eine ideal-typische, aber keine historische Ausprä-gung gefunden hat. In beiden Werken finden sich zudem Züge, die man umstandslos als „modern“ klassifizieren könnte. Aber auch hier gilt: Es handelt sich nicht um die Mo-derne, wie sie im 20. Jahrhundert künstleri-sche Wirklichkeit geworden ist, sondern um das Paradox einer zeitlosen Zukünftigkeit.

EXTERRITORIALE MUSIK

28. MAI 2017, SO, 11.00 UHRKULTURPALAST

MALTEARKONA

F A M I L I E N K O N Z E R T

T i c k e t s u n t e r : t i c k e t @ d r e s d n e r p h i l h a r m o n i e . d e

phil zu entdecken in Mozarts Klavierland

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13. / 14. MAI 2017, SA / SO, 19.30 Uhr, Kulturpalast 4

Die Messe in e-Moll unterscheidet sich deutlich von den beiden anderen großen Messen Bruckners. Sie verzichtet auf einen umfangreichen Orchesterapparat und weist im Vokalsatz deutlich archaisierende Züge auf. Sie scheint ein Ideal von Reinheit anzu-streben, das der Musik keine Selbstherrlich-keit zugesteht, sondern sie ganz der theologi-schen Aussage unterordnet.

Die Messe entstand zur Einweihung der Votivkapelle des neuen Linzer Doms. Der von Bruckner sehr verehrte Bischof von Linz, Franz-Josef Rudigier, hatte 1862 bereits eine Festkantate zur Grundsteinlegung des Doms bestellt. Die Fertigstellung der Kapelle, für 1866 vorgesehen, verzögerte sich aber, so dass die Einweihungsfeier erst am 29. September 1869 stattfinden konnte. Im folgenden hat Bruckner die e-Moll-Messe noch mehrmals

überarbeitet, zuletzt 1882. Die endgültige Version wurde am 4. Oktober 1885 im Alten Dom in Linz aufgeführt.Die e-Moll-Messe stellt an die Chorsänger außerordentlich hohe Anforderungen. Lange Strecken sind ohne Begleitung auszuführen, was etwa zu Beginn des Sanctus leicht zu Intonationsschwierigkeiten führen kann. Die Verbindung von strenger Polyphonie und höchst entwickelter Harmonik verlangt eine souveräne Darstellung.

Das Kyrie gibt den Grundcharakter der Mes-se an: eine durch ausgefeilte Konstruktion gebändigte starke Expressivität. Das Flehen um Erhörung zeigt streckenweise Züge tiefer Zerknirschung, aber auch Zuversicht klingt durch.Zu Beginn des Gloria sind die Worte „Gloria in excelsis Deo“ nicht komponiert und

IDEAL VON REINHEITA N TO N B R U C K N E R : M E S S E N R . 2 E - M O L L

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Bruckner 5

müssen auf die gregorianische Melodie vom Priester intoniert werden. Das entspricht der Anlehnung der Messe an die ältere Praxis der liturgischen Musik. Bruckner erreicht in diesem Satz große Wirkungen durch die Gegenüberstellung von diatonischen und chromatischen Passagen. Das �ema der abschließenden Amen-Fuge ist mit seinem absteigenden Tritonus-Sprung außerordent-lich kühn.Das Credo ist der textreichste Satz der katholischen Messe. Bruckner wählt hier ein recht schnelles Tempo, um den Satz gegen-über den anderen nicht übermäßig lang wer-den zu lassen – auch dies ein Zugeständnis an die liturgische Verwendbarkeit. Lediglich das zentrale Geheimnis der Menschwerdung und des Todes Jesu Christi erfährt eine etwas ausführlichere musikalische Darstellung.Das verklärte Sanctus zeigt höchste kontra-punktische Kunstfertigkeit, das Vorbild Pale-strinas schimmert durch. Demgegenüber ist das Benedictus in einem „moderneren“ Stil geschrieben, auch die Instrumente werden hier stärker beteiligt. Das Agnus Dei kehrt zur Flehenshaltung des Kyrie zurück. Die abschließende Bitte um Frieden hat Bruckner zu einigen kühnen

Modulationen inspiriert: Friede ist nichts Gegebenes, sondern muss immer wieder erst mühsam errungen werden.

ANTON BRUCKNER* 4. September 1824, Ansfelden (Österreich)† 11. Oktober 1896, Wien

M E S S E N R . 2 E - M O L L für achtstimmigen gemischten Chor und Bläser WAB 27(Fassung von 1882)

EntstehungAugust bis November 1866; umgearbeitet 1876, 1882, 1885, 1896Uraufführung29. September 1869, Linz, DomplatzDirigent: Anton BrucknerZuletzt von der Dresdner Philharmonie gespielt19. Juli 2008, Dirigent: Christoph EschenbachSpieldauerca. 43 MinutenBesetzung2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte, 4 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen

Bei der Aufführung der endgültigen Fassung der e-Moll-Messe am 4. Oktober in Linz „stand Bruckner bei der Orgel mit verzückten, gegen die Wölbung des Domes gerichteten Augen und seine Lippen bewegten sich wie im Gebete.“

AdalbertSchreyeranFranzGräflinger

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13. / 14. MAI 2017, SA / SO, 19.30 Uhr, Kulturpalast 6

TEXT DER MESSE

Kyrie eleison.Christe eleison.

Kyrie eleison.

Gloria in excelsis Deoet in terra pax hominibus

bonae voluntatis.Laudamus te,

benedicimus te,adoramus te,

glorificamus te.Gratias agimus tibi propter

magnam gloriam tuam,Domine Deus,

Rex caelestis,Deus pater omnipotens.

Domine fili unigenite, Iesu Christe,

Domine Deus, agnus Dei,

filius patris;qui tollis peccata mundi,

miserere nobis;qui tollis

peccata mundi,suscipe deprecationem

nostram;qui sedes ad dexteram Patris,

miserere nobis.Quoniam tu solus Sanctus,

Tu solus Dominus,Tu solus Altissimus,

Iesu Christe,cum Sancto Spiritu

in gloria Dei patris. Amen

Herr, erbarme dich.Christus, erbarme dich.Herr, erbarme dich.

Ehre sei Gott in der Höheund Friede auf Erden den Menschen seiner Gnade.Wir loben dich, wir preisen dich, wir beten dich an, wir rühmen dich und danken dir, denn groß ist deine Herrlichkeit: Herr und Gott, König des Himmels, Gott und Vater, Herrscher über das All, Herr, eingeborener Sohn, Jesus Christus. Herr und Gott, Lamm Gottes, Sohn des Vaters,du nimmst hinweg die Sünde der Welt: erbarme dich unser; du nimmst hinweg die Sünde der Welt: nimm an unser Gebet; du sitzt zur Rechten des Vaters: erbarme dich unser.Denn du allein bist der Heilige, du allein der Herr, du allein der Höchste:Jesus Christus, mit dem Heiligen Geist, zur Ehre Gottes des Vaters. Amen.

G LO R I A

K Y R I E

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Bruckner 7

Credo in unum Deum, patrem omnipotentem,

factorem caeli et terrae,

visibilium omnium et invisibilium.

Et in unum Dominum Iesum Christum,

Filium Dei unigenitum,et ex patre natum ante

omnia saecula.Deum de Deo, lumen de lumine,

Deum verum de Deo vero,genitum, non factum,

consubstantialem patri:per quem omnia facta sunt.

Qui propter nos homineset propter nostram salutem

descendit de caelis.Et incarnatus est de

Spiritu Sanctoex Maria virgine:et homo factus est.

Crucifixus etiam pro nobissub Pontio Pilato;

passus et sepultus est,et resurrexit

tertia die secundum scripturas,

et ascendit in caelum,

sedet ad dexteram patris.Et iterum venturus

est cum gloria,iudicare vivos

et mortuos,cuius regni non erit finis.

Ich glaube an den einen Gott,den Vater, den Allmächtigen,der alles geschaffen hat, Himmel und Erde, das Sichtbare und das Unsichtbare.Und an den einen Herrn Jesus Christus, Gottes eingeborenen Sohn, aus dem Vater geboren vor aller Zeit: Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott von wahrem Gott, gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater; durch den alles geschaffen ist. Für uns Menschen und zu unserem Heil ist er vom Himmel gekommen, hat Fleisch angenommen durch den Heiligen Geist aus der Jungfrau Maria und ist Mensch geworden.Er wurde für uns gekreuzigt unter Pontius Pilatus, hat gelitten und wurde begraben, ist am dritten Tage auferstanden nach der Schrift und ist aufgefahren in den Himmel. Er sitzt zur Rechten des Vaters.und wird wiederkommen in Herrlichkeit, zu richten die Lebenden und die Toten; seiner Herrschaft wird kein Ende sein.

C R E D O

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13. / 14. MAI 2017, SA / SO, 19.30 Uhr, Kulturpalast 8

Et in Spiritum Sanctum,Dominum et vivificantem:

qui ex patre filioque procedit.

Qui cum patre et filio, simul adoratur et conglorificatur:

qui locutus est per prophetas.Et unam, sanctam,

catholicam et apostolicamecclesiam.

Confiteor unum baptismain remissionem peccatorum.Et expecto resurrectionem

mortuorum, et vitam venturi saeculi.

Amen.

Sanctus, sanctus, sanctusDominus Deus Sabaoth.Pleni sunt caeli et terra

gloria tua.Hosanna in excelsis.

Benedictus qui venit in nomine Domini.

Hosanna in excelsis.

Agnus Dei qui tollis peccata mundi,

miserere nobis.Agnus Dei

qui tollis peccata mundi, miserere nobis.

Agnus Dei qui tollis peccata mundi,

dona nobis pacem.

(Ich glaube) an den Heiligen Geist,der Herr ist und lebendig macht, der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht, der mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird, der gesprochen hat durch die Propheten, und die eine, heilige, katholische (allgemeine)und apostolische Kirche.Ich bekenne die eine Taufe zur Vergebung der Sünden und erwarte die Auferstehung der Toten und das Leben der kommenden Welt.Amen.

Heilig, heilig, heilig ist Gott, Herr aller Mächte und Gewalten.Erfüllt sind Himmel und Erde von seiner Herrlichkeit. Hosanna in der Höhe.

Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn. Hosanna in der Höhe.

Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt, erbarme dich unser.Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt, erbarme dich unser.Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt, gib uns Frieden.

S A N C T U S

B E N E D I C T U S

A G N U S D E I

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Bruckner 9

Die Sechste Sinfonie galt lange als das Aschenputtel unter den Sinfonien des Meisters. Sie hat von Beginn an beim Publikum und bei der Kritik Irritationen ausgelöst: Man vermisste an ihr die typischen Kennzeichen einer Bruckner-Sinfonie. Das Werk ist deut-lich kürzer als die vorangegangene Fünfte und auch als die ihm folgende Siebente. Es geht allem Monumentalem und allem Pathos bewusst aus dem Weg. Im Zusam-menhang von Bruckners sinfonischem Werk wirkt es wie eine glückliche Insel. Es führt gleichsam eine stillzufriedene Existenz im Windschatten.

Die ersten drei Sinfonien Bruckners standen sämtlich in Molltonarten. Mit der Vier-ten Sinfonie, der „Romantischen“, begann Bruckner, für sich das Reich der Durton-arten zu erobern. Zunächst dominierten die

gedeckten Klänge von Es-Dur und B-Dur, aber mit dem A-Dur der Sechsten wählte Bruckner zum ersten Mal eine Kreuztonart. Dennoch hat diese Sinfonie einen starken Molleinschlag. Das Scherzo und große Teile des Finales stehen in a-Moll, auch das F-Dur des zweiten Satzes wird immer wieder von Mollklängen getrübt.

Bereits das Hauptthema des ersten Satzes beginnt mit einer Phrase, die zwar mit dem A-Dur-Dreiklang harmonisiert ist, aber genauso gut in einen d-Moll-Kontext passen würde. Zu solchen tonartlichen Doppeldeutigkeiten kommt eine reiche Modulationsarbeit. Das Geschehen befindet sich harmonisch beständig im Fluss, und es ist bewundernswert, wie es Bruckner gelingt, trotzdem eine klare Tonartenarchitektonik herzustellen. Man hat dem Komponisten

GLÜCKLICHE INSELA N TO N B R U C K N E R : S I N F O N I E N R . 6 I N A - D U R

Es ist überliefert, Bruckner habe seine Sechste Sinfonie mit den Worten charakterisiert: „Die Sechste ist die keckste“. Selbst wenn das zutreffen sollte, wird man Bruckner kaum beipflichten können. Viel eher strahlt die Sinfonie ein ruhiges Glück aus, eine Freundlichkeit und Herzlichkeit, die man so in den anderen Werken des Meisters nicht findet.

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13. / 14. MAI 2017, SA / SO, 19.30 Uhr, Kulturpalast 10

oft eine gewisse Pedanterie in der formalen Anlage vorgeworfen; aber nur durch strenge Regelhaftigkeit war die wuchernde gestalte-rische Phantasie im Zaum zu halten. Größere Freiheit gönnt sich Bruckner in dem ansonsten sehr übersichtlich angelegten ersten Satz nur in der Coda, die streckenweise wie eine Orgelimprovisation wirkt. Es wird be-richtet, dass Bruckner bei seinen Improvisati-onen mit Vorliebe reine Dreiklänge aneinan-dergereiht habe. Das geschieht auch in dieser Coda, nur ist die Tonartenfolge derartig klug berechnet, dass sich die im Einzelnen überra-schenden Akkordwechsel nach und nach zu einem überzeugend logischen harmonischen Panorama zusammenschließen.

Der zweite Satz beginnt wie der erste mit einem �ema, das harmonisch sowohl eine Dur- als auch eine Moll-Deutung zulässt, es schwankt zwischen F-Dur und b-Moll. Im Verlauf des Satzes werden die Dur- und die Moll-Aspekte gewissermaßen isoliert: das zweite �ema steht in leuchtendem Dur, das dritte dagegen in düsterstem Moll. Als Übergang zwischen den so stark kontrastie-renden Welten des zweiten und des dritten �emas dient eine lange sequenzierende Passage von der Art, wie sie das Missfallen von Bruckners Erzfeind, des Musiktheoretikers

Eduard Hanslick, hervorrief. In solchen Passagen „geschieht nichts“, es finden keine thematischen Entwicklungen statt. Aber sie sind notwendig als Ruhemomente in der Gesamtarchitektur: Der Geist des Zuhörers bekommt Gelegenheit, sich zu entspannen, die eben verklungenen musikalischen Bilder Vergangenheit werden zu lassen und sich auf die noch folgenden vorzubereiten. Der Schluss des Satzes zelebriert den allmähli-chen Übergang von Musik in Stille.

Das Scherzo der Sechsten Sinfonie ist für Bruckner höchst ungewöhnlich. Es erinnert an die Elfenmusik Mendelssohns, strecken-weise sogar an die sinfonischen Scherzi von Hector Berlioz. Die Musik spielt mit dem Kontrast von Ungreifbarkeit und plötzlicher klanglicher Massivität. Es überwiegt aber eine manchmal geradezu spinnwebhafte Feinheit, die schlecht zum Bild des erden-schweren Provinzlers passt, als den man Bruckner oft hat sehen wollen.

Das Finale bringt zum ersten Mal größere sinfonische Konflikte. Der Dur-Moll-Kon-trast wird hier als Kampf zweier Prinzipien aufgefasst, nicht unähnlich der Verfahrens-weise Beethovens in dessen Fünfter und Neunter Sinfonie. Dennoch ist auch hier der

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Bruckner 11

Eindruck ein völlig anderer als bei Beethoven. Statt eines unversöhnlichen Gegensatzes scheint Bruckner eine geheime Einheit von Dur und Moll zugrundezulegen, wie das vor ihm schon Franz Schubert getan hatte. Selbstverständlich endet die Sinfonie aber in strahlendem Dur. In den letzten Takten wird das Hauptthema des ersten Satzes zitiert, das nun seine tonale Doppeldeutig-keit verloren hat und mit klarem A-Dur den verschlungenen harmonischen Weg der Sinfonie zum Abschluss bringt.

Bruckner hat seine Sechste Sinfonie nur ein einziges Mal in einer Orchesterprobe zu hören bekommen. Zu seinen Lebzeiten wurden nur die beiden Mittelsätze öffent-lich gespielt. Die erste Gesamtaufführung fand unter der Leitung von Gustav Mahler am 26. Februar 1899 in Wien statt, aller-dings in einer stark gekürzten Fassung. Vollständig erklang die Sinfonie zuerst 1901 in Stuttgart, unter der Leitung von Karl Pohlig. Erst gegen Ende des 20. Jahrhun-derts war die Sinfonie öfter zu hören. Sie zieht aber durch ihren unerhörten musikali-schen Zauber das Publikum mehr und mehr in ihren Bann und kann inzwischen kaum mehr als vernachlässigt gelten.

ANTON BRUCKNER* 4. September 1824, Ansfelden (Österreich)† 11. Oktober 1896, Wien

S I N F O N I E N R . 6 A - D U R W A B 1 0 6

Entstehung1879 –1881Uraufführung26. Februar 1899 (in gekürzter Form) in WienZuletzt von der Dresdner Philharmonie gespielt29. April 2016, Dirigent: Juanjo MenaSpieldauerca. 56 MinutenBesetzung2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte, 4 Hörner, 3 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba, Pauken, Streicher

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re | formation

Neue Perspektiven

Musik in der

Frauenkirche Dresden 2017

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20. Mai

Festliches Barock

Ludwig Güttler

27. Mai

Große Stimmen

Vokalensemble Sjaella

24. Juni

Uraufführung

Herchet Kantate zum

Reformationstag

8. Juli

Preisträgerkonzert

Harfe Agnès Clément

15. Juli

Preisträgerkonzert

Klavier Chi Ho Han

22. Juli

Preisträgerkonzert

Klarinette Vera Karner

Kontrabass Dominik Wagner

29. Juli

Sommerkonzert

German Brass

5. August

Preisträgerkonzert

Novus String Quartet

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GROSSE KUNST BRAUCHT GUTE FREUNDE WIR DANKEN DEN FÖRDERERN DER DRESDNER PHILHARMONIE

Heide Süß & Julia Distler

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13. / 14. MAI 2017, SA / SO, 19.30 Uhr, Kulturpalast 14

Marek Janowski war von 2002 bis 2015 Künstlerischer Leiter und Chefdirigent des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin. Zuvor und teilweise parallel amtierte er u. a. als Chef-dirigent des Orchestre de la Suisse Romande (2005–2012), des Orchestre Philharmonique de Monte-Carlo (2000–2005) und des Orchestre Philharmonique de Radio France (1984–2000), das er zum Spitzenorchester Frankreichs entwickelte. Außerdem war er mehrere Jahre am Pult des Gürzenich-Orches-ters in Köln (1986–1990) und der Dresdner Philharmonie (2001–2003) tätig. 1939 geboren in Warschau, aufgewachsen und ausgebildet in Deutschland, führte Marek Janowskis künstlerischer Weg über Aachen, Köln, Düsseldorf und Hamburg als GMD nach Freiburg i. Br. und Dortmund. Es gibt zwischen Metropolitan Opera New York und Bayerischer Staatsoper München, zwischen San Francisco, Hamburg, Wien und Paris kein Opernhaus von Weltruf, wo er seit den späten 1970er-Jahren nicht regelmäßig zu Gast war.

Im Konzertbetrieb, auf den er sich seit den späten 1990er-Jahren konzentriert, führt er die große deutsche Dirigententradition fort, gilt weltweit als herausragender Beethoven-, Schumann-, Brahms-, Bruckner- und Strauss-Dirigent, aber auch als Fachmann für das französische Repertoire. Sein Abschied von der Oper war indes nur ein institutioneller, kein musikalischer. Deswegen zählt Marek Janowski heute mehr denn je zu den Kundigsten etwa für die Musik von Ri-chard Wagner. Mit dem RSB, dem Rundfunk-chor Berlin und einer Phalanx von internati-onalen Solisten realisierte er zwischen 2010 und 2013 die zehn Opern und Musikdramen des Bayreuther Kanons in konzertanten Aufführungen in der Berliner Philharmonie. Sämtliche Konzerte wurden in Kooperation mit Deutschlandradio von PENTATONE auf SA-CD veröffentlicht. Mehr als 50 zumeist mit internationalen Preisen ausgezeichnete Schallplatten – darunter mehrere Opernge-samtaufnahmen und komplette sinfonische Zyklen – tragen seit 35 Jahren dazu bei, die besonderen Fähigkeiten Marek Janowskis als Dirigent international bekannt zu machen. Für die Jahre 2014 bis 2017 wurde er nach Tokio zum renommierten Frühlingsfestival eingeladen, mit dem NHK-Sinfonieorchester Wagners „Ring“-Tetralogie konzertant aufzu-führen. Außerdem kehrt Marek Janowski in-zwischen gelegentlich zur Oper zurück, zuletzt für ein Gastspiel der Wiener Staatsoper in Tokio mit Strauss’ „Ariadne auf Naxos“. Wie auch 2016 leitet Marek Janowski 2017 den „Ring“ bei den Bayreuther Festspielen.

MAREK JANOWSKI

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Bruckner 15

Wenn große Orchester im In- und Ausland ein Werk mit Chorbeteiligung planen, steht der MDR Rundfunkchor auf der Wunschliste ganz oben. Der größte und traditionsreichste Chor des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gilt unter Experten als einer der besten. Dirigenten wie Herbert von Karajan, Kurt Masur, Colin Davis, Claudio Abbado, Simon Rattle, Neville Marriner, Seiji Ozawa, Lorin Maazel, Bernard Haitink, Riccardo Muti, Georges Prêtre oder Roger Norrington haben dem MDR Rund-funkchor ihre Reverenz erwiesen. Regelmäßig konzertieren die Sängerinnen und Sänger mit dem MDR Sinfonieorchester unter Leitung seines Chefdirigenten Kristjan Järvi. Dass das Ensemble nicht nur exzellenter Partner der bedeutendsten Orchester ist, beweist es mit viel beachteten A-cappella-In-terpretationen. Weltliche und geistliche Musik, Ensemblegesang sowie Chorsinfonik gehören gleichermaßen zum Repertoire, das beinahe ein Jahrtausend Musikgeschichte umspannt. Als Spezialensemble für Zeitgenössische Musik ha-ben sich die 73 Choristen durch zahlreiche Ur- und Erstaufführungen einen Namen gemacht.Mit Beginn der Spielzeit 2015/2016 übernahm der estnische Dirigent Risto Joost die künst-lerische Leitung des MDR Rundfunkchores. Durch innovative A-cappella-Programme und die Aufführung chorsinfonischer Werke prägt er auf besondere Weise das musikalische Profil des Chores. Unter seinen Vorgängern finden sich Namen wie Herbert Kegel, Jörg-Peter Weigle und Gert Frischmuth. In den 15 Jahren

seines Wirkens festigte von 1998 an Howard Arman nachhaltig den Ruf des anerkannten Spitzenensembles. Ihm folgte 2013 Philipp Ahmann, der bis 2016 als Erster Gastdirigent tätig war und weiterhin regelmäßig mit dem Chor arbeitet.Nahezu 200 Schallplatten und CDs – viele davon preisgekrönt – hat das Ensemble in seiner 70-jährigen Geschichte aufgenommen. Für die Einspielung von Max Regers Motetten op. 110 erhielten die Sängerinnen und Sänger 2017 den International Classical Music Award. Über die Europäische Rundfunkunion wie auch auf Tourneen und Gastspielen weltweit zu hören, fungiert der 2013 mit dem Europäischen Kulturpreis ausgezeichnete MDR Rundfunk-chor erfolgreich als musikalischer Botschafter Mitteldeutschlands.

MDR RUNDFUNKCHOR

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Der MDR Rundfunkchor im heutigen Konzert

S O P R A NEleni Athanasiou, Gisela Burandt, Ute Drechsel,

Ulrike Fulde, Anne Glocker, Elisabeth Janott, Mai Kato, Kerstin Klein-Koyuncu, Katrin Klemm, Katharina Kunz,

Antje Moldenhauer-Schrell, Andrea Neumann, Sibylle Neumüller, Anna Rad-Markowska,

Lisa Rothländer, Marina Scharnberg, Christine Schönknecht, Claudia Schwabe, Christiane Schwarz, Dorothea Sprenger,

Friederike Stübner-Garbade, Alba Vilar-Juanola, Joanne D’Mello

A L TSibylle David-Kästner, Manja Eckert, Bettina Heidrich,

Sandra Hoffmann, Silvia Janak, Andrea Pitt, Bettina Reinke-Welsh, Alexandra Schmid, Sibylle Scholz, Katharina �imm, Lena Carina Traupe, Sigrid Wagner,

Anette Wiedemann, Klaudia Zeiner, Carola Günther (A), Edith Breuer (A)

T E N O RHwan-Cheol Ahn, Kent Carlson, Nico Eckert, Andreas Fischer, Falk Hoffmann, Oliver Kaden, Yongkeun Kim, Volkmar Kirme, Ansgar König,

�omas Neumann, Sebastian Reim, Albrecht Sack, Kristian Soerensen, Jan Sulikowski, Markus Schuck (A),

Steffen Doberauer (A), Daniel �omas (PR)

B A S SHanns-Jürgen Ander-Donath, Philipp Brömsel,

Matthias Hoffmann, Jae-Hyong Kim, Steven Klose, Torsten Kluge, Wolfram Langner, Gun-Wook Lee,

�omas Oertel-Gormanns, Felix Plock, �omas Ratzak, Andreas Rößner, Sven-Wieland Staps, Albrecht Süß,

Johannes Weinhuber, Philipp Goldmann (A), Felix Rumpf (A), Jakob Kreß (PR)

(A) Aushilfe · (P) Praktikant

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Bruckner 17

Schon sehr früh stand die musikalische Lauf-bahn von Michael Gläser im Zeichen des Ge-sanges und des Chordirigierens. Von 1967 bis 1978 war der gebürtige Chemnitzer Mitglied des Leipziger �omanerchores und übernahm früh chordirigentische Aufgaben als Präfekt. Es folgten Gesangs- und Dirigierstudien in Leipzig und Berlin sowie weitere Aktivitäten als Chorleiter u.a. beim Leipziger Hochschul-chor, beim Leipziger Gewandhauschor, bei der Berliner Singakademie und beim Rundfunk-chor Leipzig, dem er überdies auch als Sänger verpflichtet war. 1986 übernahm Michael Glä-ser eine Dirigierassistenz beim Rundfunkchor Berlin, bevor er von 1990 bis 2005 die Position des Künstlerischen Leiters beim Chor des Bayerischen Rundfunks innehatte. Seit 1994 ist er Professor für Chordirigieren und Leiter der Abteilung für Evangelische Kirchenmusik

MICHAEL GLÄSER

an der Hochschule für Musik und �eater München. Im September 2003 leitete er das erstmals stattfindende Chordirigentenforum. Gastauftritte bei renommierten deutschen und anderen europäischen Chören ergänzen das Wirkungsfeld des vielseitigen Musikers. So arbeitet er regelmäßig u.a. mit dem Rundfunk-chor Berlin, dem Rias Kammerchor, dem Chor des Ungarischen Rundfunks Budapest, dem Leipziger Rundfunkchor dem Chor des Bayeri-schen Rundfunks, dem Chor des Niederländi-schen Rundfunks in Hilversum und dem Chor von Radio France zusammen.

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13. / 14. MAI 2017, SA / SO, 19.30 Uhr, Kulturpalast 18

1 . V I O L I N E NProf. Ralf-Carsten Brömsel KV Prof. Wolfgang Hentrich KV

Dalia Richter KV Christoph Lindemann KV

Marcus Gottwald KV

Ute Kelemen KV

Antje Becker KV

Johannes Groth KV

Alexander Teichmann KM

Annegret Teichmann KM

�omas OttoDeborah Jungnickel

Xianbo WenJan Paul Kussmaul

Elgita PollokaJonn Hwa Hur**

2 . V I O L I N E NReinhard Krauß*

Denise Nittel Reinhard Lohmann KV

Viola Marzin KV

Steffen Gaitzsch KV

Dr. phil. Matthias Bettin KV

Heiko Seifert KV

Andreas Hoene KV

Andrea Dittrich KV

Constanze Sandmann KV

Jörn HettfleischDorit Schwarz KM

Susanne Herberg KM

Christiane Liskowsky KM

Die Dresdner Philharmonie im heutigen Konzert

B R A T S C H E NChristina Biwank KV

Hanno Felthaus KV Beate Müller KV Heiko Mürbe KV

Hans-Burkart Henschke KV

Andreas Kuhlmann KV

Joanna Szumiel KM

Tilman BaubkusSonsoles Jouve del Castillo

Harald HufnagelEva Maria Knauer

Carolin Krüger

V I O L O N C E L L IUlf Prelle KV

Victor Meister KV

�omas Bäz KV

Rainer Promnitz KV

Karl-Bernhard von Stumpff KV

Daniel �iele KV

Alexander Will KMBruno Borralhinho

Dorothea Plans CasalLuise Frappier**

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Bruckner 19

K O N T R A B Ä S S E Prof. Benedikt Hübner KM

Olaf Kindel KM Norbert Schuster KV

Bringfried Seifert KV

Donatus Bergemann KV

Matthias Bohrig KV

Ilie Cozmaţchi Tobias Martin*

F L Ö T E NMareike �run KV Claudia Rose KM

O B O E NUndine Röhner-Stolle KM

Prof. Guido Titze KV

K L A R I N E T T E NProf. Hans-Detlef Löchner KV

Prof. Henry Philipp KV

F A G O T T EDaniel Bäz KM

Michael Lang KV

H Ö R N E RHanno Westphal

Torsten Gottschalk Johannes Max KV Dietrich Schlät KV

T R O M P E T E NAndreas Jainz KV Björn Kadenbach Johann Schuster**

P O S A U N E NMatthias Franz KM Stefan Langbein KM

Dietmar Pester KV Peter Conrad KV

T U B AProf. Jörg Wachsmuth KV

P A U K E Stefan Kittlaus

KM Kammermusiker · KV Kammervirtuos * Gast · ** Substitut

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Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass Bild- und Tonaufnahmen

jeglicher Art während des Konzertes durch Besucher grundsätzlich

untersagt sind.

IMPRESSUM

DRESDNER PHILHARMONIE

Postfach 120 424

01005 Dresden

TICKETSERVICE IM KULTURPALAST

Telefon 0351 4 866 866

[email protected]

CHEFDIRIGENT: Michael Sanderling

EHRENDIRIGENT: Kurt Masur †

ERSTER GASTDIRIGENT: Bertrand de Billy

INTENDANTIN: Frauke Roth

TEXT: Albert Breier

Der Text ist ein Originalbeitrag für dieses Heft; Abdruck nur mit

ausdrücklicher Genehmigung des Autors.

REDAKTION: Adelheid Schloemann

GRAFISCHE GESTALTUNG: büro quer

DRUCK: Elbtal Druck & Kartonagen GmbH

BILDNACHWEIS

Wikimedia commons: S. 4

Felix Broede: S. 14

Peter Adamik: S. 16

Privat (Gläser): S. 17

Preis: 2,50 €

Orchester der Landeshauptstadt

Dresden