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Programm-Magazin nr. 1 Saison 14/15 Feuervögel Mittwoch, 24. SepteMber 2014 DonnerStag, 25. SepteMber 2014

Programm-Magazin Feuervögel

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Programm-Magazinnr. 1 Saison 14/15

FeuervögelMittwoch, 24. SepteMber 2014

DonnerStag, 25. SepteMber 2014

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Sinfoniekonzert ‹Feuervögel›

3Programm

5Elisabeth Leonskaja

im Gespräch

8Ludwig van Beethoven :

Klavierkonzert Nr. 2

12Igor Strawinsky: L’Oiseau de feu

16Strawinskys

Feuervogel-Handschriften

18Der Feuervogel : Die Fabel

21Sergej Diaghilew

und seine Ballets Russes

23Giovanni Gabrieli/Bruno Maderna :

In ecclesiis

Intermezzo

26Casino-Geschichte( n ), Teil 1

28Julia Habenschuss und

David LeClair im Gespräch

Vorschau

31KlangBasel :

Gustav Holsts The Planets

31Schwarz auf Weiss : ‹ Der wilde Musiker ›

32Agenda

Eine neue Saison

N ach dem Spiel ist vor dem Spiel, heisst es im Fussball. Diese alte Trainerweisheit lässt sich auch auf den Konzertbetrieb

übertragen. Hinter uns liegt eine beachtliche Saison. Unsere Heimspiele im Musiksaal des Stadtcasinos erfreuen sich wachsender Begeisterung. Unsere Aus-wärtsspiele anlässlich der England-Tour Ende April haben nicht nur ein internationales Medienecho aus-gelöst, sondern brachten auch eine Wiederein ladung. Die Einspielung der Sinfonien 2 und 4 von Arthur Honegger unter der Leitung unseres Chef dirigenten Dennis Russell Davies wurde in der jüngsten Aus-gabe der Fachzeitschrift Fono Forum unter dem Titel «Vollendet » mit 5 Sternen bewertet. Und die NZZ stell te anlässlich des Saison-Schlusskonzerts fest : « Hier scheint tatsächlich zu gewinnen, wer etwas ge-wagt hat.»

Das wäre eigentlich ein Grund, sich zurückzuleh-nen. Doch wir haben uns für die neue Saison viel vorgenommen. Dazu gehört auch die Lancierung eines neuen Programm-Magazins. Wie der Name sagt, ist es eine Kombination aus Programmheft und Maga-zin. Es wird Ihnen nebst vertieften Beiträgen zu den Werken auch Interviews mit Solisten und Dirigenten sowie interessante Einblicke in das Orchesterleben bieten. Und wir möchten auch über den eigenen Tellerrand schauen. So finden Sie in dieser Ausgabe neben einer Vorschau auf das neue Musikfestival Klang Basel auch die erste Folge einer Serie zur Ge-schichte des Stadtcasinos.

Wir wünschen Ihnen bei der Lektüre viel Vergnügen und freuen uns auf Ihren Besuch.

Dr. Hans-Georg HofmannKünstlerische Planung, Dramaturgie und Vermittlung

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Vorverkauf und Preise

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Sinfoniekonzert SOBFeuervögel

Mittwoch, 24. SepteMber 2014DonnerStag, 25. SepteMber 2014

19.30 Uhr, Musiksaal des Stadtcasinos Basel18.45 Uhr : Einführung durch Dr. Hans-Georg Hofmann

Giovanni Gabrieli (1551–1612 )In ecclesiis (1615/1965 ), nach der Motette für Doppelchor, Orgel und Instrumente,

für grosses Orchester bearbeitet von Bruno Maderna (1920–1973 )

Ludwig van Beethoven (1770–1827 )Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 B-Dur, op. 19 (1793 )

1. Allegro con brio2. Adagio

3. Rondo : Molto Allegro

Pause

Igor Strawinsky (1882–1971 )L'Oiseau de feu ( Der Feuervogel ), Musik für ein Ballett in zwei Bildern (1910/11 )

Satzaufteilung siehe Seite 18 ( Fabel )

Konzertende ca. 21.45 Uhr

Sinfonieorchester BaselElisabeth Leonskaja, Klavier

Dennis Russell Davies, Leitung

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Elisabeth Leonskaja

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Elisabeth Leonskaja« Es ist meine heilige Pflicht »

Die Pianistin Elisabeth Leonskaja über Beethoven auf Russisch, Swjatoslaw Richter und

musikalische Unternehmungslust

von Arnt Cobbers, www.concerti.de

Frau Leonskaja, Sie wirken auf der Bühne so souverän, als bewegten Sie sich in Ihrem Wohnzimmer. Liegt das auch daran, dass Sie so früh schon konzertiert haben?

Ich habe mit sieben angefangen, Klavier zu spie-len, das war ganz normal für ein sowjetisches Kind und gar nicht früh. Damit hat das nichts zu tun. Je mehr man spielt, desto wohler fühlt man sich auf der Bühne. Nach einer grösseren Pause ist man aufgeregter. Aber es kommt immer auch auf die Tagesverfassung an, auf das Stück, das Klavier, die Akustik. All das spürt man, und darauf rea-giert man. Gespür und Intuition sind wichtige Worte für Musiker.

Kommt es auch auf das Publikum an? Ich habe grosses Vertrauen in das Publikum – und

fühle eine Verantwortung. Wozu gibt man Kon-zerte? Damit die Menschen sich für eine Weile vergessen, damit sie in eine völlig andere Sphäre eintauchen und sich sozusagen reinigen. Mir geht es nicht darum, dass sie sich für mich begeistern – zumindest schon lange nicht mehr. Ich spüre die Verantwortung, dass ich die Lebenswahrheit und die Reinheit, die in der Musik stecken, zur Geltung bringe – schliesslich sind es eine innere Erregung und eine Idee, die den Komponisten dazu ge-bracht haben, dieses Stück zu schreiben. Was das genau war, das müssen wir Interpreten versuchen herauszufinden durch den Notentext, das ist eine Lebensaufgabe. Ich wünsche mir, dass die Zuhörer aus dem Konzert gehen mit dem Gefühl, etwas er-kannt zu haben als geistige Idee, was uns im Leben beschäftigt, was wir aber normalerweise nicht erkennen, weil wir zu blockiert sind.

Wie entwickeln Sie Ihre Interpretationen? Ich suche die Musik in mir, da gibt es Parallelen. Aber nicht immer. Nehmen Sie das zweite Klavier-konzert von Prokofjew. Das ist der Wurf eines 19-Jährigen, weit davon entfernt, vollkommen zu sein. Aber es berührt mich zutiefst. Es ist seinem besten Jugendfreund gewidmet, der sich umge-bracht hatte. Ich stelle mir vor, dass ein junges Genie in dieser tiefsten Erregung nach dem ersten grossen Verlust im Leben alles hineinwirft, was er über das Leben weiss. So verstehe ich das Stück.

ElISabEth lEonSkajaAls Tochter russisch-jüdischer Eltern wurde Elisabeth Leonskaja 1945 in Tiflis ( Georgien ) geboren. Schon früh galt sie als Wunderkind und gab bereits im Alter von elf Jahren erste Klavierkonzerte. Unter der För-derung von Swjatoslaw Richter begann sie 1964 ihr Studium am Moskauer Konservatorium. 1978 verliess Elisabeth Leonskaja die Sowjetunion und lebt seitdem in Wien. Ihr Auftritt bei den Salzburger Festspielen 1979 markierte den Beginn einer aussergewöhnlichen Karriere. Elisabeth Leonskaja trat als Solistin mit fast allen erstklassigen Orchestern der Welt auf. Trotz-dem gilt sie als sehr bescheidene und medienscheue Person.

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Ziehen Sie generell Informationen über das Umfeld eines Werkes zurate?

Es ist gut, viel zu wissen, allerdings muss dieses Wissen ins Herz hineinrutschen, Kopfwissen al-lein bringt gar nichts. Als ich Prokofjews zweites Konzert noch nicht selbst gespielt hatte, war es für mich nur laut und chaotisch. Ich habe nichts verstanden. Erst als ich mich damit beschäftigt habe, habe ich seine Qualität erkannt.

Junge russische Pianisten sagen oft, sie arbeiten intuitiv. Sie sind Kinder einer grossen Kultur, sie haben viel russisches Repertoire, und das ist für sie so selbstverständlich wie Russisch zu sprechen. Durch die Sprache bekommt man automatisch ein Gespür für lange Phrasen. Auch Beethoven spie-len wir alle auf russische Weise, aber wir sind überzeugt davon, dass es irgendwie stimmt, weil unser Herz offen ist. Man spricht Beethoven.

Sie betonen stets, Swjatoslaw Richter habe einen starken Einfluss auf Sie gehabt.

Wie könnte das anders sein? Er hat den Massstab gesetzt, ganz einfach. Ich habe ihn als Studentin kennengelernt, Ende der 60er-Jahre. Ich war da-mals verheiratet mit Oleg Kagan, dem Geiger, und über ihn entstand der Kontakt. Ich war oft bei ihm zu Hause. Wir haben Schumanns Andante und Va-riationen im Konzert gespielt und hatten gerade angefangen, die Mozart-Bearbeitungen von Grieg zu lernen, als ich mein Ausreisevisum bekommen habe. Das war ein schlimmer Augenblick. Das Vi-sum zurückzugeben hätte bedeutet, kein zweites mehr zu bekommen. Aber wegzufahren ohne Konzert ... Ich bin gefahren, das Konzert haben wir erst dreizehn Jahre später gegeben. Getroffen haben wir uns aber oft, er war auch oft bei mir in Wien. Die Freundschaft hat nicht gelitten. Aber was das Musizieren angeht : Man soll das nicht leugnen, ich war auch stolz, aber ich war mir die-ser Distanz zwischen dem, was er konnte, und dem, was ich konnte, immer bewusst. Ich erinnere mich an eine Probe, ich wollte etwas besonders lebendig vortragen, da hat er unterbrochen. Er war nie laut, immer leise und höflich. Und er sagte : Lilitschka, warum spielen Sie so unternehmungs-

lustig? Er hatte recht, man muss an dieser Unter-nehmungslust arbeiten. Sie bringt einen Drive von aussen, dabei sollte man alles aus dem Noten-text entwickeln.

Als Sie mit sieben Jahren angefangen haben, Klavier zu spielen – war das Ihr eigener Wunsch?

Nein, das war der meiner Mutter. Sie hatte Gesang und Klavier studiert, in furchtbar schweren Zeiten in Russland. Ihre Idee war, dass Musik für ein Mädchen etwas Schönes sei. Sie hat sich nicht vorstellen können, was für ein Sklavenleben Mu-siker führen : um fünf aufstehen, um den Flieger zu erreichen, Koffer schleppen, unausgeschlafen zur Probe gehen und was alles noch dazugehört. ( lacht )

Aber Ihr Talent hat sich ja dann schnell gezeigt. Es fiel mir leicht. Nach zwei Monaten habe ich schon das erste Mal vor Publikum gespielt. Und wenn man dann früh aufgefordert wird, Solokon-zerte zu geben, versteht man, dass es ernst wird. Da gab es eigentlich keine Alternative mehr.

Und seitdem ist Musik, pathetisch gesagt, Ihr Leben? Das hat sich im Laufe der Zeit vertieft. Es ist mei-ne heilige Pflicht, meinen Eltern und dem Leben gegenüber, wenn ich dieses Talent vom lieben Gott bekommen habe. Wenn ich diese Aufgabe nicht erfülle, bin ich nicht zufrieden. Ich könnte mir auch nicht vorstellen, aufzuhören, da würde ich sofort krank. Musik ist Heilung. ●

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Ludwig van Beethoven : Klavierkonzert Nr. 2Vom musikalischen

Salon zum öffentlichen Konzert

Der junge Beethoven begeistert und schockiert das Wiener Publikum und verkauft in seiner

eigenen Wohnung Konzertkarten.

von Hans-Georg Hofmann

W ien um das Jahr 1795. Während in Paris die Revolution ihre Kinder frisst, feiert sich im Machtzentrum der Habsburger

Monarchie der Adel selbst. Wer dazu gehören darf, erlebt in der Metropole an der Donau – mit 250 000 Einwohnern etwa halb so gross wie Paris – Augen-blicke eines ausklingenden Zeitalters höfischer Fest-kultur. Die einen mit Gelassenheit, die anderen mit einer Mischung aus Melancholie und Angst vor der Zukunft.

Der Adel mit seinen Hofbeamten, Juristen und Ban-kiers spaziert durch die Stadt, reitet zum Prater, be-sucht Kaffeehäuser und lädt sich gegenseitig in die privaten Salons ein. Hier finden Konzerte, Theater-aufführungen und Bälle statt. Man vertreibt sich die Zeit mit gelehrter Konversation, Kartenspiel, Musik- und Tanzstunden. Die alten Adelsfamilien Lobkovitz, Schwarzenberg, Auersperg, Haugwitz und Esterhazy leisten sich ihre eigenen Hoforchester. Mindestens fünf Adelskapellen mit jeweils dreissig bis vierzig Musikern stehen in Wien zu dieser Zeit für die zahl-reichen Privatkonzerte, Opernaufführungen und Hofbälle zur Verfügung. Sie sind die musikalischen Selbstversorger und verlangen für die verschiedenen Anlässe auch nach immer neuen Kompositionen.

« Die geleckten Herrschaften » und der Mäzen

Graf Karl von Lichnowski

Als Beethoven 1787 mit 17 Jahren zum ersten Mal nach Wien reist, möchte er sein Idol Mozart treffen. Ob es tatsächlich dazu gekommen ist, wie der inzwi-schen als unzuverlässig geltende erste Beethoven-Biograf Anton Schindler behauptet, ist nicht mehr nachweisbar. Glaubt man Schindler, so gab Mozart Beethoven in den kaiserlichen Gemächern den Auf-trag, über ein Fugenthema zu improvisieren. Es ist aber bestimmt kein Zufall, dass Beethoven nach die-ser möglichen Wiener Begegnung mit der Arbeit an

konzErt Für klaVIEr und orchEStEr nr. 2 b-dur, oP. 19Besetzung : Soloklavier, Flöte, 2 Oboen, 2 Fagotte, 2 Hörner, Streicher

Entstehung : 1788 –1795, überarbeitet 1798 und 1801

Urauf führung : 29. März 1795, Burgtheater Wien, mit dem Komponisten am Klavier

Erstveröf fentlichung : 1801, Leipzig : Hofmeister

Widmung : Carl Nickl, Edler von Nickelsberg

Dauer : ca. 28 Minuten

CD Tipp : Beethoven : Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 B-Dur. SWR Sinfonieorchester Baden-Baden, Elisabeth Leonskaja, Michael Gielen, Essential Media Group LLC, 2013

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Ludwig van Beethoven ( Elfenbeinminiatur von Christian Horneman, 1802 )

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seinem B-Dur-Klavierkonzert beginnt. Nicht nur Ton-art und Orchesterbesetzung verweisen auf Mozarts letztes Klavierkonzert ( KV 595 ). Auch der lyrische Grundton, die thematischen Verknüpfungen und motivischen Verwandlungen innerhalb der Einzel-sätze und der von Witz und Ideen sprühende Final-satz stehen unter diesem Eindruck.

1792 kommt Beethoven erneut nach Wien, nun mit der festen Absicht, zu bleiben. Zunächst wohnt er mietfrei in verschiedenen Häusern seines Mäzens, des Grafen Karl von Lichnowski, eines früheren Kla-vierschülers Mozarts.

Der musikbegeisterte Graf führt Beethoven in die höhere Gesellschaft ein. Er zahlt ihm 600 Gulden pro Jahr, lässt ihn nach der neuesten Mode einkleiden, versucht ihm das Tanzen beizubringen und schenkt

ihm ein Pferd. Auf Beethovens nachdrücklichen Wunsch bekommt er sogar seinen persönlichen Die-ner. Dafür schreibt der Komponist jede Menge Tanz-musik, widmet dem Grafen sieben seiner Werke, darunter die berühmte Klaviersonate Pathétique und die 2. Sinfonie. Bei den Freitags-Soiréen des Grafen tritt Beethoven regelmässig als Pianist auf. Hier wird wohl auch das B-Dur-Klavierkonzert seine erste Auf-führung erlebt haben. Das Publikum ist begeistert : « Mit dem Feuer der Jugend trat er kühn ( um heftige Leidenschaften auszudrücken ) in weit entfernte Ton-leitern. In diesen erschütternden Aufregungen wurde mein Empfindungsvermögen sehr getroffen », berich-tet der Zeitgenosse Johann Schenk über Beethovens Spiel. Der Musiklehrer des Grafen Philip Kinsky, der Jesuitenpater Abbé Gelinek schreibt über den Pianis-

Anschlagzettel für Beethovens musikalische Akademie im Burgtheater Wien am 2. April 1800

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ten : « Ein kleiner hässlicher, schwarz und störrisch aussehender junger Mann » und fügt an : «In dem jungen Menschen steckt der Satan. Nie hab’ ich so spielen gehört ! »

Die Abhängigkeiten von den « geleckten Herr-schaften » – wie Beethoven selbst schreibt – zu denen unter anderem auch das pünktliche Erscheinen an Lichnowskis Speisetafel gehört, stören Beethoven zunehmend. Er versucht, sich eine eigene Existenz aufzubauen. Trotz Gönnern in höchsten Kreisen und Sympathien beim Wiener Publikum ist das aber für den jungen Beethoven, wie jüngste Untersuchungen belegen, alles andere als einfach.

Fantasien auf dem Piano-Forte

Eine erste Möglichkeit, sich dem Wiener Publikum in der Öffentlichkeit zu präsentieren, sind die Bene-fizkonzerte der Wiener Tonkünstler-Sozietät. Sie finden am 29. und 30. März 1795 im Burgtheater statt. Offenbar unter grossem Zeitdruck arbeitet Beethoven sein B-Dur-Klavierkonzert um. Der Arzt Franz Wegeler, Beethovens Jugendfreund, schreibt : « Erst am Nach-mittag des zweiten Tages vor der Aufführung seines ersten Concerts schrieb er das Rondo neu und zwar unter heftigen Kolikschmerzen, woran er häufig litt. Ich half durch kleine Mittel, so viel ich konnte. Im Vorzimmer sassen vier Copisten, denen er jedes fer-tige Blatt einzeln übergab.» Die Kritiker der Wiener Zeitung schreiben von einem « ganz neuen Konzert auf dem Piano-Forte ». Tatsächlich hat Beethoven den zweiten und dritten Satz komplett verändert. 1798 kommt es für ein Konzert in Prag und zwei Jahre später für seine musikalische Akademie zu erneuten Umarbeitungen. Heute wissen wir, dass Beethoven sein Konzert immer wieder aus dem Gedächtnis spielte und dabei jedes Mal auf verschiedene Weise improvisierte. Am 2. April 1800 folgt eine erneute Auf-führung des B-Dur-Klavierkonzert im Rahmen der erwähnten musikalischen Akademie, die Beethoven selbst veranstaltet. Das Konzertplakat verkündet, dass « Herr Ludwig van Beethoven auf dem Piano-Forte fantasiren » wird. Auch eine « neue grosse Sym-phonie » ( die 2. Sinfonie ) erklingt « mit vollständigem Orchester ». Was aber noch interessanter ist : « Billets

zu Logen und gesperrten Sitzen sind bei Herrn van Beethoven, in dessen Wohnung im tiefen Graben Nro. 241 im 3ten Stock zu haben.» Es ist mit unserem Beethoven-Bild nur schwer in Einklang zu bringen, dass das grosse Genie damals auch kassieren und Sitzplätze verteilen musste. Offensichtlich wird aber auch, dass sich um 1800 ein Umbruch im Musikleben vollzog : der Beginn des öffentlichen Konzerts. So er-lebt das B-Dur-Klavierkonzert nicht nur eine unge-wöhnliche Entwicklung vom privaten Salon zum öffentlichen Konzert. Auch der komplizierte Entste-hungsprozess mit seinen vielen Bearbeitungen mar-kiert eine Zäsur in der Art des Konzertierens und Komponierens. An die Stelle der Improvisationskunst rückt die Einmaligkeit eines musikalischen Werks. ●

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Igor Strawinsky : L’Oiseau de feuEin schillernder Flug in die Berühmtheit

Der triumphale Erfolg des Feuervogels oder wie Strawinsky über Nacht zu einem der berühmtesten

Komponisten der Welt wurde.

von Kerstin Schüssler-Bach

I m Mai 1910 betrat der 27-jährige, noch herzlich unbekannte Igor Strawinsky zum ersten Mal die Kulturmetropole Paris, im Gepäck ein Auf-

tragswerk, für das bereits die Endproben stattfanden. Die bestellte Partitur namens Der Feuervogel ( L’Oiseau de feu ) war Strawinskys erster genuiner Beitrag zum Ballett, einer Gattung, die er nach eigener Aussage « mehr liebte als alles andere ».

Für die legendäre Compagnie der Ballets Russes unter ihrem Impresario Sergej Diaghilew hatte Strawinsky bereits ein Jahr zuvor zwei Chopin-Kla-vierstücke instrumentieren dürfen. Kurz darauf ver-traute der mit einer untrüglichen Spürnase geseg-nete Talentsucher dem jungen Mann ein eigenes Stück an – freilich erst, nachdem bekannte Grössen wie Ljadow und Glasunow abgelehnt hatten. Mit Feuereifer stürzte sich Strawinsky in die Arbeit, ent-flammt von der geistigen Libertinage der Truppe, hoch motiviert gleichermassen durch den Wunsch, sich « dieser Gruppe fortschrittlicher und tatkräftiger Künstler anzuschliessen », wie durch die Sehnsucht, seiner Petersburger Provinzexistenz zu entfliehen. Mit seiner Prognose sollte Diaghilew nicht übertrie-ben haben : « Seht ihn euch an, er ist ein Mann am Vorabend seines Ruhms », lobte er seine Entdeckung vor der Premiere. Der Instinkt des Impresarios hatte auch diesmal nicht getrogen : Die Uraufführung des Feuervogels im Juni 1910 an der Pariser Opéra wurde zu einem triumphalen Erfolg und machte den jungen Russen über Nacht zu einem der berühmtesten Kom-ponisten der Welt. Und geschäftstüchtig war er auch : Für eine schnelle Verbreitung der Feuervogel-Musik sorgte er bereits 1911 durch eine Suite, der er 1919

l’oISEau dE FEuBesetzung : 3 Flöten, Piccoloflöte, 3 Oboen, Englischhorn, 3 Klarinetten, Bassklarinette, 3 Fagotte, Kontrafagott, 4 Hörner, 3 Trompeten, 3 Posaunen, 2 Tenortuben, 2 Basstuben, Pauken, Schlagzeug inkl. Glocken, 3 Harfen, Celesta, Klavier, Streicher

Entstehung : 1909/10 im Auftrag von Sergej Diaghilew und seinen Ballets Russes ; 1911, 1919 und 1945 zu drei Konzertsuiten bearbeitet

Urauf führung : 25. Juni 1910, Opéra Paris ( Ballets Russes, Dirigent : Gabriel Pierné, Choreographie : Michail Fokin, Ausstattung : Alexander Golowin und Léon Bakst )

Dauer : ca. 45 Minuten

CD-Tipps : - Strawinsky dirigiert Strawinsky. Sony BMG 2014 ( 22 CD Box-Set ) - Der Feuervogel, Petruschka, Vier Studien. City of Birmingham Symphony Orchestra, Simon Rattle, EMI 2003

Literatur : Igor Strawinsky : Der Feuervogel / Petruschka / Le Sacre du printemps. Christoph Flamm, 2013, Kassel : Bärenreiter

Video-Tipp : Strawinsky dirigiert den Feuervogel : www.youtube.com/watch?v=mUwdyN27TWI

eine zweite in deutlich reduzierter Besetzung folgen liess. 1945 schliesslich stellte er in den USA eine drit-te Suite zusammen, bei der die kleinere Besetzung

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Igor Strawinsky ( um 1920 )

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Unterschied zur Chromatik der fantastischen Welt diatonisch bestimmte Modelle und Elemente aus der russischen Folklore. Iwan wird von den Wachen Kaschtscheis gefangen genommen und ruft mithilfe der Feder den Feuervogel herbei. Die magische Kraft des gefiederten Geschöpfs bezwingt den Zauberer und sein Gefolge in einem ‹ Höllentanz ›, dessen effekt-volle Tutti-Blöcke und archaische Synkopen bereits eine Vorahnung auf die Primitivismen und rhythmi-schen Ausbrüche des Sacre du Printemps he raufbe-schwören.

In der Berceuse beruhigt sich das Geschehen : Der böse Zauberer fällt in tiefen Schlaf und wird ent-machtet. Ein feierlicher Hymnus im ungewöhn li-chen 7/4-Takt – erneute Verbeugung vor der russi-schen Tradition – beschliesst das ‹ Happy End › für Iwan und seine prinzessliche Eroberung. Mit einer Apotheose des Feuervogel-Motivs in den Blechbläsern klappt der junge Strawinsky seine ungeheuer farben-prächtige Partitur zu, die er später mit einem Schuss Selbstironie als « Bonbon für die Hörer » bezeichnete. ●

beibehalten wurde, aber fünf zuvor ausgeschiedene Nummern wieder einfügte. Schnöde materielle Gründe hatten ihn zur Umarbeitung bewogen : Die erste Revision wahrte seine urheberrechtlichen An-sprüche im nachrevolutionären Russland, die zweite die in Amerika.

Ein Libretto mit vielen Vätern

Das Libretto hat nach Strawinskys Erinnerung viele Väter : den Choreografen Michail Fokin, der auch die Rolle des Iwan Zarewitsch tanzte, Diaghilew und sei-nen Favoriten Vaslaw Nijinsky sowie die Bühnen-bildner Alexandre Benois und Léon Bakst. Diese kre-ative Gruppe verrührte russische Märchenmotive in verschwenderischer Fülle zu einem Cocktail : den geheimnisvollen Feuervogel, den bösen Zauberer, die gefangenen Prinzessinnen und den rettenden Märchenprinzen. Die Handlungsstränge des Balletts lassen sich auch in der Suite in groben Zügen verfol-gen : In der schillernden Introduktion werden die beiden Motive des magischen Feuervogels und des bösen Zauberers Kaschtschei miteinander verwoben. Die betörend flirrende, silbrige, mit orientalischen Arabesken angereicherte Klangwelt des Feuervogels macht deutliche Anleihen bei der Harmonik und Instrumentation Debussys, während die dunklen Klangfarben und verminderten Akkorde des Zaube-rers, verbunden mit der Bevorzugung der tiefen Blä-ser, seit jeher für die Welt des Bösen stehen. Die Kaschtschei-Musik geht ausserdem auf eine ‹ magi-sche Leiter › aus grossen und kleinen Terzen zurück, die schon Strawinskys Lehrer Rimski-Korsakow ( immerhin Komponist der Oper Der unsterbliche Kaschtschei ) verwendet hat.

Der Held Iwan Zarewitsch fängt den Feuervogel ein, lässt ihn aber wieder frei und erhält zum Dank eine goldene Feder, die ihn vor Gefahr schützen soll. Die von Kaschtschei gefangenen Prinzessinnen tan-zen im Garten des Zauberers vor einem Goldapfel-baum einen Reigen – die beliebteste Nummer der Partitur. Ihre Oboenkantilene geht auf ein Volkslied-zitat aus der Sammlung von Rimski-Korsakow zu-rück. Iwan verliebt sich in die schöne Zarewna. Für die Sphäre der Menschen verwendete Strawinsky im

Michail Fokin ( Porträt von W. A. Serow, 1909 )

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Mit der Einspielung von Igor Strawinskys Le Sacre du printemps präsentiert das Sinfonieorchester Basel den ersten Teil seiner Trilogie mit den grossen Strawinsky-Balletten ( Le Sacre du printemps, L’Oiseau de feu, Pétrouchka ). Die einzelnen CDs stellen jeweils die Orchesterfassung der Fassung für Klavier zu vier Händen gegenüber. Geleitet wird das Orchester von seinem Chefdirigenten Dennis Russell Davies, der gemeinsam mit Maki Namekawa auch die Klavierversionen interpretiert.

Die CD erscheint beim hauseigenen Label des Sinfonieorchesters Basel, erhältlich ist sie im Fachhandel oder auf www.sinfonieorchesterbasel.ch.

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Strawinskys Feuervogel-HandschriftenEin Komponist als Kalligraph und

Autographenhändlervon Heidy Zimmermann, Paul Sacher Stiftung

D ie Sammlung Igor Strawinsky bildet den eigentlichen Grundstein der Paul Sacher Stiftung als einer öffentlichen Institution.

Nachdem der umfangreiche Nachlass eines der be-deutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts 1983 nach Basel geholt worden war, kam es zu dem Be-schluss, das bisher private Archiv Paul Sachers als öffentliches, auf internationaler Ebene wirkendes Forschungsinstitut auszubauen. Seit der Eröffnung des Hauses Auf Burg im Jahr 1986 sind die am Müns-terplatz aufbewahrten Bestände auf über hundert Sammlungen mit Schaffensdokumenten namhafter Komponisten wie auch einiger Interpreten ange-wachsen. Das Herzstück jeder Sammlung sind die Musikmanuskripte und insbesondere jene Nieder-schriften, die eine oder die Hauptfassung eines musi-ka lischen Werks repräsentieren. Nicht selten erzäh-len solche Autographen erstaunliche Geschichten, sind sie doch manchmal – gerade im Fall von Stra-winsky – infolge politischer und privater Umwälzun-gen durch verschiedene Hände gegangen, verschwun-den und wieder aufgetaucht, bevor sie einen festen Aufbewahrungsort gefunden haben.

Schöne Manuskripte und ein Winterthurer Mäzen

Strawinsky, der seine Musik stets mit einem beson-ders feinen Gespür für Kalligraphie niederschrieb, war sich schon früh der Schönheit und des Sammler-wertes seiner Manuskripte bewusst. Freilich waren es zuweilen auch schlicht pekuniäre Gründe, die ihn dazu bewegten, autographe Werkdokumente zu ver-äussern. Als sich der Erste Weltkrieg und Strawinskys Exil am Genfersee in die Länge zogen und nach der Oktoberrevolution auch die russischen Tantiemen

ausblieben, wurde es für den Komponisten zuneh-mend schwierig, den Lebensunterhalt für die nun-mehr sechsköpfige Familie in gewohnter Weise zu sichern. Kurz bevor er vom Winterthurer Mäzen Werner Reinhart den Auftrag für die Histoire du soldat bekam, verkaufte er daher das Autograph von L’Oiseau de feu, jenem ersten Stück für die Ballets Russes, das ihm zum internationalen Durchbruch verholfen hatte. Der mit Strawinsky befreundete Jean Bartholoni, ein Ölmillionär, dessen Vorfahren 1835 das Conservatoire de musique de Genève begründet hatten, erwarb die Feuervogel-Reinschrift Anfang 1918 für 8000 Schweizer Franken und schenkte sie wenig später ebendiesem Institut. In dessen Bibliothek liegt das Dokument bis heute und ist seit 1985 auch in einer Faksimile-Ausgabe zu bewundern.

So kommt es, dass die Basler Strawinsky-Samm-lung im Fall des Feuervogels nicht über das zentrale Autograph, sondern – neben einigen Skizzen – ‹ nur › über eine andere Hauptquelle des Werks verfügt ( sie-he Abb. S. 17 ). Dieser Probedruck der Partitur von 1911, der sich im Nachlass des Dirigenten Pierre Monteux befand und 1985 von der Paul Sacher Stiftung erwor-ben wurde, ist freilich ebenfalls ein spektakuläres Schlüsseldokument ( und ein Albtraum für jeden Verleger ! ) : Übersät mit Korrekturen und Revisio nen in Blei- und Buntstift sowie roter, grüner und schwarzer Tinte, konserviert es einen einzigartigen Textstand. Besonders im Finale mit der rhythmi-schen Aufladung durch asymmetrische 7/4-Takte nahm Strawinsky – wohl bei den Proben zur Urauf-füh rung – noch erhebliche Änderungen vor. ●

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Igor Strawinsky: L’Oiseau de feu ( 1909 –1910 ) Probedruck der Partitur mit handschrift lichen Korrekturen des Komponisten, S. 139

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Der Feuervogel, Ballett in zwei BildernDie Fabel

1. introduktion

2. Kaschtscheis verzauberter gartenIwan Zarewitsch hat sich auf der Jagd nach dem Feuervogel im Wald verirrt. Er überspringt eine Mauer und befindet sich (Verwandlung ) im Zau-bergarten Kaschtscheis vor einem Apfelbaum voller goldener Früchte.

3. erscheinen des Feuervogels, verfolgt von iwan Zarewitsch

Der Feuervogel erscheint, und Iwan Zarewitsch versucht ihn zu fangen.

4. tanz des FeuervogelsDer Feuervogel umkreist den Apfelbaum und pflückt sich eine der goldenen Früchte.

5. Fang des Feuervogels durch iwan ZarewitschDabei gelingt es Iwan Zarewitsch, den Feuervogel zu fangen.

6. bitten des FeuervogelsSeine inständigen Bitten erweichen Iwan jedoch, ihn wieder freizulassen. Als Dank dafür schenkt ihm der Feuervogel eine seiner goldenen Federn. Geriete Iwan irgendwann einmal in Gefahr, so solle er sie in die Luft werfen, und gleich werde ihm Hilfe zuteil werden. Der Feuervogel verlässt den Garten – Iwan Zarewitsch bleibt zurück.

7. erscheinen der dreizehn verzauberten prinzessinnen

Aus dem Palast kommen dreizehn Prinzessinnen, die Kaschtschei gefangen hält. Sie benutzen die Nacht für eine heimliche Erholung, umtanzen den Apfelbaum aus Gold und pflücken sich jede einen Apfel, …

8. Spiel der prinzessinnen mit den goldenen Äpfeln

… um mit ihnen ein Ballspiel zu beginnen.

9. plötzliches erscheinen des iwan ZarewitschIwan beobachtet sie eine Weile heimlich und tritt dann hervor. Als sie seiner gewahr werden, un-terbrechen sie erschrocken ihr Spiel. Ihre Angst und Verlegenheit legen sich aber bald, und sie erlauben ihm, mit ihnen einen …

10. reigen der prinzessinnen… Reigen ( Corovod = altslawischer Reigentanz ) zu tanzen. Iwan Zarewitsch und die schöne Zarew-na, eine der Prinzessinnen, erkennen ihre Liebe zueinander.

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Der Feuer vogel ( Illustration von Iwan Bilibin, 1899 )

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11. tagesanbruchAls Signalrufe den nahenden Morgen ankündi-gen, verlassen die Prinzessinnen ängstlich den Garten und kehren in den Palast zurück.

12. Feenhaftes glockenläuten, erscheinen von Kaschtscheis riesenwachen und gefangennahme des iwan Zarewitsch

Iwan übermannen Liebe und Wagemut. Obwohl ihn die schöne Zarewna vor dem Betreten des Pa-lastes und der Vernichtung durch die Dämonen Kaschtscheis gewarnt hatte, versucht er das Pa-lasttor zu sprengen. Während er eindringt, ertönt ein feenhaftes Glockengeläut. Kaschtscheis Rie-senwachen erscheinen und nehmen ihn gefan-gen.

13. ankunft des unsterblichen Kaschtschei, sein gespräch mit iwan Zarewitsch, Fürsprache der prinzessinnen

Kaschtschei erscheint. Mit boshafter Freude be-ginnt er mit Iwan ein Gespräch, dessen Verlauf ihn in fürchterliche Wut versetzt. Auf die Für-sprache der Prinzessinnen für Iwan hört er nicht. Auch Iwan Zarewitsch soll wie seine Vorgänger, die in den Palast einzudringen versuchten, in Stein verwandelt werden. Während Kaschtschei schon mit der Beschwörung beginnt, macht Iwan zu seiner Rettung aus höchster Not von der gol-denen Feder Gebrauch, die ihm der Feuervogel zurückgelassen hat.

14. erscheinen des FeuervogelsDer Feuervogel erscheint und …

15. tanz des vom Feuervogel verzauberten gefolge Kaschtscheis

… zwingt durch Zauberkraft Kaschtscheis Gefolge zu einem Tanz, der schliesslich in eine …

16. höllentanz aller Untertanen Kaschtscheis… infernalische Tanzorgie mündet und alle Betei-ligten am Ende erschöpft zu Boden sinken lässt.

17. wiegenliedInzwischen ist Kaschtschei zum goldenen Apfel-baum geeilt ; denn dort verbirgt sich in einer Höhlung ein Kästchen, und in dem Kästchen ist ein Ei, und das Ei umfängt Kaschtscheis Unsterb-lichkeit. Des Feuervogels magisches Wiegenlied schläfert Kaschtschei ein, und als er wie aus einer Betäubung erwacht, ist es für ihn zu spät ; …

18. tod des Kaschtschei… denn der Feuervogel hat Iwan Zarewitsch das Geheimnis von Kaschtscheis Unsterblichkeit verraten. Iwan holt das Kästchen und zerschlägt das Ei, und im selben Augenblick verliert Kaschtschei Leben und Zauberkraft in Vergan-genheit und Gegenwart. Kaschtschei, der un-sterblich schien, weil das Leben nicht in ihm selbst aufbewahrt war und somit jeder Angriff auf seine Person ohne Folgen bleiben musste, stirbt. Es wird finster.

19. Verschwinden des palastes und der Verzauberungen Kaschtscheis, belebung der versteinerten ritter. allgemeiner Jubel

Als es wieder hell wird, sind Kaschtscheis Zau-bergarten und Palast verschwunden und die in Dämonen bzw. in Stein verwandelten Ritter wie-der in Menschen entzaubert. In ihrer Mitte ste-hen, für immer vereint, Iwan Zarewitsch und die schöne Zarewna. Noch einmal lässt sich auf der strahlend erhellten und vom Jubel erfüllten Büh-ne kurz der Feuervogel sehen, dann fällt der Vor-hang. ●

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Ballettfigurine zum Feuer vogel ( Léon Bakst, 1910 )

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Sergej Diaghilew und seine Ballets RussesSkandal? Genial!

Sergej Diaghilew glaubt an die Idee des Gesamtkunstwerks und definiert im Paris des frühen

20. Jahrhunderts die Form des Balletts neu.

von Florian Hauser

A nfang des 20. Jahrhunderts ist die Weltstadt Paris das Laboratorium der Moderne. Wenn neue Strömungen geboren werden, wenn

die Kunst und das Leben irgendwo pulsieren, dann hier. Diesen Mythos Paris will er erobern, der Mann, der aus dem russischen Provinzadel kommt, der be-reits in seiner Heimat einzigartige Kunstausstellun-gen organisiert hat : Sergej Diaghilew. In Paris will er jetzt russische Konzerte, dann russische Opern zei-gen und schliesslich – was für eine verrückte Idee – Ballett. Mit seinem untrüglichen Gespür für die Zei-chen der Zeit, vor allem die der Zukunft, soll ihm das tatsächlich gelingen. Er kann die unterschiedlichs-ten und die besten Künstler zusammenbringen, Komponisten wie Claude Debussy, Erik Satie und vor allem Igor Strawinsky, Maler wie Léon Bakst oder Pa-blo Picasso, Tänzer wie Vaslaw Nijinsky, Leonid Mas-sine und Georges Balanchine. Unter Diaghilews allei-niger Federführung wird seine Truppe, die Ballets Russes, das weltweit erfolgreichste Unternehmen einer Synthese von Musik, Malerei und Tanz.

Ein Ballett, wie man es noch nie gesehen hat

Dabei ruft der Plan, russische Tänzer nach Paris zu bringen, zunächst nur Kopfschütteln hervor. Ballett ist um die Jahrhundertwende im Westen so gut wie ausgestorben, es gilt als hochgradig lächerlich. Und die Ankündigung, dass in der russischen Balletttrup-pe auch Männer auf der Bühne tanzen, erscheint den meisten absurd. Allerdings auch reizvoll. Nach den

recht erfolgreichen russischen Konzerten und Opern ist man gespannt. Was mag das geben? Höchste tech-nische Perfektion vermutlich, eben jener ziemlich lebensferne und oft süssliche Tanzstil der kaiserli-chen Ballette am Marinsky-Theater in St. Petersburg. Aber Diaghilew hat als Choreograf den jungen Michail Fokin gewonnen, einen Schüler des grossen Tanzmeisters Petipa, und der macht etwas Neues und Unerwartetes.

Fokin ist einige Jahre zuvor schon bekehrt wor-den, und zwar von der Amerikanerin Isadora Duncan, die mit ihrem individuellen freien Stil, barfuss und mit wallenden Gewändern bereits Deutschland ero-bert hatte und jetzt auch einige junge Rebellen am Marinsky-Theater infiziert. Fokin also verbannt die spektakulären hohlen Pirouetten. Er setzt auf asym-metrische Gruppierungen, auf natürliche Bewegun-gen, auf eine neue Poesie. Er entwickelt statt leerer Schrittkombinationen neue Bewegungsformen, die zur jeweiligen Musik passen – der Tanz umfasst erst-mals den ganzen Körper, erstmals erlebt man im Westen einen reinen, vollkommen entschlackten Tanz.

Kunst statt Künstlichkeit

Dargeboten wird dieser Tanz von den besten Tänzern. Und die besten der besten sind Anna Pawlowa und Vaslaw Nijinsky. Die ‹ russische Saison › im aufwendig renovierten Théatre du Chatelet ist ein Triumph. Das Publikum erlebt das neuartige Zusammenspiel von Bühnenbild, Choreographie, Farbe, Licht und Musik

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als Offenbarung. Gleich für die nächste Saison 1910 plant Diaghilew wieder neue Sensationen. Eine davon ist die Scheherazade, die Geschichte von der Prin-zessin, die, um ihr Leben nicht zu verlieren, dem Sul-tan Geschichten erzählt. Musik von Nikolai Rimski- Korsakow, Choreographie von Michail Fokin, Aus-stattung und Bühnenbild von Léon Bakst. Das Ballett ist ein Einakter, das heisst, man braucht nur einen Hintergrundprospekt, vor dem die Aktion stattfin-den kann, die Bühne bleibt frei für die Entfaltung des Tanzes. Léon Bakst hat auf jeden Realismus verzich-tet und das Thema in flüchtigen, hingeworfenen Skizzen nur angedeutet, nur eine betont unwirkliche Stimmung heraufbeschworen. Tänzer wie Farbtup-fer, ein Farbenrausch in Rot und Gold. Fokin nimmt in seiner Choreographie die Bewegungen der Farben im Hintergrund wie auch die Bewegungen der Musik von Rimski-Korsakow auf. Die schwüle, so exotische wie erotische Stimmung verzaubert das Publikum und verwirrt die Kritiker. In der Zeitung heisst es : « Wir bemühen uns um Realismus, die Rus sen wollen interpretieren ! »

Sergej Diaghilew ( Skizze von Feodor Schaljapin, 1910 )

Der unbestrittene Star der Aufführungen ist der an-drogyne Vaslaw Nijinsky. Mit seiner unwidersteh-lichen Kombination von Kraft und Eleganz scheint die Schwerkraft für ihn kein Thema zu sein ; das Pariser Publikum beginnt ihn zu vergöttern ( man kleidet sich sogar wie er ). Nun geht es Schlag auf Schlag, eine Sensation jagt die nächste. Nach der

Scheherazade steht der Feuervogel auf dem Programm, diesmal mit Musik von Igor Strawinsky. Mit diesem Stück steigt Nijinsky endgültig zum Gott des Tanzes auf, und auch Strawinsky wird über Nacht von einem unbekannten jungen Russen zu einer Berühmtheit.

Mit Pétrouchka ( Strawinsky ), dem Prélude à l'après-midi d'un faune ( Debussy ) geht es weiter, und 1913 schliesslich kommt es zu dem grossen Skandal um Le sacre du printemps ( Strawinsky ), bei dem die Leute nicht mehr vom ‹ sacre ›, sondern vom ‹ massacre du printemps › sprechen, bei dem sie lachen, höhnen, pfeifen, bei dem sie schlicht verzweifelt und überfor-dert sind, bei dem sich die faszinierten und die belei-digten Herrschaften gegenseitig zerfleischen, bei dem der allgemeine Tumult in Handgemenge, Pöbe-leien und Raufereien ausartet, bei dem wohlsituierte Damen und Herren der Gesellschaft mit hochroten Köpfen hemmungslos schreien und ihre Nachbarn ohrfeigen.

Gelebtes Gesamtkunstwerk

Auf den Skandal um Le Sacre du printemps folgen wei-tere Skandale, der Reiz des Neuen ist wie ein Taumel für Diaghilew und seine Truppe, und der Drang nach Erneuerung ist wie ein Zeichen von Diaghilews Hei-matlosigkeit. Nach dem Ersten Weltkrieg bleibt er in Paris und wird nie mehr nach Russland zurückkehren.

Nach dem barocken Ideal des Gesamtkunstwerks ‹ höfisches Leben › mit Architektur, Sprache, Musik, Mimik und Gestik ; nach der Aufsplitterung der Ein-zelkünste, ihrer Absonderung voneinander in der Klassik und der Suche nach neuer Integration in der Romantik versucht Diaghilew, im Spiegel des frühen 20. Jahrhunderts, als Weltreiche zerbrechen und nicht nur die Kunst in Fragmente zerfällt, an der Idee des Gesamtkunstwerks festzuhalten. Sie zu beschwö-ren. Und diese Idee wenn nicht als Produkt, so doch als Strategie und Prozess zu zeigen.

Vor ihm hat das so niemand versucht, nach ihm ist es nie wieder so gelungen. Am 19. August 1929 stirbt Diaghilew in Venedig. Seine Ballets Russes überleben ihren Schöpfer nicht um einen Tag. ●

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Giovanni Gabrieli/Bruno Maderna : In ecclesiisDie Wollust des Klanges

Bruno Maderna durchwandert die Musikgeschichte, bearbeitet ein Werk von Gabrieli und gelangt zur Feststellung,

dass schliesslich alle Musik zeitgenössische Musik ist.

von Michele Chiappini

Z ur italienischen Musikkultur, besonders des frühen 20. Jahrhunderts, gehört eine gewisse Empfänglichkeit dafür, geschichtliche Bezü-

ge herzustellen, die zwar nicht dem Boden des gerade dominierenden Denkens entwächst – allen voran dem Historizismus und dem Idealismus –, die aber tiefe Spuren in so manchen Aspekten der Musikpra-xis hinterlässt. Man könnte von einer besonderen Form des Bewusstseins sprechen, auch von einer Ge-spanntheit, einem Hang dazu, alle musikalischen Phänomene der modernen Epoche, geleitet von der Idee einer Kontinuität zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zusammenzuführen. Besser gesagt : Im Bezug auf Musik ist es der Hang dazu, die Präsenz der Geschichte nur in den technischen und stilistischen Neuerungen einer jeden Epoche – die als solche un-vorhersehbar und vergänglich sind – zu erspüren ( oder aber sie zu verbannen ) und zur gleichen Zeit Brüche oder Zäsuren auf dem viel wesentlicheren Gebiet der Ästhetik überhaupt nicht zur Kenntnis zu nehmen.

« Nichts wird erfunden, vieles wird entdeckt »

Wer nun versuchen möchte, die verstreuten Spuren dieser Empfänglichkeit ( die im Italien des 20. Jahr-hunderts sicherlich nicht vorherrschend war ) zurück-zuverfolgen, würde schnell auf einen dicken Knoten stossen, der sich um die äusseren Enden einer idea-len Wahlverwandtschaft windet, eine Art Ausnahme-Genealogie, die vom Herzen der Busoni’ schen Theo-

rien im Entwurf einer Ästhetik der Tonkunst – « Der Geist eines Kunstwerkes, das Mass der Empfindung, das Menschliche, das in ihm ist – sie bleiben durch wechselnde Zeiten unverändert an Wert » – über den Gedanken von Gian Francesco Malipiero führt – « nichts wird erfunden, vieles wird entdeckt »: Die Innovation ist demnach nichts anderes als die erneu-te Darstellung von Elementen « die ‹ schon › in der Musik existieren » – und ganz ohne Umwege in der Erfahrung von Bruno Maderna mündet.

Der Interpret Maderna ist, mehr noch als der Kom-ponist, ein ‹Wanderer › in den unendlichen Dimen-sionen der Musik und der ständigen Verweise auf

In EcclESIISLebensdaten der Komponisten : Giovanni Gabrieli ( 1557–1612 ), Bruno Maderna ( 1920 –1973 )

Besetzung : 3 Flöten, 2 Oboen, Englischhorn, 3 Klarinetten, Bassklarinette, 3 Fagotte, Kontrafagott, 4 Hörner, 4 Trompeten, 4 Posaunen, 2 Harfen, Glocken, Streicher

Urauf führung : Oktober 1965, Brüssel, Palais des Beaux Arts ( Orchestre National de Belgique, Bruno Maderna )

Druckausgabe : 1966, Mailand : Suvini Zerboni

Titelblatt : GIOVANNI GABRIELI / IN ECCLESIIS / nach der Motette für Doppelchor, Orgel und Instrumente, für grosses Orchester bearbeitet von Bruno Maderna

Dauer : ca. 10 Minuten

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entdeckte und neu entdeckte Zeichen : «Ich habe immer gedacht », schreibt er in einem Epigraph zu seinem letzten Werk, « dass die Musik bereits exis-tiert, dass sie schon immer existiert hat. Auch die, die ich schreibe. Es bedarf nur eines tiefen Glaubens an sie, eines Bekenntnisses, um sie um sich herum, in sich selbst wahrzunehmen und sie dann in Noten zu setzen.» Und es ist ebenjener Bearbeiter Maderna, der wiedergefundene, frisch zum Leben erweckte Dimensionen in neue Formen kleidet – wiederent-deckt, doch ohne Neues zu erfinden, würde Malipiero sagen – derjenige Maderna, der zu immer neuen Betrachtungen der Musikgeschichte bereit ist, denn « alle Musik », sagt er, « von Monteverdi bis in unsere Tage, ist im Grunde nur die zeitgenössische Musik » ; er, der sich am Ende so ausdrückt : « Ich möchte die Musiken unserer Vorfahren möglichst in ihrer spiri-tuellen Qualität, mehr noch als in ihrer philologi-schen Qualität, wieder aufleben lassen, und zwar um zu zeigen, dass sie so antik gar nicht sind ; oder wenn, dass sie mindestens so antik wie die eine Wahrheit sind, die da lautet : Neues zu machen, bedeutet nichts anderes, als Altes nochmal zu machen – nur eben besser.»

Das venezianische Element

Unter all den von Maderna wiedergefundenen und wiederbelebten Musiken nimmt die Orchesterbear-beitung der Motette In ecclesiis benedicite Domino aus dem Zweiten Buch der Symphoniae sacrae von Giovanni Gabrieli (1615 ) ohne Zweifel einen zentralen Platz ein, und sie ist ein beredtes Beispiel für jene besondere Sensibilität, die er der Historie entgegenbringt.

Manchmal kommt es ja vor, dass sich die Um-stände, unter denen die Dinge geschehen, als erhel-lend für den gesamten Sinn des betreffenden Unter-nehmens erweisen – und so war es im Falle der Premiere der Komposition am 10. Oktober 1965 in Brüssel. Die Dokumente berichten von einem von Maderna selbst ins Leben gerufenen und schon im Herbst 1964 geplanten Konzert, in dem der Gabrieli-Bearbeitung zwei der Hauptwerke von Igor Strawins-ky zur Seite gestellt werden sollten. Dies waren die Symphonies d’instruments à vent (1920 ) und jenes

Canticum sacrum ad honorem Sancti Marci nominis, das 1956 beim Festival Internazionale di Musica Contem-poranea in Venedig aufgeführt wurde : « ... nicht nur Strawinskys Hommage an die Venezianer, an ihre Stadt und an ihren Heiligen », erklärte Robert Craft im Programmheft des Venezianischen Festivals 1956, « sondern auch an ihren musikalischen Ruhm ». Keh-ren wir zurück nach Brüssel, zu dem von Maderna erdachten Programm. Dabei handelte es sich um eine geniale Zusammenstellung, die ein ausgeklügeltes Spiel mit den zwischen den Werken bestehenden his-to rischen Bezügen offenbarte – in der Uraufführung von 1956 folgte dem neuen Werk Stra winskys eben je-nes In ecclesiis benedicite Domino von Giovanni Gabrieli ( das Original ) – und zur gleichen Zeit unterschwellige und unerwartete Parallelen aufscheinen liess.

Wenn die beiden Strawinsky-Werke scheinbar durch die Besetzung und die Behandlung des Instru-mentariums miteinander verbunden sind, oder durch die granitene Klanglichkeit einer Musik cho-rischen Typs, die von dem russischen Komponisten neu erfunden wurde ( und daher einte sie auch jene Idee einer verdinglichten Ritualität, die diesem Musik-typ innewohnt ), veranschaulichten die Berührungs-punkte zwischen Strawinsky’schem Canticum und In ecclesiis auf fast nostalgische Weise die historische Präsenz eines Elementes, das man als « venezianisch » bezeichnen könnte.

Auf den ersten Blick könnte sich das Ganze wie eine blosse symbolische Notwendigkeit ausnehmen – umso mehr, wenn man bedenkt, dass es sich bei dem Original von Gabrieli um eine die Herrlichkeit Vene-digs preisende feierliche Motette handelt. In der Maderna-Tradition ruht die Verbundenheit zu seiner Stadt Venedig, der Basilica San Marco und ihrer mu-sikalischen Tradition jedoch auf viel tieferen Funda-menten.

Der Markusdom in der Musik

Der Bezug zu den ursprünglichen akustischen Bedin-gungen in der Basilika und zu ihrem rituellen Rah-men ist massgeblich für die Fassung von In ecclesiis, und er steht am Ursprung einer bestimmten räumli-chen Vorstellung von Musik, die sich in der von Ma-

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derna vorgegebenen szenischen Aufstellung der be-gleitenden Musiker und in der Entscheidung für eine Orchestrierung mit separaten Instrumenten-gruppen widerspiegelt. Es ist die Vorstellung von einer Musik, die in ihrem Inneren das Bild der äusse-ren Umgebung, die sie hervorbringt, birgt, und die gleichzeitig fähig ist, diese Umgebung zu beschrei-ben und wahrnehmbar zu machen. So kommt es zur Wiederentdeckung einer in der Geschichte einzigar-tigen Klangfülle : Es ist dieser lustvolle, überwälti-gende Klang, eben der ureigenste Klang des Markus-doms und der Musik, die für seine Kapelle kom poniert wurde. Oder besser gesagt : So lebten in der Gegen-wart die ganze Dimension ihres akustischen Reizes und ihre Aura wieder auf.In einem 1971 von dem Musikwissenschaftler Chri-stof Bitter geführten Interview wurde Maderna auf-gefordert, In ecclesiis zu erläutern, und so legte er den Ansatz seiner Bearbeitung wie folgt dar :

Bitter : [Haben Sie sich für die Bearbeitung von In ecclesiis] eventuell von der typischen Spielweise bei den Konzerten im Markusdom [...] inspirieren lassen?

Maderna : Ja, da liegen Sie richtig, ich bin von diesen Vor-aussetzungen ausgegangen. Ausserdem wollte ich errei-chen, dass die Zuhörer im Konzertsaal etwas haben, das in

gewisser Weise den liturgischen Ritus ersetzt ; denn für uns hat diese Musik ja eine ganz andere Funktion.

Bitter : Selbstverständlich ; wir dürfen ja nicht ver-gessen, dass diese Musik während der Messe aufge-führt wurde [...]. Ich denke, wenn man in gewisser Weise das ursprüngliche Ambiente erschaffen möch-te, dann ist Ihr Vorgehen durch die Tatsache gerecht-fertigt, dass auch damals in den Kirchen die Musik mit separaten Instrumentengruppen aufgeführt wurde. Ich glaube sogar, dass es in San Marco vier verschiedene Podien für die Musiker gibt. […] Wenn man heute diese Kirche betritt, hat man unmittelbar den Eindruck von tiefer Dunkelheit, der durch den Kontrast zu der leuchtenden Helligkeit des Markus-platzes und des Meeres nur umso stärker ist. Gabrielis Musik ist meiner Meinung nach nicht so dunkel wie die Kirche, sondern vielmehr so goldglänzend und strah lend wie das Äussere.

Maderna : Sie haben völlig Recht […]. Ich glaube, dass Gabrieli den Himmel und die Farben der Plätze in das Dunkel der mysteriösen byzantinischen Kirche hineintra-gen wollte. Und in der Tat bemerkt man bei Gabrieli so etwas wie Wollust, ein fast libidinöses Verhältnis zum Klang. ●

Übersetzung : Sophia Simon

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Casino-Geschichte( n ), Teil 1Was ist eigentlich ein Casino?

von Sigfried Schibli

D as Basler Stadtcasino, das wir als Tempel der Hochkultur kennen, hat eine schillern-de Herkunft. Das beginnt schon bei seinem

Namen. ‹ Casino ›, also Häuschen, klingt eher nach einem Gartenhaus als nach einem städtischen Kul-turzentrum. Wenn jemand im Italienischen sagt, sein Leben sei « un casino », dann hat dies nichts Gu-tes zu bedeuten, denn dieses Wort steht auch für Bor-dell und im übertragenen Sinn für ein ziemliches Durcheinander. Und wer nach Baden-Baden oder Monte Carlo ins Casino fährt, will das Glück heraus-fordern und Geld gewinnen, ohne sich die Finger mit Arbeit schmutzig zu machen.

Das Stadtcasino von 1826 ( Aquarell von J.J. Schneider, 1860 )

Frivoles und Glückbringendes, Zufälle und Absich-ten verbinden sich im wunderschönen, vieldeutigen Wort ‹ Casino ›. Der ‹ homo ludens › steht auch am An-fang des Basler Stadtcasinos, dessen Geschichte bis ins frühe 19. Jahrhundert zurückreicht. Damals tra-fen sich Mitglieder der Lesegesellschaft regelmässig im Reinacherhof am Münsterplatz 18. Die Herrschaf-ten vertrieben sich die Zeit mit Billardspielen, Ke-

geln, Kartenspielen und wohl auch mit lockeren Da-men. Die Kultur war noch nicht in ‹ E › und ‹ U ›, in ernste und unterhaltende, getrennt. Es war die Zeit kurz nach dem Tod Mozarts, dessen Zauberflöte bis heute als – vielleicht letztes – Zeugnis einer zugleich populären und anspruchsvollen Musikkultur gilt.

Diese Vermischung der Genres und Ansprüche gefiel nicht allen. Sie störte jene Kreise, die auf ernst-hafte Weise Musik hören und betreiben wollten. Da-für gibt es ein amüsantes historisches Dokument : Ein Basler ‹ Avertissement › von 1789 forderte das Pu-blikum auf, während der Konzerte im Oberen Colle-gium der Universität an der Augustinergasse nicht « fortdauernde Conversation » zu treiben. Spieltische und Kartenspiele wurden in den hinteren Teil des Saals verbannt. Es bahnte sich an, was wir heute für selbstverständlich halten : die strikte Trennung von Konzertmusik und Hintergrundmusik, von konzen-triertem Hören und Berieselung durch einen Sound-teppich.

Das Basler Stadtcasino wird immer wieder als « Mu-sikzentrum der Region » gefeiert. Und immer wieder infrage gestellt : Ist die Architektur noch zeitgemäss ? Ist überhaupt die Idee eines Musikzentrums zeitge-mäss ? Oder handelt es sich um ein Mehrzweckge-bäude, das auch der Musik dient ? Wie kann ein sol-ches historisches Gebäude erhalten bleiben, ohne museal zu wirken ? Dies sind einige der Fragen, die wir in den Programm-Magazinen dieser Saison auf-werfen und in feuilletonistischer Form beantworten wol len. Autor dieser kleinen Serie ist Dr. Sigfried Schibli, seit vielen Jahren Kulturredaktor und Musik-kritiker der Basler Zeitung.

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Die Konflikte, die aus der Vermischung von Hochkul-tur und Unterhaltung entstanden, weckten den Wunsch nach einem richtigen Konzertsaal. Einem Ort, an dem sich nicht Männer schmutzige Witze erzählten und Brettspiele spielten, während auf dem Podium klassische Sinfonien zelebriert wurden. Es war im Jahr 1808, als Ludwig van Beethoven seine Chorfantasie schrieb, eine Vorstufe zur 9. Sinfonie. Damals gründeten Basler Bürger eine Casino-Gesell-schaft, die sich zum Ziel setzte, mit einem neuen Mehrzweckgebäude der Musik eine feste Bleibe zu geben. Das Schweizerische Musikfest 1820 gab der Idee den notwendigen Schub. Als die Regierung der ‹ Commission › kostenlos ein Grundstück auf dem Barfüsserplatz überliess, rückte der Plan eines Kon-zerthauses in greifbare Nähe. Melchior Berri, ein Jungspund mit Jahrgang 1801, entwarf das Gebäude, das 1826 eingeweiht wurde. Das Geld für den Neubau wurde durch den Verkauf von Aktien aufgebracht –

Blick auf den Steinenberg, vor 1865

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400 Franken das Stück. Der offene Birsig bahnte sich seinen Weg unter dem dreiteiligen symmetrischen Gebäude durch. Basel, damals die grösste Schweizer Stadt, war um ein architektonisches Juwel reicher. ●

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Julia Habenschuss und David LeClair im Gespräch« Wir sind keine Roboter »

Die Solo-Flötistin Julia Habenschuss und der Tubist und Kontrabassist David LeClair unterhalten sich über ihre Musikerlaufbahn und

das Verhältnis der verschiedenen Generationen im Orchester.

aufgezeichnet von Simon Niederhauser

David LeClair : Julia, du spielst jetzt seit anderthalb Jahren im Sinfonieorchester Basel. Hast du vorher schon einmal in einem professionellen Orchester gespielt, oder ist das deine erste Anstellung?

Julia Habenschuss : Diese hier ist meine erste feste Anstellung. Vorher war ich zwei Jahre lang Prakti-kantin im Orchester der Bayerischen Staatsoper. Die ganze Erfahrung, die ich als Orchestermusikerin hier in Basel einbringen kann, habe ich in München ge-sammelt. Ich musste da manchmal ohne eine einzige

Probe in Vorstellungen spielen. Ich erinnere mich an den Rosenkavalier : Einfach rein ins kalte Wasser, das war wirklich toll! Und eine sehr gute Vorbereitung auf die Orchesterstelle.

Das ist ein lustiger Zufall, ich habe auch in München ange-fangen. Allerdings nicht an der Staatsoper, sondern am Staatstheater am Gärtnerplatz, dem kleineren der beiden Opernhäuser.

Mit der Tuba oder dem Kontrabass?

Mit beiden Instrumenten. Ich gehöre zu der aussterbenden Rasse, die noch beide Instrumente spielt. Früher gab es das häufig. Allein im damals kombinierten Zürcher Opern- und Tonhalle-Orchester, das bis in die 80er-Jahre in beiden Häusern spielte, hatten sie drei Musiker, die beide Instru-mente beherrschten. Heute gibt es in Deutsch land noch ein paar wenige, in der Schweiz bin ich der einzige.

Und hast du für beide Instrumente ein Probespiel gemacht?

Ja. Ich habe in den USA studiert und über meinen Lehrer erfahren, dass es in Deutschland freie Stellen gebe. Sie hat-ten schon nationale Probespiele durchgeführt, haben aber niemanden genommen, weshalb sie die Probespiele für Ausländer öffneten. Ich konnte etwas deutsch und dachte : Das wäre etwas für mich. Am 15. April 1977 war das Probe-spiel, und am 2. Mai konnte ich anfangen. Ich blieb dann ungefähr fünf Jahre in München, bis ich 1982 nach Basel wechselte.

Julia Habenschuss ist im oberösterreichischen Wels aufgewachsen und begann 2007 ihr Flötenstudium an der Universität Mozarteum in Salzburg. Seit Januar 2013 ist sie Solo-Flötistin im Sinfonieorchester Basel. Julia Habenschuss wohnt in Basel und ist momentan das jüngste Orchestermitglied.

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Als ich dich im Generalprogramm auf dem Bild mit dem Kontrabass gesehen habe, dachte ich, den habe ich doch vorher schon gesehen, aber mit einer Tuba! Ich hatte das noch nie gesehen, dass jemand in ei-nem Orchester beide Instrumente spielt. Ist es nicht manchmal schwierig, die Instrumente zu wechseln?

Das mache ich schon mein ganzes Leben lang. Mit sechs habe ich mit Klavier angefangen. In der Schule kamen dann Tuba und Kontrabass hinzu. Wir hatten ein sehr in-tensives Musikprogramm, und ich konnte sofort in ver-schiedenen Ensembles mitspielen. An der Universität in Indiana habe ich mich dann auf die beiden Instrumente spezialisiert. Ich bereue es nicht. Als Tubist kommt man ungefähr ab 1840 ins Spiel, das ganze Repertoire des Barock und der Klassik fällt weg, auch in drei der vier Brahms-Sinfonien gibt es keine Tuba. Dank dem Kontrabass kann ich viel mehr Literatur spielen.

Wie bist du zu deinem Instrument gekommen? Du hast vermutlich früh angefangen zu spielen, war Musik wichtig in deiner Familie?

Ja, ganz klar. Meine Eltern haben beide Musik studiert, der Vater Klarinette, die Mutter Geige. Sie haben mich sehr gefördert, aber nie gezwungen. Ich wollte immer von mir aus Musik machen. Als ich vier Jahre alt war, hat mich mein Vater, der auch Dirigent ist, einmal in ein Konzert mitgenommen. Da spielte die Solo-flötistin der niederösterreichischen Tonkünstler das Flötenkonzert von Carl Reinecke. Danach habe ich gesagt : Das will ich machen. Und es war für mich auch immer schon klar, dass ich im Orchester spielen möchte, es ist für mich überhaupt nichts anderes in-frage gekommen. Mit sechzehn wollte ich dann unbe-dingt mit dem Musikstudium anfangen und bin des-halb nach Salzburg gezogen. Und seitdem studiere ich.

Du studierst noch?

Ja. Diesen Sommer habe ich die letzten theoretischen Prüfungen und im Oktober die Flötenprüfung. Das mag etwas ungewöhnlich sein. Der normale Werde-gang ist : Schule, Studium, Orchester. Bei mir ist ir-gendwie alles umgedreht. Aber mein Lehrer hat mir immer gesagt : Schau, dass du eine Stelle bekommst, und danach kannst du das Studium abschliessen.

Als ich ungefähr in deinem Alter ins Orchester gekommen bin, dachte ich : Zukunft! Fünfunddreissig oder vierzig Jahre werde ich in diesem Orchester spielen, und ich freute mich darauf. Wenn man jung ins Orchester kommt, will man sich nicht mit Gewerkschaftskram beschäftigen oder im Vorstand engagieren. Man kümmert sich um das fertige Produkt. Aber so selbstverständlich ist das nicht. Bis das Produkt auf die Bühne kommt, braucht es eine Organisa-tion, ein Publikum, Programmhefte und vieles mehr. Und es braucht Verträge mit den Musikern. Und da leisten die Gewerkschaften wichtige Dienste. Viele der jungen Kolle-gen sind sich dessen nicht bewusst. Oder wie siehst du das?

Ich bin ja erst seit anderthalb Jahren hier, und im Pro-bejahr habe ich nie an so etwas gedacht. Ich habe darauf geachtet, dass ich meinen Job gut mache und mit den Kollegen gut zurechtkomme, also vor allem auf die musikalische und persönliche Ebene.

Was ja auch sinnvoll ist im Probejahr.

David LeClair ist in Vienna, West Virginia, aufgewach-sen. Das Studium absolvierte er an der Indiana Uni-versity. Seine Orchesterlaufbahn in der Doppelfunk-tion als Tubist und Kontrabassist begann 1977 am Bayerischen Staatstheater und führte ihn 1982 nach Basel zum damaligen Radio-Sinfonieorchester. Nebst seiner Orchestertätigkeit unterrichtet er eine Berufs-klasse für Tuba und Kammermusik an der Hochschule für Musik in Basel.

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Wenn ich mit anderen jungen Kollegen über büro-kratische Angelegenheiten spreche, heisst es : Dafür übernehmen unsere erfahrenen Musiker die Verant-wortung, denen wir natürlich voll und ganz vertrau-en und auf die wir uns verlassen. Sollten diese Anfor-derungen einmal auf uns zukommen, werden wir natürlich gerne diese Aufgabe übernehmen.

Das ist ja wunderbar, wenn das bereits geregelt ist. Ich hatte mir schon Sorgen gemacht! ( lacht )

Warst du mal im Vorstand?

Ja, damals im Radio-Sinfonieorchester. Solange alles gut läuft , ist es kein Problem. Aber es gibt schwierige Situatio-nen. Wenn beispielsweise ein Kollege gesundheitliche oder familiäre Probleme hat, oder auch vom Spielerischen her. Dann muss man damit umgehen können. Es braucht Leute mit Erfahrung, die helfen können, vor allem auf der menschlichen Ebene. Wir alle sind keine Roboter, man kann nicht einfach ein Teil austauschen.

Ich fi nde es sehr hilfreich, wenn die Kollegen, die schon zwanzig Jahre im Orchester sind, ihren jungen Kollegen zur Seite stehen. Die neuen Orchestermit-glieder mögen frischen Wind ins Orchester bringen, die älteren wissen dank ihrer Erfahrung, wie man mit bestimmten Situationen umgeht. Es ist gut zu wissen, dass so liebe Kollegen da sind, die einen un-terstützen.

Im Radio-Sinfonieorchester hatten wir eine Kollegin, eine Bratschistin, die an Krebs erkrankt ist. Ich war damals etwa dreissig Jahre alt. Kurz vor ihrem Tod hat sie mir et-was gesagt, das einen grossen Einfl uss auf meine ganze Beziehung zum Orchester hat. Sie sagte : Haltet zusammen. In diesem Moment habe ich erkannt : Es gibt nicht nur das Musizieren, sondern auch die menschliche Ebene.

Die funktioniert im Moment ja sehr gut in unserem Orchester, oder?

Ja, ich denke schon. Dieser Geist des gegenseitigen Unter-stützens ist stärker ausgeprägt als je zuvor. Das Orchester entwickelt sich sehr gut – auch dank unseren jungen Kolle-ginnen und Kollegen. Und auch Dennis Russell Davies hat vieles dazu beigetragen. Er hat dem Orchester ein Gesicht gegeben, hat sich engagiert, hat sich um interessante Lite-ratur gekümmert und sie uns und dem Publikum näher-gebracht. Das Orchester ist lebendig.

Das kann ich nur bestätigen. Von allen Orchestern, in denen ich gespielt habe, ist die Atmosphäre hier am angenehmsten. Schon beim Probespiel habe ich es irgendwie gespürt : Die Stimmung hier ist wirklich gut. ●

Impressum

Sinfonieorchester Basel, Steinenberg 14, 4051 Basel, +41 ( 0 )61 205 00 95, [email protected], www.facebook.com/sinfonieorchesterbasel, twitter.com/symphonybasel

Geschäftsleitung : Franziskus Theurillat Künstlerische Planung, Dramaturgie und Vermittlung : Dr. Hans-Georg Hofmann Konzeption und Redaktion Programm-Magazin : Simon Niederhauser, Simone Staehelin Gestaltung : Neeser & Müller, Basel Druck : Schwabe AG, Basel/Muttenz Aufl age : 5000 Exemplare

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KlangBasel – ein Musikfestival für Basel

Schwarz auf Weiss : ‹ Der wilde Musiker ›

KlangBasel ist ein gemeinsames Festival verschiede-ner Institutionen und Ensembles aus Basel, initiiert von der Musik-Akademie und dem Sinfonieorchester Basel. Es möchte die vielfältige Musik Basels hör- und sichtbar machen und ist bestrebt, Publikum und Inter preten stärker miteinander zu verbinden. Aus-gangs punkt für die Erstauflage ist Kleinbasel mit ver-schiedenen Spielorten. Es beteiligen sich unter ande-rem das Kammerorchester Basel, M & The Acid Monks, Tango Crash, Performer des Labels A Tree in A Field Records, La Cetra, das Belcea Quartett, das Hornroh Modern Alphorn Quartet, Lisette Spinnler, der Contra punkt Chor sowie die Knaben- und Mädchenmusik Basel.

Das Sinfonieorchester Basel wird am 19. Septem-ber um 19.30 und 21.00 Uhr zusammen mit der Mäd-chen kantorei Gustav Holsts Orchestersuite The Planets präsentieren – auf eine ganz besondere Art : Das Orchester wird mittig im Saal des Volkshauses spielen, während die Zuhörer darum herum platziert werden – wie die Planeten um die Sonne.

Im Anschluss wird die eigens ins Leben gerufene Basel All Star Band unter dem Motto ‹ Songs across the Universe › auftreten.

19. –21. SepteMber 2014www.klangbasel.ch

Der junge Beethoven schrieb seine ersten Komposi-tionen auf Basler Papier, das vom St. Alban-Tal den Rhein hinunter in dessen Geburtsstadt Bonn trans-portiert wurde. Am ‹ Dalbedych ›, ganz in der Nähe der Basler Papiermühle, siedelte Friedrich H. Weber auch die Handlung seiner Erzählung Der wilde Musiker an : « Wenn sich des Nachts verspätete Passanten bis zum Albanteich in die Nähe des ‹ Truurgen Begebnuss › verloren, so hörten sie dort in das dumpfe Rauschen der Wasserräder eine Musik wilder Phantastik ein-fallen, die sich jedem ordnenden Gesetze entzog », dichtete 1937 der damals 29-jährige Autor.

29 Jahre alt war auch Ludwig van Beethoven, als er 1799 sein beliebtes Septett op. 20 komponierte. Es sollte ein Wendepunkt in seinem kompositorischen Schaffen werden : « Mein Septett schickt ein wenig ge-schwinder in die Welt – weil der Pöbel drauf harrt – sputet euch », drängte der wilde Musiker Beethoven seinen Verleger Hoffmeister.

Christian Sutter liest Auszüge aus Webers Erzäh-lung, umrahmt von Beethovens Septett für Klarinette, Horn, Fagott, Violine, Viola, Violoncello und Kontra-bass. Es spielen Mitglieder des Sinfonieorchesters Basel.

Sonntag, 14. SepteMber 201417.00 Uhr, Basler Papiermühle

Das SOB spielt an der Musikbiennale KlangBasel Ein literarisches Kammerkonzert mit Christian Sutter

Vorschau

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: zVg

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Reithalle Wenkenhof, Riehen Eintritt frei

Basler Papiermühle

Volkshaus Basel Eintritt mit Festivalpass

Théâtre de Besançon VV: www.festival- besancon.com

Stadtcasino, Musiksaal Eintritt frei

Stadtcasino, Musiksaal

Kirche San Francesco, Locarno

Kulturhaus Dornbirn VV: www.v-ticket.at

Stadtcasino, M usiksaal VV: Billettkasse Stadtcasino

Stadtcasino, Grosser Festsaal

Stadtcasino, Grosser Festsaal

Sa 13.9.12.30

So 14.9.17.00

Fr 19.9.19.30 und 21.00

So. 21.9.15.00

Mo 22.9.12.00–12.30

Mi 24.9. Do 25.9.19.30

Fr 26.9.19.30

Sa 27.9.19.30

Mi 1.10. Do 2.10.19.30

Sa 4.10.16.00

Do 23.10.18.15

tag des DenkmalsWerke von Hans Huber und Hermann SuterSOB / Ludus Vocalis / Thomas Herzog / Daniel Schneller

Schwarz auf weiss : Der wilde MusikerLudwig van Beethoven : Septett Es-DurAusschnitte aus Der wilde Musiker von Friedrich H. WeberMitglieder des SOB / Christian Sutter

KlangbaselGustav Holst : The PlanetsSOB / Mädchenkantorei Basel / Dennis Russell Davies

Festival de Musique de besançonWerke von Ludwig van Beethoven und Gustav HolstSOB / Elisabeth Leonskaja / Dennis Russell Davies

punkt 12 : offene orchesterprobeSOB / Dennis Russell Davies

Sinfoniekonzert Sob : FeuervögelGiovanni Gabrieli / Bruno Maderna : In ecclesiisLudwig van Beethoven : Klavierkonzert Nr. 2Igor Strawinsky : L’Oiseau de feuSOB / Elisabeth Leonskaja / Dennis Russell Davies

Settimane musicali asconaWerke von Ludwig van Beethoven und Franz SchubertSOB / Elisabeth Leonskaja / Dennis Russell Davies

Zu gast in DornbirnWerke von Ludwig van Beethoven und Igor StrawinskySOB / Elisabeth Leonskaja / Dennis Russell Davies

erstes coop-/VolkssinfoniekonzertWerke von Wolfgang Amadé Mozart und Franz SchubertSOB / Marc Lachat / Heinrich Schiff

mini.musik: auf der baustelleMitglieder des SOB

cocktailkonzert : Salon cellissimoHeitor Villa-Lobos : Bachiana Nr. 5 Astor Piazzolla : Cuatro EstacionesDie acht Cellisten des SOB / Nuria Rial

Agenda

Vorverkauf ( falls nicht anders angegeben ) : Bider & Tanner, Ihr Kulturhaus mit Musik Wyler, Aeschenvorstadt 2, 4010 Basel, 061 206 99 96 Detaillierte Informationen und Online-Verkauf : www.sinfonieorchesterbasel.ch

Page 35: Programm-Magazin Feuervögel

Stell Dir vor, Ideen verbinden eine ganze Stadt.IWB startet ein wegweisendes Zukunftsprogramm mit zahlreichen Ideen, wie Sie Energie effi zient einsetzen. Weitere Informationen im IWB CityCenter. innovation-schaff t-effi zienz.ch

Aus eigener Energie.

Page 36: Programm-Magazin Feuervögel

Trafina Privatbank AG, Rennweg 50, CH-4020 Basel, Telefon +41 61 317 17 17, www.trafina.ch

Es geht um Verlässlichkeit.