8
Park’n’Science Der Newsletter für den WISSENSCHAFTSPARK POTSDAM-GOLM · Ausgabe 12 · Juni 2014 PS Life Sciences – Kaleidoskop des Lebens Rezept für neue Medikamente Erfolgsgeschichte im Wissenschaftspark Ideenschmiede Startup Mithilfe von DNA in die Vergangenheit schauen Ehrendoktor für UP Präsidenten UP Chemiker gewürdigt Zweifache Auszeichnung Ver - änderungen am Max-Planck-Campus Neue Nassspinnanlage Grüne Fabriken der Zukunft Gebündelte Kraft Irrlichter auf dem Reiherberg Besuch bei Herrn Lehmann Antrittsvorlesung Offene Türen Konzert des Jazz – Chors Kunststoffkollo- quium Ehemaligen- treffen

PS - Startseite · So konnte die Ripac-Labor ... Auch eine spezifische Software, nicht nur zur Auftrags-verwaltung, sondern besonders zum Unterhalt einer eigenen Datenbank

  • Upload
    ngotram

  • View
    212

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Park’n’ScienceDer Newsletter für den WISSENSCHAFTSPARK POTSDAM-GOLM · Ausgabe 12 · Juni 2014PS

Erfolgsgeschichte im Wissenschaftspark Potsdam-GolmDie Gründerin der Ripac-Labor GmbH, Dagmar Köhler-Repp istBrandenburger Unternehmerin des Jahres 2014.

Als einer der ersten Mieter zog die Ripac-Labor GmbH im Jahr 2007 indas neue Technologiezentrum GO:IN. Dieser Umzug war ein Meilensteinauf dem Erfolgsweg des Unternehmens. Zu diesem Zeitpunkt hatte dieUnternehmerin Dagmar Köhler-Repp schon mit viel Elan in den erstenGründerjahren im heimischen Kellerlabor eine solide Basis für die Erwei-terung geschaffen.

Heute beschäftigt die Ripac-Labor GmbH 22 Mitarbeiter und Mitar-beiterinnen, darunter drei Geschäftsführer und 6 promovierte Wissen-schaftler, die sich neben der Erregerdiagnostik mit der Entwicklung vonImpfstoffen für bestandsspezifische Erreger beschäftigen. ZehntausendLiter dieser Impfstoffe werden inzwischen pro Jahr für verschiedeneNutztierarten hergestellt. In erster Linie handelt es sich dabei um Geflü-gel, Rinder und Schweine, gelegentlich sind aber auch Zootiere darun-ter. Schon der Name des Unternehmens ist Programm: Riemerellen,Pasteurellen, E. coli und Clostridien, das sind die Erregerstämme, aufderen Diagnostik und Bekämpfung sich das Unternehmen spezialisierthat. Die entsprechenden Impfstoffe können allerdings nicht einfach aufVorrat hergestellt und abgerufen werden, denn in jedem Betrieb stelltsich ein eigenes Erregerspektrum ein. Anhand eingesandter Proben wirddieses zunächst genau analysiert, so dass schließlich ein maßgeschnei-derter, spezifischer Impfstoff zum Einsatz kommt. In den meisten Fällensteht der wirksame Impfstoff schon vier Wochen nach Eingang der Pro-be bereit. Diese Impfungen verhindern Krankheiten, die durch Antibioti-ka bekämpft werden müssten, so dass der problematische Einsatz vonAntibiotika in der Tierzucht erheblich reduziert werden kann.

Den Anstoß zu dieser Geschäftsidee gab der Vater der Preisträge-rin, Dr. med. vet. habil. Bernd Köhler. Er hatte den Bedarf schon wäh-rend seiner beruflichen Tätigkeit als Tierarzt richtig erkannt. Eine Spür-nase für neue Felder hat aber auch Tochter Dagmar Köhler-Repp schonfrüh bewiesen. Während die Zukunftschancen für Absolventen des Stu-diengangs „Biologie“ zu ihrer Studienzeit noch zurückhaltend bewertetwurden, erkannte sie die Chancen der sich rasant entwickelnden Mikro-biologie und spezialisierte sich an der FU Berlin auf die Fachrichtung„Medizinische Mikrobiologie“. Nach intensiver Bedenkzeit nach demStudium folgte ein kurzer Crash-Kurs in Unternehmenskunde, dann ginges mit den vereinten Kräften der ganzen Familie los. Mit der gemeinsa-men Geschäftsidee vor Augen entstand in den häuslichen Kellerräumen

ein amtlich zertifiziertes Labor der Sicherheitsstufe 2.Schon vier Jahre nach der amtlichen Zulassung wur-den die Verhältnisse für den wachsenden Betrieb zueng, so dass der Umzug nach Golm erfolgte.

Die neuen Laborräume inmitten eines wis-senschaftlichen Umfeldes eröffneten weitereMöglichkeiten zu Kooperationen bei Projekten undForschungsvorhaben. So konnte die Ripac-LaborGmbH als eines der ersten Unternehmen die MALDI-TOF-Massenspektrometrie für diesen Bereich einsetzen.Die Technologie war in enger Zusammenarbeit mit einerbenachbarten Firma im Wissenschaftspark entwickelt wor-den. Auch eine spezifische Software, nicht nur zur Auftrags-verwaltung, sondern besonders zum Unterhalt einer eigenen Datenbankzu den verschiedenen Erregerstämmen und -spektren war inzwischenerforderlich geworden. Für ein großes Verbundprojekt innerhalb desCampus, dessen Bewilligung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn vorliegt,werden neue Mitarbeiter eingestellt, so dass das Unternehmen wiedernach Erweiterungsmöglichkeiten sucht.

Verblüffend einfach und ganz klassisch klingt das Erfolgsrezept vonDagmar Köhler-Repp: „Ich habe bei allen Entscheidungen darauf geach-tet, dass ich mich damit wohl fühle und mir selber treu bleibe. Undnatürlich muss in erster Linie das Produkt stimmen.“ ¢ BBu

Mithilfe von DNA in dieVergangenheit schauenEin sehr guter Biologielehrer ist „schuld“ daran, dass Micha-el Hofreiter dieses Fach studierte und sich heute mit Kno-chen, Kiefern und Gebissen von Tieren wissenschaftlichbeschäftigt. Gut ein halbes Jahr ist er nun Professor für All-gemeine Zoologie/Evolutionäre adaptive Genomik an derUniversität Potsdam.

Eigentlich wollte Michael Hofreiter Tiere bestimmen und beschreiben,denn die interessierten ihn schon immer mehr als Pflanzen. Unter ande-rem deshalb züchtete er als Kind im heimischen Keller Fische. Zu „sei-nem Wissenschaftsthema“, der alten DNA, ist er eher zufällig gekom-men. Als alte DNA bezeichnet man über 100 Jahre zählende DNA, bei-spielsweise Reste von Erbgutmolekülen aus archäologischen Funden.Als Biologie-Student in München hatte Michael Hofreiter das großeGlück, den schwedischen Mediziner und Biologen Svante Pääbo ken-nenzulernen. Pääbo gilt als „Papst“ der alten DNA und Begründer derPaläogenetik, jenes Teilgebietes der Genetik, das sich mit der DNA-Ana-lyse fossiler Überreste von Organismen befasst. Dieser Forschungsbe-reich faszinierte ihn so, dass er während des Studiums ins Ausland gingund nebenbei bei Svante Pääbo im Labor tätig war. Damals forschte derrenommierte Wissenschaftler gerade an einem Projekt, das sich mitalter DNA aus Kot beschäftigte. Und so rückten zu Beginn von MichaelHofreiters Forscherkarriere nicht etwa alte Knochen in den wissen-schaftlichen Fokus, sondern bis zu 30.000 Jahre alter Kot von Pflanzen-fressern, aus dem sich „etwas über die Genetik der Tiere und der Pflan-zen, die sie gefressen haben, erfahren ließ. Die Technik, die wir verwen-den, erlaubt auch Proben zu untersuchen, die Jahrzehnte bisJahrhunderttausende alt sind.“ Es ist die Neugier, die Michael Hofreiterantreibt. Der Wissenschaftler will verstehen, wie unsere Welt, von denAtomen bis zum Universum, funktioniert. Bezogen auf seine Forschungals Biologe heißt das herauszufinden, wie biologische Systeme arbeiten.„Wir versuchen häufig, mithilfe moderner Daten in die Vergangenheit zu

Life Sciences – Kaleidoskop des LebensSchnell war sich die Redaktion über die großeRichtung dieser Ausgabe einig: „Auf das Lebenbezogen, vielleicht etwas aus dem medizini-schen Gebiet“, so wurde es gewünscht.

Der Struktur des Wissenschaftsparks ent-sprechend sind die Themen dazu besonders imvorklinischen, bzw. im Bereich der Grundlagen-forschung angesiedelt. So, wie sich im Wissen-schaftspark Potsdam-Golm die unterschiedlich-sten Einrichtungen mit diesem Gebiet beschäfti-

gen, so unterschiedlich sind auch die Sicht- undHerangehensweisen. Gewinnabhängige Unter-nehmen – Startups und auch Großunternehmen- müssen sich anders aufstellen als voll finan-zierte Institutionen. In dieser Ausgabe sind ver-schiedene Organisationsformen vertreten, diejeweils auf ihre Weise das Kaleidoskop füllen.

Ein solides Kleinunternehmen, das sichganz aus eigener Kraft entwickelt hat, setzt sei-nen Schwerpunkt bei der Gesundheit unsererNutztiere. Über den ethischen Aspekt hinausträgt der verminderte Einsatz von Antibiotika zurGesundheit des Menschen bei.

Die Kooperation mit einem starken Partnerbietet die Möglichkeit, neue Ideen schnell undumfassend umzusetzen. Zwei Beiträge beschäf-tigen sich mit diesem Modell, wobei einer davon

bereits zu einer Ausgründung geführt hat. Eineausgewogene Kooperation zwischen Grundla-genforschung und speziell der Pharmaindustriekönnte einen Weg zu dringend benötigten neuenMedikamenten und damit zur „Gesundheitsma-ximierung“ darstellen. Wie unsere individuelleKenngröße, die DNA, den Blick in die Vergan-genheit über viele Jahrtausende hinweg ermög-licht, dieser Frage widmet sich schließlich dieGrundlagenforschung.

Eine Konstante gibt es in unserem Kaleido-skop: Man kann es beliebig drehen – die Rand-zonen ändern sich, im Mittelpunkt bleibt derMensch. ¢

Viel Spaß beim Lesen!Ihre Barbara Buller

Rezept für neue MedikamenteDie Lebenserwartung in Deutschland hat sich seit 1900 fast ver-doppelt. Das liegt auch an den verbesserten Behandlungsmög-lichkeiten und der Medikamentenentwicklung.

Die deutsche Pharmaindustrie wurde als „Apotheke der Welt“ berühmtund zum Vorbild der Branche in anderen Ländern. Trotzdem hat die Phar-maindustrie heute einen schlechten Ruf. Sie gilt als reich, mächtig undintrigant. Daran ist sie zwar nicht schuldlos, aber die Betrachtungsweisegreift zu kurz; denn es wird leicht übersehen, dass die Pharmabranche,obwohl große Gewinne eingefahren werden, seit einem Jahrzehnt in einermassiven Krise steckt. Die Firmen kannibalisieren zunehmend ihre wis-senschaftliche Substanz. Die Arbeit an neuen Medikamenten und Impf-stoffen stockt – eine Situation, die für die Allgemeinheit besorgniserre-gend ist.

Ein wichtiger Grund dafür ist, dass die Entwicklung neuer Medika-mente immer teurer wird. Die Kosten pro neuem Medikament oder Impf-stoff schlagen mit 500 – 1300 Millionen Euro zu Buche. Deshalb konzen-trieren sich Pharmaunternehmen derzeit auf die Entwicklung sogenann-ter „Blockbuster Drugs“; das sind Medikamente, die mehr als eineMilliarde Euro pro Jahr erlösen. Nur noch mit solchen Wirkstoffen könnendie Firmen innerhalb weniger Jahre – bis zum Erlöschen des Patentschut-zes – satte Renditen erreichen. Solche Gewinne lassen sich aber nur inIndustrieländern erzielen.

Medikamente gegen Krankheiten wie Malaria, die vor allem Men-schen in Schwellen- oder Entwicklungsländern betreffen, sind für diePharmaindustrie deshalb unattraktiv. Eine oft geforderte (und in Indienstaatlich durchgesetzte) Lösung gegen dieses Strukturproblem: beste-

hende Patente aufzuheben und die Hersteller billiger Nachahmerpräpara-te, sogenannter Generika, zu fördern. Allerdings: Die Pharmafirmen derIndustrieländer werden sich künftig noch weniger an kostspielige For-schung heranwagen, wenn sie danach mancherorts enteignet werden.

Die Pharmaunternehmen orientieren sich wie alle Firmen an denmöglichen Gewinnen der Märkte, auf denen sie agieren. Aber darausresultiert manchmal, aus übergeordneter Sicht, eine Fehlsteuerung. Sowurden viele Pharmafirmen mit Blick auf die Bilanzen optimiert. Ausdieser Perspektive ist die Forschung an neuen Medikamenten einRisiko, das minimiert werden muss. Etwa, indem man fast alle Tei-le der Wertschöpfungskette solcher Entwicklungen in Billiglohn-länder verlagert. Ja, das ist kostensparend und – ein Pyrrhus-sieg! Denn es bedeutete auch einen massiven Verlust hochqualifizierter Mitarbeiter in den Industrieländern.

Die Perspektive der ganzen Branche ist geradezuprekär. In Deutschland schließt die „Apotheke derWelt“, Generika werden billig im Ausland produziert,und Zehntausende hoch qualifizierter Arbeitsplät-ze sind in Europa und den USA bereits verlorengegangen. Dabei besteht eigentlich ein drin-gender Bedarf an wirklich neuen Wirkstof-fen gegen Krebs, Demenz und viele weitereKrankheiten. Auch in den Entwicklungslän-dern werden vor allem Impfstoffe gegen Mala-ria, HIV/Aids und bakterielle Infektionskrankhei-ten benötigt.

Daher meine Schlussfolgerung: das derzeitpraktizierte marktwirtschaftlich getriebene Modell derWirkstoffentwicklung ist das Beste, das ich kenne – aberes ist nicht gut genug. Wir werden radikal umdenken müs-sen: Das Ziel der Gewinnmaximierung muss von dem der„Gesundheitsmaximierung“ abgelöst werden. Die öffentlicheHand, die Forschung und Neuentwicklungen finanziert, müssteauch an Gewinnen beteiligt werden. Am Expertenwissen in Firmenund Forschungsinstituten mangelt es jedenfalls nicht. Allein meineMax-Planck-Arbeitsgruppe entwickelt zurzeit fünf neue Impfstoffe,auch gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten, die derzeit jährlich hun-derttausende Menschenleben fordern.

Das Thema „neue Wirkstoffe“ muss auf die gesellschaftliche Agenda!Wir müssen uns mit dem Gedanken vertraut machen, das Überleben einernur scheinbar boomenden Pharmabranche zu sichern. Und die Pharmain-dustrie muss sich mit dem Gedanken vertraut machen, dass es mehr Wer-te gibt als den von Aktien. ¢ Prof. Dr. Peter H. Seeberger

projizieren“, sagt der Forscher. So könne beispielsweiseversucht werden, den Ablauf von Populationswande-

rungen zu erklären. „Mit der alten DNA kann mandagegen in die Vergangenheit schauen und Popu-

lationswanderungen quasi direkt beobachten. Eskonnte auch gezeigt werden, dass Genfluss vom

Neandertaler in den Genfluss des modernen Men-schen stattgefunden hat.“ Mit diesen Erkenntnissen

ändere sich das bisher gängige Bild der menschlichenEvolution. Welche Tiere – Elefanten, Mammuts, Höhlen-

bären, Biber, Grauwale, Hyänen oder diverse seltene Raub-tiere – Michael Hofreiter und sein Team zur Untersuchung

heranziehen, richtet sich nach der jeweiligen Fragestellung.Genau diesen Weg der Analyse kompletter Genome aus aktuellen,musealen und fossilen Proben geht Michael Hofreiter in Potsdam weiter.Kürzlich hat er gemeinsam mit Kollegen seine Forschungsergebnisse zurRinderhaltung in China vor 10.000 Jahren in „Nature Communications“veröffentlicht.

Von den Forschungsbedingungen in Potsdam ist der Biologe begei-stert. „Das neue Gebäude auf dem Golmer Campus ist fantastisch, dieLabore sind wunderschön“, sagt er. Natürlich verläuft ein Umzug, dienst-

lich wie privat, aus England,wo er als Professor an derUniversität York arbeitete,nicht reibungslos. Die miteinem Umzug verbundenezeitraubende Bürokratie undandere Unannehmlichkeitenträgt er mit Humor und impro-visiert. Michael Hofreiter hates auch nach mehr als einemhalben Jahr in Potsdam nichtbereut, hierher gekommen zusein Sein Eindruck, „dassman hier ein deutlich besse-res Forschungsumfeld als inEngland vorfindet“, hat sichfür ihn bestätigt. ¢ 

Dr. Barbara Eckardt

Startup als Ideenschmiedefür die IndustrieDas neue Startup-Unternehmen „targenomix“ und BayerCropScience wollen gemeinsam die Wirkweise von Genenund Signalmolekülen entschlüsseln.

Neue Ansätze für die Zucht ertragreicher und widerstandsfähiger Pflan-zenarten – das ist auf lange Sicht das Ziel. Dafür möchte das Startup-Unternehmen „targenomix“ aus Golm bei Potsdam herausfinden, wie dieunzähligen Komponenten in einer Zelle – Gene, RNA-Moleküle, Proteineund andere Stoffwechselprodukte – in ihrer schier unüberschaubarenVielfalt zusammenwirken. Die Wissenschaftler setzen verstärkt auf Com-putermodelle, mit denen sie große Mengen an Daten auswerten können.Jetzt ist das aus einer Ausgründung des Max-Planck-Instituts für moleku-lare Pflanzenphysiologie in Golm hervorgegangene Unternehmen einevermutlich in jeder Hinsicht gewinnbringende Kooperation mit der FirmaBayer CropScience eingegangen.

Pflanzen sind ungeheuer erfinderisch bei der Entwicklung von Inhalts-stoffen. Viele dieser sogenannten Metabolite sind Signalmoleküle für dieKommunikation in oder zwischen den Zellen. Manche dieser Signalstof-fe steuern Vorgänge, die wichtige pflanzliche Eigenschaften wie Ertragund Widerstandsfähigkeit gegenüber Umweltbedingungen bestimmen.

Wissenschaftler um Lothar Willmitzer am Max-Planck-Institut fürmolekulare Pflanzenphysiologie in Golm sind weltweit führend bei derErforschung von Signalwegen und Stoffwechselvorgängen in Pflanzen-zellen. Diese Untersuchungen sind nicht nur für die Grundlagenfor-schung und das Verständnis von biologischen Systemen essenziell. Siehaben auch große wirtschaftliche Bedeutung, denn sie könnten zurZüchtung neuer Pflanzensorten beitragen. Und so gründete Willmitzerim Herbst 2013 das Unternehmen targenomix. Es soll Genom-, Tran-skriptom- und Metabolom-Daten analysieren und so die Wirkungsweisevon Genen und Signalmolekülen entschlüsseln.

Das kleine Startup-Unternehmen profitiert dabei von der jahrelan-gen Erfahrung der Wissenschaftler am Golmer Max-Planck-Institut. Dortwerden neben experimentellen Methoden wie der Gas-Chromatografieund der Massenspektrometrie immer mehr auch Computermodelle zurErforschung der Signalwege eingesetzt. „Ohne derartige Modelle lassensich so komplexe Systeme wie Zellen bis hin zu kompletten Pflanzennicht verstehen. Bei targenomix arbeiten deshalb Bioinformatiker engmit Molekularbiologen und Biochemikern zusammen“, sagt Willmitzer,der das Unternehmen inzwischen wissenschaftlich berät. Die meisten,der bis Ende des Jahres angepeilten 20 Mitarbeiter kommen denn auchursprünglich vom Golmer Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzen-physiologie.

Mit Bayer CropScience hat targenomix nun einen starken Partnergefunden. Durch die Beteiligung erhält die Tochtergesellschaft des Bay-er-Konzerns Zugang zu den Forschungsergebnissen von targenomix.„Ich bin sicher, dass targenomix und Bayer CropScience zusammenneue Ansätze für die Entwicklung von Pflanzensorten finden werden”,sagt Sebastian Klie, Geschäftsführer von targenomix und wie die mei-sten der rund 20 Mitarbeiter ein ehemaliger Mitarbeiter am Golmer Max-Planck-Institut. Das Unternehmen folgt dabei dem Trend in der Pharma-und Agrarwirtschaft, Forschung auszulagern. „Kleinere Unternehmensind in der Regel dynamischer und innovativer als Großkonzerne. Außer-dem können die großen Konzerne so das eigene Risiko verringern“,erklärt Willmitzer. ¢ MPG

Dagmar Köhler-Repp überzeugt sich von den Fortschritten im Ripac-Labor.

Life Sciences – Kaleidoskop des Lebens Rezeptfür neue Medikamente Erfolgsgeschichte imWissenschaftspark Ideenschmiede StartupMithilfe von DNA in die Vergangenheit schauenEhrendoktor für UP Präsidenten UP Chemikergewürdigt Zweifache Auszeichnung Ver -änderungen am Max-Planck-Campus Neue

Nassspinnanlage Grüne Fabrikender Zukunft Gebündelte KraftIrrlichter auf dem ReiherbergBesuch bei Herrn LehmannAntrittsvorlesung OffeneTüren Konzert des Jazz –Chors Kunststoffkollo-quium Ehemaligen-treffen

Die Team von targenomix

Die Ausgangssubstanz und der Wirkstoff – Artemisininsäure und Artemisinin

Artemisinin wird zur Zeit als Wirkstoff gegen Bilharziose und Brustkrebs untersucht.

Foto: U. Kleiner

Prof. Michael Hofreiter

Foto:Ripac

Foto: K.Fritze

Foto: MPI-KG/J. Baumgartner

Park’n’ScienceDer Newsletter für den WISSENSCHAFTSPARK POTSDAM-GOLM · Ausgabe 12 · Juni 2014PS

Erfolgsgeschichte im Wissenschaftspark Potsdam-GolmDie Gründerin der Ripac-Labor GmbH, Dagmar Köhler-Repp istBrandenburger Unternehmerin des Jahres 2014.

Als einer der ersten Mieter zog die Ripac-Labor GmbH im Jahr 2007 indas neue Technologiezentrum GO:IN. Dieser Umzug war ein Meilensteinauf dem Erfolgsweg des Unternehmens. Zu diesem Zeitpunkt hatte dieUnternehmerin Dagmar Köhler-Repp schon mit viel Elan in den erstenGründerjahren im heimischen Kellerlabor eine solide Basis für die Erwei-terung geschaffen.

Heute beschäftigt die Ripac-Labor GmbH 22 Mitarbeiter und Mitar-beiterinnen, darunter drei Geschäftsführer und 6 promovierte Wissen-schaftler, die sich neben der Erregerdiagnostik mit der Entwicklung vonImpfstoffen für bestandsspezifische Erreger beschäftigen. ZehntausendLiter dieser Impfstoffe werden inzwischen pro Jahr für verschiedeneNutztierarten hergestellt. In erster Linie handelt es sich dabei um Geflü-gel, Rinder und Schweine, gelegentlich sind aber auch Zootiere darun-ter. Schon der Name des Unternehmens ist Programm: Riemerellen,Pasteurellen, E. coli und Clostridien, das sind die Erregerstämme, aufderen Diagnostik und Bekämpfung sich das Unternehmen spezialisierthat. Die entsprechenden Impfstoffe können allerdings nicht einfach aufVorrat hergestellt und abgerufen werden, denn in jedem Betrieb stelltsich ein eigenes Erregerspektrum ein. Anhand eingesandter Proben wirddieses zunächst genau analysiert, so dass schließlich ein maßgeschnei-derter, spezifischer Impfstoff zum Einsatz kommt. In den meisten Fällensteht der wirksame Impfstoff schon vier Wochen nach Eingang der Pro-be bereit. Diese Impfungen verhindern Krankheiten, die durch Antibioti-ka bekämpft werden müssten, so dass der problematische Einsatz vonAntibiotika in der Tierzucht erheblich reduziert werden kann.

Den Anstoß zu dieser Geschäftsidee gab der Vater der Preisträge-rin, Dr. med. vet. habil. Bernd Köhler. Er hatte den Bedarf schon wäh-rend seiner beruflichen Tätigkeit als Tierarzt richtig erkannt. Eine Spür-nase für neue Felder hat aber auch Tochter Dagmar Köhler-Repp schonfrüh bewiesen. Während die Zukunftschancen für Absolventen des Stu-diengangs „Biologie“ zu ihrer Studienzeit noch zurückhaltend bewertetwurden, erkannte sie die Chancen der sich rasant entwickelnden Mikro-biologie und spezialisierte sich an der FU Berlin auf die Fachrichtung„Medizinische Mikrobiologie“. Nach intensiver Bedenkzeit nach demStudium folgte ein kurzer Crash-Kurs in Unternehmenskunde, dann ginges mit den vereinten Kräften der ganzen Familie los. Mit der gemeinsa-men Geschäftsidee vor Augen entstand in den häuslichen Kellerräumen

ein amtlich zertifiziertes Labor der Sicherheitsstufe 2.Schon vier Jahre nach der amtlichen Zulassung wur-den die Verhältnisse für den wachsenden Betrieb zueng, so dass der Umzug nach Golm erfolgte.

Die neuen Laborräume inmitten eines wis-senschaftlichen Umfeldes eröffneten weitereMöglichkeiten zu Kooperationen bei Projekten undForschungsvorhaben. So konnte die Ripac-LaborGmbH als eines der ersten Unternehmen die MALDI-TOF-Massenspektrometrie für diesen Bereich einsetzen.Die Technologie war in enger Zusammenarbeit mit einerbenachbarten Firma im Wissenschaftspark entwickelt wor-den. Auch eine spezifische Software, nicht nur zur Auftrags-verwaltung, sondern besonders zum Unterhalt einer eigenen Datenbankzu den verschiedenen Erregerstämmen und -spektren war inzwischenerforderlich geworden. Für ein großes Verbundprojekt innerhalb desCampus, dessen Bewilligung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn vorliegt,werden neue Mitarbeiter eingestellt, so dass das Unternehmen wiedernach Erweiterungsmöglichkeiten sucht.

Verblüffend einfach und ganz klassisch klingt das Erfolgsrezept vonDagmar Köhler-Repp: „Ich habe bei allen Entscheidungen darauf geach-tet, dass ich mich damit wohl fühle und mir selber treu bleibe. Undnatürlich muss in erster Linie das Produkt stimmen.“ ¢ BBu

Mithilfe von DNA in dieVergangenheit schauenEin sehr guter Biologielehrer ist „schuld“ daran, dass Micha-el Hofreiter dieses Fach studierte und sich heute mit Kno-chen, Kiefern und Gebissen von Tieren wissenschaftlichbeschäftigt. Gut ein halbes Jahr ist er nun Professor für All-gemeine Zoologie/Evolutionäre adaptive Genomik an derUniversität Potsdam.

Eigentlich wollte Michael Hofreiter Tiere bestimmen und beschreiben,denn die interessierten ihn schon immer mehr als Pflanzen. Unter ande-rem deshalb züchtete er als Kind im heimischen Keller Fische. Zu „sei-nem Wissenschaftsthema“, der alten DNA, ist er eher zufällig gekom-men. Als alte DNA bezeichnet man über 100 Jahre zählende DNA, bei-spielsweise Reste von Erbgutmolekülen aus archäologischen Funden.Als Biologie-Student in München hatte Michael Hofreiter das großeGlück, den schwedischen Mediziner und Biologen Svante Pääbo ken-nenzulernen. Pääbo gilt als „Papst“ der alten DNA und Begründer derPaläogenetik, jenes Teilgebietes der Genetik, das sich mit der DNA-Ana-lyse fossiler Überreste von Organismen befasst. Dieser Forschungsbe-reich faszinierte ihn so, dass er während des Studiums ins Ausland gingund nebenbei bei Svante Pääbo im Labor tätig war. Damals forschte derrenommierte Wissenschaftler gerade an einem Projekt, das sich mitalter DNA aus Kot beschäftigte. Und so rückten zu Beginn von MichaelHofreiters Forscherkarriere nicht etwa alte Knochen in den wissen-schaftlichen Fokus, sondern bis zu 30.000 Jahre alter Kot von Pflanzen-fressern, aus dem sich „etwas über die Genetik der Tiere und der Pflan-zen, die sie gefressen haben, erfahren ließ. Die Technik, die wir verwen-den, erlaubt auch Proben zu untersuchen, die Jahrzehnte bisJahrhunderttausende alt sind.“ Es ist die Neugier, die Michael Hofreiterantreibt. Der Wissenschaftler will verstehen, wie unsere Welt, von denAtomen bis zum Universum, funktioniert. Bezogen auf seine Forschungals Biologe heißt das herauszufinden, wie biologische Systeme arbeiten.„Wir versuchen häufig, mithilfe moderner Daten in die Vergangenheit zu

Life Sciences – Kaleidoskop des LebensSchnell war sich die Redaktion über die großeRichtung dieser Ausgabe einig: „Auf das Lebenbezogen, vielleicht etwas aus dem medizini-schen Gebiet“, so wurde es gewünscht.

Der Struktur des Wissenschaftsparks ent-sprechend sind die Themen dazu besonders imvorklinischen, bzw. im Bereich der Grundlagen-forschung angesiedelt. So, wie sich im Wissen-schaftspark Potsdam-Golm die unterschiedlich-sten Einrichtungen mit diesem Gebiet beschäfti-

gen, so unterschiedlich sind auch die Sicht- undHerangehensweisen. Gewinnabhängige Unter-nehmen – Startups und auch Großunternehmen- müssen sich anders aufstellen als voll finan-zierte Institutionen. In dieser Ausgabe sind ver-schiedene Organisationsformen vertreten, diejeweils auf ihre Weise das Kaleidoskop füllen.

Ein solides Kleinunternehmen, das sichganz aus eigener Kraft entwickelt hat, setzt sei-nen Schwerpunkt bei der Gesundheit unsererNutztiere. Über den ethischen Aspekt hinausträgt der verminderte Einsatz von Antibiotika zurGesundheit des Menschen bei.

Die Kooperation mit einem starken Partnerbietet die Möglichkeit, neue Ideen schnell undumfassend umzusetzen. Zwei Beiträge beschäf-tigen sich mit diesem Modell, wobei einer davon

bereits zu einer Ausgründung geführt hat. Eineausgewogene Kooperation zwischen Grundla-genforschung und speziell der Pharmaindustriekönnte einen Weg zu dringend benötigten neuenMedikamenten und damit zur „Gesundheitsma-ximierung“ darstellen. Wie unsere individuelleKenngröße, die DNA, den Blick in die Vergan-genheit über viele Jahrtausende hinweg ermög-licht, dieser Frage widmet sich schließlich dieGrundlagenforschung.

Eine Konstante gibt es in unserem Kaleido-skop: Man kann es beliebig drehen – die Rand-zonen ändern sich, im Mittelpunkt bleibt derMensch. ¢

Viel Spaß beim Lesen!Ihre Barbara Buller

Rezept für neue MedikamenteDie Lebenserwartung in Deutschland hat sich seit 1900 fast ver-doppelt. Das liegt auch an den verbesserten Behandlungsmög-lichkeiten und der Medikamentenentwicklung.

Die deutsche Pharmaindustrie wurde als „Apotheke der Welt“ berühmtund zum Vorbild der Branche in anderen Ländern. Trotzdem hat die Phar-maindustrie heute einen schlechten Ruf. Sie gilt als reich, mächtig undintrigant. Daran ist sie zwar nicht schuldlos, aber die Betrachtungsweisegreift zu kurz; denn es wird leicht übersehen, dass die Pharmabranche,obwohl große Gewinne eingefahren werden, seit einem Jahrzehnt in einermassiven Krise steckt. Die Firmen kannibalisieren zunehmend ihre wis-senschaftliche Substanz. Die Arbeit an neuen Medikamenten und Impf-stoffen stockt – eine Situation, die für die Allgemeinheit besorgniserre-gend ist.

Ein wichtiger Grund dafür ist, dass die Entwicklung neuer Medika-mente immer teurer wird. Die Kosten pro neuem Medikament oder Impf-stoff schlagen mit 500 – 1300 Millionen Euro zu Buche. Deshalb konzen-trieren sich Pharmaunternehmen derzeit auf die Entwicklung sogenann-ter „Blockbuster Drugs“; das sind Medikamente, die mehr als eineMilliarde Euro pro Jahr erlösen. Nur noch mit solchen Wirkstoffen könnendie Firmen innerhalb weniger Jahre – bis zum Erlöschen des Patentschut-zes – satte Renditen erreichen. Solche Gewinne lassen sich aber nur inIndustrieländern erzielen.

Medikamente gegen Krankheiten wie Malaria, die vor allem Men-schen in Schwellen- oder Entwicklungsländern betreffen, sind für diePharmaindustrie deshalb unattraktiv. Eine oft geforderte (und in Indienstaatlich durchgesetzte) Lösung gegen dieses Strukturproblem: beste-

hende Patente aufzuheben und die Hersteller billiger Nachahmerpräpara-te, sogenannter Generika, zu fördern. Allerdings: Die Pharmafirmen derIndustrieländer werden sich künftig noch weniger an kostspielige For-schung heranwagen, wenn sie danach mancherorts enteignet werden.

Die Pharmaunternehmen orientieren sich wie alle Firmen an denmöglichen Gewinnen der Märkte, auf denen sie agieren. Aber darausresultiert manchmal, aus übergeordneter Sicht, eine Fehlsteuerung. Sowurden viele Pharmafirmen mit Blick auf die Bilanzen optimiert. Ausdieser Perspektive ist die Forschung an neuen Medikamenten einRisiko, das minimiert werden muss. Etwa, indem man fast alle Tei-le der Wertschöpfungskette solcher Entwicklungen in Billiglohn-länder verlagert. Ja, das ist kostensparend und – ein Pyrrhus-sieg! Denn es bedeutete auch einen massiven Verlust hochqualifizierter Mitarbeiter in den Industrieländern.

Die Perspektive der ganzen Branche ist geradezuprekär. In Deutschland schließt die „Apotheke derWelt“, Generika werden billig im Ausland produziert,und Zehntausende hoch qualifizierter Arbeitsplät-ze sind in Europa und den USA bereits verlorengegangen. Dabei besteht eigentlich ein drin-gender Bedarf an wirklich neuen Wirkstof-fen gegen Krebs, Demenz und viele weitereKrankheiten. Auch in den Entwicklungslän-dern werden vor allem Impfstoffe gegen Mala-ria, HIV/Aids und bakterielle Infektionskrankhei-ten benötigt.

Daher meine Schlussfolgerung: das derzeitpraktizierte marktwirtschaftlich getriebene Modell derWirkstoffentwicklung ist das Beste, das ich kenne – aberes ist nicht gut genug. Wir werden radikal umdenken müs-sen: Das Ziel der Gewinnmaximierung muss von dem der„Gesundheitsmaximierung“ abgelöst werden. Die öffentlicheHand, die Forschung und Neuentwicklungen finanziert, müssteauch an Gewinnen beteiligt werden. Am Expertenwissen in Firmenund Forschungsinstituten mangelt es jedenfalls nicht. Allein meineMax-Planck-Arbeitsgruppe entwickelt zurzeit fünf neue Impfstoffe,auch gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten, die derzeit jährlich hun-derttausende Menschenleben fordern.

Das Thema „neue Wirkstoffe“ muss auf die gesellschaftliche Agenda!Wir müssen uns mit dem Gedanken vertraut machen, das Überleben einernur scheinbar boomenden Pharmabranche zu sichern. Und die Pharmain-dustrie muss sich mit dem Gedanken vertraut machen, dass es mehr Wer-te gibt als den von Aktien. ¢ Prof. Dr. Peter H. Seeberger

projizieren“, sagt der Forscher. So könne beispielsweiseversucht werden, den Ablauf von Populationswande-

rungen zu erklären. „Mit der alten DNA kann mandagegen in die Vergangenheit schauen und Popu-

lationswanderungen quasi direkt beobachten. Eskonnte auch gezeigt werden, dass Genfluss vom

Neandertaler in den Genfluss des modernen Men-schen stattgefunden hat.“ Mit diesen Erkenntnissen

ändere sich das bisher gängige Bild der menschlichenEvolution. Welche Tiere – Elefanten, Mammuts, Höhlen-

bären, Biber, Grauwale, Hyänen oder diverse seltene Raub-tiere – Michael Hofreiter und sein Team zur Untersuchung

heranziehen, richtet sich nach der jeweiligen Fragestellung.Genau diesen Weg der Analyse kompletter Genome aus aktuellen,musealen und fossilen Proben geht Michael Hofreiter in Potsdam weiter.Kürzlich hat er gemeinsam mit Kollegen seine Forschungsergebnisse zurRinderhaltung in China vor 10.000 Jahren in „Nature Communications“veröffentlicht.

Von den Forschungsbedingungen in Potsdam ist der Biologe begei-stert. „Das neue Gebäude auf dem Golmer Campus ist fantastisch, dieLabore sind wunderschön“, sagt er. Natürlich verläuft ein Umzug, dienst-

lich wie privat, aus England,wo er als Professor an derUniversität York arbeitete,nicht reibungslos. Die miteinem Umzug verbundenezeitraubende Bürokratie undandere Unannehmlichkeitenträgt er mit Humor und impro-visiert. Michael Hofreiter hates auch nach mehr als einemhalben Jahr in Potsdam nichtbereut, hierher gekommen zusein Sein Eindruck, „dassman hier ein deutlich besse-res Forschungsumfeld als inEngland vorfindet“, hat sichfür ihn bestätigt. ¢ 

Dr. Barbara Eckardt

Startup als Ideenschmiedefür die IndustrieDas neue Startup-Unternehmen „targenomix“ und BayerCropScience wollen gemeinsam die Wirkweise von Genenund Signalmolekülen entschlüsseln.

Neue Ansätze für die Zucht ertragreicher und widerstandsfähiger Pflan-zenarten – das ist auf lange Sicht das Ziel. Dafür möchte das Startup-Unternehmen „targenomix“ aus Golm bei Potsdam herausfinden, wie dieunzähligen Komponenten in einer Zelle – Gene, RNA-Moleküle, Proteineund andere Stoffwechselprodukte – in ihrer schier unüberschaubarenVielfalt zusammenwirken. Die Wissenschaftler setzen verstärkt auf Com-putermodelle, mit denen sie große Mengen an Daten auswerten können.Jetzt ist das aus einer Ausgründung des Max-Planck-Instituts für moleku-lare Pflanzenphysiologie in Golm hervorgegangene Unternehmen einevermutlich in jeder Hinsicht gewinnbringende Kooperation mit der FirmaBayer CropScience eingegangen.

Pflanzen sind ungeheuer erfinderisch bei der Entwicklung von Inhalts-stoffen. Viele dieser sogenannten Metabolite sind Signalmoleküle für dieKommunikation in oder zwischen den Zellen. Manche dieser Signalstof-fe steuern Vorgänge, die wichtige pflanzliche Eigenschaften wie Ertragund Widerstandsfähigkeit gegenüber Umweltbedingungen bestimmen.

Wissenschaftler um Lothar Willmitzer am Max-Planck-Institut fürmolekulare Pflanzenphysiologie in Golm sind weltweit führend bei derErforschung von Signalwegen und Stoffwechselvorgängen in Pflanzen-zellen. Diese Untersuchungen sind nicht nur für die Grundlagenfor-schung und das Verständnis von biologischen Systemen essenziell. Siehaben auch große wirtschaftliche Bedeutung, denn sie könnten zurZüchtung neuer Pflanzensorten beitragen. Und so gründete Willmitzerim Herbst 2013 das Unternehmen targenomix. Es soll Genom-, Tran-skriptom- und Metabolom-Daten analysieren und so die Wirkungsweisevon Genen und Signalmolekülen entschlüsseln.

Das kleine Startup-Unternehmen profitiert dabei von der jahrelan-gen Erfahrung der Wissenschaftler am Golmer Max-Planck-Institut. Dortwerden neben experimentellen Methoden wie der Gas-Chromatografieund der Massenspektrometrie immer mehr auch Computermodelle zurErforschung der Signalwege eingesetzt. „Ohne derartige Modelle lassensich so komplexe Systeme wie Zellen bis hin zu kompletten Pflanzennicht verstehen. Bei targenomix arbeiten deshalb Bioinformatiker engmit Molekularbiologen und Biochemikern zusammen“, sagt Willmitzer,der das Unternehmen inzwischen wissenschaftlich berät. Die meisten,der bis Ende des Jahres angepeilten 20 Mitarbeiter kommen denn auchursprünglich vom Golmer Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzen-physiologie.

Mit Bayer CropScience hat targenomix nun einen starken Partnergefunden. Durch die Beteiligung erhält die Tochtergesellschaft des Bay-er-Konzerns Zugang zu den Forschungsergebnissen von targenomix.„Ich bin sicher, dass targenomix und Bayer CropScience zusammenneue Ansätze für die Entwicklung von Pflanzensorten finden werden”,sagt Sebastian Klie, Geschäftsführer von targenomix und wie die mei-sten der rund 20 Mitarbeiter ein ehemaliger Mitarbeiter am Golmer Max-Planck-Institut. Das Unternehmen folgt dabei dem Trend in der Pharma-und Agrarwirtschaft, Forschung auszulagern. „Kleinere Unternehmensind in der Regel dynamischer und innovativer als Großkonzerne. Außer-dem können die großen Konzerne so das eigene Risiko verringern“,erklärt Willmitzer. ¢ MPG

Dagmar Köhler-Repp überzeugt sich von den Fortschritten im Ripac-Labor.

Life Sciences – Kaleidoskop des Lebens Rezeptfür neue Medikamente Erfolgsgeschichte imWissenschaftspark Ideenschmiede StartupMithilfe von DNA in die Vergangenheit schauenEhrendoktor für UP Präsidenten UP Chemikergewürdigt Zweifache Auszeichnung Ver -änderungen am Max-Planck-Campus Neue

Nassspinnanlage Grüne Fabrikender Zukunft Gebündelte KraftIrrlichter auf dem ReiherbergBesuch bei Herrn LehmannAntrittsvorlesung OffeneTüren Konzert des Jazz –Chors Kunststoffkollo-quium Ehemaligen-treffen

Die Team von targenomix

Die Ausgangssubstanz und der Wirkstoff – Artemisininsäure und Artemisinin

Artemisinin wird zur Zeit als Wirkstoff gegen Bilharziose und Brustkrebs untersucht.

Foto: U. Kleiner

Prof. Michael Hofreiter

Foto:Ripac

Foto: K.Fritze

Foto: MPI-KG/J. Baumgartner

Park’n’ScienceDer Newsletter für den WISSENSCHAFTSPARK POTSDAM-GOLM · Ausgabe 12 · Juni 2014PS

Erfolgsgeschichte im Wissenschaftspark Potsdam-GolmDie Gründerin der Ripac-Labor GmbH, Dagmar Köhler-Repp istBrandenburger Unternehmerin des Jahres 2014.

Als einer der ersten Mieter zog die Ripac-Labor GmbH im Jahr 2007 indas neue Technologiezentrum GO:IN. Dieser Umzug war ein Meilensteinauf dem Erfolgsweg des Unternehmens. Zu diesem Zeitpunkt hatte dieUnternehmerin Dagmar Köhler-Repp schon mit viel Elan in den erstenGründerjahren im heimischen Kellerlabor eine solide Basis für die Erwei-terung geschaffen.

Heute beschäftigt die Ripac-Labor GmbH 22 Mitarbeiter und Mitar-beiterinnen, darunter drei Geschäftsführer und 6 promovierte Wissen-schaftler, die sich neben der Erregerdiagnostik mit der Entwicklung vonImpfstoffen für bestandsspezifische Erreger beschäftigen. ZehntausendLiter dieser Impfstoffe werden inzwischen pro Jahr für verschiedeneNutztierarten hergestellt. In erster Linie handelt es sich dabei um Geflü-gel, Rinder und Schweine, gelegentlich sind aber auch Zootiere darun-ter. Schon der Name des Unternehmens ist Programm: Riemerellen,Pasteurellen, E. coli und Clostridien, das sind die Erregerstämme, aufderen Diagnostik und Bekämpfung sich das Unternehmen spezialisierthat. Die entsprechenden Impfstoffe können allerdings nicht einfach aufVorrat hergestellt und abgerufen werden, denn in jedem Betrieb stelltsich ein eigenes Erregerspektrum ein. Anhand eingesandter Proben wirddieses zunächst genau analysiert, so dass schließlich ein maßgeschnei-derter, spezifischer Impfstoff zum Einsatz kommt. In den meisten Fällensteht der wirksame Impfstoff schon vier Wochen nach Eingang der Pro-be bereit. Diese Impfungen verhindern Krankheiten, die durch Antibioti-ka bekämpft werden müssten, so dass der problematische Einsatz vonAntibiotika in der Tierzucht erheblich reduziert werden kann.

Den Anstoß zu dieser Geschäftsidee gab der Vater der Preisträge-rin, Dr. med. vet. habil. Bernd Köhler. Er hatte den Bedarf schon wäh-rend seiner beruflichen Tätigkeit als Tierarzt richtig erkannt. Eine Spür-nase für neue Felder hat aber auch Tochter Dagmar Köhler-Repp schonfrüh bewiesen. Während die Zukunftschancen für Absolventen des Stu-diengangs „Biologie“ zu ihrer Studienzeit noch zurückhaltend bewertetwurden, erkannte sie die Chancen der sich rasant entwickelnden Mikro-biologie und spezialisierte sich an der FU Berlin auf die Fachrichtung„Medizinische Mikrobiologie“. Nach intensiver Bedenkzeit nach demStudium folgte ein kurzer Crash-Kurs in Unternehmenskunde, dann ginges mit den vereinten Kräften der ganzen Familie los. Mit der gemeinsa-men Geschäftsidee vor Augen entstand in den häuslichen Kellerräumen

ein amtlich zertifiziertes Labor der Sicherheitsstufe 2.Schon vier Jahre nach der amtlichen Zulassung wur-den die Verhältnisse für den wachsenden Betrieb zueng, so dass der Umzug nach Golm erfolgte.

Die neuen Laborräume inmitten eines wis-senschaftlichen Umfeldes eröffneten weitereMöglichkeiten zu Kooperationen bei Projekten undForschungsvorhaben. So konnte die Ripac-LaborGmbH als eines der ersten Unternehmen die MALDI-TOF-Massenspektrometrie für diesen Bereich einsetzen.Die Technologie war in enger Zusammenarbeit mit einerbenachbarten Firma im Wissenschaftspark entwickelt wor-den. Auch eine spezifische Software, nicht nur zur Auftrags-verwaltung, sondern besonders zum Unterhalt einer eigenen Datenbankzu den verschiedenen Erregerstämmen und -spektren war inzwischenerforderlich geworden. Für ein großes Verbundprojekt innerhalb desCampus, dessen Bewilligung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn vorliegt,werden neue Mitarbeiter eingestellt, so dass das Unternehmen wiedernach Erweiterungsmöglichkeiten sucht.

Verblüffend einfach und ganz klassisch klingt das Erfolgsrezept vonDagmar Köhler-Repp: „Ich habe bei allen Entscheidungen darauf geach-tet, dass ich mich damit wohl fühle und mir selber treu bleibe. Undnatürlich muss in erster Linie das Produkt stimmen.“ ¢ BBu

Mithilfe von DNA in dieVergangenheit schauenEin sehr guter Biologielehrer ist „schuld“ daran, dass Micha-el Hofreiter dieses Fach studierte und sich heute mit Kno-chen, Kiefern und Gebissen von Tieren wissenschaftlichbeschäftigt. Gut ein halbes Jahr ist er nun Professor für All-gemeine Zoologie/Evolutionäre adaptive Genomik an derUniversität Potsdam.

Eigentlich wollte Michael Hofreiter Tiere bestimmen und beschreiben,denn die interessierten ihn schon immer mehr als Pflanzen. Unter ande-rem deshalb züchtete er als Kind im heimischen Keller Fische. Zu „sei-nem Wissenschaftsthema“, der alten DNA, ist er eher zufällig gekom-men. Als alte DNA bezeichnet man über 100 Jahre zählende DNA, bei-spielsweise Reste von Erbgutmolekülen aus archäologischen Funden.Als Biologie-Student in München hatte Michael Hofreiter das großeGlück, den schwedischen Mediziner und Biologen Svante Pääbo ken-nenzulernen. Pääbo gilt als „Papst“ der alten DNA und Begründer derPaläogenetik, jenes Teilgebietes der Genetik, das sich mit der DNA-Ana-lyse fossiler Überreste von Organismen befasst. Dieser Forschungsbe-reich faszinierte ihn so, dass er während des Studiums ins Ausland gingund nebenbei bei Svante Pääbo im Labor tätig war. Damals forschte derrenommierte Wissenschaftler gerade an einem Projekt, das sich mitalter DNA aus Kot beschäftigte. Und so rückten zu Beginn von MichaelHofreiters Forscherkarriere nicht etwa alte Knochen in den wissen-schaftlichen Fokus, sondern bis zu 30.000 Jahre alter Kot von Pflanzen-fressern, aus dem sich „etwas über die Genetik der Tiere und der Pflan-zen, die sie gefressen haben, erfahren ließ. Die Technik, die wir verwen-den, erlaubt auch Proben zu untersuchen, die Jahrzehnte bisJahrhunderttausende alt sind.“ Es ist die Neugier, die Michael Hofreiterantreibt. Der Wissenschaftler will verstehen, wie unsere Welt, von denAtomen bis zum Universum, funktioniert. Bezogen auf seine Forschungals Biologe heißt das herauszufinden, wie biologische Systeme arbeiten.„Wir versuchen häufig, mithilfe moderner Daten in die Vergangenheit zu

Life Sciences – Kaleidoskop des LebensSchnell war sich die Redaktion über die großeRichtung dieser Ausgabe einig: „Auf das Lebenbezogen, vielleicht etwas aus dem medizini-schen Gebiet“, so wurde es gewünscht.

Der Struktur des Wissenschaftsparks ent-sprechend sind die Themen dazu besonders imvorklinischen, bzw. im Bereich der Grundlagen-forschung angesiedelt. So, wie sich im Wissen-schaftspark Potsdam-Golm die unterschiedlich-sten Einrichtungen mit diesem Gebiet beschäfti-

gen, so unterschiedlich sind auch die Sicht- undHerangehensweisen. Gewinnabhängige Unter-nehmen – Startups und auch Großunternehmen- müssen sich anders aufstellen als voll finan-zierte Institutionen. In dieser Ausgabe sind ver-schiedene Organisationsformen vertreten, diejeweils auf ihre Weise das Kaleidoskop füllen.

Ein solides Kleinunternehmen, das sichganz aus eigener Kraft entwickelt hat, setzt sei-nen Schwerpunkt bei der Gesundheit unsererNutztiere. Über den ethischen Aspekt hinausträgt der verminderte Einsatz von Antibiotika zurGesundheit des Menschen bei.

Die Kooperation mit einem starken Partnerbietet die Möglichkeit, neue Ideen schnell undumfassend umzusetzen. Zwei Beiträge beschäf-tigen sich mit diesem Modell, wobei einer davon

bereits zu einer Ausgründung geführt hat. Eineausgewogene Kooperation zwischen Grundla-genforschung und speziell der Pharmaindustriekönnte einen Weg zu dringend benötigten neuenMedikamenten und damit zur „Gesundheitsma-ximierung“ darstellen. Wie unsere individuelleKenngröße, die DNA, den Blick in die Vergan-genheit über viele Jahrtausende hinweg ermög-licht, dieser Frage widmet sich schließlich dieGrundlagenforschung.

Eine Konstante gibt es in unserem Kaleido-skop: Man kann es beliebig drehen – die Rand-zonen ändern sich, im Mittelpunkt bleibt derMensch. ¢

Viel Spaß beim Lesen!Ihre Barbara Buller

Rezept für neue MedikamenteDie Lebenserwartung in Deutschland hat sich seit 1900 fast ver-doppelt. Das liegt auch an den verbesserten Behandlungsmög-lichkeiten und der Medikamentenentwicklung.

Die deutsche Pharmaindustrie wurde als „Apotheke der Welt“ berühmtund zum Vorbild der Branche in anderen Ländern. Trotzdem hat die Phar-maindustrie heute einen schlechten Ruf. Sie gilt als reich, mächtig undintrigant. Daran ist sie zwar nicht schuldlos, aber die Betrachtungsweisegreift zu kurz; denn es wird leicht übersehen, dass die Pharmabranche,obwohl große Gewinne eingefahren werden, seit einem Jahrzehnt in einermassiven Krise steckt. Die Firmen kannibalisieren zunehmend ihre wis-senschaftliche Substanz. Die Arbeit an neuen Medikamenten und Impf-stoffen stockt – eine Situation, die für die Allgemeinheit besorgniserre-gend ist.

Ein wichtiger Grund dafür ist, dass die Entwicklung neuer Medika-mente immer teurer wird. Die Kosten pro neuem Medikament oder Impf-stoff schlagen mit 500 – 1300 Millionen Euro zu Buche. Deshalb konzen-trieren sich Pharmaunternehmen derzeit auf die Entwicklung sogenann-ter „Blockbuster Drugs“; das sind Medikamente, die mehr als eineMilliarde Euro pro Jahr erlösen. Nur noch mit solchen Wirkstoffen könnendie Firmen innerhalb weniger Jahre – bis zum Erlöschen des Patentschut-zes – satte Renditen erreichen. Solche Gewinne lassen sich aber nur inIndustrieländern erzielen.

Medikamente gegen Krankheiten wie Malaria, die vor allem Men-schen in Schwellen- oder Entwicklungsländern betreffen, sind für diePharmaindustrie deshalb unattraktiv. Eine oft geforderte (und in Indienstaatlich durchgesetzte) Lösung gegen dieses Strukturproblem: beste-

hende Patente aufzuheben und die Hersteller billiger Nachahmerpräpara-te, sogenannter Generika, zu fördern. Allerdings: Die Pharmafirmen derIndustrieländer werden sich künftig noch weniger an kostspielige For-schung heranwagen, wenn sie danach mancherorts enteignet werden.

Die Pharmaunternehmen orientieren sich wie alle Firmen an denmöglichen Gewinnen der Märkte, auf denen sie agieren. Aber darausresultiert manchmal, aus übergeordneter Sicht, eine Fehlsteuerung. Sowurden viele Pharmafirmen mit Blick auf die Bilanzen optimiert. Ausdieser Perspektive ist die Forschung an neuen Medikamenten einRisiko, das minimiert werden muss. Etwa, indem man fast alle Tei-le der Wertschöpfungskette solcher Entwicklungen in Billiglohn-länder verlagert. Ja, das ist kostensparend und – ein Pyrrhus-sieg! Denn es bedeutete auch einen massiven Verlust hochqualifizierter Mitarbeiter in den Industrieländern.

Die Perspektive der ganzen Branche ist geradezuprekär. In Deutschland schließt die „Apotheke derWelt“, Generika werden billig im Ausland produziert,und Zehntausende hoch qualifizierter Arbeitsplät-ze sind in Europa und den USA bereits verlorengegangen. Dabei besteht eigentlich ein drin-gender Bedarf an wirklich neuen Wirkstof-fen gegen Krebs, Demenz und viele weitereKrankheiten. Auch in den Entwicklungslän-dern werden vor allem Impfstoffe gegen Mala-ria, HIV/Aids und bakterielle Infektionskrankhei-ten benötigt.

Daher meine Schlussfolgerung: das derzeitpraktizierte marktwirtschaftlich getriebene Modell derWirkstoffentwicklung ist das Beste, das ich kenne – aberes ist nicht gut genug. Wir werden radikal umdenken müs-sen: Das Ziel der Gewinnmaximierung muss von dem der„Gesundheitsmaximierung“ abgelöst werden. Die öffentlicheHand, die Forschung und Neuentwicklungen finanziert, müssteauch an Gewinnen beteiligt werden. Am Expertenwissen in Firmenund Forschungsinstituten mangelt es jedenfalls nicht. Allein meineMax-Planck-Arbeitsgruppe entwickelt zurzeit fünf neue Impfstoffe,auch gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten, die derzeit jährlich hun-derttausende Menschenleben fordern.

Das Thema „neue Wirkstoffe“ muss auf die gesellschaftliche Agenda!Wir müssen uns mit dem Gedanken vertraut machen, das Überleben einernur scheinbar boomenden Pharmabranche zu sichern. Und die Pharmain-dustrie muss sich mit dem Gedanken vertraut machen, dass es mehr Wer-te gibt als den von Aktien. ¢ Prof. Dr. Peter H. Seeberger

projizieren“, sagt der Forscher. So könne beispielsweiseversucht werden, den Ablauf von Populationswande-

rungen zu erklären. „Mit der alten DNA kann mandagegen in die Vergangenheit schauen und Popu-

lationswanderungen quasi direkt beobachten. Eskonnte auch gezeigt werden, dass Genfluss vom

Neandertaler in den Genfluss des modernen Men-schen stattgefunden hat.“ Mit diesen Erkenntnissen

ändere sich das bisher gängige Bild der menschlichenEvolution. Welche Tiere – Elefanten, Mammuts, Höhlen-

bären, Biber, Grauwale, Hyänen oder diverse seltene Raub-tiere – Michael Hofreiter und sein Team zur Untersuchung

heranziehen, richtet sich nach der jeweiligen Fragestellung.Genau diesen Weg der Analyse kompletter Genome aus aktuellen,musealen und fossilen Proben geht Michael Hofreiter in Potsdam weiter.Kürzlich hat er gemeinsam mit Kollegen seine Forschungsergebnisse zurRinderhaltung in China vor 10.000 Jahren in „Nature Communications“veröffentlicht.

Von den Forschungsbedingungen in Potsdam ist der Biologe begei-stert. „Das neue Gebäude auf dem Golmer Campus ist fantastisch, dieLabore sind wunderschön“, sagt er. Natürlich verläuft ein Umzug, dienst-

lich wie privat, aus England,wo er als Professor an derUniversität York arbeitete,nicht reibungslos. Die miteinem Umzug verbundenezeitraubende Bürokratie undandere Unannehmlichkeitenträgt er mit Humor und impro-visiert. Michael Hofreiter hates auch nach mehr als einemhalben Jahr in Potsdam nichtbereut, hierher gekommen zusein Sein Eindruck, „dassman hier ein deutlich besse-res Forschungsumfeld als inEngland vorfindet“, hat sichfür ihn bestätigt. ¢ 

Dr. Barbara Eckardt

Startup als Ideenschmiedefür die IndustrieDas neue Startup-Unternehmen „targenomix“ und BayerCropScience wollen gemeinsam die Wirkweise von Genenund Signalmolekülen entschlüsseln.

Neue Ansätze für die Zucht ertragreicher und widerstandsfähiger Pflan-zenarten – das ist auf lange Sicht das Ziel. Dafür möchte das Startup-Unternehmen „targenomix“ aus Golm bei Potsdam herausfinden, wie dieunzähligen Komponenten in einer Zelle – Gene, RNA-Moleküle, Proteineund andere Stoffwechselprodukte – in ihrer schier unüberschaubarenVielfalt zusammenwirken. Die Wissenschaftler setzen verstärkt auf Com-putermodelle, mit denen sie große Mengen an Daten auswerten können.Jetzt ist das aus einer Ausgründung des Max-Planck-Instituts für moleku-lare Pflanzenphysiologie in Golm hervorgegangene Unternehmen einevermutlich in jeder Hinsicht gewinnbringende Kooperation mit der FirmaBayer CropScience eingegangen.

Pflanzen sind ungeheuer erfinderisch bei der Entwicklung von Inhalts-stoffen. Viele dieser sogenannten Metabolite sind Signalmoleküle für dieKommunikation in oder zwischen den Zellen. Manche dieser Signalstof-fe steuern Vorgänge, die wichtige pflanzliche Eigenschaften wie Ertragund Widerstandsfähigkeit gegenüber Umweltbedingungen bestimmen.

Wissenschaftler um Lothar Willmitzer am Max-Planck-Institut fürmolekulare Pflanzenphysiologie in Golm sind weltweit führend bei derErforschung von Signalwegen und Stoffwechselvorgängen in Pflanzen-zellen. Diese Untersuchungen sind nicht nur für die Grundlagenfor-schung und das Verständnis von biologischen Systemen essenziell. Siehaben auch große wirtschaftliche Bedeutung, denn sie könnten zurZüchtung neuer Pflanzensorten beitragen. Und so gründete Willmitzerim Herbst 2013 das Unternehmen targenomix. Es soll Genom-, Tran-skriptom- und Metabolom-Daten analysieren und so die Wirkungsweisevon Genen und Signalmolekülen entschlüsseln.

Das kleine Startup-Unternehmen profitiert dabei von der jahrelan-gen Erfahrung der Wissenschaftler am Golmer Max-Planck-Institut. Dortwerden neben experimentellen Methoden wie der Gas-Chromatografieund der Massenspektrometrie immer mehr auch Computermodelle zurErforschung der Signalwege eingesetzt. „Ohne derartige Modelle lassensich so komplexe Systeme wie Zellen bis hin zu kompletten Pflanzennicht verstehen. Bei targenomix arbeiten deshalb Bioinformatiker engmit Molekularbiologen und Biochemikern zusammen“, sagt Willmitzer,der das Unternehmen inzwischen wissenschaftlich berät. Die meisten,der bis Ende des Jahres angepeilten 20 Mitarbeiter kommen denn auchursprünglich vom Golmer Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzen-physiologie.

Mit Bayer CropScience hat targenomix nun einen starken Partnergefunden. Durch die Beteiligung erhält die Tochtergesellschaft des Bay-er-Konzerns Zugang zu den Forschungsergebnissen von targenomix.„Ich bin sicher, dass targenomix und Bayer CropScience zusammenneue Ansätze für die Entwicklung von Pflanzensorten finden werden”,sagt Sebastian Klie, Geschäftsführer von targenomix und wie die mei-sten der rund 20 Mitarbeiter ein ehemaliger Mitarbeiter am Golmer Max-Planck-Institut. Das Unternehmen folgt dabei dem Trend in der Pharma-und Agrarwirtschaft, Forschung auszulagern. „Kleinere Unternehmensind in der Regel dynamischer und innovativer als Großkonzerne. Außer-dem können die großen Konzerne so das eigene Risiko verringern“,erklärt Willmitzer. ¢ MPG

Dagmar Köhler-Repp überzeugt sich von den Fortschritten im Ripac-Labor.

Life Sciences – Kaleidoskop des Lebens Rezeptfür neue Medikamente Erfolgsgeschichte imWissenschaftspark Ideenschmiede StartupMithilfe von DNA in die Vergangenheit schauenEhrendoktor für UP Präsidenten UP Chemikergewürdigt Zweifache Auszeichnung Ver -änderungen am Max-Planck-Campus Neue

Nassspinnanlage Grüne Fabrikender Zukunft Gebündelte KraftIrrlichter auf dem ReiherbergBesuch bei Herrn LehmannAntrittsvorlesung OffeneTüren Konzert des Jazz –Chors Kunststoffkollo-quium Ehemaligen-treffen

Die Team von targenomix

Die Ausgangssubstanz und der Wirkstoff – Artemisininsäure und Artemisinin

Artemisinin wird zur Zeit als Wirkstoff gegen Bilharziose und Brustkrebs untersucht.

Foto: U. Kleiner

Prof. Michael Hofreiter

Foto:Ripac

Foto: K.Fritze

Foto: MPI-KG/J. Baumgartner

Park’n’ScienceDer Newsletter für den WISSENSCHAFTSPARK POTSDAM-GOLM · Ausgabe 12 · Juni 2014PS

Erfolgsgeschichte im Wissenschaftspark Potsdam-GolmDie Gründerin der Ripac-Labor GmbH, Dagmar Köhler-Repp istBrandenburger Unternehmerin des Jahres 2014.

Als einer der ersten Mieter zog die Ripac-Labor GmbH im Jahr 2007 indas neue Technologiezentrum GO:IN. Dieser Umzug war ein Meilensteinauf dem Erfolgsweg des Unternehmens. Zu diesem Zeitpunkt hatte dieUnternehmerin Dagmar Köhler-Repp schon mit viel Elan in den erstenGründerjahren im heimischen Kellerlabor eine solide Basis für die Erwei-terung geschaffen.

Heute beschäftigt die Ripac-Labor GmbH 22 Mitarbeiter und Mitar-beiterinnen, darunter drei Geschäftsführer und 6 promovierte Wissen-schaftler, die sich neben der Erregerdiagnostik mit der Entwicklung vonImpfstoffen für bestandsspezifische Erreger beschäftigen. ZehntausendLiter dieser Impfstoffe werden inzwischen pro Jahr für verschiedeneNutztierarten hergestellt. In erster Linie handelt es sich dabei um Geflü-gel, Rinder und Schweine, gelegentlich sind aber auch Zootiere darun-ter. Schon der Name des Unternehmens ist Programm: Riemerellen,Pasteurellen, E. coli und Clostridien, das sind die Erregerstämme, aufderen Diagnostik und Bekämpfung sich das Unternehmen spezialisierthat. Die entsprechenden Impfstoffe können allerdings nicht einfach aufVorrat hergestellt und abgerufen werden, denn in jedem Betrieb stelltsich ein eigenes Erregerspektrum ein. Anhand eingesandter Proben wirddieses zunächst genau analysiert, so dass schließlich ein maßgeschnei-derter, spezifischer Impfstoff zum Einsatz kommt. In den meisten Fällensteht der wirksame Impfstoff schon vier Wochen nach Eingang der Pro-be bereit. Diese Impfungen verhindern Krankheiten, die durch Antibioti-ka bekämpft werden müssten, so dass der problematische Einsatz vonAntibiotika in der Tierzucht erheblich reduziert werden kann.

Den Anstoß zu dieser Geschäftsidee gab der Vater der Preisträge-rin, Dr. med. vet. habil. Bernd Köhler. Er hatte den Bedarf schon wäh-rend seiner beruflichen Tätigkeit als Tierarzt richtig erkannt. Eine Spür-nase für neue Felder hat aber auch Tochter Dagmar Köhler-Repp schonfrüh bewiesen. Während die Zukunftschancen für Absolventen des Stu-diengangs „Biologie“ zu ihrer Studienzeit noch zurückhaltend bewertetwurden, erkannte sie die Chancen der sich rasant entwickelnden Mikro-biologie und spezialisierte sich an der FU Berlin auf die Fachrichtung„Medizinische Mikrobiologie“. Nach intensiver Bedenkzeit nach demStudium folgte ein kurzer Crash-Kurs in Unternehmenskunde, dann ginges mit den vereinten Kräften der ganzen Familie los. Mit der gemeinsa-men Geschäftsidee vor Augen entstand in den häuslichen Kellerräumen

ein amtlich zertifiziertes Labor der Sicherheitsstufe 2.Schon vier Jahre nach der amtlichen Zulassung wur-den die Verhältnisse für den wachsenden Betrieb zueng, so dass der Umzug nach Golm erfolgte.

Die neuen Laborräume inmitten eines wis-senschaftlichen Umfeldes eröffneten weitereMöglichkeiten zu Kooperationen bei Projekten undForschungsvorhaben. So konnte die Ripac-LaborGmbH als eines der ersten Unternehmen die MALDI-TOF-Massenspektrometrie für diesen Bereich einsetzen.Die Technologie war in enger Zusammenarbeit mit einerbenachbarten Firma im Wissenschaftspark entwickelt wor-den. Auch eine spezifische Software, nicht nur zur Auftrags-verwaltung, sondern besonders zum Unterhalt einer eigenen Datenbankzu den verschiedenen Erregerstämmen und -spektren war inzwischenerforderlich geworden. Für ein großes Verbundprojekt innerhalb desCampus, dessen Bewilligung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn vorliegt,werden neue Mitarbeiter eingestellt, so dass das Unternehmen wiedernach Erweiterungsmöglichkeiten sucht.

Verblüffend einfach und ganz klassisch klingt das Erfolgsrezept vonDagmar Köhler-Repp: „Ich habe bei allen Entscheidungen darauf geach-tet, dass ich mich damit wohl fühle und mir selber treu bleibe. Undnatürlich muss in erster Linie das Produkt stimmen.“ ¢ BBu

Mithilfe von DNA in dieVergangenheit schauenEin sehr guter Biologielehrer ist „schuld“ daran, dass Micha-el Hofreiter dieses Fach studierte und sich heute mit Kno-chen, Kiefern und Gebissen von Tieren wissenschaftlichbeschäftigt. Gut ein halbes Jahr ist er nun Professor für All-gemeine Zoologie/Evolutionäre adaptive Genomik an derUniversität Potsdam.

Eigentlich wollte Michael Hofreiter Tiere bestimmen und beschreiben,denn die interessierten ihn schon immer mehr als Pflanzen. Unter ande-rem deshalb züchtete er als Kind im heimischen Keller Fische. Zu „sei-nem Wissenschaftsthema“, der alten DNA, ist er eher zufällig gekom-men. Als alte DNA bezeichnet man über 100 Jahre zählende DNA, bei-spielsweise Reste von Erbgutmolekülen aus archäologischen Funden.Als Biologie-Student in München hatte Michael Hofreiter das großeGlück, den schwedischen Mediziner und Biologen Svante Pääbo ken-nenzulernen. Pääbo gilt als „Papst“ der alten DNA und Begründer derPaläogenetik, jenes Teilgebietes der Genetik, das sich mit der DNA-Ana-lyse fossiler Überreste von Organismen befasst. Dieser Forschungsbe-reich faszinierte ihn so, dass er während des Studiums ins Ausland gingund nebenbei bei Svante Pääbo im Labor tätig war. Damals forschte derrenommierte Wissenschaftler gerade an einem Projekt, das sich mitalter DNA aus Kot beschäftigte. Und so rückten zu Beginn von MichaelHofreiters Forscherkarriere nicht etwa alte Knochen in den wissen-schaftlichen Fokus, sondern bis zu 30.000 Jahre alter Kot von Pflanzen-fressern, aus dem sich „etwas über die Genetik der Tiere und der Pflan-zen, die sie gefressen haben, erfahren ließ. Die Technik, die wir verwen-den, erlaubt auch Proben zu untersuchen, die Jahrzehnte bisJahrhunderttausende alt sind.“ Es ist die Neugier, die Michael Hofreiterantreibt. Der Wissenschaftler will verstehen, wie unsere Welt, von denAtomen bis zum Universum, funktioniert. Bezogen auf seine Forschungals Biologe heißt das herauszufinden, wie biologische Systeme arbeiten.„Wir versuchen häufig, mithilfe moderner Daten in die Vergangenheit zu

Life Sciences – Kaleidoskop des LebensSchnell war sich die Redaktion über die großeRichtung dieser Ausgabe einig: „Auf das Lebenbezogen, vielleicht etwas aus dem medizini-schen Gebiet“, so wurde es gewünscht.

Der Struktur des Wissenschaftsparks ent-sprechend sind die Themen dazu besonders imvorklinischen, bzw. im Bereich der Grundlagen-forschung angesiedelt. So, wie sich im Wissen-schaftspark Potsdam-Golm die unterschiedlich-sten Einrichtungen mit diesem Gebiet beschäfti-

gen, so unterschiedlich sind auch die Sicht- undHerangehensweisen. Gewinnabhängige Unter-nehmen – Startups und auch Großunternehmen- müssen sich anders aufstellen als voll finan-zierte Institutionen. In dieser Ausgabe sind ver-schiedene Organisationsformen vertreten, diejeweils auf ihre Weise das Kaleidoskop füllen.

Ein solides Kleinunternehmen, das sichganz aus eigener Kraft entwickelt hat, setzt sei-nen Schwerpunkt bei der Gesundheit unsererNutztiere. Über den ethischen Aspekt hinausträgt der verminderte Einsatz von Antibiotika zurGesundheit des Menschen bei.

Die Kooperation mit einem starken Partnerbietet die Möglichkeit, neue Ideen schnell undumfassend umzusetzen. Zwei Beiträge beschäf-tigen sich mit diesem Modell, wobei einer davon

bereits zu einer Ausgründung geführt hat. Eineausgewogene Kooperation zwischen Grundla-genforschung und speziell der Pharmaindustriekönnte einen Weg zu dringend benötigten neuenMedikamenten und damit zur „Gesundheitsma-ximierung“ darstellen. Wie unsere individuelleKenngröße, die DNA, den Blick in die Vergan-genheit über viele Jahrtausende hinweg ermög-licht, dieser Frage widmet sich schließlich dieGrundlagenforschung.

Eine Konstante gibt es in unserem Kaleido-skop: Man kann es beliebig drehen – die Rand-zonen ändern sich, im Mittelpunkt bleibt derMensch. ¢

Viel Spaß beim Lesen!Ihre Barbara Buller

Rezept für neue MedikamenteDie Lebenserwartung in Deutschland hat sich seit 1900 fast ver-doppelt. Das liegt auch an den verbesserten Behandlungsmög-lichkeiten und der Medikamentenentwicklung.

Die deutsche Pharmaindustrie wurde als „Apotheke der Welt“ berühmtund zum Vorbild der Branche in anderen Ländern. Trotzdem hat die Phar-maindustrie heute einen schlechten Ruf. Sie gilt als reich, mächtig undintrigant. Daran ist sie zwar nicht schuldlos, aber die Betrachtungsweisegreift zu kurz; denn es wird leicht übersehen, dass die Pharmabranche,obwohl große Gewinne eingefahren werden, seit einem Jahrzehnt in einermassiven Krise steckt. Die Firmen kannibalisieren zunehmend ihre wis-senschaftliche Substanz. Die Arbeit an neuen Medikamenten und Impf-stoffen stockt – eine Situation, die für die Allgemeinheit besorgniserre-gend ist.

Ein wichtiger Grund dafür ist, dass die Entwicklung neuer Medika-mente immer teurer wird. Die Kosten pro neuem Medikament oder Impf-stoff schlagen mit 500 – 1300 Millionen Euro zu Buche. Deshalb konzen-trieren sich Pharmaunternehmen derzeit auf die Entwicklung sogenann-ter „Blockbuster Drugs“; das sind Medikamente, die mehr als eineMilliarde Euro pro Jahr erlösen. Nur noch mit solchen Wirkstoffen könnendie Firmen innerhalb weniger Jahre – bis zum Erlöschen des Patentschut-zes – satte Renditen erreichen. Solche Gewinne lassen sich aber nur inIndustrieländern erzielen.

Medikamente gegen Krankheiten wie Malaria, die vor allem Men-schen in Schwellen- oder Entwicklungsländern betreffen, sind für diePharmaindustrie deshalb unattraktiv. Eine oft geforderte (und in Indienstaatlich durchgesetzte) Lösung gegen dieses Strukturproblem: beste-

hende Patente aufzuheben und die Hersteller billiger Nachahmerpräpara-te, sogenannter Generika, zu fördern. Allerdings: Die Pharmafirmen derIndustrieländer werden sich künftig noch weniger an kostspielige For-schung heranwagen, wenn sie danach mancherorts enteignet werden.

Die Pharmaunternehmen orientieren sich wie alle Firmen an denmöglichen Gewinnen der Märkte, auf denen sie agieren. Aber darausresultiert manchmal, aus übergeordneter Sicht, eine Fehlsteuerung. Sowurden viele Pharmafirmen mit Blick auf die Bilanzen optimiert. Ausdieser Perspektive ist die Forschung an neuen Medikamenten einRisiko, das minimiert werden muss. Etwa, indem man fast alle Tei-le der Wertschöpfungskette solcher Entwicklungen in Billiglohn-länder verlagert. Ja, das ist kostensparend und – ein Pyrrhus-sieg! Denn es bedeutete auch einen massiven Verlust hochqualifizierter Mitarbeiter in den Industrieländern.

Die Perspektive der ganzen Branche ist geradezuprekär. In Deutschland schließt die „Apotheke derWelt“, Generika werden billig im Ausland produziert,und Zehntausende hoch qualifizierter Arbeitsplät-ze sind in Europa und den USA bereits verlorengegangen. Dabei besteht eigentlich ein drin-gender Bedarf an wirklich neuen Wirkstof-fen gegen Krebs, Demenz und viele weitereKrankheiten. Auch in den Entwicklungslän-dern werden vor allem Impfstoffe gegen Mala-ria, HIV/Aids und bakterielle Infektionskrankhei-ten benötigt.

Daher meine Schlussfolgerung: das derzeitpraktizierte marktwirtschaftlich getriebene Modell derWirkstoffentwicklung ist das Beste, das ich kenne – aberes ist nicht gut genug. Wir werden radikal umdenken müs-sen: Das Ziel der Gewinnmaximierung muss von dem der„Gesundheitsmaximierung“ abgelöst werden. Die öffentlicheHand, die Forschung und Neuentwicklungen finanziert, müssteauch an Gewinnen beteiligt werden. Am Expertenwissen in Firmenund Forschungsinstituten mangelt es jedenfalls nicht. Allein meineMax-Planck-Arbeitsgruppe entwickelt zurzeit fünf neue Impfstoffe,auch gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten, die derzeit jährlich hun-derttausende Menschenleben fordern.

Das Thema „neue Wirkstoffe“ muss auf die gesellschaftliche Agenda!Wir müssen uns mit dem Gedanken vertraut machen, das Überleben einernur scheinbar boomenden Pharmabranche zu sichern. Und die Pharmain-dustrie muss sich mit dem Gedanken vertraut machen, dass es mehr Wer-te gibt als den von Aktien. ¢ Prof. Dr. Peter H. Seeberger

projizieren“, sagt der Forscher. So könne beispielsweiseversucht werden, den Ablauf von Populationswande-

rungen zu erklären. „Mit der alten DNA kann mandagegen in die Vergangenheit schauen und Popu-

lationswanderungen quasi direkt beobachten. Eskonnte auch gezeigt werden, dass Genfluss vom

Neandertaler in den Genfluss des modernen Men-schen stattgefunden hat.“ Mit diesen Erkenntnissen

ändere sich das bisher gängige Bild der menschlichenEvolution. Welche Tiere – Elefanten, Mammuts, Höhlen-

bären, Biber, Grauwale, Hyänen oder diverse seltene Raub-tiere – Michael Hofreiter und sein Team zur Untersuchung

heranziehen, richtet sich nach der jeweiligen Fragestellung.Genau diesen Weg der Analyse kompletter Genome aus aktuellen,musealen und fossilen Proben geht Michael Hofreiter in Potsdam weiter.Kürzlich hat er gemeinsam mit Kollegen seine Forschungsergebnisse zurRinderhaltung in China vor 10.000 Jahren in „Nature Communications“veröffentlicht.

Von den Forschungsbedingungen in Potsdam ist der Biologe begei-stert. „Das neue Gebäude auf dem Golmer Campus ist fantastisch, dieLabore sind wunderschön“, sagt er. Natürlich verläuft ein Umzug, dienst-

lich wie privat, aus England,wo er als Professor an derUniversität York arbeitete,nicht reibungslos. Die miteinem Umzug verbundenezeitraubende Bürokratie undandere Unannehmlichkeitenträgt er mit Humor und impro-visiert. Michael Hofreiter hates auch nach mehr als einemhalben Jahr in Potsdam nichtbereut, hierher gekommen zusein Sein Eindruck, „dassman hier ein deutlich besse-res Forschungsumfeld als inEngland vorfindet“, hat sichfür ihn bestätigt. ¢ 

Dr. Barbara Eckardt

Startup als Ideenschmiedefür die IndustrieDas neue Startup-Unternehmen „targenomix“ und BayerCropScience wollen gemeinsam die Wirkweise von Genenund Signalmolekülen entschlüsseln.

Neue Ansätze für die Zucht ertragreicher und widerstandsfähiger Pflan-zenarten – das ist auf lange Sicht das Ziel. Dafür möchte das Startup-Unternehmen „targenomix“ aus Golm bei Potsdam herausfinden, wie dieunzähligen Komponenten in einer Zelle – Gene, RNA-Moleküle, Proteineund andere Stoffwechselprodukte – in ihrer schier unüberschaubarenVielfalt zusammenwirken. Die Wissenschaftler setzen verstärkt auf Com-putermodelle, mit denen sie große Mengen an Daten auswerten können.Jetzt ist das aus einer Ausgründung des Max-Planck-Instituts für moleku-lare Pflanzenphysiologie in Golm hervorgegangene Unternehmen einevermutlich in jeder Hinsicht gewinnbringende Kooperation mit der FirmaBayer CropScience eingegangen.

Pflanzen sind ungeheuer erfinderisch bei der Entwicklung von Inhalts-stoffen. Viele dieser sogenannten Metabolite sind Signalmoleküle für dieKommunikation in oder zwischen den Zellen. Manche dieser Signalstof-fe steuern Vorgänge, die wichtige pflanzliche Eigenschaften wie Ertragund Widerstandsfähigkeit gegenüber Umweltbedingungen bestimmen.

Wissenschaftler um Lothar Willmitzer am Max-Planck-Institut fürmolekulare Pflanzenphysiologie in Golm sind weltweit führend bei derErforschung von Signalwegen und Stoffwechselvorgängen in Pflanzen-zellen. Diese Untersuchungen sind nicht nur für die Grundlagenfor-schung und das Verständnis von biologischen Systemen essenziell. Siehaben auch große wirtschaftliche Bedeutung, denn sie könnten zurZüchtung neuer Pflanzensorten beitragen. Und so gründete Willmitzerim Herbst 2013 das Unternehmen targenomix. Es soll Genom-, Tran-skriptom- und Metabolom-Daten analysieren und so die Wirkungsweisevon Genen und Signalmolekülen entschlüsseln.

Das kleine Startup-Unternehmen profitiert dabei von der jahrelan-gen Erfahrung der Wissenschaftler am Golmer Max-Planck-Institut. Dortwerden neben experimentellen Methoden wie der Gas-Chromatografieund der Massenspektrometrie immer mehr auch Computermodelle zurErforschung der Signalwege eingesetzt. „Ohne derartige Modelle lassensich so komplexe Systeme wie Zellen bis hin zu kompletten Pflanzennicht verstehen. Bei targenomix arbeiten deshalb Bioinformatiker engmit Molekularbiologen und Biochemikern zusammen“, sagt Willmitzer,der das Unternehmen inzwischen wissenschaftlich berät. Die meisten,der bis Ende des Jahres angepeilten 20 Mitarbeiter kommen denn auchursprünglich vom Golmer Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzen-physiologie.

Mit Bayer CropScience hat targenomix nun einen starken Partnergefunden. Durch die Beteiligung erhält die Tochtergesellschaft des Bay-er-Konzerns Zugang zu den Forschungsergebnissen von targenomix.„Ich bin sicher, dass targenomix und Bayer CropScience zusammenneue Ansätze für die Entwicklung von Pflanzensorten finden werden”,sagt Sebastian Klie, Geschäftsführer von targenomix und wie die mei-sten der rund 20 Mitarbeiter ein ehemaliger Mitarbeiter am Golmer Max-Planck-Institut. Das Unternehmen folgt dabei dem Trend in der Pharma-und Agrarwirtschaft, Forschung auszulagern. „Kleinere Unternehmensind in der Regel dynamischer und innovativer als Großkonzerne. Außer-dem können die großen Konzerne so das eigene Risiko verringern“,erklärt Willmitzer. ¢ MPG

Dagmar Köhler-Repp überzeugt sich von den Fortschritten im Ripac-Labor.

Life Sciences – Kaleidoskop des Lebens Rezeptfür neue Medikamente Erfolgsgeschichte imWissenschaftspark Ideenschmiede StartupMithilfe von DNA in die Vergangenheit schauenEhrendoktor für UP Präsidenten UP Chemikergewürdigt Zweifache Auszeichnung Ver -änderungen am Max-Planck-Campus Neue

Nassspinnanlage Grüne Fabrikender Zukunft Gebündelte KraftIrrlichter auf dem ReiherbergBesuch bei Herrn LehmannAntrittsvorlesung OffeneTüren Konzert des Jazz –Chors Kunststoffkollo-quium Ehemaligen-treffen

Die Team von targenomix

Die Ausgangssubstanz und der Wirkstoff – Artemisininsäure und Artemisinin

Artemisinin wird zur Zeit als Wirkstoff gegen Bilharziose und Brustkrebs untersucht.

Foto: U. Kleiner

Prof. Michael Hofreiter

Foto:Ripac

Foto: K.Fritze

Foto: MPI-KG/J. Baumgartner

www.wissenschaftspark-potsdam.de

Dr. Robert Wexler, Präsident der American Jewish

University, Prof. Oliver Günther, Ph.D., Präsident der

Universität Potsdam und Rabbiner Prof. Dr. Bradley S.

Artson, Dean der Ziegler School of Rabbinic Studies

und Vizepräsident der AJU

Pflanzen – Grüne Fabriken derZukunft

Wissenschaftler des Max-Planck-Insti-tuts für Molekulare Pflanzenphysiologie(MPI-MP) werden im Rahmen der EU-Forschungsinitiative DISCO für die näch-sten vier Jahre mit 860.000 Euro geför-dert um pflanzliche Ressourcen zuerschließen.

Pflanzliche Inhaltstoffe werden seit Jahrtausen-den u. a. zur Produktion von Arznei-, Futter-und Nahrungsergänzungsmitteln sowie für dieHerstellung von Kosmetika genutzt. Dazu wer-den Wirkstoffe aus Pflanzen isoliert, extrahiertund angereichert oder ihr Aufbau und ihreStruktur dienen als Bauplan und Vorlage um siechemisch nachzubauen und industriell herzu-stellen. Forscher um Prof. Dr. Ralph Bock wer-den zusammen mit Kooperations-Partnern ausdem In- und Ausland neue Wege gehen, umbestimmte pflanzliche Stoffgruppen für dieNutzung in der Medizin, oder als wichtige Nah-rungszusatz- oder Ergänzungsmittel zu er -schließen und ihre Produktion innerhalb derPflanze zu optimieren.

Während der Projektlaufzeit werden u. a.neue biotechnologische Verfahren entwickeltund angewendet werden, um Pflanzen alsFabrikationsorte verwenden zu können. „Wenn

es uns gelingt Pflanzen als grüne Fabriken zunutzen, so leisten wir damit nicht nur einen Bei-trag zur nachhaltigen Produktion, sondern tra-gen zur Entlastung der Umwelt bei, da auf man-che chemische Syntheseverfahren zukünftigverzichtet werden könnte“, äußert sich Prof.Bock enthusiastisch zum Projekt. Der Begriff„DISCO“ steht hier für neue Verfahren zurnachhaltigen Nutzung von Bioressourcen, dievon der Entdeckung (DISCOvery) zum Produktführen sollen.

Zwei Pflanzenfamilien erscheinen für dieUntersuchungen besonders vielversprechend:Nachtschattengewächse wie Kartoffeln, Tomateoder Tabak und Schwertliliengewächse, zudenen u. a. Safran, eine Krokusart, gehört.Zunächst wird es um die Stoffe Solanesol, Sco-polamin und verschiedene Carotinoide gehen.Bei Solanesol handelt es sich um ein Terpenoid,das in Tabak- und Kartoffelblättern vorkommtund Krebserkrankungen vorbeugen kann, gegenArteriosklerose wirksam ist oder auch als Anti-Aging-Mittel eingesetzt wird. Das Alkaloid Sco-polamin kommt gleichfalls in Nachtschattenge-wächsen vor und kann Schmerzen stillen undReisekrankheiten (z. B. Seekrankheit) lindern.Bei den Carotinoiden handelt es sich um einefacettenreiche Gruppe pflanzlicher Farbstoffe.Sie lassen sich u.a. als Futterzusatzstoff in Aqua -kulturen, sowie als Lichtschutz für die Haut undzur Vorbeugung gegen Hautalterung einsetzen.

Im Projekt werden Methoden des „MetabolicEngineering“ eingesetzt und weiterentwickelt,mit deren Hilfe es möglich ist, die Produktionbestimmter Verbindungen zu steuern, oderaber ganze Biosynthesewege von einem Orga-nismus auf einen anderen zu übertragen.

Am Projekt DISCO sind insgesamt 15Kooperationspartner aus sieben Ländern betei-ligt. Wissenschaftler aus Belgien, Chile, Deut -schland, England, Israel, Italien und Rumänienarbeiten gemeinsam daran Pflanzen effektiv fürdie Produktion hochwertiger Wirkstoffe für denmenschlichen Bedarf zu nutzen. Das Projekthat eine Laufzeit von 4 Jahren und wird von derEuropäischen Union mit 6,5 Mio. Euro geför-dert (http://disco-fp7.eu/). ¢ URS

Veränderungen am Max-Planck-Campus

Gleich zwei von den drei Max-Planck-Instituten in Potsdam-Golm erlebendurch die Emeritierung von Prof. Dr. Ber-nard Schutz und Prof. Dr. Helmuth Möh-wald einen Wechsel an ihrer Spitze. Diebeiden Gründungsdirektoren haben vonAnfang an den Standort Golm mitge-prägt. Die neue Direktorin am AEI Prof.Alessandra Buonanno und die Nach-wuchsgruppenleiterin Dr. Kerstin Blankfinden ein wohlbestelltes Umfeld vor.

Nach 19jähriger Tätigkeit am Albert-Einstein-Institut (AEI) wird Gründungsdirektor BernardSchutz emeritiert. Professor Alessandra Buo-nanno, die Wunschkandidatin der AEI-Direkto-ren und derzeit Physikprofessorin an der Univer-

sity of Maryland in College Park, wird die füh-rende Rolle des Instituts auf dem Gebiet derGravitationswellenmessung und der Forschungan Schwarzen Löchern weiter stärken.

„Prof. Buonanno ist in der internationalenGemeinschaft der Gravitationswellenforschersehr anerkannt. Ihre fachliche Kompetenz istgenau das, was das Institut jetzt braucht: in dreioder vier Jahren rechnen wir mit der erstenMessung von Gravitationswellen, und die Breiteihrer Forschungsinteressen passt hervorragendin das wissenschaftliche Ge samt programm desInstituts“ sagt Prof. Bernard F. Schutz.

Prof. Dr. Helmuth Möhwald, einer der Grün-dungsdirektoren des Max-Planck-Instituts fürKolloid- und Grenzflächenforschung, leitete seit1993 die Abteilung „Grenzflächen“. Als Emeri-tus und Berater der Abteilung „Biomaterialien“bleibt er dem Institut aber erhalten. Zudem hater Funktionen als Berater der CEA (Commissa-riat à l'énergie atomique et aux énergies alter-natives) und als Mitherausgeber der ZeitschriftACS Nano übernommen. Das Gebiet der Physi-kalischen Chemie von Grenzflächen am MPI fürKolloid- und Grenzflächenforschung wird abdem 1. Juli 2014 durch eine unabhängige Nach-wuchsgruppe unter Leitung von Dr. KerstinBlank verstärkt. Frau Blank leitete bislang eineArbeitsgruppe an der Radboud UniversityNijmegen und ist eine ausgewiesene Expertinfür Kraft- und Fluoreszenzmessungen an einzel-nen Molekülen an Grenzflächen. Die Wissen-schaftlerin erforscht den Einfluss mechani-scher Signale auf die Struktur und Aktivität vonMolekülen mit Hilfe einer Kombination ausKraft- und Fluoreszenzmethoden. ¢

Prof. Dr. Helmuth Möhwaldgleich zweifach ausgezeichnet

Prof. Dr. Helmuth Möhwald, Direktor am MPIfür Kolloid- und Grenzflächenforschung, wurdemit dem Langmuir Lectureship Award derAmerikanischen Chemischen Gesellschaft(ACS) ausgezeichnet. Den Vortrag über seineArbeiten „From Langmuir Monolayers to Multi-layer Films and Capsules“ wird er auf der ACS-

Herbsttagung im Au -gust in San Franciscohalten. Auch der Preisder Königlich Spani-schen Gesellschaft fürChemie (RSEQ), derElyuhar-Goldschmidt-Preis, ging in diesemJahr an Prof. HelmuthMöhwald. ¢

Besuch bei Herrn Lehmann

„Ich bin mal bei Lehmann“ – wer sich in Golmso verabschiedet, meint keine Stippvisite inder Nachbarschaft, wahrscheinlich ist derBahnhof gemeint. Nach vollständiger Entker-nung, mit neuem Interieur eröffnet hierAnfang Juni die Gastwirtschaft „Herr Leh-mann“. So ist auch gleich klar, wer hier mitseinem guten Namen für den Betrieb einsteht:Mit viel Elan möchte der neue Betreiber, LutzLehmann, in den Räumen ein Ambiente schaf-fen, das verschiedenste Gäste anspricht. Indem Teil mit der sachlich geradlinigen Bestuh-lung kann man nach wie vor Wartezeitenangenehm überbrücken, es gibt aber auch

gemütliche Ecken zum Chillen und Plaudern.Der neue Biergarten neben dem Haus ist ide-al für warme Sommerabende. Heidschnucken,Strandkörbe und Leckereien vom Grill sollenein Flair von „Friedrichshain + Prenzlberg“ (= Reiherberg?) vermitteln. Im Winter geht’sdann in den Keller zum Billard. Der ganzeStolz von Lutz Lehmann ist die Küche. Auchsie wurde völlig neu eingerichtet. Ob Flamm-kuchen oder hausgemachte Suppen, alles solldort frisch zubereitet werden, sogar das „ToGo“ Angebot für Eilige.

Vielleicht entsteht hier ein weitererMosaikstein für die Golmer Mitte, die nachdem Maßnahmeplan den Ortsteil Golm bele-ben und zu einem Treffpunkt für die Men-

schen aus den Wohngebieten auf beidenBahnseiten werden soll. ¢ BBu

Gebündelte Kraft für denStandort

Ein besonderer Vorteil des Wissen-schaftsstandorts Potsdam-Golm ist dieenge Nachbarschaft von Universität,außeruniversitären wissenschaftlichenInstituten und dem GründerzentrumGO:IN. Neue Produkte, die in der For-schung angedacht wurden, können überAusgründungen schnell und in engemKontakt mit der Wissenschaft in die erstePhase am Markt eintreten. Mit dem Ange-bot günstiger Konditionen an die jungenUnternehmer sollten zukunftsträchtigeArbeitsplätze in Brandenburg entstehen.Ist dieser Plan aufgegangen? Standortma-nager Friedrich Winskowski gibt in die-sem Interview seine Einschätzung.

PS: Herr Winskowski, der Blick aus IhremBüro ist fast idyllisch. Blumenwiesen, Fel-der – die Umgebung eines Technologie-zentrums hätte man sich anders vorge-stellt.

F. Winskowski: Tatsächlich entspricht dieseSituation auch nicht ganz den Planungen.Schon im bestehenden Bebauungsplan desWissenschaftsstandorts sind bereits Gewerbe-gebiete, Ansiedlungsflächen für forschungs -nahe Betriebe mit zukunftsträchtigen Arbeits-plätzen vorgesehen. Der derzeit diskutierteBebauungsplan 129 sieht noch einmal 11 hagewerbliche Erweiterungsflächen für for-schungsnahe Produktion vor.

PS: Platz ist also vorhanden. Berücksich-tigt man die Einbettung in den Wissen-schaftsbetrieb, dazu noch die verkehrs-günstige Lage mit einigermaßen gutenAnbindungen durch ÖPNV, Bahn, Auto-bahn und Flughafen, würde man eine leb-hafte Nachfrage vermuten, wie ist denndie Lage?

F. Winskowski: Die Nachfrage ist definitivvorhanden, regelmäßig erhalte ich Anfragenvon gründungswilligen oder auch jungen Unter-nehmen. Auf Grund mangelnder Räumlichkei-ten muß ich absagen. Bei mittelständischen

Unternehmen erlebe ich leider immer wieder,dass sich die Bewerber noch während derGespräche an andere Standorte binden.

PS: Heißt das, die Bewilligungsverfahrensind zu langsam?

F. Winskowski: Einerseits sind die Verfahrenwenig abgestimmt und koordiniert. Dem Landgehören die Grundstücke, die ZAB und ILBbegleiten die Förderungen, der Landeshaupt-stadt obliegen, die Baubewilligungen und, undund. Andererseits fehlt es an kurzfristig zurVerfügung stehenden Räumen. Unser GO:IN istausgelastet und ein bereits zum Jahresanfangangedachtes neues Technologiezentrum andiesem Standort ist nicht in Sicht.

Niemand übernimmt für diesen Standorteine zentrale, treibende Verantwortung, undandere Standorte können einfach bessereBedingungen bieten.

PS: Was müsste nach Ihrer Meinung ge -schehen?

F. Winskowski: Unsere Forderungen auf mehrGeldmittel zu beschränken wäre zu einfach. Esstehen eine Reihe von Förderprogrammen zurVerfügung, die auch vor Ort genutzt werden.Was fehlt, ist eine Bündelung der Maßnahmen.Nur wenn wir mit geballter Kraft auftreten, kön-nen mir mit Standorten wie Berlin-Adlershof,Berlin-Buch, oder überregionalen Wirtschafts-parks konkurrieren.

PS: Würden Sie uns das näher erläutern?

F. Winskowski: Es reicht eben nicht aus, För-derprogramme auszuschreiben oder Grund-stücke zu bevorraten. Ich habe schon erwähnt,dass Landesministerien an der Förderungbeteiligt sind, dazu kommen noch die Liegen-schaftsverwaltung und Genehmigungsverfah-ren durch die Stadt Potsdam. Diese Situationführt dazu, dass keine Institution tatsächlichdie umfassende Verantwortung für den Stand-ort übernimmt. Hinzu kommt, dass man inPotsdam mit Unternehmen, die Wissenschaft

in handfeste Produkte überführen, noch nichtso viel Erfahrung hat. Außerdem sind die Rah-menbedingungen für Ansiedlungen nicht opti-mal. In Potsdam sind die Grundstücke teuer,auch die Gewerbesteuer ist höher als in unse-rem Umfeld. Bei Neugründungen zählt einfachjeder Euro. Andererseits zeigt die Erfahrunganderer Zentren, dass nach erfolgreicher Grün-dung jeder Euro an Fördermitteln sieben EuroSteuern generiert! Unternehmen stärken durchGewerbesteuer den Haushalt einer Stadt undschaffen zukunftsfähige Arbeitsplätze.

Mir fehlt konkret eine konzertierte Aktionzur Ansiedlung von kleinen und mittelständi-schen Unternehmen, mir fehlt eine klares wirt-schaftspolitisches und wirtschaftstrategischeKonzept für den Wissenschaftspark Golm.

PS: Welche Rolle spielt die Infrastrukturvor Ort?

F. Winskowski: Bei dem heutigen Fachkräfte-mangel ist es für jedes Unternehmen wichtig,den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einattraktives, familienfreundliches Umfeld zu bie-ten. Infrastrukturelemente wie Einkaufsmög-lichkeiten, Kindertagesstätten, hohe Mobilitätauch im ÖPNV, Gastronomie, Freizeitmöglich-keiten, Wohnen etc. entwickeln sich sorgsamweiter. Zufriedenheit am Arbeits- und WohnortGolm ergibt sich aber auch aus der Möglichkeitder Einflussnahme, der Mitgestaltung. In die-sem Sinne haben engagierte Bürgerinnen undBürger Golms in Zusammenarbeit mit Vertre-tern des Wissenschaftsparks und der Stadtver-waltung einen Maßnahmeplan mit detailliertenVorschlägen erarbeitet und veröffentlicht. DieVerabschiedung durch die Stadtverordneten-versammlung sollte ursprünglich im September2013 erfolgen - nun hoffen wir, dass dies nochin 2014 geschieht. Mit der Umsetzung desMaßnahmeplans könnte die Stadt ein positivesSignal für einen attraktiven, zukunftsorientier-ten Wohn- und Wirtschaftsstandort in Potsdamsetzen.

PS: Vielen Dank für das Gespräch. ¢Die Fragen stellte: BBu

Antrittsvorlesung

09.07.2014 Hörsaal 02.25.F.1.01, 17:30 Uhr Prof. Dr. Giovanni Bruno, Institut für Physikund Astronomie/BAM „Von Nano bis Makro: Materialien durch Multi-Skala Charakterisierung verstehen“

Tag der Offenen Türen im Wissenschaftspark

06.09.2014, ab 11.00 Uhr www.offene-tueren-golm.de

14. Schwarzheider Kunststoffkolloquium

16. und 17. 09. 2014 , Fraunhofer-IAP Der Kunststoff-Verbund Brandenburg Berlin e.V.lädt, in Kooperation mit dem Fraunhofer-Insti-tut für Angewandte Polymerforschung IAP undder BASF Schwarzheide GmbH, am 16. und 17. September 2014 zum 14. SchwarzheiderKunststoffkolloquium ein. Themenschwer-punkte sind in diesem Jahr Elastomere, Com-posite, Märkte und Trends sowie Neues ausder Kunststofftechnik. www.kuvbb.de

Konzert des Campus Jazz - Chors

06.07.2014, 17.00 Uhr, Kirche Golm

Ehemaligentreffen/AlumniMeeting

20.06.2014, MPI Kolloid- und Grenz flächenforschung

Faserforschung am FraunhoferIAP wird mit neuer Nassspinn-anlage weiter ausgebaut

Seit März 2014 steht im Technikum inPotsdam-Golm eine neue Nassspinnan-lage zur Verfügung. Mit der Investition ineine zweite Anlage hat das FraunhoferIAP auf die erhöhte Nachfrage der Indu-strie und auf den damit verbundenensteigenden Forschungsbedarf reagiert.

Fasern kommen in unterschiedlichsten Anwen-dungen zum Einsatz. Nicht nur in der Beklei-dungsindustrie auch in der Automobil- oderBauindustrie sind maßgeschneiderte Fasernund Herstellungsprozesse gefragt, wobei dieAnforderungen je nach Nutzung der Faser sehrunterschiedlich sein können (u.a. reißfestereFasern). Am Fraunhofer IAP steht vor allem dieEntwicklung von umweltfreundlichen und effi-zienten Spinntechnologien im Mittelpunkt.

Im Forschungsbereich Biopolymere desInstituts wird an biobasierten Regeneratfasernwie Viskose oder Lyocell geforscht. Sie beste-hen im Gegensatz zu erdölbasierten, syntheti-schen Fasern aus natürlichen Polymeren wie

z.B. Cellulose. Um eine Viskoseendlosfaserherzustellen, muss die Cellulose zunächst che-misch modifiziert werden, um diese lösen zukönnen. Die Spinnlösung gelangt in der Spinn-anlage durch eine Düse in ein Fällbad. Aus denEinzelfäden entsteht dann in weiteren Prozes-sen das sogenannte Endlosgarn. In der neuinstallierten Nassspinnanlage kommen Düsenmit bis zu 3000 kleinen Löchern zum Einsatz.Jedes einzelne Loch hat einen Durchmesservon nur 50 Mikrometern, das entspricht inetwa der Dicke eines menschlichen Haars. Mitder höheren Einzelfaseranzahl kann am Fraun-hofer IAP Endlosgarn im industrienahen Maß-stab hergestellt werden. Was in der neuenAnlage funktioniert, kann direkt in den Techni-kumsmaßstab der großen Industriebetriebeübertragen werden. Mit Hilfe von umfangrei-chen Analytik-Methoden, z. B. der Röntgen-streuung, können die Forscher zudem feststel-len, wie sich Variationen im Herstellungspro-zess auf die Struktur und damit auf dieEigenschaften der Fasern auswirken.

Das Viskoseverfahren ist das bedeutend-ste Verfahren zur Herstellung von Chemiefa-sern aus Cellulose, doch der Einsatz vonSchwefelkohlenstoff, bei der Herstellung, istökologisch bedenklich. Als umweltfreundlicheAlternative forschen die Wissenschaftler amFraunhofer IAP deshalb seit einiger Zeit an der

Cellulosecarbamat-Technologie. Bei diesemVerfahren kommt Harnstoff als Ersatz fürSchwefelkohlenstoff zum Einsatz. Derzeit wirdnoch an der Optimierung der Synthese sowiedes Spinnprozesses gearbeitet, doch der Abtei-lungsleiter für Fasertechnologie, Dr. André Leh-mann, ist sich sicher, dass das Cellulosecarba-mat-Verfahren bald auch im Industriemaßstabzum Einsatz kommen kann. Und noch ein The-ma beschäftigt die Forscher im Bereich Faser-technologie – die Herstellung von biobasiertenCarbonfasern. Dabei kommt das bei der Zell-stoffherstellung anfallende NebenproduktLignin zum Einsatz. Die Umformung des Ligninssowie der darauf angepasste Carbonisierungs-prozess stehen dabei im Fokus der Forschung.Das Verfahren soll bald als umweltfreundliche-re und kostengünstigere Alternative zu dem amMarkt etablierten, erdölbasierten System ange-boten werden können. ¢ K. Begemann

Chemiker der Universität Potsdam gewürdigt

Der Bunsen-Kirchhoff-Preis für analyti-sche Spektroskopie 2014 ging an Dr.Oliver Reich. Diesen Preis vergeben derDeutsche Arbeitskreis für AngewandteSpektroskopie (DASp) und die Gesell-schaft Deutscher Chemiker (GDCh).

Der Chemiker Dr. Oliver Reich von der Universi-tät Potsdam erhielt den Bunsen-Kirchhoff-Preisfür analytische Spektroskopie 2014. Mit derAuszeichnung werden herausragende Leistun-gen insbesondere jüngerer Wissenschaftler aufdem Gebiet der analytischen Spektroskopiegewürdigt. Oliver Reich ist Nachwuchsgruppen-leiter bei innoFSPEC Potsdam, einem Gemein-schaftsvorhaben der Physikalischen Chemieder Universität Potsdam und des Leibniz-Insti-

tuts für Astrophysik Potsdam auf dem Gebietder faseroptischen Spektroskopie und Senso-rik. Die laserbasierte, faser-optische Photonen-dichtewellen (PDW)-Spektroskopie gestattetfundamentale Betrachtungen der Lichtausbrei-tung in stark streuenden Materialien.

Oliver Reich leitet seit 2009 die Nach-wuchsgruppe „Innovative Fasersensorik“ amZentrum innoFSPEC und beschäftigt sichneben der Weiterentwicklung der PDW-Spek-

troskopie mit weiterenfaser-optischen Me -thoden. 2013 gründe-te Oliver Reich diePDW Analytics GmbHund ist dort ne ben seiner akademischenTätigkeit ge schäfts füh -render Gesellschafter.¢

vorgemerkt

kooperiert Park ‘n’ Life

nachgefragt

ImpressumHerausgeber: Standortmanagement Golm GmbH, Am Mühlenberg 11, 14476 Potsdam-Golm; Redaktion (verantwortlich): Barbara Buller, wiss+pa, Potsdam-Golm, [email protected];Beirat: Kathrin Begemann, Dr. Barbara Eckardt, Birgit Mangelsdorf, Dr. Elke Müller, Dr. Armin Renner, Ursula Roß-Stitt, Katja Schulze, Dr. Stephanie Schwarz;Gestaltung: pigurdesign, Potsdam; Druck: G&S Druck GmbH, Potsdam

geehrt

Ehrendoktorwürde für den Präsidenten der UniversitätPotsdam

Prof. Oliver Günther, Ph.D. wurde Ehren-doktor der American Jewish University.

Der Präsident der Universität Potsdam wurdein einer feierlichen Graduation Ceremony mitdem Doctor of Humane Letters, honoris causa,der American Jewish University in Los Angeles,Kalifornien ausgezeichnet. Die Universität wür-digt so die herausragenden wissenschaftli-

chen Erfolge des Präsidenten der UniversitätPotsdam insbesondere im Bereich der Infor-mationssysteme und während seiner Zeit alsProfessor für Wirtschaftsinformatik an derHumboldt-Universität zu Berlin. Die Auszeich-nung bezieht sich nicht nur auf die großeAnzahl von Fachpublikationen sondern auchauf den großen Einsatz des Präsidenten derUniversität Potsdam für die Einrichtung dereuropaweit einzigartigen School of JewishTheology, die im Wintersemester 2013/14 ihreArbeit aufgenommen hat. Die School of JewishTheologie arbeitet eng mit dem Abraham Gei-ger Kolleg, dem Zacharias Frankel Collegesowie dem Zentrum Jüdische Studien Berlin-Brandenburg zusammen und schafft somit

hervorragende Möglichkeiten für jüdische aka-demische Arbeit. ¢

persönlich

Noch ist der Golmer Bahnhof im Winterschlaf – im Juni

wird es lebhafter

Foto: R. Hoefgen

Foto: MPIKG/GnaudschunFoto: privat

Foto: AJU

Foto: BILDHAUS

Prof. Dr. Alessandra Buonanno, Dr. Kerstin Blank

Irrlichter auf dem Reiherberg

Die Golmer Bürgerinitiative „Golm unterStrom“ führt den Effekt des elektroma-gnetischen Felds der Stromtrasse vor.

In der Dämmerung traf sich eine Gruppe enga-gierter Golmer auf dem Reiherberg. Unter demtiefsten Punkt der bestehenden, „nur“ 75kVstarken Freileitung setzten sie ihre mitgebrach-ten normalen, handelsüblichen Leuchtstoffröh-ren dem elektromagnetischen Feld aus – undtatsächlich leuchteten die Lampen auf. So wur-de der Kern der Diskussion um die geplanteErneuerung, bzw. Verstärkung der Freileitungauf 110 kV eindrucksvoll vor Augen geführt: dieWirkungen des elektromagnetischen Feldes,

die mit der angelegten Spannung noch zuneh-men. Noch sind Auswirkungen elektromagneti-scher Felder dieser Größenordnung auf denMenschen wissenschaftlich nicht nachgewie-sen – Grund genug bei einer geplanten Verän-derung alle Vorsicht walten zu lassen.

Für Marquardt wurde mit der Edis AG eineneue Trassenführung außerhalb des Ortes ver-handelt. Die für Golm derzeit favorisierte Erd-verkabelung würde Mehrkosten von 3,5 Millio-nen Euro verursachen, für die laut Edis AG dieStadt Potsdam aufzukommen hätte. Da dieseKosten im Etat der Landeshauptstadt nicht ent-halten sind, bliebe noch der Bürger als letztesGlied in der Kette. Tatsächlich erhielten dieGrundstückseigentümer rund um die Strom-trasse per Einschreiben /Rückschein Anfragenvon der Stadt, ob sie „grundsätzlich“ bereit sei-en, sich aufgrund der Wertsteigerung ihrerGrundstücke an den Kosten zu beteiligen. Da

bisher weder Zahlen, Zahlungsmodalitäten,noch Härtefallbestimmungen geregelt sind, istes fraglich, ob sich die Bürger auf ein solchesVerfahren einlassen. Auch zwischen geschäftli-chen und privaten Interessen wird nicht unter-schieden. Sollte die Anfrage negativ verlaufen,ist auf jeden Fall sichergestellt, wem man denSchwarzen Peter für das Scheitern der Ver-handlungen überreichen könnte. ¢ BBu

Foto: D. Weirauch

Das elektrische Feld unter der Golmer Hochspannungs-

leitung lässt Lampen aufleuchten.

Foto: T. Budde

Reifende Tomaten, die unterschiedliche Carotinoide

produzieren. Oben: Synthetisiert wird das rote Caroti-

noid Lycopin. Unten: Statt rotem Lycopin wird oranges

β-Carotin (aus dem der menschliche Körper Vitamin A

herstellen kann) produziert .

Nassspinnanlage für neue Fasern im Technikumsmaßstab

Foto: privat Foto: privat

www.wissenschaftspark-potsdam.de

Dr. Robert Wexler, Präsident der American Jewish

University, Prof. Oliver Günther, Ph.D., Präsident der

Universität Potsdam und Rabbiner Prof. Dr. Bradley S.

Artson, Dean der Ziegler School of Rabbinic Studies

und Vizepräsident der AJU

Pflanzen – Grüne Fabriken derZukunft

Wissenschaftler des Max-Planck-Insti-tuts für Molekulare Pflanzenphysiologie(MPI-MP) werden im Rahmen der EU-Forschungsinitiative DISCO für die näch-sten vier Jahre mit 860.000 Euro geför-dert um pflanzliche Ressourcen zuerschließen.

Pflanzliche Inhaltstoffe werden seit Jahrtausen-den u. a. zur Produktion von Arznei-, Futter-und Nahrungsergänzungsmitteln sowie für dieHerstellung von Kosmetika genutzt. Dazu wer-den Wirkstoffe aus Pflanzen isoliert, extrahiertund angereichert oder ihr Aufbau und ihreStruktur dienen als Bauplan und Vorlage um siechemisch nachzubauen und industriell herzu-stellen. Forscher um Prof. Dr. Ralph Bock wer-den zusammen mit Kooperations-Partnern ausdem In- und Ausland neue Wege gehen, umbestimmte pflanzliche Stoffgruppen für dieNutzung in der Medizin, oder als wichtige Nah-rungszusatz- oder Ergänzungsmittel zu er -schließen und ihre Produktion innerhalb derPflanze zu optimieren.

Während der Projektlaufzeit werden u. a.neue biotechnologische Verfahren entwickeltund angewendet werden, um Pflanzen alsFabrikationsorte verwenden zu können. „Wenn

es uns gelingt Pflanzen als grüne Fabriken zunutzen, so leisten wir damit nicht nur einen Bei-trag zur nachhaltigen Produktion, sondern tra-gen zur Entlastung der Umwelt bei, da auf man-che chemische Syntheseverfahren zukünftigverzichtet werden könnte“, äußert sich Prof.Bock enthusiastisch zum Projekt. Der Begriff„DISCO“ steht hier für neue Verfahren zurnachhaltigen Nutzung von Bioressourcen, dievon der Entdeckung (DISCOvery) zum Produktführen sollen.

Zwei Pflanzenfamilien erscheinen für dieUntersuchungen besonders vielversprechend:Nachtschattengewächse wie Kartoffeln, Tomateoder Tabak und Schwertliliengewächse, zudenen u. a. Safran, eine Krokusart, gehört.Zunächst wird es um die Stoffe Solanesol, Sco-polamin und verschiedene Carotinoide gehen.Bei Solanesol handelt es sich um ein Terpenoid,das in Tabak- und Kartoffelblättern vorkommtund Krebserkrankungen vorbeugen kann, gegenArteriosklerose wirksam ist oder auch als Anti-Aging-Mittel eingesetzt wird. Das Alkaloid Sco-polamin kommt gleichfalls in Nachtschattenge-wächsen vor und kann Schmerzen stillen undReisekrankheiten (z. B. Seekrankheit) lindern.Bei den Carotinoiden handelt es sich um einefacettenreiche Gruppe pflanzlicher Farbstoffe.Sie lassen sich u.a. als Futterzusatzstoff in Aqua -kulturen, sowie als Lichtschutz für die Haut undzur Vorbeugung gegen Hautalterung einsetzen.

Im Projekt werden Methoden des „MetabolicEngineering“ eingesetzt und weiterentwickelt,mit deren Hilfe es möglich ist, die Produktionbestimmter Verbindungen zu steuern, oderaber ganze Biosynthesewege von einem Orga-nismus auf einen anderen zu übertragen.

Am Projekt DISCO sind insgesamt 15Kooperationspartner aus sieben Ländern betei-ligt. Wissenschaftler aus Belgien, Chile, Deut -schland, England, Israel, Italien und Rumänienarbeiten gemeinsam daran Pflanzen effektiv fürdie Produktion hochwertiger Wirkstoffe für denmenschlichen Bedarf zu nutzen. Das Projekthat eine Laufzeit von 4 Jahren und wird von derEuropäischen Union mit 6,5 Mio. Euro geför-dert (http://disco-fp7.eu/). ¢ URS

Veränderungen am Max-Planck-Campus

Gleich zwei von den drei Max-Planck-Instituten in Potsdam-Golm erlebendurch die Emeritierung von Prof. Dr. Ber-nard Schutz und Prof. Dr. Helmuth Möh-wald einen Wechsel an ihrer Spitze. Diebeiden Gründungsdirektoren haben vonAnfang an den Standort Golm mitge-prägt. Die neue Direktorin am AEI Prof.Alessandra Buonanno und die Nach-wuchsgruppenleiterin Dr. Kerstin Blankfinden ein wohlbestelltes Umfeld vor.

Nach 19jähriger Tätigkeit am Albert-Einstein-Institut (AEI) wird Gründungsdirektor BernardSchutz emeritiert. Professor Alessandra Buo-nanno, die Wunschkandidatin der AEI-Direkto-ren und derzeit Physikprofessorin an der Univer-

sity of Maryland in College Park, wird die füh-rende Rolle des Instituts auf dem Gebiet derGravitationswellenmessung und der Forschungan Schwarzen Löchern weiter stärken.

„Prof. Buonanno ist in der internationalenGemeinschaft der Gravitationswellenforschersehr anerkannt. Ihre fachliche Kompetenz istgenau das, was das Institut jetzt braucht: in dreioder vier Jahren rechnen wir mit der erstenMessung von Gravitationswellen, und die Breiteihrer Forschungsinteressen passt hervorragendin das wissenschaftliche Ge samt programm desInstituts“ sagt Prof. Bernard F. Schutz.

Prof. Dr. Helmuth Möhwald, einer der Grün-dungsdirektoren des Max-Planck-Instituts fürKolloid- und Grenzflächenforschung, leitete seit1993 die Abteilung „Grenzflächen“. Als Emeri-tus und Berater der Abteilung „Biomaterialien“bleibt er dem Institut aber erhalten. Zudem hater Funktionen als Berater der CEA (Commissa-riat à l'énergie atomique et aux énergies alter-natives) und als Mitherausgeber der ZeitschriftACS Nano übernommen. Das Gebiet der Physi-kalischen Chemie von Grenzflächen am MPI fürKolloid- und Grenzflächenforschung wird abdem 1. Juli 2014 durch eine unabhängige Nach-wuchsgruppe unter Leitung von Dr. KerstinBlank verstärkt. Frau Blank leitete bislang eineArbeitsgruppe an der Radboud UniversityNijmegen und ist eine ausgewiesene Expertinfür Kraft- und Fluoreszenzmessungen an einzel-nen Molekülen an Grenzflächen. Die Wissen-schaftlerin erforscht den Einfluss mechani-scher Signale auf die Struktur und Aktivität vonMolekülen mit Hilfe einer Kombination ausKraft- und Fluoreszenzmethoden. ¢

Prof. Dr. Helmuth Möhwaldgleich zweifach ausgezeichnet

Prof. Dr. Helmuth Möhwald, Direktor am MPIfür Kolloid- und Grenzflächenforschung, wurdemit dem Langmuir Lectureship Award derAmerikanischen Chemischen Gesellschaft(ACS) ausgezeichnet. Den Vortrag über seineArbeiten „From Langmuir Monolayers to Multi-layer Films and Capsules“ wird er auf der ACS-

Herbsttagung im Au -gust in San Franciscohalten. Auch der Preisder Königlich Spani-schen Gesellschaft fürChemie (RSEQ), derElyuhar-Goldschmidt-Preis, ging in diesemJahr an Prof. HelmuthMöhwald. ¢

Besuch bei Herrn Lehmann

„Ich bin mal bei Lehmann“ – wer sich in Golmso verabschiedet, meint keine Stippvisite inder Nachbarschaft, wahrscheinlich ist derBahnhof gemeint. Nach vollständiger Entker-nung, mit neuem Interieur eröffnet hierAnfang Juni die Gastwirtschaft „Herr Leh-mann“. So ist auch gleich klar, wer hier mitseinem guten Namen für den Betrieb einsteht:Mit viel Elan möchte der neue Betreiber, LutzLehmann, in den Räumen ein Ambiente schaf-fen, das verschiedenste Gäste anspricht. Indem Teil mit der sachlich geradlinigen Bestuh-lung kann man nach wie vor Wartezeitenangenehm überbrücken, es gibt aber auch

gemütliche Ecken zum Chillen und Plaudern.Der neue Biergarten neben dem Haus ist ide-al für warme Sommerabende. Heidschnucken,Strandkörbe und Leckereien vom Grill sollenein Flair von „Friedrichshain + Prenzlberg“ (= Reiherberg?) vermitteln. Im Winter geht’sdann in den Keller zum Billard. Der ganzeStolz von Lutz Lehmann ist die Küche. Auchsie wurde völlig neu eingerichtet. Ob Flamm-kuchen oder hausgemachte Suppen, alles solldort frisch zubereitet werden, sogar das „ToGo“ Angebot für Eilige.

Vielleicht entsteht hier ein weitererMosaikstein für die Golmer Mitte, die nachdem Maßnahmeplan den Ortsteil Golm bele-ben und zu einem Treffpunkt für die Men-

schen aus den Wohngebieten auf beidenBahnseiten werden soll. ¢ BBu

Gebündelte Kraft für denStandort

Ein besonderer Vorteil des Wissen-schaftsstandorts Potsdam-Golm ist dieenge Nachbarschaft von Universität,außeruniversitären wissenschaftlichenInstituten und dem GründerzentrumGO:IN. Neue Produkte, die in der For-schung angedacht wurden, können überAusgründungen schnell und in engemKontakt mit der Wissenschaft in die erstePhase am Markt eintreten. Mit dem Ange-bot günstiger Konditionen an die jungenUnternehmer sollten zukunftsträchtigeArbeitsplätze in Brandenburg entstehen.Ist dieser Plan aufgegangen? Standortma-nager Friedrich Winskowski gibt in die-sem Interview seine Einschätzung.

PS: Herr Winskowski, der Blick aus IhremBüro ist fast idyllisch. Blumenwiesen, Fel-der – die Umgebung eines Technologie-zentrums hätte man sich anders vorge-stellt.

F. Winskowski: Tatsächlich entspricht dieseSituation auch nicht ganz den Planungen.Schon im bestehenden Bebauungsplan desWissenschaftsstandorts sind bereits Gewerbe-gebiete, Ansiedlungsflächen für forschungs -nahe Betriebe mit zukunftsträchtigen Arbeits-plätzen vorgesehen. Der derzeit diskutierteBebauungsplan 129 sieht noch einmal 11 hagewerbliche Erweiterungsflächen für for-schungsnahe Produktion vor.

PS: Platz ist also vorhanden. Berücksich-tigt man die Einbettung in den Wissen-schaftsbetrieb, dazu noch die verkehrs-günstige Lage mit einigermaßen gutenAnbindungen durch ÖPNV, Bahn, Auto-bahn und Flughafen, würde man eine leb-hafte Nachfrage vermuten, wie ist denndie Lage?

F. Winskowski: Die Nachfrage ist definitivvorhanden, regelmäßig erhalte ich Anfragenvon gründungswilligen oder auch jungen Unter-nehmen. Auf Grund mangelnder Räumlichkei-ten muß ich absagen. Bei mittelständischen

Unternehmen erlebe ich leider immer wieder,dass sich die Bewerber noch während derGespräche an andere Standorte binden.

PS: Heißt das, die Bewilligungsverfahrensind zu langsam?

F. Winskowski: Einerseits sind die Verfahrenwenig abgestimmt und koordiniert. Dem Landgehören die Grundstücke, die ZAB und ILBbegleiten die Förderungen, der Landeshaupt-stadt obliegen, die Baubewilligungen und, undund. Andererseits fehlt es an kurzfristig zurVerfügung stehenden Räumen. Unser GO:IN istausgelastet und ein bereits zum Jahresanfangangedachtes neues Technologiezentrum andiesem Standort ist nicht in Sicht.

Niemand übernimmt für diesen Standorteine zentrale, treibende Verantwortung, undandere Standorte können einfach bessereBedingungen bieten.

PS: Was müsste nach Ihrer Meinung ge -schehen?

F. Winskowski: Unsere Forderungen auf mehrGeldmittel zu beschränken wäre zu einfach. Esstehen eine Reihe von Förderprogrammen zurVerfügung, die auch vor Ort genutzt werden.Was fehlt, ist eine Bündelung der Maßnahmen.Nur wenn wir mit geballter Kraft auftreten, kön-nen mir mit Standorten wie Berlin-Adlershof,Berlin-Buch, oder überregionalen Wirtschafts-parks konkurrieren.

PS: Würden Sie uns das näher erläutern?

F. Winskowski: Es reicht eben nicht aus, För-derprogramme auszuschreiben oder Grund-stücke zu bevorraten. Ich habe schon erwähnt,dass Landesministerien an der Förderungbeteiligt sind, dazu kommen noch die Liegen-schaftsverwaltung und Genehmigungsverfah-ren durch die Stadt Potsdam. Diese Situationführt dazu, dass keine Institution tatsächlichdie umfassende Verantwortung für den Stand-ort übernimmt. Hinzu kommt, dass man inPotsdam mit Unternehmen, die Wissenschaft

in handfeste Produkte überführen, noch nichtso viel Erfahrung hat. Außerdem sind die Rah-menbedingungen für Ansiedlungen nicht opti-mal. In Potsdam sind die Grundstücke teuer,auch die Gewerbesteuer ist höher als in unse-rem Umfeld. Bei Neugründungen zählt einfachjeder Euro. Andererseits zeigt die Erfahrunganderer Zentren, dass nach erfolgreicher Grün-dung jeder Euro an Fördermitteln sieben EuroSteuern generiert! Unternehmen stärken durchGewerbesteuer den Haushalt einer Stadt undschaffen zukunftsfähige Arbeitsplätze.

Mir fehlt konkret eine konzertierte Aktionzur Ansiedlung von kleinen und mittelständi-schen Unternehmen, mir fehlt eine klares wirt-schaftspolitisches und wirtschaftstrategischeKonzept für den Wissenschaftspark Golm.

PS: Welche Rolle spielt die Infrastrukturvor Ort?

F. Winskowski: Bei dem heutigen Fachkräfte-mangel ist es für jedes Unternehmen wichtig,den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einattraktives, familienfreundliches Umfeld zu bie-ten. Infrastrukturelemente wie Einkaufsmög-lichkeiten, Kindertagesstätten, hohe Mobilitätauch im ÖPNV, Gastronomie, Freizeitmöglich-keiten, Wohnen etc. entwickeln sich sorgsamweiter. Zufriedenheit am Arbeits- und WohnortGolm ergibt sich aber auch aus der Möglichkeitder Einflussnahme, der Mitgestaltung. In die-sem Sinne haben engagierte Bürgerinnen undBürger Golms in Zusammenarbeit mit Vertre-tern des Wissenschaftsparks und der Stadtver-waltung einen Maßnahmeplan mit detailliertenVorschlägen erarbeitet und veröffentlicht. DieVerabschiedung durch die Stadtverordneten-versammlung sollte ursprünglich im September2013 erfolgen - nun hoffen wir, dass dies nochin 2014 geschieht. Mit der Umsetzung desMaßnahmeplans könnte die Stadt ein positivesSignal für einen attraktiven, zukunftsorientier-ten Wohn- und Wirtschaftsstandort in Potsdamsetzen.

PS: Vielen Dank für das Gespräch. ¢Die Fragen stellte: BBu

Antrittsvorlesung

09.07.2014 Hörsaal 02.25.F.1.01, 17:30 Uhr Prof. Dr. Giovanni Bruno, Institut für Physikund Astronomie/BAM „Von Nano bis Makro: Materialien durch Multi-Skala Charakterisierung verstehen“

Tag der Offenen Türen im Wissenschaftspark

06.09.2014, ab 11.00 Uhr www.offene-tueren-golm.de

14. Schwarzheider Kunststoffkolloquium

16. und 17. 09. 2014 , Fraunhofer-IAP Der Kunststoff-Verbund Brandenburg Berlin e.V.lädt, in Kooperation mit dem Fraunhofer-Insti-tut für Angewandte Polymerforschung IAP undder BASF Schwarzheide GmbH, am 16. und 17. September 2014 zum 14. SchwarzheiderKunststoffkolloquium ein. Themenschwer-punkte sind in diesem Jahr Elastomere, Com-posite, Märkte und Trends sowie Neues ausder Kunststofftechnik. www.kuvbb.de

Konzert des Campus Jazz - Chors

06.07.2014, 17.00 Uhr, Kirche Golm

Ehemaligentreffen/AlumniMeeting

20.06.2014, MPI Kolloid- und Grenz flächenforschung

Faserforschung am FraunhoferIAP wird mit neuer Nassspinn-anlage weiter ausgebaut

Seit März 2014 steht im Technikum inPotsdam-Golm eine neue Nassspinnan-lage zur Verfügung. Mit der Investition ineine zweite Anlage hat das FraunhoferIAP auf die erhöhte Nachfrage der Indu-strie und auf den damit verbundenensteigenden Forschungsbedarf reagiert.

Fasern kommen in unterschiedlichsten Anwen-dungen zum Einsatz. Nicht nur in der Beklei-dungsindustrie auch in der Automobil- oderBauindustrie sind maßgeschneiderte Fasernund Herstellungsprozesse gefragt, wobei dieAnforderungen je nach Nutzung der Faser sehrunterschiedlich sein können (u.a. reißfestereFasern). Am Fraunhofer IAP steht vor allem dieEntwicklung von umweltfreundlichen und effi-zienten Spinntechnologien im Mittelpunkt.

Im Forschungsbereich Biopolymere desInstituts wird an biobasierten Regeneratfasernwie Viskose oder Lyocell geforscht. Sie beste-hen im Gegensatz zu erdölbasierten, syntheti-schen Fasern aus natürlichen Polymeren wie

z.B. Cellulose. Um eine Viskoseendlosfaserherzustellen, muss die Cellulose zunächst che-misch modifiziert werden, um diese lösen zukönnen. Die Spinnlösung gelangt in der Spinn-anlage durch eine Düse in ein Fällbad. Aus denEinzelfäden entsteht dann in weiteren Prozes-sen das sogenannte Endlosgarn. In der neuinstallierten Nassspinnanlage kommen Düsenmit bis zu 3000 kleinen Löchern zum Einsatz.Jedes einzelne Loch hat einen Durchmesservon nur 50 Mikrometern, das entspricht inetwa der Dicke eines menschlichen Haars. Mitder höheren Einzelfaseranzahl kann am Fraun-hofer IAP Endlosgarn im industrienahen Maß-stab hergestellt werden. Was in der neuenAnlage funktioniert, kann direkt in den Techni-kumsmaßstab der großen Industriebetriebeübertragen werden. Mit Hilfe von umfangrei-chen Analytik-Methoden, z. B. der Röntgen-streuung, können die Forscher zudem feststel-len, wie sich Variationen im Herstellungspro-zess auf die Struktur und damit auf dieEigenschaften der Fasern auswirken.

Das Viskoseverfahren ist das bedeutend-ste Verfahren zur Herstellung von Chemiefa-sern aus Cellulose, doch der Einsatz vonSchwefelkohlenstoff, bei der Herstellung, istökologisch bedenklich. Als umweltfreundlicheAlternative forschen die Wissenschaftler amFraunhofer IAP deshalb seit einiger Zeit an der

Cellulosecarbamat-Technologie. Bei diesemVerfahren kommt Harnstoff als Ersatz fürSchwefelkohlenstoff zum Einsatz. Derzeit wirdnoch an der Optimierung der Synthese sowiedes Spinnprozesses gearbeitet, doch der Abtei-lungsleiter für Fasertechnologie, Dr. André Leh-mann, ist sich sicher, dass das Cellulosecarba-mat-Verfahren bald auch im Industriemaßstabzum Einsatz kommen kann. Und noch ein The-ma beschäftigt die Forscher im Bereich Faser-technologie – die Herstellung von biobasiertenCarbonfasern. Dabei kommt das bei der Zell-stoffherstellung anfallende NebenproduktLignin zum Einsatz. Die Umformung des Ligninssowie der darauf angepasste Carbonisierungs-prozess stehen dabei im Fokus der Forschung.Das Verfahren soll bald als umweltfreundliche-re und kostengünstigere Alternative zu dem amMarkt etablierten, erdölbasierten System ange-boten werden können. ¢ K. Begemann

Chemiker der Universität Potsdam gewürdigt

Der Bunsen-Kirchhoff-Preis für analyti-sche Spektroskopie 2014 ging an Dr.Oliver Reich. Diesen Preis vergeben derDeutsche Arbeitskreis für AngewandteSpektroskopie (DASp) und die Gesell-schaft Deutscher Chemiker (GDCh).

Der Chemiker Dr. Oliver Reich von der Universi-tät Potsdam erhielt den Bunsen-Kirchhoff-Preisfür analytische Spektroskopie 2014. Mit derAuszeichnung werden herausragende Leistun-gen insbesondere jüngerer Wissenschaftler aufdem Gebiet der analytischen Spektroskopiegewürdigt. Oliver Reich ist Nachwuchsgruppen-leiter bei innoFSPEC Potsdam, einem Gemein-schaftsvorhaben der Physikalischen Chemieder Universität Potsdam und des Leibniz-Insti-

tuts für Astrophysik Potsdam auf dem Gebietder faseroptischen Spektroskopie und Senso-rik. Die laserbasierte, faser-optische Photonen-dichtewellen (PDW)-Spektroskopie gestattetfundamentale Betrachtungen der Lichtausbrei-tung in stark streuenden Materialien.

Oliver Reich leitet seit 2009 die Nach-wuchsgruppe „Innovative Fasersensorik“ amZentrum innoFSPEC und beschäftigt sichneben der Weiterentwicklung der PDW-Spek-

troskopie mit weiterenfaser-optischen Me -thoden. 2013 gründe-te Oliver Reich diePDW Analytics GmbHund ist dort ne ben seiner akademischenTätigkeit ge schäfts füh -render Gesellschafter.¢

vorgemerkt

kooperiert Park ‘n’ Life

nachgefragt

ImpressumHerausgeber: Standortmanagement Golm GmbH, Am Mühlenberg 11, 14476 Potsdam-Golm; Redaktion (verantwortlich): Barbara Buller, wiss+pa, Potsdam-Golm, [email protected];Beirat: Kathrin Begemann, Dr. Barbara Eckardt, Birgit Mangelsdorf, Dr. Elke Müller, Dr. Armin Renner, Ursula Roß-Stitt, Katja Schulze, Dr. Stephanie Schwarz;Gestaltung: pigurdesign, Potsdam; Druck: G&S Druck GmbH, Potsdam

geehrt

Ehrendoktorwürde für den Präsidenten der UniversitätPotsdam

Prof. Oliver Günther, Ph.D. wurde Ehren-doktor der American Jewish University.

Der Präsident der Universität Potsdam wurdein einer feierlichen Graduation Ceremony mitdem Doctor of Humane Letters, honoris causa,der American Jewish University in Los Angeles,Kalifornien ausgezeichnet. Die Universität wür-digt so die herausragenden wissenschaftli-

chen Erfolge des Präsidenten der UniversitätPotsdam insbesondere im Bereich der Infor-mationssysteme und während seiner Zeit alsProfessor für Wirtschaftsinformatik an derHumboldt-Universität zu Berlin. Die Auszeich-nung bezieht sich nicht nur auf die großeAnzahl von Fachpublikationen sondern auchauf den großen Einsatz des Präsidenten derUniversität Potsdam für die Einrichtung dereuropaweit einzigartigen School of JewishTheology, die im Wintersemester 2013/14 ihreArbeit aufgenommen hat. Die School of JewishTheologie arbeitet eng mit dem Abraham Gei-ger Kolleg, dem Zacharias Frankel Collegesowie dem Zentrum Jüdische Studien Berlin-Brandenburg zusammen und schafft somit

hervorragende Möglichkeiten für jüdische aka-demische Arbeit. ¢

persönlich

Noch ist der Golmer Bahnhof im Winterschlaf – im Juni

wird es lebhafter

Foto: R. Hoefgen

Foto: MPIKG/GnaudschunFoto: privat

Foto: AJU

Foto: BILDHAUS

Prof. Dr. Alessandra Buonanno, Dr. Kerstin Blank

Irrlichter auf dem Reiherberg

Die Golmer Bürgerinitiative „Golm unterStrom“ führt den Effekt des elektroma-gnetischen Felds der Stromtrasse vor.

In der Dämmerung traf sich eine Gruppe enga-gierter Golmer auf dem Reiherberg. Unter demtiefsten Punkt der bestehenden, „nur“ 75kVstarken Freileitung setzten sie ihre mitgebrach-ten normalen, handelsüblichen Leuchtstoffröh-ren dem elektromagnetischen Feld aus – undtatsächlich leuchteten die Lampen auf. So wur-de der Kern der Diskussion um die geplanteErneuerung, bzw. Verstärkung der Freileitungauf 110 kV eindrucksvoll vor Augen geführt: dieWirkungen des elektromagnetischen Feldes,

die mit der angelegten Spannung noch zuneh-men. Noch sind Auswirkungen elektromagneti-scher Felder dieser Größenordnung auf denMenschen wissenschaftlich nicht nachgewie-sen – Grund genug bei einer geplanten Verän-derung alle Vorsicht walten zu lassen.

Für Marquardt wurde mit der Edis AG eineneue Trassenführung außerhalb des Ortes ver-handelt. Die für Golm derzeit favorisierte Erd-verkabelung würde Mehrkosten von 3,5 Millio-nen Euro verursachen, für die laut Edis AG dieStadt Potsdam aufzukommen hätte. Da dieseKosten im Etat der Landeshauptstadt nicht ent-halten sind, bliebe noch der Bürger als letztesGlied in der Kette. Tatsächlich erhielten dieGrundstückseigentümer rund um die Strom-trasse per Einschreiben /Rückschein Anfragenvon der Stadt, ob sie „grundsätzlich“ bereit sei-en, sich aufgrund der Wertsteigerung ihrerGrundstücke an den Kosten zu beteiligen. Da

bisher weder Zahlen, Zahlungsmodalitäten,noch Härtefallbestimmungen geregelt sind, istes fraglich, ob sich die Bürger auf ein solchesVerfahren einlassen. Auch zwischen geschäftli-chen und privaten Interessen wird nicht unter-schieden. Sollte die Anfrage negativ verlaufen,ist auf jeden Fall sichergestellt, wem man denSchwarzen Peter für das Scheitern der Ver-handlungen überreichen könnte. ¢ BBu

Foto: D. Weirauch

Das elektrische Feld unter der Golmer Hochspannungs-

leitung lässt Lampen aufleuchten.

Foto: T. Budde

Reifende Tomaten, die unterschiedliche Carotinoide

produzieren. Oben: Synthetisiert wird das rote Caroti-

noid Lycopin. Unten: Statt rotem Lycopin wird oranges

β-Carotin (aus dem der menschliche Körper Vitamin A

herstellen kann) produziert .

Nassspinnanlage für neue Fasern im Technikumsmaßstab

Foto: privat Foto: privat

www.wissenschaftspark-potsdam.de

Dr. Robert Wexler, Präsident der American Jewish

University, Prof. Oliver Günther, Ph.D., Präsident der

Universität Potsdam und Rabbiner Prof. Dr. Bradley S.

Artson, Dean der Ziegler School of Rabbinic Studies

und Vizepräsident der AJU

Pflanzen – Grüne Fabriken derZukunft

Wissenschaftler des Max-Planck-Insti-tuts für Molekulare Pflanzenphysiologie(MPI-MP) werden im Rahmen der EU-Forschungsinitiative DISCO für die näch-sten vier Jahre mit 860.000 Euro geför-dert um pflanzliche Ressourcen zuerschließen.

Pflanzliche Inhaltstoffe werden seit Jahrtausen-den u. a. zur Produktion von Arznei-, Futter-und Nahrungsergänzungsmitteln sowie für dieHerstellung von Kosmetika genutzt. Dazu wer-den Wirkstoffe aus Pflanzen isoliert, extrahiertund angereichert oder ihr Aufbau und ihreStruktur dienen als Bauplan und Vorlage um siechemisch nachzubauen und industriell herzu-stellen. Forscher um Prof. Dr. Ralph Bock wer-den zusammen mit Kooperations-Partnern ausdem In- und Ausland neue Wege gehen, umbestimmte pflanzliche Stoffgruppen für dieNutzung in der Medizin, oder als wichtige Nah-rungszusatz- oder Ergänzungsmittel zu er -schließen und ihre Produktion innerhalb derPflanze zu optimieren.

Während der Projektlaufzeit werden u. a.neue biotechnologische Verfahren entwickeltund angewendet werden, um Pflanzen alsFabrikationsorte verwenden zu können. „Wenn

es uns gelingt Pflanzen als grüne Fabriken zunutzen, so leisten wir damit nicht nur einen Bei-trag zur nachhaltigen Produktion, sondern tra-gen zur Entlastung der Umwelt bei, da auf man-che chemische Syntheseverfahren zukünftigverzichtet werden könnte“, äußert sich Prof.Bock enthusiastisch zum Projekt. Der Begriff„DISCO“ steht hier für neue Verfahren zurnachhaltigen Nutzung von Bioressourcen, dievon der Entdeckung (DISCOvery) zum Produktführen sollen.

Zwei Pflanzenfamilien erscheinen für dieUntersuchungen besonders vielversprechend:Nachtschattengewächse wie Kartoffeln, Tomateoder Tabak und Schwertliliengewächse, zudenen u. a. Safran, eine Krokusart, gehört.Zunächst wird es um die Stoffe Solanesol, Sco-polamin und verschiedene Carotinoide gehen.Bei Solanesol handelt es sich um ein Terpenoid,das in Tabak- und Kartoffelblättern vorkommtund Krebserkrankungen vorbeugen kann, gegenArteriosklerose wirksam ist oder auch als Anti-Aging-Mittel eingesetzt wird. Das Alkaloid Sco-polamin kommt gleichfalls in Nachtschattenge-wächsen vor und kann Schmerzen stillen undReisekrankheiten (z. B. Seekrankheit) lindern.Bei den Carotinoiden handelt es sich um einefacettenreiche Gruppe pflanzlicher Farbstoffe.Sie lassen sich u.a. als Futterzusatzstoff in Aqua -kulturen, sowie als Lichtschutz für die Haut undzur Vorbeugung gegen Hautalterung einsetzen.

Im Projekt werden Methoden des „MetabolicEngineering“ eingesetzt und weiterentwickelt,mit deren Hilfe es möglich ist, die Produktionbestimmter Verbindungen zu steuern, oderaber ganze Biosynthesewege von einem Orga-nismus auf einen anderen zu übertragen.

Am Projekt DISCO sind insgesamt 15Kooperationspartner aus sieben Ländern betei-ligt. Wissenschaftler aus Belgien, Chile, Deut -schland, England, Israel, Italien und Rumänienarbeiten gemeinsam daran Pflanzen effektiv fürdie Produktion hochwertiger Wirkstoffe für denmenschlichen Bedarf zu nutzen. Das Projekthat eine Laufzeit von 4 Jahren und wird von derEuropäischen Union mit 6,5 Mio. Euro geför-dert (http://disco-fp7.eu/). ¢ URS

Veränderungen am Max-Planck-Campus

Gleich zwei von den drei Max-Planck-Instituten in Potsdam-Golm erlebendurch die Emeritierung von Prof. Dr. Ber-nard Schutz und Prof. Dr. Helmuth Möh-wald einen Wechsel an ihrer Spitze. Diebeiden Gründungsdirektoren haben vonAnfang an den Standort Golm mitge-prägt. Die neue Direktorin am AEI Prof.Alessandra Buonanno und die Nach-wuchsgruppenleiterin Dr. Kerstin Blankfinden ein wohlbestelltes Umfeld vor.

Nach 19jähriger Tätigkeit am Albert-Einstein-Institut (AEI) wird Gründungsdirektor BernardSchutz emeritiert. Professor Alessandra Buo-nanno, die Wunschkandidatin der AEI-Direkto-ren und derzeit Physikprofessorin an der Univer-

sity of Maryland in College Park, wird die füh-rende Rolle des Instituts auf dem Gebiet derGravitationswellenmessung und der Forschungan Schwarzen Löchern weiter stärken.

„Prof. Buonanno ist in der internationalenGemeinschaft der Gravitationswellenforschersehr anerkannt. Ihre fachliche Kompetenz istgenau das, was das Institut jetzt braucht: in dreioder vier Jahren rechnen wir mit der erstenMessung von Gravitationswellen, und die Breiteihrer Forschungsinteressen passt hervorragendin das wissenschaftliche Ge samt programm desInstituts“ sagt Prof. Bernard F. Schutz.

Prof. Dr. Helmuth Möhwald, einer der Grün-dungsdirektoren des Max-Planck-Instituts fürKolloid- und Grenzflächenforschung, leitete seit1993 die Abteilung „Grenzflächen“. Als Emeri-tus und Berater der Abteilung „Biomaterialien“bleibt er dem Institut aber erhalten. Zudem hater Funktionen als Berater der CEA (Commissa-riat à l'énergie atomique et aux énergies alter-natives) und als Mitherausgeber der ZeitschriftACS Nano übernommen. Das Gebiet der Physi-kalischen Chemie von Grenzflächen am MPI fürKolloid- und Grenzflächenforschung wird abdem 1. Juli 2014 durch eine unabhängige Nach-wuchsgruppe unter Leitung von Dr. KerstinBlank verstärkt. Frau Blank leitete bislang eineArbeitsgruppe an der Radboud UniversityNijmegen und ist eine ausgewiesene Expertinfür Kraft- und Fluoreszenzmessungen an einzel-nen Molekülen an Grenzflächen. Die Wissen-schaftlerin erforscht den Einfluss mechani-scher Signale auf die Struktur und Aktivität vonMolekülen mit Hilfe einer Kombination ausKraft- und Fluoreszenzmethoden. ¢

Prof. Dr. Helmuth Möhwaldgleich zweifach ausgezeichnet

Prof. Dr. Helmuth Möhwald, Direktor am MPIfür Kolloid- und Grenzflächenforschung, wurdemit dem Langmuir Lectureship Award derAmerikanischen Chemischen Gesellschaft(ACS) ausgezeichnet. Den Vortrag über seineArbeiten „From Langmuir Monolayers to Multi-layer Films and Capsules“ wird er auf der ACS-

Herbsttagung im Au -gust in San Franciscohalten. Auch der Preisder Königlich Spani-schen Gesellschaft fürChemie (RSEQ), derElyuhar-Goldschmidt-Preis, ging in diesemJahr an Prof. HelmuthMöhwald. ¢

Besuch bei Herrn Lehmann

„Ich bin mal bei Lehmann“ – wer sich in Golmso verabschiedet, meint keine Stippvisite inder Nachbarschaft, wahrscheinlich ist derBahnhof gemeint. Nach vollständiger Entker-nung, mit neuem Interieur eröffnet hierAnfang Juni die Gastwirtschaft „Herr Leh-mann“. So ist auch gleich klar, wer hier mitseinem guten Namen für den Betrieb einsteht:Mit viel Elan möchte der neue Betreiber, LutzLehmann, in den Räumen ein Ambiente schaf-fen, das verschiedenste Gäste anspricht. Indem Teil mit der sachlich geradlinigen Bestuh-lung kann man nach wie vor Wartezeitenangenehm überbrücken, es gibt aber auch

gemütliche Ecken zum Chillen und Plaudern.Der neue Biergarten neben dem Haus ist ide-al für warme Sommerabende. Heidschnucken,Strandkörbe und Leckereien vom Grill sollenein Flair von „Friedrichshain + Prenzlberg“ (= Reiherberg?) vermitteln. Im Winter geht’sdann in den Keller zum Billard. Der ganzeStolz von Lutz Lehmann ist die Küche. Auchsie wurde völlig neu eingerichtet. Ob Flamm-kuchen oder hausgemachte Suppen, alles solldort frisch zubereitet werden, sogar das „ToGo“ Angebot für Eilige.

Vielleicht entsteht hier ein weitererMosaikstein für die Golmer Mitte, die nachdem Maßnahmeplan den Ortsteil Golm bele-ben und zu einem Treffpunkt für die Men-

schen aus den Wohngebieten auf beidenBahnseiten werden soll. ¢ BBu

Gebündelte Kraft für denStandort

Ein besonderer Vorteil des Wissen-schaftsstandorts Potsdam-Golm ist dieenge Nachbarschaft von Universität,außeruniversitären wissenschaftlichenInstituten und dem GründerzentrumGO:IN. Neue Produkte, die in der For-schung angedacht wurden, können überAusgründungen schnell und in engemKontakt mit der Wissenschaft in die erstePhase am Markt eintreten. Mit dem Ange-bot günstiger Konditionen an die jungenUnternehmer sollten zukunftsträchtigeArbeitsplätze in Brandenburg entstehen.Ist dieser Plan aufgegangen? Standortma-nager Friedrich Winskowski gibt in die-sem Interview seine Einschätzung.

PS: Herr Winskowski, der Blick aus IhremBüro ist fast idyllisch. Blumenwiesen, Fel-der – die Umgebung eines Technologie-zentrums hätte man sich anders vorge-stellt.

F. Winskowski: Tatsächlich entspricht dieseSituation auch nicht ganz den Planungen.Schon im bestehenden Bebauungsplan desWissenschaftsstandorts sind bereits Gewerbe-gebiete, Ansiedlungsflächen für forschungs -nahe Betriebe mit zukunftsträchtigen Arbeits-plätzen vorgesehen. Der derzeit diskutierteBebauungsplan 129 sieht noch einmal 11 hagewerbliche Erweiterungsflächen für for-schungsnahe Produktion vor.

PS: Platz ist also vorhanden. Berücksich-tigt man die Einbettung in den Wissen-schaftsbetrieb, dazu noch die verkehrs-günstige Lage mit einigermaßen gutenAnbindungen durch ÖPNV, Bahn, Auto-bahn und Flughafen, würde man eine leb-hafte Nachfrage vermuten, wie ist denndie Lage?

F. Winskowski: Die Nachfrage ist definitivvorhanden, regelmäßig erhalte ich Anfragenvon gründungswilligen oder auch jungen Unter-nehmen. Auf Grund mangelnder Räumlichkei-ten muß ich absagen. Bei mittelständischen

Unternehmen erlebe ich leider immer wieder,dass sich die Bewerber noch während derGespräche an andere Standorte binden.

PS: Heißt das, die Bewilligungsverfahrensind zu langsam?

F. Winskowski: Einerseits sind die Verfahrenwenig abgestimmt und koordiniert. Dem Landgehören die Grundstücke, die ZAB und ILBbegleiten die Förderungen, der Landeshaupt-stadt obliegen, die Baubewilligungen und, undund. Andererseits fehlt es an kurzfristig zurVerfügung stehenden Räumen. Unser GO:IN istausgelastet und ein bereits zum Jahresanfangangedachtes neues Technologiezentrum andiesem Standort ist nicht in Sicht.

Niemand übernimmt für diesen Standorteine zentrale, treibende Verantwortung, undandere Standorte können einfach bessereBedingungen bieten.

PS: Was müsste nach Ihrer Meinung ge -schehen?

F. Winskowski: Unsere Forderungen auf mehrGeldmittel zu beschränken wäre zu einfach. Esstehen eine Reihe von Förderprogrammen zurVerfügung, die auch vor Ort genutzt werden.Was fehlt, ist eine Bündelung der Maßnahmen.Nur wenn wir mit geballter Kraft auftreten, kön-nen mir mit Standorten wie Berlin-Adlershof,Berlin-Buch, oder überregionalen Wirtschafts-parks konkurrieren.

PS: Würden Sie uns das näher erläutern?

F. Winskowski: Es reicht eben nicht aus, För-derprogramme auszuschreiben oder Grund-stücke zu bevorraten. Ich habe schon erwähnt,dass Landesministerien an der Förderungbeteiligt sind, dazu kommen noch die Liegen-schaftsverwaltung und Genehmigungsverfah-ren durch die Stadt Potsdam. Diese Situationführt dazu, dass keine Institution tatsächlichdie umfassende Verantwortung für den Stand-ort übernimmt. Hinzu kommt, dass man inPotsdam mit Unternehmen, die Wissenschaft

in handfeste Produkte überführen, noch nichtso viel Erfahrung hat. Außerdem sind die Rah-menbedingungen für Ansiedlungen nicht opti-mal. In Potsdam sind die Grundstücke teuer,auch die Gewerbesteuer ist höher als in unse-rem Umfeld. Bei Neugründungen zählt einfachjeder Euro. Andererseits zeigt die Erfahrunganderer Zentren, dass nach erfolgreicher Grün-dung jeder Euro an Fördermitteln sieben EuroSteuern generiert! Unternehmen stärken durchGewerbesteuer den Haushalt einer Stadt undschaffen zukunftsfähige Arbeitsplätze.

Mir fehlt konkret eine konzertierte Aktionzur Ansiedlung von kleinen und mittelständi-schen Unternehmen, mir fehlt eine klares wirt-schaftspolitisches und wirtschaftstrategischeKonzept für den Wissenschaftspark Golm.

PS: Welche Rolle spielt die Infrastrukturvor Ort?

F. Winskowski: Bei dem heutigen Fachkräfte-mangel ist es für jedes Unternehmen wichtig,den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einattraktives, familienfreundliches Umfeld zu bie-ten. Infrastrukturelemente wie Einkaufsmög-lichkeiten, Kindertagesstätten, hohe Mobilitätauch im ÖPNV, Gastronomie, Freizeitmöglich-keiten, Wohnen etc. entwickeln sich sorgsamweiter. Zufriedenheit am Arbeits- und WohnortGolm ergibt sich aber auch aus der Möglichkeitder Einflussnahme, der Mitgestaltung. In die-sem Sinne haben engagierte Bürgerinnen undBürger Golms in Zusammenarbeit mit Vertre-tern des Wissenschaftsparks und der Stadtver-waltung einen Maßnahmeplan mit detailliertenVorschlägen erarbeitet und veröffentlicht. DieVerabschiedung durch die Stadtverordneten-versammlung sollte ursprünglich im September2013 erfolgen - nun hoffen wir, dass dies nochin 2014 geschieht. Mit der Umsetzung desMaßnahmeplans könnte die Stadt ein positivesSignal für einen attraktiven, zukunftsorientier-ten Wohn- und Wirtschaftsstandort in Potsdamsetzen.

PS: Vielen Dank für das Gespräch. ¢Die Fragen stellte: BBu

Antrittsvorlesung

09.07.2014 Hörsaal 02.25.F.1.01, 17:30 Uhr Prof. Dr. Giovanni Bruno, Institut für Physikund Astronomie/BAM „Von Nano bis Makro: Materialien durch Multi-Skala Charakterisierung verstehen“

Tag der Offenen Türen im Wissenschaftspark

06.09.2014, ab 11.00 Uhr www.offene-tueren-golm.de

14. Schwarzheider Kunststoffkolloquium

16. und 17. 09. 2014 , Fraunhofer-IAP Der Kunststoff-Verbund Brandenburg Berlin e.V.lädt, in Kooperation mit dem Fraunhofer-Insti-tut für Angewandte Polymerforschung IAP undder BASF Schwarzheide GmbH, am 16. und 17. September 2014 zum 14. SchwarzheiderKunststoffkolloquium ein. Themenschwer-punkte sind in diesem Jahr Elastomere, Com-posite, Märkte und Trends sowie Neues ausder Kunststofftechnik. www.kuvbb.de

Konzert des Campus Jazz - Chors

06.07.2014, 17.00 Uhr, Kirche Golm

Ehemaligentreffen/AlumniMeeting

20.06.2014, MPI Kolloid- und Grenz flächenforschung

Faserforschung am FraunhoferIAP wird mit neuer Nassspinn-anlage weiter ausgebaut

Seit März 2014 steht im Technikum inPotsdam-Golm eine neue Nassspinnan-lage zur Verfügung. Mit der Investition ineine zweite Anlage hat das FraunhoferIAP auf die erhöhte Nachfrage der Indu-strie und auf den damit verbundenensteigenden Forschungsbedarf reagiert.

Fasern kommen in unterschiedlichsten Anwen-dungen zum Einsatz. Nicht nur in der Beklei-dungsindustrie auch in der Automobil- oderBauindustrie sind maßgeschneiderte Fasernund Herstellungsprozesse gefragt, wobei dieAnforderungen je nach Nutzung der Faser sehrunterschiedlich sein können (u.a. reißfestereFasern). Am Fraunhofer IAP steht vor allem dieEntwicklung von umweltfreundlichen und effi-zienten Spinntechnologien im Mittelpunkt.

Im Forschungsbereich Biopolymere desInstituts wird an biobasierten Regeneratfasernwie Viskose oder Lyocell geforscht. Sie beste-hen im Gegensatz zu erdölbasierten, syntheti-schen Fasern aus natürlichen Polymeren wie

z.B. Cellulose. Um eine Viskoseendlosfaserherzustellen, muss die Cellulose zunächst che-misch modifiziert werden, um diese lösen zukönnen. Die Spinnlösung gelangt in der Spinn-anlage durch eine Düse in ein Fällbad. Aus denEinzelfäden entsteht dann in weiteren Prozes-sen das sogenannte Endlosgarn. In der neuinstallierten Nassspinnanlage kommen Düsenmit bis zu 3000 kleinen Löchern zum Einsatz.Jedes einzelne Loch hat einen Durchmesservon nur 50 Mikrometern, das entspricht inetwa der Dicke eines menschlichen Haars. Mitder höheren Einzelfaseranzahl kann am Fraun-hofer IAP Endlosgarn im industrienahen Maß-stab hergestellt werden. Was in der neuenAnlage funktioniert, kann direkt in den Techni-kumsmaßstab der großen Industriebetriebeübertragen werden. Mit Hilfe von umfangrei-chen Analytik-Methoden, z. B. der Röntgen-streuung, können die Forscher zudem feststel-len, wie sich Variationen im Herstellungspro-zess auf die Struktur und damit auf dieEigenschaften der Fasern auswirken.

Das Viskoseverfahren ist das bedeutend-ste Verfahren zur Herstellung von Chemiefa-sern aus Cellulose, doch der Einsatz vonSchwefelkohlenstoff, bei der Herstellung, istökologisch bedenklich. Als umweltfreundlicheAlternative forschen die Wissenschaftler amFraunhofer IAP deshalb seit einiger Zeit an der

Cellulosecarbamat-Technologie. Bei diesemVerfahren kommt Harnstoff als Ersatz fürSchwefelkohlenstoff zum Einsatz. Derzeit wirdnoch an der Optimierung der Synthese sowiedes Spinnprozesses gearbeitet, doch der Abtei-lungsleiter für Fasertechnologie, Dr. André Leh-mann, ist sich sicher, dass das Cellulosecarba-mat-Verfahren bald auch im Industriemaßstabzum Einsatz kommen kann. Und noch ein The-ma beschäftigt die Forscher im Bereich Faser-technologie – die Herstellung von biobasiertenCarbonfasern. Dabei kommt das bei der Zell-stoffherstellung anfallende NebenproduktLignin zum Einsatz. Die Umformung des Ligninssowie der darauf angepasste Carbonisierungs-prozess stehen dabei im Fokus der Forschung.Das Verfahren soll bald als umweltfreundliche-re und kostengünstigere Alternative zu dem amMarkt etablierten, erdölbasierten System ange-boten werden können. ¢ K. Begemann

Chemiker der Universität Potsdam gewürdigt

Der Bunsen-Kirchhoff-Preis für analyti-sche Spektroskopie 2014 ging an Dr.Oliver Reich. Diesen Preis vergeben derDeutsche Arbeitskreis für AngewandteSpektroskopie (DASp) und die Gesell-schaft Deutscher Chemiker (GDCh).

Der Chemiker Dr. Oliver Reich von der Universi-tät Potsdam erhielt den Bunsen-Kirchhoff-Preisfür analytische Spektroskopie 2014. Mit derAuszeichnung werden herausragende Leistun-gen insbesondere jüngerer Wissenschaftler aufdem Gebiet der analytischen Spektroskopiegewürdigt. Oliver Reich ist Nachwuchsgruppen-leiter bei innoFSPEC Potsdam, einem Gemein-schaftsvorhaben der Physikalischen Chemieder Universität Potsdam und des Leibniz-Insti-

tuts für Astrophysik Potsdam auf dem Gebietder faseroptischen Spektroskopie und Senso-rik. Die laserbasierte, faser-optische Photonen-dichtewellen (PDW)-Spektroskopie gestattetfundamentale Betrachtungen der Lichtausbrei-tung in stark streuenden Materialien.

Oliver Reich leitet seit 2009 die Nach-wuchsgruppe „Innovative Fasersensorik“ amZentrum innoFSPEC und beschäftigt sichneben der Weiterentwicklung der PDW-Spek-

troskopie mit weiterenfaser-optischen Me -thoden. 2013 gründe-te Oliver Reich diePDW Analytics GmbHund ist dort ne ben seiner akademischenTätigkeit ge schäfts füh -render Gesellschafter.¢

vorgemerkt

kooperiert Park ‘n’ Life

nachgefragt

ImpressumHerausgeber: Standortmanagement Golm GmbH, Am Mühlenberg 11, 14476 Potsdam-Golm; Redaktion (verantwortlich): Barbara Buller, wiss+pa, Potsdam-Golm, [email protected];Beirat: Kathrin Begemann, Dr. Barbara Eckardt, Birgit Mangelsdorf, Dr. Elke Müller, Dr. Armin Renner, Ursula Roß-Stitt, Katja Schulze, Dr. Stephanie Schwarz;Gestaltung: pigurdesign, Potsdam; Druck: G&S Druck GmbH, Potsdam

geehrt

Ehrendoktorwürde für den Präsidenten der UniversitätPotsdam

Prof. Oliver Günther, Ph.D. wurde Ehren-doktor der American Jewish University.

Der Präsident der Universität Potsdam wurdein einer feierlichen Graduation Ceremony mitdem Doctor of Humane Letters, honoris causa,der American Jewish University in Los Angeles,Kalifornien ausgezeichnet. Die Universität wür-digt so die herausragenden wissenschaftli-

chen Erfolge des Präsidenten der UniversitätPotsdam insbesondere im Bereich der Infor-mationssysteme und während seiner Zeit alsProfessor für Wirtschaftsinformatik an derHumboldt-Universität zu Berlin. Die Auszeich-nung bezieht sich nicht nur auf die großeAnzahl von Fachpublikationen sondern auchauf den großen Einsatz des Präsidenten derUniversität Potsdam für die Einrichtung dereuropaweit einzigartigen School of JewishTheology, die im Wintersemester 2013/14 ihreArbeit aufgenommen hat. Die School of JewishTheologie arbeitet eng mit dem Abraham Gei-ger Kolleg, dem Zacharias Frankel Collegesowie dem Zentrum Jüdische Studien Berlin-Brandenburg zusammen und schafft somit

hervorragende Möglichkeiten für jüdische aka-demische Arbeit. ¢

persönlich

Noch ist der Golmer Bahnhof im Winterschlaf – im Juni

wird es lebhafter

Foto: R. Hoefgen

Foto: MPIKG/GnaudschunFoto: privat

Foto: AJU

Foto: BILDHAUS

Prof. Dr. Alessandra Buonanno, Dr. Kerstin Blank

Irrlichter auf dem Reiherberg

Die Golmer Bürgerinitiative „Golm unterStrom“ führt den Effekt des elektroma-gnetischen Felds der Stromtrasse vor.

In der Dämmerung traf sich eine Gruppe enga-gierter Golmer auf dem Reiherberg. Unter demtiefsten Punkt der bestehenden, „nur“ 75kVstarken Freileitung setzten sie ihre mitgebrach-ten normalen, handelsüblichen Leuchtstoffröh-ren dem elektromagnetischen Feld aus – undtatsächlich leuchteten die Lampen auf. So wur-de der Kern der Diskussion um die geplanteErneuerung, bzw. Verstärkung der Freileitungauf 110 kV eindrucksvoll vor Augen geführt: dieWirkungen des elektromagnetischen Feldes,

die mit der angelegten Spannung noch zuneh-men. Noch sind Auswirkungen elektromagneti-scher Felder dieser Größenordnung auf denMenschen wissenschaftlich nicht nachgewie-sen – Grund genug bei einer geplanten Verän-derung alle Vorsicht walten zu lassen.

Für Marquardt wurde mit der Edis AG eineneue Trassenführung außerhalb des Ortes ver-handelt. Die für Golm derzeit favorisierte Erd-verkabelung würde Mehrkosten von 3,5 Millio-nen Euro verursachen, für die laut Edis AG dieStadt Potsdam aufzukommen hätte. Da dieseKosten im Etat der Landeshauptstadt nicht ent-halten sind, bliebe noch der Bürger als letztesGlied in der Kette. Tatsächlich erhielten dieGrundstückseigentümer rund um die Strom-trasse per Einschreiben /Rückschein Anfragenvon der Stadt, ob sie „grundsätzlich“ bereit sei-en, sich aufgrund der Wertsteigerung ihrerGrundstücke an den Kosten zu beteiligen. Da

bisher weder Zahlen, Zahlungsmodalitäten,noch Härtefallbestimmungen geregelt sind, istes fraglich, ob sich die Bürger auf ein solchesVerfahren einlassen. Auch zwischen geschäftli-chen und privaten Interessen wird nicht unter-schieden. Sollte die Anfrage negativ verlaufen,ist auf jeden Fall sichergestellt, wem man denSchwarzen Peter für das Scheitern der Ver-handlungen überreichen könnte. ¢ BBu

Foto: D. Weirauch

Das elektrische Feld unter der Golmer Hochspannungs-

leitung lässt Lampen aufleuchten.

Foto: T. Budde

Reifende Tomaten, die unterschiedliche Carotinoide

produzieren. Oben: Synthetisiert wird das rote Caroti-

noid Lycopin. Unten: Statt rotem Lycopin wird oranges

β-Carotin (aus dem der menschliche Körper Vitamin A

herstellen kann) produziert .

Nassspinnanlage für neue Fasern im Technikumsmaßstab

Foto: privat Foto: privat

www.wissenschaftspark-potsdam.de

Dr. Robert Wexler, Präsident der American Jewish

University, Prof. Oliver Günther, Ph.D., Präsident der

Universität Potsdam und Rabbiner Prof. Dr. Bradley S.

Artson, Dean der Ziegler School of Rabbinic Studies

und Vizepräsident der AJU

Pflanzen – Grüne Fabriken derZukunft

Wissenschaftler des Max-Planck-Insti-tuts für Molekulare Pflanzenphysiologie(MPI-MP) werden im Rahmen der EU-Forschungsinitiative DISCO für die näch-sten vier Jahre mit 860.000 Euro geför-dert um pflanzliche Ressourcen zuerschließen.

Pflanzliche Inhaltstoffe werden seit Jahrtausen-den u. a. zur Produktion von Arznei-, Futter-und Nahrungsergänzungsmitteln sowie für dieHerstellung von Kosmetika genutzt. Dazu wer-den Wirkstoffe aus Pflanzen isoliert, extrahiertund angereichert oder ihr Aufbau und ihreStruktur dienen als Bauplan und Vorlage um siechemisch nachzubauen und industriell herzu-stellen. Forscher um Prof. Dr. Ralph Bock wer-den zusammen mit Kooperations-Partnern ausdem In- und Ausland neue Wege gehen, umbestimmte pflanzliche Stoffgruppen für dieNutzung in der Medizin, oder als wichtige Nah-rungszusatz- oder Ergänzungsmittel zu er -schließen und ihre Produktion innerhalb derPflanze zu optimieren.

Während der Projektlaufzeit werden u. a.neue biotechnologische Verfahren entwickeltund angewendet werden, um Pflanzen alsFabrikationsorte verwenden zu können. „Wenn

es uns gelingt Pflanzen als grüne Fabriken zunutzen, so leisten wir damit nicht nur einen Bei-trag zur nachhaltigen Produktion, sondern tra-gen zur Entlastung der Umwelt bei, da auf man-che chemische Syntheseverfahren zukünftigverzichtet werden könnte“, äußert sich Prof.Bock enthusiastisch zum Projekt. Der Begriff„DISCO“ steht hier für neue Verfahren zurnachhaltigen Nutzung von Bioressourcen, dievon der Entdeckung (DISCOvery) zum Produktführen sollen.

Zwei Pflanzenfamilien erscheinen für dieUntersuchungen besonders vielversprechend:Nachtschattengewächse wie Kartoffeln, Tomateoder Tabak und Schwertliliengewächse, zudenen u. a. Safran, eine Krokusart, gehört.Zunächst wird es um die Stoffe Solanesol, Sco-polamin und verschiedene Carotinoide gehen.Bei Solanesol handelt es sich um ein Terpenoid,das in Tabak- und Kartoffelblättern vorkommtund Krebserkrankungen vorbeugen kann, gegenArteriosklerose wirksam ist oder auch als Anti-Aging-Mittel eingesetzt wird. Das Alkaloid Sco-polamin kommt gleichfalls in Nachtschattenge-wächsen vor und kann Schmerzen stillen undReisekrankheiten (z. B. Seekrankheit) lindern.Bei den Carotinoiden handelt es sich um einefacettenreiche Gruppe pflanzlicher Farbstoffe.Sie lassen sich u.a. als Futterzusatzstoff in Aqua -kulturen, sowie als Lichtschutz für die Haut undzur Vorbeugung gegen Hautalterung einsetzen.

Im Projekt werden Methoden des „MetabolicEngineering“ eingesetzt und weiterentwickelt,mit deren Hilfe es möglich ist, die Produktionbestimmter Verbindungen zu steuern, oderaber ganze Biosynthesewege von einem Orga-nismus auf einen anderen zu übertragen.

Am Projekt DISCO sind insgesamt 15Kooperationspartner aus sieben Ländern betei-ligt. Wissenschaftler aus Belgien, Chile, Deut -schland, England, Israel, Italien und Rumänienarbeiten gemeinsam daran Pflanzen effektiv fürdie Produktion hochwertiger Wirkstoffe für denmenschlichen Bedarf zu nutzen. Das Projekthat eine Laufzeit von 4 Jahren und wird von derEuropäischen Union mit 6,5 Mio. Euro geför-dert (http://disco-fp7.eu/). ¢ URS

Veränderungen am Max-Planck-Campus

Gleich zwei von den drei Max-Planck-Instituten in Potsdam-Golm erlebendurch die Emeritierung von Prof. Dr. Ber-nard Schutz und Prof. Dr. Helmuth Möh-wald einen Wechsel an ihrer Spitze. Diebeiden Gründungsdirektoren haben vonAnfang an den Standort Golm mitge-prägt. Die neue Direktorin am AEI Prof.Alessandra Buonanno und die Nach-wuchsgruppenleiterin Dr. Kerstin Blankfinden ein wohlbestelltes Umfeld vor.

Nach 19jähriger Tätigkeit am Albert-Einstein-Institut (AEI) wird Gründungsdirektor BernardSchutz emeritiert. Professor Alessandra Buo-nanno, die Wunschkandidatin der AEI-Direkto-ren und derzeit Physikprofessorin an der Univer-

sity of Maryland in College Park, wird die füh-rende Rolle des Instituts auf dem Gebiet derGravitationswellenmessung und der Forschungan Schwarzen Löchern weiter stärken.

„Prof. Buonanno ist in der internationalenGemeinschaft der Gravitationswellenforschersehr anerkannt. Ihre fachliche Kompetenz istgenau das, was das Institut jetzt braucht: in dreioder vier Jahren rechnen wir mit der erstenMessung von Gravitationswellen, und die Breiteihrer Forschungsinteressen passt hervorragendin das wissenschaftliche Ge samt programm desInstituts“ sagt Prof. Bernard F. Schutz.

Prof. Dr. Helmuth Möhwald, einer der Grün-dungsdirektoren des Max-Planck-Instituts fürKolloid- und Grenzflächenforschung, leitete seit1993 die Abteilung „Grenzflächen“. Als Emeri-tus und Berater der Abteilung „Biomaterialien“bleibt er dem Institut aber erhalten. Zudem hater Funktionen als Berater der CEA (Commissa-riat à l'énergie atomique et aux énergies alter-natives) und als Mitherausgeber der ZeitschriftACS Nano übernommen. Das Gebiet der Physi-kalischen Chemie von Grenzflächen am MPI fürKolloid- und Grenzflächenforschung wird abdem 1. Juli 2014 durch eine unabhängige Nach-wuchsgruppe unter Leitung von Dr. KerstinBlank verstärkt. Frau Blank leitete bislang eineArbeitsgruppe an der Radboud UniversityNijmegen und ist eine ausgewiesene Expertinfür Kraft- und Fluoreszenzmessungen an einzel-nen Molekülen an Grenzflächen. Die Wissen-schaftlerin erforscht den Einfluss mechani-scher Signale auf die Struktur und Aktivität vonMolekülen mit Hilfe einer Kombination ausKraft- und Fluoreszenzmethoden. ¢

Prof. Dr. Helmuth Möhwaldgleich zweifach ausgezeichnet

Prof. Dr. Helmuth Möhwald, Direktor am MPIfür Kolloid- und Grenzflächenforschung, wurdemit dem Langmuir Lectureship Award derAmerikanischen Chemischen Gesellschaft(ACS) ausgezeichnet. Den Vortrag über seineArbeiten „From Langmuir Monolayers to Multi-layer Films and Capsules“ wird er auf der ACS-

Herbsttagung im Au -gust in San Franciscohalten. Auch der Preisder Königlich Spani-schen Gesellschaft fürChemie (RSEQ), derElyuhar-Goldschmidt-Preis, ging in diesemJahr an Prof. HelmuthMöhwald. ¢

Besuch bei Herrn Lehmann

„Ich bin mal bei Lehmann“ – wer sich in Golmso verabschiedet, meint keine Stippvisite inder Nachbarschaft, wahrscheinlich ist derBahnhof gemeint. Nach vollständiger Entker-nung, mit neuem Interieur eröffnet hierAnfang Juni die Gastwirtschaft „Herr Leh-mann“. So ist auch gleich klar, wer hier mitseinem guten Namen für den Betrieb einsteht:Mit viel Elan möchte der neue Betreiber, LutzLehmann, in den Räumen ein Ambiente schaf-fen, das verschiedenste Gäste anspricht. Indem Teil mit der sachlich geradlinigen Bestuh-lung kann man nach wie vor Wartezeitenangenehm überbrücken, es gibt aber auch

gemütliche Ecken zum Chillen und Plaudern.Der neue Biergarten neben dem Haus ist ide-al für warme Sommerabende. Heidschnucken,Strandkörbe und Leckereien vom Grill sollenein Flair von „Friedrichshain + Prenzlberg“ (= Reiherberg?) vermitteln. Im Winter geht’sdann in den Keller zum Billard. Der ganzeStolz von Lutz Lehmann ist die Küche. Auchsie wurde völlig neu eingerichtet. Ob Flamm-kuchen oder hausgemachte Suppen, alles solldort frisch zubereitet werden, sogar das „ToGo“ Angebot für Eilige.

Vielleicht entsteht hier ein weitererMosaikstein für die Golmer Mitte, die nachdem Maßnahmeplan den Ortsteil Golm bele-ben und zu einem Treffpunkt für die Men-

schen aus den Wohngebieten auf beidenBahnseiten werden soll. ¢ BBu

Gebündelte Kraft für denStandort

Ein besonderer Vorteil des Wissen-schaftsstandorts Potsdam-Golm ist dieenge Nachbarschaft von Universität,außeruniversitären wissenschaftlichenInstituten und dem GründerzentrumGO:IN. Neue Produkte, die in der For-schung angedacht wurden, können überAusgründungen schnell und in engemKontakt mit der Wissenschaft in die erstePhase am Markt eintreten. Mit dem Ange-bot günstiger Konditionen an die jungenUnternehmer sollten zukunftsträchtigeArbeitsplätze in Brandenburg entstehen.Ist dieser Plan aufgegangen? Standortma-nager Friedrich Winskowski gibt in die-sem Interview seine Einschätzung.

PS: Herr Winskowski, der Blick aus IhremBüro ist fast idyllisch. Blumenwiesen, Fel-der – die Umgebung eines Technologie-zentrums hätte man sich anders vorge-stellt.

F. Winskowski: Tatsächlich entspricht dieseSituation auch nicht ganz den Planungen.Schon im bestehenden Bebauungsplan desWissenschaftsstandorts sind bereits Gewerbe-gebiete, Ansiedlungsflächen für forschungs -nahe Betriebe mit zukunftsträchtigen Arbeits-plätzen vorgesehen. Der derzeit diskutierteBebauungsplan 129 sieht noch einmal 11 hagewerbliche Erweiterungsflächen für for-schungsnahe Produktion vor.

PS: Platz ist also vorhanden. Berücksich-tigt man die Einbettung in den Wissen-schaftsbetrieb, dazu noch die verkehrs-günstige Lage mit einigermaßen gutenAnbindungen durch ÖPNV, Bahn, Auto-bahn und Flughafen, würde man eine leb-hafte Nachfrage vermuten, wie ist denndie Lage?

F. Winskowski: Die Nachfrage ist definitivvorhanden, regelmäßig erhalte ich Anfragenvon gründungswilligen oder auch jungen Unter-nehmen. Auf Grund mangelnder Räumlichkei-ten muß ich absagen. Bei mittelständischen

Unternehmen erlebe ich leider immer wieder,dass sich die Bewerber noch während derGespräche an andere Standorte binden.

PS: Heißt das, die Bewilligungsverfahrensind zu langsam?

F. Winskowski: Einerseits sind die Verfahrenwenig abgestimmt und koordiniert. Dem Landgehören die Grundstücke, die ZAB und ILBbegleiten die Förderungen, der Landeshaupt-stadt obliegen, die Baubewilligungen und, undund. Andererseits fehlt es an kurzfristig zurVerfügung stehenden Räumen. Unser GO:IN istausgelastet und ein bereits zum Jahresanfangangedachtes neues Technologiezentrum andiesem Standort ist nicht in Sicht.

Niemand übernimmt für diesen Standorteine zentrale, treibende Verantwortung, undandere Standorte können einfach bessereBedingungen bieten.

PS: Was müsste nach Ihrer Meinung ge -schehen?

F. Winskowski: Unsere Forderungen auf mehrGeldmittel zu beschränken wäre zu einfach. Esstehen eine Reihe von Förderprogrammen zurVerfügung, die auch vor Ort genutzt werden.Was fehlt, ist eine Bündelung der Maßnahmen.Nur wenn wir mit geballter Kraft auftreten, kön-nen mir mit Standorten wie Berlin-Adlershof,Berlin-Buch, oder überregionalen Wirtschafts-parks konkurrieren.

PS: Würden Sie uns das näher erläutern?

F. Winskowski: Es reicht eben nicht aus, För-derprogramme auszuschreiben oder Grund-stücke zu bevorraten. Ich habe schon erwähnt,dass Landesministerien an der Förderungbeteiligt sind, dazu kommen noch die Liegen-schaftsverwaltung und Genehmigungsverfah-ren durch die Stadt Potsdam. Diese Situationführt dazu, dass keine Institution tatsächlichdie umfassende Verantwortung für den Stand-ort übernimmt. Hinzu kommt, dass man inPotsdam mit Unternehmen, die Wissenschaft

in handfeste Produkte überführen, noch nichtso viel Erfahrung hat. Außerdem sind die Rah-menbedingungen für Ansiedlungen nicht opti-mal. In Potsdam sind die Grundstücke teuer,auch die Gewerbesteuer ist höher als in unse-rem Umfeld. Bei Neugründungen zählt einfachjeder Euro. Andererseits zeigt die Erfahrunganderer Zentren, dass nach erfolgreicher Grün-dung jeder Euro an Fördermitteln sieben EuroSteuern generiert! Unternehmen stärken durchGewerbesteuer den Haushalt einer Stadt undschaffen zukunftsfähige Arbeitsplätze.

Mir fehlt konkret eine konzertierte Aktionzur Ansiedlung von kleinen und mittelständi-schen Unternehmen, mir fehlt eine klares wirt-schaftspolitisches und wirtschaftstrategischeKonzept für den Wissenschaftspark Golm.

PS: Welche Rolle spielt die Infrastrukturvor Ort?

F. Winskowski: Bei dem heutigen Fachkräfte-mangel ist es für jedes Unternehmen wichtig,den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einattraktives, familienfreundliches Umfeld zu bie-ten. Infrastrukturelemente wie Einkaufsmög-lichkeiten, Kindertagesstätten, hohe Mobilitätauch im ÖPNV, Gastronomie, Freizeitmöglich-keiten, Wohnen etc. entwickeln sich sorgsamweiter. Zufriedenheit am Arbeits- und WohnortGolm ergibt sich aber auch aus der Möglichkeitder Einflussnahme, der Mitgestaltung. In die-sem Sinne haben engagierte Bürgerinnen undBürger Golms in Zusammenarbeit mit Vertre-tern des Wissenschaftsparks und der Stadtver-waltung einen Maßnahmeplan mit detailliertenVorschlägen erarbeitet und veröffentlicht. DieVerabschiedung durch die Stadtverordneten-versammlung sollte ursprünglich im September2013 erfolgen - nun hoffen wir, dass dies nochin 2014 geschieht. Mit der Umsetzung desMaßnahmeplans könnte die Stadt ein positivesSignal für einen attraktiven, zukunftsorientier-ten Wohn- und Wirtschaftsstandort in Potsdamsetzen.

PS: Vielen Dank für das Gespräch. ¢Die Fragen stellte: BBu

Antrittsvorlesung

09.07.2014 Hörsaal 02.25.F.1.01, 17:30 Uhr Prof. Dr. Giovanni Bruno, Institut für Physikund Astronomie/BAM „Von Nano bis Makro: Materialien durch Multi-Skala Charakterisierung verstehen“

Tag der Offenen Türen im Wissenschaftspark

06.09.2014, ab 11.00 Uhr www.offene-tueren-golm.de

14. Schwarzheider Kunststoffkolloquium

16. und 17. 09. 2014 , Fraunhofer-IAP Der Kunststoff-Verbund Brandenburg Berlin e.V.lädt, in Kooperation mit dem Fraunhofer-Insti-tut für Angewandte Polymerforschung IAP undder BASF Schwarzheide GmbH, am 16. und 17. September 2014 zum 14. SchwarzheiderKunststoffkolloquium ein. Themenschwer-punkte sind in diesem Jahr Elastomere, Com-posite, Märkte und Trends sowie Neues ausder Kunststofftechnik. www.kuvbb.de

Konzert des Campus Jazz - Chors

06.07.2014, 17.00 Uhr, Kirche Golm

Ehemaligentreffen/AlumniMeeting

20.06.2014, MPI Kolloid- und Grenz flächenforschung

Faserforschung am FraunhoferIAP wird mit neuer Nassspinn-anlage weiter ausgebaut

Seit März 2014 steht im Technikum inPotsdam-Golm eine neue Nassspinnan-lage zur Verfügung. Mit der Investition ineine zweite Anlage hat das FraunhoferIAP auf die erhöhte Nachfrage der Indu-strie und auf den damit verbundenensteigenden Forschungsbedarf reagiert.

Fasern kommen in unterschiedlichsten Anwen-dungen zum Einsatz. Nicht nur in der Beklei-dungsindustrie auch in der Automobil- oderBauindustrie sind maßgeschneiderte Fasernund Herstellungsprozesse gefragt, wobei dieAnforderungen je nach Nutzung der Faser sehrunterschiedlich sein können (u.a. reißfestereFasern). Am Fraunhofer IAP steht vor allem dieEntwicklung von umweltfreundlichen und effi-zienten Spinntechnologien im Mittelpunkt.

Im Forschungsbereich Biopolymere desInstituts wird an biobasierten Regeneratfasernwie Viskose oder Lyocell geforscht. Sie beste-hen im Gegensatz zu erdölbasierten, syntheti-schen Fasern aus natürlichen Polymeren wie

z.B. Cellulose. Um eine Viskoseendlosfaserherzustellen, muss die Cellulose zunächst che-misch modifiziert werden, um diese lösen zukönnen. Die Spinnlösung gelangt in der Spinn-anlage durch eine Düse in ein Fällbad. Aus denEinzelfäden entsteht dann in weiteren Prozes-sen das sogenannte Endlosgarn. In der neuinstallierten Nassspinnanlage kommen Düsenmit bis zu 3000 kleinen Löchern zum Einsatz.Jedes einzelne Loch hat einen Durchmesservon nur 50 Mikrometern, das entspricht inetwa der Dicke eines menschlichen Haars. Mitder höheren Einzelfaseranzahl kann am Fraun-hofer IAP Endlosgarn im industrienahen Maß-stab hergestellt werden. Was in der neuenAnlage funktioniert, kann direkt in den Techni-kumsmaßstab der großen Industriebetriebeübertragen werden. Mit Hilfe von umfangrei-chen Analytik-Methoden, z. B. der Röntgen-streuung, können die Forscher zudem feststel-len, wie sich Variationen im Herstellungspro-zess auf die Struktur und damit auf dieEigenschaften der Fasern auswirken.

Das Viskoseverfahren ist das bedeutend-ste Verfahren zur Herstellung von Chemiefa-sern aus Cellulose, doch der Einsatz vonSchwefelkohlenstoff, bei der Herstellung, istökologisch bedenklich. Als umweltfreundlicheAlternative forschen die Wissenschaftler amFraunhofer IAP deshalb seit einiger Zeit an der

Cellulosecarbamat-Technologie. Bei diesemVerfahren kommt Harnstoff als Ersatz fürSchwefelkohlenstoff zum Einsatz. Derzeit wirdnoch an der Optimierung der Synthese sowiedes Spinnprozesses gearbeitet, doch der Abtei-lungsleiter für Fasertechnologie, Dr. André Leh-mann, ist sich sicher, dass das Cellulosecarba-mat-Verfahren bald auch im Industriemaßstabzum Einsatz kommen kann. Und noch ein The-ma beschäftigt die Forscher im Bereich Faser-technologie – die Herstellung von biobasiertenCarbonfasern. Dabei kommt das bei der Zell-stoffherstellung anfallende NebenproduktLignin zum Einsatz. Die Umformung des Ligninssowie der darauf angepasste Carbonisierungs-prozess stehen dabei im Fokus der Forschung.Das Verfahren soll bald als umweltfreundliche-re und kostengünstigere Alternative zu dem amMarkt etablierten, erdölbasierten System ange-boten werden können. ¢ K. Begemann

Chemiker der Universität Potsdam gewürdigt

Der Bunsen-Kirchhoff-Preis für analyti-sche Spektroskopie 2014 ging an Dr.Oliver Reich. Diesen Preis vergeben derDeutsche Arbeitskreis für AngewandteSpektroskopie (DASp) und die Gesell-schaft Deutscher Chemiker (GDCh).

Der Chemiker Dr. Oliver Reich von der Universi-tät Potsdam erhielt den Bunsen-Kirchhoff-Preisfür analytische Spektroskopie 2014. Mit derAuszeichnung werden herausragende Leistun-gen insbesondere jüngerer Wissenschaftler aufdem Gebiet der analytischen Spektroskopiegewürdigt. Oliver Reich ist Nachwuchsgruppen-leiter bei innoFSPEC Potsdam, einem Gemein-schaftsvorhaben der Physikalischen Chemieder Universität Potsdam und des Leibniz-Insti-

tuts für Astrophysik Potsdam auf dem Gebietder faseroptischen Spektroskopie und Senso-rik. Die laserbasierte, faser-optische Photonen-dichtewellen (PDW)-Spektroskopie gestattetfundamentale Betrachtungen der Lichtausbrei-tung in stark streuenden Materialien.

Oliver Reich leitet seit 2009 die Nach-wuchsgruppe „Innovative Fasersensorik“ amZentrum innoFSPEC und beschäftigt sichneben der Weiterentwicklung der PDW-Spek-

troskopie mit weiterenfaser-optischen Me -thoden. 2013 gründe-te Oliver Reich diePDW Analytics GmbHund ist dort ne ben seiner akademischenTätigkeit ge schäfts füh -render Gesellschafter.¢

vorgemerkt

kooperiert Park ‘n’ Life

nachgefragt

ImpressumHerausgeber: Standortmanagement Golm GmbH, Am Mühlenberg 11, 14476 Potsdam-Golm; Redaktion (verantwortlich): Barbara Buller, wiss+pa, Potsdam-Golm, [email protected];Beirat: Kathrin Begemann, Dr. Barbara Eckardt, Birgit Mangelsdorf, Dr. Elke Müller, Dr. Armin Renner, Ursula Roß-Stitt, Katja Schulze, Dr. Stephanie Schwarz;Gestaltung: pigurdesign, Potsdam; Druck: G&S Druck GmbH, Potsdam

geehrt

Ehrendoktorwürde für den Präsidenten der UniversitätPotsdam

Prof. Oliver Günther, Ph.D. wurde Ehren-doktor der American Jewish University.

Der Präsident der Universität Potsdam wurdein einer feierlichen Graduation Ceremony mitdem Doctor of Humane Letters, honoris causa,der American Jewish University in Los Angeles,Kalifornien ausgezeichnet. Die Universität wür-digt so die herausragenden wissenschaftli-

chen Erfolge des Präsidenten der UniversitätPotsdam insbesondere im Bereich der Infor-mationssysteme und während seiner Zeit alsProfessor für Wirtschaftsinformatik an derHumboldt-Universität zu Berlin. Die Auszeich-nung bezieht sich nicht nur auf die großeAnzahl von Fachpublikationen sondern auchauf den großen Einsatz des Präsidenten derUniversität Potsdam für die Einrichtung dereuropaweit einzigartigen School of JewishTheology, die im Wintersemester 2013/14 ihreArbeit aufgenommen hat. Die School of JewishTheologie arbeitet eng mit dem Abraham Gei-ger Kolleg, dem Zacharias Frankel Collegesowie dem Zentrum Jüdische Studien Berlin-Brandenburg zusammen und schafft somit

hervorragende Möglichkeiten für jüdische aka-demische Arbeit. ¢

persönlich

Noch ist der Golmer Bahnhof im Winterschlaf – im Juni

wird es lebhafter

Foto: R. Hoefgen

Foto: MPIKG/GnaudschunFoto: privat

Foto: AJU

Foto: BILDHAUS

Prof. Dr. Alessandra Buonanno, Dr. Kerstin Blank

Irrlichter auf dem Reiherberg

Die Golmer Bürgerinitiative „Golm unterStrom“ führt den Effekt des elektroma-gnetischen Felds der Stromtrasse vor.

In der Dämmerung traf sich eine Gruppe enga-gierter Golmer auf dem Reiherberg. Unter demtiefsten Punkt der bestehenden, „nur“ 75kVstarken Freileitung setzten sie ihre mitgebrach-ten normalen, handelsüblichen Leuchtstoffröh-ren dem elektromagnetischen Feld aus – undtatsächlich leuchteten die Lampen auf. So wur-de der Kern der Diskussion um die geplanteErneuerung, bzw. Verstärkung der Freileitungauf 110 kV eindrucksvoll vor Augen geführt: dieWirkungen des elektromagnetischen Feldes,

die mit der angelegten Spannung noch zuneh-men. Noch sind Auswirkungen elektromagneti-scher Felder dieser Größenordnung auf denMenschen wissenschaftlich nicht nachgewie-sen – Grund genug bei einer geplanten Verän-derung alle Vorsicht walten zu lassen.

Für Marquardt wurde mit der Edis AG eineneue Trassenführung außerhalb des Ortes ver-handelt. Die für Golm derzeit favorisierte Erd-verkabelung würde Mehrkosten von 3,5 Millio-nen Euro verursachen, für die laut Edis AG dieStadt Potsdam aufzukommen hätte. Da dieseKosten im Etat der Landeshauptstadt nicht ent-halten sind, bliebe noch der Bürger als letztesGlied in der Kette. Tatsächlich erhielten dieGrundstückseigentümer rund um die Strom-trasse per Einschreiben /Rückschein Anfragenvon der Stadt, ob sie „grundsätzlich“ bereit sei-en, sich aufgrund der Wertsteigerung ihrerGrundstücke an den Kosten zu beteiligen. Da

bisher weder Zahlen, Zahlungsmodalitäten,noch Härtefallbestimmungen geregelt sind, istes fraglich, ob sich die Bürger auf ein solchesVerfahren einlassen. Auch zwischen geschäftli-chen und privaten Interessen wird nicht unter-schieden. Sollte die Anfrage negativ verlaufen,ist auf jeden Fall sichergestellt, wem man denSchwarzen Peter für das Scheitern der Ver-handlungen überreichen könnte. ¢ BBu

Foto: D. Weirauch

Das elektrische Feld unter der Golmer Hochspannungs-

leitung lässt Lampen aufleuchten.

Foto: T. Budde

Reifende Tomaten, die unterschiedliche Carotinoide

produzieren. Oben: Synthetisiert wird das rote Caroti-

noid Lycopin. Unten: Statt rotem Lycopin wird oranges

β-Carotin (aus dem der menschliche Körper Vitamin A

herstellen kann) produziert .

Nassspinnanlage für neue Fasern im Technikumsmaßstab

Foto: privat Foto: privat