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Quines Bedeutungsskeptizismus und die Sprachauffassung Freges und Husserls Markus Werning ([email protected])

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Quines Quines Bedeutungsskeptizismus und Bedeutungsskeptizismus und die Sprachauffassung Freges die Sprachauffassung Freges und Husserlsund Husserls

Markus WerningMarkus Werning([email protected])([email protected])

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Frege-Husserl SprachenFrege-Husserl Sprachen

Das Kompositionalitätsprinzip:Die Bedeutung eines Ausdrucks wird determiniert von den Bedeutungen seiner sprachlichen Teile.

Das verallgemeinerte Kontextprinzip:Zwei Ausdrücke unterscheiden sich genau dann in ihrer Bedeutung, wenn die Ersetzung des einen durch den anderen die Bedeutung irgendeines ihrer sprachlichen Kontexte ändert.

Das Kategorienprinzip:Synonyme Ausdrücke gehören niemals zu verschiedenen syntaktischen Kategorien.

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Semantischer RealismusSemantischer Realismus

Bestimmtheit: Die Ausdrücke natürlicher Sprachen haben bis auf Isomorphie objektiv bestimmte Bedeutungen.

Unabhängigkeit: Bedeutung sind metaphysisch von den Ausdrücken, deren Bedeutungen sie sind, unabhängige Entitäten.

D. h., es gibt für jede Bedeutung eine mögliche Welt, in der sie existiert, nicht aber der Ausdruck, dessen Bedeutung sie in der aktualen Welt ist.

Bedeutungen sind im allgemeinen also weder identisch mit Ausdrücken noch bestehen sie essentiell aus Ausdrücken.

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FragestellungFragestellung

Quine gesteht zu, daß den Beobachtungssätzen einer Sprache eindeutig und objektiv Bedeutungen - ihre Stimulusbedeutungen - zugeordnet werden können.

Wie unbestimmt wird diese Zuordnung tatsächlich, wenn man sie im Einklang mit der Frege-Husserl-Triade auf Satzteile (etwa generelle Terme) ausdehnt, die in Beobachtungssätzen vorkommen?

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Frege, Logik in der Matehmatik

“die Gedanken [werden] aus Gedankenbausteinen aufgebaut [...]. Und diese Bausteine entsprechen Lautgruppen, aus denen der Satz aufgebaut wird, der den Gedanken ausdrückt, so dass dem Aufbau des Satzes aus Satzteilen der Aufbau des Gedankens aus Gedankenteilen entspricht. Und dem Gedankenteil kann man den Sinn des entsprechenden Satzteils nennen, so wie man den Gedanken als Sinn des Satzes auffassen wird.” (Frege, 1914/1983b, p. 243)

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Frege ohne ontologische Frege ohne ontologische VerpflichungenVerpflichungen

Trotz der für einen Quineaner kaum akzeptablen Terminologie kann selbst er drei Aspekte von Frege übernehmen, ohne in eine Ontologie von Gedanken und Sinnen abzugleiten:

1. Es gibt eine Teil-Ganzes-Beziehung zwischen Sätzen und weniger komplexen Ausdrücken.

2. Sätze drücken Bedeutungen aus.

3. Der Teil-Ganzes-Beziehung auf der Ebene der Ausdrücke entspricht eine Teil-Ganzes-Beziehung auf der Ebene der Bedeutungen.

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Ad 1: Mereologische und Ad 1: Mereologische und syntaktische Teilesyntaktische Teile

Eine gesprochene oder geschriebene Äußerung s gilt genau dann als mereologischer Teil einer Äußerung t, wenn zu jedem Auftreten von t in einem bestimmten Raum-Zeit-Intervall ein Auftreten von s im selben Raum-Zeit-Intervall existiert.

Ein Term s einer Sprache gilt als syntaktischer Teil eines Terms t derselben Sprache, wenn es eine syntaktische Operation in der Sprache gibt, so daß t mit ihrer Hilfe aus Argumenten, zu denen s gehört, generiert werden kann, d.h.:

(...,s,...) = t.

Mithilfe der syntaktischen Teil-Ganzes-Beziehung lassen sich strukturelle Unterschiede machen, die man allein mit der merelogischen Beziehungen, etwa im Fall von ambigen Ausdrücken nicht machen kann.

Merologische sowie syntaktische Konstituenz sind reflexiv, transitiv und antisymmetrisch und bilden daher partielle Ordnungen auf der Menge der Äußerungen bzw. der Terme.

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Ad 2: Ausdrücken als FunktionAd 2: Ausdrücken als Funktion

Wenn wir „ausdrücken“ als Funktion verstehen wollen, müssen wir Ausdrücke als aus syntaktischen Teilen bestehende Terme und nicht als aus mereologischen Teilen bestehende Äußerungen verstehen.

Dies gilt für alle Sprachen, in denen ambige Ausdrücke vorkommen.

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Ad 3: KompositionalitätAd 3: Kompositionalität

Nachdem wir die Teil-Ganzes-Beziehung unter Ausdrücken mit der syntaktischen Konstituenzbeziehung identifiziert haben, ist die Korrespondenz zwischen der Ausdrucks- und der Bedeutungsebene am besten als Homomorphismus zu verstehen.

Dies führt uns auf den modernen Begriff von Kompositionalität:

Sei eine Bedeutungsfunktion für eine Sprache mit der Grammatik

G=<T, {0, ..., , ..., j-1}>

und angenommen jeder syntaktische Teil eines -bedeutungsvollen Terms ist -bedeutungsvoll. Dann gilt genau dann als kompositional, wenn es zu jeder syntaktische Operation von G eine Funktion gibt, derart daß für jeden -bedeutungsvollen Term (t0, , tn-1) gilt:

((t0, , tn-1)) = ((t0), , (tn-1)).

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StimulusbedeutungStimulusbedeutung

Stimulusbedeutung = <positive SB, negative SB>Stimulusbedeutung = <positive SB, negative SB>

Positive SB = Menge der Stimulationen, die Zustimmung auslösenPositive SB = Menge der Stimulationen, die Zustimmung auslösen

Negative SB = Menge der Stimulationen, die Ablehnung auslösen.Negative SB = Menge der Stimulationen, die Ablehnung auslösen.

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Translationale und neuronale Translationale und neuronale BedeutungBedeutung

Unter der translationalen Bedeutung eines Ausdrucks relativ zu einem Übersetzungshandbuch verstehe ich den deutschen Eintrag für diesen Ausdruck im Übersetzungshandbuch.

Unter der neuronalen Bedeutung eines Ausdrucks verstehe ich eine Klassifikation neuronaler Zustände, wobei die neuronalen Bedeutungen von Beobachtungssätzen ihre Stimulusbedeutungen sind.

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Das ErweiterungsproblemDas Erweiterungsproblem

Angenommen für eine bestimmte Sprache ist bereits eine Bedeutungsfunktion bekannt, die lediglich für eine Teilmenge X einer Menge grammatischer Terme Y definiert ist.

Wie müßte dann eine Bedeutungsfunktion aussehen, die mit kompatibel ist, aber für die gesamte Menge Y definiert ist?

Es können dabei bestimmte weitere Eigenschaften verlangt werden.

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Kofinale ErweiterungKofinale Erweiterung

Ein Spezialfall ist die kofinale Erweiterung. Hierbei ist jeder Ein Spezialfall ist die kofinale Erweiterung. Hierbei ist jeder Term in Y ein syntaktischer Teil eines Terms in X.Term in Y ein syntaktischer Teil eines Terms in X.

: ursprünglicher Baum

: kofinale Erweiterung

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Was ergibt die ErstübersetzungWas ergibt die Erstübersetzung

We have had our linguist observing native utterances and their circumstances passively, to begin with, and then selectively querying native sentences for assent and dissent under varying circumstances. Let us sum up the possible yield of such methods. (1) Observation sentences can be translated. [...] (2) Truth functions can be translated. (3) Stimulus-analytic sentences can be recognized. [...] (4) Questions of intrasubjective stimulus synonymy of native occasion sentences even of non-observational kind can be settled if raised, but the sentences cannot be translated. And how does the linguist pass these bounds? In broad outline as follows. He segments heard utterances into conveniently short recurrent parts, and thus compiles a list of native 'words.' Various of these he hypothetically equates to English words and phrases, in such a way as to conform to (1) - (4). Such are his analytical hypothesis, as I call them. (Quine 1960, p. 68)

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Erstübersetzung als ein Fall Erstübersetzung als ein Fall kofinaler Erweiterungkofinaler Erweiterung

Die translationale Bedeutung von Beobachtungssätzen unterliegt lediglich der Unerforschlichkeit der Referenz.

Die neuronale Bedeutung von Beobachtungssätzen ist objektiv und eindeutig bestimmt.

Das Aufstellen analytischer Hypothese ist eine kofinale Erweiterung der translationalen Bedeutungsfunktion.

Ebenso ist die Erweiterung der neuronalen Bedeutungsfunktion auf andere Ausdrücke als Beobachtungssätze ein Fall kofinaler Erweiterung.

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Die These von der Unbestimmtheit Die These von der Unbestimmtheit der Übersetzungder Übersetzung

There can be no doubt that rival systems of analytical hypotheses can fit the totality of speech behavior to perfection, and can fit the totality of dispositions to speech behavior as well, and still specify mutually incompatible translations of countless sentences insusceptible of independent control. (Quine 1960, p. 72)

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Unbestimmtheit und Unbestimmtheit und BedeutungsskeptizismusBedeutungsskeptizismus

Träfe die These von der Unbestimmtheit der Übersetzung zu, müßte es verschiedene kofinale Erweiterungen der bislang auf Beobachtungssätze beschränkten translationalen Bedeutungsfunktion geben. Entsprechendes müßte für die neuronale Bedeutungsfunktion gelten.

Der Bedeutungsrealismus wäre in Frage gestellt, weil die Zuordnung von Bedeutungen zu Ausdrücken ein Element der Willkür enthielte.

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Das verallgemeinerte Das verallgemeinerte Kontextprinzip - formalisiertKontextprinzip - formalisiert

Seien und Bedeutungsfunktionen, die auf der Menge grammatischer Terme Y bzw. X definiert sind, so daß eine Erweiterung von ist. Dann heißt eine Frege-Erweitung von gdw. folgendes zutrifft:

Beliebige Terme p und q in Y haben dieselbe -Bedeutung gdw. für alle Terme t, die die Variable enthalten und für die entweder t(p| ) oder t(q| ) in X liegt, die Terme t(p| ) und t(q| ) dieselbe -Bedeutung haben.

Das verallgemeinerte Kontextprinzip besagt nun genau, daß jede kofinale Erweiterung einer Bedeutungsfunktion in einer natürlichen Sprache eine Frege-Erweiterung ist.

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Frege und das KontextprinzipFrege und das Kontextprinzip

Das verallgemeinerte Kontextprinzip ist eine Verallgemeinerung des auf Satzkontexte beschränkten Fregeschen Kontextprinzips:

“Man muß aber immer einen vollständigen Satz ins Auge fassen. Nur in ihm haben die Wörter eigentlich eine Bedeutung [] Es genügt, wenn der Satz als Ganzes einen Sinn hat; dadurch erhalten auch seine Teile ihren Inhalt.” (Frege 1884, p. 71)

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Kategorien – die Grenzen der Kategorien – die Grenzen der SynonymieSynonymie

Auf Edmund Husserl geht die Idee zurück, sogenannte Bedeutungskategorien einzuführen, um die Grammatikalität von Ausdrücken bzw. Verstöße dagegen zu erklären.

Zwei Ausdrücke gehören genau dann derselben -Kategorie an, wenn sie in jedem nicht-ambigen sprachlichen Kontext ersetzt werden können, ohne einen -bedeutungsvollen Kontext in einen -bedeutungslosen Kontext zu verwandeln.

Das Kategorienprinzip läßt sich mit Hilfe des Begriffs einer Husserlianischen Bedeutungsfunktion präzisieren.

Eine Bedeutungsfunktion heißt Husserlianisch gdw. folgendes zutrifft: Wenn zwei beliebige Terme p und q dieselbe -Bedeutung haben, dann gehören sie zur selben -Kategorie.

Das Kategorienprinzip besagt nun, daß jede Bedeutungsfunktion einer natürlichen Sprache Husserlianisch ist.

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Die Verteidigung des Die Verteidigung des semantischen Realismussemantischen Realismus

Zur Verteidigung des semantischen Realismus läßt sich nun folgendes beweisen:

X sei eine kofinale Teilmenge der Menge aller Terme einer Sprache. Ist eine kompositionale und Husserlianische Bedeutungsfunktion mit dem Bereich X, dann gibt es bis auf Isomorphie genau eine kompositionale und Husserlianischen Frege-Erweiterung auf die gesamte Sprache.

Da die Menge der Beobachtungssätze kofinal in der Menge aller Ausdrücke einer Beobachtungssprache ist (=Beobachtunbgssätze plus ihre syntaktischen Teile) gibt es bis auf Isomorphie genau eine Erweiterung der auf Beobachtungssätze eingeschränkten translationalen bzw. neuronalen Bedeutungsfunktion auf die gesamte Beobachtungssprache, so daß der Frege-Husserl-Triade Rechnung getragen wird.

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KonklusionKonklusion

Die These von der Unbestimmtheit der Übersetzung und der mit ihr verbundene Skeptizismus hinsichtlich der Realität von Bedeutungen ist nur haltbar, wenn das Kompositionalitätsprinzip, das Kontextprinzip oder das Kategorienprinzip verworfen wird.

Da sich für jedes dieser Prinzipien unabhängig und sogar mit Belegen aus Quines Schriften argumentieren läßt, ist die These nur unter hohen Kosten zu verteidigen.

Bedeutungsrealisten, die Quines naturalistische Lehre für sich gezogen haben, sollten hingegen versuchen eine Erweiterung der neuronalen Bedeutungsfunktion zu finden.