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1961 G. WERNER, H.-L. SCHMIDT und E. KASSNER 109 Radioaktive Markierung von Tropan-Alkaloiden, I SYNTHETISCHER EINBAU VON l4C IN TROPIN, (I)-TROPASAURE UND ATROPIN von GOTTFRIED WERNER, HANNS-LUDWIG SCHMIDT und EWALD KASSNER Aus dern Max-Planck-Institut fur Hirnforschung, Abteilung fur klinische Psychiatrie, Marburg (Lahn) Eingegangen am 1. Februar 1961 Aus 1 mMol Nal4CN (5mC/mMol) durch katalytische Hydrierung dargestelltes WH3NH2.HCI gibt bei der Kondensation nach ROBINSON 70% d. Th. an Tro- pinon-[N-WH3], das ohne radioaktive Verdiinnung uber Tropin-[14C] und 0- AcetyLatropin-[14C] mit einer Totalausbeute von 68 % d. Th. in Atropin- [N-14CH3]-sulfat-monohydrat (I ; Aktivitat 10 mC/mMol) iibergefuhrt wird. - Durch Carbonisierung von Benzylmagnesiumchlorid (5 mMol) mit 14CO2, Gri- gnardierung mit Isopropylmagnesiumchlorid und Umsetzung mit Formaldehyd wird ( f)-Tropasaure-[l-l4C] erhalten (Gesarntausbeute 47.5 % d. Th.) und als Acetylester-siiure-chlorid mit Tropin in das in der Estercarbonylgruppe 14C- markierte Atropin (111) verwandelt (totale und radioaktive Ausbeute an Sulfat- monohydrat 26 % d. Th. ; Aktivitat 0.42 mC/mMol). Fiir Untersuchungen iiber die Wirkungsweise und den Entgiftungsmechanismus von Tropanalkaloiden im tierischen Organismus haben wir das Atropin und einige seiner Derivate radioaktiv markiert. Wegen der niedrigen letalen Dosis konnen Ver- suchstieren nur geringe Mengen Atropin inkorporiert werden. Zum sicheren Nach- weis der Stoffwechselprodukte muljte also eine hohe spezifische Aktivitat des Alkaloids angestrebt werden. Wir beschreiben in dieser Arbeit die synthetische Einfiihrung von 1% einerseits in die N-Methyl-Gruppe, andererseits in die Carbonylgruppe vom Tropasaure- rest des Atropins. Hierzu war es notig, bekannte Syntheseschritte in den Milli- molbereich zu transformieren. Durch Anwendung von hochspannungs-papier- elektrophoretischen 1) und papierchromatographischen Methoden zur Ermittlung des Reinheitsgrades der Ausgangsmaterialien und zur Verfolgung des jeweiligen Re- aktionsverlaufs haben wir die Synthesen so gelenkt, daD die strahlenden Produkte in optimalen Ausbeuten anfielen. Dabei wurde besondere Sorgfalt auf die verlustlose und gefahrlose Darstellung der sehr fluchtigen strahlenden Basen (Methylamin, Tropinon, Tropin) gewendet. Zum Nachweis auf dem Papier wurde die gelbrote Reaktion mit Kalium-tetrajodo-bismutat @RAGENDoRFF-Reagens) herangezogen. PHAL, Angew. Chem. 67,251 (1955). 1) G. WERNER, Recueil Trav. chim. Pays-Bas 74, 613 (1955); G. WERNER und 0. WEST-

Radioaktive Markierung von Tropan-Alkaloiden, I. Synthetischer Einbau von 14C in Tropin, (±)-Tropasäure und Atropin

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1961 G. WERNER, H.-L. SCHMIDT und E. KASSNER 109

Radioaktive Markierung von Tropan-Alkaloiden, I

SYNTHETISCHER EINBAU VON l4C IN TROPIN, (I)-TROPASAURE UND ATROPIN

von GOTTFRIED WERNER, HANNS-LUDWIG SCHMIDT und EWALD KASSNER

Aus dern Max-Planck-Institut fur Hirnforschung, Abteilung fur klinische Psychiatrie, Marburg (Lahn)

Eingegangen am 1 . Februar 1961

Aus 1 mMol Nal4CN (5mC/mMol) durch katalytische Hydrierung dargestelltes WH3NH2.HCI gibt bei der Kondensation nach ROBINSON 70% d. Th. an Tro- pinon-[N-WH3], das ohne radioaktive Verdiinnung uber Tropin-[14C] und 0- AcetyLatropin-[14C] mit einer Totalausbeute von 68 % d. Th. in Atropin- [N-14CH3]-sulfat-monohydrat (I ; Aktivitat 10 mC/mMol) iibergefuhrt wird. - Durch Carbonisierung von Benzylmagnesiumchlorid ( 5 mMol) mit 14CO2, Gri- gnardierung mit Isopropylmagnesiumchlorid und Umsetzung mit Formaldehyd wird ( f)-Tropasaure-[l-l4C] erhalten (Gesarntausbeute 47.5 % d. Th.) und als Acetylester-siiure-chlorid mit Tropin in das in der Estercarbonylgruppe 14C-

markierte Atropin (111) verwandelt (totale und radioaktive Ausbeute an Sulfat- monohydrat 26 % d. Th. ; Aktivitat 0.42 mC/mMol).

Fiir Untersuchungen iiber die Wirkungsweise und den Entgiftungsmechanismus von Tropanalkaloiden im tierischen Organismus haben wir das Atropin und einige seiner Derivate radioaktiv markiert. Wegen der niedrigen letalen Dosis konnen Ver- suchstieren nur geringe Mengen Atropin inkorporiert werden. Zum sicheren Nach- weis der Stoffwechselprodukte muljte also eine hohe spezifische Aktivitat des Alkaloids angestrebt werden.

Wir beschreiben in dieser Arbeit die synthetische Einfiihrung von 1% einerseits in die N-Methyl-Gruppe, andererseits in die Carbonylgruppe vom Tropasaure- rest des Atropins. Hierzu war es notig, bekannte Syntheseschritte in den Milli- molbereich zu transformieren. Durch Anwendung von hochspannungs-papier- elektrophoretischen 1) und papierchromatographischen Methoden zur Ermittlung des Reinheitsgrades der Ausgangsmaterialien und zur Verfolgung des jeweiligen Re- aktionsverlaufs haben wir die Synthesen so gelenkt, daD die strahlenden Produkte in optimalen Ausbeuten anfielen. Dabei wurde besondere Sorgfalt auf die verlustlose und gefahrlose Darstellung der sehr fluchtigen strahlenden Basen (Methylamin, Tropinon, Tropin) gewendet. Zum Nachweis auf dem Papier wurde die gelbrote Reaktion mit Kalium-tetrajodo-bismutat @RAGENDoRFF-Reagens) herangezogen.

PHAL, Angew. Chem. 67,251 (1955). 1) G. WERNER, Recueil Trav. chim. Pays-Bas 74, 613 (1955); G. WERNER und 0. WEST-

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ATROPIN-[N-~~CH~] (I) Die radiochemische Synthese folgte, ausgehend von 1 mMol Natriumcyanid-[l4C]

der Aktivitat 5 mC/mMol, den nachstehenden Schritten, wobei die Ausbeuten in % d. Th. angegeben sind:

+ (&)-Acetyl-tropa- I ) + Hz/RANEY-Ni saurechlorid

2) + HC1 ____.._ Acetyl-atropin-[l4Cl.HCl + Tropin-[14C].HCl - HCl

(100%) CHz-CH--CH*

1) + Hz0, - CH~COZH I I N-14CH3 CH-0-CO-CH-CrjHs

I CH20H

I CH2

2) + NaOH, - HCl + I I CH2 -CH-

I (70 %)

Den mittels der Hochspannungs-Papierelektrophorese verfolgten Verlauf der RoBmsoN-Kondensation von Methylamin-[1qchlorhydrat mit Succindialdehyd und

n Rea k t ion w i t 10

0 3 6 8 9 1 1 I5 24 3 3 Laufstreckefcrn) Anode Kathode

T r a p i n i n - Ii4Cl M e i h y ; a n ~ i n - [ ' ~ C ]

Abbildung 1. Elektropherographische Verfolgung der ROBINSON-Kondensation mit WH3NH2.HCI zu Tropinon-[N-*4CH31. Elektrolyt:Wasser, das 2 n an Essigsaure, 0.611 an Ameisensaure ist (PH ~ 2 ) ; Papier: Schleicher & Schiili 2043 b Mgl; Spannung: 60 V/cm; Laufzeit : 75 Min. - Registrierung der Aktivitiit mittels des Radio-Papierchromatographenvon FRIESEKE & HOEPFNER, Erlangen.

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1961 Radioaktive Markierung von Tropan-Alkaloiden, I 111

Acetondicarbonsaure zeigt Abbildung 1. Man erkennt, da13 die Reaktion nach 21 Stunden beendet ist und daD, a u k Tropinon (Laufstrecke 15 cm) und Methylamin (Laufstrecke 33 cm), sechs radioaktive Nebenprodukte auftreten ; mit deren Auf- klarung sind wir noch beschiiftigt.

Die praparative Gesamtausbeute an Atropin-sulfat-monohydrat, das aus der krist. Base mit 98-proz. Ausbeute hergestellt wurde, betrug 167 mg (48 % d. Th., bez. auf eingesetztes Nal4CN). Das Praparat hatte eine spezif. Aktiviat von 0.0145 mC/mg (10 mC/mMol); eine Verdiinnung durch inaktiven Kohlenstoff hatte also nicht statt- gefunden. Durch mehrmalige Isolierung und oberfiihrung von Syntheseriickstbden (Acetyl-atropin-[14qY Mutterlaugen) in radioaktives Tropin konnten nach Veresterung weitere 70 mg (20% d. Th.) an markiertem Atropin-sulfat gewonnen werden, wo- durch sich die Totalausbeute auf 68 % d. Th. erhohte. Es sei darauf hingewiesen, daB sich auch bei Einsatz der halben Menge (0.5 mMol) an NaWN dieselbe Ausbeute an markiertem Atropin erzielen lWt.

( ~+TROPASXURE-[I -~~C]-TROPYLESTER (ATROPIN-[~~CO], 111)

Das in der Estercarbonylgruppe W-markierte racern. Atropin (111) wurde durch Veresterung von Tropin mit Tropasaure-[l-WJ (IJJ dargestellt, zu deren Synthese wir folgenden Weg beschritten:

+ 1WOZ + (CHdzCH- "'9 C6H5-CHz-MgCl __ -+ C,~H~-CHZ-'~CO~-M~C~ __

- C3Hn + HCHO 1) + CH3COCI C~HS-CH-~"CO~-M~CI ~ --+ C~HS-CH-~~CO~H

I I1 CH2OH

I MgCl

+ Tropin.HC1 KOH C ~ H S - C H - ~ ~ C O C ~ Acetyl-atropin-[14C].HCl -

I CHZ-O-COCH~

CH2 -CH-CHz 111

I I N-CH3 CH-O-~~CO-CH-C~HS

I CHzOH

I 1 I C Hz - CH-CH2

5 mMol Benzylmagnesiumchlorid wurden mit K O 2 zum Monochlormagnesium- salz der Phenylessigsaure umgesetzt. Die daraus mit Isopropylmagnesiumchlorid nach F. F. BLICKE, H. RAFFELSON und B. BARNA~) entstehende GRIGNARDVerbindung reagierte mit Formaldehyd zur rucem. Tropasaure-[1WOzHJ (II), die in einer Ge samtausbeute von 47.5 % d. Th. (bez. auf BaNC03) erhalten wurde. Mit Acetylchlorid lieB sich die Saure in O-Acetyl-tropasaure-[lWI und diese mit Thionylchlorid in das entsprechende Saurechlorid iiberfiihren. Diem reagierte mit inaktivem Tropin-

2 ) F. F. BLICKE, H. RAFFELSON md B. BARNA, J. h e r . &em. SOC. 74,253 (1952).

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112 G. WERNER, H.-L. SCHMIDT und E. KASSNER Bd. 644

hydrochlorid mm Acetyl-atropin-[W], das bei der Verseifung das markierte Atropin (111) ergab. I11 wurde nach Abtrennung nicht umgesetzter Tropasaure aus acetonischer Losung als Sulfat-monohydrat gefallt. Die zuruckgewonnene Tropasaure-[W'J lieferte, in gleicher Weise umgesetzt, weiteres Salz von 111. Die Ausbeute beider Ver- esterungen zusammen betrug 55 % d. Th., die Gesamtausbeute an racem. Tropasaure- [1-~4CI-tropylester-sulfat-monohydrat vom Schmp. 183' 26 % d. Th. (bez. auf BaW03). Aus der molaren Aktivitiit (0.42 mC/mMol) errechnete sich eine radio- aktive Ausbeute von ebenfalls 26% d. Th. Ein kleiner Teil des Praparates, das sich chromatographisch und elektrophoretisch wie Atropin verhielt, konnte durch zwei- maliges Ausfallen aus methanolischer Losung mit Aceton auf den Schmp. 189" (Lit?): 194") gebracht werden.

Herrn G. KUMPE danken wir fiir zuverlassige experimentelle Mitarbeit.

B E S C H R E I B U N G D E R V E R S U C H E

Wegen der grol3en Fliichtigkeit einiger Synthesezwischenprodukte wurden alle Arbeiten unter einem Abzug ausgefuhrt; beim Evakuieren schalteten wir zudem stets eine Sicherheits- flasche mit einem entsprechenden Absorptionsmittel vor.

(i)-Atropin-[NJ4CH3] (I) racem. 2-Phenyl-3-hydroxy-propionsaure-

(N-rnethyl-[14C]-8-aza-bicyclo[3.2.l]octyl- (3))-ester Merhylurnin-[l4C]. - Die Reduktion von Na'4CN erfolgte in Anlehnung an die Kurz-

mitteilung von A. R. JONES und W. J. S K R A B A ~ ) : In ein Dreihalshydrierkolbchen mit Tropf- trichter, das einerseits mit der Vakuumpumpe, andererseits iiber ein Kapillarrohr nebst Drei- wegehahn mit der Wasserstoffbiirette verbunden ist, gibt man 40-50 mg Platinoxyd.) und soviel an 2 n H2SO4, daB aus dem Nal4CN-Praparat**) (das zusatzlich 0.55 mMol/mC Alkali enthielt) H14CN entbunden wird und die Losung deutlich sauer reagiert. Nach Fullung der Apparatur mit H2 (gereinigt durch Plumbitlauge - aus 100 ccm 20-proz. Natronlauge + 3 g PbC12 - und getrocknet uber CaC12) laDt man unter schwachem Unterdruck eine waBrige Losung von 49 mg (1 mMol) Na14CN**) (Aktivitat 5 mC) unter kraftigem Riihren (Magnet- riihrer) so langsam einflieBen, dal3 nie ortlich ein alkalisches Milieu entsteht. Die sofort ein- setzende Hydrierung ist nach Aufnahme der berechneten Hz-Menge (44.8 ccm) im allgemeinen in 5 Stdn. beendet.

Anfangs tritt manchmal eine geringe Gasentwicklung beim Zutropfen von Nal4CN auf, und zwar dann, wenn sich ein Teil des Praparates durch llngeres Aufbewahren in Na-formiat umgewandelt hat, das durch den PtO2-Katalysator in C02 und H2 zersetzt wird.

*) Fa. FLUKA AG, Buchs/Schweiz.

3) R. H. F. MANSKE und H. L. HOLMES, The Alkaloids, Bd. 1, S. 318, Academic Press,

4) A. R. JONES und W. J. SKRABA, Science [Washington] 117, 252 (1953).

* *) The Radiochemical Centre, Amersham/England.

Inc., New York 1950.

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1961 Radioaktive Markierung von Tropan-Alkaloiden, I 113

Die schwefelsaure Losung des L ~ C H J N H ~ wird vom Katalysator getrennt und nach Zugabe von 10 ccm 50-proz. KOH die freie Base in eine Vorlage mit 2 n HCI (50% uberschul3) uber- getrieben. Nachdem 213 des Volumens iiberdestilliert sind, wird Wasser zugetropft und weiter iibergetrieben, bis im Destillat kein strahlendes Methylamin mehr festzustellen ist (es ist daraufzu achten, daB bei der Destillation keine Kalilauge in den Kiihler spritzt). Das Destillat wird i. Vak. eingetrocknet. Ausbeute 67.5 mg (ImMol, 100% d. Th.).

Ro~t~so~-Kondensot~on~~6) Acerondicarbonsaure wurde nach R. ADAMS, H. M. CHILES und C. F. RASSWEILER') dar-

gestellt. Nach mehrmaliger Umkristallisation aus Essigester hatte sie einen Schmp. von 137" (Zers.).

Succindialdehyd. - Der leicht zersetzliche Aldehyd mu0 vor jeder Kondensation aus Succindialdoxim8.Y) (Schmp. 173", aus Wasser + Aktivkohle) frisch hergestellt werden: 300 mg Succindialdoxirn werden in einem Becherglas (30 ccm) mit 3 ccrn 10-proz. Schwefeb saure versetzt. Dazu werden unter stetigem Riihren (Glasriihrer) und Kiihlen (-5") 358 mg fein zerriebenes, trockenes Natriumnitrit aus einem iiber dem Glas festgeklemmten Wage- schiffchen in rnoglichst kleinen Anteilen gegeben (Dauer 1/2 Stde.). Die Temperatur von -3" darf wahrend der Reaktion nicht iiberschritten werden. Nach Zugabe der letzten Portion Natriumnitrit ist die Losung nahezu farblos. Man erwarrnt auf 30", um das N2O zu vertreiben, kiihlt wieder auf 0 ab, gibt BaC03 hinzu, bis die jetzt gelbliche Losung neutral reagiert, saugt das gebildete Bas04 ab und wascht dieses mit Wasser. Die Losung wird mit Aktivkohle vollstandig geklart und entfarbt. Ein aliquoter Teil wird fur die Aldehyd-Bestimrnung ent- nommen, der iibrige Teil bei -20" aufbewahrt.

Quantirative Bestimmung: 0.6 ccrn Aldehyd-Losung werden zu 25 ccm einer 0.5-proz. Losung von 2.4-Dinitro-phenylhydrazin (2.5 g in 30 ccm konz. Schwefelsaure unter Erwarmen losen und mit 470 ccm Wasser verdiinnen) tropfenweise unter Riihren hinzugegeben. Der zitronengelbe Niederschlag des Bis-dinitrophenylhydrarons wird zentrifugiert (iiberstehende Losung auf vollstandige Fallung priifen), zunachst mit 2 n H2S04, dann mit Wasser ausge- waschen, bis das Filtrat neutral reagiert, iiber ein Blaubandfilter auf einer Glasfritte abgesaugt und nach Abklatschen i. Vak. getrocknet und ausgewogen.

Tropinon-[N-14CH3]. - 67.5 mg (I mMol) "KH3NH2.HCl werden in einer 250ccm fas- senden Saugflasche mit 62.5 ccm m/S Acetatpuffer (pH 5.6) gelost. Hierzu gibt man eine mit In NaOH neutralisierte Losung von 400 mg (2.75 mMol) Acetondicarbonsaure in 30 ccrn Wasser und dann die waBrige, tiefgekiihlte Lasung von 173 mg (2 mMol) Succindialdehyd. Man verdiinnt mit dest. Wasser auf 125 ccm (pH-Wert des Gemisches 5.4), vertreibt die Luft durch Einleiten von Stickstoff, evakuiert und bewahrt die Saugflasche bei 20 - 22' (Brut- schrank) auf. Aus der Fliissigkeit entweicht standig CO2 (Gasblasen). Wahrend der 24stdg. Aufbewahrung wird noch dreimal evakuiert; der pH-Wert der Losung ist auf 6.3 angestiegen.

5 ) R. ROBINSON, J. chern. SOC. [London] 111, 762 (1917). 6) C. S C H ~ P F und G. LEHMANN, Liebigs Ann. Chem. 518, 1 (1935). 7) R. ADAMS, H. M. CHILES und c. F. RASSWEILER, Org. Syntheses, coil. VOl. I, 9 (1932). 8) R. WILLSTATTER und W. HEUEINER, Ber. dtsch. chem. Ges. 40, 3869 (1907). 9) L. C. KEAGLE und W. H. HARTUNG, J. Amer. chem. SOC. 68, 1608 (1946).

Liebigs Ann. Chem. Bd. 644 8

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Zur Isolierung des markierten Tropinons wird die Losung in einem 200-ccm-Erlenmeyer- kolben unter Riihren auf -5" abgekiihlt, mit 40 ccm Petrolather*) iiberschichtet, rnit wasser- freiem, pulverisiertem K2CO3 p. a. (ca. 120 g) gesattigt und nach Uberfiihren in einen spitzen Schutteltrichter noch kalt geschiittelt (vor dem Ausschiitteln muB die Luft durch N2 ver- drangt werden). Die Petrolatherphase wird mittels einer Kolbenpipette abgetrennt. Das Ausschiitteln mit Petrolather wird so oft (ca. 4- bis 5mal) wiederholt, bis in diesem kein ak- tives Tropin durch Strahlungsmessung mehr nachgewiesen werden kann. Die vereinigten, mit NazS04 getrockneten petroliitherischen Losungen werden im Kolben des Sublimier- gef5Bes (Abb. 2) i. Vak. eingedampft. Die sich abscheidenden Tropinon-Kristalle werden vor dem volligen Einengen an der GefaBwand durch Drehen gleichmaBig verteilt. Anschlie- Bend wird etwa 5 Min. im evakuierten Exsikkator getrocknet und dann der Kiihlfinger in den Kolben eingesetzt.

Zur Sublimation wird evakuiert (10-3 Torr), der Kiihlfinger rnit wenigen Tropfen Aceton/ C02 beschickt und der Kolben rnit der Hand erwarmt. Zur Umsublimation wird der zuvor i. Vak. auf Zimmertemperatur gebrachte Finger rnit dem sehr hygroskopischen Tropinon- Sublimat sofort in einen zweiten vollkommen trockenen Sublimierkolben gesteckt, dieser

evakuiert und abgekiihlt, wobei das Tropinon zur Kolben- wand zuruckwandert. Diesen Vorgang wiederholt man noch zweimal. Das aktive Tropinon wird dann rnit absol. Petrolather in ein WARBURG-GefaD (Inhalt 2Occm) gespult und das Losungs- mittel i. Vak. abgedampft. SchneeweiBe Kristalle vom Schmp. 42"; Ausbeute 97.4 mg (70% d. Th., bez. auf 14CHjNHz.HCI).

Tropin-[N-14CH3]. - Es wird die Hydrierung von Tropinon mittels RANEY-Nickels verwendetlo) : Die nach den voranstehen- den Angaben in ein WARBURG-GefaB (Inhalt 20 ccm) iiberge- fiihrten 97.4 mg akrives Trupinorz lost man in 2 ccm absol. Atha- nol, gibt das in absol. Athanol aufgeschlammte Raney-Nickefll) in den Seitenansatz des GefaBes, schlieBt dieses an die Halterung der WARBURG-ApparatUr an und fulk mit reinem und trockenem Wasserstoff (vgl. S. 112; 50-ccm-Burette). Nach Eingieaen 'der Katalysatorsuspension und Schiitteln setzt die Hydrierung sofort ein und ist im allgemeinen in 5 Stdn. nach Aufnahme der berech-

neten Hz-Menge (1 5.7 ccm) beendet. Der Katalysator wird abzentrifugiert und rnit absol. khanol ausgewaschen. Die alkoholische Tropin-Losung wird im Reagenzglas bei 70" ein-

*) Bei der Ausarbeitung der RoslNsoNschen Kondensations.6) fur die Synthese rnit radio- aktivem Material verwendeten wir anfangs zum Ausschiitteln von inaktivem oder schwach strahlendem Tropinon peroxydfreien Athylather, wobei Ausbeuten von 60-70 % d. Th. erzielt wurden. Bei Einsatz des kostspieligen hochaktiven 14CH3NH2 .HCI (5mC/mMol) betrug die Ausbeute rnit diesem Verfahren weniger als 5 % d. Th. Als Ursache des MiBer- folges konnte in Parallelversuchen rnit aktivem und inaktivem Material einwandfrei festge- stellt werden, daB das aktive Tropinon erst nach dem Abdampfen des Athers durch Um- wandlungsprodukte des Athers (Peroxyde?) zerstort wird, die sich wahrend der Z i t des Trocknens rnit Na2S04 durch die groBe P-Strahlungsdichte gebildet hatten.

lo) J. VAN DE KAMP und M. SLETZINGER, Amer. Pat. 2 366760 ausg. 9.1.1945, Merck & Co. [C. A. 39, 2080 (1945)].

Abbildung 2. Sublimationsapparatur

R. PAUL und G. HILLY, Bull. SOC. chim. France [513, 2330 (1936).

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1961 Radioaktive Markierunp von Tropan-Alkaloiden, I 115

gedampft (Olbad, Eintauchen stets nur bis zum Fliissigkeitsspiegel), wobei man einen leb- haften Hz-Strom auf die Fliissigkeitsoberflache richtet. Das Tropin kristallisiert nach kurzem Aufbewahren im Vakuumexsikkator. Ausbeute 98.8 mg (100% d. Th.); Schmp. 63-65".

Hydrochlorid: Man lost das krist. Tropin-[14Cl in 3 ccm absol. Athanol, leitet trockenes HCI-Gas, ein, verdarnpft das Losungsmittel i.Vak. und trocknet iiber KOH. Ausbeute 124.3 mg (70% d. Th., bez. auf NaldCN), Zers. ab 200".

I&)-0-Acetyl-tropasiiurechlorid. - 130 mg I * ) -0-Acetyl-tropasiiure (dargestellt nach R. WOLFFENSTEIN und L. MAMLOCK~~)) werden nach 0. HESSE~~) in einem 20-ccm-Schliff- kolbchen rnit 0.6 ccm SOCl2 1 Stde. bei 50" (olbad) gehalten. Das iiberschussige SOC12 wird i. Vak. abgesaugt; es wird so oft rnit einigen Tropfen Benzol bei 80' nachgedampft, bis die ber. Menge an ( f)-0-Acetyl-tropasaurechlorid ausgewogen wird.

O-Acet~l -a tropin- [N-~4CH~l . - Irn 20-ccm-Kolbchen rnit aufsetzbarer Schliffhaube ver- mischt man 141 mg inaktives (~I-0-Acetyl-tropasuurechlorid mit 124.3 mg des sehr hygos- kopischen, gut getrockneten und pulverisierten aktiven Tropin-hydrochlorids und erhitzt - weiter unter FeuchtigkeitsausschluO - im &bad auf 100". Das zahe Gemisch wird ofter mit einem Glasstabchen umgeriihrt; das Kolbchen wird rnit einer Schliffhaube so verschlossen, daB der Ruhrstab im GefaB verbleiben kann. Nach 15 -20 Min. ist eine glasige, farblose Masse entstanden, nach etwa 30 Min. lost sich eine Probe klar in einem Tropfen Wasser (Reaktions- ende).

racem. Atropin-lN-14CH31. - Die optimale Abspaltung der Acetylgruppe-aus-0-Aceryl- atropin-["WI unter Schonung der Esterbindung zwischen Tropasaure und Tropin gelingt in Anlehnung an R. WOLFFENSTEIN und L. MAMLOCK~~) durch 24stdg. Stehenlassen des in 0.6 ccm Wasser gelosten ,Praparates bei 50". Die Losung, die, nach dern Ergebnis der Hoch- spannungselektrophorese, auBer markiertem Atropin noch eine geringe Menge an aktivem 0-Acetyl-atropin, Tropin und Tropasaure enthalt, wird mit moglichst wenig Wasser in ein Zentrifugenglas ubergefuhrt. Die unlosliche Tropasaure wird abzentrifugiert und in die klare Losung 50-proz. Natronlauge bei 0" unter Riihren eingetropft. Die sich zunachst blig ab- scheidende radioaktive Atropin-Base (verunreinigt rnit etwas Acetyl-atropin) wird nach Impfen und Anreiben bald kristallin. Man zentrifugiert den Kristallbrei sofort ab und wascht schnell hintereinander dreimal mit Eiswasser, so daB eine Verseifung des Atropins moplichst verhindert wird. Die Kristalle werden i. Vak. getrocknet und aus Ligroin umkristallisiert, worin das restliche 0-Acetyl-atropin gelost bleibt. Ausbeute 142 mg (70% d. Th., bez. auf aktives Tropin.HC1; 49 % d. Th., bez. auf N a W N ) ; Schmp. 115". - Elementaranalyse, IR- und UV-Spektrum, Radiopapierchromatogramm und Hochspannungs-Papierelektrophorese bewiesen die Einheitlichkeit des Praparates.

Suljnt-monohydrat: Das gesamte aktive Atropin (142 mg) wird in?Aceton"mit-der-ber. Menge an Schwefelsiiure (2 n HzS04/Aceton = 1:19 Vol.) versetzt. Es fallen farblose Nadeln des Salzes. Ausbeute 167 mg (98% d. Th., bez. auf Atropin-Base; 48% d. Th., bez. auf Nal4CN). Schmp. 189". Spezif. Aktivitat: 0.0145 mC/mg (lOmC/mMol). - Die Elementarana- lyse von einem analog aus NaCN dargestellten inaktiven Praparat lieferte folgende Werte:

(C1,H23N03)2.H~S04.H*O (694.9) Ber. C 58.77 H 7.25 N 4.03 0 25.33 S 4.62 Gef. 58.81 7.21 4.02 25.35 4.43

12) R. WOLFFENSTEIN und L. MAMLOCK, Ber. dtsch. chem. Ges. 41, 723 (1908). 13) 0. HESSE, J. prakt. Chem. [2] 64. 286 (1901).

8.

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116 G. WERNER, H.-L. SCHMIDT und E. KASSNER Bd. 644

Atropin-jl4COl (IZZ) racem. 2-Phenyl-3-hydroxy-propionsaure-[~4CO]- (N-rnethyl-8-aza-bicyclo[3.2.l]octyl- (3) )-ester

Monochlorn~agnesiitm-phenylaceta~-[l-'~CJ. - 1.27 g (10 mMol) Benzylchlorid wurden rnit 245 mg Magnesium in 15 ccm Ather in die GRIGNARD-Verbindung iibergefiihrt*) (ein ah- quoter Teil der klaren GRIGNARD-Losung diente zur Gehaltsbestimmung durch Titration mit Salzsaure). 5 .5 mMol des Benzylmagnesiumchlorids wurden in einem zuvor evakuierten 25-ccm-Zweihalsschliffkolbchen rnit insgesamt 5.0 mMol 14C02 (aus 989 mg BaWO3) bei -20" geschiittelt. Die manometrisch verfolgte 14C02-Aufnahme betrug nach 35 Min. 95 % der Theorie.

( ~ ) - T r o p c i s u u r e - [ l - ~ 4 C l (11). - Das Reaktionsgefao mit dem zuvor beschriebenen, in Ather suspendierten Salz wurde rnit einem Tropftrichter und einem RiickfluBkuhler versehen. Nach Zugabe von 20 ccm BenzollAther (1 : I ) lieR man bei Siedeternperatur unter Riihren (Magnetruhrer) langsam eine Losung von 5.5 mMol Isopropylmagnesiumchlorid in 7 ccm Ather zutropfen. Die Propanentwicklung wurde mittels einer pneumatischen Wanne verfolgt. Dann leitete man iiber die heftig turbinierte Suspension 4 Stdn. lang mittels Nz einen schwachen Strom Formcildehyd2) (aus 0.5 g Paraformaldehyd durch Erhitzen bis auf 150' bereitet). Durch EingieBen der organischen Phase in ein Gemisch von 25 g Eis und 1 ccm konz. H2S04 wurde hydrolysiert, ndch 10 Min. die farblose organische Phase von der wanrigen Phase getrennt und diese noch dreimal mit Ather extrahiert. Aus den vereinigten organischen Phasen wurde die Saiure rnit 6 ccm 1 n NaOH ausgeschiittelt und nach Ansauern rnit Schwefelsaure in frisch destilliertem Ather aufgenommen. Der Ruckstand der getrockneten und eingedampften Ather- losung wurde zweimal aus Benzol urnkristallisiert und die markierte Saure ohne weitere Reinigung**) verestert. Ausbeute 395 mg (47.5% d. Th.); Schmp. 108".

(&)-0-Acetyl-tropasiureclilorid. - Die rohe aktive Tropnsuiire (395 mg) losten wir in 0.36 ccm (80-proz. Uberschul)) Acetylchlorid und erhitzten nach Ablauf der Hauptreaktion 7 Min. auf 100012). Restliches Acetylchlorid wurde i. Vak. entfernt. Der kristalline Riickstand (495 mg) wurde mit 1.9 ccm ( I lfacher UberschuB) Thionylchlorid 1 Stde. bei 50" gehaltenl3), das SOCI;! i. Vak. abdestilliert und der Rest durch Nachdampfen niit insgesamt 1 ccm Ben- zol entfernt, wobei das errechnete Gewicht (540 mg) erreicht wurde.

racem. Tropasaure-[I- 14CI-tropylester (111). - 540 mg ( & I -0-Acetyl-tropasaurechlorid-[ '4CI erhitzten wir rnit 505 mg inaktivem Tropin-hydrochlorid (2.8 mMol = 1.2facher Uberschul)) 20 Min. auf 120". Nach Zugabe von 1.9 ccm Wasser wurde bei 50" die Acetylgruppe abgespal- ten (vgl. S. 115). Die dabei ausfallende nichtumgesetzte Tropasaure wurde in eine zweite Veresterung eingesetzt. Das rnit 50-proz. Kalilauge ausgefallte und aus Ligroin umkristalli- sierte aktive Atropin (111) des ersten Ansatzes wog 360.9 mg. Aus der zweiten Veresterung resultierten weitere 70.0 mg.

Suljat-monohydrut: Aus insgesamt 430.9 mg 111 erhielten wir mittels acetonischer Schwefel- saure (vgl. S. 115) 456.4 mg (26% d. Th., bez. auf Ba14CO3) des Salzes vom Schmp. 189" (Lit.3): 194"). Spezif. Aktivitlt: 0.6 @/mg (0.42 mC/mMol).

*) Alle Reaktionsschritte wurden unter Reinstickstoff ausgefuhrt. * *) Bei den Vorversuchen mir inaktivem Material erreichten wir nach Umkristallisation

einen Schmp. yon 119" (Lit.3), dort S. 357: 119").