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Qualitätsindikatoren für die Behandlung von Patienten mit Rückenschmerzen Autor: Jean-François Chenot Rückenschmerz Herausgeber: Joachim Szecsenyi, Björn Broge, Johannes Stock C4

Rückenschmerz C4 · QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, ... Durchhalten) • Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche

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Wie können Ärzte in der Einzelpraxis, auf der Ebene eines Arztnetzes oder inanderen Versorgungsmodellen die Qualität ihrer medizinischen Arbeit mes-sen, bewerten und verbessern? Antworten auf diese Frage gibt QISA, dasQualitätsindikatorensystem für die ambulante Versorgung. Es beschreibt undbegründet eine Vielzahl von Messgrößen und ermöglicht das systematischeErfassen der Qualität in der Breite der ambulanten Versorgung. Im Auftragdes AOK-Bundesverbandes hat das Göttinger „Institut für angewandteQualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen“ (AQUA) dieQualitäts indika toren und das sie leitende System erarbeitet.QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand anEinzelbänden konzipiert, die thematisch nach wichtigen Versorgungs -bereichen und häufigen Krankheiten sortiert sind. Diese Bände werden nachund nach im Rahmen einer Reihe veröffentlicht. Bislang sind erschienen:

Band A: QISA stellt sich vorBand B: Allgemeine Indikatoren Band C1: Asthma/COPDBand C2: Diabetes Typ 2Band C3: BluthochdruckBand C4: RückenschmerzBand D: PharmakotherapieBand E1: PräventionBand E2: KrebsfrüherkennungBand F1: Hausärztliche Palliativversorgung

Weitere Informationen zu QISA unter www.QISA.de

Der Band C4 stellt Qualitätsindikatoren für die Behandlung von Patienten mitRückenschmerzen vor. Die Indikatoren messen die Umsetzung einer evidenz-basierten Diagnostik und Therapie. Dies betrifft die Durchführung einerangemessenen körperlichen Untersuchung durch den Arzt, die Informationdes Patienten insbesondere auch zur Bedeutung körperlicher Aktivität sowiedie rechtzeitige Einleitung von rehabilitativen Maßnahmen. Gleichzeitig gehtes um das Erkennen von Fehl- und Überversorgung, denn durch nicht indizier-te diagnostische und therapeutische Maßnahmen kann sich behandlungsbe-dingt die Problematik verfestigen, was es zu vermeiden gilt.

ISBN: 978-3-940172-08-2

www.kompart.de

Qualitätsindikatoren für die Behandlung vonPatienten mit Rückenschmerzen

Autor: Jean-François Chenot

Rückenschmerz

Herausgeber: Joachim Szecsenyi, Björn Broge, Johannes Stock

C4

Umschlag_C4_1607.qxd:Layout 1 19.07.2010 10:20 Uhr Seite 1

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Band C4

– Das Qualitätsindikatorensystemfür die ambulante Versorgung

RückenschmerzQualitätsindikatoren für die Behandlungvon Patienten mit RückenschmerzenJean-François Chenot

AQUA – Institut für angewandteQualitätsförderung und Forschungim Gesundheitswesen GmbH

AOK-Bundesverband

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QISA – Das Qualitätsindikatorensystem für die ambulante Versorgung

www.QISA.de

QISA ist ein Gemeinschaftsprodukt des AOK-Bundesverbandes GbR

und des

AQUA-Instituts für angewandte Qualitätsförderung und Forschungim Gesundheitswesen GmbH

„QISA – Das Qualitätsindikatorensystem für die Ambulante Versorgung“ ist nicht identischund steht in keinem geschäftlichen Zusammenhang mit der eingetragenen Wortmarke QisA®,die insbesondere für das „Qualitätsmanagement in sächsischen Arztpraxen“ geschützt ist.

Herausgeber:Prof. Dr. med. Dipl.-Soz. Joachim Szecsenyi (Universitätsklinikum Heidelberg und AQUA-Institut)[email protected]

Björn Broge (AQUA-Institut)[email protected]

Johannes [email protected]

Autoren des Bandes C4 (Rückenschmerz):Prof. Dr. med. Jean-François Chenot, MPH(Abteilung Allgemeinmedizin, Universitätsmedizin Göttingen)Kontakt: [email protected]

Reviewer:Dr. med. Detlef Bonnemann, Facharzt für Orthopädie, BielefeldDr. med. Gerhard Schillinger, Facharzt für Neurochirurgie, AOK-Bundesverband

Adressen:AOK-BundesverbandRosenthaler Straße 3110178 Berlin

AQUA-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschungim Gesundheitswesen GmbHMaschmühlenweg 8–1037073 Göttingen

Universitätsklinikum HeidelbergAbteilung Allgemeinmedizin und VersorgungsforschungVoßstraße 269115 Heidelberg

© KomPart Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Berlin 2010

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere dieder Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen,der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und derSpeicherung in Datenverarbeitungssystemen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung,vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Ein-zelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des geltenden Urheberrechtsgesetzesder Bundesrepublik Deutschland zulässig.

Redaktion: Dr. Beatrice WolterKorrektorat: Dr. Ines JapeTitelentwurf: Beatrice HofmannTitelbild: Sebastian Kaulitzki - Fotolia.comGrafik: Désirée GensrichDruck: Richter Druck, Elkenroth

Version 1.0; Erstauflage Juli 2010ISBN: 978-3-940172-08-2

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RÜCKENSCHMERZ VORWORT

3– Band C4, Version 1.0

Vorwort der Herausgeber

Wer Versorgungsqualität messen und steuern will, braucht Qualitätsindikatoren. QISA, das „Qualitätsindikato-

ren-System für die ambulante Versorgung“, bietet sie an. Verteilt auf insgesamt 15 Einzelbände umfasst QISA

insgesamtmehr als 130 Qualitätsindikatoren, diemit System über die Breite der ambulantenVersorgung ausge-

wählt sind. Der vorliegende Band enthält die QISA-Indikatoren für die Behandlung von Patienten mit Rücken-

schmerzen. Er beschreibt die Versorgungssituation und fasst zusammen, was hier aktuell als gute Versorgungs-

qualität gilt. Daraus werden die einzelnen Qualitätsindikatoren abgeleitet und ausführlich beschrieben.

Zielgruppe von QISA sind in der Praxis tätige Ärztinnen und Ärzte. Unter ihnen spricht das System in

seiner Breite eher die hausärztlich Tätigen, mit einzelnen Bänden aber auch die fachärztlich Tätigen an.

Speziell richtet sich QISA an ärztliche Kooperationen wie Qualitätszirkel, Arztnetze, Medizinische Versor-

gungszentren oder Hausarztverträge. Die dort mögliche gemeinsame Arbeit an Transparenz undWeiterent-

wicklung der Versorgungsqualität will QISA anregen, erleichtern und unterstützen.

QISA ist das Ergebnis langjähriger Zusammenarbeit zwischen AOK-Bundesverband als Auftraggeber und

AQUA-Institut, das die wissenschaftliche Erarbeitung der Indikatoren verantwortet. Vorläufer von QISA

sind die „Qualitätsindikatoren der AOK für Arztnetze“, die schon im Jahr 2002 als interner Prototyp vorge-

legt und dann in AOK-Pilotprojekten mit Arztnetzen praktisch erprobt wurden. Deshalb dienen Arztnetze

in den QISA-Bänden häufig als Referenzmodell, obwohl das System unabhängig von Praxisform oder

Versorgungsmodell einsetzbar ist.

Wenn Sie mehr über QISA als Indikatorensystem erfahren möchten, laden wir Sie zur Lektüre der Einfüh-

rung (QISA-Band A) ein. Dort finden sich ein Überblick über die Module von QISA sowie Informationen

zur Entstehungsgeschichte, zum Selbstverständnis von QISA als Indikatoren-System und zur Methodik der

Indikatorenentwicklung. Daneben regen Thesen zur Umsetzung von Qualitätstransparenz sowie ein Abriss

praktischer Einsatzmöglichkeiten für Qualitätsindikatoren zu Vertiefung und Diskussion an. Weiterführen-

de Informationen zu QISA finden Sie unter www.qisa.de.QISA soll alle geeigneten Nutzungsmöglichkeiten von Qualitätsindikatoren unterstützen. In erster Linie

denken wir dabei an die gemeinsame interne Arbeit von Ärztinnen und Ärzten mit dem Ziel, sich die Qua-

lität ihrer Versorgung transparent zu machen und anhand der gewonnenen Erkenntnisse weiterzuentwi-

ckeln. Für uns ist das der wesentliche Schritt, um mit Qualitätsindikatoren vertraut zu werden und ihren

Nutzen wahrzunehmen.

Wer auf diese Weise gute Erfahrungen gesammelt hat, kann offener über weiterreichende Formen der

Indikatorennutzung nachdenken, etwa externes Benchmarking oder qualitätsbezogene Vergütungsanteile

(sogenanntes „pay for performance“). QISA unterstützt auch diese Nutzungen, entbindet aber nicht davon,

dafür eine eigene Vorstellung von guter „performance“ samt der erforderlichen Spezifikationen zu entwi-

ckeln. Interne Vorerfahrungen und Vorarbeiten sind essentiell, wenn solch ambitionierte Nutzungen nicht

Gefahr laufen sollen, die Beteiligten zu überfordern und mehr Ängste als Akzeptanz zu erzeugen.

QISA will deshalb in erster Linie den Einstieg in das Arbeiten mit Qualitätsindikatoren erleichtern. Es soll

die Neugier der Beteiligten auf das bislang weithin unbekannte Terrain der ambulanten Versorgungsquali-

tät wecken, wenn es systematisch mit Qualitätsindikatoren ausgeleuchtet wird.

Heidelberg/Göttingen/Freiburg, im Frühjahr 2010

Joachim Szecsenyi Björn Broge Johannes Stock

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RÜCKENSCHMERZINHALT

4 – Band C4, Version 1.0

Begründung und Einordnung des Themas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

Übersicht über die Indikatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

Indikator 1: Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen, bei denenein Untersuchungsbefund dokumentiert ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

Indikator 2: Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen, die eineBildgebung erhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

Indikator 3: Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen, die eine schriftlicheInformation zu Rückenschmerzen erhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

Indikator 4: Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen, die eine schriftlicheInformation über das lokale Sport- und Bewegungsangebot erhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Indikator 5: Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen, die Opioideverordnet bekommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

Indikator 6: Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen, die Injektionenvon nicht-steroidalen Antirheumatika bekommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

Indikator 7: Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen, die eineHeilmittelverordnung erhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

Indikator 8: Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen, die zumSpezialisten überwiesen werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

Indikator 9: Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen mit vier WochenArbeitsunfähigkeit, bei denen ein Antrag auf Rehabilitation gestellt wird . . . . . . . . . . . . . 42

Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

Band C4

RückenschmerzQualitätsindikatoren für die Behandlungvon Patienten mit RückenschmerzenJean-François Chenot

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Begründung und Einordnungdes Themas

Unter „Rückenschmerzen“ werden im Folgenden Schmerzen zwischen dem unteren Rip-

penbogen und den Gesäßfalten verstanden. Dies entspricht der englischen Bezeichnung

„low back pain“. Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

(DEGAM), die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) und das Ärzt-

liche Zentrum für Qualitätssicherung (ÄZQ) sowie die nationale Versorgungsleitlinie

(NVL) benutzen den Begriff Kreuzschmerzen. „Rückenschmerzen“ werden in der Interna-

tionalen Klassifikation der Krankheiten (ICD) unter der Kategorie M54 verschlüsselt.

Nicht dazu gehören der rein psychogene Rückenschmerz (F45.4) (sehr selten) und

Beschwerden durch Bandscheibenschäden mit Myelopathie sowie spezifische Erkrankun-

gen wie z.B. Spondylitis ankylosans (M45). In den folgenden Ausführungen werden bei

der Darstellung der Indikatoren als Bezugsebene die Anzahl aller Patienten mit Rücken-

schmerzen dokumentiert, deren Konsultationsanlass mit den Subkategorien M42.1 und

M42.9 (Osteochondrose), M47.2 und M47.9 (Spondylose), M51.1, M51.2, M51.3, M51.8,

M51.9 (Bandscheibenschäden) oder M54.3 (Ischialgie), M54.4 (Lumboischialgie) und M54.5

(Kreuzschmerz/Lumbago) verschlüsselt wurde. Diese Diagnosen lassen sich dem soge-

nannten unspezifischen Rückenschmerz zuordnen.

Nahezu jede Person leidet mindestens einmal im Leben unter Rückenschmerzen. Zu

jedem Zeitpunkt (Punktprävalenz) geben in Deutschland bis zu 40 % und innerhalb eines

Jahres (Einjahresprävalenz) ca. 70 % der Bevölkerung an, Rückenschmerzen zu haben

(Raspe 1993, Schmidt et al. 2007, Hüppe et al. 2007). Auch wenn die Mehrheit der Betrof-

fenen keine medizinische Hilfe in Anspruch nimmt, gehören Rückenschmerzen zu den

gesundheitsökonomisch und durch Arbeitsausfälle volkswirtschaftlich bedeutsamen

Erkrankungen (Krauth et al. 2005). Rückenschmerzen (M54) sind nach den Abrechnungs-

statistiken der Krankenkassen der dritthäufigste Konsultationsanlass in der Hausarzt-

praxis (16 %) und der häufigste Konsultationsanlass bei ambulant tätigen Orthopäden

(ca. 30–50 %) (Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein 2009). Im Durchschnitt verliert

jedes Pflichtmitglied der gesetzlichen Krankenversicherung pro Jahr 1 bis 2 Arbeitstage

wegen Rückenschmerzen (Badura et al. 2010).

Die Prognose von Patienten mit Rückenschmerzen ist im Allgemeinen günstig, sowohl in

Bezug auf Schmerzfreiheit als auf funktionelle Beeinträchtigung (Pengel et al. 2003).

Innerhalb von vier Wochen sind über 80 % der Patienten, die wegen Rückenschmerzen

beim Arzt waren, wieder arbeitsfähig. Bei ca. 10 % kommt es zu einem chronischen Ver-

lauf mit Verschlechterung der Beschwerden und bei etwa 30 % innerhalb eines Jahres zu

einer erneuten Rückenschmerzepisode (Cassidy et al. 2005). Aufgrund der Häufigkeit von

Rückenschmerzen stellen diese 10 bzw. 30 % eine epidemiologisch relevante und teure

Behandlungsgruppe dar.

RÜCKENSCHMERZ BEGRÜNDUNG UND EINORDNUNG DES THEMAS

5

Definition

Epidemiologie und

volkswirtschaftliche

Bedeutung

– Band C4, Version 1.0

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Rückenschmerzen sind ein Symptom und keine Diagnose. Auch bei maximalem diagnos-

tischem Aufwand finden sich bei 85 % der Patienten keine organischen Störungen oder

Verletzungen. Klinische Beschwerden und strukturelle oder funktionelle Abweichungen

lassen sich häufig nicht sicher zuordnen, ein Zusammenhang kann oft nur vermutet wer-

den. Das liegt zum einen daran, dass Patienten nur sehr ungenaue Angaben zu Schmerz-

lokalisation und Ausbreitung machen können, zum anderen können Ärzte Befunde nicht

reliabel und reproduzierbar erheben. Objektive Befunde mit bildgebenden Verfahren kor-

relieren überwiegend nicht mit dem klinischen Bild (Müller 2001, Deyo 2002). Invasive

diagnostische Verfahren, wie z.B. selektive Blockade sind wegen der Akzeptanz, Risiken,

Kosten und ebenfalls geringer Reliabilität nur in Ausnahmefällen bei hohem Leidens-

druck indiziert (van Tulder 2006). Im hausärztlichen Bereich liegen Rückenschmerzen nur

selten pathologisch bedeutsame schwere Erkrankungen zugrunde (Deyo und Weinstein

2001, Donner-Banzhoff et al. 2006, Henschke et al. 2009).

Pragmatisch werden in der Literatur die meisten Rückenschmerzen, denen nach her-

kömmlichem diagnostischem Vorgehen keine eindeutige Ursache (siehe unten) zugeord-

net werden kann, als unspezifisch oder unkompliziert klassifiziert. Dazu zählen auch

schmerzhafte strukturelle Veränderungen im Bewegungssegment, dessen Strukturen

(Bandscheiben, Wirbelgelenke, Bandverbindungen) durch die enge funktionelle Einheit

auch gleichzeitig betroffen sein können, mehr oder weniger einheitlich behandelt werden

und daher auch nicht zwingend diagnostisch differenziert werden müssen. Pathogene-

tisch damit eng verbunden ist die häufig nicht beachtete Dekonditionierung der postura-

len Wirbelsäulenmuskulatur mit daraus resultierenden statischen Belastungsbeschwer-

den. Der semantische Unterschied zwischen den Bezeichnungen unspezifisch und

unkompliziert besteht darin, dass unspezifisch sich auf die „nicht“ geklärte Ursache

bezieht, während der Begriff unkompliziert sich eher auf die meist gute „Prognose“

bezieht, unabhängig von der Ursache (Deyo 2002). Bei ungünstiger Schmerzverarbeitung

besteht allerdings auch bei den unspezifischen Rückenschmerzen das Risiko einer Chro-

nifizierung (siehe Tabelle 3, „Yellow Flags“). Hier wird der Begriff unspezifisch verwendet

der sich international durchgesetzt hat. (In der Nationalen Versorgungs-Leitlinie Kreuz-

schmerz wird der Begriff nicht-spezifische Rückenschmerzen verwendet.) Welcher Anteil

der Rückenschmerzen „unspezifisch“ ist, ist umstritten. Das grob vereinfachende Klassifi-

kationskonzept wird insbesondere von Orthopäden häufig abgelehnt (Abrahams et al.

2002). Es ist bisher aber nicht gelungen, sinnvolle Untergruppen für eine Zuweisung zu

spezifischen Therapien zu bilden. Das hat für Studien zur Beurteilung der Wirksamkeit

therapeutischer Verfahren zur Konsequenz, dass wegen der Verdünnung des Effekts oft

nur ein geringer oder gar kein Nutzen nachgewiesen werden kann.

RÜCKENSCHMERZBEGRÜNDUNG UND EINORDNUNG DES THEMAS

6

Ursachen und

Klassifikation von

Rückenschmerzen

– Band C4, Version 1.0

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Am einfachsten ist eine Einteilung nach der Schmerzdauer. Konventionell werden in

wissenschaftlichen Untersuchungen Schmerzepisoden unter 12 Wochen als akut und

über 12 Wochen als chronisch klassifiziert, losgelöst von Schmerzstärke, funktioneller

Beeinträchtigung und sozioökonomischen Konsequenzen (Cedraschie et al. 1999). Die

Schmerzdauer wird beim Erstkontakt erfasst. Patienten mit erstmals akuten Rücken-

schmerzen sind in der Praxis selten. Am häufigsten sind in unregelmäßigen Abständen

rezidivierende Schmerzepisoden. Es gibt keine allgemein anerkannte Übereinkunft, wel-

cher zeitliche Abstand zwischen zwei Schmerzepisoden bestehen sollte, damit von einer

neuen Schmerzepisode gesprochen werden kann. Viele Patienten, insbesondere Ältere,

haben chronische langjährige Rückenschmerzen mit geringer funktioneller Beeinträch-

tigung und konsultieren den Arzt nur wegen akuter Exazerbationen. Die in wissenschaft-

lichen Untersuchungen strikt betonten Zeitkriterien akut (Rückenschmerzen < 12Wochen)

und chronisch (Rückenschmerzen >12 Wochen) spielen in der Versorgungspraxis keine

entscheidende Rolle. Zum einen wird für die Indikation vieler Maßnahmen in Leitlinien

das 4- oder 6-Wochen-Kriterium gewählt (z.B. Indikation Physiotherapie, Bildgebung),

zum anderen treten sozialrechtliche Folgen deutlich früher ein. Nach sechsWochen ist bei

gesetzlich versicherten Arbeitnehmern im Regelfall die Krankenkasse zur Krankengeld-

zahlung verpflichtet. Dies führt in der Praxis zum Teil schon nach zwei Wochen zu einer

Anfrage zu durchgeführten und geplanten therapeutischen Maßnahmen an den behan-

delnden Arzt/die behandelnde Ärztin, die als deutliche Aufforderung aufgefasst werden

kann, Diagnostik und Therapie zu intensivieren.

Eine in der Primärversorgung akzeptierte und praktikable Klassifikation, die Schmerzstär-

ke, funktionelle Beeinträchtigung und zeitlichen Verlauf sinnvoll integriert, gibt es bisher

nicht, ebenso wenig eine Möglichkeit, diese Parameter in der Routineversorgung zuverläs-

sig zu erfassen (Gerberhagen 1988, Raspe et al. 2003).

Im Folgenden wird daher aus pragmatischen Gründen auf Schmerzdauer, Schmerzstärke

oder funktionelle Beeinträchtigung als Parameter für einen Qualitätsindikator verzichtet.

RÜCKENSCHMERZ BEGRÜNDUNG UND EINORDNUNG DES THEMAS

7– Band C4, Version 1.0

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Aufgrund der besonderen epidemiologischen und volkswirtschaftlichen Bedeutung von

Rückenschmerzen kann auf umfangreiche Forschung zugegriffen werden. Zu allen wich-

tigen Teilbereichen stehen inzwischen systematische Reviews oder Cochrane Reviews zur

Verfügung. Diese bilden die Grundlage für evidenzbasierte Leitlinien (Tabelle 1) zum

Management unspezifischer Rückenschmerzen. Eine vergleichende Übersicht der Kern-

empfehlungen dieser Leitlinien für akute und chronische Rückenschmerzen findet sich

bei Chenot et al. 2007. Hochwertige S3-Leitlinien für spezifische Rückenschmerzen fehlen

bisher völlig. Zu folgenden Bereichen liegen S1-Leitlinien vor: Rehabilitation nachWirbel-

frakturen, Rehabilitation bei Bandscheibenvorfall mit radikulärer Symptomatik sowie

Rehabilitation nach Bandscheibenoperation.

Grundbausteine der Diagnostik

Anamnese und körperliche Untersuchung sind die Grundpfeiler der Diagnostik bei

Rückenschmerzen. Ziel ist, Beschwerden und Symptome zu bewerten und einzuordnen,

um über den Befund, ggf. zusammen mit Zusatzuntersuchungen, eine Diagnose zu erstel-

len, die eine gezielte Behandlung ermöglicht. Zunächst ist sicherzustellen, dass keine

extravertebrale Schmerzursache oder eine ernste Wirbelsäulenerkrankung mit besonde-

rem Handlungsbedarf vorliegt (siehe Tabelle 2 auf Seite 9,Warnhinweise („Red Flags“) auf

komplizierte Rückenschmerzen). ImWeiteren sollte über die Anamnese Folgendes festge-

halten werden: die Schmerzlokalisation, die Schmerzintensität, der zeitliche Verlauf der

Schmerzen und seine Beeinflussbarkeit durch Alltagsbelastungen und bisherige therapeu-

tische Maßnahmen.

Leitlinien zu

Rückenschmerzen

Erkennen von abwendbar

gefährlichen Verläufen

RÜCKENSCHMERZBEGRÜNDUNG UND EINORDNUNG DES THEMAS

8 – Band C4, Version 1.0

ORGANISATION JAHR TITEL QUELLE

Tabelle 1: Übersicht über die relevanten nationalen und europäischen Leitlinien zu Rückenschmerz

http://infomed.mds-ev.de/sindbad.nsf/0/95c03ef6a10d8efb0025690000683a2a/$FILE/AVP_TE_Kreuzschmerzen-2007-3Auflage.pdf

www.degam.de/leitlinien/3_kreuzschmerzen.html

Chenot et al. 2007

www.backpaineurope.org

www.versorgungsleitlinien.de/themen/kreuzschmerz

Empfehlungen zurTherapie von Kreuz-schmerzen

DEGAM-Leitlinie Nr. 3:Kreuzschmerzen

• Acute low back pain• Chronic low back pain• Prevention in low

back pain

Nationale Versorgungs-Leitlinie Kreuzschmerz

2000,3. Auflage2007

2003,Update 2007*

2005

Ziel: Herbst2010

Arzneimittelkommission derdeutschen Ärzteschaft (AkdÄ)

Deutsche Gesellschaft für Allgemein-medizin und Familienmedizin (DEGAM)

European Cooperation in Science andTechnology (EuCOST)

Programm für Nationale Versorgungs-Leitlinien (NVL) von Bundesärzte-kammer, Kassenärztlicher Bundesver-einigung und der Arbeitsgemeinschaftder Wissenschaftlichen MedizinischenFachgesellschaften e.V. (AWMF)

* Die DEGAM beteiligt sich seit 2006 an der Entwicklung der Nationalen Versorgungs-Leitlinien Kreuzschmerz, weswegen auf eine formale Überarbei-tung und Verlängerung verzichtet wurde.

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Bei der körperlichen Untersuchung sollten radikulär bedingte Rückenschmerzen erkannt,

das Ausmaß der Kompression hinsichtlich Dringlichkeit einer Intervention abgeschätzt

und von nicht radikulären Rückenschmerzen nach Möglichkeit unterschieden werden.

Aufgrund der im Allgemeinen guten Prognose und der geringen Therapiesteuerung der

diagnostischen Tests ist eine Ausschlussdiagnostik im engeren Sinne in der Mehrzahl der

Fälle nicht möglich bzw. sinnvoll. Routinemäßige bildgebende Untersuchungen oder

Laboruntersuchungen sind ohne Warnhinweise nicht notwendig (Chou et al. 2009). Als

Minimalstandard der körperlichen Untersuchung gelten die Prüfung der Kraft, der Sensi-

bilität und die Durchführung des Lasègue-Tests sowie die Frage nach der Miktion. Bei Ver-

dacht auf radikuläre Rückenschmerzen wird zusätzlich eine Untersuchung der Reflexe im

Seitenvergleich empfohlen (Chenot et al. 2006). Symptomverstärkung bei Niesen oder

Pressen kann ebenfalls ein Hinweis auf radikuläre Rückenschmerzen sein.

Einschränkend muss klar sein, dass das Red-Flag-Konzept weitgehend auf klinischen

Überlegungen beruht und epidemiologisch nicht validiert ist (Henschke et al. 2007,

Henschke et al. 2008). Red Flags werden bei ca. 10 % der Patienten in der Primärversor-

gung vermutet, bestätigen sich dann aber nur bei weniger als 1 % (Deyo et al. 2001, Don-

ner-Banzhoff et al. 2006, Henschke et al. 2007). Es gibt keine verbindliche Übereinkunft,

was genau zu den „Red Flags“ zählt. Die epidemiologische Bedeutung der komplizier-

ten/spezifischen Rückenschmerzen in der Primärversorgung ist gering.

RÜCKENSCHMERZ BEGRÜNDUNG UND EINORDNUNG DES THEMAS

9– Band C4, Version 1.0

PATHOLOGIE ANAMNESTISCHER UND KLINISCHER HINWEIS

Nervenkompression• bedeutender Bandscheibenvorfall• Spinalkanalstenose• Cauda equina-Syndrom

Metastase/Tumor

Infektion

Rheumatisch entzündliche Wirbelsäulen-erkrankung

Fraktur

• Frische oder progrediente Parese• Reithosenanästhesie• Mastdarmschwäche• Blasenschwäche

• Tumorerkrankung in der Anamnese• Nachtschmerz, dauerhafter Ruheschmerz• Unerklärter Gewichtsverlust• Alter > 50 Jahre

• Anhaltendes Fieber• Intravenöser Drogenmissbrauch• Immunsupression• Operation an der Wirbelsäule

• Nachtschmerz• Morgensteifigkeit• Schmerzen > 3 Monate• Extravertebrale Begleiterkrankungen (z.B. Uveitis, Psoriasis)• Alter < 40 Jahre (in Kombination mit anderen Hinweisen)

• Trauma• Bekannte Osteoporose• Länger dauernde systemische Steroideinnahme• Alter > 70 Jahre (w), > 80 Jahre (m)

Tabelle 2: Warnhinweise („Red Flags“) auf komplizierte/spezifische Rückenschmerzen

Page 11: Rückenschmerz C4 · QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, ... Durchhalten) • Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche

In Beobachtungsstudien sind Risikofaktoren für chronische Verläufe, sogenannte

Yellow Flags, identifiziert worden, deren Erfassung von allen Leitlinien empfohlen wird

(Tabelle 3). Es gibt aber keine Übereinkunft, was genau zu den „Yellow Flags“ zählt. Ziel ist

es, Patienten mit hohem Chronifizierungsrisiko frühzeitig zu identifizieren und sie gege-

benenfalls einer spezifischen Behandlung zuzuführen (Main & Williams 2002). So soll das

Risiko eines langwierigen und kostenintensiven Krankheitsverlaufes abgewendet werden.

So nachvollziehbar dieser Anspruch auch ist, auf der Ebene der konkreten Umsetzung ist

dieses Ziel mit einer Reihe von Problemen versehen, die bisher nicht gelöst sind. Es gibt

kein für das Screening von Risikofaktoren für Chronifizierung in der Primärversorgung

akzeptiertes und evaluiertes Instrument mit ausreichender Sensitivität und Spezifität

(Hasenbring et al. 1994, Linton et al. 1998, Neubauer et al. 2006). Es ist unklar, welcher Zeit-

punkt für das Screening sinnvoll ist. In einigen Studien konnte gezeigt werden, dass die

intuitive Einschätzung des Chronifizierungsrisikos durch den Hausarzt einer systemati-

schen Einschätzung gleichwertig ist (Jellema et al. 2007). Viele soziale und gesellschaft-

liche Chronifizierungsfaktoren, wie zum Beispiel ein Rentenwunsch, können von Thera-

peuten nur unzureichend beeinflusst werden. Es gibt keine ausreichende Evidenz, dass

prophylaktische Intervention für psychologische Risikofaktoren (Angstvermeidungs-

Überzeugungen, „Katastrophisierung“) wirksam sind (Jellema et al. 2005, van der Windt

et al. 2008).

RÜCKENSCHMERZBEGRÜNDUNG UND EINORDNUNG DES THEMAS

10

Erkennen von

Risikofaktoren für

Chronifizierung

– Band C4, Version 1.0

Krankheitsverlauf und Symptome

Psychosoziale Faktoren

Krankheitskonzept

Arbeitssituation

• Anhaltende und rezidivierende Beschwerden (evtl. Schmerzausbreitung,Multilokularität)

• Arbeitsunfähigkeitszeiten von mehr als 4–6 Wochen• Radikuläre Schmerzen• Allgemein schlechte Gesundheit• Schlechter Trainingszustand

• Geringer Bildungsstand• Pessimistisch resignative Einstellungen und Erwartungen, Depression• Konflikte in der Familie/Partnerschaft• Inadäquates Krankheitsverhalten (Vermeidung/Schonung, Durchhalten)• Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche Prozesse, Angst/Vermeidung/

Katastrophisieren• Anhaltende Belastungen im privaten Alltag• Subjektiv erlebte Behinderung

• Fixierung auf organische Ursache

• Unbefriedigende Arbeitssituation, niedrige Stellung in Jobhierarchie• Verlust der Arbeitsstelle/unsicherer Arbeitsplatz• Rechtsstreit• Mobbing• Rentenwunsch, sonstiger sekundärer Krankheitsgewinn

Tabelle 3: Risikofaktoren für chronische Verläufe („Yellow Flags“)

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Leitlinien empfehlen die Beachtung dieser Risikofaktoren, geben aber keine in Qualitäts-

indikatoren umsetzbaren Empfehlungen. In der Versorgungsrealität ist eine somatische

Evaluation durch Orthopäden und Neurochirurgen gut verfügbar, während eine speziali-

sierte schmerzpsychologische Diagnostik nur an wenigen Orten zur Verfügung steht.

Dieser Mangel ist von Expertenkommissionen (Bertelsmann-Stiftung, Nationale Versor-

gungs-Leitlinie Kreuzschmerz) erkannt worden, die die Einführung eines multimodalen

bzw. interdisziplinären Assessments vorgeschlagen haben.

Grundbausteine der Therapie

Die Mehrheit der Patienten, bei denen sich aus der Anamnese und der körperlichen Unter-

suchung keine Hinweise auf eine spezifisch behandelbare Ursache ergeben, sollte eine

Beratung und eine Basistherapie erhalten. Die folgenden Angaben sind aus den oben

genannten Leitlinien abgeleitet. Auf eine Darstellung und Bewertung aller Maßnahmen,

insbesondere invasive und operative sowie komplementärmedizinische Verfahren, wird

weitgehend verzichtet und auf die Leitlinien verwiesen.

Inhalt der Beratung sind die (gute) Prognose, Motivation zur Mitwirkung an der Behand-

lung und Erfassung des Krankheitskonzepts der Patienten. Dazu gehört die Empfehlung,

Bettruhe zu vermeiden und so weit wie möglich Alltagsaktivitäten auch während der aku-

ten Schmerzphase fortzuführen. Besondere Rückenübungen sind nicht notwendig. Da

diese Inhalte nicht immer in einer Konsultation vermittelt werden können, ist eine schrift-

liche Patienteninformation sinnvoll (Liddle et al. 2007). Motivierung zu regelmäßiger

körperlicher Aktivität nach dem Abklingen der akuten Schmerzphase wird von allen Leit-

linien empfohlen. Problematisch bleibt eine gewisse Unschärfe bei der Definition körper-

licher Aktivität (Gleichsetzung von keiner Bettruhe mit körperlicher Aktivität, fehlende

Präzisierung der körperlichen Aktivität bezüglich Zeit, Dosis und Bewegungsart) (Hene-

weer et al. 2009). Auf Studien basierende Empfehlungen für bestimmte Sport- und Bewe-

gungsarten können nicht gegeben werden (Krämer et al. 2005). Hilfreich ist eine schrift-

liche Zusammenstellung des lokalen Bewegungsangebots.

Rückenschmerzpatienten soll ein orales Schmerzmittel verordnet werden, das regelmäßig

eingenommen werden soll. Empfohlen werden Paracetamol und nicht-steroidale Anti-

rheumatika (NSAR) wie z.B. Diclofenac oder Ibuprofen (Roelofs et al. 2008). Patienten

sollten über Dosierung und Einnahmedauer informiert werden. Eventuell ist ein Magen-

schutz bei bestimmten Risikofaktoren empfehlenswert. Kommen diese Medikamente

nicht in Frage, können leichte Opioide verordnet werden. Betäubungsmittelpflichtige

Opioide sind für unspezifische Rückenschmerzen im Regelfall nicht indiziert. Die Verord-

nung von Opioiden bei chronischen Rückenschmerzen sollte wegen des Nebenwirkungs-

profils und umstrittener Wirksamkeit die Ausnahme bleiben (Deshpande et al. 2007).

Trotz nachgewiesener Wirksamkeit werden Muskelrelaxantien vom Benzodiazepin-Typ

wegen des ungünstigen Nebenwirkungsprofils nicht primär empfohlen (van Tulder 2003).

Für Phytotherapeutika wird die Evidenz als unzureichend angesehen (Gagnier et al. 2006).

RÜCKENSCHMERZ BEGRÜNDUNG UND EINORDNUNG DES THEMAS

11

Beratung

und Aufklärung

Medikamentöse

Schmerztherapie

– Band C4, Version 1.0

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Die wichtigste Form der nicht-medikamentösen Therapie ist die Physiotherapie. Physio-

therapie ist keine klar definierte Intervention, und bisher gibt es keine besondere Form der

Physiotherapie, die für bestimmte Krankheitsbilder empfohlen werden kann. Leitlinien

empfehlen Physiotherapie erst ab vier Wochen Schmerzen, da in Studien kein Beleg für

die Wirksamkeit in diesem Zeitabschnitt mit hoher Spontanheilungsrate erbracht werden

konnte. Der Nutzen der Physiotherapie und der Medizinischen Kräftigungstherapie bei

chronischen Rückenschmerzen ist unbestritten (Beekering et al. 2003, Hayden et al. 2005,

Mannion, A.F. 1999). Auch Reha-Sport, der seit 2006 verordnet und langfristig über 50 Trai-

ningseinheiten in der Gruppe durchgeführt werden kann, zeigt erste gute Ergebnisse.

Aktivierung ist ein wichtiges Ziel bei Rückenschmerzpatienten, weswegen passive Maß-

nahmen generell kritisch bewertet werden. Passive Massagetherapie gilt nur bei chroni-

schen Rückenschmerzen in Kombination mit aktivierenden Maßnahmen als effektiv

(Furlan et al. 2008). Bis auf die Anwendung von lokaler Wärme bei akuten Rückenschmer-

zen gibt es für physikalische Therapien (z.B. Reizstrom) keinen Wirksamkeitsnachweis

(French et al. 2006). Akupunktur ist eine Behandlungsoption bei chronischen Rücken-

schmerzen (Furlan et al. 2008). Die Studienlage ist allerdings umstritten (Lund 2006).

Leitlinien beschränken sich im Regelfall auf die Bewertung des Nutzens einzelner dia-

gnostischer und therapeutischer Maßnahmen, sie strukturieren aber die Versorgung

nicht. Etwa die Hälfte aller Patienten, die sich mit Rückenschmerzen primär einem Haus-

arzt vorstellen, konsultieren zusätzlich auch einen Spezialisten, meist Orthopäden (Chenot

et al. 2008). Weitere relevante Spezialisten im somatischen Bereich sind Neurochirurgen,

Chirurgen, Neurologen und Rheumatologen sowie Schmerztherapeuten. Eine sinnvolle

Steuerung der Patienten gelingt im unstrukturierten deutschen Versorgungssystem nicht,

in dem Patienten sowohl primär als auch zusätzlich ohne Überweisung einen Spezialisten

konsultieren können. Genau hier setzen neue Versorgungsformen an, die mit Einschrei-

bung und Primärarztprinzip arbeiten. (Allerdings ist es keine leichte Aufgabe, in dem

gegebenen Umfeld eine systematische Steuerung der Versorgung aufzubauen.) Patienten

bei Orthopäden unterscheiden sich bezüglich Schmerzstärke und funktioneller Beein-

trächtigung nicht von Patienten in Hausarztpraxen (Chenot et al. 2009).

Können notwendige diagnostische oder therapeutische Leistungen nicht oder nicht in aus-

reichender Qualität vom Primärversorger erbracht werden, ist eine Überweisung zu

einem qualifizierten Spezialisten notwendig. Wegen der berufspolitischen Implikationen

(Frankfurter Allgemeine Zeitung 2007) und Schwierigkeiten bei der Operationalisierung

gibt es bisher keine konsentierte Schnittstellendefinition (Kriterien zur Überweisung).

Bisherige Vorschläge haben sich an „Red Flags“ oder Schmerzdauer orientiert (z.B. Bertels-

mann-Stiftung, NVL).Wegen der oben beschriebenen Probleme bei der Klassifikation und

wegen Unschärfen bei der Definition, die eine Operationalisierung unmöglich machen,

sind diese nur eingeschränkt in Qualitätsindikatoren umsetzbar.

RÜCKENSCHMERZBEGRÜNDUNG UND EINORDNUNG DES THEMAS

12

Nicht-medikamentöse

Therapie

Überweisung

zum Spezialisten

– Band C4, Version 1.0

Page 14: Rückenschmerz C4 · QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, ... Durchhalten) • Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche

Chronische Rückenschmerzen sind eine schwierige therapeutische Herausforderung. Bei

geringer funktioneller Beeinträchtigung können Rückenschulen den Patienten mit rezidi-

vierenden und chronischen Rückenschmerzen empfohlen werden. Sie können kurz- und

mittelfristig zu Schmerzreduktion und Verbesserung der Funktionskapazität beitragen

(Heymanns et al. 2004). Wegen mangelnder verbindlicher Qualitätsstandards von Rücken-

schulen ist eine Übertragung in die Versorgungsrealität nur eingeschränkt möglich (Held

2004). Eine individuelle Empfehlung erfordert daher genaue Kenntnisse der Konzepte

und Lehrinhalte.

Bei stärkerer Beeinträchtigung sind ausschließlich auf somatische Faktoren ausgerichtete

Behandlungsansätze nicht erfolgversprechend. Bei chronischen Rückenschmerzen spielen

psychosoziale Faktoren eine entscheidende Rolle, daher wird ein multimodaler Thera-

pie-Ansatz, der sowohl psychosoziale als auch somatische Faktoren berücksichtigt, emp-

fohlen. Positive Cochrane Reviews liegen für Verhaltenstherapie bei chronischen Kreuz-

schmerzen (Ostelo et al. 2005), multidisziplinäre biopsychosoziale Rehabilitation (Karja-

lainen et al. 2003) und das „work hardening“ (Schonstein et al. 2003) vor. Dabei wird dem

Patienten durch Arbeitssimulation ermöglicht, seine Fähigkeiten hinsichtlich kritischer

Arbeitsanforderungen mit physio- und psychotherapeutischer Unterstützung zu steigern.

Solche intensiven Behandlungsformen sind in Deutschland meist nur im Rahmen einer

Rehabilitation oder in Schmerzzentren möglich (Pfingsten & Hildebrandt 2001, Greite-

mann et al. 2006, Buchner et al. 2006). Die ambulante und stationäre Rehabilitation wird

vom Rententräger, Schmerzkliniken werden von den Krankenkassen finanziert. In der

Versorgungsrealität ist eine genaue Abgrenzung und Operationalisierung der Zuständig-

keiten im Einzelfall schwierig. Bei gefährdeter Erwerbstätigkeit sollte im Regelfall eine

Rehabilitation mit dem Ziel, die Erwerbsfähigkeit zu erhalten, eingeleitet werden.

Unter-, Über- und Fehlversorgung von Rückenschmerzpatienten

Rückenschmerzen sind vom Sachverständigenrat 2001 explizit als ein Bereich benannt wor-

den, in dem es ein Nebeneinander von Über-, Unter- und Fehlversorgung gibt. Bei Rücken-

schmerzen spielen neben den medizinischen Aspekten soziale und wirtschaftliche Aspekte

eine herausragende Rolle. Diese Zusammenhänge wurden von GordonWaddell in seinem

Buch „The back pain revolution“ schon vor 20 Jahren klar herausgearbeitet (Waddell 1988).

Erkrankungen des Skelettsystems (davon die meisten Rückenschmerzen) waren über

lange Zeit die häufigste Ursache für gesundheitsbedingte Frühberentung (Rehfeld 2006).

In diesem Kontext relativiert sich der Einfluss des Gesundheitssystems auf das Volksleiden

Rückenschmerzen. Der verstärkte Einsatz von neuen diagnostischen und therapeutischen

Methoden (Zunahme der Bildgebung um 307 %, Chirurgie 220 %, Steroid-Injektionen

423 % in den letzten 10 Jahren in den USA) führte bisher zu keiner nachweisbaren Ver-

besserung der Versorgungssituation bei Patienten mit Rückenschmerzen (Deyo et al. 2009).

Deutsche Zahlen zur Zunahme der Ausgaben für Rückenschmerzen liegen derzeit nicht vor,

sie dürften aber tendenziell ähnlich liegen. Deshalb sollte eine weitere Medikalisierung von

Rückenschmerzen vermieden werden und Ressourcen auf nachweislich nützliche Behand-

lungsmethoden unter Berücksichtigung biopsychosozialer Aspekte konzentriert werden.

RÜCKENSCHMERZ BEGRÜNDUNG UND EINORDNUNG DES THEMAS

13

Versorgung chronischer

Rückenschmerzen

– Band C4, Version 1.0

Page 15: Rückenschmerz C4 · QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, ... Durchhalten) • Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche

Unter Qualität der Versorgung von Patienten mit Rückenschmerzen wird im Allgemeinen

Adhärenz an evidenzbasierte Leitlinien verstanden, aus denen sich die Qualitätsindikato-

ren ableiten lassen. Surveys und Beobachtungsstudien zur Leitlinienadhärenz bei Rücken-

schmerzen zeigen allerdings meistens nur geringe Adhärenz. Nur Beobachtungsstudien

mit umfangreicher Erfassung klinischer Parameter, die über die Routinedokumentation

hinausgehen, konnten eine befriedigende Leitlinienadhärenz feststellen, da Abweichun-

gen meist als klinisch begründet nachvollzogen werden konnten (Schers et al. 2000).

Kontrollierte Studien zur Implementierung von Rückenschmerzleitlinien bewerten fast

ausschließlich Adhärenz. Die Kriterien zur Beurteilung der Leitlinienadhärenz waren

heterogen, oft unklar definiert oder sehr häufig nur negativ (z.B. keine Bildgebung oder

keine Physiotherapie in den ersten 4–6Wochen). Klinische Daten wurden bei der Beurtei-

lung der Adhärenz kaum berücksichtigt (Chenot & Schmidt 2009). Die Annahme, dass eine

leitlinienadhärente Therapie auch klinisch zu einem besseren Ergebnis führt, ist weniger

gut belegt. Nur zwei kontrollierte Studien haben auch klinische Ergebnisse als Endpunkt

berücksichtigt. In einer australischen Studie konnte gezeigt werden, dass eine leitlinienge-

rechte Versorgung von Rückenschmerzpatienten in speziell dafür geschaffenen ambulan-

ten Kliniken zu geringfügig besseren klinischen Ergebnissen führt und kostengünstiger

ist (McGuirk et al. 2001). Ob solche Ergebnisse in der Regelversorgung zu erzielen sind, ist

unklar. Eine Studie zur Implementierung der Leitlinie Kreuzschmerzen der Deutschen

Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin in Hausarztpraxen zeigte eben-

falls nur geringe klinische Effekte auf Schmerztage (Becker et al. 2008).

Verworfene Indikatoren

Manche Qualitätsindikatoren liegen scheinbar auf der Hand und scheinen sich leicht aus

Leitlinien ableiten zu lassen. Die Umsetzung von Leitlinienempfehlungen in konkrete

operationalisierbare Qualitätsindikatoren gelingt aber keineswegs einfach. In der Tabelle 4

sind Indikatoren aufgeführt, die erwogen, aber dann verworfen wurden.

RÜCKENSCHMERZBEGRÜNDUNG UND EINORDNUNG DES THEMAS

14 – Band C4, Version 1.0

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RÜCKENSCHMERZ BEGRÜNDUNG UND EINORDNUNG DES THEMAS

15– Band C4, Version 1.0

VERWORFENE QUALITÄTSINDIKATOREN BEGRÜNDUNGZUR BEWERTUNG VON ...

... Schmerzlinderung,

... funktioneller Besserung,

... Reduktion der Schmerztage(Ergebnisqualität)

... Reduktion von Arbeitsunfähigkeitstagen(Ergebnisqualität)Vorgeschlagen von der KassenärztlichenBundesvereinigung 2009 (AQUIK)

... systematischer Erfassung von Warnhinwei-sen (Red Flags) auf komplizierte oder spezifi-sche Rückenschmerzen

... einer Anzahl von „Red Flags“ als Indikatorfür eine weitere Abklärung und ggf. Über-weisung zum Spezialisten oder ins Kranken-haus (Prozessqualität)

... systematischer Erfassung von Risikofaktoren(„Yellow Flags“) für Chronifizierung vonRückenschmerzen(Prozessqualität)

... der Überweisung zum multimodalen Assess-ment bei Chronifizierungsrisiko und anhal-tenden BeschwerdenVorgeschlagen von der NVL 2010

... Screening auf entzündlich rheumatische Wir-belsäulenerkrankung (Spondylarthropathien)(Prozessqualität)

Bei akuten Rückenschmerzen gibt es eine hohe Spontanheilungsrate undhäufige Rezidive. Chronische Schmerzen sind therapeutisch nur schwer zubeeinflussen und hängen von vielen vom Arzt nicht zu kontrollierendenFaktoren ab.

Die Arbeitsunfähigkeit wird neben der ärztlichen Versorgung stark vontherapeutisch nicht beeinflussbaren Faktoren wie arbeitsplatzbezogenenMerkmalen, Persönlichkeitsstruktur und der gesamtwirtschaftlichen Lagebeeinflusst (Bundesministerium für Gesundheit 2009).

Das Red-Flag-Konzept ist ein klinisches Konzept, das epidemiologisch fürdie Primärversorgung nicht ausreichend abgesichert ist. Ausschlussdia-gnostik im Sinne eines sicheren Ausschlusses einer relevanten Pathologieist mit dem von Leitlinien empfohlenen gestuften Vorgehen nicht möglich.Die Operationalisierung ist schwierig.Eine Konzentration auf diese in der ambulanten Versorgung sehr seltenenund heterogenen Krankheitsbilder erscheint aus epidemiologischen Grün-den nicht sinnvoll.

Das Yellow-Flag-Konzept ist ein klinisches Konzept, dessen praktischeKonsequenzen für die Primärversorgung nicht ausreichend abgesichert sind,bzw. es fehlen die zur Umsetzung notwendigen Strukturen.Die Operationalisierung ist schwierig.

Die Indikation für ein multimodales Assessment kann im Moment nochnicht ausreichend gut operationalisiert werden. Entsprechende Versor-gungsstrukturen gibt es bisher kaum.

Bisher gibt es keinen für die epidemiologische Situation in der Primär-versorgung ausreichend gesicherten Screening-Algorithmus.

Tabelle 4: Übersicht über erwogene, aber verworfene Qualitätsindikatoren

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RÜCKENSCHMERZÜBERSICHT ÜBER DIE INDIKATOREN

16 – Band C4, Version 1.0

Übersicht über die Indikatoren

Tabelle 5: Qualitätsindikatoren für die Behandlung von Patienten mit Rückenschmerzen

Wie groß ist der Anteil der Patienten mit Rü-ckenschmerzen, bei denen der Untersuchungs-befund dokumentiert wurde? (Tabelle 2)

Wie groß ist der Anteil der Patienten mitRückenschmerzen, die eine Bildgebungerhalten?

Gibt es schriftliche Informationen zu Rücken-schmerzen?Erhalten Patienten adäquate Informationenzu Rückenschmerzen?

Gibt es schriftliche Informationen überdas lokale Sport- und Bewegungsangebot?Erhalten Patienten Informationen zum loka-len Sport- und Bewegungsangebot?

Wie groß ist der Anteil der Patienten mitRückenschmerzen, die Opioide verordnetbekommen?

Wie groß ist der Anteil der Patienten mitRückenschmerzen, die eine gefährlichenicht indizierte medikamentöse Maßnahmeerhalten?

Wie hoch ist der Anteil der Patienten, denenein Heilmittel (Krankengymnastik, Massage)verordnet wird?

Wie groß ist der Anteil der Patienten mit Rü-ckenschmerzen, die zum Orthopäden, Chirur-gen, Neurochirurgen überwiesen werden?

Ist die Qualifikation zur Verordnung von Leis-tungen zur medizinischen Rehabilitation vor-handen?Wird bei Patienten mit gefährdeter Erwerbs-fähigkeit eine Rehabilitationsmaßnahme ein-geleitet?

DiagnostikProzessqualität

DiagnostikProzessqualität

BeratungProzessqualitätStrukturqualität

BeratungProzessqualitätStrukturqualität

Medikamentöse TherapieProzessqualität

Medikamentöse TherapieProzessqualität

Nicht-medikamentöseTherapieProzessqualität

KooperationProzessqualität

Prävention/RehabilitationProzessqualitätStrukturqualität

NR. INDIKATOR (ZIEL) FRAGESTELLUNG FOKUS

1 Anteil der Patienten mit Rückenschmer-zen, bei denen ein Untersuchungsbefunddokumentiert ist. (möglichst hoch)

2 Anteil der Patienten mit Rückenschmer-zen, die eine Bildgebung erhalten.(definierter Zielbereich)

3 Anteil der Patienten mit Rückenschmer-zen, die eine Beratung und schriftlicheInformation zu Rückenschmerzen erhal-ten (möglichst hoch)

4 Anteil der Patienten mit Rückenschmer-zen, die eine Beratung und schriftlicheInformation über das lokale Sport- undBewegungsangebot erhalten(möglichst hoch)

5 Anteil der Patienten mit Rückenschmer-zen, die Opioide verordnet bekommen(definierter Zielbereich)

6 Anteil der Patienten mit Rückenschmer-zen, die Injektionen von nicht-steroidalenAntirheumatika bekommen (keine)

7 Anteil der Patienten mit Rückenschmer-zen, denen ein Heilmittel verordnet wird(definierter Zielbereich)

8 Anteil der Patienten mit Rückenschmer-zen, die zum Spezialisten überwiesenwerden (definierter Zielbereich)

9 Anteil der Patienten mit Rückenschmer-zen und vier Wochen Arbeitsunfähigkeit,bei denen ein Antrag auf Rehabilitationgestellt wird (definierter Zielbereich)

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Indikator 1: Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen, bei denenein Untersuchungsbefund dokumentiert ist

(I) Beschreibung

Aussage: Der Indikator beschreibt den Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen, bei denen

ein Mindeststandard an Anamnese und körperlicher Untersuchung durchgeführt

und dokumentiert ist.

Begründung: Bei allen Patienten mit Rückenschmerzen soll durch Anamnese und körperliche

Untersuchung das Vorliegen einer bedeutsamen Pathologie mit besonderem Hand-

lungsbedarf erkannt werden. Ergeben sich darauf aus Anamnese und körperlicher

Untersuchung keine Hinweise, ist das Vorliegen einer bedeutsamen Pathologie

unwahrscheinlich und zunächst keine weitere Diagnostik notwendig. Durch ein

zeitlich gestuftes diagnostisches Vorgehen soll der ökonomische Aufwand sowie

die Belastung der Patienten gering gehalten werden.

Zielstellung: Ziel ist es, mit einem gestuften diagnostischen Vorgehen bedeutsame Pathologien

zu einem Zeitpunkt zu erkennen, an dem diese therapeutisch noch beeinflussbar

sind.

Bezugsebene: Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen als Konsultationsanlass (ICD M42.1

oder M42.9 (Osteochondrose), M47.2 oder M47.9 (Spondylose), M51.1, M51.2,

M51.3, M51.8, M51.9 (Bandscheibenschäden), M54.3 (Ischialgie), M54.4 (Lum-

boischialgie) oder M54.5 (Kreuzschmerz/Lumbago)).

Wenn der Indikator in einem Modell mit Vertragsbindung (Einschreibung) ange-

wandt wird, sind immer die eingeschriebenen Versicherten gemeint.

Bezugszeitraum: 1 Jahr

Datenquellen: Daten der Praxisdokumentation (ICD-Code); Zusatzdokumentation, z.B. Schmerz-

dauer

Voraussetzungen: Dokumentation der Anamnese und Untersuchung möglichst in der Praxis-EDV.

(II) Erstellung

Berechnung: Die Zahl der Patienten mit Rückenschmerzen, die körperlich untersucht worden

sind, wird dividiert durch die Zahl aller Patienten mit Rückenschmerzen.

Formel: Anzahl der Patienten mit Rückenschmerzen,

bei denen ein Untersuchungsbefund dokumentiert ist

Anzahl der Patienten mit Rückenschmerzen

RÜCKENSCHMERZ INDIKATOR 1

17– Band C4, Version 1.0

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Benötigte Daten: Als Minimalstandard für die Anamnese und körperliche Untersuchung bei Rücken-

schmerzen, der dokumentiert werden sollte, wird empfohlen:

Schmerzdauer

Nachtschmerz/Ruheschmerz/Belastungsschmerz

Schmerzausstrahlung (in Gesäß/Bein/Fuß)

Ergebnis der Kraftprüfung (Zehen- und Hackengang, evt. Stufentest)

Sensibilitätsstörung in den Beinen

Ergebnis des Lasègue-Test

Reflexstatus im Seitenvergleich bei positiven Lasègue-Test oder Schmerzaus-

strahlung in die Beine

Sind diese Punkte dokumentiert, kann von einer ausreichend gründlichen kör-

perlichen Untersuchung ausgegangen werden. Selbstverständlich muss die körper-

liche Untersuchung situativ entsprechend Anamnese und Befund erweitert wer-

den. Denkbar sind hier EDV-Lösungen in Form einer Check-Liste.

Zähler: Anzahl der Patienten mit Rückenschmerzen als Konsultationsanlass, die

körperlich gemäß definiertem Mindeststandard untersucht worden sind.

Nenner: Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen als Konsultationsanlass

(ICD M42.1 oder M42.9 (Osteochondrose), M47.2 oder M47.9 (Spondylose), M51.1,

M51.2, M51.3, M51.8, M51.9 (Bandscheibenschäden), M54.3 (Ischialgie), M54.4

(Lumboischialgie) oder M54.5 (Kreuzschmerz/Lumbago)).

Verfügbarkeit Die Daten können bisher nicht routinemäßig aus der EDV ausgelesen werden.

der Daten: Alternativ könnte eine Zufallsstichprobe anhand einer Checkliste manuell ausge-

wertet werden.

Zeitliche Verzögerungbis zur Verfügbarkeit: Abhängig vom Dokumentationsverfahren und der Stichprobengröße

(III) Anmerkungen zur Messgüte

Validität: Die Qualität der Anamnese und körperlichen Untersuchung ist durch direkte Beob-

achtung am besten zu beurteilen. Die Dokumentation kann daher nur indirekt als

Maß für die Qualität der Anamnese und körperlichen Untersuchung gelten. Die hier

vorgeschlagenen Punkte sind als ein Minimalstandard für die Primärversorgungzu verstehen. Eine gründliche Anamnese und körperliche Untersuchung schafft die

Basis für das vertrauensvolle Beratungsgespräch und ist Voraussetzung für eine ge-

zielte Indikationsstellung zur Überweisung zum Spezialisten bzw. zur Bildgebung.

Reliabilität: Abhängig von der Sorgfalt der Dokumentation und der Möglichkeit, Anamnese

und Befunde elektronisch zu erfassen

Veränderungs-sensitivität: Abhängig von der Dokumentationsqualität

Praktikabilität: Die Praktikabilität in Bezug auf Umsetzbarkeit wird als gut eingeschätzt. Die elek-

tronische Dokumentation der Anamnese und körperlichen Untersuchung ist aller-

dings mit den gängigen Praxissoftware-Paketen nur eingeschränkt standardisierbar

und für Qualitätssicherungszwecke automatisiert auslesbar.

RÜCKENSCHMERZINDIKATOR 1

18 – Band C4, Version 1.0

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(IV) Bisherige Anwendung und Evidenz

Epidemiologie Weder national noch international stehen gute Daten zur Prävalenz abwendbar

und Prävalenz: gefährlicher Verläufe in der Praxis zur Verfügung. Die Mehrheit der Patienten in

der primärärztlichen Versorgung hat unspezifische Rückenschmerzen. Bei der

Umfrage des Gesundheitsmonitors 2009 gaben über 90 % der Patienten an, körper-

lich untersucht worden zu sein (Chenot et al. 2009c). Rückschlüsse auf die Ange-

messenheit der Untersuchung sind so aber nicht möglich.

Praxisstudien Die Eigenschaften dieses Indikators sind noch nicht bekannt. Sie sollten in einer

und Evidenz: Studie untersucht werden. Auch wenn die einzelnen Untersuchungsschritte bei der

körperlichen Untersuchung zum Teil nur eine geringe Sensitivität und Spezifität

besitzen, bieten sie in Kombination in der Primärversorgung im Regelfall eine aus-

reichend hohe diagnostische Sicherheit.

Indikatorsysteme: In den bisherigen Indikatorsystemen wird meist der Ausschluss sogenannter

Red Flags (Warnhinweise auf ein bedeutsame Pathologie als Ursache der Rücken-

schmerzen) als Qualitätsindikator vorgeschlagen (Kühlein et al. 2009, Underwood

2002, Kassenärztliche Bundesvereinigung 2009). Das ist nur eingeschränkt sinnvoll.

Wie oben ausgeführt ist ein sicherer Ausschluss einer bedeutsamen Pathologie

praktisch nicht möglich und im ambulanten Bereich aus epidemiologischen Grün-

den nicht sinnvoll. Vorgeschlagene Leitsymptome/Marker wie die Erfassung von

Blasen- und Mastdarmstörungen und Schmerzausstrahlung in die Beine kommen

in der Primärversorgung praktisch nicht vor und werden daher weder systematisch

erfasst noch dokumentiert. Aus forensischen Gründen verwenden Leitlinien und

Behandlungspfade für Rückenschmerzen viel Mühe auf schwere, aber in der Pri-

märversorgung seltene bis extrem seltene Krankheitsbilder wie z.B. das Cauda

equina-Syndrom (Podnar 2006) oder die infektiöse Spondylitis (Sobottke et al.

2008), die dennoch erkannt werden müssen. Dies liegt zum Teil auch daran, dass

diese Empfehlungen mit starker Beteiligung von Spezialisten, die diese seltenen

Krankheitsbilder in ihrem ausgelesenen Krankengut relativ häufiger sehen, erstellt

werden. Ausstrahlung von Schmerzen in die Beine ist als Symptom zwar ein Hin-

weis auf eine mögliche radikuläre Kompression. In Studien geben aber bis zu 60 %

der Patienten Schmerzausstrahlung in die Beine an. Die Mehrheit dieser Angaben

ist als „pseudoradikulär“ zu werten, was die Validität dieses diagnostischen Mar-

kers erheblich mindert.

Leitlinien: Dieser Indikator wird auch unterstützt von der/den

DEGAM-Leitlinie Kreuzschmerzen 2003

Leitlinie Kreuzschmerzen der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzte-

schaft 2007

European guidelines for the management of chronic nonspecific low back

pain. Chapter 4: Chronic Low Back Pain (Airaksinen et al. 2006), Chapter 3:

Guidelines for the Management of Acute Low Back Pain in Primary Care (van

Tulder et al. 2006)

Nationalen Versorgungsleitlinie Kreuzschmerzen 2010

RÜCKENSCHMERZ INDIKATOR 1

19– Band C4, Version 1.0

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(V) Einbindung in das Qualitätsmanagement

Interpretation: Der Anteil von Patienten, bei denen eine körperliche Untersuchung dokumentiert

ist, soll möglichst hoch liegen.

Betroffene Hausärzte sowie Spezialisten wie Orthopäden, Chirurgen, Schmerztherapeuten,

Fachgruppen: Radiologen mit Intervention, Neurochirurgen oder Neurologen, wenn sie als erste

Ansprechpartner primärversorgend tätig sind

Mögliche Handlungs-konsequenz: Angebot von Untersuchungskursen oder Hospitationen bei Orthopäden

Einbindung der Die Ergebnisse können genutzt werden, um Feinheiten der körperlichen Untersu-

Ergebnisse in chung gemeinsam zu trainieren. Das Institut für hausärztliche Fortbildung des

Qualitätszirkelarbeit: Hausärzteverbandes hat dazu ein Fortbildungsmodul für Qualitätszirkel entwi-

ckelt.

Kosteneffektivität: Zum Kosten-Nutzen-Effekt der Anamnese und körperlichen Untersuchung bei

Rückenschmerzen liegen keine direkten Daten vor. Aus Daten zur Patientenselek-

tion vor Bildgebung kann aber geschlossen werden, dass dies eine kosteneffektive

Maßnahme ist. Die gründliche Anamnese und körperliche Untersuchung schafft

eine Vertrauensbasis zwischen Arzt und Patienten und ist Voraussetzung für das

weitere Vorgehen.

Indikator 2: Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen,die eine Bildgebung erhalten

(I) Beschreibung

Aussage: Der Indikator beschreibt den Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen, bei denen

eine Bildgebung dokumentiert ist.

Begründung: Patienten mit Rückenschmerzen können von einer Bildgebung nur profitieren,

wenn dies zu einer verbesserten Steuerung der Therapie führt. Bildgebende Unter-

suchungen ohne ausreichende klinische Hinweise auf eine spezifische Pathologie

haben keinen therapiesteuernden Nutzen. Die Auswahl dieser Fälle, in denen ein

therapiesteuernder Nutzen der Bildgebung erwartet wird, ist abhängig von Anam-

nese und Untersuchungsbefund und unterliegt der Erfahrung und subjektiven Ein-

schätzung des behandelnden Arztes. In seltenen bedrohlichen Fällen ist eine sofor-

tige Bildgebung notwendig, u.a. bei Frakturverdacht, Tumorverdacht, Verdacht auf

eine Infektion (einschließlich Labor), bei Cauda-Symptomatik und akuten Paresen;

da in diesen Fällen in der Regel eine sofortige Überweisung zum Facharzt oder eine

Einweisung in die Klinik erfolgt, wird die Bildgebung meist dort durchgeführt.

Wegen negativer Effekte der Bildgebung auf den Krankheitsverlauf und aus strah-

lenhygienischen und ökonomischen Gesichtspunkten ist es sinnvoll, die Bildge-

bung auf Patienten, die davon mit ausreichend hoher Wahrscheinlichkeit profitie-

RÜCKENSCHMERZINDIKATOR 2

20 – Band C4, Version 1.0

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ren können, zu beschränken. Bei der Umfrage des Gesundheitsmonitors 2009

gaben von 199 Patienten, die in den letzten 3 Monaten wegen Rückenschmerzen

beim Arzt waren, 78 % an, ein Röntgenbild, 56 %, eine Computertomographie und

11 % ein MRT bekommen zu haben (Chenot et al. 2009). Klinische Faktoren wie

Schmerzstärke, -dauer oder -ausstrahlung spielen bei der Bildgebung in einer gro-

ßen deutschen Beobachtungsstudie nur ein untergeordnete Rolle (Chenot et al.

2008a). Zum Vergleich: In einer spanischen Beobachtungsstudie erhielten inner-

halb von vier Monaten nur 15 % ein Röntgenbild und 2 % eine Computertomogra-

phie bzw. Magnetresonanztomographie (Kovacs et al. 2006), in einer niederländi-

schen Studie nur 2 % eine Bildgebung (Schers et al. 2000), in einer kanadischen

Studie mit Patienten mit chronischen Rückenschmerzen nur 30 % eine Bildgebung

(Lim et al. 2006). Auch unter Berücksichtigung der unterschiedlich strukturierten

Gesundheitssysteme legt dies den Schluss nahe, dass eine strengere Indikations-

stellung zur Bildgebung in Deutschland zu substantiellen Einsparungen führen

könnte, ohne die Versorgung zu verschlechtern.

Zielstellung: Ziel ist es, die Bildgebung bei Rückenschmerzen auf den notwendigen Umfang zu

begrenzen.

Bezugsebene: Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen als Konsultationsanlass (ICD M42.1

oder M42.9 (Osteochondrose), M47.2 oder M47.9 (Spondylose), M51.1, M51.2,

M51.3, M51.8, M51.9 (Bandscheibenschäden), M54.3 (Ischialgie), M54.4 (Lum-

boischialgie) oder M54.5 (Kreuzschmerz/Lumbago)).

Bezugszeitraum: 1 Jahr

Datenquellen: Daten der Praxisdokumentation, ggf. auch Routinedaten einer Krankenkasse

Voraussetzungen: Dokumentation der Überweisung zum Radiologen und Spezialisten in der Praxis-

EDV. Verfügbarkeit aller Abrechnungsdaten inklusive Spezialisten für einen Patien-

ten.

Ausblick: Der Indikator ist grob und differenziert nicht zwischen verschiedenen Formen der

Bildgebung und verzichtet aus pragmatischen Gründen auf die Erfassung von

Randbedingungen wie Schmerzdauer und „Red Flags“ (siehe Einordnung des

Themas/Erkennen von abwendbar gefährlichen Verläufen) zur besseren Erfassung

möglicher Indikationen. Mit Verbesserung der elektronischen Patientenakte wird

in Zukunft eine differenziertere Bewertung der Indikation möglich sein.

(II) Erstellung

Berechnung: Die Zahl der Patienten mit Rückenschmerzen, die eine Bildgebung erhalten haben,

wird dividiert durch die Zahl aller Patienten mit Rückenschmerzen.

Formel: Anzahl der Patienten mit Rückenschmerzen, die eine Bildgebung erhalten haben

Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen

RÜCKENSCHMERZ INDIKATOR 2

21– Band C4, Version 1.0

Page 23: Rückenschmerz C4 · QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, ... Durchhalten) • Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche

Benötigte Daten: Zähler: Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen, die Überweisungen in die

Radiologie für eine Bildgebung beim Spezialisten bekommen haben.

Nenner: Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen als Konsultationsanlass

(ICD M42.1 oder M42.9 (Osteochondrose), M47.2 oder M47.9 (Spondylose), M51.1,

M51.2, M51.3, M51.8, M51.9 (Bandscheibenschäden), M54.3 (Ischialgie), M54.4

(Lumboischialgie) oder M54.5 (Kreuzschmerz/Lumbago)).

Verfügbarkeit Da hausärztlich tätige Ärzte selbst keine Anlagen zur Bildgebung betreiben dürfen,

der Daten: ist der Anteil der Patienten, bei denen direkt vom Hausarzt eine Bildgebung veran-

lasst wird, durch Filtern der Überweisungen in die Radiologie einfach festzustellen.

Nicht erfasst wird Bildgebung bei Überweisung zu Fachärzten, die eigene Anlagen

zur Bildgebung betreiben. Überweisungen zum Orthopäden bei Rückenschmerzen

enthalten meist keinen expliziten Arbeitsauftrag (Chenot et al. 2009a). Die Mehr-

heit der überwiesenen Patienten erhält eine Bildgebung (Chenot et al. 2008 und

2009). Stehen die Abrechnungsdaten auf Patientenebene zur Verfügung, kann die

Bildgebung detaillierter erfasst werden.

Zeitliche Verzögerungbis zur Verfügbarkeit: Abhängig vom Dokumentationsverfahren

(III) Anmerkungen zur Messgüte

Validität: Bei der Indikation zur Bildgebung gibt es einen großen Ermessensspielraum. Als

Vergleichzahlen für einen angemessenen Anteil von Patienten, die eine Bildgebung

erhalten, können andere Ärztenetze und Vergleiche mit Bildgebungsraten in ande-

ren westlichen Industriestaaten herangezogen werden. In einem unstrukturierten

Versorgungssystem ohne feste Patienteneinschreibung kann der Indikator Bildge-

bung durch Primärärzte nicht kontrolliert werden. Hier wird die Qualität und Effi-

zienz des Gesamtsystems bewertet.

Veränderungs- Vergleichzahlen mit anderen westlichen Industrienationen legen nahe, dass der

sensitivität: Anteil der Patienten, die Bildgebung erhalten, in Deutschland (40–70 %) erheblich

reduziert werden könnte (Chenot et al. 2008a, Chenot et al. 2009c). Dabei spielen

auch Patientenerfahrungen und reelle sowie angenommene Patientenwünsche

nach Bildgebung eine Rolle (Chenot et al. 2008b). Durch Medienkampagnen kön-

nen solche Überzeugungen in der Bevölkerung beeinflusst werden (Buchbinder et

al. 2001). Der Indikator bildet diese Veränderungen ab.

Praktikabilität: Wird die Veranlassung einer Bildgebung bei Rückenschmerzen unter qualitativen

Aspekten bewertet, so ist diese per se weder schlecht noch gut, sondern indiziert

oder nicht indiziert. Bisherige Qualitätsindikatoren zur Bildgebung definieren

Bedingungen für den Regelfall, um nicht indizierte Bildgebung zu identifizieren.

Das Unterlassen einer indizierten Bildgebung spielt dagegen praktisch kaum eine

Rolle. Die AQUIK-Entwicklungsgruppe hat sich, basierend auf den Leitlinien, für

einen Zeitraum von weniger als vier Wochen Schmerzen entschieden. Eine

Erfassung der Schmerzdauer ist jedoch wie oben ausgeführt weder sinnvoll noch

RÜCKENSCHMERZINDIKATOR 2

22 – Band C4, Version 1.0

Page 24: Rückenschmerz C4 · QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, ... Durchhalten) • Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche

stehen diese Daten bisher zur Verfügung. Die amerikanischen HEDIS-Indikatoren

beschränken sich auf die Altersgruppe zwischen 18 und 50 Jahren, die in fast allen

Leitlinien aufgeführt sind. Dies ist, wie ebenfalls bereits ausgeführt, nicht sinnvoll.

Da Randbedingungen wie „Red Flags“ in der Praxis nur schwer zu operationalisie-

ren sind, wird auf diese Einschränkung prinzipiell verzichtet. Unter der epidemio-

logisch begründeten Annahme, dass echte „Red Flags“ in der Primärversorgung

selten sind, wird dies durch eine geringe Absenkung des Zielwerts für den Anteil

der Patienten, die keine Bildgebung erhalten haben, berücksichtigt.

Bisherige Qualitätsindikatoren haben sich im Nenner immer auf Patienten mit

Rückenschmerzen, die seit vier bis sechs Wochen andauern, bezogen. Da die Dauer

einer Rückenschmerzepisode nur schwer zu operationalisieren ist (siehe Einord-

nung des Themas), wird auf diese Einschränkung verzichtet. Zudem leistet diese

Zeitangabe dem Eindruck Vorschub, dass bei mehr als sechs Wochen Schmerzen

immer eine Bildgebung durchgeführt werden sollte. In der Praxis gibt es durchaus

Gründe für eine frühe Bildgebung auch ohne „Red Flags“. Dies ist z.B. der Fall bei

anhaltender Arbeitsunfähigkeit, bei Anfragen der Krankenkasse, vor Einleitung

einer Rehabilitation oder vor Überweisung zur spezialisierten Schmerztherapie.

Durch eine Anpassung des Zielwerts für den Anteil der Patienten, die keine Bildge-

bung erhalten haben, kann dies berücksichtigt werden.

Verzichtet man auf die praktisch nur schwer operationalisierbaren und schlecht

erhebbaren Randbedingungen und berücksichtigt dies bei der Interpretation, han-

delt es sich um eine praktikablen Indikator.

(IV) Bisherige Anwendung und Evidenz

Praxisstudien Patienten mit Rückenschmerzen können von einer Bildgebung nur profitieren,

und Evidenz: wenn dies zu einer verbesserten Steuerung der Therapie führt. Viele Normabwei-

chungen der Lendenwirbelsäule können nur durch ein bildgebendes Verfahren

gesichert werden. Aus Reihenuntersuchungen bei Menschen ohne Rückenschmer-

zen und Querschnittsuntersuchungen zeigt sich aber, dass vielen dieser häufigen

und zum Teil regelhaft auftretenden Veränderungen kein pathologischer Wert

zugeordnet werden kann (Müller 2001, Muraki et al. 2009). Entsprechend hat die

Bildgebung in den ersten sechs Wochen bei Patienten ohne Warnhinweise auf

einen abwendbar gefährlichen Verlauf („Red Flags“) keinen die Therapie sinnvoll

steuernden Wert (Chou et al. 2009). Auch nach sechs Wochen bei persistierenden

Schmerzen ist der Nutzen der Bildgebung gering (Kendrick et al. 2001).

Im Vergleich zu anderen Ländern liegt Deutschland nach den vorliegenden Daten

bezüglich der jährlichen Anzahl von 1,6 Röntgenuntersuchungen pro Einwohner

und Jahr im oberen Bereich (UNSCEAR 2000 Report). Versorgungsepidemiologische

Studien aus Deutschland zeigen einen im internationalen Vergleich mit anderen

Industrienationen extrem hohen Anteil von Patienten mit Rückenschmerzen, die

eine Bildgebung erhalten (Chenot et al. 2008a).

Aus strahlenhygienischen Gründen ist die Indikation für Röntgenaufnahmen und

Computertomographien der Wirbelsäule eng zu stellen (Biswas et al. 2009). Bei

RÜCKENSCHMERZ INDIKATOR 2

23– Band C4, Version 1.0

Page 25: Rückenschmerz C4 · QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, ... Durchhalten) • Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche

Frauen vor der Menopause befinden sich die strahlensensiblen Ovarien im Ziel-

gebiet der Bildgebung.

Eine frühzeitige Bildgebung hat nicht nur keinen Einfluss auf den Verlauf der

Schmerzen, sie kann auch Nachteile haben. Bei einigen Patienten führt die

Demonstration degenerativer Veränderungen oder bedeutungsloser Bandscheiben-

vorfälle zu Angstvermeidungs-Überzeugungen oder zu „Katastrophisierung“

(„Mein Kreuz ist kaputt“). Dies ist ein Hindernis für die Mobilisierung und den

natürlichen Heilungsprozess und fördert die Chronifizierung (Kendrik et al. 2001).

Auch gibt es Hinweise darauf, dass Patienten, die frühzeitig eine Bildgebung erhal-

ten, häufiger am Rücken operiert werden (Chou et al. 2009).

Indikatorsysteme: Ähnliche Qualitätsindikatoren zur Reduktion der Bildgebung bei Rückenschmer-

zen wurden vorgeschlagen von

National Committee for Quality Assurance (NCQA). HEDIS® 2009: Healthcare

Effectiveness Data & Information Set

Kassenärztlicher Bundesvereinigung 2009 (AQUIK)

National Primary Care Research and Development Centre (Underwood 2002)

Kühlein et al. 2009 (CONTENT)

Leitlinien: Dieser Indikator wird auch unterstützt von der/den

DEGAM-Leitlinie Kreuzschmerzen 2003

Leitlinie Kreuzschmerzen der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzte-

schaft 2007

European guidelines for the management of chronic nonspecific low back

pain. Chapter 4: Chronic Low Back Pain (Airaksinen et al. 2006)

Nationalen Versorgungsleitlinie Kreuzschmerzen 2010

(V) Einbindung in das Qualitätsmanagement

Interpretation: Der Anteil der Patienten, bei denen eine Bildgebung durchgeführt wird, sollte in

einem zu definierenden Bereich liegen. Vorgeschlagen wird in Orientierung an

Daten aus der Versorgungsforschung ein Anteil von ca. 30 %. Eine getrennte

Analyse nach Verfahren (konventionelles Röntgen, Computertomographie und

Magnetresonanztomographie) ist ebenfalls möglich.

Betroffene Hausärzte sowie Spezialisten wie Orthopäden, Chirurgen, Schmerztherapeuten,

Fachgruppen: Radiologen mit Intervention, Neurochirurgen oder Neurologen, wenn sie als erste

Ansprechpartner primärversorgend tätig sind.

Mögliche Handlungs- Überprüfung der Befunddokumentation und Verbesserung der Indikationsstellung

konsequenz: zur Bildgebung

Einbindung der Die Ergebnisse können genutzt werden, um Indikationen und Nutzen der Bildge-

Ergebnisse in bung in Bezug auf Therapiesteuerung gemeinsam zu diskutieren. Daraus können

Qualitätszirkelarbeit: auch gemeinsame Handlungsansätze, etwa zur Unterstützung bei der Patienten-

information zu diesem Thema, resultieren.

RÜCKENSCHMERZINDIKATOR 2

24 – Band C4, Version 1.0

Page 26: Rückenschmerz C4 · QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, ... Durchhalten) • Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche

Kosteneffektivität: Der Kosten-Nutzen-Effekt von Bildgebung wurde in Deutschland bisher nicht

untersucht. Studien aus Großbritannien und den USA zeigen aber, dass eine frühe

Bildgebung keinen Einfluss auf das Behandlungsergebnis hat und mit Mehrkosten

verbunden ist (Gray et al. 2003, Gilbert et al. 2004). Die extreme Zunahme der Bild-

gebung in den USA (< 300 %) hat zu keiner nachweisbaren Verbesserung der Ver-

sorgungssituation bei Patienten mit Rückenschmerzen geführt (Deyo et al. 2009).

Eine strengere Indikationsstellung kann bei der in Deutschland ebenfalls hohen

Bildgebungsrate zu substantiellen Einsparungen führen, ohne die Versorgung zu

verschlechtern.

Indikator 3: Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen, die eine schriftlicheInformation zu Rückenschmerzen erhalten

(I) Beschreibung

Aussage: Der Indikator gibt an, welcher Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen eine

schriftliche Information zu Rückenschmerzen erhalten hat.

Begründung: Inhalt der Information sind die (gute) Prognose sowie die Motivation zur Mitwir-

kung an der Behandlung. Dazu gehören das Vermeiden von Bettruhe bzw. unange-

messener Schonung und die Fortführung von Alltagsaktivitäten so weit wie mög-

lich während der akuten Schmerzphase. Besondere Rückenübungen sind nicht

notwendig. Falsche Überzeugungen zu Ursache und Therapie von Rückenschmer-

zen („back pain myths“) sind in der Bevölkerung häufig und korrelieren mit

schlechteren Behandlungsergebnissen (Ihlebaek et al. 2005, Goubert et al. 2005). Da

diese Inhalte nicht alle immer in einer Konsultation vermittelt werden können, ist

eine schriftliche Patienteninformation sinnvoll. Edukation kann positive Effekte

auf Schmerz und Funktion erzielen, eine schriftliche Information allein ist nicht

ausreichend (Engers et at. 2008).

Zielstellung: Ziel ist es, möglichst allen Patienten mit Rückenschmerzen evidenzbasierte schrift-

liche Information zu geben. Dies versteht sich selbstverständlich als Ergänzung zur

mündlichen Beratung.

Bezugsebene: Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen als Konsultationsanlass (ICD M42.1

oder M42.9 (Osteochondrose), M47.2 oder M47.9 (Spondylose), M51.1, M51.2,

M51.3, M51.8, M51.9 (Bandscheibenschäden), M54.3 (Ischialgie), M54.4 (Lum-

boischialgie) oder M54.5 (Kreuzschmerz/Lumbago)).

Bezugszeitraum: 1 Jahr

Datenquellen: Praxis-EDV; Zusatzdokumentation

Voraussetzungen: Erfassung von Diagnosen und Ausgeben der Patienten-Informationen über die

Praxis-EDV

RÜCKENSCHMERZ INDIKATOR 3

25– Band C4, Version 1.0

Page 27: Rückenschmerz C4 · QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, ... Durchhalten) • Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche

Ausblick: Unabhängige qualitativ hochwertige Patienteninformation wird zunehmendWich-

tigkeit erlangen. Umfassende Bewertungen von Patienteninformationsmaterial in

Bezug auf Umfang und Verständlichkeit sind notwendig.

(II) Erstellung

Berechnung: Die Zahl der Patienten mit Rückenschmerzen, die schriftliche Information zu

Rückenschmerzen erhalten hat, wird dividiert durch die Zahl aller Patienten mit

Rückenschmerzen.

Formel: Patienten mit Rückenschmerzen, die schriftliche Information erhalten haben

Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen

Referenzwert: Der Zielwert ist möglichst hoch.

Benötigte Daten: Zähler: Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen, die schriftliche Information

zu Rückenschmerzen erhalten haben.

Nenner: Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen als Konsultationsanlass (ICD

M42.1 oder M42.9 (Osteochondrose), M47.2 oder M47.9 (Spondylose), M51.1,

M51.2, M51.3, M51.8, M51.9 (Bandscheibenschäden), M54.3 (Ischialgie), M54.4

(Lumboischialgie) oder M54.5 (Kreuzschmerz/Lumbago)).

Verfügbarkeit Die Diagnosen stehen routinemäßig über die Praxis-EDV zur Verfügung. Die Doku-

der Daten: mentation der Ausgaben von Patienteninformationen wird im Moment noch nicht

von den verbreiteten Praxissoftware-Systemen angeboten. Die Daten müssen per

Hand erhoben werden. Eine praktikable Alternative ist die Verwendung von Pseu-

doziffern.

Zeitliche Verzögerungbis zur Verfügbarkeit: Abhängig vom Dokumentationsverfahren

(III) Anmerkungen zur Messgüte

Validität: Beratung ist ein zentraler Konsultationsanlass in der Arztpraxis. Die Qualität der

mündlichen Beratung kann nur durch direkte Beobachtung überprüft werden. Die

schriftliche Information ist ein Hilfsmittel zur Standardisierung von Empfehlun-

gen. Die Qualität der schriftlichen Informationsbroschüren variiert (Pharma-

werbung). Das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) hat Rücken-

broschüren gesammelt und bewertet (patienten-informationen.de, Stichwort

Kreuzschmerz). International ist das „Back Book“ von Gordon Waddell am verbrei-

tetsten. Eine deutsche Übersetzung liegt vor. Krankenkassen haben ebenfalls Bro-

schüren entwickelt, die ohne Zusatzkosten von Praxen genutzt werden können.

Reliabilität: Abhängig von der Sorgfalt der Dokumentation und der Möglichkeit, die Ausgabe

von Informationsbroschüren elektronisch zu erfassen

RÜCKENSCHMERZINDIKATOR 3

26 – Band C4, Version 1.0

Page 28: Rückenschmerz C4 · QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, ... Durchhalten) • Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche

Veränderungs- Das Austeilen von schriftlicher Information gehört noch nicht zum Standard in der

sensitivität: Hausarztpraxis. Das Verteilen von Informationsbroschüren durch Ärzte erfordert

Auseinandersetzung und Übereinstimmung mit dem Inhalt der Broschüre. Bei der

Umfrage des Gesundheitsmonitors 2009 gaben ca. 45 % der Befragten, die wegen

Rückenschmerzen beim Arzt waren, an, schriftliche Information erhalten zu haben

(Chenot et al. 2009b). Dies erscheint bereits als hoher Zielerreichungsgrad.

Praktikabilität: Die Maßnahme ist in der Praxis leicht umsetzbar und relativ preiswert, da zum Teil

auf frei verfügbare Vorlagen zurückgegriffen werden kann. Manche Broschüren

sind sehr lang und für Patienten mit geringer Lesekompetenz nicht geeignet. Hier

besteht ein Konflikt zu den umfangreichen Anforderungen des DISCERN-Instru-

ments an Patienteninformationen (www.discern.de).

(IV) Bisherige Anwendung und Evidenz

Praxisstudien Patienten, die ein Informationsbooklet zu Rückenschmerzen erhielten, hatten nach

und Evidenz: drei Monaten etwas seltener persistierende Rückenschmerzen und waren mit ihrer

Behandlung zufriedener (Coudeyre et al. 2007, Engers et al. 2008). Trotz nur mode-

rater Effektivität von Patienteninformationen bei Rückenschmerzen wird diese

kostengünstige und leicht umsetzbare Maßnahme als wichtig bewertet (Liddle et al.

2007). Dabei muss berücksichtigt werden, dass bei diesem häufigen Konsultations-

anlass auch kleinere Effekte bedeutsam sind.

Indikatorsysteme: Dieser Indikator ist bisher nicht verwendet worden.

Leitlinien: Dieser Indikator wird auch unterstützt von der/den

DEGAM-Leitlinie Kreuzschmerzen 2003

Leitlinie Kreuzschmerzen der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzte-

schaft 2007

European guidelines for the management of chronic nonspecific low back

pain. Chapter 4: Chronic Low Back Pain (Airaksinen et al. 2006), Chapter 3:

Guidelines for the Management of Acute Low Back Pain in Primary Care (van

Tulder et al. 2006).

Holländischen Leitlinie für Physiotherapie bei Rückenschmerzen (Bekkering

et al. 2003)

(V) Einbindung in das Qualitätsmanagement

Interpretation: Der Anteil von Patienten, bei denen die Ausgabe einer schriftlichen Information zu

Rückenschmerzen dokumentiert ist, soll möglichst hoch liegen.

Betroffene Hausärzte sowie Spezialisten wie Orthopäden, Chirurgen und Neurologen, wenn

Fachgruppen: sie als erste Ansprechpartner primärversorgend tätig sind

Mögliche Handlungs Nutzung von vorhandenen Informationsbroschüren oder gemeinsame Erstellung

konsequenz: neuer Broschüren

RÜCKENSCHMERZ INDIKATOR 3

27– Band C4, Version 1.0

Page 29: Rückenschmerz C4 · QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, ... Durchhalten) • Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche

Einbindung der Die Ergebnisse können genutzt werden, um Kernbotschaften für Patienten zu

Ergebnisse in diskutieren und eventuell eine eigene Broschüre, die auf lokale Bedingungen ab-

Qualitätszirkelarbeit: gestimmt ist, zu entwickeln.

Kosteneffektivität: Der Kosten-Nutzen-Effekt von Informationsbroschüren ist im Einzelfall gering.

Wegen der Häufigkeit des Problems sind auch geringe Effekte wichtig.

Indikator 4: Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen, die eine schriftlicheInformation über das lokale Sport- und Bewegungsangebot erhalten

(I) Beschreibung

Aussage: Der Indikator gibt an, welcher Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen eine

schriftliche Information über das lokale Sport- und Bewegungsangebot erhalten

hat.

Begründung: Motivierung zu regelmäßiger körperlicher Aktivität nach dem Abklingen der

akuten Schmerzphase wird von allen Leitlinien empfohlen. Körperliche Aktivität

(„exercise“) ist effektiv in der Sekundärprävention von Rückenschmerzen. Vermin-

derung von Schmerz und Funktionseinschränkungen kommt jedoch vor der

Reduktion von Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen für Rücken-

schmerzen. Die Empfehlung zu regelmäßiger körperlicher Aktivität kann durch

eine schriftliche Zusammenstellung des lokalen Sport- und Bewegungsangebots

verstärkt werden.

Zielstellung: Ziel ist es, möglichst alle Patienten mit Rückenschmerzen zur regelmäßigen körper-

lichen Aktivität zu motivieren.

Bezugsebene: Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen als Konsultationsanlass (ICD M42.1

oder M42.9 (Osteochondrose), M47.2 oder M47.9 (Spondylose), M51.1, M51.2,

M51.3, M51.8, M51.9 (Bandscheibenschäden), M54.3 (Ischialgie), M54.4 (Lum-

boischialgie) oder M54.5 (Kreuzschmerz/Lumbago)).

Bezugszeitraum: 1 Jahr

Datenquellen: Praxis-EDV; Zusatzdokumentation

Voraussetzungen: Erfassung von Diagnosen und Ausgabe der Patienten-Informationen über die

Praxis-EDV

(II) Erstellung

Berechnung: Die Zahl der Patienten mit Rückenschmerzen, die schriftliche Information über das

lokale Sport- und Bewegungsangebot erhalten hat, wird dividiert durch die Zahl

aller Patienten mit Rückenschmerzen.

RÜCKENSCHMERZINDIKATOR 4

28 – Band C4, Version 1.0

Page 30: Rückenschmerz C4 · QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, ... Durchhalten) • Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche

Formel: Patienten mit Rückenschmerzen mit schriftlicher Information

über lokales Sport- und Bewegungsangebot

Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen

Referenzwert: Der Zielwert ist möglichst hoch.

Benötigte Daten: Zähler: Anzahl der Patienten mit Rückenschmerzen, die schriftliche Information

über das lokale Sport- und Bewegungsangebot erhalten haben.

Nenner: Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen als Konsultationsanlass (ICD

M42.1 oder M42.9 (Osteochondrose), M47.2 oder M47.9 (Spondylose), M51.1,

M51.2, M51.3, M51.8, M51.9 (Bandscheibenschäden), M54.3 (Ischialgie), M54.4

(Lumboischialgie) oder M54.5 (Kreuzschmerz/Lumbago)).

Verfügbarkeit Die Diagnosen stehen routinemäßig über die Praxis-EDV zur Verfügung. Die Doku-

der Daten: mentation der Ausgabe von Patienteninformationen wird im Moment noch nicht

von den verbreiteten Praxissoftware-Systemen unterstützt. Die Daten müssen per

Hand erhoben werden. Eine Alternative ist die Eingabe von Pseudoziffern.

Zeitliche Verzögerungbis zur Verfügbarkeit: Abhängig vom Dokumentationsverfahren

(III) Anmerkungen zur Messgüte

Validität: Beratung ist ein zentraler Konsultationsanlass in der Arztpraxis. Die Empfehlung,

körperlich aktiv zu werden, ist für viele Patienten auch mit anderen Erkrankungen

sinnvoll. Die schriftliche Information allein ist kein Nachweis einer Beratungs-

qualität, sie muss immer mit einer persönlichen Beratung verbunden sein, deren

Qualität nur durch direkte Beobachtung bewertet werden kann. Die Qualität der

lokalen Sportangebote ist für den Einzelnen schwer zu beurteilen. Der Deutsche

Sportbund vergibt als Hilfestellung ein Qualitätssiegel Sport pro Gesundheit

(www.sportprogesundheit.de).

Reliabilität: Abhängig von der Sorgfalt der Dokumentation und der Möglichkeit, die Ausgabe

von Informationsmaterial elektronisch zu erfassen

Veränderungs- Das Austeilen von schriftlicher Information zum lokalen Sport- und Bewegungsan-

sensitivität: gebot gehört noch nicht zum Standard in der Hausarztpraxis. Das Verteilen von

Informationsbroschüren durch Ärzte erfordert Auseinandersetzung und Überein-

stimmung mit dem Inhalt der Broschüre. Bei der Umfrage des Gesundheitsmoni-

tors 2009 gaben ca. 70 % der Befragten, die wegen Rückenschmerzen beim Arzt

waren, an, körperliche Aktivität empfohlen bekommen zu haben (Chenot et al.

2009b). Dies ist bereits ein hoher Zielerreichungsgrad.

Praktikabilität: Die Maßnahme ist in der Praxis leicht umsetzbar und relativ preiswert.

RÜCKENSCHMERZ INDIKATOR 4

29– Band C4, Version 1.0

Page 31: Rückenschmerz C4 · QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, ... Durchhalten) • Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche

(IV) Bisherige Anwendung und Evidenz

Praxisstudien Motivierung zu regelmäßiger körperlicher Aktivität nach dem Abklingen der aku-

und Evidenz: ten Schmerzphase wird von allen Leitlinien empfohlen. Körperliche Aktivität ist

effektiver in der Verminderung von Schmerz und Funktionseinschränkungen als

in der Reduktion von Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen für

Rückenschmerzen. Dies ist insbesondere für subakute und chronische Rücken-

schmerzen belegt, während bei akuten Rückenschmerzen der Nutzen umstritten

bleibt. Es gibt keine Evidenz für eine bessere Effektivität bestimmter Übungen,

eine bestimmte Trainingsintensität, bestimmter Trainingsformen oder Heimtrai-

ning versus Gruppentraining. Keine Form der körperlichen Aktivität ist für alle

Patienten effektiv und es konnten auch keine Subgruppen identifiziert werden, für

die eine bestimmte Übungsform besonders effektiv ist (Abenhaim et al. 2000, Hay-

den et al. 2008, Henchoz & Kai-Lik 2008). Empfehlungen für bestimmte Sportarten

basieren ausschließlich auf biomechanischen Überlegungen (Krämer et al. 2005).

Indikatorsysteme: Dieser Indikator ist bisher nicht verwendet worden.

Leitlinien: Dieser Indikator wird auch unterstützt von der/den

DEGAM-Leitlinie Kreuzschmerzen 2003

Leitlinie Kreuzschmerzen der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzte-

schaft 2007

European guidelines for the management of chronic nonspecific low back

pain. Chapter 4: Chronic Low Back Pain (Airaksinen et al. 2006), Chapter 3:

Guidelines for the Management of Acute Low Back Pain in Primary Care (van

Tulder et al. 2006).

Holländischen Leitlinie für Physiotherapie bei Rückenschmerzen (Bekkering

et al. 2003)

Nationalen Versorgungsleitlinie Kreuzschmerzen 2010

(V) Einbindung in das Qualitätsmanagement

Interpretation: Alle Patienten mit Rückenschmerzen sollten schriftliche Information zum lokalen

Sport- und Bewegungsangebot erhalten.

Betroffene Hausärzte sowie Spezialisten wie Orthopäden, Chirurgen oder Neurologen, wenn

Fachgruppen: sie als erste Ansprechpartner primärversorgend tätig sind

Mögliche Handlungs- Nutzung von vorhandenen Informationsbroschüren oder gemeinsame Erstellung

konsequenz: neuer Broschüren

Einbindung der Die Ergebnisse können genutzt werden, um gemeinsame geeignete Angebote für

Ergebnisse in Patienten zu diskutieren und eine eigene Broschüre, die auf lokale Bedingungen

Qualitätszirkelarbeit: abgestimmt ist, zu entwickeln. Denkbar ist auch die Schaffung eines eigenen Ange-

bots, wenn das lokale Angebot unzureichend ist.

Kosteneffektivität: Der Kosten-Nutzen-Effekt von Informationsbroschüren ist im Einzelfall gering.

Wegen der Häufigkeit des Problems sind auch geringe Effekte wichtig.

RÜCKENSCHMERZINDIKATOR 4

30 – Band C4, Version 1.0

Page 32: Rückenschmerz C4 · QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, ... Durchhalten) • Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche

Indikator 5: Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen, die Opioide verordnet bekommen

(I) Beschreibung

Aussage: Der Indikator „Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen, die Opioide verordnet

bekommen“ beschreibt den Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen, die nicht-

betäubungsmittelpflichtige oder betäubungsmittelpflichtige Opioide verordnet

bekommen.

Begründung: Ziel der Schmerztherapie bei Rückenschmerzen ist es, durch Schmerzlinderung

möglichst früh der gewohnten körperlichen Tätigkeit nachgehen zu können. Die

Wirksamkeit von nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) zur Schmerzlinderung

bei Rückenschmerzen ist gut belegt. Der Nutzen von Opioiden bei Rückenschmer-

zen ist dagegen umstritten (Deshpande et al. 2007). Auch wegen der Kosten und des

Nebenwirkungsprofils sind Opioide nur Schmerzmittel der zweiten Wahl bei

Rückenschmerzen (Nicholson 2003).

Zielstellung: Einem möglichst hohen Anteil von Patienten mit Rückenschmerzen soll ein einfa-

ches Schmerzmittel (NSAR) verordnet werden. Der Anteil von Patienten, die ein

nicht-betäubungsmittelpflichtiges Opioid oder betäubungsmittelpflichtige Opioide

verordnet bekommen, sollte relativ niedrig sein.

Bezugsebene: Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen als Konsultationsanlass (ICD M42.1

oder M42.9 (Osteochondrose), M47.2 oder M47.9 (Spondylose), M51.1, M51.2,

M51.3, M51.8, M51.9 (Bandscheibenschäden), M54.3 (Ischialgie), M54.4 (Lum-

boischialgie) oder M54.5 (Kreuzschmerz/Lumbago)).

Bezugszeitraum: 1 Jahr

Datenquellen: Praxis-EDV

Voraussetzungen: Erfassung von Diagnosen und verordneten Medikamenten, einschließlich OTC-

Präparaten über grüne Rezepte über die Praxis-EDV

Ausblick: Der Indikator „Anteil der Patienten, die Opioide verordnet bekommen“ ist zunächst

sehr grob. In Zukunft kann eine differenziertere Erfassung der Schmerzmedika-

tion erfolgen.

(II) Erstellung

Berechnung: Die Zahl der Patienten mit Rückenschmerzen, die Opioide verordnet bekommen,

wird dividiert durch die Zahl aller Patienten mit Rückenschmerzen.

Formel: Patienten mit Rückenschmerzen mit Opioidverordnung

Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen

Referenzwert: Der Zielwert sollte bei 5–10 % liegen.

RÜCKENSCHMERZ INDIKATOR 5

31– Band C4, Version 1.0

Page 33: Rückenschmerz C4 · QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, ... Durchhalten) • Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche

Benötigte Daten: Zähler: Anzahl aller Patienten, die Opioide verordnet bekommen haben (ATC-Code

N02A).

Nenner: Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen als Konsultationsanlass (ICD

M42.1 oder M42.9 (Osteochondrose), M47.2 oder M47.9 (Spondylose), M51.1,

M51.2, M51.3, M51.8, M51.9 (Bandscheibenschäden), M54.3 (Ischialgie), M54.4

(Lumboischialgie) oder M54.5 (Kreuzschmerz/Lumbago)).

Verfügbarkeit Die Daten können bereits jetzt aus den Verordnungsdaten der Praxis-EDV extra-

der Daten: hiert werden.

Zeitliche Verzögerungbis zur Verfügbarkeit: Abhängig vom Dokumentationsverfahren

(III) Anmerkungen zur Messgüte

Validität: Die Verordnung eines Opioids bei Rückenschmerzen ist kein Ausdruck schlechter

Versorgungsqualität. Eine Überprüfung der Indikation im Einzelfall ist für Quali-

tätsindikatoren zu aufwendig. Unter der Annahme, dass die Mehrheit der Patien-

ten ohne ein Opioid eine ausreichende medikamentöse Schmerztherapie erhält,

kann ein Zielbereich definiert werden.

Reliabilität: Abhängig von der Sorgfalt der Dokumentation

Veränderungs- Die Veränderungssensitivität der Opioidverordnungen bei Rückenschmerzen ist

sensitivität: abhängig von der Ausgangslage und lokalen Verordnungsgewohnheiten. In der

Praxis ist dabei auch entscheidend, ob Opiate in das Arzneimittelbudget eingerech-

net werden.

Praktikabilität: Alle notwendigen Daten werden bereits jetzt schon in der Praxis-EDV erfasst.

(IV) Bisherige Anwendung und Evidenz

Praxisstudien Ziel der Schmerztherapie bei Rückenschmerzen ist es, durch Schmerzlinderung

und Evidenz: möglichst früh der gewohnten körperlichen Tätigkeit nachgehen zu können. Die

Wirksamkeit von NSAR zur Schmerzlinderung bei Rückenschmerzen ist gut belegt

(Roelofs et al. 2008). Die Empfehlung für das nebenwirkungsärmere Paracetamol

basiert weitgehend auf Expertenmeinung und Analogieschlüssen von Studien bei

degenerativen Gelenkerkrankungen. Der Nutzen von Opioiden bei Rückenschmer-

zen ist weiterhin umstritten (Deshpande et al. 2007). Eine frühzeitige Opiatverord-

nung bei Rückenschmerzen ist ein Risikofaktor für Chronifizierung (Frankline et

al. 2008). Opiate haben keinen positiven Einfluss auf verlorene Arbeitszeit und

Reintegration bei Rückenschmerzen (Volinn et al. 2009).

Indikatorsysteme: Dieser Indikator ist bisher nicht vorgeschlagen und erprobt worden.

RÜCKENSCHMERZINDIKATOR 5

32 – Band C4, Version 1.0

Page 34: Rückenschmerz C4 · QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, ... Durchhalten) • Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche

Leitlinien: Dieser Indikator wird auch unterstützt von der/den

DEGAM-Leitlinie Kreuzschmerzen 2003

Leitlinie Kreuzschmerzen der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzte-

schaft 2007

European guidelines for the management of chronic nonspecific low back

pain (Airaksinen et al. 2006; van Tulder et al. 2006)

Nationalen Versorgungsleitlinie Kreuzschmerzen 2010

(V) Einbindung in das Qualitätsmanagement

Interpretation: Der Anteil von Patienten mit Rückenschmerzen, denen ein Opioid verordnet wird,

sollte in einem zu definierenden Bereich liegen. Vorgeschlagen wird, bis Daten aus

vielen Praxen und Praxisnetzen vorliegen, ein Anteil von 10 %.

Betroffene Hausärzte sowie Spezialisten wie Orthopäden, Chirurgen oder Neurologen, wenn

Fachgruppen: sie als erste Ansprechpartner primärversorgend tätig sind.

Mögliche Handlungs- Aufklärung von Kollegen und Patienten über die Gründe, die gegen eine Opioid-

konsequenz: Verordnung von Schmerzmitteln bei Rückenschmerzen sprechen.

Einbindung der Die Ergebnisse können genutzt werden, um geeignete Alternativen zu besprechen

Ergebnisse in und Kenntnisse der pharmakologischen Schmerztherapie zu verbessern. Ebenso

Qualitätszirkelarbeit: können andere nicht-pharmakologische schmerztherapeutische Methoden behan-

delt werden.

Kosteneffektivität: Es gibt Hinweise, dass Opioide nicht zu einer Verringerung von Arbeitsausfallzei-

ten oder einer verbesserten Reintegration bei Patienten mit Rückenschmerzen füh-

ren (Volinn et al. 2009).

Indikator 6: Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen, die Injektionen vonnicht-steroidalen Antirheumatika bekommen

(I) Beschreibung

Aussage: Der Indikator beschreibt den Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen, die Injek-

tionen von nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) bekommen.

Begründung: Die Injektion von NSAR wird von keiner Leitlinie empfohlen. Ein Vorteil, z.B.

schnellerer Wirkungseintritt der Injektion im Vergleich zur oralen Gabe, ist nicht

belegt (Bewig et al. 2001). Diese verbreitete traditionelle Behandlungsmethode

(Grüner 2008) ist wegen des fehlenden Vorteils gegenüber einer oralen Gabe und

des erhöhten Risikos eines anaphylaktischen Schocks sowie injektionsbedingter

Komplikationen (Abszess, nekrotisierende Fasziitis) nicht vertretbar. Injektionen

sind auch wegen der nur wenige Stunden anhaltenden Wirkung bei meist mehre-

re Tage anhaltenden Schmerzen nicht sinnvoll. Gelegentlich wird zusätzlich eine

Mischung mit einem Steroid durchgeführt. Dahinter steht die falsche pathophysio-

RÜCKENSCHMERZ INDIKATOR 6

33– Band C4, Version 1.0

Page 35: Rückenschmerz C4 · QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, ... Durchhalten) • Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche

logische Vorstellung, dass eine lokale Entzündung Ursachen der Schmerzen ist.

Fixkombinationen vom Typ NSAR plus Kortikoid sind wegen Komplikationen

vomMarkt genommen worden. Steroide sind bei akuten nicht radikulären Rücken-

schmerzen nicht wirksam (Friedman et al. 2006). Die Herstellung dieser Mischung

ist nicht durch eine Zulassung gedeckt. Im Falle eines arzneibedingten Schadens

muss die Therapie begründet werden. Dies wird schwerfallen, da die Kombination

von der deutschen Bundesoberbehörde wegen ihrer Gefahren verboten wurde

(Arznei-Telegramm 2000).

Es konnte gezeigt werden, dass die meisten Patienten bei guter Aufklärung auf eine

Injektion verzichten (Rosemann et al. 2007). Es wird vermutet, dass eine Spritzen-

therapie bei Rückenschmerzen ein Selbstmanagement mit frei verkäuflichen

Schmerzmitteln bei späteren Schmerzepisoden behindert. Die Bitte des Patienten

(Laien) um eine Spritze entlastet den Arzt (Fachmann) nicht von der Verantwor-

tung für Komplikationen. Es ist sinnvoll, im Notdienst Tabletten für die akute Ver-

sorgung mitzuführen.

Zielstellung: Ziel ist es, bei Rückenschmerzen auf die Injektion von NSAR als Schmerzmittel mit

und ohne Kombination mit Steroiden vollständig zu verzichten.

Bezugsebene: Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen als Konsultationsanlass (ICD M42.1

oder M42.9 (Osteochondrose), M47.2 oder M47.9 (Spondylose), M51.1, M51.2,

M51.3, M51.8, M51.9 (Bandscheibenschäden), M54.3 (Ischialgie), M54.4 (Lum-

boischialgie) oder M54.5 (Kreuzschmerz/Lumbago)).

Bezugszeitraum: 1 Jahr

Datenquellen: Praxis-EDV

Voraussetzungen: Erfassung von Diagnosen und Medikamentenverordnung über die Praxis-EDV

(II) Erstellung

Berechnung: Die Zahl der Patienten mit Rückenschmerzen, die Injektionen von nicht-

steroidalen Antirheumatika bekommen, wird dividiert durch die Zahl aller Patien-

ten mit Rückenschmerzen.

Formel: Anzahl der verordneten Spritzampullen für Diclofenac, Piroxicam und Ibuprofen

Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen

Referenzwert: Der Zielwert sollte möglichst niedrig sein.

Benötigte Daten: Zähler: Der Verbrauch von über Praxisbedarf bestellten oder individuellen Patien-

ten verordneten Spritzampullen für Diclofenac, Phenylbutazon, Piroxicam, Meloxi-

cam, Ketoprofen, Dexketoprofen, Etofenamat, Parecoxib. [ATC-Codes: M01AA01,

M01AB05, M01AC01, M01AC06, M01AE03, M01AE17, M01AG06, M01AH04]

Nenner: Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen als Konsultationsanlass (ICD

M42.1 oder M42.9 (Osteochondrose), M47.2 oder M47.9 (Spondylose), M51.1,

M51.2, M51.3, M51.8, M51.9 (Bandscheibenschäden), M54.3 (Ischialgie), M54.4

(Lumboischialgie) oder M54.5 (Kreuzschmerz/Lumbago)).

RÜCKENSCHMERZINDIKATOR 6

34 – Band C4, Version 1.0

Page 36: Rückenschmerz C4 · QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, ... Durchhalten) • Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche

Verfügbarkeitder Daten: Diese Daten werden üblicherweise über die Praxis-EDV erfasst.

Zeitliche Verzögerungbis zur Verfügbarkeit: Abhängig vom Dokumentationsverfahren

(III) Anmerkungen zur Messgüte

Validität: Es gibt keine Indikationen für die Injektion von Diclofenac; Pirocxicam oder

Ibuprofen. Diclofenac wird in der Praxis am häufigsten für Rückenschmerzen

gespritzt. Die falsche Zuordnung der Injektionsampullen, die für andere indizierte

Zwecke gespritzt werden, kann als vernachlässigbar angenommen werden.

Reliabilität: Die Reliabilität wird als hoch eingeschätzt.

Veränderungs- Der Indikator bildet Veränderungen im Verordnungsgeschehen ohne Informati-

sensitivität: onsverlust ab (Chenot et al 2008b).

Praktikabilität: Die Bestellung und Verordnung von NSAR-Ampullen zur Injektion auf Praxis-

bedarf oder für individuelle Patienten kann aus der Praxis-EDV extrahiert werden.

(IV) Bisherige Anwendung und Evidenz

Praxisstudien Es konnte gezeigt werden, dass die meisten Patienten bei guter Aufklärung auf eine

und Evidenz: Injektion verzichten (Rosemann et al. 2007).

Indikatorsysteme: Dieser Indikator ist bisher noch nicht verwendet worden.

Leitlinien: Dieser Indikator wird auch unterstützt von der/den

DEGAM-Leitlinie Kreuzschmerzen 2003

Leitlinie Kreuzschmerzen der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzte-

schaft 2007

European guidelines for the management of chronic nonspecific low back

pain (Airaksinen et al. 2006; van Tulder et al. 2006)

Nationalen Versorgungsleitlinie Kreuzschmerzen 2010

(V) Einbindung in das Qualitätsmanagement

Interpretation: Kein Patient sollte eine Injektion von Schmerzmitteln bei Rückenschmerzen

bekommen.

Betroffene Hausärzte sowie Spezialisten wie Orthopäden, Chirurgen oder Neurologen, wenn

Fachgruppen: sie als erste Ansprechpartner primärversorgend tätig sind

Mögliche Handlungs- Aufklärung von Kollegen und Patienten über die Gründe, die gegen eine Injektion

konsequenz: von Schmerzmitteln bei Rückenschmerzen sprechen

RÜCKENSCHMERZ INDIKATOR 6

35– Band C4, Version 1.0

Page 37: Rückenschmerz C4 · QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, ... Durchhalten) • Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche

Einbindung derErgebnisse in Die Ergebnisse können genutzt werden, um geeignete Alternativen zu besprechen

Qualitätszirkelarbeit: und Kenntnisse in der pharmakologischen Schmerztherapie zu verbessern.

Kosteneffektivität: Der Kosten-Nutzen-Effekt eines Verzichts auf Injektionen von NSAR mit oder ohne

Kortikoide ist nicht untersucht. Dies ist jedoch irrelevant, da es sich um einen Ver-

stoß gegen die ärztliche Kunst handelt.

Indikator 7: Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen, die eine Heilmittelverordnung erhalten

(I) Beschreibung

Aussage: Der Indikator beschreibt den Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen, die eine

Verordnung von Heilmitteln erhalten. Unter Heilmitteln wird die Verordnung von

Physiotherapie (Krankengymnastik) und Massage nach dem Heilmittelkatalog ver-

standen.

Begründung: Physiotherapie ist bei Rückenschmerzen, die länger als vier Wochen andauern,

indiziert um eine Dekonditionierung zu verhindern, Schmerzen zu lindern und

zu eigener körperlicher Aktivität anzuleiten und zu motivieren. Massage ist bei

Rückenschmerzen als passive Therapiemaßnahme ohne sichereren Wirksamkeits-

nachweis in der ambulanten Versorgung nur in Einzelfällen, kombiniert mit akti-

vierenden Maßnahmen, indiziert.

Zielstellung Ziel ist die gezielte Indikationsstellung zur Verordnung von Heilmitteln.

Bezugsebene: Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen als Konsultationsanlass (ICD M42.1

oder M42.9 (Osteochondrose), M47.2 oder M47.9 (Spondylose), M51.1, M51.2,

M51.3, M51.8, M51.9 (Bandscheibenschäden), M54.3 (Ischialgie), M54.4 (Lum-

boischialgie) oder M54.5 (Kreuzschmerz/Lumbago)).

Bezugszeitraum: 1 Jahr

Datenquellen: Praxis-EDV

Voraussetzungen: Die Erfassung von Diagnosen und die Verordnung von Heilmitteln und Rehasport

erfolgt über die Praxis-EDV.

(II) Erstellung

Berechnung: Die Zahl der Patienten mit Rückenschmerzen, die Heilmittel verordnet bekommen,

wird dividiert durch die Zahl aller Patienten mit Rückenschmerzen.

Formel: Anzahl der Patienten mit Rückenschmerzen, die Heilmittel verordnet bekommen

Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen

Referenzwerte: Physiotherapie 30–40 %, Massage: 10–15 %.

RÜCKENSCHMERZINDIKATOR 7

36 – Band C4, Version 1.0

Page 38: Rückenschmerz C4 · QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, ... Durchhalten) • Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche

Benötigte Daten: Zähler: Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen, die Heilmittel verordnet

bekommen.

Nenner: Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen als Konsultationsanlass (ICD

M42.1 oder M42.9 (Osteochondrose), M47.2 oder M47.9 (Spondylose), M51.1,

M51.2, M51.3, M51.8, M51.9 (Bandscheibenschäden), M54.3 (Ischialgie), M54.4

(Lumboischialgie) oder M54.5 (Kreuzschmerz/Lumbago)).

Verfügbarkeitder Daten: Die Daten werden bereits in der Praxis-EDV erfasst.

Zeitliche Verzögerungbis zur Verfügbarkeit: Abhängig vom Dokumentationsverfahren

Ausblick: Es wird erwartet, dass in Zukunft Rehasport als Alternative zur Physiotherapie eine

größerer Rolle spielen wird und dann bei diesem Indikator berücksichtigt werden

sollte.

(III) Anmerkungen zur Messgüte

Validität: Die Indikation zu Physiotherapie, Massage lässt sich nicht ausreichend sicher ope-

rationalisieren. Physiotherapie zur Behandlung von Rückenschmerzen ist keine

standardisierte Behandlungsmethode. Im Einzelfall ist eine klare Trennung zwi-

schen Massage und Physiotherapie nicht immer möglich, beide Techniken werden

oft kombiniert. Deshalb und weil im Regelfall nur eine der beiden Heilmittel ver-

ordnet wird, werden diese pragmatisch als Heilmittel zusammengefasst. Außerhalb

von Studien gibt es keine etablierten und validierten Kriterien für eine bestimmte

Form der Physiotherapie bei bestimmten Rückenschmerztypen. Eine Alternative

zur Heilmittelverordnung ist die Verordnung von Rehasport, insbesondere bei län-

gerfristigem Therapiebedarf oder ausgeprägter Dekonditionierung; dies wird im

Moment noch nicht berücksichtigt. Das Zeitkriterium „Schmerzdauer über vier

Wochen“ zur Bewertung der Indikation allein ist in der Praxis untauglich bei mehr-

heitlich rezidivierenden oder chronischen Schmerzen. Zudem konnten einzelne

Studien bei früher Überweisung doch eine bessere Schmerzreduktion zeigen

(Noderman et al. 2006). Andere Kriterien, z.B. Funktionsteste der Rückenmuskula-

tur, sind für die Indikationsstellung in der Praxis durch Primärversorger nicht

geeignet. Deswegen wird aus pragmatischen Gründen auf eine Einzellfallüberprü-

fung der Indikation von Physiotherapie, Massage verzichtet und ein definierter

Zielbereich vorgeschlagen.

Reliabilität: Hoch, wenn man sich auf die Auswertung der Heilmittelverordnungen bei Rücken-

schmerzen beschränkt, ohne die Randbedingungen (z.B. Indikation) zu erheben.

Veränderungs- Die Veränderungssensitivität ist abhängig von der Ausgangslage und den Bestim-

sensitivität: mungen (Heilmittelkatalog). Die Verordnung von Physiotherapie ist budgetiert. Sie

kann deshalb nicht losgelöst von der Überweisung zum Spezialisten gesehen wer-

den. Der einzige Zweck einer Überweisung zum Spezialisten kann die Verordnung

von Physiotherapie sein (Chenot et al. 2009a). Eine verstärke Nutzung von Grup-

RÜCKENSCHMERZ INDIKATOR 7

37– Band C4, Version 1.0

Page 39: Rückenschmerz C4 · QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, ... Durchhalten) • Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche

pentherapie anstatt Einzeltherapie sollte ebenfalls als Erfolg gewertet werden.

Gegebenenfalls müssen auch lokale Besonderheiten wie ein gut organisiertes Reha-

sportangebot berücksichtigt werden. Rehasport ist nicht budgetiert, muss aber von

den Kassen genehmigt werden.

(IV) Bisherige Anwendung und Evidenz

Praxisstudien Leitlinien empfehlen Physiotherapie erst ab vier Wochen Schmerzen, da in Studi-

und Evidenz: en kein Beleg für die Wirksamkeit in diesem Zeitabschnitt mit hoher Spontanhei-

lungsrate erbracht werden konnte. Der Nutzen der Physiotherapie bei chronischen

Rückenschmerzen ist unbestritten (Beekering et al. 2003, Hayden et al. 2005).

Aktivierung ist ein wichtiges Ziel bei Rückenschmerzpatienten, weswegen passive

Maßnahmen generell kritisch bewertet werden. Passive Massagetherapie gilt nur

bei chronischen Rückenschmerzen in Kombination mit aktivierenden Maßnahmen

als effektiv (Furlan et al. 2008). Kritisch ist auch zu sehen, dass Massage am Über-

gang zum Wellness-Bereich steht. Massage gehört zu den häufigsten in Anspruch

genommenen Selbstzahlerleistungen bei Rückenschmerzen (Chenot et al. 2009c).

Im europäischen Vergleich liegt die Inanspruchnahme von Physiotherapie und

Massage in Deutschland im Spitzenfeld (Breivik et al. 2006).

Indikatorsysteme: Dieser Indikator wurde bisher noch nicht erprobt.

Leitlinien: Dieser Indikator wird auch unterstützt von der/den

DEGAM-Leitlinie Kreuzschmerzen 2003

Leitlinie Kreuzschmerzen der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzte-

schaft 2007

European guidelines for the management of chronic nonspecific low back

pain (Airaksinen et al. 2006; van Tulder et al. 2006)

Holländischen Leitlinie für Physiotherapie bei Rückenschmerzen (Bekkering

et al. 2003)

(V) Einbindung in das Qualitätsmanagement

Interpretation: Der Anteil von Patienten mit Rückenschmerzen, die Heilmittel verordnet bekom-

men, sollte in einem definierten Zielbereich liegen. Dabei sollte der Anteil von

Patienten mit Rückenschmerzen, die Physiotherapie, Massage erhalten, bei ca.

20 bis 30 % liegen.

Betroffene Hausärzte sowie Spezialisten wie Orthopäden, Chirurgen oder Neurologen, wenn

Fachgruppen: sie als erste Ansprechpartner primärversorgend tätig sind

Mögliche Handlungs- Gemeinsame Absprachen und Fortbildungen von Ärzten mit lokalen Physiothera-

konsequenz: peuten. Hier besteht insbesondere die Möglichkeit, dass bisher kaum genutzte

Angebot der Physiotherapie in Gruppen auszubauen. Nicht-medizinische Bewe-

gungsangebote könnten genutzt und ausgebaut werden.

RÜCKENSCHMERZINDIKATOR 7

38 – Band C4, Version 1.0

Page 40: Rückenschmerz C4 · QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, ... Durchhalten) • Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche

Einbindung der Die Ergebnisse des Indikators sollten regelmäßig in strukturierten datenbasierten

Ergebnisse in Qualitätszirkeln in Hinblick auf die Erreichung der angestrebten Ziele diskutiert

Qualitätszirkelarbeit: werden. Dazu sollten insbesondere auch entsprechende Fallvorstellungen gehören.

Kosteneffektivität: Die Kosten-Effektivität von Physiotherapie bei Rückenschmerzen ist bisher nicht

untersucht worden. Es ist wahrscheinlich, dass Physiotherapie – eingebunden in

ein Behandlungskonzept zur Schmerzreduktion – zu Erhalt undWiederherstellung

von Funktionskapazität bei chronischen Rückenschmerzen beiträgt. Der Nutzen

von Massage in der ambulanten Versorgung kann als vernachlässigbar angenom-

men werden. Die Kosteneffektivität eines direkten Zugangs zu Physiotherapie

(Pinnington et al. 2004) oder einer frühen Überweisung innerhalb von vier Wochen

Schmerzdauer (Noderman et al. 2006) konnten bisher nicht überzeugend erbracht

werden.

Indikator 8: Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen,die zum Spezialisten überwiesen werden

(I) Beschreibung

Aussage: Der Indikator beschreibt den Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen, die zum

Spezialisten überwiesen worden sind.

Begründung: Können notwendige diagnostische oder therapeutische Leistungen nicht oder nicht

in ausreichender Qualität vom Primärversorger erbracht werden, ist eine Überwei-

sung zu einem qualifizierten Spezialisten notwendig. Im internationalen Vergleich

liegt die Überweisungsrate bei akuten und chronischen Rückenschmerzen in

Deutschland sehr hoch (Chenot et al. 2008a).

Bezugsebene: Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen als Konsultationsanlass (ICD M42.1

und M42.9 (Osteochondrose), M47.2/M47.9 (Spondylose), M51.1/M51.2/M51.3/

M51.8/M51.9 (Bandscheibenschäden) oder M54.3 (Ischialgie), M54.4 (Lumboischi-

algie) und M54.5 (Kreuzschmerz/Lumbago)).

Bezugszeitraum: 1 Jahr

Datenquellen: Praxis-Daten

Voraussetzungen: Dokumentation der Diagnosen und Überweisungen in der Praxis-EDV

RÜCKENSCHMERZ INDIKATOR 8

39– Band C4, Version 1.0

Page 41: Rückenschmerz C4 · QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, ... Durchhalten) • Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche

(II) Erstellung

Berechnung: Die Zahl der Patienten mit Rückenschmerzen, die zum Spezialisten überwiesen

worden sind, dividiert durch die Zahl aller Patienten mit Rückenschmerzen.

Formel: Anzahl der Patienten mit Rückenschmerzen,

die zum Spezialisten überwiesen werden

Anzahl der Patienten mit Rückenschmerzen

Referenzwerte: 10 bis 30 %

Benötigte Daten: Zähler: Anzahl der Patienten mit Rückenschmerzen, die zum Spezialisten überwie-

sen worden sind

Nenner: Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen als Konsultationsanlass (ICD

M42.1 oder M42.9 (Osteochondrose), M47.2 oder M47.9 (Spondylose), M51.1,

M51.2, M51.3, M51.8, M51.9 (Bandscheibenschäden), M54.3 (Ischialgie), M54.4

(Lumboischialgie) oder M54.5 (Kreuzschmerz/Lumbago)).

Verfügbarkeitder Daten: Die Daten ICD-Code und Überweisungen werden in der Praxis-EDV erfasst.

Zeitliche Verzögerungbis zur Verfügbarkeit: Abhängig vom Dokumentationsverfahren

(III) Anmerkungen zur Messgüte

Validität: Die Epidemiologe der Rückenschmerzen (hohe Spontanheilungsrate, selten schwe-

re Komplikationen mit akutem Handlungsbedarf) sowie die bekannten Zahlen zur

Überweisung legen nahe, dass unterbliebene indizierte Überweisungen im Vergleich

zu nicht indizierten Überweisungen nur eine geringe Rolle spielen. Die Notwendig-

keit einer Überweisung zum Spezialisten hängt von vielen Faktoren ab und ist im

Einzelfall nur schwer zu operationalisieren. Eine Einzelfallüberprüfung ist nicht

sinnvoll und praktisch, deshalb wird ein definierter Zielbereich vorgeschlagen.

Reliabilität: Abhängig von der Sorgfalt der Dokumentation

Veränderungs- Die Veränderungssensitivität ist eingeschränkt. Die beobachtete hohe Zahl der

sensitivität: Überweisungen ist zum Teil systemimmanent und kann durch Hausärzte nur ein-

geschränkt beeinflusst werden. Die wesentlichen Ursachen sind eine im Vergleich

zu anderen Industriestaaten hohe Verfügbarkeit von ambulanten Spezialisten

sowie die im europäischen Vergleich sehr hohe Konsultationsfrequenz. Des Weite-

ren spielen die Praxisgebühr und Druck zur Therapieüberprüfung z.B. durch früh-

zeitige Krankenkassenanfragen eine Rolle.

Praktikabilität: Wird die Veranlassung einer Überweisung bei Rückenschmerzen unter qualitati-

ven Aspekten bewertet, so ist diese per se weder schlecht noch gut, sondern indi-

ziert oder nicht indiziert. Die zur Beurteilung notwendigen Daten stehen routine-

mäßig nicht zur Verfügung. Aus pragmatischen Gründen wird deshalb auf eine

Einzelfallüberprüfung verzichtet und ein Zielbereich definiert.

RÜCKENSCHMERZINDIKATOR 8

40 – Band C4, Version 1.0

Page 42: Rückenschmerz C4 · QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, ... Durchhalten) • Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche

(IV) Bisherige Anwendung und Evidenz

Epidemiologie In einer deutschen Beobachtungsstudie über 12 Monate zu Patienten, die mit

und Prävalenz: Rückenschmerzen in der Hausarztpraxis behandelt wurden, konsultierten 38 %

innerhalb eines Monats und 57 % innerhalb eines Jahres einen Spezialisten, meis-

tens Orthopäden (Chenot et al. 2008a). In einer spanischen Studie konsultierten

nur 9,6 % im Verlauf eines Jahres einen Spezialisten (Kovacs et al. 2006). In einer

niederländischen Studie wurden in einem Zeitraum von vier Monaten lediglich

2 % der Rückenschmerzpatienten überwiesen (Schers et al. 2000).

Indikatorsysteme: Dieser Indikator wurde bisher noch nicht erprobt.

Praxisstudien Die Eigenschaften dieses Indikators sind noch nicht bekannt. Sie sollten in einer

und Evidenz: Studie untersucht werden.

Leitlinien: Leitlinien bewerten im Regelfall die Effektivität von therapeutischen und diagnos-

tischen Maßnahmen, sie strukturieren aber nicht die Versorgung. Eine verbind-

liche allgemein anerkannte Schnittstellendefinition gibt es nicht.

Vorschläge zur Schnittstellendefinition werden gemacht von der

DEGAM-Leitlinie Kreuzschmerzen

Bertelsmann-Stiftung: Qualitätsmanagement im Versorgungsprozess von

Rückenpatienten 2007

Nationalen Versorgungsleitlinie Kreuzschmerzen 2010

(V) Einbindung in das Qualitätsmanagement

Interpretation: Der Anteil der vom Hausarzt zum Spezialisten (Orthopäden etc.) überwiesenen

Patienten sollte in einem definierten Zielbereich liegen. Vorgeschlagen wird auf-

grund der oben genannten Einschränkungen ein im internationalen Vergleich

hoher Anteil von 30 bis 40 %.

BetroffeneFachgruppen: Hausärzte

Mögliche Handlungs- Strukturierte datenbasierte Qualitätszirkel und Fortbildungen für Ärzte, die lokal

konsequenz: an der Versorgung von Rückenschmerzpatienten teilnehmen. Verbesserung der

Kommunikation zwischen Hausärzten und Spezialisten (Chenot 2009a).

Einbindung der Im Qualitätszirkel sollten Indikationen zur Überweisung und der zu erwartende

Ergebnisse in zusätzliche Nutzen für Diagnostik und Therapie durch die Überweisung bespro-

Qualitätszirkelarbeit: chen werden. Wissenslücken und Unsicherheiten sollten identifiziert werden,

damit eine gezielte Fortbildung in diesen Bereichen möglich wird.

Kosteneffektivität: Bisher gibt es keine Studien, die die Kosteneffektivität des Managements von

Patienten mit Rückenschmerzen durch Hausärzte oder Spezialisten miteinander

verglichen haben. Es gibt aber Hinweise, dass die Verordnung diagnostischer und

therapeutischer Maßnahmen bei Rückenschmerzen nicht von der Schwere des

Krankheitsbildes abhängt, sondern von den Ärzten zu Verfügung stehenden Mit-

RÜCKENSCHMERZ INDIKATOR 8

41– Band C4, Version 1.0

Page 43: Rückenschmerz C4 · QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, ... Durchhalten) • Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche

teln (Chenot 2008a). Eine Verminderung nicht indizierter Überweisungen kann

daher wahrscheinlich zu Kosteneinsparungen führen, insbesondere im Bereich

Bildgebung, Physiotherapie und Massage.

Indikator 9: Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen mit vier Wochen Arbeitsunfähigkeit,bei denen ein Antrag auf Rehabilitation gestellt wird

(I) Beschreibung

Aussage: Der Indikator gibt den Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen an, die seit mehr

als vier Wochen arbeitsunfähig sind und bei denen ein Antrag auf Rehabilitation

gestellt wurde.

Begründung: Die besondere volkswirtschaftliche Bedeutung der Rückenschmerzen liegt in den

häufigen und langen Arbeitausfallzeiten sowie vorzeitigem Ausscheiden aus der

Erwerbstätigkeit (Krauth et al. 2005, Rehfeld 2006). Mit zunehmender Arbeitsunfä-

higkeit sinkt die Wahrscheinlichkeit der Rückkehr in den Beruf. Bei gefährdeter

Erwerbsfähigkeit haben gesetzlich Rentenversicherte einen Anspruch auf eine

Rehabilitation (SGB IX). Bei drohender Verschlechterung oder Chronifizierung

einer Erkrankung haben auch Nichterwerbstätige einen Anspruch auf Rehabilita-

tion. Aus pragmatischen Gründen erfolgt hier eine Beschränkung auf Berufstätige.

Zielstellung: Ziel ist es, bei Patienten mit gefährdeter Erwerbsfähigkeit möglichst früh im Pro-

zess der Chronifizierung eine Rehabilitationsbedürftigkeit zu erfassen, um die

Erwerbsfähigkeit zu erhalten.

Bezugsebene: Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen als Konsultationsanlass (ICD M42.1

oder M42.9 (Osteochondrose), M47.2 oder M47.9 (Spondylose), M51.1, M51.2,

M51.3, M51.8, M51.9 (Bandscheibenschäden), M54.3 (Ischialgie), M54.4 (Lum-

boischialgie) oder M54.5 (Kreuzschmerz/Lumbago)).

Bezugszeitraum: 1 Jahr

Datenquellen: Praxis-EDV

Voraussetzungen: Erfassung von Diagnosen, der Arbeitsunfähigkeit und Abrechnung der Gebühren-

ziffer für Rehabilitationsanträge in der Praxis-EDV

(II) Erstellung

Berechnung: Die Zahl der Patienten mit Rückenschmerzen, bei denen die Einleitung einer Reha-

bilitation abgerechnet worden ist, wird dividiert durch die Zahl aller Patienten mit

Rückenschmerzen, die mehr als vier Wochen arbeitsunfähig waren.

RÜCKENSCHMERZINDIKATOR 9

42 – Band C4, Version 1.0

Page 44: Rückenschmerz C4 · QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, ... Durchhalten) • Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche

Formel: Anzahl der erwerbstätigen Patienten mit Rückenschmerzen,

bei denen eine Rehabilitation eingeleitet wurde

Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen,

die mehr als 4 Wochen arbeitsunfähig waren

Referenzwerte: Der Anteil der Patienten mit Rückenschmerzen, die seit vier

Wochen arbeitsunfähig waren und bei denen ein Antrag auf Rehabilitation gestellt

wurde, sollte in einem abhängig von den Ausgangsdaten im Netz oder Versor-

gungsmodell zu definierenden Zielbereich liegen.

Benötigte Daten: Zähler: Anzahl aller erwerbstätigen Patienten mit Rückenschmerzen, bei denen ein

Antrag auf Rehabilitation gestellt (abgerechnet) wurde (Abrechnungsziffer 01611

nach EBM).

Nenner: Anzahl aller Patienten mit Rückenschmerzen als Konsultationsanlass (ICD

M42.1 oder M42.9 (Osteochondrose), M47.2 oder M47.9 (Spondylose), M51.1,

M51.2, M51.3, M51.8, M51.9 (Bandscheibenschäden), M54.3 (Ischialgie), M54.4

(Lumboischialgie) oder M54.5 (Kreuzschmerz/Lumbago)).

Verfügbarkeit Die für diesen Indikator benötigten Daten werden von allen gängigen Praxissoft-

der Daten: ware-Systemen erfasst.

Zeitliche Verzögerungbis zur Verfügbarkeit: Abhängig vom Dokumentationsverfahren

Ausblick: In Zukunft sollte auch der Rehabilitationsbedarf Nichterwerbstätiger erfasst werden.

(III) Anmerkungen zur Messgüte

Validität: Die Effektivität der Rehabilitation bei Patienten mit Rückenschmerzen mit gefähr-

deter Erwerbsfähigkeit konnte mehrfach demonstriert werden (Buchner et al. 2006,

Greitemann et al. 2006, Wagner et al. 2007).

Die Rehabilitationsbedürftigkeit kann nicht direkt gemessen werden. Die Bean-

tragung einer Rehabilitationsmaßnahme ist nicht nur an die Arbeitsunfähigkeit

gekoppelt, sie hängt auch von bestimmten sozialrechtlichen Voraussetzungen ab,

die nicht in der Routinedokumentation erfasst werden und zum Teil nur sehr grob

operationalisiert sind. Alternativ besteht lokal auch die Möglichkeit der Einwei-

sung in eine Schmerzklinik. Da der Rentenversicherer hier nicht der Kostenträger

ist, wird dies nicht über die Abrechnungsziffer erfasst. Seit 2007 ist die Verordnung

von medizinischer Rehabilitation an bestimmte Voraussetzungen gebunden. Diese

Ermächtigung zur Verordnung von medizinischer Rehabilitation zu Lasten des

Rententrägers sollte als Strukturqualitätsmerkmal bei allen Netzärzten vorhanden

sein. Diese Punkte müssen bei der Beurteilung des Referenzwerts des Indikators

berücksichtigt werden.

Veränderungs-sensitivität: Die Veränderungssensitivität ist abhängig von der Ausgangslage.

Praktikabilität: Die Daten werden bereits routinemäßig erfasst und stehen zur Verfügung.

RÜCKENSCHMERZ INDIKATOR 9

43– Band C4, Version 1.0

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(IV) Bisherige Anwendung und Evidenz

Praxisstudienund Evidenz: Dieser Indikator ist bisher nicht erprobt worden.

Indikatorsysteme: Dieser Indikator ist bisher noch nicht vorgeschlagen worden.

Leitlinien: Dieser Indikator wird auch unterstützt von der/den

DEGAM-Leitlinie Kreuzschmerzen 2003

Leitlinie Kreuzschmerzen der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzte-

schaft 2007

European guidelines for the management of chronic nonspecific low back

pain. Chapter 4: Chronic Low Back Pain (Airaksinen et al. 2006)

Nationalen Versorgungsleitlinie Kreuzschmerzen 2010

Vereinbarung von Qualitätssicherungsmaßnahmen gemäß § 135 Abs. 2 SGB V

zur Verordnung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gemäß den

Rehabilitations-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses.

(V) Einbindung in das Qualitätsmanagement

Interpretation: Je höher der Wert des Indikators, desto mehr betroffene Patienten mit gefährdeter

Erwerbsfähigkeit erhalten eine Rehabilitationsmaßnahme.

Betroffene Hausärzte sowie Spezialisten wie Orthopäden, Chirurgen oder Neurologen, wenn

Fachgruppen: sie als erste Ansprechpartner primärversorgend tätig sind.

Mögliche Handlungs- Die Anzahl der Ärzte mit einer Ermächtigung zum Ausstellen von Rehabilitations-

konsequenz: anträgen steigt.

Einbindung der Die Ergebnisse des Indikators sollten regelmäßig in Qualitätszirkeln im Hinblick

Ergebnisse in auf die Erreichung der angestrebten Ziele diskutiert werden. Dazu sollten insbeson-

Qualitätszirkelarbeit: dere auch entsprechende Fallvorstellungen gehören. Eine Vernetzung mit den loka-

len Vertretungen des Deutschen Rentenversicherers kann sinnvoll sein.

Reduzierung der Die stärkere Berücksichtigung der gefährdeten Erwerbsfähigkeit bei anhaltender

Krankheitslast: Arbeitsunfähigkeit kann zu einer Senkung von langen krankheitsbedingten

Arbeitsausfällen und Frühberentungen führen. Dabei ist der Einfluss von starken

sozialen und wirtschaftlichen Faktoren, die durch die Rehabilitation nur einge-

schränkt beeinflusst werden können, zu berücksichtigen. Dazu gehören Probleme

auf dem Arbeitsmarkt und berufliche, insbesondere körperliche Anforderungen im

Beruf, die nicht bis zum Rentenalter durchgehalten werden können.

Kosteneffektivität: Es gibt keine Studien zur Kosten-Effektivität. Volkswirtschaftlich ist eine Kostenre-

duktion zu erwarten, wenn die Erwerbsfähigkeit erhalten werden kann.

RÜCKENSCHMERZINDIKATOR 9

44 – Band C4, Version 1.0

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Danksagung

Ich möchte mich bei den Mitgliedern der von der Bertelsmann-Stiftung geförderten

Arbeitsgruppe Qualitätsmanagement im Versorgungsprozess von Rückenpatienten sowie

den Mitgliedern der Arbeitsgruppe der Nationalen Versorgungsleitlinie Kreuzschmerzen

bedanken, durch die ich viel gelernt habe. Dank geht auch an Prof. Jan Hildebrandt und

Prof. Michael Pfingsten, die mich bei der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Rücken-

schmerzen gefördert haben. Mein besonderer Dank geht an die Reviewer bei der Erstel-

lung dieses Bandes, Dr. Detlef Bonnemann und Dr. Gerhard Schillinger, für die angeneh-

me und konstruktive Zusammenarbeit.

Jean-François Chenot

RÜCKENSCHMERZ DANKSAGUNG

45– Band C4, Version 1.0

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RÜCKENSCHMERZ LITERATURVERZEICHNIS

51– Band C4, Version 1.0

Page 53: Rückenschmerz C4 · QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, ... Durchhalten) • Ängstliche Aufmerksamkeit auf körperliche

Wie können Ärzte in der Einzelpraxis, auf der Ebene eines Arztnetzes oder inanderen Versorgungsmodellen die Qualität ihrer medizinischen Arbeit mes-sen, bewerten und verbessern? Antworten auf diese Frage gibt QISA, dasQualitätsindikatorensystem für die ambulante Versorgung. Es beschreibt undbegründet eine Vielzahl von Messgrößen und ermöglicht das systematischeErfassen der Qualität in der Breite der ambulanten Versorgung. Im Auftragdes AOK-Bundesverbandes hat das Göttinger „Institut für angewandteQualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen“ (AQUA) dieQualitäts indika toren und das sie leitende System erarbeitet.QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand anEinzelbänden konzipiert, die thematisch nach wichtigen Versorgungs -bereichen und häufigen Krankheiten sortiert sind. Diese Bände werden nachund nach im Rahmen einer Reihe veröffentlicht. Bislang sind erschienen:

Band A: QISA stellt sich vorBand B: Allgemeine Indikatoren Band C1: Asthma/COPDBand C2: Diabetes Typ 2Band C3: BluthochdruckBand C4: RückenschmerzBand D: PharmakotherapieBand E1: PräventionBand E2: KrebsfrüherkennungBand F1: Hausärztliche Palliativversorgung

Weitere Informationen zu QISA unter www.QISA.de

Der Band C4 stellt Qualitätsindikatoren für die Behandlung von Patienten mitRückenschmerzen vor. Die Indikatoren messen die Umsetzung einer evidenz-basierten Diagnostik und Therapie. Dies betrifft die Durchführung einerangemessenen körperlichen Untersuchung durch den Arzt, die Informationdes Patienten insbesondere auch zur Bedeutung körperlicher Aktivität sowiedie rechtzeitige Einleitung von rehabilitativen Maßnahmen. Gleichzeitig gehtes um das Erkennen von Fehl- und Überversorgung, denn durch nicht indizier-te diagnostische und therapeutische Maßnahmen kann sich behandlungsbe-dingt die Problematik verfestigen, was es zu vermeiden gilt.

ISBN: 978-3-940172-08-2

www.kompart.de

Qualitätsindikatoren für die Behandlung vonPatienten mit Rückenschmerzen

Autor: Jean-François Chenot

Rückenschmerz

Herausgeber: Joachim Szecsenyi, Björn Broge, Johannes Stock

C4

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