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Rückenwind für die Energie 10 Fragen Antworten zur Windenergie HAUPTSTADTREGION BERLIN-BRANDENBURG

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Rückenwind für die Energie

10FragenAntworten zur Windenergie

HAUPTSTADTREGION BERLIN-BRANDENBURG

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R ü c k e n w i n d f ü r d i e E n e r g i e 1

Rückenwind für die Energie

10FragenAntworten zur Windenergie

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R ü c k e n w i n d f ü r d i e E n e r g i e

Inhalt

2

3 Vorwort

4 Warum brauchen wir Windenergie?

8 Wie hat sich die Windkrafttechnik entwickelt?

12 Wie kommt der Wind in die Steckdose?

14 Wie wirken Windkraftanlagen in der Landschaft?

18 Müssen Menschen, Tiere und Pflanzen leiden?

24 Wohin mit den Windrädern?

30 Welche Handlungsmöglichkeiten haben Kommunen?

34 Wie können wir im Planungsprozess mitwirken?

36 Wie unterstützt der Staat die Windkraftnutzung?

38 Welche Argumente gibt esfür den weiteren Ausbau der Windkraft, gegen den weiteren Ausbau?

40 Impressum

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Eine klimaverträgliche Energieversorgung herzustellen, istdaher auch eine zentrale Herausforderung für die Haupt-stadtregion Berlin-Brandenburg.Im Flächenland Brandenburg und in der Metropole Berlingibt es dafür unterschiedliche Voraussetzungen:

In Berlin gehören Solaranlagen auf Dächern ebenso dazuwie Kraftwerke, in denen aus erneuerbaren Energiequel-len Strom produziert wird. Doch auch wenn die Berlinerin-nen und Berliner konsequent Energie einsparen, könnenwir in der Metropole nicht soviel Energie erzeugen, wie wirbrauchen. Deswegen benötigen wir zusätzliche Energievom Nachbarn Brandenburg, wo mehr erzeugt wird, alsdie Bevölkerung verbraucht. Die Transportwege werdenso kurz gehalten. Beide Länder können auf diese Weisevoneinander profitieren.

Die Meteorologen bestätigen es uns immer wieder:Der Wind weht gut in Brandenburg. Deswegen planenund bauen Unternehmen Windparks in Brandenburg. DasInteresse lässt nicht nach, so dass Wirtschaft und Arbeits-markt kräftig davon profitieren. Das gilt für die gesamteHauptstadtregion.

Anders als manche anderen bundesdeutschen Länder hatBrandenburg die Energiewende schon längst eingeleitet.Das Land setzt die Ziele für den Klimaschutz bereits er-folgreich um, doch es gibt noch viel zu tun. Der Ausbauder Windenergie spielt dabei in Zukunft eine noch wichti-gere Rolle als bisher. Windräder werden ein prägenderBestandteil unserer Kulturlandschaft sein.

für den Schutz ihrer Landschaft, der Tiere und der Pflan-zen ein. Manche sorgen sich um ihre Gesundheit oderden Wert ihrer Grundstücke, wenn ein Windpark in ihrerNähe entsteht. Das sind wichtige Anliegen, die ernst ge-nommen werden müssen.

Nicht zuletzt deshalb haben einige Gemeinden Konzeptefür eine klimafreundliche Energieversorgung entwickelt,von denen sie in mehrfacher Hinsicht profitieren: die Ge-meinde freut sich über Einnahmen und mit der Bevölke-rung über niedrigere Strompreise.

Auch auf regionaler Ebene gibt es inzwischen mehr Rü-ckenwind für die Windenergie. Gleichwohl steht die Re-gionalplanung vor einer großen Herausforderung, dennder Ausbau der Windenergie trifft auf widerstreitende Inte-ressen, die manchmal schwer auszugleichen sind. Umdiesen Ausgleich zu unterstützen, werden mit Fördermit-teln des Landes – ergänzend zu Regionalplänen – regio-nale Energiekonzepte erstellt.

Diese Themen greift die Broschüre auf. Mit einem Augen-zwinkern in den Illustrationen gibt sie sachkundige Ant-worten auf Fragen, welche die Bürgerinnen und Bürgeraus Berlin und Brandenburg immer wieder stellen. Des-wegen hoffen wir, dass sie dazu beiträgt, die Diskussionüber die Zukunft der Windenergie in der Hauptstadtregionmit Augenmaß zu führen und noch mehr Verständnis fürden Ausbau der Windenergie in Brandenburg zu wecken.

Vorwort

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Grundsätzlich trifft derAusbau der erneuerbarenEnergien in Brandenburgauf Akzeptanz. Doch wennes konkret wird und Stand-orte für neue Windparksgeplant werden, heißt esdann nicht selten:„Aber bitte nicht vor mei-ner Haustür!“.

Natürlich setzen sichBürgerinnen und Bürger

Energie aus knappenGütern wie Kohle, Öl undGas zu gewinnen, wirdteurer und belastet dasKlima. Es gibt also guteGründe, in Zukunft nichtnur Energie einzusparenund effizienter zu nutzen,sondern auch auf erneuer-bare Energiequellen wieSonne und Wind zurück-zugreifen.

Michael MüllerSenator für Stadtentwicklungund UmweltBerlin

Jörg VogelsängerMinister für Infrastruktur undLandwirtschaft des LandesBrandenburg

Michael Müller Jörg Vogelsänger

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Warum brauchen wir Windenergie?

Klimawandel zwingtzum Handeln

Der Klimawandel wird von uns, vorallem durch den Verbrauch fossilerEnergieträger (Kohle, Erdöl, Erdgas),beschleunigt. Über Millionen vonJahren wurde Kohlenstoff von derNatur eingelagert. Und von uns dannin nur zwei Jahrhunderten durch Ver-brennung als Kohlendioxid (CO2) indie Atmosphäre freigesetzt. Hier wirktes als Treibhausgas, sorgt für einezunehmende Erwärmung und damitfür eine Veränderung des Klimas aufunserem Planeten.

Allerdings haben wir einen erhebli-chen Einfluss auf die Verminderungvon CO2-Emissionen. Dies und derKlimawandel erfordern jedoch einUmdenken in Wirtschaft und Gesell-schaft. Aber wenn wir jetzt die Grund-steine für eine nachhaltige Energie-nutzung und Klimaschutzpolitik legen,übernehmen wir Verantwortung auchfür nachfolgende Generationen.

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In Deutschland haben die Bundes-länder entsprechende Landeszielefestgelegt, um ihren Beitrag dazu zuleisten. Sie werden in Brandenburgin der Energiestrategie 2020 und inBerlin im Energiekonzept 2020 defi-niert. Um diese Ziele auch tatsächlichzu erreichen, können wir alle einenBeitrag leisten.

Es geht jetzt darum, in den Regionenund Kommunen zusammen mit denBürgerinnen und Bürgern, passendeKonzepte zu erarbeiten und konkreteProjekte in Angriff zu nehmen. Sokönnen wir gemeinsam die Zukunftaktiv mitgestalten.

Entscheidend dafür ist, wie wir Ener-gie erzeugen und nutzen. In Deutsch-land trägt beides zu über 95 % dergesamten CO2-Emissionen und 80 %aller Emissionen von Treibhausgasbei. Allein die Stromerzeugung, die inDeutschland zurzeit noch überwiegendauf fossilen Brennstoffen basiert, hateinen Anteil von rund 40 % an den ge-samten deutschen CO2-Emissionen.

Klimaschutzziel

Mittlerweile gibt es deutliche Hinwei-se, dass der Klimawandel nicht mehrvöllig gestoppt, sondern nur nocheingegrenzt werden kann. Um schwer-wiegende Folgen zu vermeiden,muss die Erderwärmung dauerhaftauf maximal 2°C begrenzt werden,verglichen mit dem vorindustriellenNiveau. Um das Zwei-Grad-Ziel zuerreichen, wurden in internationalen,europäischen und nationalen Verein-barungen Ziele festgelegt, den Aus-stoß des Treibhausgases Kohlendi-oxid (CO2) zu vermindern.

Neben der globalen Zunahme vonTreibhausgasen gab es 2011 einenweiteren Grund für die Bundesregie-rung, eine beschleunigte Energie-wende einzuleiten: die Risiken derKernenergie, die durch die Reaktor-katastrophe in Fukushima, Japan, nundeutlich geworden sind. Bis spätes-tens 2022 soll deshalb in Deutsch-land vollständig auf Kernenergie ver-zichtet und die Energie zu einemgroßen Teil aus erneuerbaren Ener-gien bereitgestellt werden.Damit hat Deutschland weltweit eineVorreiterrolle für die Energie- und Kli-mapolitik eingenommen.

CO2-Reduktionsziel für 2020,bezogen auf des Referenzjahr1990

Europäische Union20 %, optional 30 %,wenn entwickelte Länder sichverbindlich auf dieses Ziel einigen

Bundesrepublik Deutschland30 %, optional 40 %bei Erhöhung des EU Reduktions-ziels auf 30 %

Berlin 40 %

Brandenburg 40 %

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%2000 2002 2004 2006 2007 2008 2009 2010

10

7,5

5

2,5

0

2,9 3,14,4

71 100 275 600 900 1.550 2.032 2.9684.489 5.528

7.550

10.509

15.786

18.713 25.50927.229

30.710

39.713 40.57438.639

36.500

5,2

8 8,1 8,9 9,4

R ü c k e n w i n d f ü r d i e E n e r g i e6

unbemerkt täglich 24 Stunden langEnergie. Dies entspricht jährlich 22Mrd. kWh Strom, mehr als die StädteBerlin und Hamburg zusammen ver-brauchen.

Anteile EE am gesamtenPrimärenenergieverbrauch(BMU auf Basis AGEE-Stat, 2010)

Erneuerbare Energienwerden im Energiemixwichtiger

Noch wird, weltweit und auch in derHauptstadtregion Berlin-Brandenburg,Energie überwiegend aus fossilenEnergieträgern (Kohle, Erdöl und Erd-gas) gewonnen. Das wird voraus-sichtlich auch in den kommendenJahrzehnten so bleiben. Obwohl dieerneuerbaren Energien nahezu un-begrenzt zur Verfügung stehen (ins-besondere Wind- und Solarenergie),kann Brandenburg erst 2020 seinen

Strombedarf nahezu aus erneuerba-ren Energiequellen decken, für denkompletten Energiebedarf wird dasjedoch auf absehbare Zeit nicht mög-lich sein.

Durch den Einsatz von effizienterenElektrogeräten und Energiesparmaß-nahmen können wir unsere Energie-kosten senken und gleichzeitig einenwichtigen Beitrag zum Klimaschutzleisten. Zum Beispiel beim Stromver-brauch im Haushalt: Wenn Elektro-geräte ständig in Bereitschaft blei-ben, verbrauchen sie ungenutzt und

Doch Energie sparen und effizienternutzen, reicht nicht aus, um den Be-darf hierzulande zu vermindern. Dennauch in der Hauptstadtregion wächster noch. Das liegt unter anderem da-ran, dass die Wohnfläche pro Kopfder Bevölkerung weiter steigt. Damitnimmt der Energiebedarf für Raum-wärme zu. Außerdem steigt die Zahlder Elektrogeräte pro Haushalt (vorallem für die Kommunikation), sodass Einspareffekte durch energie-effiziente Elektrogeräte dadurch teil-weise wieder ausgeglichen werden.

Um das CO2-Reduktionsziel zu er-reichen, ist es daher unerlässlich,mehr Energie aus erneuerbaren Ener-giequellen bereit zu stellen, alsoderen Anteil am Energiemix deutlichzu erhöhen. In Brandenburg soll imPrimärenergieverbrauch ihr Anteil biszum Jahr 2020 auf 20 % wachsen.Dabei spielt die Windenergie einewichtige Rolle. Sie liefert nach derBioenergie schon heute den größtenAnteil bei der Erzeugung erneuerba-rer Energie in Brandenburg und sollbis zum Jahr 2020 den größten An-teil zur gesamten Energieerzeugungleisten.

Entwicklung der Stromerzeugung und installierter Leistung vonWindenergieanlagen in Deutschland (BMU auf Basis AGEE-Stat, 2010)

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

Stromerzeugung [GWh] Installierte Leistung [MW]

50.000

37.500

25.000

12.500

0

GWhMW

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63.900

85.700102.100

96.100

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Beschäftigte im Bereich Windenergie in DeutschlandAngaben für 2009 und 2010: sind Abschätzungen.

Eine Gondel wird gezogen

Erneuerbare Energienschaffen Arbeitsplätze

Deutschland hat nicht nur einen Spit-zenplatz bei der Nutzung der Wind-energie, sondern ist auch in der tech-nologischen Entwicklung und Produk-tion gut aufgestellt. Im Jahr 2010 er-zielte die Branche in Deutschlandeinen Jahresumsatz von 5 Mrd. Euro,wobei rund 66 % der produziertenWindkraftanlagen exportiert wurdenEntsprechend viele neue Arbeitsplätzesind entstanden.

Im Jahr 2009 waren rund 100.000Personen in der Windkraftbranchebeschäftigt. Auf Brandenburg entfal-len davon rund 5000 Arbeitsplätze.

Dies umfasst die Beschäftigung imBereich der Produktion, Installation,Betrieb und Wartung. Beachtlich istauch das Wachstum der Branche dererneuerbaren Energien insgesamt.Von 2004 bis 2010 hat sich die An-zahl der Arbeitsplätze in Deutschlandmehr als verdoppelt. Selbst im Wirt-schaftskrisenjahr 2009, in dem her-kömmliche industrielle Wirtschafts-zweige deutliche Einbußen hinnehmenmussten, sind die Investitionen inAnlagen zur Nutzung erneuerbarerEnergien gegenüber dem Vorjahr umrund 20 % auf 17,7 Milliarden Euroangestiegen.

Von der positiven wirtschaftlichenEntwicklung durch erneuerbareEnergien profitieren Berlin und Bran-denburg in besonderem Maße, weilsich hier viele Firmen der Brancheangesiedelt haben. Dadurch wurdeauch ein gutes Klima für die Ansied-lung weiterer Betriebe geschaffen.

Gerade bei der Windenergie lassensich Technologieentwicklung undFertigung nicht voneinander trennenund die Fertigung kann daher nichtohne weiteres in Billiglohnländer ver-lagert werden. Auch wenn die produ-zierenden Firmen ihre Gewinne über-wiegend aus dem Export erzielen, istes für Ansiedlungsentscheidungensehr wichtig, dass in der Region gro-ße Windparks vorhanden sind oderentstehen können, damit die neustentechnologischen Entwicklungen auchpräsentiert werden können.

Tsd.

2004 2007 2009 2010

111.000

82.500

55.000

27.500

0

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es hielt starken Winden nicht stand,das Material war zu schwach. Nachwenigen Jahren wurde die Produktiondes GROWIAN deshalb eingestellt.Auf der Grundlage dieser Erfahrun-gen hat sich die Windkraft-Technikund die Leistungsfähigkeit der Anla-gen seither wesentlich verändert.

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Technische Entwicklung

Vor dreißig Jahren begann die kom-merzielle Installierung von Windkraft-anlagen mit dem Bau des „GROWIAN“in Norddeutschland. Er symbolisiertden technischen Einstieg in die mo-derne Nutzung der Windkraft. Dochdas Vorreitermodell der heutigen An-lagen hatte Mängel:

Wie hat sich die Windkrafttechnik entwickelt ?

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Aufbau einer Windkraftanlage

Rotorblatt

Nabe

Blattverstellung

Getriebe

Bremse

Messinstrumente

Generator

Gondel

Turm

Windrichtungsnachführung

Netzanschluss Fundament

Aufstieg

Eine moderne Windkraftanlage be-steht in der Regel aus einem Rotormit Nabe, drei Rotorblättern und einerMaschinengondel mit dem Generatorund dem Getriebe.

Die Maschinengondel ist drehbar aufeinem Turm gelagert und mit Regel-,Steuerungs- und Überwachungssys-temen sowie der entsprechendenNetzanschlusstechnik ausgestattet.Elementarer und prägender Teil derWindkraftanlage sind die Rotorblät-ter. Sie entnehmen dem Wind seineEnergie und führen sie dem Genera-tor zu, der sie in Strom verwandelt.

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Mit zunehmender Größe der Wind-kraftanlagen stieg auch die jeweilsproduzierte Stromleistung in Deutsch-land.

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Je größer der Rotordurchmesser ist,umso höher ist die erzeugte Energie-leistung. Mitentscheidend für einegroße Energieausbeute ist zudem dieHöhe des Anlagenturmes: in den hö-heren Luftschichten treten geringereWindturbulenzen auf, und die gleich-mäßige und stärkere Windaufnahmebewirkt eine höhere Leistungsspanne.Hatten die Windkraftanlagen zu Be-ginn der 1980er Jahre noch einenRotordurchmesser von 15 Meter miteiner Nabenhöhe von 30 Meter, wer-den die heutigen Anlagen mit einemRotordurchmesser bis zu 127 Meterund einer Nabenhöhe von 135 Meterbetrieben.

Technischer Fortschritt von Windkraftanlagen

1980 1985 1990 1995 2000 2008 2011Nennleistung [kW] 30 80 250 600 1.500 6.000 7.500Rotordurchmesser [m] 15 20 30 46 70 126 127Nabenhöhe [m] 30 40 50 78 100 135 135Jahresenergieertrag [KWh] 35.000 95.000 400.000 1.250.000 3.500.000 20.000.000 21.500.000

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Die Zukunft der kommerziellen Nut-zung der Windenergie liegt haupt-sächlich in der Errichtung von „Wind-parks“.

Mit der räumlichen Konzentration derAnlagen werden nicht nur die Strom-erzeugung von Windkraftanlagen op-timiert, sondern zugleich ökologischeund ökonomische Ziele wirksam ver-folgt.

Ein Windrad liefert Strom für eine ganze Kleinstadt.Eine 3 MW-Anlage liefert pro Jahr 9 Millionen Kilowattstunden sauberen Strom. Dies entspricht dem Verbrauch von 2.600 Haushalten mit 7.750 Personen

Eine ganz neue Methode der Wind-energienutzung ist die Mikro-Wind-turbinentechnik. Dabei werden kleineWindturbinen auf Dächern installiertund der von ihnen erzeugte Stromunmittelbar für den Eigenverbrauchins Netz eingespeist.

Obwohl diese Technik recht vielver-sprechend ist, kommt sie noch nichtsehr oft zum Einsatz.

Mikrowindturbinen auf Dächern

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Die „Windstromreise“

Bevor der Wind in die Steckdosegelangt, durchläuft er verschiedeneEtappen: erst wird er eingefangen,dann umgewandelt und schließlichtransportiert:

1) Die vom Wind angetriebenen Ro-torblätter erzeugen über einen Gene-rator Wechselstrom. Da er aber starkin der Frequenz schwankt, wird erzunächst in Gleichstrom umgewan-delt, sozusagen geglättet und dannin einen Wechselstrom zurückver-wandelt, der für das Stromnetz ver-träglich ist.

2) Ein Transformator im Umspann-werk bringt den Wechselstrom aufdie Spannung, die im Mittelspan-nungsnetz üblich ist. Bei großenWindparks wird direkt auf Hochspan-nung transformiert. Jetzt ist der

R ü c k e n w i n d f ü r d i e E n e r g i e

Wie kommt der Wind in die Steckdose?

12

Es gib vier Netzebenen:• Niederspannungsnetz

(bis 1000 V),• Mittelspannungsnetz

(>1–60 kV),• Hochspannungsnetz

(>60–150 kV) und das• Höchstspannungsnetz

(220 und 380 kV).Mittel- und Hochspannungsnetzbilden das regionale Verteilungs-netz, das Höchstspannungsnetzdas überregionale Übertragungs-netz.

Windstrom im Verteilnetz und kannzum Ort des Verbrauchs transportiertwerden. Sind sehr große Entfernun-gen zu überwinden, wird sogar aufHöchstspannung transformiert und indas sogenannte Übertragungsnetz(220 oder 380 kV) eingespeist.Das sind die „Stromautobahnen“, dieden Strom durch Deutschland undEuropa transportieren.

3) In der Nähe der Verbraucherstellewird der Strom auf die gewünschteSpannung heruntertransformiert, indie Steckdosen unserer Haushaltegelangt er schließlich mit 230 V.

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Zukunftsaussichten:Erdkabel anstattFreileitungen?

Um visuelle Beeinträchtigungen zuvermeiden, können Stromleitungenauch im Boden verlegt werden.Der Bundesgesetzgeber hat am28.07.2011 im Energiewirtschaftsge-setz (EnWG) entschieden, dassHochspannungsleitungen von 110 kVoder weniger auf neuen Trassen inder Regel als Erdkabel verlegt wer-den sollen.

Es ist zwar technisch möglich, auchHöchstspannungsleitungen von 220 kVund 380 kV mit kunststoffisoliertenKabeln unterirdisch zu verlegen,doch v. a. die erheblichen Mehrkos-ten gegenüber Freileitungen führendazu, dass dies bisher meist nur fürkurze Streckenabschnitte gemachtwurde. Magnetfelder von Erdkabelnhaben, im Vergleich zu Freileitungen,eine geringere räumliche Ausdeh-nung, allerdings ist die Intensität imunmittelbaren Nahbereich der Kabelhöher. Für die Verlegung von Erdka-beln bis 110 kV ist kein Raumord-nungsverfahren erforderlich. Weildeshalb ein Prüfverfahren entfällt,können Erdkabel schneller realisiertwerden als Freileitungen.

Erdkabelverlegung

Zukunftsnetze

Netzkapazitäten:Sind die Kapazitätsgrenzenerreicht?

Durch den Ausbau der Windparks –an Land und auf See – wird immermehr Strom erzeugt, in das Leitungs-netz eingespeist und europaweit ver-teilt. Doch das Leitungsnetz gerät anseine Kapazitätsgrenzen. Allein fürBrandenburg besteht nach einer Stu-die der Brandenburgischen Techni-schen Universität Cottbus von 2011ein Bedarf für den Bau von 1070 kmneuen Hochspannungsleitungen und625 km Höchstspannungsleitungen.Vorgaben der Europäischen Unionverlangen von den regionalen Betrei-bern von Verteilnetzen, der Bundes-netzagentur auf Anforderung Ausbau-pläne vorzulegen, die dann veröffent-licht werden. Die Bundesnetzagenturhat außerdem seit dem 28.07.2011die Aufgabe, einen Ausbauplan fürdas Netz der Höchstspannungslei-tungen im gesamten Bundesgebietaufzustellen (Netzausbaubeschleuni-gungsgesetz – NABEG).

Netzausbau:Wer prüft dieVerträglichkeit?

Hoch- und Höchstspannungs-Freilei-tungen wirken sich auf die Umweltaus. Sie nehmen Raum in Anspruch,verändern das Landschaftsbild,beeinflussen den Lebensraum vonTieren oder Pflanzen und bauenMagnetfelder auf. Deshalb wird dieRaum- und Umweltverträglichkeitvon neuen Freileitungen vor einemZulassungsverfahren geprüft.Für die Höchstspannungsleitungenfällt diese Aufgabe, sobald ein Netz-entwicklungsplan für das Bundesge-biet vorliegt, der Bundesnetzagenturzu.

Für Hochspannungsleitungen wird inBrandenburg – wie auch in anderenLändern – ein sogenanntes Raum-ordnungsverfahren durchgeführt. Da-bei wird – sobald die erforderlichenUnterlagen vorliegen – innerhalb vonsechs Monaten geprüft, ob ein kon-kretes Projekt mit den Zielen undGrundsätzen der Raumordnungübereinstimmt. In die Bewertungfließen dabei wirtschaftliche, ökologi-sche, kulturelle und auch sozialeAspekte ein. Dieses Prüfverfahren,einschließlich der förmlichen Beteili-gung der Öffentlichkeit, ist Aufgabeder Gemeinsamen Landesplanungs-abteilung Berlin-Brandenburg. AmEnde gibt die Gemeinsame Landes-planungsabteilung eine landesplane-rische Beurteilung an den Projektträ-ger ab, die im nachfolgenden Zulas-sungsverfahren zu berücksichtigenist.

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Windkraftnutzung in derKulturlandschaft –kein neues Phänomen

Was wir heute als Natur erleben undschön finden, ist von Menschenhandgeformt. Von der ehemaligen Natur-landschaft ist nur noch wenig übriggeblieben wie beispielsweise die Ge-wässer, Moore, Höhenzüge und Sen-ken.

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Wie wirken Windkraftanlagen in der Landschaft?

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Die gelb blühenden Rapsfelder vordem dunklen Kiefernwald haben sichnicht selbst ausgesät, sondern sindErgebnis (land)wirtschaftlicher Nut-zungsinteressen. Unsere Natur ist ei-ne Kulturlandschaft und ihre Erschei-nung geprägt durch die Spuren histo-rischer Nutzung und heutige Nutz-und Schutzansprüche.

Dabei hat neben der Nahrungspro-duktion und der Siedlungsentwick-lung auch die Energiegewinnungeine wichtige Rolle gespielt. Zuerstwaren die Veränderungen noch ge-

ring, indem Brennholz aus den Wäl-dern entnommen wurde. Dadurchentstanden beispielsweise Nieder-wälder. Später wurde durch den Ab-bau der Braunkohle das Landschafts-bild grundlegend verändert.

Historische Windmühlen, Holland

Und heute entstehen in den ehemali-gen Tagebaugebieten neue Land-schaften.

Auch die Nutzung der Kraft bzw. Ener-gie des Windes ist keineswegs neu.Erste Windräder wurden schon voretwa 3000 Jahren in Ägypten genutzt.In Europa erlebten die Windmühlenseit dem Mittelalter eine Blütezeit,die bis in die vorindustrielle Zeit an-hielt. Noch heute zeugen viele „Wind-mühlenberge“ nicht nur von der wei-ten Verbreitung, sondern auch von dergezielten Ausnutzung besonders wind-

reicher Standorte. Historische Wind-mühlen gelten heute als schützens-werte kulturlandschaftliche Relikteund touristische Anziehungspunkte.Eine Flaute der Windnutzung gab eserst im Industriezeitalter ab Mitte des

19. Jahrhunderts. Fossile Energie-träger, zunächst vor allem Kohleund später auch Erdöl, drängten dieNutzung von Wasser- und Windkraftzurück. Doch die Endlichkeit derfossilen Energieträger, die seit An-fang der 1970er Jahre immer wiederauftretenden Ölkrisen und der Klima-wandel führten seit den 1980erJahren zu einer Renaissance derWindkraftnutzung.

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Die Verspargelungder Landschaft

Zu den Hauptkritikpunkten der mo-dernen Windkraftnutzung gehört dieVeränderung des Landschaftsbildes,die vielfach auch als „Verspargelungder Landschaft“ kritisiert wird. In derTat sind die modernen Windkrafträdermit Nabenhöhen von über 100 Meterrelativ neue technische, weithin sicht-bare Elemente in der Landschaft.Auch die Bewegung der Windräderam Horizont ist eine Veränderungder vertrauten Landschaftsbilder undnoch ungewohnt und wird von vielenMenschen deshalb als störend emp-funden. Dies gilt ganz besonders fürAnlagen, die aus Gründen der Flugsi-cherheit „befeuert“ sind und nächtlicham Himmel blinken.

Neue Kulturlandschaftenentstehen

Wie wir unsere Kulturlandschaftwahrnehmen und schätzen, hängtvon verschiedenen, von regionalenund emotionalen Komponenten ab.Vertraute Bilder werden meist positiv,drastische Veränderungen dagegennegativ als „Bildstörungen“ empfun-den. Daher ist es auch nicht verwun-derlich, dass in bundesweiten Umfra-gen die Akzeptanz von Windräderndort deutlich höher ist, wo bereits An-lagen in der Nachbarschaft existierenund dass jüngere Menschen wenigerProbleme mit Windkraftanlagen ha-ben als ältere. Allerdings spielt beider wachsenden Akzeptanz nicht nurdie Gewöhnung, sondern auch diegrundsätzliche Einstellung zu erneu-erbaren Energien eine entscheiden-de Rolle. Ganz zu schweigen vomunmittelbaren Profit an der Wind-energienutzung, z.B. durch Beteili-gung an einer sogenannten Bürger-

anlage. Insbesondere wegen derwachsenden Sensibilität für die An-forderungen des Klimaschutzes istanzunehmen, dass Windparks undneue Energielandschaften mehr undmehr zu selbstverständlichen Ele-menten unserer Kulturlandschaft undihrer Ästhetik werden.

Bildstörungen mindern

Dazu kann beitragen, Windkraftanla-gen möglichst verträglich in die Land-schaft einzubinden, also besonderssensible Bereiche und Sichtbezie-hungen auszusparen und zwischenden Windparks ausreichende Abstän-de einzuhalten. Auch die Topogra-phie und Landschaftsstruktur kanngezielt ausgenutzt werden. Wälderund Hügel können die Sicht auf Wind-parks verstellen und die „optisch be-drängende Wirkung“ mindern. Damitnoch ein ruhiger Blick auf den Hori-zont bleibt, sollte vermieden werden,Siedlungsbereiche vollständig durchWindparks zu umzingeln. Durch solchumsichtige Planung und Standort-wahl können „Bildstörungen“ zwarnicht ganz verhindert aber doch ver-mindert werden.

Aber können Windräder auch gezieltästhetisch gestaltet werden und dasLandschaftsbild bereichern? Als Fo-tomotiv sind Windräder bereits be-liebt und werden als Kunstdruckeoder Fotokalender vertrieben. AuchLichtkunst-Installationen, die Windrä-der als Kunstwerke in der nächtli-chen Landschaft inszenieren, waren

Windräder in der Landschaft

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insbesondere im Rahmen des „Glo-bal Wind Days“ an mehreren Stand-orten in Deutschland erfolgreich. Der„Global Wind Day“, der 2009 erst-mals in 35 Ländern veranstaltet wur-de, wirbt mit zahlreichen Informati-onsveranstaltungen, Besichtigungenund Aktionen für Klimaschutz durchWindenergie.

Rückbau ist garantiert

Anders als der Abbau von fossilenEnergieträgern verändern Windkraft-anlagen die Landschaft nicht dauer-haft, sondern lediglich temporär. ImUnterschied zur Atomkraftnutzunggibt es auch keine Probleme mit derEntsorgung der Hinterlassenschaften.

Nach einer Laufzeit von etwa 20-30Jahren werden die Anlagen zumeisterneuert. An unverträglichen Stand-orten kann auch planerisch daraufhingewirkt werden, dass die Windrä-der nach Ende der Laufzeit ersatzlosabgebaut werden.

Durch Rückstellungen (Bankbürg-schaften) sind die finanziellen Mittelfür den Rückbau der Anlagen garan-tiert. Auf die öffentlichen Hände bzw.Steuerzahlerinnen und Steuerzahlerkommen deshalb keine Folgekostenzu. Sofern also in Zukunft neue um-welt- und klimaverträgliche Methodender Energieversorgung gefundenwerden, die Windräder überflüssigmachen, könnten sie wieder spurlosaus der Landschaft verschwinden.Die letzten verbliebenen Exemplarewürden dann vermutlich als schüt-zenswerte kulturlandschaftliche Re-likte unter Denkmalschutz gestellt.

Abbau eines Rotorblattes

Lichtkunst Windräder in der Lausitz

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Müssen Menschen, Tiere und Pflanzen leiden?

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Machen Windräderkrank und arm?

Windräder verändern nicht nur dasLandschaftsbild. Menschen störensich an ihren Geräuschen, auch demnicht hörbaren Infraschall, dem soge-nannten Schattenschlag sowie derBeleuchtung der Rotorblätter (Befeue-rung). In der Nähe von Windparksfühlen sich Anwohnerinnen und An-wohner durch die Windräder bedrängtoder befürchten einen Wertverlust fürihre Häuser und Wohnungen, wäh-

rend Gemeinden mit Einbußen imBereich der touristischen Wertschöp-fung rechnen.

Um solche Beeinträchtigungen mög-lichst gering zu halten, werden be-reits im Rahmen der planerischenKonzeption für Gebiete, die für dieWindkraftnutzung geeignet erschei-nen, hinreichende Abstände zuWohnsiedlungen vorgesehen.Bei der Genehmigung der einzelnenWindkraftanlagen wird zudem nachdem Bundesimmissionsschutzgesetz

sicher gestellt, dass keine objektivmessbaren Unverträglichkeiten auf-treten und Belastungen auf ein ge-sundheitlich unbedenkliches Maß re-duziert werden.

Dennoch treten bei einigen Menschen,die in der Nähe von Windkraftanlagenleben, Kopfschmerzen, Schwindel,Schlafstörungen und andere Be-schwerden auf, die von den Betrof-fenen auf die Windräder zurückge-führt werden. Da Menschen unter-schiedlich sensibel auf Belastungen

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reagieren, ist dies auch bei strikterAnwendung der immissionsschutz-rechtlichen Grenzwerte nicht völligauszuschließen. Medizinisch ist seitlangem erwiesen, dass körperlicheKrankheitssymptome auch durchpsychische Belastungen wie Ärgerund Stress hervorgerufen werdenkönnen. Wer sich also beim Blickaus dem Fenster regelmäßig überWindräder ärgert, könnte tatsächlichkrank werden.

Wie können Belastungengemindert werden?

Den besten Schutz vor Belastungenbieten möglichst große Abständezwischen den Windkraftanlagen undder Wohnbebauung. Allerdings las-sen sich Abstände von mehr als demDreifachen der Anlagenhöhe immis-sionsschutzrechtlich nicht begründenund auch bei der planerischen Kon-zeption können nicht beliebig großeAbstände zur Wohnbebauung fest-

gelegt werden, sondern sie müssenbegründbar sein. Die Abstandsforde-rungen zur Wohnbebauung schrän-ken die verfügbaren Potenzialflächenfür die Windenergienutzung stark ein.Neben der Einhaltung ausreichenderAbstände – in Brandenburg wird da-für als Orientierungswert ein Abstandvon 1000 Meter zu Wohngebäudenzu Grunde gelegt – lassen sich Be-lastungen auch durch eine Reihe vontechnischen Maßnahmen mindern.

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Schattenschlag

Der rhythmische Schattenwurf in derunmittelbaren Umgebung von Wind-kraftanlagen (auch als Diskoeffektbezeichnet) kann gemindert werden,indem die Anlagen an empfindlichenStandorten mit Abschaltmodulen aus-gerüstet werden. Die elektronischenModule reagieren in Abhängigkeitvom Sonnenstand und schalten die

Anlagen ab, wenn bestimmte Schat-tenwurfzeiten an den benachbartenWohngebäuden überschritten wer-den. Schattenwurfmodule werdenvon nahezu allen Herstellern vonWindkraftanlagen angeboten und ar-beiten sehr zuverlässig. Ob wegensolch nachbarschaftlicher Sensibilitä-ten der Einsatz derartiger Module er-forderlich ist, wird in den Genehmi-gungsverfahren entschieden.

Geräusche

Die Schallemissionen von Windrä-dern wurden in den vergangenenJahren durch intensive Forschungs-und Entwicklungsarbeit deutlich ver-mindert. Diese Geräusche sind starkvon Windgeschwindigkeit und -rich-tung abhängig und variieren daherim Betriebsablauf. Inzwischen wur-den Techniken entwickelt, die dieDrehzahl der Windräder reduzierenkönnen. Der Betrieb kann dann soausgerichtet werden, dass hoheSchallemissionen in geräuschemp-findlichen Nahbereichen und zu be-stimmten Zeiten, beispielsweisenachts, vermieden werden. DieseTechnik kann allerdings nicht bei al-len Altanlagen eingesetzt werden.Moderne Anlagen sind aber in derRegel entsprechend ausgestattet.Ferner verfügen modernere Wind-kraftanlagen über die Möglichkeit,die Geräuschentwicklung in Abhän-

gigkeit von der Windrichtung zu vari-ieren. Dadurch kann sicher gestelltwerden, dass die Rotorgeräusche inbestimmten Siedlungsgebieten auchdann unterhalb der Grenzwerte blei-ben, wenn der Wind den Schall inRichtung Siedlung bläst.

Befeuerung

Zur Sicherheit der Luftfahrt müssenWindkraftanlagen mit einer Gesamt-höhe von 100 Metern oder mehr be-leuchtet werden. Diese sogenannteBefeuerung stört häufig, was durchtechnische Hilfsmittel deutlich ver-mindert, aber nicht völlig vermiedenwerden kann. Technisch gibt es fol-gende Möglichkeiten:• Die Lichtstärke der Befeuerung

kann bei guter Sichtweite um70 % bzw. 90 % reduziert werden.

• Durch Abschirmung der Leuchtmit-tel der Befeuerung nach untenkann die Ausbreitung des Lichtsnach unten verhindert werden.

• Bei mehreren benachbarten Anla-gen kann die Belästigung der An-wohnerschaft durch eine Synchro-nisierung der Befeuerung reduziertwerden.

• Durch radartechnische Überwa-chung näher kommender Luftfahr-zeuge wird die gesamte Befeue-rung für nur wenige Minuten einge-schaltet.

Schattenwurf eines Windrades

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Gefühlte Belastungen

Neben den nachweisbaren Belastun-gen durch Windkraftanlagen wirdvielfach auch über Beeinträchtigun-gen geklagt, für die es keine nach-prüfbaren Indizien gibt. Daher gibt esfür diese „gefühlten Belastungen“auch keine Möglichkeit zur Vermei-dung oder Minderung.

Infraschall

Von Kritikerinnen und Kritikern derWindenergienutzung wird immer wie-der eine gesundheitliche Gefährdungdurch Infraschall behauptet. Aller-dings konnte dafür bisher noch keinNachweis erbracht werden. Als Infra-schall werden Schallfrequenzen unter16 Hz verstanden, die für Menschennicht hörbar sind. Infraschall kannsowohl durch natürliche (Erdbeben,Windböen usw.) als auch durch künst-liche Quellen (Industrieanlagen, Wind-

räder, Klima- und Lüftungsanlagen,Fahrzeuge) entstehen. In dicht be-bauten Großstädten ist Infraschallallgegenwärtig. Auch im Innenraumvon Autos und Zügen tritt deutlichmehr Infraschall auf als im Umfeldvon Windkraftanlagen.

Wertverlust von Immobilien

Objektiv lässt sich der häufig kritisier-te Wertverlust von Immobilien in derUmgebung von Windparks nicht be-urteilen. Während die Kritikerinnenund Kritiker von Wertverlusten von20-50 % ausgehen, wird dies vonden Gutachterausschüssen, die dieBodenrichtwerte festlegen und denVerkehrswert von Grundstücken er-mitteln, nicht bestätigt. Allerdings gibtes von den Gutachterausschüssenkeine vergleichenden Auswertungendazu. Sicher hängt der Wert bzw. dieVeräußerbarkeit von Immobilien inhohem Maße von ihrer Umgebungund den jeweiligen Vorlieben derKäuferschaft ab. Die Nachbarschaftvon lärm- und schadstoffemittieren-den Nutzungen wird daher meist zueiner Verschlechterung der Verkaufs-chancen führen. Bei der Nutzung derWindkraft werden aber keine Schad-stoffe freigesetzt und Lärm und opti-sche Belastungen werden, wie schonausgeführt, objektiv auf ein unbedenk-liches Maß reduziert. Daher ist beiGrundstücksgeschäften in Windpark-nähe wohl die Einstellung der poten-ziellen Käufer zur Windkraftnutzungein entscheidender Gesichtspunkt.

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biete. Signifikante Zusammenhängezwischen Urlauberzahlen und Wind-kraftanlagen konnten bisher nicht er-mittelt werden. Es gibt mittlerweilesogar etliche Beispiele für eine aktiveVermarktung der Windkraftnutzungim Rahmen einer touristischen Image-pflege als umwelt- und klimafreundli-che Urlaubsregion. In diesem Zusam-menhang werden auch zunehmendAktivitäten wie Führungen durchWindparks einschließlich Besuchenvon Aussichtskanzeln angeboten.

Auswirkungenauf Pflanzen und Tiere

In Bodennähe haben Windkraftanla-gen nur eine geringe Auswirkung aufdie Pflanzen und Tierwelt. Nur dasdirekte Fundament steht als Nutz-und ökologisch wirksame Fläche so-wie als Lebensraum für Pflanzen undTiere nicht mehr zur Verfügung. Pro-bleme ergeben sich mit Vogel- undFledermausarten, die mit den Rotor-blättern kollidieren können. Abernicht alle Arten sind vom sogenann-ten Vogelschlag betroffen, sondernvor allem solche, die in Höhe derRotorblätter jagen, also einige Greif-vögel und auch Fledermäuse. Nebendem Vogelschlag ist insbesonderebei Tieren, die im offenen Land leben,auch eine „Scheuchwirkung“ durchden Schattenschlag der Rotorblätterzu verzeichnen. Die meisten Brutvö-gel zeigen aber eine geringe Emp-findlichkeit und gewöhnen sich raschan die Windräder. Gastvögel hinge-gen, die nur auf der Durchreise sind,reagieren schon eher „allergisch“ aufWindkraftanlagen und meiden Wind-parks. Größere Windparks werdenvon Zugvogelschwärmen zumeistohne Probleme umflogen.

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Erholung und Tourismus

Noch drastischer als bei den „norma-len Immobilien“ in der Nähe vonWindrädern ist nach Ansicht von Kri-tikerinnen und Kritikern die Wertmin-derung von Erholungs- und Touris-museinrichtungen. Eine vollständigeEntwertung von traditionellen Erho-lungs- und Tourismusgebieten wirdebenso befürchtet, wie verminderteChancen für die touristische Entwick-lung und Wertschöpfung. Belegenlassen sich die Befürchtungen aller-dings nicht. Ein gutes Gegenbeispielsind die Küsten von Nord- und Ost-see. Obwohl sich hier die Windräderschon seit vielen Jahren drehen, sindsie nach wie vor beliebte Urlaubsge-

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Windkraftnutzung –ein Ziel des Naturschutzes!

Wie stark Windkraftanlagen Vögelund Fledermäuse beeinträchtigen,ist auch unter Naturschützern undBiologen äußerst umstritten. Feststeht aber, dass die Beeinträchtigun-gen im Vergleich zu anderen Gefähr-dungen eher mäßig sind. Beispiels-weise fordert der Straßenverkehr einVielfaches an Opfern und insbeson-dere die Folgen des Klimawandelswerden für die Pflanzen- und Tierweltsehr viel dramatischer eingeschätzt.Daher bekennen sich alle großendeutschen Naturschutzorganisatio-nen zum Ausbau der erneuerbarenEnergien und speziell auch derWindenergie. Auch die im Bundesna-turschutzgesetz (BNatSchG 2010)verankerten Ziele des Naturschutzesund der Landschaftspflege fordernunter anderem, dass „dem Aufbaueiner nachhaltigen Energieversorgunginsbesondere durch zunehmendeNutzung erneuerbarer Energien einebesondere Bedeutung zukommt“.

Konflikte mit demNaturschutz könnenvermieden werden

Diese Zielsetzung des Naturschutzesbedeutet natürlich nicht, dass Wind-räder überall, also auch in sensiblenNaturräumen, errichtet werden dür-fen. Es ist vielmehr erforderlich, dieAnlagen möglichst an Standorten zuerrichten, die nur ein geringes Kon-fliktpotenzial mit Naturschutzbelan-gen aufweisen. Problematisch sindWindkraftanlagen vor allem in folgen-den Gebieten:• Europäische Vogelschutzgebiete,• Brut- und Rastplätze besonders

gefährdeter Arten,• Umgebung von Feuchtgebieten

und Seen,• Große Vogelzugrouten und

Rastgebiete von Gänsen,Kranichen und Enten,

• Bedeutende Nahrungshabitate vonGreifvögeln und Fledermäusen,z.B. gehölzreich strukturierte Land-schaften und Waldränder.

Aus Sicht des Artenschutzes solltebei der Planung ferner darauf geach-tet werden, dass• die Anlagen möglichst konzentriert

werden, da viele kleine, zerstreuteAnlagen größere Auswirkungenhaben als wenige große Windparks,

• zusammengehörige Lebensräume(Brutplatz, Nahrungsrevier) nichtzertrennt werden,

• die Anlagen parallel (nicht quer) zurHauptflugrichtung konzipiert werden,

• das Kollisionsrisiko gemindert wird,indem Nahrungsreviere, die gefähr-dete Vogelarten anlocken, in derNähe der Windparks beseitigt wer-den. In sicherer Entfernung solltendann neue Nahrungsangebote ge-schaffen werden.

Um Konflikte zwischen Windenergie-nutzung und Naturschutz zu mindernoder zu vermeiden, wurden in vielenLändern, so auch Brandenburg, Re-gelungen erlassen, die Forderungennach Abstand zu Schutzgebieten undBrutstätten gefährdeter Vogelartenaus Gründen des Naturschutzes ent-halten. Diese Abstandsregelungenhaben empfehlenden Charakter undvariieren stark. Vorsorgende, weit-räumige Abstände gewährleistenzwar einen weitreichenden Arten-schutz, aber zugleich werden die fürdie Windenergie verfügbaren Flä-chen stark eingeschränkt. In Bran-denburg werden die tierökologischenAbstandskriterien (TAK) entspre-chend den wissenschaftlichen Er-kenntnissen regelmäßig fortgeschrie-ben. Naturschutzbelange werdenzudem bei der vorgeschriebenenUmweltprüfung für die Planung vonWindparks erfasst und bewertet.

§ 1 Ziele des Naturschutzesund der Landschaftspflege

(3) Zur dauerhaften Sicherung der Leis-tungs- und Funktionsfähigkeit desNaturhaushalts sind insbesondere:

4. Luft und Klima auch durch Maßnah-men des Naturschutzes und derLandschaftspflege zu schützen; diesgilt insbesondere für Flächen mitgünstiger lufthygienischer oder kli-matischer Wirkung wie Frisch- undKaltluftentstehungsgebiete oderLuftaustauschbahnen; dem Aufbaueiner nachhaltigen Energieversor-gung insbesondere durch zuneh-mende Nutzung erneuerbarer Ener-gien kommt eine besondereBedeutung zu.

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Konzentration auf wenige Standortegibt. Gemessen am realen Flächen-verbrauch hat dieser Eindruck mitder Realität jedoch nur wenig zu tun.Außerhalb der Siedlungen stehen inBrandenburg nur auf gut 1 % derLandesfläche Windkraftanlagen.

Die „Verspargelung der Landschaft“ist inzwischen zu einem geflügeltenBegriff geworden. Gemeint ist derEindruck, dass überall, weit gestreutund ohne erkennbare Ordnung, vieleeinzelne Windkraftanlagen bzw. Wind-parks errichtet wurden und es keine

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Wohin mit den Windrädern?

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Regionen im Überblick

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Aber natürlich ist die optische Wahr-nehmung der Windkraftanlagen eineganz andere Frage. Die Anlagen sindhäufig über 100 Meter hoch. Sie sinddominante technische Bauwerke, diein der relativ flachen Landschaft Bran-denburgs oft auch in größerer Entfer-nung noch erkennbar sind.

Es ist deshalb vernünftig zu fragen,ob und wie eine vorausschauendeAuswahl von Standorten die optischeDominanz der Windkraftanlagen inder Landschaft begrenzen kann. Umsie beantworten zu können, müssenwir uns über das Zusammenwirkender verschiedenen Gesetze und Ver-ordnungen klar werden.

Rechtlicher Rahmen

Um die Nutzung der Windkraft zufördern, ist die Errichtung von Wind-kraftanlagen außerhalb geschlosse-ner Ortschaften (Außenbereich) prin-zipiell möglich, soweit dem keineöffentlichen Interessen, genannt öf-fentliche Belange (z.B. Schutz desMenschen vor Lärm, Naturschutz,Artenschutz usw.), entgegenstehenund die Erschließung gesichert ist.So bestimmt es das Baugesetzbuch.Man spricht hier von einer baurecht-lich privilegierten Nutzung, d.h., es

bedarf keiner besonderen baurechtli-chen Planung seitens der Gemein-den über den Flächennutzungsplanund Bebauungspläne. Eine Geneh-migung für die Errichtung von Anla-gen reicht aus.

Ob öffentliche Belange tatsächlichentgegenstehen, wird in einem Ge-nehmigungsverfahren ermittelt. Eserfolgt auf Basis des Bundesimmissi-onsschutzgesetzes und wird in Bran-denburg vom Landesamt für Umwelt,Gesundheit und Verbraucherschutzdurchgeführt.

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Auch einige Gemeinden haben in-zwischen entsprechende Bauleitplä-ne aufgelegt: In Flächennutzungsplä-nen können Konzentrationszonen fürWindkraftnutzung ausgewiesen wer-den, in Bebauungsplänen noch de-tailliertere Regelungen zu Standortengetroffen werden.

Die Regionalpläne verhindern, dassdie Windenergieanlagen ohne ge-samträumliche Steuerung nur dorterrichtet werden, wo es für die Inves-toren besonders gute Voraussetzun-gen dafür gibt. Diese Fehlentwicklun-gen drohen, solange keine Regional-pläne oder Bauleitpläne mit Aussagenzur Windenergie existieren. Die Be-troffenheit der Anwohner, Besonder-heiten der Landschaftsräume unddes Landschaftsbildes können amehesten durch die Ausweisung vonWindeignungsgebieten geschütztwerden.

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Projektentwickler/Investoren

Gemeindliche Entwicklungsvorstellungen

RegionalplanungAbwägung der BelangeNaturschutz

Artenschutz

Hochwasserschutz

Grundstückseigentümer

Pächter/Grundstücksnutzer

EnergiepolitischeZiele

Mensch(Siedlungsabstand)

Land- und Forstwirtschaft

MilitärischeBelange

Flugplätze

LandschaftsbildLandschaftselemente

Kultur- und Naturdenkmale

Freiraum

Regionalplanung – Abwägung der Belange

Räumliche Steuerung istmöglich und erforderlich

Der Gesetzgeber hat den Gemein-den die Möglichkeit eingeräumt, dieAnsiedlung von Windkraftanlagenräumlich zu steuern. Das gilt auch fürdie Länder, die auf überörtlicher Ebe-ne den Raum „ordnen“, also planenund prüfen.Dabei gilt folgende prinzipielle Vorge-hensweise:

Es werden geeignete Räume für sol-che Anlagen verbindlich festgelegt(sogenannte Konzentrationszonenoder Eignungsgebiete). Zugleich wirddann die Windkraftnutzung außer-halb dieser Gebiete ausgeschlossen.Die planende Behörde bzw. Gemein-de kann also nicht einfach nur festle-gen, wo keine Anlagen errichtet wer-den dürfen, sondern muss auchimmer parallel festlegen, wo es ge-hen soll. Das Eine geht also nicht oh-ne das Andere. Auch muss dafürSorge getragen werden, dass dabeiinsgesamt ausreichend Fläche für dieWindkraftanlagen zur Verfügung ge-stellt wird.

In Brandenburg haben die RegionalenPlanungsgemeinschaften die Aufgaberäumlich zu steuern angenommen,indem sie in ihren Regionalplänengeeignete Gebiete für Windkraftanla-gen ausweisen.

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Die räumliche Planung ist daher einsinnvoller Schritt zum Schutz derMenschen und der Natur vor zustarker Überprägung durch Wind-kraftanlagen..

Was kann Planung leisten?

Nicht alle Wünsche können in Plan-verfahren berücksichtigt werden, da-zu gehen die Vorstellungen, wie dieFlächen am Besten genutzt werdensollen, oft zu weit auseinander. Aberdie Planung kann relevante Interes-sen aufnehmen und sich mit den ver-schiedenen Belangen gründlich aus-einandersetzen. Sie ermittelt dabeiStandorte, die soweit wie möglichkonfliktreduziert sind. Das ist der Vor-teil gegenüber einer Standortsuchedurch die Projektentwickler ohneregionale oder kommunale Planung.Die Vielzahl der zu berücksichtigen-den Belange macht die Dimensiondieser Aufgabe deutlich.

Wie werden geeigneteFlächen ermittelt?

Fläche ist ein begrenztes und be-gehrtes Gut. Bisweilen liegen vieleverschiedene Nutzungswünsche aufeiner Fläche. Die Grundstückseigentü-mer können andere Interessen ha-ben als die Pächter. Die Gemeindenkönnen andere Vorstellungen habenals ein Investor, der z.B. Windkraft-anlagen errichten will. Flächen kön-nen Lebensräume geschützter Tier-arten sein, sie können aber auch fürdie Infrastruktur gebraucht werden,zum Beispiel für die Ortsumgehung,einen Sportplatz oder soziale Ein-richtungen. Die Liste möglicher Inte-ressenkonflikte ließe sich beliebig er-weitern.

Planung heißt in diesem Zusammen-hang, die verschiedenen, z.T. gegen-sätzlichen Interessen zum Ausgleichzu bringen. Je mehr Interessenkon-flikte vorhanden sind, desto anspruchs-voller ist diese Aufgabe. So gesehengehört die räumliche Steuerung der

Ausschnitt Regionalplan Brandenburgmit Windeignungsgebiet

Windpark

Windnutzung zu den besonders an-spruchsvollen Aufgaben der Regio-nalplanung.

Die Planung, d.h. die Konzentrationvon Windkraftanlagen auf einige we-nige und der Ausschluss dieser Anla-gen in den übrigen Gebieten, mussobjektiv nachvollziehbar sein und ist,wie jedes Verwaltungshandeln auch,rechtlich überprüfbar. Es ist also kei-ne Entscheidung im Geheimen.

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• Ausgangspunkt für die Planung sind – in Übereinstimmung mit dem Bun-desrecht – zunächst alle Flächen außerhalb geschlossener Ortschaften(Außenbereichslagen). Die Frage, ob genügend Wind weht oder nicht,stellt sich angesichts der relativ flachen Landschaft in Brandenburg und derdurchschnittlichen Höhe moderner Anlagen nicht.

• Die Flächen, auf denen keine Windkraftanlagen errichtet werden dürfenoder aus Sicht der Regionalplanung nicht errichtet werden sollen, werdenidentifiziert und als Ausschlussflächen gekennzeichnet. Für die verbleiben-den Flächen werden weitere Informationen über Nutzungsansprüche, z.B.von Eigentümern oder Pächtern, von Investoren oder Gemeinden erfasst.Die für die Windkraftnutzung geeigneten Flächen werden in einen Regional-plan-Entwurf aufgenommen und im Rahmen von förmlichen Planverfahrenden Gemeinden und Behörden, aber auch den Bürgern zur Diskussion vor-gelegt.

• Die Gemeinden, öffentliche Stellen, Unternehmen und Bürger können sichdann schriftlich zu diesem Planentwurf äußern. Die Regionale Planungsge-meinschaft hat diese Bedenken, Hinweise oder Anregungen zu beurteilenund einzuschätzen, welches Gewicht ihnen im Verhältnis zu der – grund-sätzlich gewollten – Windkraftnutzung zukommt. Nur wenn die Windkraft-nutzung höher gewichtet wird, kann die Fläche als geeignetes Gebiet imPlan verbleiben. Dieser Prozess wird als Abwägung bezeichnet. Im Ergeb-nis müssen allerdings genug Eignungsgebiete ausgewiesen werden, da essich bei der Windenergie um eine privilegierte Nutzung handelt.

Wird dieses Ziel nicht erreicht, muss die Flächenauswahl mit verändertenKriterien wiederholt werden – daher sind Kriterienauswahl und Abwägungaufwändige und sorgfältig durchzuführende Arbeitsschritte, weshalb sich dieErarbeitung der Pläne regelmäßig über mehrere Jahre hinzieht.

• Am Ende sind die Flächen ermittelt, die im Plan als Eignungsgebiete festge-legt werden. Wenn dieser Plan schließlich die erforderlichen weiteren Ver-fahrensschritte durchlaufen hat, ist er für die gemeindliche Planung, aberauch für die Behörden, die einzelne Anlagen genehmigen (Landesamt fürUmwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz) bindend. Innerhalb der Eig-nungsgebiete steht, jedenfalls aus Sicht der räumlichen Planung, der Wind-nutzung dann nichts mehr im Wege, außerhalb allerdings ist die Errichtungvon Anlagen nicht möglich.

• Der Planungsprozess wird dabei von einer strategischen Umweltprüfung(SUP) begleitet. Damit soll erreicht werden, dass erhebliche Auswirkungender Planung auf die Umwelt bereits frühzeitig ermittelt, bewertet und be-rücksichtigt werden können. Die umfassende Auseinandersetzung der Pla-nung mit den erkannten Umweltauswirkungen, den Möglichkeiten, sie zuverhindern oder zu verringern, sowie mit Alternativen zur Planung stärkt diePosition der Umweltbelange bereits auf der Planungsebene.

Üblicherweise wird bei der Ermittlungder geeigneten Flächen so vorge-gangen:

Ein planerisches Gesamtkonzept gibtdie Linie für die Auswahl geeigneterFlächen vor. Dieses Konzept musseinerseits sicherstellen, dass die Wind-energienutzung hinreichend ausge-baut werden kann. Ziele zum Ausbaufinden sich z.B. in der 2008 beschlos-senen Energiestrategie 2020 desLandes Brandenburg. Sie sieht für dieWindenergie eine Verdopplung derinstallierten Leistung und des Flächen-bedarfs innerhalb von 12 Jahren vor.Andererseits sollen die dabei entste-henden Beeinträchtigungen von Bür-gerinnen und Bürgern und der Um-welt auf ein erträgliches Maß redu-ziert werden. Deshalb werden fürdiesen Ausbau regelmäßig Abständezur Siedlungsnutzung und bestimmtefachrechtlich, insbesondere natur-schutzrechtlich gesicherte Gebieteals Ausschlussflächen definiert.Diese Kriterien dienen dazu, unge-eignete Flächen aus dem weiterenPlanungsgeschehen auszuschließenund gleichzeitig den Planungsprozesstransparent zu machen. Eine detail-lierte Betrachtung jeder einzelnenFläche, die als Windeignungsgebietin Frage kommt, erfolgt dann in einemspäteren Planungsschritt.

Und das geht in der Praxis so:

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mit weniger Anlagen mehr Strom er-zeugt werden. Gleichzeitig werdendie Rotordrehungen, die für die opti-sche Wahrnehmung bedeutend sind,abnehmen. Nach Schätzungen desBundesverbandes Winderegie e.V.kann damit das Dreifache des bishe-rigen Stromertrages eines Windparkserreicht werden.

In höheren Bereichen weht der Windnicht nur stärker, sondern auch regel-mäßiger. Durch Steigerung der Na-benhöhe können deshalb selbst anStandorten im Binnenland die Erträ-ge eines Küstenstandortes erreichtwerden. Als Faustegel gilt: für jedenMeter Nabenhöhe mehr steigt derErtrag um 1%.

Durch Repowering wird auch dieMöglichkeit geboten, alte Anlagen,die nahe an bewohnten Gebietenoder an sensiblen Bereichen für denNaturschutz stehen, abzubauen, angeeigneten Orten neue Anlagen zuerrichten und zu konzentrieren unddamit auch verträglicher in die Land-schaft einzubetten.

Auch das Repowering unterliegt derräumlichen Steuerung durch die Re-gionalplanung oder die kommunalePlanung.

Repowering: alte Windkraftanlagenwerden durch neue ersetzt

Repowering

In den kommenden Jahren wird derErsatz von veralteten und wenig wirt-schaftlichen Anlagen durch neue undleistungsfähigere (Repowering) zu-nehmen. Damit sollen die verfügba-ren Standorte besser ausgenutztwerden, um die installierte Leistungbei gleichzeitiger Reduktion der Anla-genanzahl zu halten. So kann dasWindangebot besser ausgenutzt und

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Nabenhöhe +1m= Ertrag +1%

Rotordurchmesser x 2= Ertrag x 4

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Welche Handlungsmöglichkeiten haben Kommunen?

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Die Städte und Gemeinden sind Trä-ger der kommunalen Selbstverwal-tung. Sie können Einfluss nehmenauf die Feinabgrenzung von Standor-ten oder auch auf die Platzierung derAnlagen (Anlagenkonfiguration). Siekönnen auch auf die Investoren durchfrühzeitige Gespräche einwirken. Siekönnen und sollen ihre Bürgerinnenund Bürger frühzeitig informieren undderen Willen in den Entscheidungs-prozess mit einbeziehen. Und sie

können partizipieren. Die Handlungs-möglichkeiten sind vielfältig, einigesollen hier vorgestellt werden: Bereitsseit mehr als 10 Jahren werdenWindkraftanlagen in Brandenburg ingrößerer Anzahl errichtet. Dabei ha-ben viele Gemeinden Erfahrungengesammelt, „Leid und Freud“ mit Wind-radbefürwortern und -gegnern geteiltund sich mit dem Ausbau erneuerba-rer Energien auseinandergesetzt.

Intelligentes Strom- und Wärmenetzin Feldheim / Brandenburg

WärmeStrom

Energie-Kompetenz-ZentrumTreuenbrietzen

lehrenkoordinierenvermitteln

Speicher für Elektroenergie(Natrium-Schwefel-Batterie)

Windkraftanlagen Biogasanlagen Holzhackschnitzelheizung

GewerbeÖffentliches Netz Agrarbetrieb Haushalte

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Einbringen in den regionalenPlanungsprozess

Die fünf Regionalen Planungsge-meinschaften des Landes Branden-burg, werden sich auch künftig mitder Frage der geeigneten Standortefür die Windkraftanlagen befassen.Die Gemeinden sollen sich in diesenPlanungsprozess einbringen, indemsie frühzeitig Kontakt mit den Regio-nalen Planungsstellen aufnehmenund ihre Vorstellungen klar benennen.Spätestens aber im Rahmen desgesetzlich vorgeschriebenen Beteili-gungsverfahrens können die Gemein-den als Träger öffentlicher Belangezu den vorgesehenen Gebieten fürWindenergienutzung Stellung bezie-hen, ihre Bedenken und ihre Anre-gungen äußern, die dann im Pla-nungsverfahren berücksichtigt werdenmüssen. Sind die Windeignungsge-biete erst einmal in einem Regional-plan festgesetzt, besteht außerhalbdieser Gebiete keine Möglichkeit,Windkraftanlagen zu errichten.

Planungsprozessselbst gestalten

Die Gemeinden können auch selbstaktiv werden: Mit dem Flächennut-zungsplan und dem Bebauungsplanhaben sie geeignete Instrumente inder Hand, die Errichtung von Wind-kraftanlagen in ihrem Gemeindege-biet zu steuern. In diesen Plänenkönnen die Eignungsgebiete der Re-gionalplanung grundstücksscharf ab-gegrenzt, sowie die Anordnung undGestaltung der Anlagen festgelegtwerden. Die Gemeinden erhalten da-durch Einfluss auf das Vorhaben, dieInvestitions- und Planungssicherheitsteigt. Plant die Gemeinde nichtselbst, kann sie nur im Rahmen vonEinzelgenehmigungen reagieren.Und sollte ein Regionalplan seineRechtskraft verlieren, fehlt jedeSteuerung, wenn die Gemeinden

nicht selbst planerische Vorsorge miteinem Flächennutzungs- oder Bebau-ungsplan getroffen haben.

Die Gemeinden sollten auch deshalbeigene Planungen vornehmen, damitdie notwendigen naturschutzfachli-chen Ausgleichsmaßnahmen bei Pro-jekten im Gemeindegebiet wirksamwerden können. Erfolgt das nicht, istdie Wahrscheinlichkeit groß, dassder Ausgleich andernorts erfolgt unddie Standortgemeinde leer ausgeht.

Eine frühzeitige Information der Nach-bargemeinden ist empfehlenswert, daWindkraftprojekte meist auch Auswir-kungen auf den Nachbarn haben.Insbesondere wenn die Nachbarge-meinde dem Windnutzungsprojektkritisch gegenüber steht, ist eine in-tensive Zusammenarbeit erforderlich.

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cke verwenden. Bislang haben inBrandenburg nur wenige Gemeindeneinen solchen fiskalischen Nutzen fürsich ziehen können. Ein gutes Beispielist hier die Stadt Spremberg, die stadt-eigene Flächen ausgeschrieben hatund somit Einfluss auf Höhe und Typder Anlagen hatte.

Das Beispiel zeigt, dass es lohnendsein kann, nach den eigenen Vortei-len zu suchen. Auch wenn keine ge-

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Ein Stück vom Kuchen –Managementund Partizipation

Die Aktivitäten der Gemeinden müs-sen nicht auf die planerische Steue-rung beschränkt bleiben:Sie können auch unmittelbar von derWindenergie profitieren, indem sieinnerhalb der Rahmenbedingungen,die die Regionalplanung vorgibt,selbst agieren.

So können Gemeinden eigene Flä-chen für Investitionen bereitstellenund die Pacht für gemeindliche Zwe-

Gewerbesteueraufteilung:großer Anteil für den Standort des Windparks

Standort des Windparks 70% Sitz der Betreiber-gesellschaft 30%

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meindeeigenen Flächen zur Verfügungstehen, können Gemeinden und ihreBürgerinnen und Bürger profitieren.70 % der von den Betreibern zu ent-richtenden Steuern bleiben in denStandortgemeinden. Die in der Ge-meinde verbleibenden Steuereinnah-men oder eine Partizipation im Wegeeiner Vereinbarung mit den Projekt-trägern über geringere Energiekostensind Beispiele, die für Gemeinden lu-krativ sein können.Voraussetzung dafür ist der aktiveUmgang mit dieser erneuerbarenEnergie. Kontakte zu Investoren soll-ten frühzeitig geknüpft, Betreibermo-delle entwickelt, Interessengemein-schaften oder Genossenschaftengebildet und städtebauliche Verträgegeschlossen werden. Von der Wind-kraft partizipieren, nicht gegen dieWindkraft opponieren – das könnteein sinnvolles Motto für die Gemein-den und ihre Bürger sein.

Dass dies mitunter kein einfacherWeg ist, liegt auf der Hand. Die Inte-ressengegensätze gehen bisweilenquer durch die Gemeinden. Es istnicht leicht, Skepsis zu überwinden.Dazu ist Überzeugungsarbeit unterEinbeziehung der gesellschaftlichenGruppen zu leisten. Frühzeitige undumfassende Informationen, Einwoh-nerversammlungen, Informations-stände auf Märkten und Veranstal-tungen, Präsentationen der Projekteim Internet, die Einrichtung einer Me-diationsplattform können viele Bürgererreichen. Eine Aufgabe, die sichlohnen kann, wie es z.B. das Projekt„Energieautarkes Feldheim“ zeigt.

Fast die gesamte Bürgerschaft desDorfes Feldheim (Gemeinde Treuen-brietzen, Landkreis Teltow-Fläming)traten einer Bürgergesellschaft mitdem Ziel bei, sich unabhängig vonKohle, Gas und Öl zu versorgen.

Die Gemeinde kauft für Haushalteund lokale Betriebe die Energie fürStrom und Wärme zu günstigen Prei-sen, die aus der Biogasanlage unddem Windpark vor Ort gewonnenwerden. Mit einem Teil der Gewinnewerden auch Investitionen für ver-schiedene Infrastrukturmaßnahmenim Dorf getätigt. Das Projekt sorgtdamit zugleich für Arbeitsplätze indieser strukturschwachen Region.Feldheim wurde damit Gewinner desBundeswettbewerbes „Bioenergie-dörfer 2010“.

Über solche und ähnliche Projekteinformiert z.B die ZukunftsagenturBrandenburg (ZAB www.zab-bran-denburg.de).Auch für eine direkte Beteiligung anInvestitionen in Bürgeranlagen /Bürgerparks gibt es in Deutschland,besonders in Nordfriesland.

Lehrpfad Freisen, Ökostrom Saar

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Die Nutzung erneuerbarer Energienwird von der Mehrzahl der Bevölke-rung auch in Brandenburg unter-stützt. Nur wenn ein Windrad in un-mittelbarer Nähe des Wohnorteserrichtet, eine Hochspannungsleitungneu aufgebaut oder eine Biogasanla-ge am Dorfrand platziert werden soll,gerät die positive Grundüberzeugungbisweilen ins Wanken.

Man kann verstehen, wenn neuetechnische Bauwerke nebenan, diedas Lebensumfeld der Menschenverändern, als ungewohnt oder garbedrohlich empfunden werden. Pro-jektideen sollten deshalb frühzeitigvor Ort kommuniziert werden undnicht erst, wenn die Planungen schonweit vorangeschritten sind. Betroffe-ne sollten sich dann auch an den

Diskussionen beteiligen. Wer sichnicht äußert, kann auch nicht gehörtwerden. Jeder kann sich an den Pla-nungsprozessen zu Windeignungsge-bieten und der Errichtung einzelnerAnlagen in seiner Gemeinde beteili-gen.

Bürger im Planungsprozess

Wie können wir im Planungsprozess mitwirken?

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Planungsprozessemitgestalten

Schon bei der Entwicklung von Re-gionalplänen besteht die Möglichkeit,Anregungen und Bedenken gegen-über der Regionalen Planungsge-meinschaft zu äußern. Im Rathausder kreisfreien Städte bzw. in denLandratsämtern der Kreise werdendie Pläne für wenigstens einen Mo-nat ausgelegt. Die Regionalen Pla-nungsgemeinschaften veröffentlichendie Pläne auch im Internet, versehenmit der Mitteilung, bis wann und woStellungnahmen abgegeben werdenkönnen. Die Sitzungen der Organeder Regionalen Planungsgemein-schaften, in denen die entscheiden-den Beschlüsse gefasst werden, sindöffentlich, so dass interessierte Bür-gerinnen und Bürger die Diskussio-nen unmittelbar verfolgen können.

Auch Flächennutzungs- und Bebau-ungspläne der Gemeinden sind öf-fentlich auszulegen. Zu den Entwür-fen können sich die Bürgerinnen undBürger äußern. Die Öffentlichkeitmuss über das „Wie?“ und „Wann?“des Beteiligungsverfahrens informiertwerden, üblicherweise erfolgt dies inden kommunalen Amtsblättern oderin den lokalen Tageszeitungen. DieBeschlüsse der Gemeindevertretun-gen zu den Inhalten der Flächennut-zungspläne oder zu Bebauungsplä-nen werden ebenfalls in öffentlichenSitzungen gefasst.

Jede einzelne Stellungnahme, seienes Anregungen oder Bedenken, mussdann von der Regionalen Planungs-gemeinschaft bzw. der Gemeindegeprüft und einer Abwägung unterzo-gen werden. Bei den Planungen derGemeinden werden die Einsenderin-nen und Einsender darüber infor-miert, wie mit den Anregungen undBedenken umgegangen worden ist.

Zusätzlich zur Auslegung der Pläneim Rathaus führen viele Gemeindenfreiwillig auch Veranstaltungen wie

Bürgerversammlungen, eine Media-tionsplattform oder Zukunftswerkstät-ten durch.

Damit kann jeder Bürger seine Inte-ressen und seine Position darlegen.Die Bürgerinnen und Bürger bekom-men die Chance, sich frühzeitig undkonstruktiv in den Planungsprozesseinzuschalten.Die Gemeinde wiederum bekommtdamit die Chance, die Akzeptanz unddie Qualität der Planungen erheblichzu verbessern.

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Erfolgsmodell Erneuerbare-Energien-Gesetz

Das wichtigste Instrument zur Förde-rung der erneuerbaren Energien istdas „Gesetz für den Vorrang Erneu-erbarer Energien“ kurz „Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)“ genannt.Das im Jahr 2000 erstmals in Kraftgetretene Gesetz garantiert unter an-derem die Abnahme des Stroms auserneuerbaren Energiequellen zu fes-

ten Preisen (Einspeisevergütung).Wegen des durchschlagenden Erfol-ges dieser Regelung wurde das Mo-dell von einer Vielzahl anderer Staa-ten übernommen. Die Wirksamkeitdes EEG und die Höhe der Einspei-severgütung werden in regelmäßigenErfolgskontrollen überprüft und dasGesetz wird durch entsprechendeNovellen angepasst. Die letzte No-velle erfolgte im Juni 2011 und tratzum 01.01.2012 in Kraft.

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Wie unterstützt der Staat die Windkraftnutzung?

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Vergütungsregelung

Durch das EEG hat der Ausbau derErneuerbaren Energien eine großeDynamik erfahren. Weil die garan-tierten Einspeisevergütungen nichtnur im Rahmen der Gesetzesnovel-lierung angepasst werden, sondernauch regelmäßig in definierten Zeit-räumen sinken, sind die Investorenbemüht, Planungen möglichst raschumzusetzen, damit sie noch die hö-here Vergütung erhalten. Zugleichwird mit dieser Degression ein Anreizfür eine zügige technologische Ent-wicklung geschaffen, die durch einehöhere Produktivität die niedrigereVergütung ausgleicht. Durch die sti-mulierte Ausbaudynamik sollen letzt-lich selbsttragende Märkte entste-hen, die eine Förderung künftigüberflüssig machen.

Ein weiterer Anreiz zur Erhöhung derLeistungsfähigkeit der Windkraftanla-gen wird durch eine spezielle Förde-rung des Repowering geschaffen.Bedingung ist, dass die neuen Anla-gen im selben oder benachbartenLandkreis entstehen, die Leistungmindestens verdoppelt wird und dieAnzahl der neuen Anlagen die der al-ten nicht übersteigt.

Staatliche Förderung

Neben dem EEG gibt es keine weite-re direkte Förderung der Windener-gie, auch nicht im Rahmen der Wirt-schaftsförderung auf Landesebene.Staatlich gefördert wird jedoch dieTechnologieentwicklung und -for-schung im Bereich der Windenergie-nutzung. 37 Mio. Euro wurden 2010vom Bundesumweltministerium alsProjektfördermittel bereit gestellt.Schwerpunktbereiche waren, nebender Optimierung der Offshore-Tech-nologie, auch die Verbesserung derAnlagentechnik wie z.B. die Vermin-derung des Geräuschpegels und dieEntwicklung leichterer Rotorblätter.

Eine indirekte Förderung bewirktauch die Neuregelung zur Verteilungdes Gewerbesteueraufkommens seit01.01.2009. Während sich früher dieGewerbesteuer ausschließlich anden Arbeitslöhnen orientierte und so-mit nur den Gemeinden vom Sitz derBetreibergesellschaft zu Gute kam,wird sie neuerdings so aufgeteilt,dass das Sachvermögen zu 70 % indie Berechnung eingeht. Dadurch er-halten auch die Standortgemeindender Windparks einen beachtlichenAnteil der Gewerbesteuer. Der Anreizfür die Kommunen, Windenergie aufihrem Gemeindegebiet anzusiedeln,ist dadurch erheblich gestiegen unddie Windenergie wird kostenneutralbzw. mit Hilfe der eigenen Steuer-zahlungen der Branche effektiv ge-fördert.

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Welche Argumente gibt es

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−+► für den weiteren Ausbau der Windkraft ► gegen den weiteren Ausbau?

Kontra

• Verspargelung der Landschaft, weithin sichtbareBeeinträchtigung des Landschaftsbildes

• Wind ist nicht immer in ausreichender Stärke vorhanden

• Der Erholungswert einer Region und damit dasFremdenverkehrsaufkommen kann beinflusst werden

• Wertverlust ggf. für Immobilien in der Nachbarschaft

• Beeinträchtigungen durch „Diskoeffekt“,Infraschall und Schattenwurf

• Beeinträchtigung der Fauna (Vögel, Fledermäuse)

• Hohe Subventionskosten, die die Allgemeinheit belasten

• Speicherungsmöglichkeiten der Windenergienoch im Entwicklungsstadium

• Erforderlicher Energienetzausbau(Höchstspannungsübertragungsnetz: 220 bis 380 kV)mit regional anfallenden Kosten

Pro

• Wind wird es immer geben

• Sehr alte Technik, die bereits im Mittelalterweit verbreitet war

• Ausnutzung einer natürlichen,regenerativen Energiequelle

• Kein CO2-Ausstoß, Beitrag zum Klimaschutz

• Geringe Umweltbelastung, da keine Abfall-und Reststoffe während des Betriebes

• Unabhängig von Rohstofflieferanten

• Geringer Flächenbedarf im Gegensatzzu fossilen Energien

• Neues Wirtschaftscluster mithoher Exportrate und Arbeitsplatzschaffung

• Einnahmen aus Windkraft (z.B. Gemeindeeinnahmenin Form von Gewerbesteuern)

• Neue Technologien machen Stromaus Windkraft billiger

• Nach Aufgabe der Nutzungist ein vollständiger Rückbau möglich

• Rückbau wird durch finanzielle Rückstellung abgesichert

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Impressum

HerausgeberSenatsverwaltung für Stadtentwicklung und UmweltWürttembergische Straße 610707 Berlinwww.stadtentwicklung.berlin.de/planen

Ministerium für Infrastruktur und LandwirtschaftHenning-von-Tresckow-Straße 2-814467 Potsdamwww.mil.brandenburg.de

VerantwortlichGemeinsame LandesplanungsabteilungBerlin-BrandenburgReferat GL 3 Raumordnungsprogrammund RaumordnungspläneLindenstraße 34a14467 Potsdamwww.gl.berlin-brandenburg.de

Bearbeitung und RedaktionDolf Straub

GestaltungdeSIGN graphicWolfram PasslackAttilastraße 53 - 5912105 Berlin

DruckBrandenburgische Universitätsdruckereiund Verlagsgesellschaft Potsdam mbH,gedruckt auf FSC® zertifiziertem Papier.

1. Auflage, 5.000 ExemplarePotsdam, Februar 2012

BildnachweisTitel: Stock.XCHNG; Attilio LombardoS. 4: Klaus StuttmannS. 7 oben: nextlevel-potsdam, Michael HummelS. 7 unten: juwi Holding AGS. 8: IMSI classic artS. 9 /10 /11 oben: Karen HilbergS. 11 unten: RWE InnogyS. 12: Karen HilbergS. 13 oben: Lancier Cable GmbHS. 13 unten: ARPHENOTYPE, Dietmar KoeringS. 14: HOGLIS. 15: Stock.XCHNG; Fred FokkelmanS. 16: Stock.XCHNG; Petr KovarS. 17 oben: windmove, Christoph Ernst, Foto: Rex HoffmannS. 17 unten: nextlevel-potsdam, Michael HummelS. 18: Barbara HennigerS. 19: Stock.XCHNG; G. Schouten de JelS. 20 /21: nextlevel-potsdam, Michael HummelS. 22: Freimut WoessnerS. 24: GLS. 25: HOGLIS. 26 /27 oben: GLS. 27 unten: juwi Holding AGS. 29 oben: Karen HilbergS. 29 unten: juwi Holding AGS. 30: Karen HilbergS. 31: Barbara HennigerS. 32: Karen HilbergS. 33: Ökostrom Saar GmbH, atb-thiryS. 34: Stadtverwaltung Stadt WächtersbachS. 35 /36: Barbara HennigerS. 37: Freimut WoessnerS. 38: HOGLIU3: HOGLI

Weiterführende Quellen• Agentur für Erneuerbare Energien (AEE):

www.unendlich-viel-energie.de• Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und

Reaktorsicherheit (BMU): www.bmu.de• Bundesverband WindEnergie e.V. (BWE):

www.wind-energie.de• Deutsches Windenergie-Institut GmbH (DEWI): www.dewi.de• Landesregierung Brandenburg (2008):

Energiestrategie 2020 des Landes Brandenburg,Potsdam: www.wirtschaft.brandenburg.de

• Umweltbundesamt (UBA): www.umweltbundesamt.de

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BezugsmöglichkeitMinisterium für Infrastruktur und Landwirtschaft Referat 10– Koordinierung, Kommunikation, Internationales –Henning-von-Tresckow-Straße 2-8, 14467 [email protected]

Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und UmweltBroschürenstelleAm Köllnischen Park 3, 10173 [email protected]

Diese Broschüre wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft desLandes Brandenburg und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt des Landes Berlin von der Gemein-samen Landesplanungsabteilung herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlwerbern zum Zweckeder Wahlwerbung verwendet werden. Untersagt ist gleichfalls die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung.

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Energie aus knappen Gütern wieKohle, Öl und Gas zu gewinnen,belastet das Klima.

Die Energieversorgung auf erneuer-bare Energien umzustellen und da-mit auch den Klimaschutz voran zubringen, ist ein Thema, das sowohlBerlin als auch Brandenburg betrifft.Der Ausbau von Windparks in Bran-denburg ist ein sichtbares Zeichendafür.

Daraus ergeben sich Fragen, welchedie Bürgerinnen und Bürger aus bei-den Ländern immer wieder stellen:Wie werden die Standorte von Wind-parks festgelegt?Wie profitieren Gemeinden davon?Wie kann ich mich in Planungsver-fahren einbringen?

Diese Themen greift die GemeinsameLandesplanungsabteilung Berlin-Brandenburg mit der Broschüre auf.Damit wollen wir einen Beitrag dazuleisten, die Diskussion über die Zu-kunft der Energiegewinnung in derHauptstadtregion mit Augenmaß zuführen und das Verständnis für denAusbau der Windenergie in Branden-burg zu erhöhen.

Producing energy from scarce resour-ces like coal, oil and gas takes its tollon the climate.

Switching the supply of energy to re-newables and thereby promoting cli-mate protection is an issue that af-fects both Berlin and Brandenburg.An obvious sign of this is the develop-ment of wind farms in Brandenburg.

This throws up questions that peoplein both federal states keep on asking:What are the criteria for deciding whe-re wind farms are located? How do lo-cal authorities benefit from them?How can I become involved in theplanning procedure?

The Berlin-Brandenburg Joint Regio-nal Planning Department addressesthese issues in the brochure. Our aimis to add a sense of proportion to thedebate on the future of energy pro-duction in the region of the capital cityand increase awareness of the ex-pansion of wind energy in Branden-burg.

Pozyskiwanie energii z kurczącychsię zasobów takich jak węgiel, ropa igaz jest obciążeniem dla klimatu.

Przestawienie energetyki na odnawi-alne źródła energii i jednoczesnywkład w ochronę klimatu to tematykadotycząca zarówno Berlina jak i Bran-denburgii. Rozbudowa farm wiatrow-ych w Brandenburgii jest tego wido-mym znakiem.

Wynikają z tego pytania, które stawi-ają sobie raz po raz mieszkańcy zobu krajów związkowych: Jak ustala-ne są lokalizacje farm wiatrowych?Jakie korzyści mają z tego gminy?Jak mieszkańcy mogą wziąć udział wpostępowaniu planistycznym?

Tematy te podejmuje Wspólny Depar-tament Planowania PrzestrzennegoKrajów Berlina i Brandenburgii w ni-niejszej publikacji. W ten sposóbchcemy przyczyniać się do tego, abydyskusja na temat pozyskiwaniaenergii w regionie stołecznym Nie-miec prowadzona była z rozwagą, atakże wspierać zrozumienie dlarozbudowy energetyki wiatrowej wBrandenburgii.