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MARKTPLATZ SCHWEIZ HORIZONT 43/2017 26. Oktober 2017 33 REPORT www.horizont.net/report WIE DIE SRG DIE SCHWEIZER DAVON ÜBERZEUGEN WILL, DASS SIE GEBRAUCHT WIRD SEITE 36 FOTO: SRG / OSCAR ALESSIO No No-Billag! Mit einem dicken Plus im Rücken stellt sich das Medienhaus neu auf SEITE 44 MIGROS-MEDIEN Der Vermarkter forciert sein Smart-TV-Angebot in der Schweiz SEITE 40 GOLDBACH Erfolgsstrategie des Schweizer Marktführers mit Kult-Status SEITE 48 ZWEIFEL-CHIPS Anzeige

RE HORIZONT43/2017 26.Oktober2017PORT · KoMMbiMigros-Magazine 3182000 11 14-täglich erscheinend Beobachter 1332000 62 38 ... Quelle:Mediapulse:NewEstablishmentSurvey.Basis:TV-Haushalte

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MARKTPLATZSCHWEIZ

HORIZONT 43/2017 26. Oktober 2017 33

REPORT www.horizont.net/report

WIE D I E SRG D I E SCHWE I ZER DAVON ÜBERZEUGENWILL , DASS S I E GEBRAUCHT WIRD SEITE 36

FOTO:SRG

/OSCAR

ALESSIO

NoNo-Billag!

Mit einem dicken Plus imRückenstellt sich das Medienhaus neu aufSEITE 44

M I G RO S -M ED I E N

Der Vermarkter forciert seinSmart-TV-Angebot in der SchweizSEITE 40

GO LD B ACH

Erfolgsstrategie des SchweizerMarktführersmit Kult-StatusSEITE 48

ZW E I F E L - C H I P S

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„Es ist entscheidend,ob Sie wie wir denWandel aus einerPosition der Stärkeund desWachstumsheraus initiieren“

Lorenz Bruegger,Migros-MedienSeite 44

HORIZONT 43/2017 26. Oktober 20173434REPORTMARKTPLATZ SCHWEIZ

Das Schweizer Volk stimmt am 4. März2018 über die „No Billag“-Initiative derjungen FDP und SVP ab. Dabei geht esum die Frage, ob künftig in der Schweiznoch Gebühren für Radio und TV er-hobenwerden sollen oder nicht.Die Exis-tenz aller gebührenfinanzierten Sender –SRG und 34 Private – steht auf dem Spiel.Die Frist bis dahin ist kurz. Das erschwertdie Sache für die SRG. Laut ersten Um-fragen liegen die Befürworter der No-Bil-lag-Initiative vorn. „Es könnte eng wer-den, keine Frage“, sagte denn auch derneue SRG-Generaldirektor Gilles Mar-chand in einem Interview mit dem„SonntagsBlick“. Inhaltlich war sein Auf-tritt aber eher dürftig. Erschwerendkommt hinzu, dass die SRG keinen Ab-stimmungskampf führen darf. Aber ihreFührungscrew könnte möglichst öffent-lichkeitswirksam auftreten. Darauf hin-weisen, dass „No Billag“ letztlich „NoSRG“ bedeute, wie das Marchand tut,reicht nicht:Das klingt zuweinerlich.We-sentlicher ist, denDeutschschweizerndenNutzen der gebührenfinanzierten Medi-eninhalte für sie selbst, vor allem aber fürdie andern Sprachgruppen konkret vorAugen zu führen. Und dafür hat die SRGeigentlich vorgesorgt: indem sie ihre neueFührungscrew primär mit Personen aussprachlichen Minderheiten der Schweizzusammengestellt hat (Seite 36). Diesekönnten authentisch aufzeigen, was dieGebühren bringen.DiesenTrumpfmüss-te die SRG nun geschickt ausspielen. Mitstarken Inhalten natürlich.

SRG amZug

ZUMTHEMA

Markus Knöpfli,HORIZONT Swiss

Mit dem PAD17 tragen die Veranstalter IABSwitzerland Association, Interessengemein-schaft elektronischeMedien IGEM, LeadingSwiss Agencies (LSA) und der Schweizer Werbe-Auftraggeber-Verband SWA der Entwicklungautomatisierter Werbebuchung Rechnung, diestark wächst und im Digital Marketing anBedeutung gewinnt. Laut dem „EuropeanProgrammatic Market Sizing Report 2016“ derIAB Europe und IHSMarkit wird bereits dieHälfte des europäischen Display-Werbeein-kommens programmatisch gehandelt. Zudem

zeigt die Studie, dass der gesamte programma-tische Display-Werbemarkt in Europa ein zwei-stelligesWachstum von 42,7 Prozent von 5,7Milliarden Euro im Jahr 2015 auf 8,1Milliarden

Euro im Jahr 2016 verzeichnet hat. Zahlen in derSchweiz belegen ebenfalls einen Zuwachs: EineSchätzung der IAB Switzerland Association gehtdavon aus, dass in der Schweiz bereits über einDrittel des Display-Volumens programmatischabgewickelt wird.Der Programmatic Advertising Day startet mitzwei Keynotes von Danny Hopwood, EVP Pro-grammatic EMEA and Strategic Advisor beiPublicis Media, und Sasha Berlik, ManagingDirector EMEA bei The Trade Desk. Es folgt einPanel zum Thema „Qualität in der programma-

tischenWerbebuchung“ zwischen dem BVDW,der IAB Austria und der IAB Switzerland. Refera-te unter anderem von Astrid Guillon, EMEAProduct Lead Apps & Creatives E20 bei Google,Bernd Hauprich, Unit Director Business In-telligence & Programmatic Advertising beiSeven-OneMedia, und Alexander Gösswein,Managing Director Central Europe bei Criteo,folgen.Das gesamte Programm des ProgrammaticAdvertising Day 2017 gibt es unterwww.programmatic-switzerland.ch.

Im Fokus: Programmatic Advertising Day 2017 stellt Programm vor

HORIZONTREPORTist ein Sonderteil vonHORIZONT,

Zeitung fürMarketing,Werbung undMedien

Chefredaktion:Dr.UweVorkötter (V.i.S.d.P.),Volker Schütz, Jürgen Scharrer

Ressortleitung Schweiz: Eva-Maria SchmidtTelefon 069/7595-1676

E-Mail: [email protected]

Redaktion:Uwe Förster, VeraGünther,MarkusKnöpfli,Michael Reidel

SRG: Was von der neuen Führung derÖffentlich-Rechtlichen zu erwarten ist. 36

Leserzahlen: Der Markt ist relativ stabil –nur der Sonntagsmarkt bricht ein. 38

Vontobel: Die Bank hat mit Meta Designein neues Branding aufgesetzt. 39

Smart-TV: Goldbach forciert seinConnected TV in der Schweiz. 40

Aussenwerbung: Konnex-Chef RonnySchmid über dieOoH-Fragmentierung. 42

Wirz Activation:Daten spielen bei der Dia-logagentur in Zukunft eine grosse Rolle. 43

Migros-Medien:Mit einemPlus imRückenstellt sich dasMedienhaus neu auf. 44

Namics: Die Digitalagentur feilt an ihrerUnternehmenskultur. 45

Twint: Die komplizierte Kommunikationfür dieM-Payment-Lösung. 46

Weischer: Wie Kinovermarktung in derSchweiz in Zukunft aussehen soll. 47

Zweifel-Chips: Erfolgsstrategie des Schwei-zerMarktführersmit Kult-Status. 48

INHALT

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SRG-Generaldirektor GillesMarchand über die SchweizerGebühren-Debatte

Herr Marchand, vor zwei Jahrenmachte Roger De Weck den Pri-vaten ein 11-Punkte-Angebot, jetztsind es nur noch fünf Punkte. Wa-rum?Den damaligen Angeboten war eineher bescheidener Erfolg beschie-den. Vielleicht waren sie zu kom-plex, zu zahlreich, zuwenigpragma-tisch. Jetzt sindwir sehr konkret undeinfach. Die übrigen Punkte geltenaber weiterhin, wir haben lediglichPrioritäten gesetzt.

Ist das Ihre Strategie gegen „NoBillag“?Nein, diese Vorschläge haben nichtsmit der Volksinitiative zu tun. Ichbin einfach überzeugt, dass die SRGnochmehr und noch bessermit pri-vaten Akteuren zusammenarbeitenkann.

Reicht die Zeit, um mit diesen An-geboten durchzudringen?Die Zeit ist knapp, aber die fünf Ko-operationsangebote sind doch eineguteMöglichkeit, uns zu erklären.

Sie sind Verwaltungsrat bei Ad-meira, an dem sich die Verlegerstossen. Ändert sich hier etwas?Nein – wir sind auch nach wie voroffen für weitere Partner.Wenn sichmorgen ein weiterer Verleger beiAdmeira als Aktionär beteiligenmöchte, ist er sehrwillkommen.DieStrategie mit Admeira ist richtig: Esist der richtige Weg, gemeinsam ge-gen die internationalen Player hin-zustehen, denn wir stehen heute ineinem internationalenWettbewerb.

INTERVIEW: KNÖ

SRG-Generaldirektor Gilles Marchandsitzt im Verwaltungsrat von Admeiraund vertritt seit Jahren die SRG in derEuropean Broadcasting Union

„Sehr konkret undeinfach“

„Die Konkurrenz istlängst international“SRG-Präsident Jean-Michel Cinaüber die „Minderheitenkarte“

Herr Cina, das neue SRG-Füh-rungsteam repräsentiert diesprachlichenMinderheiten in derSchweiz. Ist das die Strategie, mitder Sie gegen die „No Billag“-Ini-tiative antreten?Wirunterstreichendamit jedenfallsdie Bedeutung unserer vier Sprach-regionen. Die SRG kann ihre Leis-tungen nur über ein solidarischesFinanzierungssystem für alle Re-gionen erbringen, denn diedeutschsprachige Schweiz finan-ziert via Gebühren auch die Pro-gramme in den andern Sprachre-gionenmit. Das ist ein sehr schwei-zerisches System.

Besteht die Option, dass die SRGeinige ihrer Kanäle aufgibt?In der heutigen digitalen und ver-netztenMedienwelt ist die Zahl derKanäle kein Kriteriummehr. UnserAnsatz ist aber die IntensivierungderKooperationenmitPrivaten. Sobieten wir zum Beispiel die tages-aktuellen Videos neu kostenlos an.Oder auch eine Technologie-Platt-form unter neutralem Brand, da-mit die verschiedenen SchweizerTV- und Radio-Sender im Netzbesser auffindbarwerden.

Sind Sie bei Admeira zu Konzes-sionen bereit?Admeira ist ja eine Antwort auf dieVeränderungen im Werbemarkt,wo Werbegelder von den Privatenund auch der SRG zu grossen In-ternetgiganten abfliessen.Hier sindwir offen für neue Mitglieder, daswurde auch immer betont. Wer je-doch die SRG schwächen will, inder Meinung, so den Privaten zuhelfen, liegt falsch. Denn die Kon-kurrenz ist längst international ge-worden. INTERVIEW: KNÖ

SRG-Präsident Jean-Michel Cina istJurist. Der 54-Jährige sass 1999 bis2005 als CVP-Nationalrat im Bundes-parlament

HORIZONT 43/2017 26. Oktober 20173636REPORTMARKTPLATZ SCHWEIZ

Die Schweizerische Radio- undFernsehgesellschaft SRG stehtvor grossen politischen He-rausforderungen: Als eigent-

liches Damoklesschwert hängt die „NoBillag“-Initiative über der SRG, ein Ver-fassungsartikel, über den die SchweizerBevölkerung im Laufe des nächsten Jah-res abstimmen wird. Die Billag ist jeneFirma, die dieGebühren für die SRGund34 lokale Radio- und Fernsehstationeneintreibt. Die Initiative richtet sich abernicht gegen die Firma, sondern fordertdie Abschaffung der Radio- und TV-Ge-bühren. Stattdessen sollen sich alle Me-dien gänzlich aus dem Markt finanzie-ren. Die SRG, die heute zu etwa 70 Pro-zent von Gebühren lebt, ist deshalb vonder Initiative besonders tangiert. Aberauch die 34 unterstützten Privatsenderdecken mit dem Gebührenanteil 30 bis50 Prozent ihrer Ausgaben.

Konzession,Mediengesetzund Streitmit Verlegern

Eine zweite Herausforderung: Per 2019steht eine Erneuerung der SRG-Konzes-sion an. Sie wird wesentliche Änderun-gen beinhalten. So will der SchweizerBundesrat den SRG-Leistungsauftragkonkretisieren. Dazu gehört zum Bei-spiel der Auftrag, die Jungen besser zuerreichen, auch will er erhöhte Anforde-rungen an die Integrationsleistungen imBereich Unterhaltung stellen. Doch dieKonzession wird auch noch in eine öf-fentliche Anhörung gehen. Und da wer-den mit Sicherheit Abstriche am bisheri-genAngebot der SRG gefordert. Schliess-lich ist vorgesehen, das bestehende Ra-dio- und Fernsehgesetz zu einem Gesetzüber elektronische Medien weiterzuent-wickeln. Was dabei herauskommt, ist of-fen und auch abhängig von der „No Bil-lag“-Abstimmung.

Dazu kommt ein Streit mit einemGrossteil der Verleger über die Vermark-tungsallianz Admeira von SRG, Swiss-com und Ringier. Den Verlegern ist derVermarktungsriese ein Dorn im Auge,weil auch Daten der staatlich beherrsch-ten Swisscom verwendet werden. Sie for-dern, dass diese Daten allen Interessen-ten zugänglich sein sollen.Kurzum: Die SRG ist an allen Enden

gefordert, von der veränderten Nutzungihrer Inhalte, der immer zahlreicherenTV-, Radio- undOnline-Konkurrenz so-wie von denVerlusten vonMarktanteilenbei der TV-Werbung ganz zu schweigen.

Minderheitenvertretergehen voran

Mitten in diesen heissen Auseinanderset-zungenmusste die SRG nun ihre gesamteFührungscrew auswechseln – altersbe-dingt. Dass der neuenZusammensetzunggrösste Bedeutung zukommt, war allenBeteiligten klar. Mittlerweile ist das neueGespann, mit dem die SRG in die wohlheisseste politische Phase ihrer Geschich-te eintreten wird, im Amt: So hat die alsVerein organisierte SRG seit dem 1. Maimit Jean-Michel Cina, 54, einen neuenPräsidenten. Der frühere Politiker ausdem zweisprachigen Kanton Wallis ge-hört wie Medienministerin Doris Leut-hard der Christlich-DemokratischenVolkspartei an.Vor wenigen Wochen, am 1. Oktober,

trat zudem Gilles Marchand (55) alsNachfolger von Roger DeWeck den Pos-ten des SRG-Generaldirektors an. DerRomand war zuvor Direktor von RTS,dem Westschweizer Zweig der SRG, so-wieDeWecks Stellvertreter.Als neue Stellvertreterin des General-

direktors wurde zudemdie RätoromaninLadinaHeimgartner, 37, ernannt, bis vorkurzem noch Direktorin von Radiotele-visiun Svizra Rumantscha.Damitwirdoffensichtlich,wie sichdie

SRG für den Abstimmungskampf gegen

die „No Billag“-Initiative wappnet: In-dem sie Vertreter der sprachlichen Min-derheit an die Front schickt. Da dieseglaubwürdiger als jeder Deutschschwei-zer erklären können, wie sehr die Min-derheiten auf das viersprachige Angebotder SRG angewiesen sind.

Mit fünf Vorschlägen aufdie Verleger zu

Wie diese Minderheitenkarte ausgespieltwird, zeigte sich schon am 6. Oktober, ander ersten Pressekonferenz des neuenFührungsteams. Dabei wies Heimgart-ner darauf hin, dass „die Rätoromanenniemals ein elektronisches Medienhausaus eigener Kraft finanzieren könnten“.Und Marchand doppelte nach, indem erdie Gebühren als „solidarischen Mittel-Ausgleich“ bezeichnete, der allen Sprach-regionen gleichwertige audiovisuelleLeistungen ermögliche.Ein weiterer Punkt in der Strategie ge-

gen „No Billag“: Die SRG will den Streitzwischen SRG und Privaten stoppen, in-dem man Letztere mit fünf Angebotenins Boot holt. Neu sind diese Angebotenicht, die meisten hatte De Weck schonpräsentiert. So dürfen private Medien-häuser per sofort und gratis Videobeiträ-ge der SRG im Bereich News verwenden,und Privatradios können die stündlichenSRG-Radionachrichten übernehmen.Ferner stellt die SRG ihre Videoplayer-Technologie für eine gemeinsame TV-Plattform zur Verfügung, engagiert sichfür Medien-Innovationen an Hochschu-lenundUniversitäten sowiebei einerme-dienübergreifendenOnlinemessung.Was allerdings erstaunte: dass das

neue Führungsteam an der Pressekon-ferenz kein Wort zu Admeira oder derForderung nach Angebots-Beschrän-kungen sagte. Offensichtlich ist man hierzu keinenAbstrichen bereit.

„AndenKonfliktzonenvorbei“

Die Reaktionen liessen denn auch nichtlange auf sich warten. Diese fielen ge-mischt aus. Schon am 6. Oktober unter-zeichnete die Unikom, der Verband dernicht kommerzorientierten Lokalradios,mit der SRG eine Vereinbarung zur Ver-wendung der SRG-Radionews.Kritischer reagierte der Verband

Schweizer Medien (VSM), dem ausserRingier die meisten Medienhäuser an-gehören. Dieser begrüsste zwar die An-gebote und bot auch Hand zur Diskussi-on: „Insbesondere im Konflikt rund umAdmeira wären Gespräche über einewirkliche Branchenlösung angezeigt“,schrieb er. Der VSM bemühe sich seitMonaten um einen solchen Austausch.Doch der Verwaltungsrat von Admeira,„in dem auch Gilles Marchand sitzt“,weigere sich. Letztlich aber erwarte derVSM von der SRG „ernst zu nehmendeSchritte in Richtung Selbstbeschränkungund Vermeidung vonMarktverzerrung“.VSM-Geschäftsführer Andreas Häuptliliess (zudem) über Twitter verlauten:„Kooperationsvorschläge #srg ausser-halb Konfliktzonen: Gespräche zu #ad-meirawerden #vsmverweigert.“

VonMarkus Knöpfli

FOTOS:SRGHeisse Phase

Am 1. Oktober trat der neue SRG-Generaldirektor Gilles Marchandsein Amt an, fünf Monate zuvor der neue SRG-PräsidentJean-Michel Cina. Was von der neuen SRG-Führung zu erwarten ist

●2011sorgte RogerDeWeck bei der SRGwiederfür schwarze Zahlen, nach fünf Jahren in FolgemitDefiziten. 2012 und 2015 schrieb die SRG aberauch unter DeWeck wieder rot.

●VonAnfangan schlugDeWeckdenVerlegernKooperationenvor. Sowarerbereit,denVerlegernunterbestimmtenVoraussetzungenetwasvonderTV-Werbung abzutreten. Oder sie – falls der SRGOnlinewerbung erlaubt würde – an den entspre-chendenEinnahmenpartizipieren zu lassen.Dochder Verband Schweizer Medien (VSM) lehnterundweg ab. Stattdessen fordert er eine Neude-finition des Service public, weniger Gebühren undeine werbefreie SRG.

● 2012musste De Weck eine Niederlage einste-cken: Der Bundesrat verfügte ein „vorläufiges“Onlinewerbeverbot. Auch die Publizistik auf demOnlineportal wurde eingeschränkt. „Die SRG sollim Internet keine Zeitung publizieren“, sagte Me-dienministerin Doris Leuthard.

● 2015 ging es in einer Volksabstimmung umdieFrage, ob die Radio- und TV-Gebühren in eine

allgemeine Haushaltabgabe umgewandelt wer-den sollen. DeWeck und die SRGweibelten dafür– und siegten, aber nur hauchdünn mit 50,8Prozent Ja-Stimmen. Im selben Jahr musste DeWeck aus finanziellen Gründen bei der SRG einenAbbau von 250 Stellen sowie programmliche undqualitative Abstriche ankündigen.

● Kurz nach der Abstimmung durchbrachRingier die Verleger-Front: Zusammen mit SRGundSwisscomgründetedasMedienhausdieWer-beallianz Admeira – was zum Bruch zwischenRingier und dem VSM führte.WoimmerDeWeckauftrat,warerseinenGegnernrhetorisch überlegen. Unvergesslich sind eine„Arena“-Sendung im Jahr 2015 zum Thema Ser-vice public sowie die vomVSM veranstaltete ersteService-public-Konferenz 2016. Allerdings wirkteder bisweilen langfädig argumentierende SRG-Generaldirektor etwas gar aristokratisch und leh-rerhaft.

● 2016 begannen erste Verlage, darunter auchdie NZZ, News-Videos der SRG auf ihrenWebsiteseinzubauen.

Meilensteine der Ära De Weck

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HORIZONT 43/2017 26. Oktober 20173838REPORTMARKTPLATZ SCHWEIZFOTO:MITRIJA

/FOTOLIA

Sonntags dickesMinusDie Schweizer Leserschaftsstudien weisen – mit ein paar Ausnahmen – relativstabile Nutzerzahlen aus. Allerdings bricht der Sonntagsmarkt ein

VonMarkus Knöpfli

Von den 232 in der Print-Leser-schaftsstudie Mach Basic2017-2 aufgeführten Deutsch-schweizer Zeitungen, Zeit-

schriften undTitelkombinationenweisen32 (14 Prozent) gegenüber Vorjahr einesignifikante Reichweitenveränderungaus. Das ist so wenig wie seit 2013, demStartjahr der aktuellen Studienreihe,noch nie. Das zeigt: Momentan herrschtan derDeutschschweizer Printfront etwasEntspannung.

Drei Titel legten deutlich zu

Zumal nicht alle Veränderungen negativausfielen. Es gibt tatsächlich drei Titel, dieihre Printreichweite auch deutlich stei-gern konnten: Die Konsumentenzeit-schrift „Gesundheitstipp“ (plus 10 Pro-zent), das Elternmagazin „Fritz undFränzi“ (plus 16 Prozent) sowie die Gra-tiswochenzeitung „Tagblatt der Stadt Zü-rich“ (plus 19 Prozent). Ringiers jungerErfolgstitel „Landliebe“ hingegen, der inden letzten dreieinhalb Jahren seine Le-serschaft jeweils von Studie zu Studie sig-nifikant ausbauen konnte, scheint nunden Zenith erreicht zu haben: Den vorsechs Monaten erzielten Höhepunkt mit684000 Lesern hat das Magazin hintersich gelassen und steht mit neu 647000Lesern wieder etwa dort, wo es vor einemJahr schonmalwar.Andere Titel, die in den letzten Zeit

nur schrittchenweise nachgaben, muss-ten jetzt plötzlich starke Reichweitenein-bussen hinnehmen: Allen voran der „Ta-ges-Anzeiger“ (minus 9 Prozent), die„Schweizer Familie“ (minus 8 Prozent)oder die „SonntagsZeitung“ (minus 7Prozent). Dies habe unter anderemdamit

zu tun, dass Tamedia bei allen drei Titeln„die Gratisauflage kontinuierlich zurück-fährt und den Fokus vermehrt auf Be-zahlmodelle setzt“, teilte Konzern-Spre-cherinNicole Bänningermit.Nicht zum ersten Mal zu den Gross-

verlierern gehören dagegen Ringiers„Blick“ und „Blick am Abend“ sowie Ro-ger Köppels „Weltwoche“. Bei Letzterersetzte der Leser-Exodus genau dann ein,als Köppel 2015 offiziell der Schweizeri-schen Volkspartei (SVP) beitrat und Na-tionalrat wurde. Das haben offenbarzahlreiche Abonnenten nicht geschätzt.Jedenfalls sind seither 55000 Leser (22Prozent) abgesprungen. Doch KöppelsMarketingchef Guido Bertuzzi schweigtzu dieser These. Man habe den Rückgangzwar analysiert, wolle ihn aber nichtkommentieren, sagte er auf Anfrage.

Ein Fünftel wenigerSonntagsleser

Zweifellos den grössten Aderlass musstedieses Jahr der Deutschschweizer Sonn-tagzeitungsmarkt hinnehmen, der vorkurzem noch Sonntag für Sonntag 2,3Millionen Kontakte generierte: Doch vorsechs Monaten stellten zuerst die AZMe-dien ihre „Schweiz am Sonntag“ ein, wo-durch sonntags auf einen Schlag 345000Printleser wegfielen. Am 29. Oktober2017 wird nun die NZZ-Mediengruppeauch noch die gedruckte Ausgabe ihrer„Ostschweiz amSonntag“ einstellen,wes-

halb noch einmal 126000 Printleser weg-fallen. Damit kommen den Werbeauf-traggebern in nur einem Jahr insgesamt501000 Kontakte oder 22 Prozent dersonntäglichen Print-Bruttoreichweite ab-handen – durch die „normale“ Leserero-sion (primär bei „SonntagsBlick“ und„SonntagsZeitung“) und vor allem durchdie erwähntenTitel-Einstellungen.

BlocherscheZeitungsgruppe bleibt stabil

Von gewissem Interesse dürfte auch dieEntwicklung jener 25 Gratiswochen-Zei-tungen sein, die SVP-Stratege ChristophBlocher im Laufe dieses Jahres von derOstschweizer Verlegerfamilie Zehnder er-standen hat. Hier ist anzumerken, dasseiner dieser Titel (die „Unterland-Zei-tung“) erst dieses Jahr startete und des-halb noch nicht ausgewiesen wird. Dieübrigen 24 Titel zählen aktuell insgesamt712000 wöchentliche Kontakte, 23000weniger als noch vor vier Jahren. DieReichweite der Gruppe (inklusive einigergeringfügiger Überschneidungen) be-trägt in derDeutschschweiz14,1Prozent.

Gesamtschau auf Print-undOnline-Nutzer

Neben der Mach Basic publiziert die AGfür Werbemedienforschung (Wemf) zu-sammenmit der Internetforschung NET-Metrix jeweils auch noch die ebenfalls

halbjährliche Studie Total Audience (TA),die seit 2015 für rund 30 Zeitschriften undZeitungen die Gesamtreichweiten (PrintundDigital) ausweist – überschneidungs-frei. Im Gegensatz zu den reinen Print-reichweiten der Mach Basic ermöglichtdie TA somit zumindest für die teilneh-mendenTitel eine ganzheitlichere Schau.Und bei den Gesamtreichweiten hat

sich – von wenigen Ausnahmen abgese-hen – seit dem Jahr 2015wenig bewegt. Inden meisten Fällen ist zwar wie bei Printein Abwärtstrend feststellbar, allerdingsnur ein leichter.Innerhalb eines Jahres mit minus 5

Prozent am meisten Gesamtreichweiteverloren hat der „Tages-Anzeiger“ – pri-mär, weil, wie oben erwähnt, Printleserabgesprungen sind. Er steht deshalbpuncto Gesamtreichweite wieder dort,wo er schon vor zwei Jahrenwar, wobei erunterdessen den Anteil seiner reinen On-line-User um ein Fünftel auf 203000 Per-sonen ausgebaut hat (siehe Tabelle).Über zwei Jahre gesehen sind es al-

lerdings die „Blick“-Gruppe und die„Schweizer Illustrierte“, die starke Re-duktionen hinnehmen mussten: Die„Blick“-Gruppe hat 114000 Nutzer weni-ger als 2015, die SI 88000Nutzerweniger.Wesentlich steigern konnte sich nur

der „Beobachter“ – um 86000 Nutzer in-nert zweier Jahre.

NZZ steht amAnfang

Doch abgesehen von den absolutenReichweitenzahlen interessiert auch, wiesich die Gesamtreichweite der TA zurPrintreichweite der MACH Basic verhält.Und hier führt unter den Tageszeitungender „Tages-Anzeiger“, weist er doch dankseiner reinen Online-User ein Reichwei-ten-Plus von 48 Prozent auf, gefolgt vonder Gratiszeitung „20 Minuten“, die miteinem Plus von 47 Prozent gleichauf liegtwie die „Blick“-Gruppe. Bei Letzterersind allerdings Tages- und Wochentitelgemeinsam erfasst.Ein besonders hoher Reichweitenzu-

wachs dank Online ist bei den Medien-marken „Handelszeitung“ (74 Prozent)und „20 Minuten Friday“ (72 Prozent)festzustellen. Bei beiden Wochenzeit-schriften macht denn auch der Anteil derreinen Online-User mit 43 beziehungs-weise 42 Prozent schon fast die Hälfte derGesamtnutzerschaft aus. Demgegenüberweisen die wöchentlichen Kundenzeit-schriften vonCoop undMigros nur gera-de einen Online-Nutzeranteil von je ei-nemProzent aus. Undmit einemOnline-Nutzeranteil von 15 Prozent steht auchdie Weltmarke NZZ (hier sind Tages-,Wochen- und Monatstitel gemischt er-fasst) noch eher am Anfang der digitalenTransformation.

Quelle: MACH Basic 2017-2 / Total Audience 2017 / NET-Metrix Profile 2017-2 HORIZONT 43/2017

Online gleicht Printverlust aus

Entwicklung der Print- und Online-Reichweiten

GesamtreichweitePrint + Online

Reichweiten-Plusdank Onlinein Prozent

Anteil reineOnlinenutzerin Prozent

Tageszeitungen

Tages-Anzeiger 621 000 48 33

20 Minuten D-CH 1 997 000 47 32

Basler Zeitung 151 000 45 31

Berner Zeitung/Der Bund 406 000 26 20

Nordwestschweiz 444 000 20 16

Luzerner Zeitung 327 000 14 12

St. Galler Tagblatt 311 000 13 12

Blick am Abend 685 000 12 11

gemischte Titelgruppen

Blick, SonntagsBlick, Blick am Abend 1 863 000 47 32

NZZ, NZZ am Sonntag, NZZ Folio 826 000 18 15

2x wöchentlich erscheinend

Finanz und Wirtschaft 131 000 44 31

Wochenzeitschriften

Handelszeitung 136 000 74 43

20 Minuten Friday 736 000 72 42

Schweizer Illustrierte 734 000 20 17

Tele 389 000 8 7

Coop-Presse 3 448 000 1 1

KoMMbi Migros-Magazine 3 182 000 1 1

14-täglich erscheinend

Beobachter 1 332 000 62 38

Sonntagszeitungsmarkt leidetDie grössten Reichweiten-Gewinner und -Verlierer in einem Jahr

Gesundheitstipp

Fritz + Fränzi

Tagblatt der Stadt Zürich

NZZ Folio

Weltwoche

CoopZeitung

SonntagsZeitung

Tages-Anzeiger

Style

Schweizer Familie

Blick am Abend

Das Magazin

Blick

Quelle: Mach Basic 2017-2 und 2016-2 HORIZONT 43/2017

−62 000

−59 000

−56 000

−52 000

−46 000

−43 000

−43 000

−41 000

−35 000

−33 000

20 000

24 000

40 000

Basic 2017-2/2016-2

Verluste Gewinne

●MACH Basic 2017-2: erhoben von derAG für Werbemedienforschung (Wemf) / Er-hebungszeitraum vom 6. April 2016 bis 26.März 2017 / rund 19000 Interviews undOnlineabfragen pro Jahr.● Studie Total Audience 2017-2 (TA): ge-nutzte Datenquellen sind MACH Basic2017-2 und NET-Metrix-Profile 2017-1.●NET-Metrix Profile 2017-1: wurde imJuni 2017 herausgegeben und vom 1. Ok-tober 2016 bis 31. Dezember 2016 erhoben.Fürdie vorhergehendenTA-Studienverschie-ben sich die Erhebungszeiträume jeweils umein halbes Jahr nach vorn.

Studien

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Was ist der Status bei Smart-TV?Der Markt ist heute an einem Wende-punkt.Vergleichbar ist dasmit der Situati-on, die wir vor zehn Jahren bei denSmartphones hatten. Da gab es schonModelle vonNokia, nur wurden diese we-nig genutzt, weil es technisch zu kom-pliziert und wenig intuitiv war. Mit demerste iPhone kam der Durchbruch. An ei-nem ähnlichen Punkt befinden wir unsjetzt auch bei den Smart TVs. Die Gerätesind so weit entwickelt, dass ein unkom-plizierter und intuitiver Einstieg möglichist. Wir sind der Ansicht, dass sich da-durch der Werbemarkt auf Smart TVschnell weiterentwickelnwird.

Noch ist das ja eher zögerlich?Das Ziel ist letztlich, den KonsumentenimWohnzimmer zu erreichen. In derVer-gangenheit musste man den Konsumen-ten vom linearenTVauf ein anderesGerät– einen Second Screen wie Handy oderLaptop – lotsen. Jetzt kannman ohneMe-dienbruch kommunizieren. Audi oderMercedes erzählen ihre Geschichte nunnicht außerhalb des Fernsehensweiter. Siehaben ihren eigenen Kanal, ihr eigenesAudi oder Mercedes TV. Solche Markensind Vorreiter, aber sie werden einen Me-too-Effekt auslösen; weitere Unterneh-men werden folgen. Wir haben mit Neffbereits einen Hausgeräte-Hersteller ge-winnen können. Die Volks- und Raiffei-senbanken sind vor kurzem mit einerSmart TVApp gestartet. Die Entwicklungfür den Konsum von Bewegtbild geht aufeinGerät – auf denBig Screen.

Wie vieleMenschen nutzen Smart-TV?Laut GfK haben in Deutschland bis Ende2017 mehr als 56 Prozent der Haushalteeinen Smart TV,man geht davon aus, dassbis zu 34 Prozent aller Haushalte diesenauch regelmäßig nutzen. Wir erleben inderBrandworld, die auf SamsungGerätenvorinstalliert ist, dass 60 Prozent der Nut-zer diese in den ersten vier Wochen auchmindestens einmal aktiv verwenden.Gehtman davon aus, dass in der Dachregionjedes Jahr zwischen 8 und 9 MillionenSmart TV verkauft werden, ist die Ab-deckung bis ins Jahr 2020 nahezu flächen-deckend. Damit ist die kritische Masse injedem Fall so weit überschritten, dassMarken Smart TV in Zukunft in ihreMe-diaplanung mit einbeziehen und denNutzern personalisierte Inhalte zukom-men lassenwollen.

Nun nehmen Sie die Schweiz in Angriff.Wie sehen Sie dasMarktpotenzial hier?Wenn man es ganz simpel rechnet, um-

fasst die Schweiz ungefähr ein Zehntel desMarktpotenzials des deutschen Marktes.Für Smart TV ist das Potenzial aber grö-ßer. Die Verbreitung internetfähiger TV-Geräte ist schon weiter vorangeschrittenals in Deutschland und Österreich. Al-lerdingsmüssen wir denMarkt hier etwasdifferenzierter betrachten, weil hier einigegroße Set-Top-Boxen-Hersteller immernoch eine relative Hoheit über die Kon-sumentenansprache haben. Mit der neu-esten Generation der Smart TVs löst sichdas aber mehr und mehr auf. Die Nutzerhaben die Smart-TV-Angebote heute be-reits automatisch auf ihrem Fernsehgerät.Die Affinität für diese Inhalte ist in derSchweiz aber grundsätzlich höher als inDeutschland undneueTechnologienwer-den in der Regel schneller angenommenals in anderenMärkten.

Und wie ist das Interesse bei den Wer-bungtreibenden?Wir erwarten auch von dieser Seite relativgroße Nachfrage nach diesem neuen Me-dium, deswegen gehen wir das im neuenJahr auchmassiv an.Hier bestätigt uns dieaktuelle FOMA-Studie des BDVW, dieConnectedTVeinüberdurchschnittlichesWachstum von über 25 Prozent für 2018gegenüber 2017 prognostiziert.

DieWerbeausgaben in der Schweiz sindrückläufig, bei welchem Medium wol-len Sie räubern? Bei TV?Tatsächlich glaube ich, dass Smart TVeher zulasten von Social Media geht, da-mit erzielt man zwar letztendlich vielReichweite, aber Interaktion und Res-ponse lassen oft zu wünschen übrig. DasBudget für lineares TV wird durch non-lineares ergänzt, weil man hier, ohne dasMediumzuwechseln, echte undmessbareInteraktion erzielen kann und somit Sy-nergien aus quantitativer Reichweite undqualitativer Reichweite erreichen kann.

Oder die Gelder wandern doch von Li-near zu Non-linear. Haben Sie wirklichkeine Angst, sich zu kannibalisieren?Noch nimmt der TV-Konsum zu. InDeutschland etwa kommt zu den unvor-stellbaren 212 Minuten täglichen TV-Konsums noch on top die Nutzungszeitfür non-lineares Bewegtbild dazu. Aberklar, irgendwann wird die non-lineareNutzung die lineare kannibalisieren. DieZeit, die man für Medien übrig hat, ist janicht unbegrenzt. Die letzten Studien ausden USA weisen schon einen höherennon-linearen Bewegtbildkonsum als ei-nen linearen aus. Dieser Trend wird sichauch bei uns zeigen. Je attraktiver die In-

halte sind, desto mehr werden die Men-schen non-linear schauen. Auch hier wer-den wir eine analoge Entwicklung zuMo-bile sehen. Derzeit gibt es zwei MillionenApple-Applikationen, im ersten Jahr gabes knapp 5000. Für Apple TVwurden bis-her circa 6000 Smart-TV-Applikationenentwickelt, die Anzahl der Apps bei Ama-zon Fire TV und den Consumer-Electro-nics-Herstellern liegt in etwa in der glei-chenGrößenordnung.Das ist nur derAn-fang. Die Vielzahl an neuen Angebotenwird schlichtweg dafür sorgen, dass dieZahl der Wettbewerber für das lineareFernsehen stetig wächst.

Sie stellen sich alsomit eigenenAngebo-ten dafür auf, wenn ihr Ursprungsme-dium linear abgelöst wird?Letztendlich ist der Anspruch, den Unter-nehmen ein Angebot zu liefern, wo sieihre Zielgruppen bestmöglich erreichenkönnen. Und dieses Angebot muss mess-bar und skalierbar sein und idealerweiseauch noch programmatisch adressierbar.Da bricht eine komplett neue Ära an unddas passt ganz hervorragend in das Port-folio der Goldbach-Gruppe. Wir habenuns schon sehr frühzeitig im Bewegtbild-segment breit aufgestellt, mit TV, SmartTV,Online undDOoH.

Haben große Sender, die nun langsamauch smart werden, nicht Vorteile?Ich denke, wir sind im Vorteil. Wir bietenjetzt schon ein attraktives Inventar, wäh-rend sich die Sender noch damit beschäf-tigen, wie sie ihren eigenen Broadcast aufSmart-TV diversifizieren. Die Vermark-tung der Sender konzentriert sich ja auchweitgehend noch auf Hbb-TV. Für uns istdas neue Medium eine Chance, neuenContent auf Augenhöhe mit großen Sen-dern zu präsentieren.

Erst zählt Geschwindigkeit, dann Grö-ße.Werden Anbieter von TV und SmartTV irgendwann zusammengehen?Das wird wohl zwangsläufig so kommen.Man kann ja auch kooperieren. Wir ver-markten bereits jetzt die Schweizer Wer-befenster vonRTL.Mankannnicht sagen,was in drei bis vier Jahren ist, undmuss injede Richtung denken.Wir sind der festenÜberzeugung, dass ein Anbieter wieGoldbach sich in sehr viele Richtungenbewegen kann, während die großen Play-er sich mit ihrem Kerngeschäft beschäfti-gen und diese neuen Wege nicht gehenkönnen. Das ist unsere Chance. Undwenn der Markt eine entsprechende Di-mension hat, kann man gute Synergienfinden.

Noch immer schauenDeutsch-Schweizer imSchnitt 118Minuten fern proTag – das ist nur leicht weni-

ger als noch vor 30 Jahren. Verändert ha-ben sich allerdings die Sehgewohnheiten:Zeitversetztes Fernsehen und Streaminghalten zunehmend Einzug in denWohn-zimmern. Knapp 57 Prozent der Schwei-zer verfügen über ein internetfähiges TV-Gerät, Tendenz stark steigend,wennmander Goldbach Group glaubt. Mit derdeutschen Tochter Goldbach Smart TVhat sich das Küsnachter Unternehmen inDeutschland bereits als Full-Service-Spe-zialist für die Vermarktung von Smart-TV-Portalen aufgestellt. Für Samsung-Geräte etwa hat das Unternehmen dieBrandworld entwickelt. Auf den Con-nected TVs des Unterhaltungselektro-nik-Konzerns erscheint beim Öffnen desApp-Stores die Brandworld-Kachel stetsauf dem Start-Bildschirm.Rund 50 Apps sind in dem Pool bereitsvereint, neben Inhalteanbietern steuerndort Marken ihre Anwendungen bei –darunter Autohersteller wie Peugeot,Mercedes und Audi, aber auch der Haus-haltsgerätehersteller Neff und die Volks-und Raiffeisenbanken sind dort mit ih-rem eigenen Programm vertreten. ZumJahresende soll das Angebot nun auch inder Schweiz und Österreich starten. Wiesich das Segment Smart-TV in dennächsten Jahren entwickeln wird undwelche Rolle die Goldbach Group dabeieinnehmenwill, erklärtGerdWeiner,Ge-schäftsführer der Goldbach Smart TVGmbH, im Interview.

Von Vera Günther

FOTOS:GO

LDBACH

Fast jeder Zweite hat einen Smart-TV

TV-Geräteausstattung in der Schweiz

Quelle: Mediapulse: New Establishment Survey. Basis: TV-Haushalte HORIZONT 43/2017

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HORIZONT 43/2017 26. Oktober 20174040REPORTMARKTPLATZ SCHWEIZ

GerdWeiner ist Geschäfts-führer der Goldbach Smart TVGmbH. Die deutsche Tochterder Schweizer GoldbachGroup ist Full-Service-Spezia-list für die Vermarktung vonSmart-TV-Portalen und -Appssowie der HbbTV-Angebotevon TV-Sendern. Mit derBrandworld hat Goldbachzusammenmit Samsung eineeigene App entwickelt, die alsInhalte-Pool für Marken dient.Der Launch der Brandworld inder Schweiz ist zum Jahres-ende geplant. Mit einemUmsatz von knapp 495Millionen Schweizer Frankengehört die Goldbach Group zuden führenden Vermarkternprivater elektronischer Medienmit Fokus auf TV, Radio,Digital Out-of-Home, OnlineundMobile. Die GoldbachGroup hat ihren Sitz in Küs-nacht und ist in der DACH-Region aktiv.

Goldbach Smart TV

Gerd Weiner ist Geschäft-

führer bei Goldbachs Smart-

TV-Tochter

In Deutschland hat Goldbach sein Smart-TV-Angebot bereits etabliert. Zum Jahresendewill der Vermarkter Connected TV auch inder Schweiz forcieren.

„DerMarktist an einemWendepunkt“

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HORIZONT 43/2017 26. Oktober 2017 41REPORTMARKTPLATZ SCHWEIZ 41

Eigentlich läuft es gut bei der BankVontobel. Genau dieses „eigent-lich“hat die Führungdes Finanz-instituts aber gestört. „Unsere

Positionierung war bisher ausreichend,um auf die Shortlist zu kommen; DieMarkenpräferenz reichte aber nochnicht,um automatisch ausgewählt zu werden“,sagt Patrick Farinato, Global Head ofMarketing & Communication bei Von-tobel. Grund dafür konnte nicht die Per-formance der Bank sein, dafür sind dieBilanzen zu gut. Nach Ansicht von Fari-nato war es der bisherige Auftritt, machteer doch zuwenig deutlich,wofür dieBanksteht. Abhilfe soll ein neues Brandingschaffen, das Vontobel mit der ZürcherAgenturMetaDesign erarbeitet hat.Ziel des neuen Auftritts ist es, in der

austauschbaren Finanzbranche klarer zumachen, welchen Kundennutzen Vonto-bel bietet, und im Kundenerlebnis spür-

bar zu machen, wodurch sich die Bankdifferenziert. Verdeutlichen sollen das dieWerte „Ownership“, Foresight“ und „Te-nacity“, die für eigenverantwortlichesHandeln, unerschütterlichen Glauben andie Möglichkeiten der Zukunft und dieFähigkeit, Chancen auch gegen den Kon-sens konsequent zu verfolgen und für dieKunden erfolgreich zu nutzen, stehen.Der geschärften Identität ein Gesicht

geben soll der neu gestaltete Markenauf-tritt, der neben einem Logo, das einzigaus der Wortmarke „Vontobel“ besteht,ein Farbspektrum für alle Gestaltungs-elemente und kommunikativen Mass-nahmen, das die Farben des Familien-wappens der 100 Jahre alten Bank auf-greift, den Ausbau des digitalen Ange-bots, Führungsgrundsätze und einEmployer Branding umfasst. „Eine starkeund konsistent umgesetzte Marke istnicht zuletzt in der heutigen digitalenWelt ein wesentlicher Teil des Kunden-erlebnisses und damit ein differenzieren-der Wettbewerbsfaktor“, sagt Farinato.

Ein pointierter Auftritt seidabei ein Signal und einVer-sprechen an den Kundenund damit für Vontobelauch Antrieb und Verpflich-tung. „Der neue Auftrittzeigt auch, dass es uns nichtum ein neues Vontobel ging,sondern um eine Weiterent-wicklung einer starkenMar-ke in die Zukunft“, so Fari-natoweiter.Wirken soll der neueAuf-

tritt nicht nur auf potenzielleKunden der Bank, sondernauch auf die Beschäftigtenund Bewerber. Die Mitar-beiter waren deshalb seitdem Start des Branding-Prozesses eingebunden.Mittels Befragung der in denvergangenen zehn Jahrenauf rund 1700 fast verdop-pelten Belegschaft zeigtesich, dass vor allem das beiVontobel mögliche, eigen-verantwortliche Handelnein Differenzierungsmerk-mal darstellt.Um intern zu erklären,

wie wichtig das Brandingund die Rolle der Mitarbei-ter für die auf das Jahr 2024ausgerichtete Strategie derBank ist, wurden 69 Mar-kenbotschafter bestimmtund hat sie in 160 Work-shops mit 1685 Teilnehmerndarüber berichten lassen.„Wir wollten nicht einfacheinen Branding-Prozess auf-setzen. Neben der externenProfilschärfung ging es auchum eine interne, nach vornegerichtete Standortbestim-mung“, sagt Farinato.

Von Eva-Maria Schmidt

Die ZukunftimVisierDie Bank Vontobel hat mit Meta Design ein neues Brandingerarbeitet, das Tradition und Moderne verbinden soll

Schönstes Kompliment für den neuen Auftritt bisher: „Es sieht nichtaus wie eine Bank, sondern wie ein Hightech-Unternehmen“

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HORIZONT 43/2017 26. Oktober 20174242REPORTMARKTPLATZ SCHWEIZ

wird fürs Medium Plakat nicht nur po-sitive Folgen haben.

Ihr Fazit am Ende der Analyse lautetdenn auch: „Weniger Innovationen,grösserer Margendruck, höhere Kom-plexität für Einkauf und Planung, be-grenztes Wachstum: Die Mediengat-tung Out-of-Home wird komplexer,aber auch teurer.“ – Gehen wir dasPunkt für Punkt durch: Warum drohenbei einer stärkeren Fragmentierungwe-niger Innovationen?Nehmen wir das Beispiel Deutschland,wo der Plakatmarkt viel aufgesplitteter ist

und einen geringeren Marktanteil hat.Ein Grund: Die vielen Player müssenmehr in die Marktbearbeitung investie-ren und haben weniger Geld fürs Medi-um an sich. Ähnliches wird auch auf unszukommen – nicht kurzfristig, aber mit-tel- bis langfristig. Es ist mir wichtig, dassman diese Aspekte auch sieht. Hinzukommt, dass die Vermarkter bei zuneh-mender Fragmentierung mehr Geld auf-wenden müssen, um für die wachsendenAbgaben an die Konzessionsgeber aufzu-kommen – weiteres Geld, das demMedi-umPlakat entgeht.

Andrerseits sagten Sie eben selbst:Wett-bewerb belebt den Markt. Und mehrWettbewerb führt doch zu mehr Inno-vation.Das will ich nicht ausschliessen. Zumin-dest kurzfristig nicht. So birgt der digitaleBereich zweifellos ein Wachstumspoten-zial. Allerdings machen DOoH-Stellen ja

nur Sinn an Orten mit hohen Personen-frequenzenundWartesituationen. Solchemuss man aber suchen. Zudem werdendie Konzessionsgeber diese aus politi-schen Überlegungen auch nicht unbe-schränkt zur Verfügung stellen. Ich schät-ze, dass DOoH in der Schweiz dereinsteinen Umsatzanteil von 20 bis 25 Prozenterreichen könnte. Damit ist dann dasAusschöpfungspotenzial aber begrenzt.Selbst wenn den Vermarktern entgegen-kommt, dass die Preise steigen und siediese Stellen im Gegensatz zu analogenFlächen mehrmals als nur einmal proAushangperiode verkaufen können.

Sie sa-gen weiter, OoHwerde wegen der Frag-mentierung für Auftraggeber teu-rer. Absolut oder auf der Ebene Tau-send-Kontakt-Preis (TKP)?Sowohl als auch. Der absolute Preis wirdsteigen, vielleicht aber nur über verstecktePreiserhöhungen. Etwa indem die Ver-markter die Rabattstufen anpassen. UndDOoH ist an sich schon teurer, zudemwerden gleichzeitig sechs Sujets pro Mi-nute gezeigt, weshalb sich auch der TKPerhöht.

Die Preissteigerung bei DOoH erfolgtaber unabhängig von der Fragmentie-rung.Ja, unbestritten. Ein DOoH-Aushang inZürich während einer Woche kostetschnell mal 90000 Franken. Das führt zueiner weiteren Flurbereinigung. Denn esgibt nicht vieleMediamandate, die solche

Preise bezahlen können. Der Werbe-markt kann also diese hohen Preise garnicht auffangen.

Mitwelchen Folgen?Weil die Kommunikationsbudgets kaumwachsen, müssen sich selbst grosse Kun-den im OoH-Bereich vermehrt auf diefünf grossen Zentren Zürich, Bern, Basel,Genf und Lausanne beschränken. Folg-lich brechen die Stellen in den übrigenAgglomerationenund auf demLandweg.DieserWegfall kann teilweise durch loka-le Kunden kompensiert werden. Nichts-destotrotz wird diese Entwicklung die

Margen bei denVermarktern zu-

nehmend drücken.

Auch das hat nichts mit der Fragmen-tierung zu tun.Richtig, schon heute gibt es kaum nochnationale Kampagnen. Diese Situationwird aber durch die Fragmentierung ver-stärkt, etwa, wenn Anbieter wie Tamedia,Admeira oder Goldbach mit ihren Kon-vergenz-Möglichkeiten in den OoH-Markt drängen. Da diese ganze Packagesanbieten, wird es für die solitären Plakat-vermarkter eng, weil sie gewisse Segmen-te gar nicht abdecken können. Es findetalso eine konträre Entwicklung statt:Während Konvergenz-Anbieter die Kon-sumenten vermehrt den ganzen Tag undüberall über diverse Kanäle erreichenkönnen,müssen sich die reinenPlakatan-bieter aus gewissen Räumen und Ziel-gruppen zurückziehen. Ihr Spielraum

Herr Schmid, Sie analysierten die Fol-gen der Fragmentierung im SchweizerOoH-Markt für Konzessionsgeber, Pla-katvermarkter, Mediaagenturen undWerbeauftraggeber. Was war der An-lass?In den Medien, auch bei HORIZONT,kommen alle diese Parteien immer wie-der zu Wort. In der Schweiz neuerdingsauch Personen, die die Konzessionsgeberbei Plakatausschreibungen beraten. Dasist gut so, doch mir fehlte bisher eine Ge-samtsicht ausneutralerWarte.Dennmei-nes Erachtens wurde bisher von keinerSeite die gesamte Bandbreite der neuenMarktentwicklung dargelegt.

Den hohen Marktanteil von gut 12 Pro-zent, den das Medium Plakat amSchweizer Werbekuchen hat, schreibenSie wesentlich der einfachen Markt-struktur zu mit den zwei AnbieternAPG und CCS. Können Sie das genauererklären?

Im bisher klar aufgeteilten Markt konn-ten APG und CCS aus ihren vollenKriegskassen viel Geld ins Medium in-vestieren.Deshalbhat dasMediumPlakat– verglichen etwa mit Deutschland,Frankreich, Österreich oder Italien – inder Schweiz tatsächlich eine State-of-the-Art-Position. Das beginnt schon bei denTrägerstellen: Deren hohe Qualität ist fürmich ein Indiz, dass man viel Geld insMedium investiert hat. Demzufolge hatdas Medium eine entsprechende Wir-kung, was wiederum ein Grund für denhohenMarktanteil ist.

Und das sehen Sie nun gefährdet. Stem-men Sie sich gegen die Fragmentierung?Nein, keineswegs, ich bin auch nicht ge-gen eine vielfältigeMarktentwicklung, imGegenteil, sie belebt den Markt. Aber sie

wird somit kleiner, weshalb sie ihre Mar-gen ganz neu ausrichtenmüssen.

In Ihrer Analyse erwähnen Sie noch ei-nen weiteren Grund für den Margen-druck ...Zwei weitere! DieMargenwerden kleiner,weil die Plakatvermarkter mehr an dieKonzessionsgeber abgebenmüssen – undweil die Mediaagenturen von den Ver-marktern eine höhere Abgeltung verlan-gen.

Letzteresmüssen Sie erklären.Je mehr Plakatanbieter tätig sind, destokomplexer wird die Mediaplanung. Dasist zwar gut für die Mediaagenturen, esheisst aber auch, dass sie mehr und pro-fessionellere Leute haben müssen, womitihre Fixkosten steigen. Da die Agenturenaber von den Auftraggebern nicht mehrGeld erhalten, verlangen sie bei den Ver-marktern eine höhere Abgabe, damit siederenMediumplanen können.

MitwelchemArgument?Indem sie den „Mehraufwand bei derPlakatplanung“ geltend machen. Wirkennen das schon beim TV: Die Media-agenturen nehmen beim Onlinebuchenden TV-Vermarktern Goldbach und Ad-meira Arbeit ab, benötigen aber mehrPersonal und Tools und erhalten deshalbeine Onlinebuchungsentschädigung.Ähnliches kommtwohl auchbeimPlakat.

Zurück zum Margendruck: Dieser magim analogen Bereich zunehmen, nichtaber bei DOoH, wo der Personalauf-wand für die Plakatanbieter sinkt.Das ist so. Aber dieser Teilmarkt ist – wiegesagt – beschränkt.

Das sieht man in der Branche anders.Markus Ehrle, CEO der APG, sagtekürzlich in einem HORIZONT-Inter-view (siehe Ausgabe 34/2017): Das Inte-resse neuer Player am Schweizer OoH-Markt liege „an den langfristig gutenPerspektiven der Aussenwerbung“ undweil „dankDigitalisierungundderVer-knüpfung mit Mobile Wachstumspo-tenzial“ bestehe.Ich sehe das anders. Langfristig wird esfür die Vermarkter schwieriger, weil ih-nen gewisse Räume und Zielgruppenwegbrechen. Auch werden sie mit zuneh-mender Fragmentierung kaum noch Pa-kete mit profitablen und weniger profi-tablen Stellen schnüren können. Damitgelingt es ihnen immer seltener, wenigerprofitable Stellen durch profitable Stellenzu refinanzieren.

Ein Satz in Ihrem Papier machte michetwas stutzig: „Die APGhat schon allei-ne historisch betrachtet und aufgrundder Eigentümer-Einbindung eine ande-re Vision bezüglich der nachhaltigenEntwicklung des Out-of-Home-Marktsals Marktmitbestreiter wie die ClearChannel Schweiz,NeoAdvertising usw.:Bei denen steht die Shareholder-Bedie-nung an oberster Stelle.“Sie werden einwenden, dass dies bei derAPG als börsenkotiertes Unternehmenauch der Fall sei.

Ja. Ausserdem hat die APG wie kaumein anderes Unternehmen ihre Divi-dende in den letzten Jahren mehrmalserhöht. Darum die Frage: Haben SieAktien bei der APG?Nein (lacht), nie und nimmer! Als Me-diaplaner muss ich neutral sein. Ich binweder bei der APG noch bei CCS betei-ligt. Aber ichmöchte zu bedenken geben,dass die APG sich in den letzten gut 100Jahren aufs Plakatgeschäft konzentriertund so wesentlich dafür gesorgt hat, dassdie Plakatstellen in einer guten Qualitätsind und das Medium Plakat einen ho-hen Stellenwert bekam. Das nützt ganzdirekt auch den Auftraggebern. Nun zu-sehen zu müssen, wie die APG als OoH-Player massiv an Relevanz verliert, be-dauere ich sehr.

Bis vor kurzemwar der SchweizerOoH-Marktmehr oder wenigerauf die beiden Aussenwerbefir-men APG und Clear Channel

Schweiz (CCS) aufgeteilt –wobei dieAPGetwa 75 Prozent Marktanteil hatte, CCSetwa 25 Prozent. In letzter Zeit verlor dieAPG allerdings einige Plakatverträge anCCS und an den kleinen Genfer PlayerNeo Advertising, den neuerdings Tame-dia übernehmenwill. Damit hat nun eineFragmentierung eingesetzt. Allgemeinwird erwartet, dass diese weiter zuneh-men wird, da die SBB erst kürzlich dieschweizweit grösste Aussenwerbe-Aus-schreibung durchgeführt hat. Das Resul-tat steht noch aus, doch es nahmen auchFirmen teil, die bishermitOoHnichts amHut hatten.In diese Situation hinein hat Ronny

Schmid, Mitinhaber der WinterthurerMediaagentur Konnex, im September einPapier publiziert mit dem Titel „Zuneh-mende Fragmentierung im SchweizerOut-of-Home-Markt: Was sich ändert,wem es nützt und wohin es führt“. Darinführt er Vor- und Nachteile für die ver-schiedenen Parteien im OoH-Markt auf.Insgesamt kommt er aber zum Schluss,dass wegen der zunehmenden Fragmen-tierung die Qualität der Schweizer Aus-senwerbung leiden könnte. HORIZONTsprach mit Schmid über sein Fazit undseine Beweggründe.

VonMarkus Knöpfli

FOTO:KONNEX

Neue Player drängen aufden Schweizer Out-of-Home-Markt. Das istnicht nur gut, befürchtetder MediaplanerRonny Schmid.

Achtung:Die Qualitätgeht verloren

Ronny Schmid, 60, durchlief nach der Ausbildungals Eidgenössischer Diplom Marketingplaner ver-schiedene Stationen bei Publicis (heute Opti-media), Euro RSCG (heute Media Planning), J.W.Thompson (heute Mindshare), Impuls, Saatchi &Saatchi (heute OMD Zürich) und war schliesslichGeschäftsführer der Universal McCann Schweiz.Im Mai 2001 gründete er mit Peter Döbeli undMonica Jäggi die Agentur Konnex inWinterthur.

Der Mediaplaner

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HORIZONT 43/2017 26. Oktober 2017 43REPORTMARKTPLATZ SCHWEIZ 43

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Die Wirz-Gruppe schmiedetunter dem Label „Wirz Acti-vation“ ein neues Dienstleis-tungsangebot, das in Zukunft

verstärkt zumWachstum der grössten in-habergeführten Agenturgruppe derSchweiz beitragen soll. Dafür hat ChiefExecutive Officer Jörg Bewersdorff nichtnur am Auftritt der Tochterfirma gefeilt,sondern sich auch personell und in Sa-chenDienstleistungsangebot verstärkt.Aus der 2001alsWirzWietlisbachDia-

log gegründeten Agentur ist im Februar„Wirz Activation“ geworden. Umfirmierthat das Unternehmen nicht nur, weilAgenturmitgründer Guido Wietlisbachbereits 2015 ausgeschieden ist. Es trägtmit dem neuen Namen vielmehr seinerEntwicklung von einer klassischen Dia-logmarketing-Agentur zu einem auf Per-formance und datengetriebene Lösungen

spezialisierten Dienstleister Rechnung.„Wir machen inzwischen deutlich mehrals nur printbasierte, klassische Mailings.Unser Kerngeschäft ist nebenDialogmar-keting über alle Kanäle eben vor allem diedatengetriebeneAktivierung vonKundenund Markenwerten“, sagt Wirz-Activati-on-Chef Bewersdorff.Um sich noch stärker vom Wettbe-

werb in der Schweiz zu differenzieren,bautWirzActivationnunmit einemPart-ner den Bereich Datengetriebenes Kun-denwertmanagement und plattformneu-trale CRM-Lösungen aus. Dazu hat sichdie Agentur für ein Joint Venture das bis-lang in Hamburg und Amsterdam behei-matete Unternehmen Datalogue an Bordgeholt.Das Joint Venture vertritt als An-

sprechpartner für Auftraggeber sowieMitarbeiter in der Agenturgruppe seitAugust Martin Hufschmid, der zuvor beiSunrise als Director Value Managementtätig war. Gemeinsam mit Bewersdorff,

ManagingDirectorAmarAbbas, CreativeDirector Stefan Dätwyler und den 15Wirz-Activation-Mitarbeitern soll er dasneue Angebot vorantreiben. „Martin istsehr erfahren imAufsetzen, DurchführenundEvaluieren von kanalneutralen,datenbasierten Marketing-Kampa-

gnen über den gesamten Kundenlebens-zyklus sowie in deren toolbasierter Auto-matisierung“, schwärmt Bewersdorff vonseinemneuenKollegen.Die inhaltlicheundpersonelleVerstär-

kung – auch Abbas, der im Mai bei WirzActivation eingestiegen ist, bringt denpassenden CRM- und Daten-Hinter-grund von früheren Stationen bei Sunri-se, BBDO Interone und Scholz & Friendsmit – bringt Wirz Activation nach An-sicht Bewersdorffs ein Alleinstellungs-merkmal gegenüber der Schweizer Kon-kurrenz. „Die Kombination aus Daten-intelligenz und die daraus abgeleiteteKreation aus einer Hand, wie wir es nunbei Wirz Activation anbieten, ist hoch at-

traktiv für den Schweizer Markt. Hier se-hen wir unseren USP“, sagt Bewersdorff.Viele Unternehmen würden bereits Da-ten sammeln oder Datenquellen nutzenund CRM betreiben, „die Herausforde-rung ist, aus den vielenmöglichenDaten-quellen, Smart Data herauszuziehen.Und genau das können wir anbieten“,sagt sein GeschäftsführungskollegeAbbas. Heisst: Wirz Dialog und Datalo-gue leiten aus der Analyse der gesammel-tenDaten ab,wie dasUnternehmenkom-munikativ aktiv werden soll.Bislang nutzt dieses Dienstleis-

tungsangebot unter anderem der Be-standskunde JTI. Ziel ist es natürlich,wei-tere Auftraggeber, auch aus der Wirz-Gruppe, zu überzeugen. Bislang arbeitetWirz Activation überwiegend auf eigenenKunden. Die Auftraggeber der Agenturhätten die Namensänderung und die Er-weiterung des Dienstleistungsangebotsgut nachvollziehen können, berichtet Be-wersdorff.

Von Eva-Maria Schmidt

FOTO:MARKUS

ISLER

Managing Director Amar Abbas, CEO Jörg Bewersdorff und Martin Hufschmid, Datalogue Schweiz (v.l.)

Smartstatt nur BigWirz Activation will seine Kunden in eine neue Ärader Dialogkommunikation führen

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HORIZONT 43/2017 26. Oktober 20174444REPORTMARKTPLATZ SCHWEIZ

Alles neu bei Migros-Medien.Das Medienhaus, das zum Mi-gros-Genossenschafts-Bund(MGB) gehört, hat in den ver-

gangenen zwölf Monaten einen Plan füreine neue Ära entwickelt. Greifen soll dieneue Struktur Anfang 2018. Umgesetzt istsie in Teilen bereits. Die Zwischenbilanzin Stichworten: Content-Management-und Redaktions-System für alle Kanäle:neu. Organisationsstruktur: neu. Lei-tungspositionen fürContent, Technology& Product sowie Business: neu – genauwie die drei gleichnamigen Säulen, in de-nen das Tun der 135 Mitarbeiter von Mi-gros-Medien künftig gebündelt ist.„Mit den drei Säulen bilden wir die

drei Bereiche ab, die für die Medienhäu-ser in der Zukunft entscheidend sind: In-halte in jeder Form,Daten undTechnolo-gie sowie der Vertrieb respektive dieKommerzialisierung“, sagt LorenzBruegger, Leiter Direktion Migros-Me-dien. Anfang kommenden Jahres sollenseine Mitarbeiter in der neuen Organisa-tionsstruktur arbeiten, deren drei Haupt-bereiche Content, Technology & Productund Business Franz Ermel, Sarah Ettlin-ger und Rolf Hauser leiten. Ergänzt wirddas neue Führungsteam durch zweiStabsstellen, die Besiana Lauper Bandillials Leiterin Innovation und Roman Blumals Leiter Controlling besetzen.Auffällig ist der digitale Hintergrund,

den das ausgewählte Führungsteam mit-bringt: Ermel gehört zu den Gründerndes News-PortalsWatson.ch. Der 50-Jäh-rige verantwortet als Leiter Content künf-tig alle Redaktionen, die aber nicht mehrnachMarken undKanälen, sondern nachThemen organisiert sind. Ettlinger hatdas digitale Handwerk intern gelernt: Die41-Jährige ist seit 2008 bei Migros-Me-dien und führt aktuell die digitale Ge-schäftsentwicklung. Lauper Bandilli hatdavor bei dem Start-up Milla gearbeitet.Die 36-Jährige soll Trends und Innovatio-nen beobachten, um zwei, drei relevanteThemen jährlich zu identifizieren undmit Projektgruppen so weit treiben, dasssie operationalisiert werden können.DankderneuenStruktur soll alles,was

die Migros-Medien tun, schlanker und

effizienter laufen. „Doppelspurigkeitenkönnenwir so vermeiden“, sagt Bruegger.Funktionieren soll dasmithilfe der neuenDesks, die für alle strategischen Themenwie Gesundheit, Food und Beauty kanal-neutral zum Einsatz kommen. Je nachAuftrag werden die Teams mit Mitarbei-tern aus Arbeitsbereichen wie Projektlei-tung, Bild, Gestaltung, Verkauf und Textbesetzt. Wie die Zusammensetzung des

Teams aussieht, hängt beispielsweise da-von ab, ob es ein einmaliger oder ein lau-fender Auftrag ist beziehungsweise überwelche Plattformen und Kanäle ein The-ma gespielt wird. Nicht mehr geben wirdes Redaktionen, die nur eine Publikationoder Plattform inhaltlich bestücken.Zur Erläuterung nennt Bruegger das

Thema Kochen im Migros Magazin, daswöchentlich mit rund 100 Seiten undmehr als 1,5 Millionen Exemplaren kos-tenlos in Schweizer Haushalte geliefertwird: Statt eine Person zu beschäftigen,die das Thema einzig für das Migros Ma-gazin mit Inhalten befüllt, liefert in Zu-kunft das Food-Themendesk den Con-tent für alle Kanäle. „Geht die Anforde-rung über das Tagesgeschäft hinaus, alsowenn es beispielsweise nicht um einzelneInhalte, sondern die Entwicklung einerApp geht, die nach der Lancierung auchkommerzialisiert werden soll, bauen wirein agiles und bereichsübergreifendesProjektteam“, erklärt Bruegger.Dabei ist das Leistungsportfolio von

Migros-Medien klar definiert: Es reichtvon Content aus den Bereichen Text, Bildund Bewegtbild über Beratungs- undProjektleitungs-Dienstleistungen bis hinzu sogenannten General- und Unter-nehmensaufträgen, die Migros-Medienführt, aber imNetzwerk erstellt.

Das neue Modell bringt nach AnsichtBrueggers vor allem einen Vorteil für sei-ne Auftraggeber: „Es gibt künftig für un-sere kommerziellen Auftraggeber einenEingangspunkt und nicht diverse An-sprechpartner in verschiedenenBereichenzu ein und demselben Thema.“ GrössterAuftraggeber ist naturgemäss der MGBmit seiner Abteilung Marketingkommu-nikation, die alle strategischen Themenbespielt. Eine zweite Kundengruppe istdas M-Universum, also die einzelnen Ge-sellschaften, Tochterunternehmen undBeteiligungen des MGB wie Migros Han-del, dessen Branding Brueggers Teamüberarbeitet hat, Migros Industrie undMigros Bank, für die Migros-MedienImagevideos kreiert und umgesetzt hat.Als dritte Zielgruppe kommen externeAuftraggeber aus dem Bereich Werbe-markt für Bruegger infrage. „Für diesenKreis könnte man sich alles vorstellen vonMagazinen, also Corporate Publishing,über Anzeigengestaltung bis zu verschie-denen Inhalten. Aber das gehen wir erstan, wenn wir das Potenzial in den beidenanderen Bereichen ausgeschöpft haben“,sagt Bruegger.Dieser Schritt könnte noch dauern,

denn auch indenKernarbeitsgebietenhatMigros-Medien noch viel Arbeit vor sich.Der Wandel, den Bruegger mit der Neu-organisation und -besetzung angescho-ben hat, ist ein laufender Prozess. WerMedienhäuser kennt, weiss, dass auch in-tern viel Vermittlungsleistung gefragt ist,um möglichst viele Beschäftigte – wie esso schön heisst – „mitzunehmen“. BeiMigros dürfte das allerdings weniger pro-blematisch als bei anderen Medienhäu-sernwerden, denn es geht nicht um einenUmbau in einer Krisensituation, sondernin einer Phase der Stärke, einer Wachs-tumsphase, wie Bruegger betont.„Es ist entscheidend, ob Sie einen sol-

chen Wandel wie wir aus einer Positionder Stärke und des Wachstums herausinitiieren. Es ist etwas völlig anderes,wenn Sie sagen, dass Sie sich verändernwollen, um auch in Zukunft so gut da-stehen zu können, oder ob Sie Kostensenken müssen mit allen Begleiterschei-nungen wie Entlassungen.“ Tatsächlichhaben dieMigros-Medien in den vergan-genen Jahren in allen Kanälen zugelegt(siehe Grafik). Bruegger beziffert dasWachstum der vergangenen beiden Jahreauf übergreifend 10 Prozent. „Mit derNeuorganisation bilden wir nicht zuletztauch die Wachstumsphase der vergange-nen Jahre ab“, sagt er.Dazu zähle auch, dass imHintergrund

alle Prozesse auf „Digital first“ umgebautworden seien. Dennoch bleibt dabei diePrintausgabe des Migros Magazin dasFlaggschiff von Migros-Medien. Auchwenn es seit Kurzem von einer neuen In-ternetplattform flankiert wird, die haupt-sächlich von Nutzerbeiträgen leben soll.„Wir haben die ersten Schritte erfolgreichgetan, sind gut gerüstet, aber nun beginntdie eigentliche Arbeit, das alles mit Lebenzu füllen“, sagt Bruegger.

Von Eva-Maria SchmidtDank demografischer Entwick-lung wird das Migros Magazinnoch lange das Flaggschiffvon Migros-Medien bleiben

Alles neu beiMigros-MedienDas Medienhaus des Migros-Genossenschafts-Bundes bautum, besetzt neu und rüstet sich für die Zukunft

Migros holt auf

Die Kundenzeitschriften von Migros und Coop (ganze Schweiz)

reine Onlinenutzer (Unique User pro Woche)

in Tausend

Quelle: Total Audience I/2016 bis II/2017 HORIZONT 43/2017

I/2016 II/2016 I/2017 II/2017 I/2016 II/2016 I/2017 II/2017

Doppelnutzer

reine Printleser (Leser pro Ausgabe)

34603398 3388 3347

74 79 74 7023 32 33 32

Coop Presse

30152950 2968

3074

81 64 66 7317 29 35 35

Kombi Migros-Magazine

„Es ist entscheidend, obSie wie wir denWandel auseiner Position der Stärkeund desWachstumsheraus initiieren“

Lorenz Bruegger, Migros-Medien

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HORIZONT 43/2017 26. Oktober 2017 45REPORTMARKTPLATZ SCHWEIZ 45

Offen, transparent, flexibel.Drei Adjektive, die zu denVorgaben zählen, die das Ar-chitekturbüro Arge Menn

Ammann bei der Planung des Neubausvon Namics in St. Gallen im Kopf habenmusste – soll dieser doch Spiegel der Un-ternehmenskultur der Agentur sein.Denn Namics hat sich in den vergan-

genen Jahren nicht nur damit beschäftigt,wie die Niederlassung am Gründungs-standort aussehen soll, um bis zu 250Mitarbeitern mehrerer Büros Raum zugeben. Thema für die Führung war auch,wie der kulturelle Überbau für sie aus-sehen soll. Zwei Jahre hat der Neubaugedauert, sechsMonatedie Formulierungeines ergänzten Leitbilds, in dem WerteundZiele für dieAgentur formuliert sind.Ergebnis der beiden Projekte ist ein

Neubau, der laut Namics „die transpa-rente Kultur der Digitalagentur repräsen-

tiert“. Das zeige sich in der offenen, flexi-blen Raumstruktur. Sie soll beste Bedin-gungen für kreative und professionelleProzesse im Team schaffen. Und die vierBestandteile des Leitbilds, Core Purpose,Value Proposition, Core Values und BigHairy AudaciousGoal, repräsentieren.

Im Bewerbermarkt dürfte helfen, dassNamics im „Big Hairy AudaciousGoal“ als Ziel festgehalten hat, „jeder

Mitarbeiter soll jeden Tag mit Freudeüber seine Kollegen, Tätigkeiten undKunden zur Arbeit gehen“ – schliesslichsind auch in der Schweiz digitale Talenterar gesät. Um das ambitionierte Ziel zuerreichen, setzt Namics unter anderemauf die im Leitbild festgehaltenen Werte,nach denen geführt und gearbeitet wer-den soll: Eigenverantwortung und Hilfs-bereitschaft, Vielfalt und Respekt, Offen-heit und Transparenz, Neugier und MutsowieWertschätzung und Fehlertoleranz.„Wir haben bewusst Werte-Paare formu-liert.Dennwir sindüberzeugt, dassWerte

vor allem gewinnen, wenn sie nicht iso-liert gelebt werden:Neugierig zu sein, oh-ne den Mut zu haben, das Gefundeneauszuprobieren, ist zwecklos.“, sagt Gre-gor Erismann, Chief Market Officer beiNamics.Die Werte-Paare sollen auch den Mit-

arbeitern helfen, umzusetzen, was im so-genannten Core Purpose niedergeschrie-ben ist: „Wir schaffen Gewinner im digi-talen Wandel“, sagt Namics seinen Kun-den zu. „Es ist im Grunde ein dreifachesVersprechen:Mit unseren Fullservice-Lö-sungen sollen Kunden im digitalen Wan-del Erfolg haben. Voraussetzung dafür istder Mehrwert für den Endkunden, denwir bei allen Projekten fokussieren. AmEnde tragen dann zufriedene Kundenund begeisterte Endkunden auch dazubei, unsere Mitarbeiter zu Gewinnern zumachen“, erklärt Erismann.Das funktioniert nur, wenn Namics

die entsprechende Qualität liefert – daswissen auchdieVerantwortlichen, die dasLeitbild in einemmehrstufigenVerfahren

mithilfe externer Beratern erarbeitet ha-ben. Deshalb umfasst das Leitbild auchein Leistungsversprechen, die Value Pro-position, das Namics von seinen Mitar-beitern verlangt und seinen Kunden ver-spricht.

W as die Agenturführung erwar-tet, aber auch bietet, um alldies einzulösen, kommuni-

ziert das Management bei sogenanntenTownhall-Meetings, bei denen Mitarbei-ter aus allen Standorten zugegen sind, so-wie bei einer Roadshow durch die einzel-nen Standorte. Unterstützt wird der Pro-zess durch ein Tool, in dem für alle Mit-arbeiter nachvollziehbar strategischeProjekte vorgestellt und dokumentiertwerden. „Das FeedbackunsererMitarbei-ter auf die Massnahmen ist sehr positiv“,berichtet Erismann und verweist auf den„Happiness-Index“, den Namics mittelsMitarbeiterbefragung erhebt: „Empfeh-lungsrate und Zufriedenheit der Mitar-beiter sind aktuell sehr hoch.“

Von Eva-Maria Schmidt

Alle sollenhappy seinNamics gibt sich ein neues Leitbild, um die Agentur, ihreKunden und die Mitarbeiter noch zufriedener zu machen

Blick in das St. Gallener Büro der Digitalagentur, das Namics mit Unterstützung der Stadt gebaut hat

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HORIZONT 43/2017 26. Oktober 20174646REPORTMARKTPLATZ SCHWEIZ

ImM-Payment-TestlaborE

ineMarke, mehrere Kampagnen,viele Absender – der kommuni-kative Aufschlag von Twint hatbeimanchemSchweizer nicht auf

Anhieb für den nötigen Durchblick ge-sorgt. Ein Hauptfehler des Marketing-konzepts für den Launch der Bezahl-App,wie Cary Steinmann meint. „Es kannnicht sein, dass ein Nischenplayer in xVarianten kommuniziert. Das produziertUnsicherheit und schwächt dieDachmar-ke, die gar keine ist“, sagt der Markenbe-rater mit Sitz in Montreux. Dabei ist derWeg, sich als Bezahlmethode durchzuset-zen, ohnehin steinig.Ein Hindernis ist die ausgeprägte

Schwäche der Schweizer für Bargeld. Mo-bile Bezahldienste sind noch verhältnis-mäßig unbedeutend. Laut „Finanz undWirtschaft“ lag der Anteil von MobilePayment an sämtlichen TransaktionenMitte des Jahres bei nur 0,2 Prozent. We-nig hilfreich für den Twint-Relaunch imApril war zudem ein mediales Echo, dasdas Thema häufig auf einen Zweikampfzwischen der nationalen Lösung Twintund der internationalen Apple Pay redu-zierte. Das Geschäftsmodell der Bankenzur Kundengewinnung und -bindungwieetwa auch ihr Angebot an den Kunden,die Zahlungen direkt über sein Bankkon-to ohne Zwischenschaltung eines Kredit-kartenunternehmens abzuwickeln, gerietzumTeil aus demBlick.Angesichts dessen startete die einmo-

natige Launchkampagne von Partner &Partner für die „neue“Marke Twint spät –erst im Juni.Dann folgten in einer zweitenPhaseKampagnenbeteiligter Banken.Mitderen Wirkung zeigt sich Twint-SprecherVictor Schmid jedoch zufrieden und ver-weist auf GfK-Zahlen. Demnach nennen37 Prozent der Befragten spontan dieMarke Twint, von den voll Berufstätigenkennen sie 43 Prozent. „Twint ist heute

ungestützt die bekannteste Mobile-Pay-ment-Lösung“, sagt Schmid, im Haupt-beruf Senior Partner der Agentur Hirzel.Neef. Schmid. Konsulenten.Stand Anfang Oktober hat Twint laut

Schmid mehr als 470000 registrierte Nut-zer, die die App nicht nur heruntergela-den, sondern auch ein Bankkonto odereine Kreditkarte hinterlegt haben. BeimRollout der rebrandetenApp verzeichnetedas Unternehmen knapp 181000 Trans-aktionen, im August waren es Schmid zu-folge 335000, eine Steigerung um 85 Pro-zent innerhalb von vier Monaten. DenTrend einer zunehmenden Nutzung be-stätigtAlexHämmerli, Sprecher vonDigi-tec Galaxus. „Nachdem UBS und ZKBEnde April ihre neuen eigenen Twint-Apps veröffentlicht hatten, stieg derAnteilvon Twint im Zahlungsmittelmix unsererPrivatkunden innerhalbweniger Tage voncirca ein auf rund 3 Prozent“, berichtetHämmerli. Inzwischen zahlten Privat-kunden beim Betreiber des umsatzstärks-ten Schweizer Onlineshops Digitec undder PlattformGalaxus in fünf von100 Fäl-

len mit Twint. Twint-Zahlungen würdenauch gut 5 Prozent des Umsatzes der bei-den Shops von insgesamt 704 MillionenFranken (2016) ausmachen.Im Juni registrierte Twint 270000

Transaktionen. Knapp die Hälfte fandenamPoS statt. In 41Prozent der Fälle über-wiesen Privatpersonen untereinanderGeld (P2P), 11 Prozent entstammten demE-Commerce. Diese Verhältnisse habensich signifikant verändert: Von den335000 Transaktionen im August erfolg-ten ein Viertel am PoS, 52 Prozent P2Pund 22 Prozent durch Online-Bestellun-gen. Der Wandel entspricht den Zielenvon Twint: „Durch die Förderung derFunktionenP2PundZahlung imE-Com-merce wollen wir puncto User und Trans-aktionen weiter wachsen“, sagt Schmid.Die Kampagnen haben darauf thematischaufgesetzt, die Launchkampagne etwa be-tonte die P2P-Funktion.Mit den gelabelten Twint-Banken-

Apps und der Trennung der Kampagnen,die die Marketer der beteiligten Unter-nehmen miteinander abgestimmt haben

sollen, wollen die Finanzinstitute gezieltjeweils ihre eigenen Kunden ansprechenund ihnen ihr Mehrwertsystem andie-nen. „Um die Kundenbedürfnisse zu er-füllen und über die reine Mobile-Pay-ment-Lösung hinauszugehen, werdenwir dieMehrwertleistungen in der Twint-App weiter ausbauen“, heißt es in einerSammelantwort der beteiligten Banken.„Kundenkarten, Stempelkarten undCoupons werden direkt in den Zahlungs-prozess integriert, und die Kunden pro-fitieren automatisch von den entspre-chendenVorteilen.“Davon zeugt die dritte Phase der

Markteinführung, die im September mitder Aktion „5-fache Superpunkte beiCoop“ begann und bei der Kunden Punk-te auf ihrer Coop-Kundenkarte gutge-schrieben wurden, sofern sie per Twint-App zahlten. Künftig werde der Fokus derKommunikation eher auf digitalen Kanä-len, denen der Banken sowie den Platt-formen der Händler liegen, so Schmid.„PR sehen wir als flankierendes Instru-ment. Social Media ist für uns ein zen-traler Kanal: einerseits für die Bewerbungder Maßnahmen, anderseits nutzen dieKunden die sozialen Medien aber ver-stärkt als Kanal für denKundenservice.“Bislang hätten die Beteiligten eher

krampfhaft versucht, einen emotionalenNutzen der App zu inszenieren, anstattklar und sachlich zu kommunizieren,meint Steinmann und verweist dabei aufdie Credit-Suisse-Kampagne „MeinTwint kann was.“ und ihre Lautmalerei„Whoop! Whoop!“, die offenbar Freudean einer gelungenen Transaktion ausdrü-cken soll. Allerdings bezweifelt Stein-mann grundsätzlich, dass sich dieSchweizer mit Boni für die App begeis-tern lassen. „Diese Gutschein-Mania wiein den USA kommt hier wohl nie auf dieBeine. Die seriösen Schweizer haben Pro-bleme, wenn bei Banken, Geld, SicherheitBanales wie Rabatte, Coupons und der-gleichen eingesetzt werden“, sagt er.

Von Uwe Förster

Mehr als 40 Bankenkooperieren mit Twint,zehn davon bieten ihrenKunden eine eigeneTwint-App an. UBS,Postfinance, Raiffeisen,die ZKB und die BCVhaben ihre intensivbeworben

Twint soll bargeldlosesZahlen via Smartphonesalonfähig machen. DieBanken marschierenvereint, um getrennt zuschlagen

Quelle: ISO-20022.CH (Stand Juli 2017), „E-Commerce-Report Schweiz 2017” HORIZONT 43/2017

Mobile-Payment-Verfahren in der Schweiz (Auswahl)

Lösung Twint PostFinance App Swiss Wallet Migros App Apple Pay Samsung Pay

System offen geschlossen offen geschlossen offen offen

Technik Bluetooth NFC NFC QR-Code NFC NFC, MST

Einsatzmöglichkeiten P2P (Zahlungen perSmartphone vonPerson zu Person);in Läden am Zahl-terminal; bei ange-schlossenen statio-nären Händlern; inCoop-Filialen und-Fachmärkten; beiangeschlossenenOnline-Shops; inApps; an Auto-maten

P2P; zur Ver-waltung vonPostFinance-Zahlungs- undSparkonten

bei ange-schlossenenOnline-Shops

in den Migros-Filialen, -Fach-märkten, -Re-staurants und-Take-aways

PoS; E-Com-merce; In-App-Käufe, P2P(mit iOS11)

PoS

Hinterlegte Zah-lungsmittel

Anbindung aneigenes Konto beiPartnerbanken;Kreditkarten; Pre-paid App

Anbindung aneigenes Kontobei PostFinance

Kreditkarten(Master-Pass)

Anbindung aneigenes Kontobei der MigrosBank; Kredit-karten

HinterlegteKreditkartenoder Prepaid-Kreditkartenim Wallet

HinterlegteKreditkartenoder Prepaid-Kreditkartenim Wallet

Das Fintech-UnternehmenTwint kam 2014 als100-prozentige Tochter der BankPostFinance zur Welt. ImHerbst 2015 brachte es eineApp für bargeldloses Zahlenauf denMarkt. 2016 erfolgteder Zusammenschluss mitPaymit, einer imMai 2015 vonUBS, Zürcher Kantonalbankund SIX (Betreiber der Finanz-platzinfrastruktur der Schweiz)lancierten Bezahl-App, mit derPrivatpersonen untereinanderGeld überweisen konnten. Dieintegrierte Mobile-Payment-Lösung der Berner Twint AG istseit April dieses Jahres amStart. Außer SIX und dengenannten Banken sind dieBanque Cantonal Vaudoise,Credit Suisse und Raiffeisen andem Unternehmen beteiligt.

Langer Anlauf

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HORIZONT 43/2017 26. Oktober 2017 47REPORTMARKTPLATZ SCHWEIZ 47

Kino ist ein Bewegtbildmedium“– so lautet Werbe WeischersHauptbotschaft, seit der Kino-vermarkter in der Schweiz tätig

ist. Stefan Kuhlow, CEO von Werbe Wei-scher Deutschland und zuständig für dasMarketing im gesamten DACH-Raum,ging kürzlich noch einen Schritt weiter:„Kino ist die Mutter aller Bewegtbilder“,sagte er (HORIZONT 39/2017).

Der kleineMonopolist

Hinter diesem Marketingansatz stehenzwei Absichten: Zumindest in derSchweiz kann Werbe Weischer so davonablenken, dass die Firma puncto Kino-vermarktung ein Monopol hat. Denn alsBewegtbildvermarkter ist man nur einervon vielen – und erst noch ein sympathi-scher kleiner. Das betont Christof Kauf-mann, CEO von Werbe WeischerSchweiz, immerwieder.Das zweite Kalkül: Bei der Medien-

vermarktung geht der Trend in derSchweiz hin zu konvergenter, grösser,zentraler – alles aus einer Hand. Tame-dia, Admeira und Goldbach machen esvor. Undweil diesemit demVersprechen„Bei uns hast Du alles, unkompliziertund direkt“ an die Werbeauftraggeberund Agenturen herantreten, versuchtKaufmann nun, insbesondere Goldbachund Admeira beim Wort zu nehmen.Umsomehr, als die beidenTV-Vermark-ter ihre Sender auf ein und demselbenPlanungstool MediaWizard offerieren.„Wenn sie den Auftraggebern beim Pla-nen von Bewegtbildkampagnen tatsäch-lich zur Hand gehen wollen, müssten siedoch eigentlich auch das Bewegtbildme-dium Kino in ihr Planungstool aufneh-men“, sagt er.Obwohl Kino nicht zu deren Portfo-

lio gehört? „Ja“, sagt Kaufmann. „Dennwenn die beiden Vermarkter auf ihremToolWerbung auf allen Bewegtbildplatt-formen zugänglich machen, erhöhen siedamit nicht nur die Attraktivität diesesMediums, sondern auch die Chance,dass ihre eigenenAngebote vermehrt be-rücksichtigt werden.“

Tagesaktuell statt einmaljährlich aktuellWas heisst das nun konkret? Um ver-mehrt am Schweizer Markt der Bewegt-bild-Werbung teilhaben zu können, denKaufmann auf rund 800 Millionen Fran-ken schätzt, und um sich besser bei denGrossen anhängen zukönnen, benötigt erzunächst neue Reichweitenzahlen. Diesewerden zurzeit von der AG fürWerbeme-dienforschung (Wemf)mittels Befragun-gen erhoben,mit der Eintrittsstatistik desKinoverbands ProCinema kombiniertund einmal jährlich publiziert. Die neu-este Studie kam eben heraus und weistden knapp 500 Kinosälen in Werbe-Wei-scher-Pacht rund 10,4 Millionen Besu-cher aus – dies zwischen April 2016 undApril 2017. Anders gesagt: Der Durch-schnittsschweizer besucht jährlich etwa1,5-mal ein Schweizer Kino.Doch solch statistische Zahlen reichen

dem Werbe-Weischer-CEO nicht mehr.„Wollen wir uns stärker im Bewegtbild-markt einbringen, müssen wir die Spra-che der TV- und der Onlinevideo-Wer-bung sprechen. Und diese haben kam-pagnenbezogene Tagesdaten.“ Vor kur-zem hat Kaufmann deshalb denbisherigen Forschungsauftrag bei derWemf gekündigt und einen neuen aus-geschrieben. Das Ziel: Er will künftig fürdas Medium Kino Daten, die mit TV,BluewinTV, Facebook, Youtube,WebTVsund andern vergleichbar sind.

DasKinoals „TV-Sender“ sehen

Zum Stand der Dinge sagt er nur so viel:„Drei Schweizer Anbieter haben offeriert,dieAngebote sehen sehr vielversprechendaus. Und sie zeigen: Technisch ist es aufalle Fälle machbar, das Medium Kino ta-gesaktuell zu erheben.“ Man werde sichdeshalb voraussichtlich noch dieses Jahrfür ein System entscheiden. Finanziellrechnet er mit einer Investition im unte-ren sechsstelligen Bereich – jährlich wie-derkehrend. Weiter geht er davon aus,dass er die neue Kinowährung – tages-aktuelle Kinobesucherdaten mit soziode-mografischen Merkmalen wie Ge-schlecht, Alter undGeografie – ab 2019 an

den Markt bringen kann, immer davonausgehend, dass seine Strategie vomMarkt und vomMutterhaus in Hamburgweiterhin positiv aufgenommenwird.Und dann – das ist sein grosses Ziel –

will Kaufmann dafür kämpfen, dass dieTV-Vermarkter die neue Kino-Währungins offizielle TV-Planungstool Media-Wizard integrieren. Damit Kino wie TVbuchbar wird. Das bedingt eine neueSichtweise: „Das Gesamtkino ist künftigals weiterer TV-Sender zu betrachten,und die Filme als sein Programm“, sagtKaufmann. Denkbar sei, dass man danneinzelne Produkte anbieten würde – etwadas Buchen nach Kontakten wie bei derOnlinevideo-Werbung, oder alternativbeispielsweise nach geografischen Merk-malenwie Stadtkinos.

WerbeWeischermuss nocheinigeHürden nehmen

Für eine gewisse Rückendeckung hatKaufmann übrigens gesorgt: Der Schwei-zer Werbe-Auftraggeberverband (SWA),der Agenturverband Leading Swiss Agen-cies (LSA) und die ArbeitsgemeinschaftFernsehwerbung (AGFS), in der alle TV-Vermarkter zusammengeschlossen sind,wurden durch Kaufmann informiert:„Mehrheitlichunterstützen sieunserVor-gehen.“Doch auch der CEO weiss: Der Teufel

steckt im Detail. Bevor Kino ins TV-Pla-nungstool aufgenommen wird, dürfte esnoch zahlreiche Vorbehalte geben, etwawissenschaftliche. So müssen Vermarkterund Auftraggeber erst von der Vergleich-barkeit der Kino- und TV-Daten über-zeugt werden. Diese Diskussion stehtKaufmann erst noch bevor. Denn bei derEvaluierung des neuen Messsystems sindweder AGFS noch SWAmit imBoot.Ebenso wahrscheinlich sind politische

Vorbehalte der TV-Vermarkter. Dafürsieht sich Kaufmann aber gewappnet:„Selbst wenn ein vereinzeltes Prozent desBewegbild-Budgets ins Kino wandernsollte, tut das keinem TV-Vermarkterweh. Umso mehr, als alle von einer ge-steigerten Gesamtattraktivität profitie-ren.“ Er glaubt zudem, dass derMarkt fürBewegtbild-Werbung bis 2020 auf eineMilliarde Franken anwachsen dürfte.

Teuer, aber effizient

Selbst wenn er sich mit seinem Vorhabendurchsetzen sollte – ein weiteres Problemsteht Werbe Weischer Schweiz noch be-vor: Im TV-Planungstool stünde Kinopuncto Tausend-Kontakt-Preis (TKP) alsdermitAbstand teuerste „TV-Sender“da.Dessen ist sich Kaufmann durchaus be-wusst. „Kino wird nie ein Reichweiten-medium werden, es ist ein Premiumme-dium“, sagt er. „Im Leben der Menschenist es das Salz, nicht die tägliche Suppe.“Doch er weiss: Dies muss er den Bewegt-bildplanern erstmit Fakten beweisen.Deshalb denkt er an einen weiteren

Schritt: Erwill zusätzlich zur neuenKino-nutzungs- auch eine Werbewirkungsfor-schung durchführen lassen. Dazu sollenzehn bis maximal 15 Bewegtbild-Kam-pagnen untersucht werden, die im Kino,im TV und auf Onlinekanälen geschaltetwerden – aus verschiedenen Branchenund mit unterschiedlichen Zielgruppen.Vorzugsweise mit einer Schweizer Uni-versität und in Abstimmung mit demSWA, LSA und dem AGFS. „Ideal wäre,wenn wir eine Indexierung nach ausge-suchten Branchen erhalten würden: BeiVersicherungs- oder Banken-Werbungerreicht ein Kinospot beispielsweise eineviermal höhere Beachtung als bei einemTV-Spot und eine 10-mal höhere als beiOnline, bei Getränkewerbung wirkt sieum die Faktoren 5 und 9 besser, und soweiter. Falls dies möglich ist, könnte mandiese Erkenntnis dann auch ins TV-Pla-nungstool integrieren, sofern der Marktdies will und zulässt.“Aufmerksame HORIZONT-Leser dürf-

ten festgestellt haben: Das Vorhaben mitder Werbewirkungsforschung ist nichtneu. Werbe-Weischer-Schweiz-CEOKaufmann sprach schon vor einem Jahrdavon (HORIZONT 48/2016), hat dieseAussage inzwischen aber zurückgestellt.Stattdessen hat er die neue Kinonut-zungsforschung in Angriff genommen –auf Wunsch der AGFS. Aufgeschoben istfür ihn aber keinesfalls aufgehoben:Kauf-mann will schon im Laufe des nächstenJahres eineMachbarkeitsstudie inAuftraggeben. Erste Sondierungsgespräche ha-ben bereits stattgefunden – der CEO zeigtsich zuversichtlich.

VonMarkus Knöpfli

FOTOS:WERBE

WEISCHER

Werbe Weischerwill mehrBewegtbild-Erlebnis fürKinobesucherschaffen

Kinomusssich bewegen

Wie Werbe Weischer inder Schweiz belegenwill, dass Kino einBewegtbildmedium ist

Werbe Weischer Schweiz hat per 1. Oktober2017 seine Angebots- und Tarifstruktur imnationalen Markt gestrafft und vom deut-schen Mutterhaus den Marketingansatz„WeischerSimpel“ in adaptierter Form über-nommen. Statt wie bisher über 30 verschie-dene Angebote bietet Werbe WeischerSchweiz nun im Prinzip noch sechs Möglich-keiten.NeukannderKundeseineKampagnenach zwei Gesichtspunkten aussteuern –entweder nach Geografie (Basis-Tarif: 14Franken pro Sekunde) oder nach Filmgenre(18,50 Franken) Zu diesen Tarifen kann derKunde frei seine Säle respektive Filme wäh-len. Für die exklusive letzte Platzierung imNationalblock bezahlt er einen Zuschlag von30 Prozent. Verzichtet er auf eine Spezifizie-rung,werden ihm30ProzentderBasiskostenerlassen (9,80 pro Sekunde beim GeoFocus,12,95beimCineFilm).Abgerechnetwirdaberin jedem Fall nach effektiven Kontakten.Selbstverständlich stehen den Kunden aberweiterhin die Spezialangebote wie 3D/4DX,Presenter-Platzierung et cetera zur Verfü-gung.

Tarife verschlankt

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HORIZONT 43/2017 26. Oktober 20174848REPORTMARKTPLATZ SCHWEIZ

Ein Kilogramm Chips isst jederSchweizer im Jahr. Das habenStatistiker herausgefunden. Ins-gesamt sind das über 7500 Ton-

nen.Über 70Prozent davongehen auf dasKonto von Zweifel. Über 70 Prozent!Marktführer, Kult, Lieblings-Chipsmarkeder Eidgenossen. Kindheitserinnerungder über 50-Jährigen. Familien- undWG-Dauergast. Es gibt kein positives Label,dasmandemZürcher Familienunterneh-men nicht anheften könnte. Zweifel Po-my Chips hat das geschafft, was andereMarkenhersteller gerne wären: ein wich-tiger, besser noch ein nahezu unverzicht-barer Bestandteil im Leben der Konsu-menten. Das spiegeln auch Geschäftszah-len wider: 210,5 Millionen SchweizerFranken standen imvergangenen Jahr aufder Umsatzseite in den Büchern – so vielwie noch nie in derGeschichte desUnter-nehmens.

Kultur derOffenheit

Doch was macht den Erfolgvon Zweifel aus? Einen einzel-nen Punkt herauszugreifen, istnicht ganz so einfach. RogerHarlacher, seit 2016 CEO des Un-ternehmens, spricht von einemganzen Blumenstrauss an Engage-ments. „Zuerst würde ich unserenkonsequenten Anspruch an die Pro-dukte-Qualität nennen. Dazu gehörtauch die Vermarktungs-Qualität(Marketing/Verkauf) gekoppelt mitdem laufenden Streben nach Verbesse-rung und demFinden vonEntwicklungs-Chancen.“ Hinzu komme eine Firmen-kultur, die innovatives Denken fördertund schnelles Handeln erlaubt. Überdem Ganzen steht der eigene Anspruch:„Wir tun alles für die besten Chips“. Dasklingt nach typischen CEO-Botschaften.Doch imFalle des SchweizerChipskönigsscheint das nicht übertrieben zu sein. AbNovember beispielsweise stellt das Un-ternehmen die Chips und Snacks mitSchweizer Rapsöl und Schweizer Alpen-salz her, um noch stärker seine Herkunftund die Heimatverbundenheit zu beto-nen. „Zweifel fährt wirklich eine über-zeugende und konsequente Qualitäts-strategie“, sagt Nik Stucky. Der SchweizerMarkenexperte und Gründer von TheBrand Ticker ordnet die Marke von ihrerBedeutung her in der Kategorie Toblero-ne, Rivella, Victor Inox oder Caran D’A-che ein.So ein Image fällt allerdings nicht ein-

fach vom Himmel. Es ist das Ergebniskonsequenten Handelns. „Ein Unter-nehmen braucht eindeutige Marken-werte und eine klare Markenstrate-gie. Daraus entsteht ein schlüssigesund konsequentes Markenbild“,

sagt Roger Harlacher. An dieser Haltungändern auch die digitale Transformationund die Flut an Kanälen nichts, die der-zeit so viele im Marketing verunsichert.Der rote Faden durch den Dschungel derMöglichkeiten ist bei Zweifel dagegendenkbar einfach. „Marken müssendurchgängig mit den gleichen Grund-werten erlebbar sein. Verschiedene Me-dien erfordern deshalb unterschiedlicheUmsetzungsformen, nicht aber unter-schiedliche Marken-Interpretationen“,sagtHarlacher und schiebt die Erklärung,warum das so wichtig ist, gleich hinter-her: „Dies würde zu einerMarkenverwir-rung und damit zu einer Markenerosionführen, was ja im heutigen Umfeld eineder Schlüsselgefahren darstellt in derMarkenführung.“Es geht also bei allem, was Zweifel tut,

immer um die Glaubwürdigkeit – bei In-novationen genauso wie in der Marke-tingkommunikation oder im direktenKontaktmit demKunden. „UnsereOrga-

nisation muss offen sein für Neues, ganznach dem Prinzip der Achtsamkeit“, er-klärt der Unternehmenschef. Als ehema-liger Direktor Marketing und Verkaufvon Zweifel hat Harlacher ein Gespür fürThemen, die Marke und ein Verständnisdafür, wie Marketing erfolgreich seinkann.GroßeKampagnen, so sagt er,müs-sen für Marke und Subbrands immerWert stiften. Deshalb ist er auch immer indie Entscheidungen involviert. Bei denKanälen für die Produkt- und Marken-botschaften wird der Mix daher von denKommunikationszielen bestimmt undnicht davon, was von Branchenexpertengerade für hip erklärt wird. „Währendklassische Medien wie TV und Plakat fürdie Steigerung der Bekanntheit nach wievor einen wesentlichen Anteil einneh-men, dominiert im Bereich der Marken-erlebbarkeit klar die direkte Konsumen-tenkommunikation über soziale Medien,Eventauftritte oder Produktesamplings“,erklärtHarlacher.

Aus der klaren Aufgabenteilung resul-tiert, dass der digitale Anteil im Budgetnicht übermäßig hoch ausfällt. Er pendeltzwischen10 und15 Prozent. Und ob er inden kommenden Jahren wächst, hängtvor allem davon ab, wie sich das Medien-konsumverhalten der Zielgruppen verän-dert, die Angebote und die Leistungswer-te. Social Media allerdings nimmt als„Sprachrohr zu den Konsumenten einenwichtigen Platz in unserer Kommunika-tionsstrategie ein“, erklärt Harlacher.Schon vor Jahren habe die Marke daherein Social-Media-Team aufgebaut. DerFokus der Aktivitäten liegt dabei aufFacebook, Instagram, Youtube und Twit-ter. Bei Snapchat sammelt dieMarke ersteErfahrungen.Harlachermisst denAktivi-täten in den Kanälen eine hohe Bedeu-tung zu, weil sich die Art und Weise, wieMenschen Emotionen und Erlebnisseweitertragen, verändert habe. „Wir wol-len heute mehr denn je teilen, was wir

erleben. Das gilt auch fürErlebnisse mit unserenMarken.“

Zweifel erzeugtNähe

Die Erkenntnis nutzt dasUn-ternehmen bei seinen zahlrei-chen Musiksponsorings wiebeim Openair Frauenfeld oderbeimOpenair St.Gallen sowie fürsein Live-Marketing. Der Hashtag#ZweifelOnTour wird zur Brückezwischen Teilnehmern und Zaun-gästen im Web neben weiterenHashtags wie #ilovepaprika und#zweifelchips. Es geht um Gemein-schaft, um Genuss und Nähe zu denKunden. „Mit unseren Aktivitäten imLive-Marketing decken wir zwei un-terschiedliche Komponenten gleich-zeitig ab: die nachhaltige Förderungder Markenerlebbarkeit sowie auchdie indirekte Absatzsteigerung“, erklärtHarlacher.Nähe will Zweifel auch an anderer

Stelle erzeugen. Im Handel betreut derhauseigene Frisch-Service rund 20000Verkaufspunkte und soll so für die best-mögliche Customer Experience sorgen.Eigene Stores in den Innenstädten plantUnternehmenschef Harlacher derzeitnicht. Dafür investiert das Unterneh-men in den Standort Spreitenbach.Dort baut das Unternehmen die Pro-duktion aus und errichtet ein neuesBesucherzentrum. Insgesamt inves-tiert Zweifel rund 40 MillionenSchweizer Franken. „Wir wollendas aus Markensicht prägende Er-lebnis noch emotionaler undnachhaltiger gestalten“, sagtHar-lacher. Schon jetzt kommenmehrere Tausend Besucher imJahr, um sich über die Herstel-lung zu informieren. Künftigwerden es noch ein paarmehr werden. Die Zahl derZweifel-Fans wird weiterwachsen.

VonMichael Reidel

Zweifel betont abkommenden Monatnoch stärker seineSchweizer Herkunft

Ein Stückgesalzene Schweiz

Chips haben einen Namen: Zweifel. Die Marke ist Kultund strahlt Nationalstolz aus. Wie gelingt das?

Zweifel ist immer da: Auf derStraße und bei Events. Undfür ganz Mutige gibt es dieRed Couch Challenge

Große Geschichten beginnen manchmal ineiner Feldküchen-Pfanne. Auf einem Bau-ernhof in Katzenrüti in der Nähe von Zürichfrittierte Hans Meier, ein Cousin von Hein-rich Zweifel sen., Anfang der 50er Jahre dieerstenKartoffel-Chips. Aus demExperimententstanden ein Produkt und eine Firma:Zweifel Pomy-Chips. Imkommenden Jahrfeiert das Familienunternehmen seinen60. Geburtstag und darf sich in der Schweizdas Label Kult ans Revers heften. DieSchweizer Chips sind fast in jedemHaushaltzu finden. Die Folge: Im vergangenen Jahrlieferte das Aargauer Unternehmen neueRekordumsätze.210,5Millionen Frankensind das beste Ergebnis in der Firmenge-schichte, Gewinnzahlen veröffentlicht dasUnternehmen nicht.Neben dem Geschäft mit salzigen Snacksgehören auch Kleinbackwaren zum Portfo-lio. Dafür kooperiert Zweifel mit den FirmenBischofberger und Berger Backwaren. Zu-demvertreibtZweifel inderSchweizMarkenanderer Hersteller wie Bifi, Jack Links undEat Natural. Für das Unternehmen arbeiten370 Mitarbeiter. CEO ist Roger Harlacher,Christoph Zweifel ist Direktor Marketing &Verkauf.

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