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Anlässlich eines bundesweiten Aktionstages der NPD zum Gipfeltreffen der G8 bauten am 19. Mai 43 Neonazis aus mehreren Städ- ten Ostbrandenburgs nacheinander zwei In- fostände in Frankfurt (Oder) und Eisenhüt- tenstadt auf. Der für die Region zuständige Kreisverband Oderland der Partei nutzte den Tag in der Nachbereitung zum Abfeiern seiner derzeitigen Mitglieder- und Ausbrei- tungsbemühungen im Vorfeld der Bran- denburger Kommunalwahlen Ende 2008. So verfügt die Partei mit der mit der Durchführung des Infostands ein- hergehenden Gründung des „NPD- Stützpunktes Eisenhüttenstadt“ mitt- lerweile über fünf Kreisverbände, zehn Ortsverbände und drei NPD- Stützpunkte. Das beabsichtigte Bild einer in Brandenburg rasant an Ak- tivität gewinnenden NPD muss je- doch kritisch hinterfragt werden. Die Infostände in Frankfurt (Oder) und Eisenhüttenstadt können jedenfalls kaum als Beweis für eine stärkere Verankerung der neonazistischen Partei vor Ort herhalten. Zwar gelang es, über 40 Neonazis zu den Ständen zu mobilisieren. Aus den Städten selbst kamen jedoch nur eine reich- liche Hand voll Personen. Vielmehr entpuppte sich der Aktionstag als kaum beachteter Wan- derzirkus langjährig aktiver NPDler aus di- versen Städten Brandenburgs. Mit dabei der Landesvorsitzende Klaus Beier aus Reichen- walde, die im Landesvorstand sitzende Manuela Kokott aus Storkow, der Kreistagsabgeordnete aus Oder-Spree, Lars Beyer, der Fürstenwalder NPDler Frank Odoy nebst diversem Anhang und der Eisenhüttenstädter Jan Weiß. Offenbar zum Schutz der Infostände waren leicht verspätet noch 15 Neonazis der 2006 scheinaufgelösten Neonazikameradschaft „Lausitzer Front Gu- ben“ (LFG) per Bahn angereist. Am Frankfurter Infostand ließen sich über den Tag dann auch nur 8 Einheimische blicken. Darunter Roland Weiß, der aus Berlin zurückgekehrte André Werner, Mario Schreiber, Martin Kreusch und Björn Sielaff. Der unter antifaschistischem Protest und enormer Polizeipräsenz komplett ausbleibende Besuch von BürgerInnen am Infostand der NPD ließ ihn letztenendes nahtlos in die bisher äußerst magere Bilanz der Aktivitäten des Frankfurter Ortsverbandes einordnen. So lassen sich in den vier Monaten seit seiner Reaktivierung ledig- lich nächtliche Flugblatt-Verteilaktionen in die Briefkästen der Neubaugebiete Neuberesinchen und Süd feststel- len. Öffentliche Wahrnehmung – Fehlanzeige. Geändert hat sich mit dem neuen Ortsverband dem- nach kaum etwas. Ähnliches ist in Eisenhüttenstadt zu erwarten. Im Auge muss jedoch weiterhin die zunehmende Unterstützung der NPD durch freie Kameradschaften behalten werden, durch die sich nun auch die “Lausitzer Front Guben” (LFG) hervortut. Bereits beim ersten NPD-Stand in Frank- furt (Oder) im April 2006 waren Aktivisten der LFG angereist. Die Neonazikameradschaft hatte sich aus Angst vor einem Verbot NPD bleibt hinter Erwartungen zurück output recherche Informationsblatt zur Braunzone in der Region Frankfurt (Oder) #3 Herbst 2007 recherche output #3 Roland Weiß (Bildmitte), Martin Kreusch, Björn Sielaff, Robert Noak und weitere Frankfurter NPD-Sympathisanten beim NPD-Stand am 19.Mai 2007. Editorial Herzlich Willkommen. Nachdem sechs Monate vergangen sind und wir nun den Sommer hinter uns gelassen haben, können wir euch nun die aktuelle Ausgabe präsentieren. In diesem Heft informieren wir über die aktuellen Aktivitäten des NPD-Ortsbereichs Frankfurt (Oder) und den Infostand der Partei vom 19. Mai in unserer Stadt. Dem Treiben der rechten FCV-Ultras widmen wir einen kurzen Fortsetzungs- artikel, da sich bisher keine positive Entwicklung ihrer Aktivitäten abzeichnet. Außerdem werden wir in einer neuen Rubrik jeweils einen Neonazi der Region porträtieren. Dokumentierte rechtsextreme Übergriffe seit der letzten Ausgabe werden wie immer in einer Chronologie aufgeführt. Da wir schon auf die beiden vorherigen Ausgaben des Recherche Outputs sehr viel Resonanz bekommen hatten und wir uns natürlich auch für diese Ausgabe sehr viel Rückmeldungen eurerseits erhoffen, möchten wir euch an dieser Stelle nochmals unsere Kon- taktadresse nahe legen: [email protected]. Diese könnt ihr auch gerne nutzen wenn ihr Sorgen oder Beobachtungen in eurer Nachbarschaft macht, von denen ihr meint, sie könnten in Zusammenhang mit den wieder stärker auftretenden Rechtsextremisten in Frankfurt (Oder) stehen. Eure antifaschistische Recherchegruppe Frankfurt (Oder)

Rechercheoutput Frankfurt/Oder #3 - Herbst 2007

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Das recherche output will durch die Bereitstellung fundierter Informationen zur bewussten Auseinandersetzung mit neonazistischen Denkmustern ermutigen und in dieser Arbeit eine kompetente Hilfe sein. In den Mitteilungsblättern wollen wir uns jeweils ausgewählten Bereichen widmen, die wir aktuell für besonders dringend halten. Dabei wird es uns oft nur möglich sein Entwicklungen zu thematisieren, ohne sie in der eigentlich gebotenen Tiefe bearbeiten zu können oder Handlungsempfehlungen bereitstellen zu können. Wir hoffen jedoch trotz den durch unsere ehrenamtliche Arbeit beschränkten Kapazitäten vielen Aktiven eine wertvolle Unterstützung in ihrer Arbeit zu sein.

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AnlässlicheinesbundesweitenAktionstagesder NPD zum Gipfeltreffen der G8 bautenam19.Mai43NeonazisausmehrerenStäd-tenOstbrandenburgsnacheinanderzweiIn-foständeinFrankfurt(Oder)undEisenhüt-tenstadtauf.Der fürdieRegionzuständigeKreisverband Oderland der Partei nutztedenTaginderNachbereitungzumAbfeiernseiner derzeitigen Mitglieder- undAusbrei-tungsbemühungen im Vorfeld der Bran-denburger Kommunalwahlen Ende 2008.

SoverfügtdieParteimitdermitderDurchführung des Infostands ein-hergehenden Gründung des „NPD-StützpunktesEisenhüttenstadt“mitt-lerweile über fünf Kreisverbände,zehn Ortsverbände und drei NPD-Stützpunkte. Das beabsichtigte Bildeiner in Brandenburg rasant anAk-tivität gewinnenden NPD muss je-dochkritischhinterfragtwerden.DieInfostände in Frankfurt (Oder) undEisenhüttenstadt können jedenfallskaum als Beweis für eine stärkereVerankerung der neonazistischenParteivorOrtherhalten.Zwargelanges,über40NeonaziszudenStändenzu mobilisieren. Aus den Städtenselbst kamen jedoch nur eine reich-

licheHandvollPersonen.Vielmehrentpupptesich derAktionstag als kaum beachteterWan-derzirkus langjährig aktiver NPDler aus di-versen Städten Brandenburgs. Mit dabei derLandesvorsitzende Klaus Beier aus Reichen-walde,dieimLandesvorstandsitzendeManuelaKokottausStorkow,derKreistagsabgeordneteausOder-Spree,LarsBeyer,derFürstenwalderNPDlerFrankOdoynebstdiversemAnhangundderEisenhüttenstädterJanWeiß.OffenbarzumSchutz der Infostände waren leicht verspätetnoch 15 Neonazis der 2006 scheinaufgelöstenNeonazikameradschaft „Lausitzer Front Gu-

ben“(LFG)perBahnangereist.AmFrankfurterInfostandließensichüberdenTagdannauchnur8Einheimischeblicken.DarunterRolandWeiß,der aus Berlin zurückgekehrteAndré Werner,Mario Schreiber, Martin Kreusch und BjörnSielaff.DerunterantifaschistischemProtestundenormerPolizeipräsenzkomplettausbleibendeBesuchvonBürgerInnenamInfostandderNPDließihnletztenendesnahtlosindiebisheräußerstmagereBilanzderAktivitätendesFrankfurterOrtsverbandeseinordnen.Solassensichindenvier Monaten seit seiner Reaktivierung ledig-lichnächtlicheFlugblatt-Verteilaktionenindie

Briefkästen der NeubaugebieteNeuberesinchen und Süd feststel-len. Öffentliche Wahrnehmung– Fehlanzeige. Geändert hat sichmit demneuenOrtsverbanddem-nachkaumetwas.ÄhnlichesistinEisenhüttenstadt zu erwarten. ImAuge muss jedoch weiterhin diezunehmende Unterstützung derNPDdurchfreieKameradschaftenbehalten werden, durch die sichnun auch die “Lausitzer FrontGuben” (LFG) hervortut. BereitsbeimerstenNPD-Stand inFrank-furt (Oder) im April 2006 warenAktivisten der LFG angereist.Die Neonazikameradschaft hattesich aus Angst vor einem Verbot

NPDbleibthinterErwartungenzurück

outputrechercheInformationsblatt zur Braunzone in der Region Frankfurt (Oder)

#3 Herbst 2007

rechercheoutput #3RolandWeiß(Bildmitte),MartinKreusch,BjörnSielaff,RobertNoakundweitereFrankfurterNPD-SympathisantenbeimNPD-Standam19.Mai2007.

EditorialHerzlichWillkommen.NachdemsechsMonatevergangensindundwirnundenSommerhinterunsgelassenhaben,könnenwireuchnundieaktuelleAusgabepräsentieren.IndiesemHeftinformierenwirüberdieaktuellenAktivitätendesNPD-OrtsbereichsFrankfurt(Oder)unddenInfostandderParteivom19.MaiinunsererStadt.DemTreibenderrechtenFCV-UltraswidmenwireinenkurzenFortsetzungs-artikel,dasichbisherkeinepositiveEntwicklungihrerAktivitätenabzeichnet.AußerdemwerdenwirineinerneuenRubrikjeweilseinenNeonaziderRegionporträtieren.DokumentierterechtsextremeÜbergriffeseitderletztenAusgabewerdenwieimmerineinerChronologieaufgeführt.DawirschonaufdiebeidenvorherigenAusgabendesRechercheOutputssehrvielResonanzbekommenhattenundwirunsnatürlichauchfürdieseAusgabesehrvielRückmeldungeneurerseitserhoffen,möchtenwireuchandieserStellenochmalsunsereKon-taktadressenahelegen:[email protected]önntihrauchgernenutzenwennihrSorgenoderBeobachtungenineurerNachbarschaftmacht,vondenenihrmeint,siekönnteninZusammenhangmitdenwiederstärkerauftretendenRechtsextremisteninFrankfurt(Oder)stehen.

EureantifaschistischeRecherchegruppeFrankfurt(Oder)

offiziell für aufgelöst erklärt ohne jedoch ihre Aktivitäten einzuschränken. Nach wiederhol-tenTeilnahmenderGubeneranVeranstaltungenund Demonstrationen der NPD/JN scheint esinzwischen ein offenes Geheimnis, dass dieLFGihreAktivitätenunterdemDachderBran-denburger Jungen Nationaldemokraten (JN)fortsetzen wird. Für die derzeit in Brandenburgabsolut bedeutungslose JN stellt das Kamerad-schaftssterben imLanddieChancedar.Und somüht sichder jungeSebastianSeidelausForst,derdemderzeiteinzigenBrandenburgerJN-Ver-

bandvorsteht, redlichumdieAnwerbungfreierNationalisten. Zumindest in der Lausitz scheinter damit inzwischen recht erfolgreich zu sein.1Anfang Juni verkündete er nach einem „Inte-ressententreff“ den Eintritt von 16 Personen indieJN.VielleichtbekommtdieNPDsozukünf-tigauchwieder inGubeneinenFuß indieTür.Eine Bildübersicht aller Teilnehmer des NPD-Standes findet ihr unter http://de.indymedia.org/2007/07/187583.shtml.

DurcheineausführlicheDokumentationihrerAktivitätenimRechercheOutput#1sahensichdieUltrasdesFrankfurterFußballverbandsli-gistenFFCViktoria ´91offenbarstarkunterDruck gesetzt.Als Konsequenz distanziertensichdie„Problemfans“sogarvonihrenTatenund entschuldigten sich. Ein rein taktischesVorgehen, wie sich schnell zeigte. Denn ihrerealen Aktivitäten untermauern die Gewalt-bereitschaft und neonazistische Ideologie derGruppe.

Es war erstaunlich, was für eine Lawine sichentwickelte, als wir vor knapp einem Jahr dasSteinchenRechercheOutputinsRollenbrachten.Auf vier Seiten dokumentierten wir ausführlichunsere Recherchen über die „FCV- Ultras“ undbelegten damit den Antisemitismus, Nationa-lismus und die Gewaltbereitschaft der Grup-pe. Die Publikation wurde durchgängig positivaufgenommenund war innerhalbkürzesterZeitvergriffen. Eine Vielzahl von Artikeln in derMärkischen Oderzeitung und anderen Regio-nalzeitungen stützten sich auf unsere Analyse.Erfreulicherweise nimmt die Presse das Thema

seitdemernst.Selbst derbrandenburgischeVer-fassungsschutz lehntesichunterderÜberschrift„Neonazistische Szene Frankfurt (Oder) unddie Verflechtung mit Hooligans“ in seinem Be-richt 2006 stark an unsere Veröffentlichung an.Die Offenlegung ihrer Gesinnung und Aktivi-täten verlangte nach Reaktionen von Verein,Stadt und Polizei. Um zu retten was zu rettenwar,veröffentlichtendieUltrasnurwenigeWo-chenspäter2eineStellungnahmeunterderÜber-schrift „Wir sind keine Nazi-Hools!!!“, die siemitBitteumVeröffentlichungauchandiePresseweitergaben.Daringabensiezu,nichtnäherbe-nannte „untragbareFehlerbegangen“zuhaben,undgaben an, sich „bei allenGeschädigten da-fürentschuldigen“zuwollen.Zudemhabeman„begriffen, dass Veränderungen innerhalb derGruppe erforderlich sind und diese umgesetztwerden müssen.“ Leider war nicht Reflexion überdieGesinnungunddarausresultierendeEin-sicht,sondernvieleheräußererDruckausschlag-gebendfürdieseZeilen.Vorallemdasbelastete„Verhältnis zur eigenen Familie“, „zu jewei-ligenArbeitgebernbzw.Lehrkräften“und„zumVerein“ wäre ihr Antrieb. In welche Richtungdie erwähnten Änderungsbemühungen gehensollten,verrietensieimletztenSatz:„FußballistFußballundPolitikbleibtPolitik!!!“.WennalsoüberhaupteineÄnderungzuerwartenwar,dann

bestehe sie darin, beideszu trennen, und nichtetwa auf Hooliganis-mus und Nationalismuszu verzichten. Eine soabrupte Wendung wäreauch kaum glaubwür-dig gewesen. Noch am28.Oktober war der Ul-tra-AnhangdesFFCVik-toria beimAuswärtsspielin Brandenburg u.a. mitdem Satz „Zug, Zug,Zug,ZugEisenbahn,werwill mit nachAuschwitzfahren“ zitiert worden.3Dass das Schreibenkeinen Bruch mit ihrer

RechteFrankfurterUltrasaktivwienie

VermummungundHitlergruß:FCV-UltrasaufdemWegzumAuswärtsspiel

rechercheoutput #3

Herbst 2007

C h r o n o l o g i e 12.03.2007AmAbenddes12.Märzwurdegegen19UhraufdemBrunnenplatzeiniranischerStudentvonvierMännern angepöbelt und beleidigt. Ein 42-jäh-rigerTatverdächtigerrief„Ausländerraus!”undversuchte weitere Passanten unter AndrohungvonGewaltdazuzunötigen,indieParolenmiteinzustimmen.NachdemVorfallzogderTatver-dächtigegemeinsammitseinenBegleiternweiterdurchdieStadtundskandierte„Siegheil!”und„Ausländer raus!”. Die Polizei ermittelt wegenVolksverhetzungundversuchterNötigung.Quelle:MOZ

04.05.2007InderNachtvom04.aufden05.MaikamesaufdemVorhofdesStudentenInnenclubsGrottezueinem Übergriff eines stadtbekannten Neona-zis undAnhängers der FCV-Hooliganszene aufeinen alternativen jungen Mann. DerAngreiferschikanierteseinOpferbereitsindenRäumlich-keiten der Grotte.Als der Betroffene diese da-raufhinverließ,wurdeervondemNaziverfolgtundimEingangsbereichdesStudentenclubsnie-dergeschlagen.AmBodenliegendtratderTätermehrmalsaufseinOpferein.DerAngegriffeneerlitt Verletzungen im Gesicht und im BereichderHändeundArme.Quelle:Betroffener

17.05.2007Eine Gruppe von 30 Jugendlichen wurde am17.Mai gegen 19 Uhr an der Oderpromenadevon acht Personen angegriffen. Unter den An-greifernbefanden sichmindestensdrei stadtbe-kannteNeonazis.DieachtMännerstandenuntererheblichen Alkoholeinfluss. Sie bepöbelten die Jugendlichen, schmissen mit Glasflaschen nach ihnenundschlugenzweiPersonennieder.EinerPersonwurdeeinFingergebrochen.BeideOpfererlittenmehrereSchürfwundenundHämatome.SiemusstenimKrankenhausbehandeltwerden.DiePolizeiermitteltwegengefährlicherKörper-verletzung.Quelle:Betroffene

09.06.2007Am09.Juni fanddasVerbandsliga-Fußballspielzwischen dem EFC Stahl Eisenhüttenstadt unddemFrankfurterFCViktoria´91statt.BereitsimVorfelddesSpielskamesaufdemHauptbahnhofFrankfurt (Oder) zu einer Identitätsfeststellungder79Fußballfans,welchezumgrößtenTeilausdemHooligan-SpektrumdesFrankfurterFußballClubViktoria ‘91e.V.stammten. ImAnschlussderMaßnahmebegleitetediePolizeidieVikto-ria-Fans bis zum Stadion in Eisenhüttenstadt.

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Herbst 2007

rechten Gesinnung markiert, sondern einerein strategische Handlung war, ließ sichdann auch schnell aufzeigen. Bereits am Neu-jahrstag verfolgten die drei FCV-Ultras SvenFreimuth, Marcus Polenske und ChristophSchöfisch grundlos einen augenscheinlich al-ternativen Jugendlichen von der Straßenbahn-haltestelle Zentrum aus. Als dieser ein Hausbetrat verfolgte ihn Sven Freimuth, attackierteihn und versuchte ihn zu fotografieren. Exem- plarisch waren auch die Geschehnisse am Ran-dedesalljährlichenStadtfestes“BunterHering”am6.7.2007.OffenbaraufderSuchenachlinkenFestbesucherInnen streiften mehrere Kleingrup-pen neonazistischer Jugendlicher und FCV-Ul-trasausschauhaltenddurchdieMenge.Alssieeinpaar alternative Jugendliche ausgemacht hatten,wurdendieseverfolgt,umringtundmitSprüchenwie:”DasinddieKommunisten!AdolfistanderMacht!”angepöbelt.Dabeiwurdeu.a. auchderHitlergruß gezeigt. Kurz darauf warfen sie mitFlaschen nachden Jugendlichenund traktiertensiemitFußtrittenundFaustschlägen.DurchdieAngriffe wurden einigePersonen leicht verletzt.AuchimweiterenVerlaufdes Abends konnte dergleiche 30-köpfige Per-sonenkreisweiteragierenund versuchte Gäste ab-zufotografieren. Erst das Einschreiten der Polizeiberuhigte die Situation.4 Solche Angriffe werdengern als Einzeltaten ab-getan, in denen Leuteoft unter Alkoholeinfluß situativ bedingt über-reagieren. Gewalt undNationalismus sind je-doch konstitutive Ele-

mentedessen,wasdieGruppenkonstruktionderFCV-Ultras ausmacht. So verbreitet die GruppeseitdemFrühjahrAufkleber,aufdenendasVer-einssymboldesFCVorwärtsmitdemTotenkopfderSS-Totenkopfverbändekombiniertist.(Bild)Auch das von derWhite-Power-Bewegung ver-wendete stilisierte Keltenkreuz, welches für die„Überlegenheit der weißen, nordischen Rasse“steht, findet sich immer wieder im Zusammen-hangmitdenrechtenUltras.InderaktuellenAus-

gabe des Fußballfanzine„Blickfang Ost“ Nr.7, indemsichdieGruppeaufzwei Seiten präsentiert,tritt das Keltenkreuz anzentraler Stelle zutage.Eine Aufnahme zeigtSvenFreimuthinKampf-pose am Stadion derFreundschaftinFrankfurt(Oder)nebenderSprühe-rei „FCV-Zone“, die umein großes Keltenkreuzerweitert ist. Auch ananderen Orten der Stadtwurde so gesprüht. Einrauer Tonfall gegenübercouragierten Antifaschi-stInnen ist dann nur fol-

gerichtig.ImFanforumderGruppeheißtes:„DasgichegiltfürunsrenFreundFrankHammervonderlinksradikalenPDSundandiesogenannte„Anti-faFF/O“[...]EureGalgensindschongezimmertNimmteuchinacht“(AlleFehlerimOriginal).5Es ist zu konstatieren, dass sich weder Ge-waltbereitschaft noch ideologische Aus-richtung der FCV-Ultras gemäßigt ha-ben. Trotz des rechtsextremen Stigmas istes den Ultras gelungen, ihren harten Kern per-sonellzufestigen.NacheigenenAngabenbesit-zen sie mittlerweile ein Mobilisierungspotentialvon bis zu 110 Leuten,6 wenn auch teilweise

links:zuhundertenverklebterAufkleberderrechtenUltras/rechts:SvenFreimuth,einezentraleFigurdesgewalttätigenFFC-Anhangs

Gewaltbereite FCV-Ultras: Christoph Schöfisch (links, hier auf einer Neonazide-monstrationam21.10.2006inBerlin)undMarcusPolenske(rechts).

kameszueinerAuseinandersetzung,beidereinPolizeibeamtermiteinerFlascheangegriffenundamKopfverletztwurde.Der26-jährigeTäterausFrankfurt (Oder) wurde festgenommen und amdarauf folgenden Tag Haftbefehl erlassen. ImLaufe des Tages wurden insgesamt 17 weiterePersonenausdemFrankfurter„Fanblock“inGe-wahrsam genommen. Ein Strafverfahren wurdewegenVolksverhetzungeingeleitet.Quelle:OderlandSpiegel/MOZ

23.06.2007In den frühen Morgenstunden kam es in derInnenstadt zu einer Verfolgungsjagd von FCV-Hooligans auf einen Antifaschisten. Die zehnNeonazis,welchesichzunächstamMcDonaldsaufhielten,entdecktendenjungenMann,alsdie-seraufdemWegzurBushaltestellewar.Siebrülltenihmnach“Duläufsthierganzalleineanunsvorbei,wenndasnichtmalschiefgeht!”,“Zecke,wirkriegendich!”und“Dusolltestauf-passen!”.FünfderHooligansvermummtensichund verfolgten den jungen Mann. Glücklicher-weisekonntederBetroffenedieVerfolgerabhän-genundentgingsomiteinemmöglichenAngriff.Quelle:Betroffener

24.07.2007Eine Gruppe von zehn Jugendlichen, daruntermehrere Hooligans aus dem Umfeld des FFCViktoria ‘91 e.V., randalierten während einerPartyam24.JuniindenRäumlichkeitendesStu-dentInnenclubsGrotte.DabeientstandeinSach-schaden in Höhe von 500 Euro. Die alarmiertePolizei führte zunächst einige der RandalierermitHandschellenab,ließsienacheinerPersona-lienfeststellungundderDurchführungeinesAl-koholtestsjedochwiederfrei.SelbstalseinerderNeonazis auch während der Polizeimaßnahmeweiterhin BesucherInnen der Grotte anpöbelteunddenHitlergrußzeigte,tatendiePolizeibeam-tInnendiesmiteinereinfachenVerwarnungab.Quelle:Betroffene

09.08.2007Auf einem Zeltplatz am Helenesee kam es am09.August am frühenAbend zu einem EinsatzderPolizei.EineGruppevonzehnJugendlichenhissten an ihrem Lagerplatz eine Reichskriegs-flagge. Außerdem fanden die Einsatzkräfte ins-gesamt42CDs,welcheMusikmitvolksverhet-zendem Charakter enthielten. Die JugendlichenwurdenvomGrundstückdesHeleneseesverwie-sen.EbenfallswurdeihneneinPlatzverweisfürdie Stadt Frankfurt (Oder) ausgesprochen. DiePolizei ermitteltwegenVerwendensvonKenn-zeichenverfassungswidrigerOrganisationen.Quelle:Internetwache.de

Mit diesem Recherche Output eröffnen wireineneueRubrik,inderwirEuchinunregel-mäßigenAbständenNeonazisausFrankfurt(Oder)vorstellenwollen.WirbeginnendieseReiheheutemitAndréWerner. Der 1978 in Frankfurt (Oder) geboreneAndréWerner ist schon seit Mitte der 90er Jahre inderNeonaziszeneaktiv.ErgehörtegemeinsammitseinemengenFreundundNPD-Bundesvor-standsmitglied Jörg Hähnel zu den Führungs-personenderNeonaziszeneinFrank-furt(Oder).Gemeinsamorganisiertensie Busse zu Neonazi-Aufmärschenoder traten bei Veranstaltungen inErscheinung. Nach außen gab sichAndré Werner als politischer Soldatund Saubermann. Tatsächlich war erjedocheinerderKöpfedermilitantenAnti-Antifa. In diesem Zusammen-hangverübteStraftatenführtenEndeder 90er zu einem Gefängnisaufent-halt.WernerhattesichzuvorimMärz1998 maßgeblich an einem Angriffauf einenAntifaschisten beteiligt. ErhatteihmaufoffenerStraßeeineGas-pistoleandenKopfgehaltenundihngezwungen, sich für eine „Feindkar-tei“ fotografieren zu lassen, um sich

sodann mit den Worten „Viele Grüße von derAnti-Antifa“ zu verabschieden. Bei der an-schließenden Durchsuchung seiner Wohnungwurden u.a. Papiere gefunden, die darauf hin-deuteten,dassTeilederFrankfurterNeonazisze-neschonlängerdenAufbauvonTerrorgruppenversuchten.Sofandsichu.a.einPapiermitderAbbildung eines Sturmgewehrs auf einem Ha-kenkreuzunddenParolen„Klagtnichtan-rich-tet!“und„DasWorttrittindenHintergrund,esentscheidet die Tat!“. In einem weiteren Flug-blatthießes„Wirsindwiederda/SA/unddaranmüsst ihrEuchgewöhnen.“Unterzeichnetwar

dasPapiermit„1.SA-SturmFrankfurta.d.OderHorst Wessel“. Den Aufenthalt im GefängnisnutzteWernerzurAgitationandererStrafgefan-gener,sodasserschließlichvomJugendvollzugin den Männervollzug verlegt werden musste.Nach der Entlassung aus dem Gefängnis gingWerner nach Berlin, um in der dortigen Ne-onaziszene - gemeinsam mit seinem FreundJörg Hähnel - Fuß zu fassen. In Berlin warWerner hauptsächlich im Osten, überwiegendinPankowaktiv.Erbewegtesichdort imUm-feld von NPD, VNNO (Vereinte NationalistenNord-Ost), Kameradschaft Tor (Verbot durch

denBerlinerInnensenatoram6.März2005), BASO (Berliner AlternativeSüd-Ost, ebenfalls verboten am 6.März 2005) und MHS (Kamerad-schaft Märkischer Heimatschutz).Seit einigen Monaten lebt AndréWerner wieder in Frankfurt (Oder),gemeinsammitseinerLebensgefährtinunddreiKindern.SeinenpolitischenAktivitätentatderWegzugausBerlinkeinen Abbruch. So konnte Wernernun u.a. bei öffentlichen AktionendesNPD-KreisverbandesOderlandinFrankfurt (Oder) (Demonstration am27.01.2007,Infostandam19.05.2007)beobachtet werden. So wird auch inZukunftAndréWernerdesöfteren imRecherche Output Erwähnung finden.

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erweitert durch angereiste Unterstützer. AuchdieKontaktezuFangruppeninanderenStädtenkonnten gefestigt werden. So besteht regelmä-ßigerAustauschmitdem„Wuhlesyndikat“vonUnion Berlin und dem „Inferno Cottbus“ vonEnergieCottbus.BeidesFangruppen,diezumin-destalsrechtsoffenbezeichnetwerdenkönnen.AlsReaktionaufdieBerichterstattungüberdierechtenUltrasund ihreandauerndenGewaltta-ten vor allembeiAuswärtsspielen, hat die Po-lizei ihre Präsenz im Umfeld der Spiele deut-lich erhöht und legt ein deutlich repressiveresKonzept an Spieltagen an den Tag. StändigeBegleitung, die Durchsetzung von Alkohol-verbotenundderErlassvonAufenthaltsverbo-ten nach Spielen im Frankfurter StadtzentrumkennzeichendieseStrategie.NichtseltentreffendieFCVlerimStadionaufmehrBeamtealssieselbst Personen zählen. So kritisch diese stän-

dige Kontrolle auch zu betrachten ist, hat siedochzurFolge,dassdieGefahranWochenen-denaufderFahrtmitdemZugoder anBahn-steigenaufgrundvonHautfarbe,Herkunftoderpolitischer Überzeugung Opfer eines Angriffsdurchsiezuwerden,deutlichsinkt.Zudemwirdihnen so definitiv der Spaß an der Randale ge-nommen,derfüreinenGroßteilderGruppeMo-tivation für die Wochenendausflüge sein dürfte. DiePolizeialleinwirddasProblemeinesextremrechtenFananhangsjedochnichtlösenkönnen.Gefragt ist ein Zusammenspiel des gesamtenUmfeldes der Gruppe, in Familie, Verein, Ar-beit und Freundeskreis, die ihnen die Grenzenaufzeigen.SobetrachtenwiresalserfreulichesBeispiel, dass Sven Freimuth nach einer In-formation seines Arbeitgebers über Freimuthsausserbetriebliche Aktivitäten und sein anhal-tendes Fehlverhalten seine Ausbildung verlor.

DennfürnationalistischeAgitationundGewalt-tätigkeit darf es keine Duldung geben. In derVerantwortung bleiben auch weiterhin VereinundStadt,diesichdieAufgabegegenseitigzu-zuschiebenscheinen.DasProblemseierkannt,man habe aber keinen Einfluss auf das Treiben der FCV-Ultras. Dabei hätte die Stadt als Be-sitzerdesStadions-unddamitdesHausrechts- durchaus die Möglichkeit, über die Stadion-ordnung Druck auszuüben oder gar Stadion-verbotezuverhängen.Kritikwürdigbleibtauchdie Auffassung des Vereins, die FCV- Anhän-ger seien ja gar keine Fans ihres Vereins, desFFC Viktoria 91, und sie damit aus der Pflicht. Vielleichtbietendieüberden lokalenAktions-plan der Stadt zurVerfügung stehenden Mitteldem Verein eine Möglichkeit der Intervention.

Werwarnochmal...?

Neonazisuntersich-MaryEhrenbergundAndréWerner(rechts)amRandeeinesNPD-Standesam19.Mai2007inFrankfurt(Oder).

Das recherche output erscheint unregelmäßig als Infor-

mationsblatt der Antifa Recherchegruppe Frankfurt

(Oder). Die Verbreitung und der Nachdruck des Blattes

ist ausdrücklich erwünscht. Das recherche output ist über

die Mailadresse [email protected] zu erreichen.

Informationen, Anfragen und Anregungen sind sehr

willkommen.

Quellennachweis

1)InternetauftrittderJN-Spreewaldam02.06.2007 2)Stellungnahmevom05.12.2006imUltraboard 3)Tagesspiegelvom09.12.2006 4)http://de.indymedia.org/2007/07/187593.shtml 5)EINSTEIN&KIRAam03.05.2007imUltraboard 6)BLICKFANGOSTAusgabeNr.7Saisonausgabe06/07

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