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RECHT AKTUELL 01 2019

RECHT AKTUELL - Lutz Abel · 3. Aktuelle Entscheidung des EuGH zum Verfall von Urlaubsansprüchen Die Prägungen des deutschen Urlaubsrechts durch die Rechtsprechung des EuGH sind

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RECHT AKTUELL

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

Sie halten die druckfrische, nunmehr erstmals von der LUTZ | ABEL Rechtsanwalts PartG mbB verantwortete Ausgabe der Recht Aktuell in den Händen – in neuem Design und gewohnter Qualität. Informieren Sie sich auf den nachfolgenden Seiten über Neues aus unserer Kanzlei, den von uns betreuten Rechtsgebieten und anstehende Termine.

Das Thema Compliance ist heute für Unternehmen jeder Größe wichtiger denn je. Die Zeiten, in denen sich ausschließlich internationale Großkonzerne mit diesem Thema beschäftigen mussten, sind, falls es sie je gab, eindeutig vorbei. Vor diesem Hintergrund hat sich Dr. Kilian Eßwein, Leiter der Praxisgruppe Compliance, aus Unternehmenssicht mit dem Thema ausei­nandergesetzt. Lesen Sie in dem » Guide to Compliance, wie Sie Ihr Unternehmen, Ihre Mitarbeiter und nicht zuletzt sich selbst als Geschäftsführer oder Vorstand vor Haftung schützen: www.lutzabel.com/compliance.

Im Übrigen wurden unsere Kanzlei und Dr. Kilian Eßwein kürzlich von dem Magazin WirtschaftsWoche als „Spezialisten des Rechtsgebiets Compliance“ ausgezeichnet, worüber wir uns sehr freuen.

Gerne möchten wir Sie auch auf das e­Book zum neuen Bauvertragsrecht hinweisen, das Sie auf unserer Website herunterladen können: www.lutzabel.com/real-estate. Dr. Wolfgang Abel und Dr. Thomas Schönfeld geben einen umfassenden Über­blick zum Anordnungsrecht – damit Sie Risiken und Unsicherheiten besser einschätzen und vermeiden können.

Das Jahr 2019 steht bei LUTZ | ABEL für weiteres Wachstum. Vor diesem Hintergrund dürfen wir Ihnen eine Reihe neuer Kolle­ginnen und Kollegen vorstellen.

Seit Mitte April erweitert Dr. Sebastian Sumalvico die Praxisgruppe Venture Capital / M&A. Er ist Europajurist (Univ. Würzburg) und war bereits als Rechtsanwalt bei einer führenden deutschen Transaktionskanzlei tätig. Seit März verstärkt zudem Andreas Kössel das Arbeitsrechts­Team in München. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Wirtschaftsmediator und war zuvor meh­rere Jahre Rechtsanwalt in der Arbeitsrechtspraxis einer internationalen Großkanzlei. Die Praxisgruppe Real Estate schließlich ist mit Steffen Krämer und Niklas Kröger um zwei Berufseinsteiger gewachsen.

Unser Stuttgarter Büro darf sich über drei neue Kollegen freuen: Seit 1. Mai verstärkt der auf Bau­ und Architektenrecht spe­zialisierte Partner Ulrich Eix das Team um Dr. Daniel Junk, in das zuletzt mit Iris Burkhard eine erfahrene Rechtsanwältin ge­wechselt hatte. Die Praxisgruppe Commercial wird seit April von dem erfahrenen Associate Dr. Benjamin Baisch unterstützt.

Wir laden Sie ein, die neuen Kolleginnen und Kollegen im Rahmen unserer Veranstaltungen kennenzulernen.

Abschließend wünschen wir Ihnen eine bereichernde Lektüre. Für Fragen stehen Ihnen die Autoren und das gesamte LUTZ | ABEL Team gerne zur Verfügung.

Herzliche Grüße

Ihre Rechtsanwälte von LUTZ | ABEL

Zum Guide to Compliancevon Dr. Kilian Eßwein »

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VERANSTALTUNGEN

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Der neue BeschäftigtendatenschutzBECK Seminare27. September 2019 in Frankfurt am Main5. Dezember 2019 in MünchenReferent: Dr. Philipp Byers

Erste praktische Erfahrungen im Beschäftigtendatenschutz mit der DSGVORechtsanwaltskammer München5. November 2019 in MünchenReferent: Dr. Philipp Byers

Arbeitnehmerdatenschutz-FachtagungTÜV NORD Akademie26. November 2019 in MünchenReferent: Dr. Philipp Byers u.a.

Compliance im Mittelstand: Pflichten des Managements und WhistleblowingKooperationsveranstaltung mit EQS23. Mai 2019 in MünchenReferenten: Dr. Kilian K. Eßwein, Prof. Dr. Hauser (Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur)

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Gesellschafterstreit: Typische KonfliktfelderBECK Seminare21. November 2019 in MünchenReferenten: Dr. Reinhard Lutz, Dr. Christian Dittert

Gesellschafterstreit im ProzessVerlag C.H. BECK22. November 2019 in MünchenRefrenten: Dr. Reinhard Lutz, Dr. Christian Dittert

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Die neue VOB/A 2019: Vergabe von Bauleistungenvhw – Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung e.V.22. und 23. Mai 2019 in MünchenReferent: Tobias Osseforth, Mag. rer. publ.

10. Österreichischer Vergaberechtstag4. Juni 2019 in WienReferent: Tobias Osseforth, Mag. rer. publ. u.a.

13. Vergaberechtsforum Südvhw – Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung e.V.15. – 16. Juli 2019 in LindauReferent: Tobias Osseforth, Mag. Rer. publ. u.a.

Verhandlungsvergabe und Verhandlungsverfahrenvhw – Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung e.V.19. September 2019 in MünchenReferent: Tobias Osseforth, Mag. Rer. publ. u.a.

141. ERFA-Kreis-Nord VeranstaltungKooperationsveranstaltung mit der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit e.V.13. Juni 2019 in Hamburg

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Update Ziviles Baurecht 2019LUTZ | ABEL Frühstück6. Juni 2019 in MünchenReferent: Dr. Rainer Kohlhammer

Störungen im BauablaufVerlag Dashöfer17. Juni 2019 in Leipzig13. November 2019 in BerlinReferent: Dr. Daniel Junk

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Für Fragen zu den Veranstaltungen und zur Anmeldung stehen Ihnen die Referenten sowie Amelie Schlemmer (Telefon: +49 89 544 147­0, E­Mail: [email protected]) gerne zur Verfügung.

Weitere Informationen unter www.lutzabel.com/termine

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INHALTSVERZEICHNIS

01 ARBEITSRECHT

Das deutsche Urlaubsrecht und der EuGH: Neues zum Verfall von UrlaubsansprüchenJustine Luterbach

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GESELLSCHAFTSRECHT

Zur Legitimationswirkung der Gesellschafterliste gemäß §  16 Abs.  1 S.  1 GmbHG bei Einziehung von GeschäftsanteilenAnna Zaprutckaja

KARTELLRECHT

Gut für Kartellbeteiligte - schlecht für Geschädigte: Bundesgerichtshof erschwert die Durchsetzung von KartellschadensersatzansprüchenChristoph Richter

ÖFFENTLICHES RECHT

Das gemeindliche Vorkaufsrecht im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung – Para-digmenwechsel in der Vorkaufsrechtspraxis der Landeshauptstadt MünchenDr. Thomas Schönfeld

Bundesverwaltungsgericht erweitert NachbarrechtsschutzDr. Christian Braun

REAL ESTATE

Bauunternehmer haftet nicht für Beschädigung des Nachbargebäudes durch Unter-fangungSteffen Krämer

Photovoltaikanlagen – findet die fünfjährige Verjährung Anwendung?Vera Lederer

Der Anfang vom Ende des Preisrechts der HOAI?Katharina Bold

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ARBEITSRECHT

DAS DEUTSCHE URLAUBSRECHT UND DER EUGH: NEUES ZUM VERFALL VON

URLAUBSANSPRÜCHEN

In arbeitsrechtlicher Hinsicht ist kaum ein anderes Rechts­gebiet von den Entscheidungen des Gerichtshofs der Euro­päischen Union (EuGH) so maßgeblich beeinflusst wie das deutsche Urlaubsrecht. Jüngst hat der EuGH wieder einmal neue Anforderungen an den Verfall von Urlaubsansprüchen gestellt und seine Rechtsprechung zum Schicksal von Ur­laubsabgeltungsansprüchen bei Tod des Arbeitnehmers nu­anciert (EuGH, Urteil vom 06.11.2018, Az.: C­684/16).

Der vorliegende Beitrag nimmt dies zum Anlass, die bishe­rige Entwicklung des deutschen und europäischen Urlaubs­rechts kurz zusammenzufassen. Im Anschluss werden die aktuelle Entscheidung des EuGH zum Urlaubsverfall analy­siert und die Konsequenzen für die arbeitsrechtliche Praxis dargestellt.

RAin Justine Luterbach | [email protected]

1. Einführung

Das Urlaubsrecht ist in der Rechtsprechung einem ständi­gen Wandel unterzogen, ohne dass das seit 1963 geltende Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) bisher grundlegend vom deut­schen Gesetzgeber geändert worden ist. Diese für Arbeit­geber und Arbeitnehmer wenig transparente Entwicklung beruht maßgeblich auf den Vorgaben des EuGH. Gerade die Bestimmungen in Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG zur Gewährleistung eines vierwöchigen Jahresurlaubs haben zu zahlreichen Entscheidungen des EuGH geführt, die das deutsche Urlaubsrecht nachhaltig prägen. Dies ist be­merkenswert, da Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie lediglich die knappe Regelung einer vierwöchigen Mindesturlaubsdauer enthält und ansonsten hinsichtlich der Bedingungen für die Inanspruchnahme und Gewährung des Urlaubs auf die ge­setzlichen Bestimmungen der Mitgliedstaaten verweist.

2. Die bisherige Entwicklung zum Verfall von Ur-laubsansprüchen

a) Die Entscheidung „Schultz-Hoff“

Der Umbruch des deutschen Urlaubsrechts wurde maß­geblich durch die „Schultz­Hoff“­Entscheidung des EuGH im Jahr 2009 eingeläutet (EuGH, Urteil vom 20.01.2009, Az.: C­350/06 – Schultz­Hoff). Das Bundesarbeitsgericht (BAG) war lange Zeit davon ausgegangen, dass der Urlaubsan­spruch nach § 1 BUrlG auf das jeweilige Kalenderjahr befris­tet ist und lediglich unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG auf das folgende Kalenderjahr (bis zum 31.03.) übertragen werden kann. Nach Ablauf des Bezugs­ bzw. Übertragungszeitraums erlosch der Urlaubsanspruch. Dies galt auch, wenn der Arbeitnehmer aufgrund längerer Krank­heit gehindert war, den Urlaub zu nehmen.

Der EuGH hat entschieden, dass Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG einer solchen arbeitsrechtlichen Regelung bzw. Gepflogenheit im Falle langandauernder Krankheit entge­gensteht. Wichtigste Folge dieser Rechtsprechung ist, dass der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers nicht erlischt, wenn er aufgrund längerer Arbeitsunfähigkeit nicht in der Lage gewesen ist, den bezahlten Jahresurlaub während des Bezugszeitraums bzw. des Übertragungszeitraums zu neh­men. Die Verfallregelung in § 7 Abs. 3 BUrlG bleibt insoweit unangewendet. Unklar war allerdings zunächst, ob die feh­lende Anwendbarkeit der Verfallregelung in § 7 Abs. 3 BUrlG eine unbegrenzte Ansammlung und Übertragbarkeit des Urlaubsanspruchs zur Folge hat.

b) Die Entscheidung „KHS“

In der Entscheidung „KHS“ begegnete der EuGH (Urteil vom 22.11.2011, Az.: C­214/10 – KHS) den aus der Entscheidung „Schultz­Hoff“ resultierenden Bedenken der „unbegrenz­ten“ Übertragbarkeit von Urlaubsansprüchen und setzte dieser zeitliche Grenzen. Bei der Festlegung des Übertra­

gungszeitraums blieb der EuGH allerdings recht vage. Er­forderlich ist danach, dass der Übertragungszeitraum die Dauer des Bezugszeitraums, für den er gewährt wird, deut­lich überschreitet. Eine Übertragung des Erholungsurlaubs auf einen Zeitraum von 15 Monaten – wie in dem beim EuGH zu Grunde liegenden Fall – erfüllt jedenfalls diese Anforde­rungen. Der EuGH hat dies damit begründet, dass bei einer längeren Übertragbarkeit der mit der Gewährung von Urlaub verbundene Erholungszweck nicht mehr erreicht werden kann und diese daher nicht geboten sei.

c) Auswirkungen auf das deutsche Urlaubsrecht

Das BAG hat die grundlegenden Entscheidungen des EuGH in den Rechtssachen „Schultz­Hoff“ und „KHS“ aufge­griffen und in das deutsche Urlaubsrecht übertragen. Die Verfallvorschrift des § 7 Abs. 3 BUrlG ist danach grund­sätzlich europarechtskonform und im „Normalfall“ weiter­hin anwendbar. Sie ist jedoch dergestalt auszulegen, dass Urlaubsansprüche eines langzeiterkrankten Arbeitnehmers erst 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfallen (vgl. BAG, Urteil vom 07.08.2012, Az.: 9 AZR 353/10). Dies ist auch konsequent. Eine Beschränkung des Übertragungszeitraums auf 12 Monate würde der dargestellten Rechtsprechung des EuGH entgegenstehen. Der Bezugszeitraum des BUrlG ist das Kalenderjahr. Würde der übertragene Urlaub bereits am Ende des Folgejahres, mithin am 31.12. verfallen, würde der Übertragungszeitraum dem Bezugszeitraum entsprechen und diesen daher nicht deutlich überschreiten.

3. Aktuelle Entscheidung des EuGH zum Verfall von Urlaubsansprüchen

Die Prägungen des deutschen Urlaubsrechts durch die Rechtsprechung des EuGH sind bei weitem noch nicht ab­geschlossen. Der EuGH hat sich erst jüngst erneut mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen ein Urlaubs­anspruch verfällt, und insoweit grundlegend neue Anforde­rungen an die Urlaubsgewährung aufgestellt (EuGH, Urteil vom 06.11.2018, C­684/16).

a) Sachverhalt

Der Kläger war bei dem Beklagten aufgrund mehrerer be­fristeter Arbeitsverträge bis zum 31.12.2013 als Wissen­schaftler angestellt. Im Oktober 2013 bat der Beklagte den Kläger schriftlich, noch vorhandene Urlaubstage vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses zu nehmen. Die zeitliche Lage des Urlaubs wurde dabei nicht verbindlich festgelegt. In der Folge nahm der Kläger insgesamt zwei Tage Urlaub.

Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses hatte der Kläger noch 51 Resturlaubstage. Der Aufforderung des Klägers, ihm die noch offenen Urlaubstage abzugelten, kam der Beklagte nicht nach. Er war der Auffassung, der Kläger hätte seinen Urlaub im Hinblick auf das bekannte Arbeitsvertragsende am 31.12.2013 rechtzeitig einbringen müssen. Daraufhin er

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hob der Kläger entsprechende Zahlungsklage.

Die Vorinstanzen gaben der Klage statt. Das BAG hat hin­gegen die Auffassung vertreten, die fraglichen Urlaubsan­sprüche des Klägers seien gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen, da der Urlaub nicht im Urlaubsjahr genommen worden sei. Die Regelung könne nicht dahingehend ausgelegt werden, dass der Arbeitgeber verpflichtet sei, dem Arbeitnehmer die bezahlte Freistellung aufzuzwingen, um den Urlaubsverfall zu verhindern. Ob eine solche Regelung allerdings mit dem Europarecht vereinbar ist, wurde vom EuGH bisher nicht ein­deutig beantwortet. Das BAG hat dem EuGH daher diese Fra­ge im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens vorgelegt.

b) Entscheidung des EuGH

Nach Ansicht des EuGH ist eine nationale Regelung, nach welcher der Urlaubsanspruch automatisch verfällt, wenn der Arbeitnehmer im betreffenden Bezugszeitraum keinen Urlaubsantrag gestellt hat, mit der Richtlinie 2003/88/EG unvereinbar.

Ein Verfall des Urlaubsanspruchs trete nach europäischem Recht nur dann ein, wenn der Arbeitnehmer aus freien Stü­cken und in voller Kenntnis der sich daraus ergebenden Konsequenzen darauf verzichtet, seinen bezahlten Jah­resurlaub zu nehmen. Dies ergebe sich unter anderem aus Art. 7 der Richtlinie. Der Arbeitgeber sei verpflichtet, den Arbeitnehmer tatsächlich in die Lage zu versetzen, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. Er habe ihn insoweit – erforderlichenfalls förmlich – aufzufordern, den Urlaub zu nehmen. Zudem müsse er dem Arbeitnehmer klar und recht­zeitig mitteilen, dass der Urlaub, wenn er ihn nicht nimmt, am Ende des Bezugszeitraums verfällt. Die Beweislast hier­für trage der Arbeitgeber.

c) Konsequenzen der Entscheidung

Nach deutschem Recht verfällt der Urlaubsanspruch grund­sätzlich mit dem Ende eines Kalenderjahres oder – soweit die Übertragungsvoraussetzungen vorliegen – mit dem Ende des Übertragungszeitraums am 31. März des folgenden Ka­lenderjahres. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeit­nehmer zuvor keinen Urlaubsantrag gestellt hat. Der EuGH hat nunmehr klargestellt, dass eine solche Regelung gegen Unionsrecht verstößt. Der Arbeitgeber hat seine Arbeit­nehmer vielmehr aufzufordern, noch offenen Resturlaub zu nehmen. Zudem sind die Arbeitnehmer über die Konsequen­zen des Verlusts des Urlaubsanspruchs aufzuklären, soll­ten sie dieser Aufforderung nicht nachkommen. Das BAG hat diese Rechtsprechung in einer aktuellen Entscheidung konsequent umgesetzt (BAG, Urteil vom 19.02.2019, 9 AZR 541/15). Noch bleibt allerdings offen, welche Anforderungen die Rechtsprechung an die konkreten Aufklärungs­ und In­formationspflichten des Arbeitgebers stellt. Insbesondere stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber durch einen ein­zelfallunabhängigen Hinweis – beispielsweise im Arbeits­vertrag – seinen Pflichten gerecht wird oder aber eine jähr­

liche Wiederholung erforderlich ist. Hier wird eine weitere Klarstellung durch die Rechtsprechung abgewartet werden müssen.

d) Praxistipp

Arbeitgebern ist jedenfalls aus Nachweisgründen zu ra­ten, die betreffenden Arbeitnehmer rechtzeitig vor Ablauf des Urlaubsjahres bzw. im Falle der Übertragung (erneut) rechtzeitig vor Ablauf des Übertragungszeitraums schrift­lich aufzuklären und zu informieren. Zudem sollten sich Arbeitgeber den Empfang dieser Informationen vom jeweils betroffenen Arbeitnehmer bestätigen lassen. Um perso­nelle Engpässe am Jahresende zu vermeiden, bietet es sich an, bereits zu Jahresbeginn, spätestens jedoch drei Monate vor Ablauf des Bezugs­ bzw. Übertragungszeitraums, der arbeitgeberseitigen Aufklärungs­ und Informationspflicht nachzukommen. Ein allgemeiner Hinweis sollte bereits in den Arbeitsvertrag aufgenommen und ergänzend über die betriebsüblichen Kommunikationskanäle („Schwarzes Brett“, Intranet etc.) veröffentlicht werden. Vorsorglich ist bis zu einer Klärung dieser Frage durch die Rechtsprechung allerdings ergänzend eine jährliche Information zu empfeh­len.

4. Fazit

Die spektakuläre Entscheidung des EuGH führt – ebenso wie die bereits vorangegangen Entscheidungen zum Verfall der Urlaubsansprüche – zu einem grundlegenden Wandel des bisherigen deutschen Urlaubsrechts. Arbeitgeber müssen sich bei der Urlaubsgewährung nun komplett neu aufstel­len. Es wäre wünschenswert, wenn der Gesetzgeber die bis­her ergangene Rechtsprechung des EuGH aus Gründen der Rechtssicherheit und Transparenz in das deutsche Recht einpflegen würde und die – gerade für Laien – kaum über­schaubare Entwicklung des Urlaubsrechts in kodifizierter Form an die geltende Rechtslage anpasst.

GESELLSCHAFTSRECHT

ZUR LEGITIMATIONSWIRKUNG DER GESELLSCHAF-TERLISTE GEM. § 16 ABS. 1 S. 1 GMBHG BEI EINZIE-

HUNG VON GESCHÄFTSANTEILEN

RAin Anna Zaprutckaja | [email protected]

Bereits mit Wirkung zum 01.11.2008 hat der Gesetzgeber die Bestimmung des §  16 Abs.  1 S.  1 GmbHG neu gefasst. Die­se regelt, dass im Verhältnis zur Gesellschaft im Fall einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung als Inhaber eines Geschäftsan­teils als Gesellschafter nur gilt, wer als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste ein­getragen ist. Nun musste sich der Bundesgerichtshof (BGH) erstmals mit der Frage beschäftigen, ob die Legitimations­wirkung des §  16 Abs.  1 S.  1 GmbHG auch bei eingezogenen Geschäftsanteilen Anwendung findet (BGH, Urteil vom 20.11.2018, Az.: II ZR 12/17).

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1. Rechtliche Grundlagen

Die Einziehung von Geschäftsanteilen ist in §  34 GmbHG geregelt. Sie darf nur erfolgen, wenn sie im Gesellschafts­vertrag zugelassen ist und entweder ein sachlicher Grund für die Einziehung gegeben ist (Zwangseinziehung) oder der Betroffene zustimmt (freiwillige Einziehung). Übliche sat­zungsmäßige Einziehungsgründe sind beispielsweise die Insolvenz des Gesellschafters, die Pfändung des Geschäfts­anteils, das Erreichen eines bestimmten Alters, die Beendi­gung der Organstellung im Falle des sog. Managermodells oder das Vorliegen eines wichtigen Grunds in der Person des betroffenen Gesellschafters. Wird ein Geschäftsanteil ein­gezogen, so geht dieser unter.

Die Einziehung erfolgt auf der Grundlage der Satzungsre­gelung durch Beschluss der Gesellschafterversammlung. Lange Zeit ging man davon aus, dass die Einziehung erst mit Zahlung der Abfindung an den Betroffenen aus ungebunde­nem Vermögen der Gesellschaft wirksam wird (frühere sog. „Bedingungslösung“). In seiner Entscheidung vom 24.01.2012 (Az.:  II ZR 109/11) hat der BGH dagegen klargestellt, dass die Einziehung bereits mit der Mitteilung des Beschlusses an den Gesellschafter Wirkung entfaltet, wenn er weder nichtig ist noch für nichtig erklärt wird. Nichtig ist der Ein­ziehungsbeschluss beispielsweise dann, wenn bereits bei Beschlussfassung feststeht, dass das Einziehungsentgelt nicht aus freiem Vermögen der Gesellschaft gezahlt werden kann. Ob dies der Fall ist, kann im Einzelfall schwer zu be­antworten sein und führt zugleich zu Unsicherheit bei der Frage, zu welchem Zeitpunkt die Einziehung wirksam wird.

In seiner neueren Entscheidung vom 20.11.2018 (Az.:  II ZR 12/17) hat sich der BGH nunmehr mit der Frage beschäftigt, ob für die Beurteilung der Gesellschafterstellung im Ver­hältnis zur Gesellschaft auch für den Fall der Einziehung allein auf die im Handelsregister aufgenommene Gesell­schafterliste abzustellen oder ob die materielle Rechtslage maßgeblich ist.

2. Sachverhalt und Verfahrensgang

Der Kläger, sein Vater und W waren Gesellschafter der be­klagten GmbH. Der Kläger hielt 31%, sein Vater 20% und W 49% der Geschäftsanteile an der Beklagten. Am 05.03.2014 übertrug der Vater des Klägers seinen 20%­Geschäftsanteil auf den Kläger. Die entsprechend angepasste Gesellschaf­terliste wurde aber erst am 13.03.2014 ins Handelsregister aufgenommen. Vor der Aufnahme der aktualisierten Gesell­schafterliste ins Handelsregister fand am 07.03.2014 eine Gesellschafterversammlung der Beklagten statt, in der u.a. die Einziehung des Geschäftsanteils des Vaters des Klä­gers beschlossen wurde. Die Klage des Vaters des Klägers gegen die Einziehung seines Geschäftsanteils war erfolg­los. Die insoweit aktualisierte Gesellschafterliste wurde am 15.08.2016 ins Handelsregister aufgenommen.

Mit seiner Klage vor dem Landgericht Köln begehrte der Kläger die Nichtigerklärung und hilfsweise die Feststellung der Nichtigkeit mehrerer Beschlüsse der Gesellschafter­versammlung vom 28.07.2015. Im Zeitpunkt der Gesellschaf­terversammlung vom 28.07.2015 verfügte der Kläger mate­riell­rechtlich nur über einen 31%­Geschäftsanteil an der Beklagten, da der Geschäftsanteil des Vaters des Klägers wirksam eingezogen worden war. Laut der noch im Handels­register hinterlegten Gesellschafterliste verfügte er aber nach der Anteilsübertragung durch seinen Vater über einen 51%­Geschäftsanteil an der Beklagten. Für die Frage der Wirksamkeit der Gesellschafterbeschlüsse war daher die richtige Beurteilung der Mehrheitsverhältnisse maßgeblich.

3. Entscheidung des BGH vom 20.11.2018

Der BGH (Az.: II ZR 12/17) hielt in seiner Entscheidung vom 20.11.2018 fest, dass die Legitimationswirkung der im Han­delsregister aufgenommenen Gesellschafterliste gemäß §  16 Abs.  1 S.  1 GmbHG nicht nur bei der Übertragung, son­dern auch im Falle der Einziehung von Geschäftsanteilen Wirkung entfaltet. Das bedeutet, dass es für die Beurtei­lung der Mehrheitsverhältnisse und die Frage des Abstim­mungsergebnisses in der Gesellschafterversammlung vom 28.07.2015 auf die an diesem Tag im Handelsregister hinter­legte Gesellschafterliste ankam.

Der BGH stellte maßgeblich darauf ab, dass der Wortlaut des §  16 Abs.  1 S.  1 GmbHG nicht danach unterscheidet, worauf die Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung beruht. Zudem ergebe sich aus dem Regierungsentwurf zur Neufassung des § 16 Abs. 1 GmbHG nicht, dass eingezogene Geschäftsanteile von der Legitimationswirkung nicht erfasst sein sollten. Vielmehr sollte die neue Vorschrift nach der Gesetzesbegründung alle Formen des „Anteilsübergangs“ erfassen. Daraus folge aber nicht, dass die Einziehung von Geschäftsanteilen nicht unter § 16 Abs. 1 GmbHG falle. Auch der Sinn und Zweck der Bestimmung spreche für eine Legitimationswirkung bei der Einziehung. §  16 Abs.  1 S.  1 GmbHG diene sowohl der Miss­brauchs­ und Geldwäschebekämpfung als auch der Rechts­sicherheit.

Schließlich verstoße die Berufung des Klägers auf die Le­gitimationswirkung der Gesellschafterliste nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§  242 BGB), da die Wirk­samkeit der Einziehung zum einen nicht evident war und zum anderen die Legitimationswirkung des §  16 Abs.  1 S.  1 GmbHG unterlaufen würde, würde man ihre Geltendmachung bei später festgestellter Unrichtigkeit der Eintragung gene­rell als treuwidrig ansehen.

4. Fazit

Die Entscheidung des BGH ist aus Gründen der Rechtssi­cherheit durchaus zu begrüßen. Wollte man für den Fall

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der Einziehung unter Berufung auf die Entscheidung vom 24.01.2012 (Az.: II ZR 109/11) auf die materielle Rechtsla­ge und den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Einziehung durch Bekanntgabe an den Betroffenen abstellen (siehe dazu oben), erforderte dies unter Umständen eine schwieri­ge materiell­rechtliche Prüfung, da nicht stets offensicht­lich ist, ob der Einziehungsbeschluss wirksam war. Durch das Abstellen auf die im Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste kann stets eindeutig bestimmt werden, wer zu einer Gesellschafterversammlung zu laden ist und wer bei der Beschlussfassung in der Gesellschafterver­sammlung mitstimmen darf.

Bei genauerer Betrachtung erscheinen die vom BGH ange­führten Argumente für die Anwendung des §  16 Abs.  1 S.  1 GmbHG bei der Einziehung jedoch nicht zwingend. Weder der Wortlaut des §  16 Abs.  1 S.  1 GmbHG noch die Gesetz­gebungsmaterialien liefern insoweit ein eindeutiges Er­gebnis. Auch das Argument der Missbrauchs­ und Geldwä­

schebekämpfung greift in diesem Fall nicht, da der wirksam eingezogene Geschäftsanteil untergeht; ein Bedürfnis an Transparenz besteht daher nicht. Schließlich ist durchaus ein gewisser Widerspruch zwischen dieser Entscheidung und dem BGH­Urteil zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Einziehung durch Bekanntgabe gegenüber dem Berech­tigten zu erkennen (Urteil vom 24.01.2012, Az.: II ZR 109/11). Es leuchtet nicht ganz ein, aus welchem Grund auf § 16 Abs.  1 S.  1 GmbHG abgestellt werden muss, wo doch die Gesell­schaft im Gegensatz zu einer grundsätzlich nicht von der Zustimmung der Gesellschafterversammlung abhängigen Anteilsübertragung gemäß §  15 GmbHG an dem relevanten Vorgang der Einziehung durch Beschluss der Gesellschaf­terversammlung selbst beteiligt ist und von diesem daher Kenntnis hat. Auch wenn das Ergebnis der Entscheidung die Rechtsanwendung erleichtert und daher zu begrüßen ist, er­scheint die Argumentation des BGH in diesem Fall ergebnis­orientiert.

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KARTELLRECHT

GUT FÜR KARTELLBETEILIGTE - SCHLECHT FÜR GESCHÄDIGTE: BUNDESGERICHTSHOF ERSCHWERT DIE DURCHSETZUNG VON

KARTELLSCHADENSERSATZANSPRÜCHEN

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat festgestellt, dass bei ei­nem Quoten­ und Kundenschutzkartell die Voraussetzungen für einen Anscheinsbeweis weder hinsichtlich des Eintritts eines Schadens, noch hinsichtlich der Kartellbefangenheit einzelner Aufträge erfüllt sind (BGH, Urteil vom 11.12.2018, Az.: KZR 26/17 – Schienenkartell).

Nach den Feststellungen des BGH streitet zwar (auch wei­terhin) eine tatsächliche Vermutung dafür, dass aus einem Kartell ein entsprechender (Kartell­)Gewinn resultiert und dass einer solchen tatsächlichen Vermutung im Rahmen der freien Beweiswürdigung regelmäßig eine starke indizielle Bedeutung zukommt. Allerdings wird es künftig nicht mehr genügen, sich auf die Feststellung eines typischen Gesche­hensablaufs, also derjenigen Umstände zu beschränken, welche (bisher) die Anwendung des Anscheinsbeweises ermöglicht haben. Vielmehr muss jeweils der gesamte kon­krete Geschehensablauf gewürdigt werden, d.h. die zu­ständigen Instanzgerichte müssen künftig im Rahmen einer umfassenden Beweiswürdigung die Besonderheiten des je­weiligen Einzelfalls berücksichtigen.

Durch das Urteil wurden somit die Anforderungen an die Darlegungs­ und Beweislast hinsichtlich des Eintritts eines Schadens und der Kartellbefangenheit der Aufträge deutlich erschwert. Während es für Kläger damit künftig schwieri­

RA Christoph Richter | [email protected]

ger werden wird, ihre geltend gemachten Kartellschadens­ersatzansprüche durchzusetzen, steigt für Kartellbeteiligte die Wahrscheinlichkeit, sich hiergegen (zumindest teilwei­se) erfolgreich verteidigen zu können.

Die aktuell geltende Rechtslage, d.h. § 33a Abs. 2 des Geset­zes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), die erst für Schadensersatzansprüche gilt, die nach dem 26.12.2016 ent­standen sind, blieb in dem Urteil (zwar) unberücksichtigt. Da der Entstehungszeitpunkt von Kartellen jedoch oftmals viele Jahre oder sogar Jahrzehnte zurückliegt, entfaltet das Urteil (dennoch) eine erhebliche praktische Bedeutung für die Durchsetzung von Kartellschadensersatzansprüchen. Dies gilt sowohl im Hinblick auf künftige Schadensersatz­klagen als auch für laufende Verfahren.

Das BGH­Urteil hat bereits erste praktische Auswirkun­gen in Kartellschadensersatzverfahren z.B. gegen das sog. Süßwarenkartell gezeigt: Zum einen konnten die klagenden Drogerien Schlecker, Rossmann und Müller in Ansehung des BGH­Urteils (zum Schienenkartell) den Anscheinsbeweis hinsichtlich des Schadenseintritts nicht heranziehen, zum anderen hatten die Kläger Schwierigkeiten, ihren konkreten Schaden darzulegen und zu beweisen, weshalb sie im Früh­jahr 2019 ihre Klagen in Höhe von insgesamt rund 27 Millio­nen Euro zurückgezogen haben.

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1. Sachverhalt und Verfahrensgang

Das Bundeskartellamt (BKartA) hatte im Jahr 2013 u.a. gegen die Beklagte, eine Herstellerin von Weichen und Schienen, wegen der Beteiligung an dem Kartell der „Schienenfreun­de“ („Schienenkartell“) ein Bußgeld verhängt; der Bußgeld­bescheid ist rechtskräftig. Die Klägerin, ein regionales Ver­kehrsunternehmen, macht geltend, sie habe aufgrund des Schienenkartells überhöhte Preise zahlen müssen.

Das zuständige Berufungsgericht hatte einen Schadens­ersatzanspruch der Klägerin dem Grunde nach mit der Be­gründung bejaht, es spreche jeweils ein Beweis des ersten Anscheins („Anscheinsbeweis“) dafür, dass (i) der Klägerin aus den Beschaffungsvorgängen, auf die sie ihre Schadens­ersatzforderung stützt, ein Schaden entstanden ist, und (ii) dass diese Beschaffungsvorgänge kartellbetroffen waren.

2. Entscheidung

Nach den Feststellungen des BGH hat die Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises jedoch dazu geführt, dass die rechtlich gebotene umfassende Würdigung der Umstände sowohl hinsichtlich der Entstehung eines Scha­dens als auch bezüglich der Kartellbetroffenheit der in Rede stehenden Aufträge unterblieben und damit unzurei­chend ist. Der BGH hat das Urteil des Berufungsgerichts daher insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist und die Sache in diesem Umfang zu­rückverwiesen.

3. Hintergrund: Anscheinsbeweis

Der Anscheinsbeweis ist eine typisierte Form des Indizien­beweises, der auf der Anwendung von Erfahrungssätzen be­ruht, die typische Geschehensabläufe zum Gegenstand ha­ben. Der Anscheinsbeweis erlaubt in Verbindung mit bereits feststehenden Tatsachen den Schluss auf die eigentlich zu beweisende Tatsache, z.B. auf eine bestimmte Ursache für ein Ereignis oder auf den Eintritt eines bestimmten Erfolgs. Der konkrete Geschehensablauf braucht bei Anwendung des Anscheinsbeweises gerade nicht festgestellt zu wer­den, weil von einem typischen, durch die Lebenserfahrung bestätigten, gleichförmigen Hergang ausgegangen werden kann, solange kein atypischer Geschehensablauf vorliegt. Als typisch – so die Rechtsprechung – könne ein Gesche­hensablauf allerdings nur dann angesehen werden, wenn er so häufig vorkomme, dass die Wahrscheinlichkeit, einen solchen Fall vor sich zu haben, sehr groß sei. Unter Anwen­dung des vorgenannten Maßstabs lagen die Voraussetzun­gen für einen Anscheinsbeweis nach den Feststellungen des BGH weder hinsichtlich des Eintritts eines Schadens noch hinsichtlich der Kartellbefangenheit einzelner Aufträge vor.

4. Kein Anscheinsbeweis für das Vorliegen eines Schadens

Ein Schadensersatzanspruch setzt grundsätzlich voraus, dass der Klägerin aus der Abwicklung der in Rede stehenden Aufträge ein Schaden entstanden ist, die Geschäfte ohne den Wettbewerbsverstoß also jeweils zu günstigeren Kondi­tionen abgeschlossen hätten werden können. Dabei gilt der Beweismaßstab des § 287 Abs. 1 ZPO.

Der BGH bestätigt zwar den wirtschaftlichen Erfahrungs­satz, dass aus der Durchführung eines Preis­, Quoten­ und Kundenschutzkartells oftmals ein Kartellgewinn resultiert. Sofern Unternehmen trotz der damit einhergehenden er­heblichen Risiken Kartellabsprachen träfen, streite eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die im Rahmen eines Kartells erzielten Preise im Schnitt über denen liegen, die sich ohne die wettbewerbsbeschränkende Absprache bil­deten. Diese Vermutung gewinne an Gewicht, je länger und nachhaltiger ein Kartell praktiziert wurde. Einer solchen tatsächlichen Vermutung komme im Rahmen der freien Beweiswürdigung regelmäßig eine starke indizielle Bedeu­tung zu.

Dennoch fehle es angesichts der Vielgestaltigkeit und Kom­plexität von Kartellabsprachen, ihrer Durchführung und ih­rer Wirkungen an der für die Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises erforderlichen Typizität. Ob und gege­benenfalls in welchem Umfang wettbewerbsbeschränkende Absprachen einen Preiseffekt haben, werde von einer Viel­zahl von Faktoren beeinflusst, etwa der Anzahl der Markt­teilnehmer, der Zahl der an den Absprachen beteiligten Un­ternehmen, ihren Möglichkeiten, die für die Umsetzung der Absprachen erforderlichen Informationen auszutauschen, dem Anteil der Marktabdeckung, dem Grad der Kartelldiszi­plin und den Möglichkeiten der Marktgegenseite, ihren Be­darf anderweitig zu decken oder sonstige Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Außerdem könne der Einfluss dieser Faktoren, gerade wenn es (wie im Schienenkartell) um Kartellabsprachen geht, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, erheblichen Veränderungen unterliegen. Insbesondere dürfe nicht aus dem Blick geraten, dass die Absprachen von Unternehmen getroffen werden, die grundsätzlich jeweils ihre eigenen In­teressen verfolgen und nicht durchweg bereit sein müssen, sich der Kartelldisziplin zu fügen.

5. Kein Anscheinsbeweis für die Kartellbefangen-heit der Aufträge

Nach den Feststellungen des BGH gilt dies entsprechend auch im Hinblick auf die Kartellbefangenheit, d.h. die Frage, ob die streitbefangenen Aufträge überhaupt von den vom BKartA festgestellten Absprachen erfasst gewesen sind.

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Zwar seien Quoten­ und Kundenschutzabsprachen grund­sätzlich auf eine möglichst umfassende Wirkung ausgerich­tet. Dies könne eine tatsächliche Vermutung dafür begrün­den, dass Aufträge, die sachlich, zeitlich und räumlich in den Bereich der Absprachen fallen, von diesen erfasst wurden und damit kartellbefangen waren.

Es spreche jedoch keine Typizität dafür, dass Kartellab­sprachen tatsächlich in jedem einzelnen Fall beachtet und umgesetzt werden, die Kartellbefangenheit der einzelnen Aufträge mithin als typischer Geschehensablauf angese­

hen werden könne. In diesem Zusammenhang seien etwa die Kartelldisziplin und das Aufdeckungsrisiko wesentliche Faktoren, die im Einzelfall zu Abweichungen von den Kar­tellabsprachen führen könnten.

Ferner ist nach den Feststellungen des BGH zu berücksich­tigen, dass Kartellabsprachen zeitlich und räumlich eine unterschiedliche Intensität aufweisen können. Schließlich könnten sich Struktur, Teilnehmer und die Marktgegeben­heiten im Laufe der Zeit ändern.

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DAS GEMEINDLICHE VORKAUFSRECHT IM GELTUNGS-BEREICH EINER ERHALTUNGSSATZUNG – PARADIG-MENWECHSEL IN DER VORKAUFSRECHTSPRAXIS DER

LANDESHAUPTSTADT MÜNCHEN

RA Dr. Thomas Schönfeld | [email protected]

Die bundesweit geführte Diskussion um bezahlbaren Wohn­raum hat bekanntlich gerade im Gebiet der Landeshaupt­stadt München große Brisanz. Die Bestandsentwicklung und Sicherung von bezahlbarem Wohnraum ist ein wichtiger Eckpfeiler des Handlungsprogramms „Wohnen in München VI“ der Landeshauptstadt München. Als vorrangiges Ins­trument der Bestandssicherung dient dabei u.a. der Erlass von Erhaltungssatzungen in Form der sogenannten Milieu­schutzsatzungen nach § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB mit dem Zweck, die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung zu er­halten. Für Erhaltungssatzungen bietet das gemeindliche Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BauGB ein wichtiges ergänzendes Sicherungsmittel. Unter der Voraussetzung der Rechtfertigung der Ausübung durch das Wohl der All­gemeinheit nach § 24 Abs. 3 BauGB kann die Gemeinde bei einem Verkauf von Grundstücken im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung ihr Vorkaufsrecht ausüben bzw. alterna­tiv über eine entsprechende Ankündigung der Ausübung den Käufer zur Abgabe einer Abwendungserklärung nach §  27 BauGB bewegen. Wesentlich ist dann, was Inhalt einer sol­chen Abwendungserklärung sein muss. Allgemein gibt § 27 Abs. 1 BauGB vor, dass der Käufer sich zur „maßnahmenkon­formen“ Grundstücksnutzung verpflichten muss.

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1. Neue Vorkaufsrechtspraxis der Landeshauptstadt München

Im Interesse, in Erhaltungssatzungsgebieten den Schutz von bezahlbarem Wohnraum zu verbessern, hat der Stadtrat der Landeshauptstadt München bereits in seiner Sitzung vom 27.06.2018 eine Verschärfung der Abwendungserklärungen beschlossen. Neben den beibehaltenen Verboten der Auf­teilung nach WEG und von Luxussanierungen wurden da­nach Bindungen bei Neuvermietungen von Wohnungen und Beschränkungen für Mieterhöhungen in die Abwendungs­erklärung aufgenommen. Gegenstand der entsprechenden Verpflichtung der Käufer sind danach allerdings nur Be­standsgebäude. Bezüglich bisher unbebauter Grundstücke und der Aufstockung und dem Ausbau bestehender Gebäude in Erhaltungssatzungsgebieten musste der Käufer hingegen keine Verpflichtungen eingehen. Da dies als unbefriedi­gend empfunden wurde, beauftragte der Beschluss vom 27.06.2018 die Stadtverwaltung, ein Konzept zur möglichen Ausweitung der Vorkaufsrechtspraxis auf unbebaute Grund­stücke und Grundstücke mit Baurechtsreserve sowie auf Ausbauten und Aufstockungen zu erarbeiten und dem Stadt­rat zur Entscheidung vorzulegen. Dies ist zwischenzeitlich erfolgt und hat nun mit dem am 10.04.2019 vom Stadtrat der Landeshauptstadt München gefassten Beschluss zu einer grundlegenden und im Bundesgebiet bisher einmaligen Er­weiterung der Vorkaufsrechtspraxis geführt.

Das Vorkaufsrecht in Erhaltungssatzungsgebieten wird danach künftig auch bei unbebauten Grundstücken und Grundstücken mit Wohnbaurechtsreserven geprüft. Beträgt auf einem bebauten Grundstück die vorhandene Wohnbau­rechtsreserve nur bis zu 600 m² Geschossfläche, so soll diese Wohnbaurechtsreserve nicht den Bindungen der Ab­wendungserklärung unterliegen, kann vom Eigentümer bzw. Käufer also im Rahmen der allgemeinen Gesetze realisiert werden. Entsprechendes gilt für unbebaute Grundstücke mit einem vorhandenen Wohnbaurecht bis zu 600 m² Geschoss­fläche, für die dann auch von der Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BauGB abgesehen wird.

Sind an einem bebauten Grundstück mehr als 600 m² Ge­schossfläche Wohnbaurechtsreserven oder an einem un­bebauten Grundstück mehr als 600 m² Geschossfläche Wohnbaurecht vorhanden, so kann nach diesem Stadtratsbe­schluss eine von der Landeshauptstadt München beabsich­tigte Vorkaufsrechtsausübung durch Abwendungserklärung nur dann verhindert werden, wenn von den möglicherweise neu hinzukommenden bzw. neu entstehenden Wohneinhei­ten 30 % den Bindungen der Abwendungserklärung unter­worfen werden. Für 30 % der neu hinzukommenden bzw. neu entstehenden Wohneinheiten muss der Käufer mithin Verpflichtungen gemäß der Abwendungserklärung in der Fassung des Stadtratsbeschlusses vom 27.06.2018 einge­hen. Dies stellt eine erhebliche wirtschaftliche Belastung für den Käufer dar, die, wenn sie nicht zuvor bei der Kauf­preisvereinbarung entsprechend berücksichtigt wurde, zu

massiven wirtschaftlichen Auswirkungen auf Seiten des Käufers führen kann.

2. Bewertung

Die Landeshauptstadt München geht selbst davon aus, dass diese neue Handhabung des Vorkaufsrechts mit Rechts­unsicherheiten verbunden ist. Die damit einher gehenden Prozessrisiken werden – offenbar bewusst – in Kauf ge­nommen. Eine vor dem Stadtratsbeschluss vom 10.04.2019 eingeholte Anfrage beim Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr hat keine Stütze für die Rechts­auffassung der Landeshauptstadt München erbracht; gleichwohl hat das Staatsministerium die Ausweitung der Vorkaufsrechtsausübung auf unbebaute Grundstücke – ohne weitere rechtliche Begründung – als vertretbar bezeichnet. Auch eine Abfrage des städtischen Referats für Stadtpla­nung und Bauordnung in der Fachkommission „Baurecht“ des Deutschen Städtetags blieb ohne klares Ergebnis. Die Problematik soll nachfolgend am Beispiel der unbebauten Grundstücke näher betrachtet werden.

a)

Der Wortlaut von § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BauGB enthält keine Beschränkung auf bebaute Grundstücke. Nachdem in § 24 Abs. 1 BauGB für andere Vorkaufsfälle ­ § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 und 6 BauGB – das gemeindliche Vorkaufsrecht von vorn­herein ausdrücklich begrenzt wird auf unbebaute Grundstü­cke, lässt sich § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BauGB nur so verstehen, dass sowohl bebaute als auch unbebaute Grundstücke im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung grundsätzlich Gegenstand der Vorkaufsrechtsausübung sein können. Dies erklärt sich allerdings vor der Tatsache, dass Erhaltungs­satzungen nach § 172 BauGB unterschiedliche Zwecke ver­folgen können und für die Erhaltungssatzung zur Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebiets aufgrund seiner städtebaurechtlichen Gestalt nach § 172 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, in der – und nur in der – auch die Errichtung baulicher An­lagen einer Genehmigung bedarf, offensichtlich auch ein Bedürfnis gegeben sein kann, das Sicherungsmittel des Vor­kaufsrechts auch an unbebauten Grundstücken einsetzen zu können. Da § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BauGB für Grundstücks­verkäufe in allen Arten von Erhaltungssatzungen gilt, ist es deshalb nicht verwunderlich, dass nicht zwischen bebauten und unbebauten Grundstücken unterschieden wird. Damit gibt § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BauGB dann allerdings auch nichts dafür her, ob in Milieuschutzsatzungen das Vorkaufsrecht auch für unbebaute Grundstücke ausgeübt werden kann. Dies richtet sich vielmehr nach § 24 Abs. 3 BauGB, der die materiellen Voraussetzungen der Vorkaufsrechtsausübung regelt.

b)

Nach § 24 Abs. 3 BauGB darf das Vorkaufsrecht nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies recht

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fertigt. Nachdem es sich bei der Vorkaufsrechtsausübung nicht um eine Maßnahme der Enteignung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG handelt, sind an die Allgemeinwohlrechtfertigung geringere Anforderungen zu stellen als an das Allgemein­wohlerfordernis nach Art. 14 Abs. 3 GG. Nach allgemeiner Auffassung ist lediglich zu fordern, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts der im Allgemeinwohlinteresse liegenden zügigen Durchführung der Maßnahme dient. Beim Vorkaufs­recht im Geltungsbereich von Erhaltungssatzungen ist mithin Voraussetzung die begründete Annahme, dass das Grundstücksgeschäft die mit der Erhaltungssatzung ver­folgten Ziele beeinträchtigt.

Insofern muss im Rahmen von § 24 Abs. 3 BauGB berück­sichtigt werden, welche Anforderungen der Gesetzgeber in § 172 BauGB für Milieuschutzsatzungen an unbebaute Grundstücke stellt. Denn die Kommune kann mit der Vor­kaufsrechtsausübung – und damit korrespondierend mit Abwendungserklärungen – nur vom Gesetzgeber gebilligte Zwecke verfolgen. Das Vorkaufsrecht ist dagegen kein Ins­trument, um damit Zwecke zu verfolgen, die mit der städte­baulichen Maßnahme selbst nicht gesteuert werden können.

Unbebaute Grundstücke als solche bleiben in § 172 BauGB in Milieuschutzsatzungen ungeregelt. Dies ist auch nicht verwunderlich, weil ein unbebautes Grundstück als solches nicht geeignet ist, die im Gebiet gegebene Milieustruktur zu beeinflussen.

Ein Verkauf eines bisher unbebauten Grundstücks führt al­lerdings meist zu einer Bebauung durch den Käufer. Es kann deshalb bei der Vorkaufsrechtsprüfung durchaus auch in den Blick genommen werden, welche Anforderungen Mi­lieuschutzsatzungen an die Bebauung bisher unbebauter Grundstücke stellen. Hier ist zunächst festzustellen, dass die Errichtung baulicher Anlagen keiner erhaltungssat­zungsrechtlichen Genehmigung bedarf. Damit hat der Ge­setzgeber entschieden, dass an die Errichtung baulicher Anlagen auf bisher unbebauten Grundstücken keinerlei erhaltungssatzungsrechtliche Anforderungen zu stellen sind. Der Vorgang ist nach der Wertung des Gesetzgebers für die mit einer Milieuschutzsatzung verfolgten, gesetz­lich legitimierten Zwecke gleichsam neutral. Wird die Be­bauung eines bisher unbebauten Grundstücks durch den Grundstückseigentümer von der Milieuschutzsatzung nicht erfasst, so lässt sich nicht behaupten, dass der Verkauf des Grundstücks zum Zwecke der Bebauung durch den Käufer die mit der Milieuschutzsatzung verfolgten Ziele beein­trächtigen könnte. Das Allgemeinwohlerfordernis nach § 24 Abs. 3 BauGB kann somit nicht erfüllt sein.

Unter der Voraussetzung einer entsprechenden landes­rechtlichen Rechtsverordnung ist allerdings die Begrün­dung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nach WEG an Gebäuden, die ganz oder teilweise Wohnzwecken zu dienen bestimmt sind, nach § 172 Abs. 1 S. 4 BauGB in Ver­bindung mit der landesrechtlichen Rechtsverordnung ge­nehmigungspflichtig. Die erforderliche Rechtsverordnung

enthält in Bayern § 5 der Durchführungsverordnung Woh­nungsrecht; sie gilt derzeit bis zum Ablauf des 28.02.2024. Das Genehmigungserfordernis gilt nach seinem Wortlaut auch für eine Aufteilung nach WEG im Zuge einer erstma­ligen Bebauung eines Grundstücks bzw. der Realisierung von Baurechtsreserven. Die Genehmigung der Begründung von Wohnungs­ und Teileigentum darf nach § 172 Abs. 4 S. 1 BauGB nur versagt werden, wenn eine Verdrängungsgefahr für die Wohnbevölkerung mit der Folge negativer städte­baulicher Wirkungen zu erwarten ist. Da nach den vorste­henden Ausführungen für Milieuschutzsatzungen davon auszugehen ist, dass nach der Wertung des Gesetzgebers die erstmalige Bebauung eines bisher unbebauten Grund­stücks keine Gefahr für die Struktur der Wohnbevölkerung bildet, kann es auch nicht darauf ankommen, ob für diese Neubebauung eine Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum vorgesehen ist. Es bleibt dabei, dass eine Mi­lieuschutzsatzung nur den von der gegebenen Wohnbevöl­kerung genutzten Bestand an Wohnraum erfasst und dessen Erhaltung bezweckt. Alle Änderungen im Geltungsbereich einer Milieuschutzsatzung, die nicht diesen vorhandenen Bestand betreffen, sind nicht geeignet, die mit der Satzung legitimierten Ziele zu beeinträchtigen.

In der Beschlussvorlage zum Stadtratsbeschluss vom 10.04.2019 wird von der Landeshauptstadt München argu­mentiert, das Wohl der Allgemeinheit im Sinne von § 24 Abs. 3 BauGB rechtfertige es, punktuell bei einem Grundstück eine Verbesserung für das zu schützende Milieu herbeizu­führen, um damit nachteiligen Änderungen für dessen Per­sonenkreis an anderer Stelle im Erhaltungssatzungsgebiet entgegenzuwirken. Eine derart „bilanzierende“ Zielsetzung kann § 172 BauGB schwerlich entnommen werden. Es trifft zwar zu, dass eine Milieuschutzsatzung den Erhalt der vor­handenen gebietsspezifischen Bevölkerungsstruktur im ge­samten Gebiet bezweckt. Gleichwohl kann aus § 172 BauGB keine Verpflichtung eines Grundstückseigentümers ent­nommen werden, zum Ausgleich abstrakter anderweitiger nachteiliger Änderungen im geschützten Gebiet

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gleichsam kompensatorische Verbesserungen für die aus städtebaulichen Gründen geschützte Bevölkerungsstruktur auszuführen. Maßstab der Prüfung ist vielmehr stets, ob die konkret zu beurteilende Maßnahme (hier: Begründung von Wohnungs­ und/oder Teileigentum) generell, insbesondere auch im Hinblick auf ihre Vorbildwirkung, geeignet ist, die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung zu verändern. Eine relevante Veränderung ist dabei allerdings nur dieje­nige, welche eine Verdrängungsgefahr für die vorhandenen Bewohner begründet. Maßnahmen, die den Wohnraum der vorhandenen Bevölkerungsstruktur nicht betreffen, können diese Verdrängungsgefahr nicht begründen. Und solange die vorhandene Bevölkerungsstruktur nicht verdrängt wird, lässt sich auch schwerlich argumentieren, dass die für die jeweilige Bevölkerungsstruktur vor Ort konkret gegebene Infrastruktur funktionslos zu werden droht.

3. Ergebnis

Die Landeshauptstadt München ist zurecht davon aus­gegangen, dass ihre geänderte Vorkaufsrechtspraxis mit rechtlichen Risiken verbunden ist; diese können durchaus als erheblich bezeichnet werden. Das Vorgehen mag aus den angegebenen Gründen der Schaffung von weiterem bezahl­barem Wohnraum in Milieuschutzsatzungen verständlich sein. Aber nicht jeder nachvollziehbare Zweck rechtfertigt die Ausübung eines Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 3 BauGB bzw. entsprechende Verpflichtungen in Abwendungserklä­rungen zur Ausräumung dieses Vorkaufsrechts. Vor dem Hintergrund der derzeit gegebenen Gesetzeslage dürfte für die geänderte Vorkaufsrechtspraxis der Landeshauptstadt München die erforderliche gesetzliche Legitimation fehlen.

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BUNDESVERWALTUNGSGERICHT ERWEITERT NACHBARRECHTSSCHUTZ

RA Dr. Christian Braun | [email protected]

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1. Verschiedener Sachverhalt

Sowohl das Grundstück des Bauherrn als auch das Grund­stück des klagenden Nachbarn (ein Yachtclub) liegen un­mittelbar am Ufer des Wannsees. Das Grundstück des Yachtclubs ist mit einer im Jahr 1919 errichteten, zwei­geschossigen Villa mit hohem Walmdach bebaut und wird für Zwecke des Vereins genutzt. Das Grundstück des Bau­herrn ist mit einem in den siebziger Jahren zu Wohnzwe­cken errichteten Terrassenhaus bebaut, welches seit dem Jahr 2009 leer steht. Beide Grundstücke liegen jeweils im Geltungsbereich eines Bebauungsplans vom 09.11.1959. Der Bebauungsplan setzt ein Sondergebiet für Wassersport und Wohnen fest. Weiter setzt der Bebauungsplan u.a. fest, dass die Gebäude mit höchstens zwei Vollgeschossen ausgeführt werden dürfen. Der Begründung des Bebauungsplans ist zu entnehmen, dass die Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung (also u.a. die Begrenzung auf zwei Vollgeschosse) zur Erhaltung des grünen Gebietscharakters am See und zum Schutz des Landschaftsbildes erfolgt sind. Dem Be­bauungsplan konnte dagegen nicht entnommen werden, dass die Begrenzung des Maßes der baulichen Nutzung auch dem Schutz der jeweils im Plangebiet ansässigen Nachbarn dienen soll.

Dem Bauherrn wurde im Rahmen des erteilten Vorbescheids trotz der Vorgabe im Bebauungsplan, dass maximal zwei Vollgeschosse zulässig sind, die Errichtung eines Gebäudes mit sechs Vollgeschossen nebst entsprechender Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans in Aussicht ge­stellt. Der vom Yachtclub gegen den Vorbescheid erhobene Widerspruch war noch erfolglos. Die Ablehnung wurde damit begründet, dass nach Maßgabe der Vorgaben der Rechtspre­chung einer Befreiung vom Maß der baulichen Nutzung keine nachbarschützende Wirkung zukomme und eine Aufhebung des Vorbescheids daher an einer Nachbarrechtsverletzung scheitere. Die hiergegen erhobene Klage war in allen drei Instanzen erfolgreich.

2. Kontext und bisherige Rechtsprechung

Nach ständiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte können Nachbarn gegen eine Baugenehmigung (oder einen Vorbescheid) nur dann erfolgreich klagen, soweit sie durch die Baugenehmigung (oder durch den Vorbescheid) in nach­barrechtlich relevanten Rechtspositionen verletzt werden. Anerkannt ist insoweit, dass die Festsetzungen eines Be­bauungsplans zur Art der baulichen Nutzung (also z.B. Woh­nen oder Gewerbe) kraft Bundesrechts stets Nachbarrechte begründen. Zur Erläuterung sei hierzu ausgeführt, dass z.B. in einem festgesetzten „Reinen Wohngebiet“ grundsätz­lich jeder Eigentümer eines Grundstücks in diesem Plan­gebiet eine Baugenehmigung (bzw. einen Vorbescheid), die (der) eine Gewerbenutzung im Plangebiet zulässt, erfolg­reich angreifen kann. Den Eigentümern von Grundstücken im festgesetzten Baugebiet wird insoweit ein sogenannter Gebietserhaltungsanspruch zugestanden. Der Gebietserhal­

tungsanspruch kann von den Nachbarn im Plangebiet auch dann geltend gemacht werden, wenn eine tatsächliche Be­einträchtigung (z.B. durch den Lärm des zugelassenen Ge­werbes im Wohngebiet) ausgeschlossen ist. Mit Hilfe einer Klage gegen die Baugenehmigung (bzw. den Vorbescheid) kann so stets verhindert werden, dass durch eine zugelas­sene gebietsfremde Nutzung der bisherige Gebietscharak­ter in Frage gestellt wird oder gar verloren geht.

Den Festsetzungen eines Bebauungsplans zum Maß der baulichen Nutzung (Anzahl der Vollgeschosse, Höhe der Gebäude, Grundflächenzahl, Geschossflächenzahl und Bau­massenzahl) wurde bisher dagegen nur in absoluten Aus­nahmefällen nachbarschützende Wirkung zugesprochen. Gefordert wurde insoweit, dass sich aus dem Bebauungs­plan explizit ergeben muss, dass die Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung auch zum Schutz der jeweili­gen Nachbarn getroffen wurden. Für das Maß der baulichen Nutzung enthalten Bebauungspläne aber meist keine Aus­führungen dahingehend, dass die Festsetzungen auch dem Nachbarschutz dienen sollen. Entsprechende Nachbarkla­gen wurden bisher daher in aller Regel abgewiesen.

3. Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts

Die bisherige Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungs­gericht nunmehr mit Urteil vom 09.08.2018 (Az.: 4 C 7/17) grundlegend in Frage gestellt. Die bisher geforderte Er­kennbarkeit des gewollten Nachbarschutzes aus dem Be­bauungsplan soll nunmehr nicht mehr erforderlich sein. Für die Annahme einer nachbarschützenden Wirkung soll es vielmehr bereits ausreichend sein, wenn durch eine Fest­setzung zum Maß der baulichen Nutzung ein nachbarliches Austauschverhältnis entsteht. Ein so begründetes Aus­tauschverhältnis verleiht den Eigentümern im Plangebiet dann wie beim Gebietserhaltungsanspruch ein Abwehrrecht gegen rechtswidrige Maßüberschreitungen und zwar – wie beim Gebietserhaltungsanspruch – unabhängig von einer tatsächlichen Beeinträchtigung des klagenden Nachbarn. Unter welchen Voraussetzungen ein nachbarliches Aus­tauschverhältnis entsteht, hat das Bundesverwaltungsge­richt aber nicht beantwortet.

Bei Festsetzungen zur zulässigen Höhe von Gebäuden bzw. bei der zulässigen Anzahl der Vollgeschosse lässt sich ein nachbarliches Austauschverhältnis grundsätzlich leicht herleiten. Denn die Beschränkung der Höhe der baulichen Anlagen (bzw. die Beschränkung der Anzahl der Vollge­schosse) führt zwar einerseits zu einem reduzierten Bau­recht. Andererseits wird für die Eigentümer im Plangebiet durch das reduzierte Baurecht aber auch eine gute Belich­tung und Besonnung (oder auch ein entsprechender Aus­blick) gewährleistet.

Durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist daher von einer deutlichen Ausweitung der nachbarrechtlichen Abwehrrechte auszugehen. Mangels klarer Vorgaben zu der

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Frage, wann ein nachbarliches Austauschverhältnis ent­steht, führt dies für die Genehmigungsbehörden und die von den Befreiungen begünstigten Bauherren zu erheblichen Rechtsunsicherheiten.

4. Hintergrund der Entscheidung

Anlass für die Änderung der Rechtsprechung durch das Bundesverwaltungsgericht dürfte die in vielen Städten praktizierte Genehmigungspraxis der Bauaufsichtsbehör­den sein. Die Genehmigungsbehörden lassen oft umfang­reiche Befreiungen vom festgesetzten Maß der baulichen Nutzung eines Bebauungsplans zu, z.B. um schnell zusätz­lichen Wohnraum schaffen zu können. Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans würden nach §  31 BauGB eigentlich voraussetzen, dass durch die Befreiung die Grundzüge der Planung nicht beeinträchtigt werden. Zu­lässig wären danach nur geringfügige Befreiungen von den

Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung. Soweit der Bebauungsplan z.B. maximal zwei Vollgeschosse zulässt, dürfte bereits die Befreiung für ein drittes Vollgeschoss die Grundzüge der Planung beeinträchtigen. Viele von den Behörden mit Befreiungen versehenen Baugenehmigun­gen sind daher rechtswidrig. Diese rechtswidrige Geneh­migungspraxis konnte bisher nicht verhindert werden, da klagenden Nachbarn keine anerkannte Nachbarrechtsposi­tion zugesprochen wurde und die entsprechenden Klagen abgewiesen wurden. Das Bundesverwaltungsgericht ver­sucht nunmehr wohl über den Nachbarrechtschutz wieder für rechtmäßigere Zustände zu sorgen. Im Falle einer ge­wünschten Nachverdichtung müssen die Gemeinden daher zukünftig entsprechend den gesetzlichen Vorgaben den Bebauungsplan rechtswirksam ändern. Dies erfordert eine umfangreiche Abwägung der damit einhergehenden Inte­ressen der Planbetroffenen und nimmt deutlich mehr Zeit in Anspruch als die Erteilung von rechtswidrigen Befreiungen.

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REAL ESTATE

BAUUNTERNEHMER HAFTET NICHT FÜR BESCHÄDIGUNG DES NACHBARGEBÄU-

DES DURCH UNTERFANGUNG

RA Steffen Krämer | [email protected]

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1. Leitsätze

• Dem Nachbarn eines Bauvorhabens steht kein Anspruch gegen den Bauunternehmer zu, sofern er mit dem Bau­herrn vor Beginn der Bauarbeiten einen nachbarschaft­lichen Haftungsvertrag abgeschlossen hat.

• Durch eine vertragliche Vereinbarung zwischen den Nachbarn scheidet ein Anspruch aus Vertrag mit Schutz­wirkung zu Gunsten Dritter gegen das Bauunternehmen mangels Schutzbedürftigkeit aus.

2. Problemstellung und Sachverhalt

Der Kläger und die Beklagte zu 1), ein Projektentwickler für Einkaufszentren, sind Eigentümer zweier aneinander grenzender Nachbargrundstücke. Der Projektentwickler beabsichtigte den Abriss des auf seinem Grundstück be­findlichen, an das Geschäftshaus des Klägers angrenzenden Gebäudes und die anschließende Errichtung eines Einkaufs­zentrums. Als Generalunternehmer für das Vorhaben wurde der Beklagte zu 2) beauftragt. Vor Beginn der Baumaßnah­men schlossen der Kläger und der Projektentwickler eine „nachbarrechtliche Vereinbarung“. Mit dieser Vereinbarung verpflichtete sich der Projektentwickler dazu, für alle Schä­den, die im Zusammenhang mit der Unterfangung auftreten sollten, in vollem Umfange und verschuldensunabhängig einzustehen.

Während der Bauausführung traten am maroden und sanie­rungsbedürftigen Geschäftsgebäude des Klägers Risse auf, die durch die Unterfangung verursacht sein sollen. Der Klä­ger ist der Auffassung, dass die Unterfangung mangelhaft ausgeführt wurde. Wegen der entstandenen Beschädigun­gen begehrt der Kläger Schadensersatz von dem Projekt­entwickler und dem Generalunternehmer in Höhe von mehr als EUR 200.000,00.

3. Entscheidung

Das Begehren des Klägers hatte nur zum Teil Erfolg. Das Landgericht hatte der klägerseitigen Forderung noch voll­umfänglich sowohl gegenüber dem Projektentwickler als auch gegenüber dem Generalunternehmer stattgegeben. Zur Begründung hatte es ausgeführt, dass der Projektentwickler aus der nachbarrechtlichen Vereinbarung und der General­unternehmer als weiterer Gesamtschuldner aus §  823 Abs. 2 i.V.m. § 909 BGB wegen einer unzulässigen Vertiefung des Grundstücks hafteten.

Auf die Berufung beider Beklagter zum Oberlandesgericht Dresden hin wurde das Urteil bzgl. des Projektentwicklers aufrechterhalten. Im Hinblick auf den Generalunternehmer wurde jedoch das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (OLG Dresden, Urteil vom 23.06.2016, Az.: 9 U 955/15).

Das Oberlandesgericht Dresden hat festgestellt, dass dem Kläger gegen den Generalunternehmer kein Anspruch auf Schadensersatz wegen der vermeintlich im Zuge der Unter­fangung seines Gebäudes entstandenen Schäden zustehe. Insbesondere könne der Kläger seinen Anspruch nicht da­rauf stützen, dass er in den Schutzbereich des General­unternehmervertrages zwischen dem Projektentwickler als Auftraggeber und dem Generalunternehmer einbezogen ist. Unter Verweis auf die höchstrichterliche Rechtsprechung führt das OLG Dresden aus, dass die Einbeziehung eines Dritten nur gerechtfertigt ist, wenn dieser schutzbedürftig ist.

In dem gegenständlichen Sachverhalt stand dem Kläger aber ein gleichwertiger vertraglicher Anspruch gegen den Projektentwickler aus der Nachbarvereinbarung zu. Durch diese verpflichtete sich der Projektentwickler, verschul­densunabhängig für alle dem Kläger durch das Bauvorhaben und damit auch durch die Unterfangung entstehenden Schä­den einzustehen. Ebenso kann sich der Kläger nicht mit Er­folg darauf berufen, dass der Projektentwickler dem Kläger in der Nachbarvereinbarung etwaige Mängelansprüche (ein­schließlich Schadensersatz) des Projektentwicklers gegen den Generalunternehmer abgetreten hat. Denn dem Projekt­entwickler selbst ist nach Auffassung des OLG Dresden kein Schaden entstanden. Der Projektentwickler könnte von dem Generalunternehmer allenfalls Freistellung von möglichen Ansprüchen des Klägers verlangen, wenn der Generalunter­nehmer tatsächlich mangelhaft gearbeitet hat, was im vor­liegenden Fall nicht nachgewiesen war. Die Abtretung eines Freistellungsanspruchs wird aber überwiegend als unzuläs­sig angesehen. Im vorliegenden Fall schied – nach einer Ein­vernahme der Bau­ und Oberbauleiter – auch ein Anspruch aus §§ 823, 831 BGB wegen Organisationsverschuldens bzw. wegen Verkehrssicherungspflichtverletzung aus.

4. Praxishinweis

Die Rechtsprechung geht regelmäßig davon aus, dass die Nachbarn in den Schutzbereich des Bauvertrages zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer einbezogen wer­den (vgl. KG Berlin, Urteil vom 21.08.2003, Az.: 27 U 338/02; OLG Jena, Urteil vom 31.03.2010, Az.: 7 U 593/09). Das Urteil des OLG Dresden steht nur auf den ersten Blick in Wider­spruch zu dieser Rechtsprechung. Vorliegend ist nämlich zu berücksichtigen, dass nach dem Urteil des OLG Dresden der nachbarrechtliche Vertrag die Inanspruchnahme des Bau­unternehmers durch den Geschädigten ausschließt.

Grundsätzlich ist festzustellen, dass einem Nachbarn eines Bauvorhabens ohnehin ein ­ verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 BGB gegen den Eigentümer oder in entsprechender Anwendung gegen den Bauherrn zusteht. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob es einer Einbeziehung des Nachbarn in den Schutzbereich des Bauvertrages zwischen dem Bauherrn

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und dem Bauunternehmer überhaupt bedarf. Denn neben dem nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch nach § 906 BGB gegen den Eigentümer des Baugrundstückes steht ei­nem geschädigten Nachbarn gegen das ausführende Unter­nehmen immer ein Anspruch aus Eigentums­ bzw. Besitz­verletzung zu, wenn dieses das Eigentum oder den Besitz des Nachbarn schuldhaft beschädigt hat. Ein Verschulden liegt allerdings dann nicht vor, wenn der Eintritt des Scha­dens auch bei ordnungsgemäßer Ausführung der Arbeiten unvermeidbar war (z.B. das Auftreten von Rissen bei einem den anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Ein­bringen von Spundbohlen zur Baugrubensicherung).

Darüber hinaus ist zu beachten, dass auch der Abschluss einer nachbarrechtlichen Haftungsvereinbarung keinen

Freifahrtschein für den Bauunternehmer darstellt. Vielmehr kann er auch bei Abschluss einer Nachbarvereinbarung zwi­schen Bauherrn und Nachbarn dem Nachbarn gegenüber selbst haften, wenn er die Arbeiten schuldhaft fehlerhaft ausführt und dadurch Eigentum oder Besitz des Nachbarn schädigt. Setzt der Unternehmer einen Nachunternehmer ein, so muss er beweisen, dass er diesen sorgfältig aus­gewählt und überwacht hat (sog. Exkulpation). Kann er dies nicht, so haftet der Bauunternehmer auch nach § 831 Abs. 1 BGB für die von seinem Nachunternehmer schuldhaft an Eigentum und Besitz des Nachbarn verursachten Schäden.

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PHOTOVOLTAIKANLAGEN – FINDET DIE FÜNF-JÄHRIGE VERJÄHRUNG ANWENDUNG?

RAin Vera Lederer | [email protected]

Nachdem die Gewinnung erneuerbarer Energien vor dem Hintergrund des drohenden Klimawandels wie auch schwin­denden Ressourcen weiter in den Fokus rückt, entscheiden sich immer mehr Bauherren bei Neuerrichtung oder Umbau für die Installation einer Photovoltaikanlage auf dem Dach des Bauvorhabens. Während Photovoltaikanlagen vor eini­gen Jahren in städtischen Gebieten noch exotisch anmute­ten, produzieren mittlerweile immer mehr Hauseigentümer ihren Strom durch eine dachseits installierte Photovoltaik­anlage selbst.

Der Zuwachs an Photovoltaikanlagen führt unweigerlich dazu, dass auch die Rechtsprechung zunehmend mit recht­lichen Fragen hinsichtlich solcher Anlagen beschäftigt ist, etwa welche Art von Vertrag vorliegt und welche Rechts­normen Anwendung finden. In Betracht kommt dabei, je nach Ausführung der Anlage, die Annahme eines Werklieferungs­vertrags mit Montageverpflichtung, der nach Kaufrecht zu bewerten ist, oder aber eines Werkvertrags.

Insbesondere interessant für Architekten, Ingenieure und andere Beteiligte, die Arbeiten an Photovoltaikanlagen pla­nen und ausführen, ist dabei die Frage, welcher Verjährung Mängelansprüche an solchen Anlagen unterliegen.

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1. Gesetzliche Grundlagen

§ 634a BGB regelt die Verjährung der werkvertraglichen Mängelansprüche.

Nach § 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB verjähren Mängelansprüche bei einem Werk, dessen Erfolg in der Herstellung, Wartung oder Veränderung einer Sache oder in der Erbringung von Planungs­ oder Überwachungsleistungen hierfür besteht, innerhalb von zwei Jahren. Abweichend hiervon verjähren nach § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB Ansprüche bei Arbeiten an ei­nem Bauwerk erst nach fünf Jahren.

Hintergrund der deutlich verlängerten Gewährleistungsfrist bei Arbeiten an Bauwerken ist, dass Mängel an Bauwerken erst später und schwerer erkennbar sind als bei anderen Werken, sei es aufgrund Verdeckung durch weiterführende Arbeiten oder aber durch die nutzungsbedingte Witterung. Folge der spät erkannten Mängel sind in besonderem Maße nachteilige Auswirkungen auf die Substanz. Diese typische Risikolage rechtfertigt die Anwendbarkeit einer deutlich verlängerten Verjährungsfrist.

Ein Bauwerk ist eine unbewegliche, durch Verwendung von Arbeit und Material in Verbindung mit dem Erdboden her­gestellte und auf nicht nur vorübergehende Verbindung mit diesem angelegte Sache. Von dem Begriff der „Arbeiten“ sind als Leistungen neben der Neuherstellungen auch Er­weiterungen der Gebäudesubstanz, ferner Einbau­, Umbau­ und Erneuerungsarbeiten erfasst, wenn sie insgesamt einer Neuerrichtung gleichzuachten sind. Dabei kommt es neben der Bestimmung zu einer dauerhaften Nutzung insbeson­dere darauf an, dass eine der Neuerrichtung vergleichbare Risikolage bezüglich verdeckter Mängel vorliegt (vgl. BGH Urteil vom 20.12.2012, Az.: VII ZR 182/10).

Auch für den Fall, dass über einen Werklieferungsvertrag nach § 651 BGB die kaufrechtliche Regelung über die Ver­jährung, § 438 BGB, Anwendung findet, sieht § 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB spezielle Regelungen für Bauwerke vor.

In § 438 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) BGB ist eine fünfjährige Verjäh­rungsfrist für den Kauf von Bauwerken geregelt; ebenso gilt nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 lit. b) die verlängerte Verjährung für Baustoffe und Bauteile, damit für alle Sachen, die üblicher­weise zur Herstellung von Bauwerken verwendet werden.

2. Vorangegangene Entscheidungen zum Thema Verjährung von Arbeiten an Photovoltaikanlagen

a) Achter Zivilsenat des BGH

Bereits 2013 beschäftigte sich der BGH mit der Frage, ob die Ansprüche eines Käufers wegen Mangelhaftigkeit der Komponenten einer Photovoltaikanlage, die auf dem bereits vorhandenen Dach einer Scheune angebracht wurde, der fünfjährigen Verjährung nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 lit. b) BGB

unterliegen. Der damals zuständige achte Zivilsenat des BGH verneinte die Anwendbarkeit der verlängerten Ver­jährung nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) oder b) BGB mit der Begründung, die gekauften Sachen, damit die Komponen­ten der Photovoltaikanlage, seien nicht „für ein Bauwerk“ verwendet worden. Zur Ermittlung des Kriteriums „für ein Bauwerk“ zog der Senat die zu § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB ent­wickelten Grundsätze heran. Nach Auffassung des Senats war die streitgegenständliche Photovoltaikanlage danach kein Bauwerk im Sinne des Gesetzes, da sie weder für die Erneuerungs­ oder Umbauarbeiten an der Scheune noch für deren Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit von (wesentlicher) Bedeutung war. Mangels Funktion für das Gebäude selbst wurden die für die Montage gelieferten Einzelteile daher nicht „für ein Bauwerk“ verwendet. Auch eine – vorliegend nicht gegebene – etwaige Stromeinspei­sung für die Energieversorgung der Scheune änderte nach Ansicht des BGH an diesem Ergebnis nichts, sofern Haupt­zweck der Photovoltaikanlage die Schaffung einer zusätz­lichen Einnahmequelle ist (vgl. BGH, Urteil vom 09.10.2013, Az.: VIII ZR 318/12).

b) Siebter Zivilsenat des BGH

2016 hingegen wandte sich der siebte, für Werkvertrags­recht zuständige Zivilsenat des BGH diametral gegen das vorgenannte Urteil des achten Senats.

Dem hier zu entscheidenden Sachverhalt lag eine Baumaß­nahme zugrunde, bei der eine Photovoltaikanlage fest auf dem Dach einer bereits bestehenden Tennishalle montiert wurde. An dieser Anlage zeigten sich nach Abschluss des Bauvorhabens Mängel.

Der siebte Senat qualifizierte den Vertrag über die Errich­tung der Photovoltaikanlage als Werkvertrag, da er die Durchführung der handwerklichen Installations­ und An­passungsarbeiten als die den Vertrag maßgeblich prägenden Pflichten ansah. Weiterhin bewertete er den Einbau der

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Photovoltaikanlage als grundlegende Erneuerung der Ten­nishalle, die insgesamt einer ganzen oder teilweisen Neuer­richtung gleichzuachten sei; dies folge aus den erheblichen Eingriffen in Dach und Gebäudeaußenhaut zur Sicherung des Gebäudes vor Wind und Wetter.

Weiter entschied der siebte Zivilsenat, dass die fünfjährige Verjährungsfrist des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB bei der nach­träglichen Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem Dach einer Tennishalle Anwendung findet, wenn die Photo­voltaikanlage zur dauernden Nutzung fest eingebaut wird, der Einbau eine grundlegende Erneuerung der Tennishalle darstellt, die einer Neuerrichtung gleichzuachten ist, und die Photovoltaikanlage der Tennishalle dient, indem sie eine Funktion für diese erfüllt. Die Funktion der Photovoltaikan­lage sah der BGH darin, dass die Tennishalle aufgrund einer Funktionserweiterung zusätzlich Trägerobjekt der Anlage sei. Als unerheblich dagegen erachtete der Senat, ob der erzeugte Strom zur Energieversorgung der Tennishalle ver­wendet wird.

Zudem führte der Senat „klarstellend“ aus, dass seiner Auf­fassung nach die Photovoltaikanlage selbst als Bauwerk zu klassifizieren sei, da sie über das Gebäude eine feste Verbindung mit dem Erdboden habe (vgl. BGH, Urteil vom 02.06.2016, Az.: VII ZR 348/13).

Dieser Streit der Senate ist bislang nicht entschieden, da der siebte Senat bei seiner Entscheidung kein Bedürfnis für die Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen sah.

3. Urteil des BGH vom 10.01.2019

a) Sachverhalt

In dem der aktuellen BGH­Entscheidung (BGH, Urteil vom 10.01.2019, Az.: VII ZR 184/17) zugrunde liegenden Sachver­halt baute der Auftraggeber ein größeres Bürogebäude in ein Studentenwohnheim mit 120 Einheiten um, wobei das Bestandsgebäude komplett entkernt wurde. Eine Photovol­taikanlage wurde über mehrere Stockwerke hinweg in die Fassade des umgestalteten Gebäudes integriert und über­nahm auch die Funktion des Putzes in diesen Bereichen.

Beklagter war der Ingenieur, der mit der Planung und Bau­überwachung der Photovoltaikanlage beauftragt war. Be­reits kurz nach Einbau der Anlage im November 2003 wurde im Zuge einer Teilabnahme festgestellt, dass die Anlage nicht die prognostizierte Leistung erbrachte. Daraufhin lei­tete der Auftraggeber im April 2005 ein selbstständiges Be­weisverfahren ein, das 2010 sein Ende fand. Im September 2014 erhob der Auftraggeber Klage und verlangte u.a. die Kosten einer durchgeführten Sanierung sowie entgangene Einspeisevergütung bis zur Sanierung. Der beklagte Inge­nieur berief sich auf Verjährung.

b) Entscheidung

In Bestätigung seines vorangegangenen Urteils wies der siebte Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 10.01.2019 (Az.: VII ZR 184/17) die Einrede der Verjährung zurück, da die fünfjäh­rige Verjährungsfirst des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB Anwendung finde.

Entgegen der Ansicht der Vorinstanz entschied der Senat, dass § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB auch für Umbauarbeiten an­wendbar sei, die für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung sind, sofern die eingebauten Teile mit dem Gebäude fest verbunden sind.

Nach Auffassung des BGH kam es hier nicht auf die zwi­schen den Senaten streitige Frage an, ob eine Photovoltaik­anlage selbst Bauwerksqualität habe. Ebenso wenig ent­scheidungserheblich war, ob die Photovoltaikanlage dem Gebäude diente, indem dieses zugleich Trägerobjekt der Anlage wurde.

Stattdessen stellte der BGH auch hier entscheidend dar­auf ab, dass bei der vorliegend in die Fassade integrierten Photovoltaikanlage die typische Risikolage vorliege, die die Anwendbarkeit der verlängerten Verjährungsfrist rechtfer­tige. Diese ergebe sich bereits daraus, dass sich auch hier Mängel typischerweise erst weit nach Abschluss des Bau­vorhabens zeigen.

Dabei ist es nach der Entscheidung des BGH unerheblich, dass der konkret streitgegenständliche Mangel bereits kurz nach Abschluss des Bauvorhabens erkannt wurde. Die für Bauwerke typische Risikolage der späten Erkennbarkeit von Mängeln stelle keine weitere Voraussetzung im Einzelfall für die Annahme der fünfjährigen Verjährungsfrist dar, son­dern beschreibe den Grund für das Eingreifen der längeren Verjährungsfrist. Ausreichend sei daher bereits die abstrak­te Möglichkeit einer verzögerten Erkennbarkeit auftreten­der Mängel. Ob sich ein Mangel im Einzelfall bereits kurz nach Abschluss des Bauvorhabens zeigt, sei unbeachtlich – allein das allgemeine Risiko reiche für die Annahme der längeren Verjährung aus.

4. Folgerungen aus dem Urteil für die Praxis

Der BGH hat mit dieser Entscheidung einmal mehr klar­gestellt, dass Planungs­ und Ausführungsbeauftrage bei Photovoltaikanlagen im Zweifel davon ausgehen müssen, der fünfjährigen Gewährleistungsfrist zu unterliegen. Zwar ist die Frage, inwieweit bei nicht vollständig integrierten An­lagen § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB oder aber § 438 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) oder b) BGB Anwendung findet, längst nicht abschließend geklärt.

In den konkret von den Senaten entschiedenen Fällen mag auch kein zwingendes Bedürfnis zur Vorlage beim Großen

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Senat gegeben gewesen sein. Allerdings sorgen die abwei­chenden Entscheidungen der Senate für Unsicherheit. Ob Kaufrecht oder aber Werkrecht Anwendung findet, hängt vom Einzelfall und insbesondere von der konkrete Kons­truktion der Photovoltaikanlage selbst ab. Aufgrund der bislang uneinheitlichen Entscheidung ist für den Auftrag­geber daher kaum absehbar, ob in letzter Instanz die Bau­werksqualität einer Photovoltaikanlage durch das befasste Gericht bejaht oder verneint wird.

Sofern der Mangel in den ersten zwei Jahren nach Abnahme auftritt, hat dies insofern keine Auswirkung, als hier nach der gesamten Rechtsprechung noch keine Verjährung ein­getreten ist. Bei später erkannten Mängeln aber läuft der Auftraggeber Gefahr, in einen unter Umständen bereits verlorenen Prozess zu gehen, da – abhängig von dem ent­scheidenden Senat – seine Ansprüche bereits als verjährt

angesehen werden. Als Alternative bliebe ihm nur, die nach zwei Jahren auftretenden Mängel gar nicht geltend zu ma­chen. Damit aber wird die Durchsetzbarkeit seiner Ansprü­che stark beschränkt.

Vor diesem Hintergrund ist das besprochene Urteil insofern positiv aufzunehmen, als der siebte Zivilsenat seiner Linie treu geblieben ist und dem Auftraggeber von Photovol­taikanlagen eine reelle Chance einräumt, seine Ansprüche auch durchsetzen zu können. Folgerichtig ist auch die Ent­scheidung, die typische Risikolage nicht zu einer weiteren Voraussetzung für die längere Verjährung im Einzelfall zu machen. Bei auftretenden Mängeln kurz nach Ablauf der jedenfalls unstreitig mindestens anwendbaren zweijährigen Gewährleistungsfrist wäre dem Auftraggeber andernfalls die Durchsetzbarkeit seiner Ansprüche erheblich erschwert.

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DER ANFANG VOM ENDE DES PREIS-RECHTS DER HOAI?

RAin Katharina Bold | [email protected]

Seit Ende Juni 2017 läuft das Vertragsverletzungsverfahren der EU­Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen des Festhaltens der Bundesrepublik Deutschland an den Mindest­ und Höchstsätzen der HOAI. Die EU­Kommis­sion ist der Ansicht, dass die HOAI sowohl gegen die Dienst­leistungsfreiheit als auch gegen die Niederlassungsfreiheit verstoße, den freien Wettbewerb nachhaltig behindere und mithin unionsrechtswidrig sei.

Nach der sog. Anhörung (mündlichen Verhandlung) am 07.11.2018, stellte am 28.02.2019 nun der Generalanwalt sei­ne Schlussanträge und empfahl dem Gerichtshof der Euro­päischen Union (EuGH), die Auffassung der EU­Kommission zu bestätigen und der Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland stattzugeben. Er halte die Verbindlichkeit der Mindest­ und Höchstsätze der Honorar­ und Gebührenord­nung für Architekten und Ingenieure (HOAI) für unvereinbar mit dem EU­Recht. Das Preisrecht der HOAI behindere in unzulässiger Weise die Niederlassungsfreiheit, weil sie In­genieuren und Architekten nicht die Möglichkeit gebe, sich über niedrigere Preise im Markt zu etablieren. Daran ändere insbesondere auch der Umstand nichts, dass die HOAI ent­sprechende Ausnahmen und Abweichungen ausdrücklich zulässt.

Mit einer Entscheidung des EuGH wird im zweiten oder drit­ten Quartal 2019 gerechnet. Zwar ist die Einschätzung des Generalanwalts für den EuGH nicht bindend. Dennoch muss man sagen, dass das Gericht in den überwiegenden Fällen der Einschätzung des Generalanwalts folgt.

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1. Rechtlicher Hintergrund

Die Bundesrepublik Deutschland vertritt im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens die Auffassung, dass die HOAI nicht gegen EU­Recht verstoße, da sie zum einen Mindest­ und Höchsthonorarsätze nur für Planungsleis­tungen vorsehe und für diese ein besonderes öffentliches Interesse an der Gewährleistung hoher Qualitätsstandards bestehe. Honorare für Beratungsleistungen zwischen den Parteien seien hingegen bereits frei verhandelbar. Zum an­deren sehe die HOAI zahlreiche Ausnahmetatbestände und Abweichungsmöglichkeiten vor, um zu gewährleisten, dass in jedem Einzelfall ein angemessenes Honorar vereinbart werden könne. Folglich bestehe ein hohes Maß an Flexibi­lität, das es den Wirtschaftsteilnehmern aus anderen Mit­gliedstaaten der Union ermögliche, unter Bedingungen eines wirksamen Wettbewerbs in den deutschen Markt einzutre­ten.

Der behauptete Eingriff durch die Bestimmungen der HOAI sei auch aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt, nämlich durch die Sicherung der Qualität der Planungsleistungen, den Verbraucherschutz, die Bau­sicherheit, die Erhaltung der Baukultur und durch das Ziel des ökologischen Bauens. Das vornehmliche Ziel sei dabei die Sicherung eines hohen Qualitätsstandards. Eine hoch­wertige Planung diene insbesondere auch dem Verbraucher­schutz. Zum einen gewährleiste sie die Gebäudesicherheit und schütze damit Gesundheit und Leben der Bewohner. Zum anderen verhindere eine hochwertige Planung viele Fehler während der Bauausführung und sorge für eine zügigere und kostengünstigere Bauausführung.

Nach Auffassung der Kommission dagegen hindert das Sys­tem der Mindest­ und Höchsthonorarsätze der HOAI neue Dienstleistungserbringer aus anderen Mitgliedstaaten am Marktzugang in Deutschland. Durch das Preisrecht der HOAI sei es Unternehmen, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind, verboten, von den im nationalen Recht vorgesehenen Mindesttarifen abzuweichen. Ihnen werde die Möglichkeit genommen, durch geringere Honorarforderun­gen den nationalen Unternehmen wirksam Konkurrenz zu machen, die in dem betreffenden Mitgliedstaat ihren festen Sitz haben und denen es daher leichter als im Ausland nie­dergelassenen Unternehmen fällt, sich einen Kundenstamm aufzubauen.

Wettbewerb werde nun einmal im Wesentlichen durch den Preis bestimmt. Nehme man einem Wirtschaftsteilnehmer die Möglichkeit, einen bestimmten Preis zu unterbieten, nehme man ihm einen Teil seiner Wettbewerbsfähigkeit. Zusammenfassend sei festzustellen, dass die in Rede ste­henden Maßnahmen einen Eingriff in die Privatautonomie darstellen, die Möglichkeit der Unternehmen, über den Preis zu konkurrieren, beeinträchtigen, und die Niederlassungs­freiheit beschränken.

Nach Ansicht des Generalanwalts ändern auch die in der

HOAI geregelten Ausnahmen und Abweichungen nichts an der Feststellung einer Beschränkung, denn diese seien sehr eng gefasst und gerade nicht flexibel.

Eine Rechtfertigung eines etwaigen Eingriffs sieht der Ge­neralanwalt überdies nicht. Mindesttarife griffen unabhän­gig davon ein, wieviel Zeit für eine bestimmte Arbeit genau aufgewandt worden sei. Dies zeige sich daran, dass die End­summe die Mindesttarife nicht unterschreiten dürfe, wobei sich die Stundensätze je nach Anbieter aus den verschie­densten Gründen, aber völlig unabhängig von der Qualität seiner Leistungen unterscheiden könnten. Die Erreichung oder Unterschreitung allgemeingültiger Stundensätze gebe also keine Auskunft über die Qualität der Leistung. Ein Preis unterhalb des Mindestsatzhonorars bedeutet aus Sicht des Generalanwalts entgegen dem Vortrag der Bundesrepublik Deutschland kein niedrigeres Qualitätsniveau, und umge­kehrt begründe die Überschreitung der Höchstsätze auch keine Vermutung für eine höhere Qualität oder eine Quali­tätsgarantie. Es ist nach Ansicht des Generalanwalts nicht erkennbar, dass Mindestpreise überhaupt geeignet sind, ein hohes Qualitätsniveau sicherzustellen. Selbst wenn Min­dest­ und Höchstpreise aber geeignet wären, gebe es eine Reihe von alternativen Maßnahmen, die sowohl die Quali­tät der Dienstleistungen als auch den Schutz der Verbrau­cher sicherstellen könnten, z.B. Werbung, Regelungen von Berufsverbänden, Qualitätsmanagementsysteme und die Möglichkeit für Kunden, gezielt Informationen über spe­zialisierte Internetseiten zu erhalten. Schließlich gelte der Wettbewerb bei Dienstleistungen, insbesondere in Bezug auf den Preis, im Allgemeinen auch als notwendiger, ge­wünschter und wirksamer Mechanismus in einer Marktwirt­schaft.

2. Auswirkungen auf laufende Verfahren und be-stehende Verträge

Selbst wenn der EuGH zu dem Urteil gelangen sollte, dass das Preisrecht der HOAI gegen EU­Recht verstößt, dürfte dies keine allzu großen Auswirkungen auf laufende Prozes­se oder bereits geschlossene Verträge haben.

Mit Beschluss vom 08.02.2018 (Az.: 6 O 1751/15) entschied das LG Dresden, dass eine Architektenhonorarklage auf Mindestsatz aufgrund des von der Europäischen Kommis­sion gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens auszusetzen sei und lehn­te sich somit gegen die Entscheidungen des OLG Naum­burg vom 13.04.2017 (Az.: 1 U 48/11) und des KG Berlin vom 01.12.2017 (Az.: 21 U 19/12).

In dem Rechtsstreit vor dem LG Dresden verlangte die Klägerin von der Beklagten die Zahlung weiteren Archi­tektenhonorars, welches – nach zunächst vereinbartem Pauschalhonorar – nach den Grundsätzen der Mindestsatz­berechnung der HOAI berechnet wurde. Nachdem das Ge­richt dort zunächst zu der Frage Stellung genommen hatte,

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ob die Mindestsätze ausnahmsweise unterschritten werden durften, verwies es letztlich auf den Umstand, dass die Kla­ge abzuweisen wäre, wenn sich die nationalen Regelungen (HOAI) als unionsrechtswidrig erweisen würden. Das Gericht argumentierte insofern, dass es in Betracht ziehen müsse, dass die für seine Entscheidung im vorliegenden Rechts­streit maßgeblichen Vorschriften der HOAI unionsrechts­widrig seien und wegen des Vorrangs des Europäischen Rechts sodann nicht anwendbar wären. Das LG Dresden er­klärte hierbei auch ausdrücklich, dass es der obergericht­lichen nationalen Rechtsprechung nicht folgen würde, die bisher eine Vorlage zum EuGH mit der Begründung abgelehnt habe, dass zwingende Gründe des allgemeinen Interesses für die Mindesthonorarregelungen der HOAI sprächen. Aus Sicht des LG Dresden beruhe diese Ansicht auf einer rein nationalen Betrachtungsweise, die insbesondere den allein maßgeblichen unionsrechtlichen Auslegungsmaßstab ver­kenne. Auf dieser Grundlage entschied das Gericht sodann, den Rechtsstreit auszusetzen und dem EuGH zur Vorabent­scheidung vorzulegen.

Das OLG Naumburg (Az.: 1 U 48/11) entschied im Frühjahr 2017, dass selbst ein klagestattgebendes Urteil des EuGH (Ergeb­nis: HOAI unionsrechtswidrig) nur feststellenden Charakter hätte und keinen tatsächlichen Einfluss auf die Geltung der HOAI. Erst wenn der nationale Gesetzgeber tätig werde, kön­ne sich das EU­Verfahrensrecht auswirken. Laufende Ver­fahren seien weiterhin nach geltendem Recht zu bewerten.

Im Ergebnis wird man wohl der Ansicht des OLG Naumburg – welches mit dieser nicht alleine dasteht – folgen müssen, wobei sich der Versuch, die Aussetzung des Verfahrens zu bewirken, für diejenigen lohnen könnte, die mit einer ein et­waig vereinbartes Pauschalhonorar erheblich übersteigen­den Mindestsatzforderung konfrontiert werden, wenn man dem LG Dresden folgt. Bestehende Verträge einschließlich der vereinbarten Hono­rarsätze der HOAI dürften von einer etwaigen Abschaffung

des Preisrechts der HOAI nicht betroffen sein. Etwas an­deres kann für solche Verträge gelten, die noch verhandelt werden.

3. Blick in die Zukunft

Es bleibt abzuwarten, ob das Preisrecht der HOAI tatsäch­lich für unionsrechtswidrig erklärt und falls ja, wie sodann der nationale Gesetzgeber hierauf reagieren wird – in Fach­kreisen wird die Feststellung der Unionsrechtswidrigkeit des Preisrechts der HOAI jedenfalls bereits für überwiegend wahrscheinlich gehalten, denn für die Rechtfertigung eines Verstoßes gegen die sog. Niederlassungsfreiheit dürfte es tatsächlich an zwingenden Gründen des Allgemeinwohls fehlen. Es müsste hierfür von der Bundesrepublik Deutsch­land dargelegt werden, dass die Mindestsätze unbedingt nötig sind. Doch der Nachweis, dass Mindesttarife für In­genieur­ und Architektenleistungen für die Qualität am Bau und den Verbraucherschutz zwingend erforderlich sind, ist, wie man sieht, nicht leicht zu führen und der Bundesrepublik Deutschland, zumindest nach Ansicht des Generalanwalts beim EuGH, bisher auch nicht gelungen.

Die HOAI als solche steht nicht zur Debatte, sondern „nur“ die Verbindlichkeit der Honorare für die verpreisten Leis­tungen. Wie der nationale Gesetzgeber damit umgehen wird, bleibt abzuwarten. Konsequent wäre wohl, nur die Verbind­lichkeit der Mindestsätze zu streichen, ohne die Leistungs­bilder und die Honorarvorgaben als solche abzuschaffen. Die Honorarvorgaben könnten z.B. nur gelten, wenn die Ver­tragsparteien nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart haben. Nur wenn gar kein Honorar vereinbart wäre, was nur selten der Fall sein dürfte, wird es wohl darauf hinauslau­fen, dass man sich für die Ermittlung der üblichen oder tax­mäßigen Vergütung i.S.d. § 632 Abs. 2 BGB zumindest an den Honoraren der HOAI orientieren können wird. Die Gefahr der Geltendmachung von Mindestsätzen bei vereinbarten Pau­schalen wäre dann zumindest gebannt.

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