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OKTOBER 2005 Von wegen altes Eisen! Egal, wie spät es abends wird, um 5.45 Uhr klingelt der Wecker. Ihre Hobbys sind Lesen, gute Musik und Sport. Der Fernseher ist längst verschenkt. Bis vor kurzem gab sie einem Drittklässler Nach- hilfe. Sie übersetzt Gedichte aus dem Tür- kischen und Italienischen, um sich geistig fit zu halten, beides Sprachen, die sie sich selbst beigebracht hat. Josefine Hardt ist Jahrgang 1926 – alt ist sie noch lange nicht. Frau Hardt, Sie «stemmen» Gewichte, auf die Sie stolz sein können: an der B6 trainieren Sie mit 228 Pfund, an der D7 mit 158 Pfund und an der C3 mit 180 Pfund. Mit Schonung haben Sie das nicht geschafft… Nein, mit Schonung nicht. Ich trainiere jetzt seit vier Jahren bei Kieser Training Wiesbaden. Im August 2000 und im Februar 2001 wurde ich an der Hüfte operiert und man setzte je ein neues Hüft- gelenk ein. In der anschließenden Reha wünschte ich, besonders intensiv gefor- dert zu werden. Eine Mitarbeiterin emp- fahl mir dann Kieser Training. Seitdem trainiere ich regelmäßig und intensiv drei Mal in der Woche. Wie war das zu Beginn – konnten Sie problemlos trainieren? Als ich anfing, konnte ich an der A4 gar nicht ohne Hilfe trainieren, weil ich die Beine nicht alleine auf die Beinauflage bekam. Ich musste immer einen Instruk- tor um Hilfe bitten. Die Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit des Personals haben mir aber meine anfängliche Angst genom- men. Ich fühlte mich trotz meines Alters immer willkommen. Nach einigen Wo- chen ging es dann problemlos, inzwischen schaffe ich auch hier 142 Pfund. Das zeugt von Selbstdisziplin und Ehrgeiz. Woher nehmen Sie diese? Ich habe mein ganzes Leben lang Sport getrieben. Mit 15 machte ich viereinhalb Jahre eine Ballettausbildung. Als Grund- schullehrerin habe ich zwei Klassen im Sport unterrichtet. Die Übungen habe ich immer mitgemacht, das war für mich selbstverständlich. Tja, woher nehme ich Das Kundenmagazin von Kieser Training Editorial: Erfolgreich altern! 2 Aktuelles: Nichts los mit alten Muskeln? 3 Themen der Zeit: Langsam verliert das Altern das Stigma des Niedergangs 4 Persönlichkeiten: Älter werden ist eine Sache – schwach sein eine andere 6 Dialog: Ein Leben lang ein stabiles Fundament – starke Füße! 7 Kolumne: Die Quadratur des Greises 8 Reflex 11 den Ehrgeiz? Ich glaube, das wurde mir zu Hause vorgelebt. Und ohne Training fühle ich mich wie ein Fisch auf dem Trockenen. Kommt es nie vor, dass Sie keine Lust haben? Nein, Ausreden gibt es bei mir nicht, obwohl ich mit dem Bus für eine Strecke ca. 50 Minuten brauche. Was ist so wichtig für Sie? Vor der OP konnte ich kaum laufen, alles tat weh, danach war es wieder schmerzfrei möglich. Die Reha danach war der Anfang – Kieser Training hat mich wieder so fit gemacht, wie vorher. Seitdem habe ich meine Kraft enorm gesteigert. Ich brauche das Training für mein Wohler- gehen. Ich will ja nicht älter werden, um dann krank zu sein. Ich möchte mein Leben genießen, meine Gesundheit und meine Selbstständigkeit so lange wie mög- lich erhalten. Schließlich will ich nieman- dem zur Last fallen. Was gefällt Ihnen nicht am Alter? Dass alte Menschen von der Gesellschaft häufig als unnütz ausgegrenzt werden. Ganz schlimm finde ich es aber auch, wenn ältere Menschen nur noch über Krankheit reden. Dem bin ich im Bus sehr oft ausgesetzt und kann mich nicht entzie- hen. Es gibt so viele interessante Themen und die meisten Menschen unterhalten sich am liebsten über Krankheit. Unfass- bar! TEXT: DIE KIESER TRAINING-REDAKTION Klimmzüge – mit Leichtigkeit

Reflex 11, Ausgabe Oktober 2005

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OKTOBER 2005

Von wegen altes Eisen!

Egal, wie spät es abends wird, um 5.45Uhr klingelt der Wecker. Ihre Hobbyssind Lesen, gute Musik und Sport. DerFernseher ist längst verschenkt. Bis vorkurzem gab sie einem Drittklässler Nach-hilfe. Sie übersetzt Gedichte aus dem Tür-kischen und Italienischen, um sich geistigfit zu halten, beides Sprachen, die sie sichselbst beigebracht hat. Josefine Hardt istJahrgang 1926 – alt ist sie noch langenicht.

Frau Hardt, Sie «stemmen» Gewichte,auf die Sie stolz sein können: an der B6trainieren Sie mit 228 Pfund, an der D7mit 158 Pfund und an der C3 mit 180Pfund. Mit Schonung haben Sie dasnicht geschafft…

Nein, mit Schonung nicht. Ich trainierejetzt seit vier Jahren bei Kieser TrainingWiesbaden. Im August 2000 und imFebruar 2001 wurde ich an der Hüfte operiert und man setzte je ein neues Hüft-gelenk ein. In der anschließenden Rehawünschte ich, besonders intensiv gefor-dert zu werden. Eine Mitarbeiterin emp-fahl mir dann Kieser Training. Seitdem

trainiere ich regelmäßig und intensiv dreiMal in der Woche.

Wie war das zu Beginn – konnten Sieproblemlos trainieren?

Als ich anfing, konnte ich an der A4 garnicht ohne Hilfe trainieren, weil ich dieBeine nicht alleine auf die Beinauflagebekam. Ich musste immer einen Instruk-tor um Hilfe bitten. Die Hilfsbereitschaftund Freundlichkeit des Personals habenmir aber meine anfängliche Angst genom-men. Ich fühlte mich trotz meines Altersimmer willkommen. Nach einigen Wo-chen ging es dann problemlos, inzwischenschaffe ich auch hier 142 Pfund.

Das zeugt von Selbstdisziplin und Ehrgeiz. Woher nehmen Sie diese?

Ich habe mein ganzes Leben lang Sportgetrieben. Mit 15 machte ich viereinhalbJahre eine Ballettausbildung. Als Grund-schullehrerin habe ich zwei Klassen imSport unterrichtet. Die Übungen habe ichimmer mitgemacht, das war für michselbstverständlich. Tja, woher nehme ich

Das Kundenmagazin von Kieser Training

Editorial: Erfolgreich altern! 2

Aktuelles: Nichts los mit altenMuskeln? 3

Themen der Zeit: Langsam verliert das Altern das Stigma desNiedergangs 4

Persönlichkeiten: Älter werdenist eine Sache – schwach sein eine andere 6

Dialog: Ein Leben lang ein stabilesFundament – starke Füße! 7

Kolumne: Die Quadratur des Greises 8

Reflex 11

den Ehrgeiz? Ich glaube, das wurde mir zuHause vorgelebt. Und ohne Training fühleich mich wie ein Fisch auf dem Trockenen.

Kommt es nie vor, dass Sie keine Lusthaben?

Nein, Ausreden gibt es bei mir nicht,obwohl ich mit dem Bus für eine Streckeca. 50 Minuten brauche.

Was ist so wichtig für Sie?

Vor der OP konnte ich kaum laufen, allestat weh, danach war es wieder schmerzfreimöglich. Die Reha danach war derAnfang – Kieser Training hat mich wiederso fit gemacht, wie vorher. Seitdem habeich meine Kraft enorm gesteigert. Ichbrauche das Training für mein Wohler-gehen. Ich will ja nicht älter werden, umdann krank zu sein. Ich möchte meinLeben genießen, meine Gesundheit undmeine Selbstständigkeit so lange wie mög-lich erhalten. Schließlich will ich nieman-dem zur Last fallen.

Was gefällt Ihnen nicht am Alter?Dass alte Menschen von der Gesellschafthäufig als unnütz ausgegrenzt werden.Ganz schlimm finde ich es aber auch,wenn ältere Menschen nur noch überKrankheit reden. Dem bin ich im Bus sehroft ausgesetzt und kann mich nicht entzie-hen. Es gibt so viele interessante Themenund die meisten Menschen unterhaltensich am liebsten über Krankheit. Unfass-bar!

TEXT: DIE KIESER TRAINING-REDAKTION

Klimmzüge – mit Leichtigkeit

2 / EDITORIAL

RedaktionTania Schneider, RedaktionsleitungLucile SteinerDr. Sven [email protected]

GestaltungProcess AGSamariterstraße 7CH-8030 Zürichwww.process.ch

DruckGraphische Betriebe STAATS GmbHRoßfeld 8D-59557 Lippstadt

ErscheinungsturnusAlle zwei Monate

Onlineversionwww.kieser-training.com

ImpressumHerausgeberKieser Training AGSystemzentraleKanzleistrasse 126CH-8026 Zürich

Vertretungsberechtigter GeschäftsführerWerner Kieser

Erfolgreich altern!

Was könnte die Notwendigkeit für ein «erfolgreiches Altern» besser dokumentieren als diese Fakten: DieGruppe der über 84-jährigen Frauen stellt die am schnellsten wachsende Altersgruppe in unserer Bevöl-kerung dar und die Organisation der Vereinten Nationen (UNO) prognostiziert für das Jahr 2025 eineZahl von 44.200 über 100-Jährige. Jeder Einzelne, aber insbesondere die Gesundheits- und Trainingspro-fis müssen ihren Beitrag zum Erhalt der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit einer alterndenGesellschaft leisten!

Mangelnde regelmäßige körperliche Aktivität zählt gemeinsam mit der Fehlernährung zu den stärkstenEinflüssen auf die Gesundheit. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Arteriosklerose, nicht-insulinabhängige Diabetes, Osteoporose sowie körperliche Schwäche und Stürze werden als Folgenbeschrieben. Was oft als Alternsvorgang verstanden wird, ist aber in hohem Maße das Resultat von Inak-tivität und mangelndem Training.

Das mit körperlicher Aktivität und Sport verfolgte Ziel ist dabei, solange wie möglich gesund zu bleibenund nicht, unendlich alt zu werden. Dies wollen die Älteren auch selbst: 87 Prozent nennen als das wich-tigste Lebensgut «körperlich und geistig fit zu bleiben». Damit wird der Erhalt der sozialen Mobilität unddes selbständigen Lebens bis ins hohe Alter assoziiert. Um das Potential von Bewegung und Trainingtatsächlich präventiv für das Alter zu nutzen, ist ein gesellschaftlich getragener Aufbruch zu regelmäßi-ger körperlicher Aktivität in allen Altersgruppen längst überfällig.

Die zwischenzeitlich vielfach bestätigten Wirkungen eines Fitnesstrainings belegen eindeutig Effekte imkörperlichen und im geistigen Bereich. So ist die Trainierbarkeit der Kraft selbst bei über 90-Jährigengesichert. Die prognostizierte Zunahme der Hochaltrigkeit lässt allerdings den kognitiven Bereich gleichbedeutsam erscheinen, da der geistige Verfall eng mit der Verschlechterung der körperlichen Leistungs-fähigkeit einher geht. Hoffnungsvoll stimmen aktuelle Ergebnisse, dass Fitnesstraining tatsächlich positiveEffekte auf den Erhalt der geistigen Leistungsfähigkeit hat. Bei allen Untersuchungen zur körperlichenund zur geistigen Leistungsfähigkeit zeigt es sich, dass regelmäßiges Training eindeutig wichtiger ist alshohe Intensität.

Vermehrte körperliche Aktivität und Training eröffnen allen die Chance, ihre Lebensbedingungen selbstaktiv mit zu gestalten und dadurch gesund und vital zu altern. Der persönliche Indikator für erfolgreichesAltern sollte das individuelle Wohlbefinden und die Lebenszufriedenheit sein. Denn es gibt keine Garan-tie für ein langes Leben, auch nicht für ein glückliches, aber jede Frau und jeder Mann kann mit körper-licher Aktivität und Training selbst einen entscheidenden Beitrag dazu leisten. Nicht die Alternsprozessewerden gestoppt, sondern die Risikofaktoren reduziert, bzw. die Ressourcen gestärkt.

Das persönliche Leitbild sollte ein lebenslang geistig und körperlich aktiver Mensch sein, der bei guterGesundheit, hoher Kompetenz und stabilem Selbstwertgefühl sein Wohlbefinden und seine Autonomieunter anderem dadurch sichert, dass durch Training in Bewegung, Spiel und Sport sinnvolles Tun erlebt wird.

Prof. Dr. Heinz MechlingDeutsche Sporthochschule Köln

«Was oft als Alternsvorgang verstanden wird, ist aber in hohem Maße das Resultat von Inaktivitätund mangelndem Training.»

AKTUELLES / 3

Das Alter wie man es vermeintlich kennt: Die Haut wird faltig, die Haare grau, der

Gang zögerlich. Während sich so mancher aufgrund solcher Anzeichen bereits

zum alten Eisen zählt und meint, mit ihm sei nicht mehr los, entdeckt die Wissenschaft

Erstaunliches über die Anpassungsfähigkeit des alternden Organismus.

Was bewirkt Krafttraining?Ganz einfach: Krafttraining bringt mehrKraft und mehr Muskeln. Das ist bei Jün-geren so und auch bei Älteren. Nacheinem sechsmonatigen Krafttraining mit70-jährigen Frauen und Männern konn-ten jedoch energetische Anpassungen imMuskel nachgewiesen werden, die so beiJüngeren bisher nicht zu beobachtenwaren. Das wöchentlich dreimalig statt-findende Training verbesserte die Sauer-stoffaufnahmefähigkeit der Muskulaturum 57 Prozent, so dass die Muskeln deut-lich besser mit Energie versorgt werdenkönnen.Das Erstaunliche daran: Solche Wertesind eigentlich eher nach einem Ausdauer-training zu erwarten und waren hier sogarhöher als die Messwerte einer gleichaltri-gen Vergleichsgruppe, die ein Ausdauer-training absolviert hatte. Ursachen für dieverbesserte muskuläre Sauerstoffaufnah-me nach einem Krafttraining sind einer-

seits die erhöhte Anzahl Sauerstoff verar-beitender Zellbestandteile (Mitochond-rien), eine erhöhte Aktivität oxidativerEnzyme als auch eine verbesserte Durch-blutung der Muskulatur durch die Bildungzusätzlicher kleiner Blutgefäße, denKapillaren. Zudem wuchsen durch dasKrafttraining Muskelquerschnitt undKraft. Dass eine verbesserte Sauerstoff-aufnahmekapazität der Muskulatur durchKrafttraining bei jüngeren Personen nurgeringfügig oder gar nicht stattfindet, lässtauf andersartige Anpassungsmechanis-men älterer Muskeln schließen. Hierbesteht weiterhin Forschungsbedarf.

Energie für den MuskelDer Muskel benötigt Energie, um sichzusammenzuziehen und somit eine Bewe-gung auszulösen. Diese Energie wirddurch die Aufspaltung eines Energieträ-gers (Adenosintriphosphat = ATP) bereit-gestellt. ATP lagert direkt im Muskel und

muss dort immer wieder neu gebildetwerden. Für diesen Vorgang gibt es meh-rere Wege, einer davon ist die Energie-gewinnung unter Verbrauch des im Blutzirkulierenden Sauerstoffs aus der einge-atmeten Luft.Dieser Weg ist vor allem für längerandauernde moderate Belastungen wiedas Radfahren und Regenerationsprozes-se nach körperlichen Anstrengungen vonBedeutung. Je besser ein Muskel mit Sau-erstoff versorgt wird, desto effektiverkann er arbeiten.

Warum brauchen (gerade) ältereMenschen starke Muskeln?«Körperliche Unabhängigkeit im Alterist vor allem eine Frage der Kraft undnicht des Herz-Kreislauf-Vermögens!»Maria A. Fiatarone gehörte zu den erstenWissenschaftlern, die ein Krafttrainingmit Älteren und sogar mit hochaltrigengebrechlichen Personen durchführten

und somit ein Umdenken im Sport mitÄlteren auslösten. Hohe Kraftzuwächse,eine verbesserte Mobilität bei geringererSturzgefahr, weniger Schmerzen amBewegungsapparat, eine Intensivierungdes Stoffwechsels und die Erhöhung derKnochendichte sind Ergebnisse, die sol-che Krafttrainingsstudien immer wiederaufzeigen.Niemand sollte sich vorzeitig zum altenEisen zählen (oder zählen lassen) sondernmit starken Muskeln – manchmal ebenauch erstaunliche – Tatsachen schaffen.

Jubrias, S.A., Esselman, P.C., Price, L.B., Cress,

M.E. & Conley, K.E. (2001). Large energetic

adaptations of elderly muscle to resistance

and endurance training. Journal of Applied

Physiology, 90, 1663-1670.

TEXT: FORSCHUNGSABTEILUNG

KIESER TRAINING

Nichts los mit alten Muskeln?

BuchneuerscheinungEröffnungen

(Änderungen vorbehalten)

22. September 2005 Kieser Training WienFavoritenstraße 27aA-1040 [email protected]

1. Oktober 2005Kieser Training RostockSteinstraße 6D-18055 [email protected]

Ein gesunder, kraftvoller Körper ist

keine Frage des Alters

«Haben Sie einen Körper oder sind Sie einer?» Mit dieser philosophischen Fragerichtet sich Werner Kieser, Dipl.-Trainer und Begründer von Kieser Training,in seinem neuesten Buch an Menschen, die ihre Gesundheit eigenverantwortlich in die Hand nehmen möchten. Das Buch bietet eine Einstiegshilfe ins gesundheits-orientierte Krafttraining und erklärt, was wir tun können, um unseren Körper injedem Alter gesund und leistungsfähig zu erhalten.Heyne Verlag, München 2005, ISBN 3-453-66012-9, Euro 7,95 (D)

4 / THEMEN DER ZEIT

Allerdings ist die heutige Altersdebatteimmer noch geprägt von der Sensationder Angst und dem Getöse der Zuspitzung und nur wenig an Lösungund Veränderung interessiert. UnsereWahrnehmung geht dabei immer nochvon veralteten Bildern aus, denn alteMenschen gelten als stur, unkreativ undreaktionär. Bilder aus einer Zeit, als esnoch selten war zu altern und alte Men-schen ein Problem darstellten, da sieMacht über Besitz und Erbe ausübten.Diese archaischen Bilder wirken unter-schwellig als kulturelles Erbe in uns weiter und bauen sich zu wahrenSchreckgespenstern auf: Rentenkata-strophe, Krieg der Generationen, Methu-salem-Komplott!

Um den Teufelskreis aus sinkenderErwerbsbeteiligung der Älteren undzunehmenden Lasten der Jüngeren zudurchbrechen, müssen wir uns fragen,was sich heute, an der Schwelle zur Wis-sensökonomie, in den Lebens- undArbeitskonstruktionen verändert undwelche Zukunftspotentiale sich darausergeben. Ist Arbeit in Zukunft immernoch jene Monotonie, die wir möglichstfrühzeitig in Richtung auf selbstbestimm-te Freiräume verlassen wollen? Stimmendie Zuordnungen noch, mit denen Men-schen in der Erwerbsarbeit in «jung/dyna-

Langsam verliert das Altern dasStigma des Niedergangs

Matthias Horx, Trend- und Zukunftsfor-scher, ist Inhaber eines Think-Tanks fürstrategische Zukunftsberatung mit Sitzim Taunus bei Frankfurt und in Wien

Foto: Klaus Vyhnalek

Für Dante begann das Altern mit 45 Jahren. Hippokrates von Kos, Begründer der

Medizin, war der Überzeugung, dass mit 42 Jahren «die Lebenssäfte aus den

Menschen wichen». Die Tatsache, dass wir heute ein Alter von 80 oder 90 Jahren

erreichen können, ist nichts anderes als ein Geschenk des Fortschritts, das wir

annehmen können und sollten.

THEMEN DER ZEIT / 5

misch spürbarem Druck auf eine Verhal-tensänderung hingearbeitet.

Dazu gehört auch ein neuer Begriffvon «Körperbewusstsein», wie er beiKieser Training wahrscheinlich am kon-sequentesten und «puristischsten» ent-wickelt wurde.

2. Flexibilisierung der ErwerbsspannenDass eine andere Erwerbs-Alterskulturmöglich ist, zeigen uns Länder wie Island,in denen das mittlere Verbleibsalter imBeruf deutlich über die Jahresgrenze von65 Jahren hinausgeht. Arbeit ist dortsoziales Leben, Selbst-Realisation; ebennicht nur «Lohnabhängigkeit». Natürlichsind wir in Deutschland noch lange nichtso weit. Aber wir sind unterwegs. In denUnternehmen findet heute ein deutlicherUmdenkprozess statt. So hat etwa dieDeutsche Bank ein «Elder-Potential»-Programm entwickelt, in dem sie sich umdie Wiedereingliederung älterer Mitar-beiter bemüht – nicht zuletzt um derenErfahrungswissen wieder nutzen zu kön-nen. Ältere lernen genauso schnell wieJüngere. Mehrere Untersuchungen habennachgewiesen, dass diesseits von Demenzund Alzheimer die kognitiven Defiziteder Älteren eher gering sind. BestimmteFähigkeiten – Fachwissen oder sozialeKompetenz – können sich im Alter sogarverstärken. Damit können sie gerade ineiner Welt lebenslangen Lernens wichtigeScharnierfunktionen zwischen dem Altenund dem Neuen ausüben. Sie sind keines-wegs weniger leistungsfähig, sie leistennur anders.

3. Der GenerationenzusammenhaltEs ist falsch, die Generationenfrage aufeine reine Arithmetik der Sozialsystemezu reduzieren. Reichtum und Wohlstandverteilen sich durch unendlich vieleKapillaren, und das Vertrauenskapitalzwischen den Generationen ist nur imTalkshow-Boulevard nahezu Null. ImGegenteil: Viele Trends in den Lebens-welten weisen sogar auf einen verstärk-ten intergenerativen Zusammenhalt hin.Beispielsweise übernehmen Großelternheute, in den erweiterten Netzwerk-Familien, wieder mehr Erziehungsarbeit.

4. Revisionen des AltersbildesAm Ende wird der erfolgreiche Über-gang in eine ältere Gesellschaft nur gelin-gen, wenn wir die Bilder, die wir mit demAltern verbinden, grundlegend verändern.

Ältere haben keinen negativen Ein-fluss auf die Gesellschaft. Adenauerbrachte die deutsche Gesellschaft aufErfolgskurs. De Gaulle war über 60, als erin den Elyséepalast kam. Churchill rette-te Europa. Ältere Männer und Frauenkönnen gerade in der Politik segensrei-che Wirkungen haben.

Alter ist nicht Torheit, ist nichtDemenz, ist auch nicht Starrsinn, sondern

Kultur, Reifung und Weisheit. Eine wei-sere Kultur kann auch Antworten aufakute gesellschaftliche Fragen formulie-ren, die uns in den Zeiten des Jugend-wahns eher abgingen.

5. Rolle der PolitikWelche Rolle kann die Politik bei diesenfünf Generatoren der «Silbernen Trans-formation» spielen? Letzten Endes gehtes um ein gesellschaftliches Projekt, zudem wir alle unseren Teil beitragen müs-sen, Alte wie Junge, Männer wie Frauen,Arbeitgeber wie Arbeitnehmer. Politikkann aber moderieren, sie kann dazu bei-tragen, dass wir das Generations-Kriegs-geschrei ebenso überwinden wie denLärm der Medien. Dass wir aus «bestpractice»-Beispielen lernen, die es übe-rall auf der Welt gibt.

Gelassenheit, Reife, Kompetenz –Altern als ChanceGenau mit diesen Eigenschaften solltenwir die «Silberne Transformation» ange-hen. Simone de Beauvoir schrieb im Jahr 1970 prophetisch: «In der idealenGesellschaft würde, so kann man hoffen,das Alter gar nicht mehr existieren. DerMensch würde, wie es bei manchen Privi-legierten vorkommt, nur unauffälliggeschwächt, aber nicht offenkundig ver-mindert; er stürbe irgendwann an einerKrankheit, ohne eine Herabwürdigungerfahren zu haben. Das letzte Lebens-alter entspräche dann einer Existenz-phase, die sich von Jugend und Erwach-sensein unterscheidet, aber ihr eigenesGleichgewicht besitzt.»

Matthias Horx: Der Selfness-Trend –

Was kommt nach Wellness?

Kelkheim Juli 2005, 89 Seiten, Euro 90.–

ISBN 3-938284-08-0

www.zukunftsinstitut.de

TEXT: MATTHIAS HORX

misch/erfolgreich» oder «altes Eisen»eingeteilt werden? All das stimmt längstnicht mehr, und der Wandel der Bilderund Selbstbilder ist längst im Gange.

Während die durchgängig von indu-strieller Lohnarbeit geprägte Generationnoch ein eher problematisches Gesund-heits- und Ernährungsverhalten zeigte,ist Sport inzwischen auch für die Genera-tion-50+ ein Thema geworden. Mankönnte sagen: Die Gesellschaft «übt» daspro-aktive Altern. Die Phase des «handi-capfreien» Alters ist in den meisten post-industriellen Ländern länger als diegesundheitlich eingeschränkte Lebens-phase. Anders ausgedrückt: 75 Prozentder Alten altern erfolgreich – ohnewesentliche, die Lebensqualität ein-schränkende Handicaps. Auf diese Weiseentsteht eine komplett neue Lebenspha-se zwischen 50 und 75, die man auch als«zweiten Aufbruch» definieren könnte.Hier, wo man sich früher in den Lehn-stuhl setzte und langsam auf den «Ruhe-stand» vorbereitete, kommt es nun zueiner Phase der Neuorientierung.

Durch alle diese Faktoren wird dasAlter langsam von seinem Stigma des«Niedergangs» entcodiert. Altern wirdeinerseits subjektiviert, andererseits rela-tiviert. Relativiert, weil viele Menschennun in der neu entstandenen Aufbruchs-phase erst die Dinge tun oder lernen, diesie im Laufe ihres Lebens versäumthaben. Hier findet die eigentliche Indivi-dualisierungsphase, die Ich-Entdeckungstatt. Subjektiviert, weil wir 15 Jahre jün-ger, aber auch 15 Jahre älter sein können,als unser kalendarisches Alter es unsglauben macht.

Grundsätzlich geht es darum, wie wireine andere Kultur des Alterns erzeugenkönnen. Fünf Herausforderungen alsKern einer neuen Alterskultur:

1. Das neue GesundheitspotenzialIn einer alternden Gesellschaft istGesundheit ein «Aktienpaket für Le-bensqualität». Die Investition zeigt sichin «gut gelebten späteren Jahren» odereben im Gegenteil. Wir sind selbst fürunsere Körper und unsere Gesundheitverantwortlich. Die Grundlagen fürGesundheit im Alter werden durch Ver-halten in den frühen und mittlerenLebensjahren gelegt. Deshalb ist die Frageder Altersmedizin nicht separierbar – siebetrifft das gesamte Gesundheitssystemund alle Generationen. Nach wie vorbetreiben wir Symptom-Medizin,nach wievor werden die Kosten durch reine Auf-rüstung am «End of Pipe» in die Höhegetrieben. Ansätze in den Niederlandenzeigen uns, wie man selbst bei knappenfinanziellen Ressourcen die Frage derLebensführung in den Vordergrund medi-zinischer Systeme rückt. Wer hier mitRückenschmerzen zum Arzt kommt, wirdnicht oder selten medikamentös behan-delt, sondern es wird mit sanftem, ökono-

75 Prozent der Alten altern erfolgreich – ohne wesentliche, die Lebensqualität einschränkende Handicaps.

Aktiv war Fritz Hamer schon immer. Biszu seiner Hochzeit im Dezember 1933spielte er sonntags Fußball, seitdemgehört dieser Tag den wichtigsten Perso-nen in seinem Leben: seiner Frau Marieseinem Sohn sowie den beiden Enkelnund vier Urenkeln. Statt des Fußballsbegann er zu joggen, 1.800 Kilometer inzehn Monaten; danach wechselte er zumTischtennis. Jetzt spielt er nur noch selten.«Wegen meiner Augen sehe ich den Ballsehr schlecht. Es ist aber ein hervorragen-der Sport für die Koordination und dieReaktion!»

Am liebsten würde der fidele Rentnerviel Spazieren gehen, die Stille des Wal-des genießen, doch dazu fehlt ihm meistdie Zeit. Fritz Hamer lebt seit sieben Jah-ren allein.Vormittags kümmert er sich umden Haushalt und an fünf Tagen in derWoche fährt er mittags ins Pflegeheim

Dr. med.Thomas Herting, Chiropraktikerund Sportarzt. «Grundsätzlich ist trainier-bar, wer trainieren kann. Bei älterenMenschen ist lediglich zu beachten, dassdas Bewegungsausmaß in einigen Gelen-ken durch längeren Nichtgebrauch mögli-cherweise stark reduziert ist und deshalberst erarbeitet werden muss.» In diesemFall bietet Kieser Training ein assistiertesTraining, bei dem ein Instruktor perma-nent 1:1 zur Seite steht. Für die meistenälteren Personen reicht allerdings dieübliche Einführung ins Training aus.

Prinzipiell profitieren ältere Men-schen stärker vom Krafttraining als jün-gere. «Sie sehen zum einen raschereErfolge, da ihre Ausgangskraft in derRegel geringer ist. Zum anderen werdendie im Alter überhand nehmendenAbbauprozesse verlangsamt und teilweisezugunsten von Um- und Aufbaupro-zessen umgekehrt. Durch die Stärkungder Muskulatur wird der OsteoporoseEinhalt geboten, der Wärmehaushalt ver-bessert und Stoffwechselerkrankungenvorgebeugt.» Wichtig sei insbesondere,dass der Kraftgewinn und die Verbesse-rung der Bewegungskoordination Handin Hand gehen. «Dadurch bleibt der alteMensch länger jung», so Dr. Herting.

Was Fritz Hamer dazu meint? Erlacht: «Man ist so alt wie man sich fühlt.Es gibt alte Junge und junge Alte. Ichfreue mich über jeden Alten, den ich imKieser Training treffe, selbst über diealten Damen mit Krückstock.»

Im Dezember feiert er seinen 98stenGeburtstag. Gerade hat er einen neuenZwei-Jahres-Vertrag unterschrieben –schließlich möchte er 100 Jahre alt werden.

TEXT: DIE KIESER TRAINING-REDAKTION

6 / PERSÖNLICHKEITEN

«Welches Alter Sie auch immer haben, zu spät ist es nie.»

Was Werner Kieser Einsteigern in seinem neuen Buch

«Gesundheit kennt kein Alter» erläutert, ist für Fritz Hamer nichts

Neues. Seit drei Jahren trainiert der Kieler regelmäßig an zwei

Tagen in der Woche. Was daran Besonderes ist? Fritz Hamer ist 97!

und kümmert sich um seine Frau. Ob ereine Haushaltshilfe habe? Natürlichnicht. «Ich brauche keine Hilfe: waschen,bügeln, kochen – alles kein Problem. Nurnähen geht mit meinen Augen nichtmehr.»

An den beiden anderen Tagen hat erZeit für sich. An diesen Tagen geht er zuKieser Training. «Ich bin sehr bemüht dieÜbungen genau wie im Buch ‹Ein starkerKörper kennt keinen Schmerz› zumachen. Nur dann nutzt es etwas.» ZurEinrichtung meint er verschmitzt: «Blu-menpötte sind mir nicht wichtig, siemachen hier auch keinen Sinn.» Dass esbei Kieser Training keine Fernsehberie-selung oder Musik gibt, stört ihn nicht; erschaue sowieso lieber zu Hause fern.

Der 97-Jährige trainiert nicht andersals jüngere Kunden des Kieler Betriebes.Dies sei auch gar nicht notwendig, erklärt

Älter werden ist eine Sache –schwach sein eine andere

Fritz Hamer, heute 97, hat mit 94 Jahren mit Krafttraining begonnen.

Als er mit dem Krafttraining anfing, warFritz Hamer 94 Jahre alt. Ein Skelett beiseinem Arzt hatte den Anstoß gegeben.«Ich habe mir gedacht, dass die Knochenohne Muskeln wie ein Kartenhauszusammenfallen. Kurz darauf flatterteein Flyer von Kieser ins Haus und ichhabe einen Termin zu einem Einfüh-rungstraining vereinbart», erzählt er über seinen Start. «Der Oliver Kristenhat mich dann ‹verarztet› – der dachtebestimmt, der Alte kommt nie wieder.»

Doch er kam, jeden Montag undjeden Donnerstag, pünktlich zwischen9.09 Uhr und 9.14 Uhr. «Sicher, derSchweinehund meldet sich schon mal,aber da bin ich stur», erzählt er lachend.«Ich will kein Muskelathlet werden, aberich brauche die Kraft, um alles machenzu können, was ich möchte und muss. Dasist mir sehr viel wert.»

DIALOG / 7

Funktionelle Mechanik des SprunggelenksAus orthopädischer Sicht ist der Gelenkstabilisierende Effekt von Krafttrainingsicherlich der bedeutsamste. Stabilisationbedeutet, dass die Gelenkflächen physio-logisch richtig übereinander stehen undder Gelenkmechanismus optimal funk-tionieren kann. Die Stabilität unseresSprunggelenks wird von der Kraft desvorderen Schienbeinmuskels (M. tibialisanterior) mitbestimmt. Durch das Prinzip«Zug und Gegenzug» gewährleistet die-ser kleine Muskel zusammen mit seinemGegenspieler, der Wadenmuskulatur, dieStabilisierung des Sprunggelenks. Bei vie-len Menschen funktioniert dieses Zu-sammenspiel allerdings nicht optimal. Imungünstigsten Fall führt dies, häufig beimSport, zu ernsthaften Verletzungen undÜberlastungsschäden.

Prüfen Sie einmal an sich selbst: Kön-nen Sie barfuß in eine tiefe Hocke gehen,ohne dass die Fersen vom Boden abhe-ben? Nein? Dann liegt dies möglicher-weise an einer verminderten Dehnfähig-keit der Wadenmuskulatur. Die Kräfti-gung des vorderen Schienbeinmuskels ander B8 sowie der Wadenmuskulatur ander J1 verbessert die Dehnfähigkeit.

Wirkung eines kräftigen vorderenSchienbeinmuskels beim LaufenVon einem Training an der B8 profitierenin sportlicher Hinsicht vor allem Läufer,bei denen während der Stützphase desLaufens eine verstärkte Pronation – alsoein abnormes Nach-Innen-Knicken desFußes – zu beobachten ist. Durch dieÜberpronation steigt das Risiko, Überlas-tungsschäden an Knochen, Sehnen, Bän-dern und Gelenken zu erleiden. Ein Bei-spiel hierfür ist das schmerzhafte Schien-beinkantensyndrom, bei dem eine sehrschmerzhafte Knochenhautentzündung

Füße kann der Läufer also mit Wider-stand entgegentreten.

Der präventive Nutzen der unter-schätzten B8 ist aus biomechanischerSicht nicht zu leugnen, dies gilt auch fürNichtsportler mit labilen Fußgelenken.Mit beiden Beinen fest im Leben zu ste-hen, dazu bedarf es neben einer gut funk-tionierenden Körperstatik auch einerbestmöglichen Bodenhaftung. UnsereFüße spielen für unsere Mobilität einetragende Rolle.

Starke Füße sind die Basis einer korrekten Körperhaltung und unseresWohlbefindens!

Ein Leben lang ein stabiles Fundament – starke Füße!

Literatur:

Hagen, M., Böhm, H. & Brüggemann, G.-P.

(2005). Das apparative Krafttraining der

Dorsalflexoren zur Prävention von Shin Splints.

Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin

(zur Veröffentlichung eingereicht).

James, S.L. & Jones, D.C. (1990).

Biomechanical aspects of distance running

injuries. In: P.R. Cavanagh (Ed.): Biomechanics

of distance running (pp. 249-269). Cham-

paign, IL: Human Kinetics.

das Laufen zur Qual werden lässt. EineStudie an der Deutschen Sporthoch-schule Köln belegt, dass regelmäßigesKrafttraining an der B8 bei Läufern mitchronischem Schienbeinkantensyndromzu einer signifikanten Schmerzreduktionführt. Zudem zeigte die biomechanischeLaufanalyse, dass sich die Überpronationverringerte.Die auftrainierte vordere Schienbein-muskulatur stützt den überbeweglichenFuß beim Aufsetzen der Ferse und lässtdas Abrollen ökonomischer werden. Diesverringert die mechanische Beanspru-chung beim Laufen.Zur optimalen Stabilisierung des Fußge-lenkes ist es zusätzlich ratsam, an der J1den Gegenspieler, also die Wadenmusku-latur zu trainieren. Dem «Kraftproblem»im Bereich des Sprunggelenks und der

Die B8 ist eine nicht gerade häufig besuchte Maschine auf der Kieser Trainingsfläche –

ganz im Gegenteil. Sicher fragt sich so manch einer, was es für einen Sinn haben sollte,

seinen Fuß in diese Apparatur zu zwängen, um dann eine «Dorsalflexion» auszuführen.

Die Hauptarbeit übernimmt dabei der unauffällige vordere Schienbeinmuskel,

dessen Ansatzsehne auf der Innenseite des Fußristes gut zu ertasten ist. Doch dieser

kleine Muskel hat es in sich!

TEXT: MARCO HAGEN, BIOMECHANIKLABOR, UNIVERSITÄT DUISBURG-ESSEN

8 / KOLUMNE

Anti-Aging:Nein, das ist keine Bürgerbewegung, diesich gegen ein oberbayerisches Dorfnamens Aging positioniert. Aber wennwir schon eine oberbayerische Metapherbemühen wollen, dann vielleicht so: Anti-Aging ist, wenn am Stammtisch einer sagt«So jung kemma nimma zamm» und einerantwortet «Doch!». Und das hängt damitzusammen, dass es gerade in Oberbayernso schöne Seen gibt. Und wo ein bayeri-scher See ist, ist eine Anti-Aging-Kliniknicht weit. Notfälle kommen gewöhnlichins Krankenhaus, Glücksfälle dagegen ineine Seeklinik.

Aber der Reihe nach: Die Lebenserwartung in den reichenIndustrieländern hat sich in den letzten100 Jahren verdoppelt. In der Antike hät-te ein Zeus jedem Sterblichen, der auchnur annähernd den hybriden Gedankenspönne, den Lebensfaden der Schicksals-göttinnen künstlich zu verlängern, miteinem smarten Blitz schlagartig klargemacht, wie schnell so ein Aging gehenkann. Bis ins späte Mittelalter noch war

Die Quadratur des Greises

ein Thirtysomething so exotisch wie Rad-sportler ohne Doping.

Temps perdu! Die Alterspyramide sieht längst aus wieeine Eiswaffel und das Aufkommen derersten Ü70-Parties in urbanen Discosmacht niemanden mehr stutzig.Amerika-nische Notenbankchefs wie kubanischeRevolutionsführer, katholische Kirchen-fürsten wie niederländische Operetten-sänger schreiten gleichsam als Werbeträ-ger der Anti-Aging-Bewegung voran unddas Konzert-Highlight 2070 lässt sich jetztschon vorhersagen: Die Rolling Stonesinkl. Mick Jagger.

Ist Anti-Aging wirklich der ernsthafteVersuch das Leben zu verlängern, weil es nicht langt?Nein, ist es nicht! Und damit sind wir wieder in der Seeklinik. Dort geht esnämlich weniger um den See, als darumgesehen zu werden. Die Haut kriegt ihrFett weg: «füllen, peelen, unterspritzen,saugen, straffen, glätten, liften, Cellulitis,Endokrine, Doppelkinne, Vitamine.»Anti-Aging müsste eigentlich heißen«Anti-Alt-Aus-Sehing» oder wie wär’smit «Outlook Express»?

Auf den mittelalterlichen Märktenlockten die fahrenden Quacksalber noch mit Moritaten, bevor sie ihren«Hodelschwing’schen Hausgeist» anprie-sen. Heute sind es Bilder, die uns bestim-men. Die Fotomodelle, die uns als Blau-pause unserer Anti-Falten-Welt dienen,sind in der Regel leider tatsächlich sojung, wie sie aussehen, sind sie erst so altwie ihre Adressaten, sind sie auch keineModels mehr, aber 100 %-ige Kunden für

Anti-Aging-Produkte. Dabei ist derenWirkung eher zweifelhaft und die ka-schierten Falten tauchen nach 24 Stundenjustament wieder auf, spätestens aberbeim Blick auf die Preise. Für Gesichts-pflege gab der Deutsche im Vorjahr 366Mio. Euro aus, ein Fünftel davon brachteer in die Apotheke. Rezeptfreies boomtaber auch im Supermarkt – im Spezial-fach «Vital fatal» – gleich neben den Gur-ken für die gleichnamige Maske.

Eine grandiose wie perfide Maskerade. Wie wundersam ergänzen sich doch Discount-Lebensmittel und Vitamin-Prä-parate. Denn wo ehemalige Lebensmittelzu genetisch aufblasbaren Substanzendegeneriert sind, muss man natürlichNahrungsergänzungsmittel und vitalisie-rende Präparate nachfüllen. Erst rupftman Blumen aus und dann verkauft mankünstliche, damit wieder alles hübsch aus-sieht. Aber so ist er, der Kapitalismus:Alles platt machen und am Wiederaufbauverdienen.

Kein Wunder, dass wir alle so alt aussehen.Denn eigentlich genügten bereits Binsen-weisheiten wie «Bewegen Sie sich mehr,gehen Sie an die frische Luft, entspannenSie sich, essen Sie was Gutes» – ganzkostenlos, aus dem Munde eines altenBergbauern.

The best things in life are free.

TEXT: ECCO MEINEKE

«Die Lebenserwartung hat sich verdoppelt…»

«Was erwarten Sie vom Leben?»

«Das Doppelte.»

«Also mehr?»

«Nein, länger.»

Zur Person

Kabarettist, Soul-Entertainer, Autor, Fotograf – Ecco Meineke ist ein Allround-Talent. Er trainiert seit 2 Jahren bei Kieser Training in München und «in Hamburg, Berlin, Köln, Düsseldorf, Zürich, … Je nachdem, wohin meine Tourneen mich verschlagen. Ein triftiger Grund, um zu Kieser Training zu gehen.»

Vitamine hin oder her – auch ein Apfel kriegt Falten. Foto: Digitalstock