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Haus der Musik REGENSBURG PLANT & BAUT

Regensburg plant und baut - Das Haus der Musik

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Das Haus der Musik in Regensburg ist fertig. In dieser Broschüre erfahren Sie alles über das Bauwerk, die Idee dahinter und die Menschen, die daran beteiligt waren.

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  • Haus der MusikREGENSBURG PLANT & BAUT

  • Haus der MusikGute Regenten, Vter des Vaterlandes, wollt ihr in euren Staaten Wahrheit, Schnheit und Tugendvereinigen? Wollt ihr auf eine dauerhafte Weise die schnen Knste, diese Blthe der Menschheit, erhalten: so errichtet gute Kunstschulen!Mit diesem Aufruf beschliet Carl von Dalberg seinen Aufsatz Kunstschulen, der 1795 in der von FriedrichSchiller herausgegebenen Zeitschrift Die Horen erscheint. Dalberg ist von 1772 bis 1802 kurmainzischerStatthalter in Erfurt. Aus der berzeugung des aufgeklrten Absolutismus heraus, grndet er in Erfurt neben anderen Bildungseinrichtungen 1785 eine Kunstschule.

    Es ist die Bestimmung des einzelnen Menschen, dass er sich selbst veredele, in sich selbst alle Keimedes Guten, Wahren und Schnen entwickle; und esist die Pflicht des Staates, dass er alles befrdere, was zu dieser Absicht mitwirken kann.1810 erffnet Kurfrst Carl Theodor von Dalberg die Stdtische Musikschule Aschaffenburg als Brgermusikschule. Sie ist damit die lteste Musikschule Deutschlands.

  • 7Inhalt

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    Wozu brauchen wir am Bismarckplatz nochein Haus fr Musik und Theater? 8

    Das Gebude im Wandel der Zeit von den Anfngen bis heute 12Das Haus der Musik von der Idee zur Realisierung ................................................................. 14Wiederbelebung und Weiterentwicklung eines Baudenkmals Vereinigung von Geschichte und Gegenwart ........................................................................... 32Baugeschichtlicher berblick .......................................................................................................... 38Farb- und Fassadenkonzept .............................................................................................................. 46Von der Gesandtenresidenz zum Haus der Musik ............................................................... 61Emanuel Joseph von Herigoyen, der Architekt der Franzsischen Gesandtschaft .... 70Weltkulturerbe kann Energiewende ............................................................................................. 78Heizung Lftung Sanitr .............................................................................................................. 81Elektrotechnik ......................................................................................................................................... 84Crescendo eine interaktive Lichtinstallation .......................................................................... 86Zahlen, Daten, Fakten .......................................................................................................................... 92

    Sing- und Musikschule 94Ich habe die Hoffnung, dass es dort summt und brummt .................................................. 96Gegenwarts-Musik ............................................................................................................................... 101Hineinhren ist das Wichtigste ................................................................................................ 106Impuls fr das gemeinsame Musizieren .................................................................................... 110Vom Kontrabass bis zur Tuba ........................................................................................................... 116Frhzeitige Begegnung Das Instrumentenkarussell ........................................................ 122Ein etabliertes Angebot Musiktherapie .................................................................................. 124Vom Freisetzen kreativer Krfte ..................................................................................................... 126Freundeskreis der Sing- und Musikschule ................................................................................. 128

    Zur Entstehung der Spielsttte JUNGES THEATER am Theater Regensburg 130Ein Pflock fest eingeschlagen! ..................................................................................................... 132Mit einer Hebegarderobe als Bonus ........................................................................................... 140Theaterfreunde Regensburg .......................................................................................................... 144Netzwerk der Zukunft ........................................................................................................................ 146Ein kulturelles Zuhause .................................................................................................................... 148Fotografischer Rckblick JUNGES THEATER ............................................................................... 152Gedanken zum JUNGEN THEATER ................................................................................................ 158

    Impressum .............................................................................................................................................. 162

  • Wozu brauchen wir am Bismarckplatz noch ein Haus fr Musik und Theater?

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    Eine gute Frage, finden Oberbrgermeister Joachim Wolbergs, Planungs- und Baureferentin Christine Schimpfermann, Kulturreferent Klemens Unger und Theaterintendant Jens Neundorff von Enzberg. Sie erklren, was das von Grund auf sanierte Prsidialpalais den Regensburgerinnen und Regensburgern zu bieten hat.

    Wolbergs: Wenn mich jemand fragt, warum wir ein Haus der Musik brauchen, dann ist die Antwort klar: Der Stadt hat sich eine einmalige Chance geboten, als die Polizei das Prsidialpalaisam Bismarckplatz verlassen und der Freistaat uns das Gebude zum Kauf angeboten hat. DieFrage war einfach: Wollen wir als Stadt die Chance nutzen oder wollen wir zusehen, wie dieseswertvolle Objekt auf diesem zentralen Platz etwa eine Bank oder ein Versicherungsgebude wirdund damit einer ffentlichen Nutzung entzogen wird?

    Unger: Gottseidank haben sich Stadt und Stadtrat fr den Kauf des Palais entschieden. So ein bedeutendes Gebude muss nach meiner Auffassung eine ffentliche Nutzung haben. Und denBedarf fr diese Nutzung hatten wir ja schon lange der Sing- und Musikschule ist es in der Kreuz-gasse viel zu eng geworden, sie musste sich dringend vergrern. Das gelingt jetzt mit der Nutzung des Prsidialpalais als Haus der Musik in ganz hervorragender Weise.

    Neundorff: Na ja, noch ein Haus fr Musik und Theater stimmt ja so nicht ganz. Denn meinesWissens hat es in seiner jetzigen Funktion und Struktur zumindest in Regensburg eine solitreStellung. Und wenn man es als substituierende UND ergnzende Kultureinrichtung betrachtet,vielleicht sogar in ganz Bayern. Ich habe diese Idee quasi von Ern Weil geerbt und freue michseit Beginn meiner Intendanz auf die immer nher rckende Erffnung.Der Anbau, in dem unser JUNGES THEATER fest unterkommt. Das wird schon etwas ganz Beson -deres: In anderen Stdten, denen es nicht so gut geht wie Regensburg, mssen die Fnf-Sparten-Theater mit erheblich schrumpfenden Etats zurechtkommen und in Regensburg knnen wiruns nun ein Kinder- und Jugendtheater als vierte Sparte mit einer lang ersehnten eigenen Bhneund eigenen Probenrumen leisten.

    v.l.n.r.: Joachim Wolbergs, Christine Schimpfermann, Klemens Unger, Jens Neundorff von Enzberg

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    Schimpfermann: Das Haus der Musik passt auerdem wunderbar zur Funktion des Bismarck -platzes als Treffpunkt. An schnen Sommerabenden ist er voll mit jungen Leuten. Die Menschenin Regensburg haben diesen Platz zum grten improvisierten Freisitz der Stadt gemacht.

    Wolbergs: Und jetzt ist der Bismarckplatz auch noch der Ort in Regensburg, an dem sich Theaterkultur, musische Bildung und Regensburger Lebensstil treffen. Dafr nimmt die Stadt ordentlich Geld in die Hand, insgesamt 17,5 Millionen Euro kostet das Haus der Musik. Wobei wirerlebt haben, dass der Umbau eines so groen und alten Gebudes berraschungen mit sichbringt, die man dann sofort auch finanziell zu spren bekommt.

    Schimpfermann: Die Steigerung der Baukosten hatte im wesentlichen mit nicht vorhersehbarenAuflagen und deutlich steigenden Baupreisen zu tun und in Ergnzung zur Anfangsplanung ist der Einbau einer sehr innovativen, umweltfreundlichen und kostensparenden Technik dazugekommen: Fr die Klimatisierung des Hauses der Musik entziehen wir in einem ausgeklgeltenVerfahren dem Abwasser, das in direkter Nhe in einem unterirdischen Kanal fliet, Wrme undauch Klte. Damit kann das Haus der Musik geheizt oder in Teilen auch gekhlt werden. Fr dieseinnovative Technik erhalten wir andererseits auch Frdermittel.

    Unger: Dieses Verfahren hat auch den Vorteil, dass es keine Probleme mit dem Denkmalschutzgibt.

    Schimpfermann: Wenn man in der Regensburger Altstadt bei der Sanierung eines Gebudes auf dem neuesten energetischen Stand sein will, kann man zum Beispiel auf die Nutzung derSonnenenergie aus Grnden des Ensembleschutzes nicht zurckgreifen. In der Altstadt drfenkeine Solarkollektoren oder Photovoltaikanlagen auf den Dchern installiert werden, damit auchbei der Sicht von oben das alte Stadtbild erhalten bleibt. Beim Prsidialpalais schied auerdemeine Dmmung der Auenfassade aus, weil sie das Auenbild verndert htte. Auch eine Innen-dmmung ging wegen des Denkmalschutzes nicht, und deswegen haben wir nach technischenLsungen gesucht, um bei der Bereitstellung von Heiz- und Khlenergie weniger Primrenergieals blich zu bentigen. Das Ergebnis waren die Wrmegewinnung aus Abwasser und der Betriebeines kleinen Blockheizkraftwerkes.

    Wolbergs: Das hat die Gesamtkosten zwar in die Hhe getrieben, aber die Finanzierung des Hauses der Musik mssen wir nicht alleine stemmen: Rund 4,6 Millionen Euro bekommt die Stadtaus Mitteln des Konjunkturprogramms Welterbe, der Stdtebaufrderung, der Deutschen StiftungDenkmalschutz, des kommunalen Finanzausgleichs sowie vom Bayerischen Landesamt fr Denk-malpflege und dem Bezirk Oberpfalz. Dafr bin ich allen Beteiligten sehr dankbar.

    Neundorff: Als die Entscheidung fr eine neue Spielsttte fr das JUNGE THEATER zwischen denseinerzeit Verantwortlichen Herrn Schaidinger und Herrn Weil gefllt wurde, war auch klar,dass sich das Theater an den Kosten beteiligen wrde, respektive msse. Und so wurde in denvergangenen Jahren die stattliche Summe von 3,3 Millionen Euro zurckgelegt, die jetzt seitensdes Theaters in die Finanzierung flieen.

    Unger: Die Investitionen ins Haus der Musik sind und das finde nicht nur ich bestens angelegt:In 21 Unterrichtsrumen werden die 1 200 Schlerinnen und Schler der Sing- und Musikschuleunterrichtet. Weitere Rumlichkeiten und ein Aufnahmestudio stehen fr die freie Szene zur Ver-fgung. Im Foyer ist eine Ausstellung mit historischen Musikinstrumenten zu sehen, darunterein restaurierter, wertvoller Flgel. Im Erdgeschoss gibt es ein sehr hbsches ffentliches Caf. So ein Angebot, konzentriert in einem Haus, hat es in Regensburg bisher nicht gegeben.

    Wozu ein Haus fr Musik und Theater?

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    Schimpfermann: Als ich das alte Palais zum ersten Mal unter dem Aspekt betrachtet habe, dortdie Musikschule und das Kinder- und Jugendtheater unterzubringen, war mir schnell klar, dassdas ein ambitioniertes Unternehmen wird. Wie gelingt es, dieses groe, fast 210 Jahre alte Gebude baulich und technisch so zu ertchtigen, dass es den heutigen Nutzungsanforderungenwie auch den Anforderungen des Denkmal- und des Klimaschutzes gengt. Das Haus der Musikkann all das erfllen, und dafr haben wir uns ein paar sehr pfiffige, innovative Lsungen einfallenlassen.

    Wolbergs: Das ist fr mich ja das Besondere am Haus der Musik: Ein tolles, altes Gebude wirdmit Kultur und Bildung neu belebt, es wird baulich und technisch absolut fit gemacht fr die Zukunft, es wird umweltfreundlich beheizt und gekhlt. Und es zeigt deutlich, wie wichtig uns inRegensburg die Kultur ist und dass wir immer neue Antworten auf die Frage finden wollen, wiewichtig uns die kulturelle und musische Bildung von Kindern und jungen Menschen ist.

    Unger: Jetzt holen wir die Sing- und Musikschule und das Kinder- und Jugendtheater an einender prominentesten und schnsten Pltze in unserer Altstadt. Das ist ein klares Statement fr diemusische und kulturelle Bildung unserer Kinder und jungen Leute.

    Neundorff: Meiner Meinung nach ist es besonders wichtig, dass mit der Erffnung des neuenHauses die Sparte des JUNGEN THEATERS erstmals auch rumlich institutionalisiert wird. EinerSparte die in der Vergangenheit unter sehr schwierigen Bedingungen Enormes geleistet hat, wirdfr ihr Engagement, fr ihren Einsatz und die damit verbundenen Verdienste belohnt. Und diesin einer Zeit, in der Theaterneubauten nicht mehr zum stdtebaulichen Standard gehren. Dierumliche Nhe zur Sing- und Musikschule ist im Hinblick auf unsere Kooperationen mit demCantemus-Chor ein zustzlicher schner Effekt.

    Wozu ein Haus fr Musik und Theater?

    Das Haus der MusikAus drei mittelalterlichen Gebudeteilen war in den Jahren 1804/05 das Palais alsFranzsische Gesandtschaft fr den franzsischen Botschafter beim Immerwhren-den Reichstag errichtet worden. Mit der Planung beauftragte damals FrstprimasCarl von Dalberg den Hofarchitekten Emanuel Joseph von Herigoyen, der auch schondas Theatergebude gegenber entworfen hatte. Bereits im Jahr 1806 verlor das Gebude mit der Auflsung des Immerwhrenden Reichstags in Regensburg seineeigentliche Nutzung. Der Gebudekomplex diente im Anschluss als Sitz und Woh-nung des Regierungsprsidenten, danach als Sitz der Landespolizeidirektion undschlielich ab 1970 als Sitz des Polizeiprsidenten.

    Mit dem Umbau und der Nutzung des Gebudes als Haus der Musik wird das Palais am Bismarckplatz in seiner ursprnglichen Bedeutung fr die ffentlichkeitwieder erlebbar. Das Gebude ist Teil des Ensembles Bismarckplatz und gehrt zuden herausragenden Beispielen klassizistischer Architektur neopalladianischer Prgung in Deutschland.

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    Das Gebudeim Wandel derZeit von denAnfngen bisheute

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    Das Planungs- und Baureferat der Stadt Re-gensburg wurde im April 2010 mit der Erstel-lung einer Konzeptstudie fr die Nutzung desPrsidialpalais beauftragt. Schnell wurde klar,dass die Raumzuschnitte des Palais gut ge-eignet waren, um das noch nicht endgltigfeststehende Raumprogramm, bestehend ausVeranstaltungsslen und eher kleinteiligenUnterrichts rumen, zu verwirklichen. Die geforderten greren Sle fr das JUNGETHEATER und den Cantemus-Chor konntendurch einen Erweiterungsbau auf der sdlichanschlieenden Freiflche (ehemals Gartendes Palais bzw. Garagenhof der Polizei) nach-gewiesen werden.

    Noch gab es kein endgltiges Raumprogramm, die Anforderungen an die technische Ausstat-tung und Bhnentechnik waren noch nicht definiert und mit den Unter suchung der Gebude-substanz wurde erst begonnen. Trotzdem sollte ein erster grober Kostenrahmen der Bau-manahme fr den anstehenden Kauf benannt werden. Als Anhaltspunkt fr die Kostenermitt-lung wurden die Erfahrungen bei der Theatersanierung herangezogen. Fr die reinen Baukostenwurde ein Kostenrahmen von zehn Millionen Euro ermittelt. Anfang 2011 erwarb die Stadt dasGebude, um in zentraler Lage und in direkter Nachbarschaft zum Haupthaus des Theaters denTraum einer ffentlichen Nutzung fr die kulturelle Jugendfrderung zu realisieren.

    Die Weichen waren gestellt, die Eckpunkte gesetzt. Selbst der ambitionierte Fertigstellungs-termin stand fest, da beantragte Bundesfrdermittel an eine Fertigstellung im Jahr 2014 gekoppelt waren.

    Von der Idee zur Realisierung

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    Das Haus der Musik von der Idee zur RealisierungOliver Geerkens / Michael Hermann

    Die IdeeVor gut zwlf Jahren kam aus dem Kulturreferat der Vorschlag, am Bismarckplatz ein BayerischesHaus der Musik zu installieren. Diese Idee wurde dann als ein Projekt in der Bewerbungsschriftzur Kulturhauptstadt 2010 konkretisiert. Als das Polizeiprsidium Niederbayern/Oberpfalz Anfang2010 den Amtssitz am Bismarckplatz 1 aufgab, bot sich die einmalige Gelegenheit, diese Idee Wirklichkeit werden zu lassen. In dem Gebude sollte ein Regensburger Haus der Musik miteiner festen Spielsttte fr das Theater der Jugend entstehen, um den Kultur- und MusikstandortRegensburg nachhaltig zu strken und innovativ voranzutreiben.

    Der ehemalige Garagenhof nach Abschluss der Grndungsarbeiten im Mrz 2013

    Das Prsidialpalais im April 2010. Foto: Joachim Braunmiller

    Oktober 2012 Grundsteinlegung

  • Ein Treppenaufgang whrend und nach der Sanierung

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    Das RaumprogrammDas historische Gebude war in weiten Teilen wie geschaffen fr den Raumbedarf der Musik-schule.

    Das Palais war in den Jahren 1804 bis 1805, auf der Substanz dreier mittelalterlicher Vorgnger-bauten durch den Hofarchitekten Emanuel Joseph von Herigoyen fr die Franzsische Gesandt-schaft am Immerwhrenden Reichstag geplant und errichtet worden. Prgend fr das neo-klassizistische Gebude waren, neben der prunkvollen Fassade, die reprsentativen hohen Rumeder Beletage im ersten Obergeschoss sowie zahlreiche kleinteilige, untergeordnete Rume im Erd-und zweiten Obergeschoss.

    Wie schon damals, so wird auch heute dasHaus der Musik ber den prchtigenHaupteingang unter dem Portikus vom Bismarckplatz aus erschlossen. Man ge-langt in ein Foyer und von dort zu einergrozgigen Treppen anlage. Im Erdge-schoss versorgt ein kleines Caf mit Freisitzvor den Stufen des Palais die Besucher.Neben dem Caf werden die Nebenrumedes Theaters, eine Werkstatt und fnf Unterrichtsrume der eher lauten Instru-mente wie Klavier und Schlagzeug unter -gebracht.

    Im ersten Obergeschoss der Beletagemit seinen reprsentativen Rumen istim Nordwest-Trakt die Verwaltung situiert.Hier durften aus Grnden der Denkmal-pflege keine bau lichen Eingriffe zur sta-tischen Ertchtigung oder schalldm-mende Ma nahmen durchgefhrt werden,damit die historischen Stuckdecken, Wand-ornamente und originalen Parkett-Belgeaus der Erbauerzeit von 1804 bzw. den Fol-gejahren erhalten blieben.

    An der Ostseite des Gebudes entlang des Beraiterwegs konnte durch den Rckbau von Raum-teilungen aus den 70er Jahren der historische Ballsaal der Gesandtschaft als Konzertsaal fr ca.120 Personen samt seiner Nebenrume wiederbelebt werden. Im Vorraum des Konzertsaales mitseinen gut erhaltenen, bemalten Supraporten werden ausgewhlte Stcke der Musikalien -sammlung des Historischen Museums prsentiert. Herzstck ist ein aus dem Jahre 1815 stam-mender, restaurierter Hammerflgel. Auerdem konnten im ersten Obergeschoss noch Rumefr ein extern betriebenes und bereits vermietetes, digitales Tonstudio geschaffen werden.

    In den Ebenen des zweiten und dritten Obergeschosses entstanden 17 Unterrichtszimmer fr Musikschler sowie ein Orchesterprobensaal mit 107 m2 Nutzflche. Aus akustischen Grndenwurde ber dem Probensaal eine Stoffmembrandecke eingezogen, damit das gesamte Raum -volumen des darber liegenden historischen Dachstuhls als Klangkrper akustisch mitwirkenkann.

    Von der Idee zur Realisierung

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    Von der Idee zur Realisierung

    Das Schulleiterbro whrend und nach der Sanierung

    Der Museumsraum whrend und nach der Sanierung

    Ein Unterrichtsraum im Erdgeschoss whrend und nach der Sanierung

    Das Caf Anton im Haus der Musik

  • Der Cantemus-Saal im 2. Obergeschoss des Neubaus whrend der Bauphase und nach der Fertigstellung

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    Alle erforderlichen Sle, die aufgrund ihrer Raumhhe und Gre nicht in der kleinteiligen historischen Struktur des Palais umgesetzt werden konnten, sowie Groteile der technischen Anlagen wurden in den angrenzenden Neubau ausgelagert. Der Erweiterungsbau schliet be-wusst modern, aber ebenso reprsentativ wie der Altbau, die vorhandene Baulcke am Beraiter-weg. Im Obergeschoss wurde ein groer Probesaal fr den Cantemus-Chor geschaffen, der fr bis zu 200 Personen geeignet ist. Der weie, multifunktionale Saal mit einem gefalteten, sttzenfreien Dachtragwerk wurde fr variable Nutzungen wie Proben, Auffhrungen, Konzerteund den alltglichen Unterrichtsbetrieb konzipiert.

    Der gesamte Erdgeschossbereich des Neubaus beherbergt das JUNGE THEATER Regensburg. Hierbetritt man ber einen eigenen Zugang vom Beraiterweg ein Foyer, in dem sich spannungsvolldie Zeiten Mittelalter, Klassizismus und Moderne gegenberstehen. Verlsst man das Foyer, sogelangt man in einen groen, fensterlosen Spielsaal fr bis zu 250 Personen, mit 164 m2 Grund-flche und einer lichten Hhe von ca. 5,50 m. Dieser ist nahezu quadratisch, ungerichtet und alsBlackbox konzipiert, damit er multifunktional bespielt und genutzt werden kann.

    Der Entwurf Herigoyen hat nicht nur das Palais fr die franzsische Gesandtschaft entworfen sondern auchweitere, benachbarte Gebude. Damit hat er einen Platz geschaffen, der in seiner Harmonie undneoklassizistischen Ausformung fr Regensburg einmalig ist und zu den attraktivsten Adressender Stadt gehrt, den heutigen Bismarckplatz. In den Sommermonaten wird dieser von der Regensburger Bevlkerung jeden Alters frequentiert. Hierbei leistet der Portikus an der Nordseitedes Palais einen fast schon kulissenhaften Beitrag zur Platzgestaltung.

    Von der Idee zur Realisierung

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    Von der Idee zur Realisierung

    Der Konzertsaal im 1. Obergeschoss whrend und nach der Sanierung

    Der Theatersaal im Erdgeschoss des Neubaus whrend der Bauphase und nach der Fertigstellung

    Der Orchester-Probesaal im 2. Obergeschoss whrend und nach der Sanierung Der Bismarckplatz im Sommer bei einer Veranstaltung

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    Von der Idee zur Realisierung

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    Mit Blick auf die Grundrissplne erkennt man, dass das Palais eigentlich nur im Nord- und Ost-flgel seinem Namen gerecht wird. Tatschlich besteht das Haus aus mehreren, teilweise mittelalterlichen Gebudeteilen, die durch den Nordflgel wie durch eine Klammer zusammen-gefasst und ergnzt werden. Das fhrt dazu, dass das Haus aus einer Vielzahl von kleinen, nied-rigen Rumen auf unterschiedlichsten Niveaus besteht. Lediglich der Eingang mit seinerzweilufigen Treppenanlage, seinen reprsentativen Rumen in der Beletage im Nord- und Ost-flgel sowie mit seiner Enfilade werden den herrschaftlichen Erwartungen der Nordfassade gerecht.

    In der Entwurfsplanungkonnte das Raumpro-gramm mit seinen kleinenEinzel- und Gruppen unter-richts rumen sehr gut um-gesetzt werden. Die Bel-etage und der Tanzsaalmussten von den stren-den Einbauten lediglich be-freit werden, um auch hierdem Haus zu altem Glanzund dem Raumprogrammzu seiner Umsetzung zuverhelfen (siehe Baualters-plan).

    Von der Idee zur Realisierung

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    Grundriss Erdgeschoss

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    Grundriss 1. Obergeschoss

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    Baualtersplan 1. Obergeschoss

    1. und 2. Bauphase: Erste Hlfte des 15. Jahrhunderts + 1569 Fugger (kornhaus vor bruch, Getreidestadel mit stdt. Marstall)

    3. Bauphase: um 1805Baumeister Emanuel Joseph von Herigoyen(franz. Gesandtschaft)

    4. Bauphase: nach 1810 + weiteres 19. Jahrhundert(Sitz Regierungsprsident, Prsidialpalais)

    5. Bauphase: um 1912 (Landpolizeidirektion)

    6. Bauphase: Zweite Hlfte des 20. Jahrhunderts + um 1970(Polizeiprsidium)Rckbauten bei der Sanierung 2013/14

    Konzertsaal LuftraumTheatersaalTheatersaal Museum

    Caf

    Passage

    Foyer

    Musikunterricht

    Eingangshalle

    Verwaltung

    Die Glasbrcke im 2. Obergeschoss als Verbindung der Gebudeflgel

  • Das Fluchttreppenhaus an der Schottenstrae vor und nach der Sanierung

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    und durch neue Treppen ersetzt werden. Dies ermglichte, durch eine ausdifferenzierte Detail -planung, gleichzeitig die Anbindung der unterschiedlichsten Raumniveaus in den jeweiligen Gebudeteilen.

    Der Neubau wurde fr den Flchenbedarf und die Bedrfnisse des Theaters im Erdgeschoss undfr den Chorsaal im Obergeschoss ausgelegt und grozgig geplant. Die Fassadengestaltungsollte eigenstndig, ruhig und angemessen auf den historischen Hauptbau reagieren. In zwei Sitzungen mit dem Gestaltungsbeirat konnte ein Entwurf entwickelt werden, der die Proportionendes Sockels und der Traufe bernimmt, ansonsten aber mit seiner Putzfassade und seinem groen,steingefassten Fensterelement im Obergeschoss eine eigenstndige, fast schon selbstverstnd-

    Von der Idee zur Realisierung

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    Eine wirkliche Herausforderung bestand im Altbau in der Erschlieung der Gebudeflgel. Es gibtzwar im Ost- und Westflgel jeweils ein Treppenhaus jedoch keine Verbindung der beiden Flgeluntereinander. Im ersten Obergeschoss musste man ber die historische Haupttreppe in das Erdgeschoss hinunter und auf der anderen Seite wieder hinauf, um von einem Flgel in den anderen zu gelangen. Dieses Problem konnte nur durch eine entsprechende Nutzung der Rumein der Beletage als Verwaltungsrume und durch eine Wiederbelegung der Enfilade gelst werden. Im zweiten Obergeschoss bestand die gleiche Situation, wobei eine Durchquerung desmittig gelegenen bungssaals aus funktionalen Grnden nicht in Frage kam. Das Problem wurdehier durch eine Glasbrcke gelst, die den Hof berspannend jetzt den Ost- mit dem Westflgelverbindet. Die beiden Treppenhuser der 70er Jahre im Ost- und Westflgel mussten abgebrochen

    Von der Idee zur Realisierung

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    Grundriss Dachgeschoss

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    Grundriss 2. Obergeschoss

    Der Zugang fr Menschen mit Behinderung whrend und nach der Sanierung

    Orchester-Probesaal

    LuftraumOrchester-Probesaal

    Cantemus-Saal LuftraumCantemus-Saal

  • mit seiner immensen denkmal pflegerischen Bedeu-tung nicht zu realisieren gewesen. Auf Grundlage derdenkmalpflegerischen Vorunter suchungen konntendann alle beteiligten Fachplaner (Statik, Heizung, Lf-tung, Sanitr, Elektro, Bhnen technik, Akustik, Bau -physik, Brandschutz und viele mehr) unter Feder-fhrung des Amtes fr Hochbau und Gebudeserviceihre Planungen vorantreiben. Intensive Abstimmungs-gesprche mit dem Bayerischen Landesamt fr Denk-malpflege (BLfD) waren ntig, um Konzepte undLsungsanstze, insbesondere fr den hohen Raum-und Platzbedarf der Technik, oder zum Beispiel denStandort des Aufzuges zu ermglichen. Konstruktiv,das gemeinsame Ziel immer vor Augen, aber immer

    Von der Idee zur Realisierung

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    liche Position und Vermittlerrolle zwischen den unterschiedlichen Nachbar gebuden einnimmt.Die Dachform und Dachhhe sind vorrangig der zentimetergenauen Abstandsflchenberechnungzu den Nachbarn geschuldet. Durch seine gefaltete Struktur bietet das Dach dem Cantemus-Saalzudem einen spannungsreichen Abschluss mit guter Akustik.

    Mit der Zustimmung des Stadtrates, der Nachbarn, der Denkmalpflege und des Gestaltungs -beirates konnten der Entwurf und die Genehmigungsplanung abgeschlossen und die Realisierungin Angriff genommen werden.

    Die Realisierung Anfang 2011 mussten, um Planungssicherheit im Kontext mit der denkmalpflegerischen Be -deutung des Gebudes zu erlangen, umfangreiche denkmalpflegerische Archivforschungen, Bestandsanalysen, Substanz- und bodenarchologische Untersuchungen durchgefhrt werden.Ohne diese Grundlagenanalyse wren ein Umbau und eine Sanierung des Gebudekomplexes

    Von der Idee zur Realisierung

    rechts: Lage des Aufzugschachts zwischen zwei mittelalterlichen Wnden

  • Anfang 2012 war die Eingabeplanung abgeschlossen, und die Baukosten inklusive aller techni-schen Wnsche und Anforderungen konnten fundiert berechnet werden. Nach der Erweiterungdes Raumbedarfs und inklusive eines Anteils von 2 Mio. Euro alleine fr die Bhnentechnik, lagendie reinen Baukosten jetzt bei 14,1 Mio. Euro.

    In einem europaweiten Bewerbungsverfahren wurde ein Architekturbro zur Realisierung derManahme ab der Werkplanung, das heit ab der Leistungsphase 5 der Honorarordnung fr Architekten und Ingenieure (HOAI) gesucht. Mit dem Bro Karl und Probst kam neben den bereitsbeauftragten Fachplanern ein weiterer kompetenter Partner ins Team, um das Haus der Musik zurealisieren.

    Um Entscheidungsprozesse der denkmalpflegerischen Belange zu beschleunigen und um zeitnahvor Ort auf vernderte Begebenheiten und berraschungen im Bestand reagieren zu knnen,wurde in Absprache mit dem Bayerischen Landesamt fr Denkmalpflege eine sogenanntedenkmalpflegerische Fachbauleitung installiert. Diese bernahm, quasi als Bindeglied zwischenden Planern und Firmen auf der einen Seite sowie dem BLfD auf der anderen Seite, die rtlicheberwachung und Beratung der Beteiligten in allen Fragen des Denkmalschutzes.

    Von der Idee zur Realisierung

    auf den Erhalt der Substanz und den Charakter des historischen Ursprunges bedacht, wurden allePlanungsphasen mit den Denkmalschtzern abgestimmt und festgelegt. Dabei ist, betrachtetman das Gebude jetzt nach der Fertigstellung, von den Schwierigkeiten einer denkmalgerechtenSanierung selbst fr den Fachmann nur wenig zu erkennen. Wie bei vielen Neubauten ist der sehrhohe Anteil der Gebudetechnik versteckt und nahezu unsichtbar. Lediglich die neuen Treppen-huser wurden als Kontrast zum alten Gebude eher selbstbewusst, modern und technisch konzipiert. Dabei kamen uns drei Umstnde zugute, die beispielhaft zu erwhnen sind: Alle neu zu errichtenden Fluchttreppenhuser konnten in Bereiche gelegt werden, die bereits

    von frheren Umbauphasen geschdigt bzw. zerstrt waren. Unter dem Erdgeschoss des historischen Gebudes waren nur in Teilbereichen historische

    Befunde, sodass Groteile der technischen Elektro-, Heizungs- und Lftungsversorgung unterdie Erdgeschossebene in Hohlraumbden verlegt werden konnten.

    Unter dem Neubau konnte, zwischen den benachbarten Gebuden, ein Kellergeschoss mit einerRaumhhe von ca. vier Metern errichtet werden, in dem die umfangreichen Lftungsanlagender Konzert- und Probesle untergebracht werden konnten.

    Von der Idee zur Realisierung

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    Durch den Einbau einer Aufzugsanlage wurde das Gebude nach der Sanierung weitgehend barrierefrei. Holzbalkendecken mit auf Neopren gelagerten Parkettbelgen wurden speziell frdieses Gebude zur Verbesserung des Schallschutzes entwickelt; die neuen Haupttreppenhusermussten an die vorgegebenen Bestandsdecken als auch in die bestehenden Treppenrume ein-und angepasst werden. Das Brandschutzkonzept musste in Einklang mit den Anforderungen desDenkmalschutzes realisiert und abgestimmt werden. Eine flchendeckende Brandschutzanlageund unzhlige Einzelabstimmungen waren ntig, um den historischen Bestand auf der einensowie die geplante Nutzung mit vier Veranstaltungsrumen auf der anderen Seite zu realisieren.Bestehende historische Bautoleranzen und viele Umstnde, wie beispielhaft abweichende Tr-mae im Altbau oder schiefwinkelige Wnde brachten alle Beteiligen oft an den Rand Ihrer Belastbarkeit.

    Nach genau zwei Jahren Bauzeit, der Beteiligung von ungefhr vierzig verschiedenen Bros, Gutachtern und Sachverstndigen, der Beauftragung von ca. hundert verschiedenen Firmen sindalle am Bau Beteiligten zurecht stolz, die Herausforderungen gemeistert und das Haus der Musikwie geplant an seine knftigen Nutzer bergeben zu haben.

    Von der Idee zur Realisierung

    In der Stadtratssitzung vom 20. Mrz 2012 wurde die Durchfhrung der Manahme mit den andie neuen Gegebenheiten angepassten Kosten endgltig beschlossen. Es begann die Zeit un -zhliger Planungsrunden zur Abstimmung der Werkplanung.

    Die Komplexitt der Aufgabe sowohl im hochtechnisierten Neubau als auch im denkmalgeschtz-ten Altbau war erheblich. Die Statik der historischen Holzbalkendecken musste mit Stahltrgernmit einem Gesamtgewicht von ca. 40 t ertchtigt werden, der Umgriff der Nachbar bebauungmit Bohrpfhlen gesichert, alle bestehenden und neuen Bauteile bezglich der schalltechnischenBelange einer Musikschule neu geplant und berprft werden. Fr den Besucher unsichtbar wur-den die technischen Anlagen hauptschlich im Untergeschoss des Neubaus (Lftung und Elek-trotechnik) und im bestehenden Gewlbekeller des Palais (Heizungsanlage) untergebracht. Jedeeinzelne Trassenfhrung im Altbau war mit dem Denkmalschutz abzustimmen.

    Beheizt wird dieses Gebude zukunftsweisend mittels eines Blockheizkraftwerkes und einer Wrmepumpe, die sich die Abwasserwrme des Kanalnetzes unter der Schottenstrae zunutzemacht. Diese ressourcenschonende, altstadtgerechte, neue Technologie kann ebenso fr die Khlung der Spielsle herangezogen werden.

    Von der Idee zur Realisierung

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    So gingen wir natrlich mit einer gewissen Ehrfurcht andie Aufgabe heran, dem Bauwerk wieder einmal eineneue Bestimmung zu geben. Dabei mussten wir erfah-ren, dass auch die Geschichten eines Bauwerkes, das esber die Zeit seiner Existenz zu erzhlen hat, uerstspannend und berraschend sein knnen. So war dasWerk Herigoyens ja bereits selbst ein Umbau und Zu -sammenschlu dreier Vorgngerbauten, die wohl bis ins fnfzehnte Jahrhundert zurckreichen. Auch nachdem Umbau Herigoyens zur franzsischen Gesandt-schaft wurde das Palais immer wieder auf Grund andererNutzungen verndert, ergnzt und umgewidmet. Ausder ehemaligen Gesandtschaft wurde nach 1810 Sitz undWohnhaus des Regierungsprsidenten, spter die Land-polizei direktion und letztendlich der Sitz des Polizei -prsidiums.

    Die Umnutzung zum Haus der Musik ist aus unsererSicht auch bei dieser Betrachtung ein wahrer Glcksfallfr die weitergehende Geschichte dieses Bauwerks. Natrlich weil einerseits die, fr die neue Bestimmungnotwendigen Rume ohne groe Eingriffe in die histori-sche Substanz aktiviert werden konnten, aber anderer-seits weil nach seiner Fertigstellung das Haus imwahrsten Sinne mit Leben erfllt sein wird. Das Denkmalwird durch die vielen jungen Menschen, die in ihm lernenund musizieren, zu einem lebendigen und pulsierendenMittelpunkt der Stadt werden. Ein wichtiges Zeichen dieser Vernderung und Entwick-lung ist dabei natrlich auch der Neubau am Beraiter-weg. Ermglicht er es einerseits die groen Sle derMusikschule und des JUNGEN THEATERS zu integrieren,so injiziert er andererseits auch einen spannungsreichenDialog moderner und historischer Bauformen.

    Dieser Dialog zwischen alt und neu war nicht nur fr die Beziehung der beiden Baukrper sondernauch fr die vielen Details am und innerhalb des ehemaligen Prsidialpalais ein mageblicherLeitgedanke unserer Arbeit. Selbstverstndlich ist es natrlich besonders wichtig, bei der Sanierung eines Denkmals auf den Erhalt und die behutsame Restaurierung der alten, originalenBausubstanz zu achten. Gleichzeitig sehen wir es aber auch als unumgnglich an, dass Elementedie auf Grund der Notwendigkeiten neu hinzugefgt werden auch als neu und unserer Zeit ent-sprungen wahrgenommen werden. Wir versuchten dabei mit unseren Ausfhrungsplanungenimmer einen respektvollen und doch spannenden Umgang der neuen Bauelemente mit dem bestehenden Bauwerk herzustellen.

    So wurden zum Beispiel die beiden neuen Treppen im West- und Ostflgel ganz bewusst als Stahl-treppen mit Holzbelag konstruiert. Einerseits ermglicht die Platz sparende Stahlkonstruktiondie komplizierte Geometrie der Erschlieung unterschiedlicher Ebenen innerhalb des beengtenRaumes zu realisieren. Auf der anderen Seite zeigt die moderne Stahlkonstruktion den Besuchernklar, dass hier ein neues Element hinzugefgt wurde. Die hlzernen Stufen wiederum bilden dienatrliche Verbindung zu den Parkettbelgen des Altbaus.

    Wiederbelebung und Weiterentwicklung

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    Wiederbelebung und Weiterentwicklung einesBaudenkmals Vereinigungvon Geschichte und Gegenwart Ludwig Karl

    Die Sanierung und Neubelebung eines Baudenkmals ist durch die intensive Beschftigung mitder Substanz des Bauwerks fr uns Planer immer auch eine unmittelbare und auerordentlicheGeschichtserfahrung. Ein altes Gebude erzhlt viel ber seine Entstehungszeit und deren besondere Bedingungen und damit letztendlich auch ber die Menschen der Zeit, deren Selbst-verstndnis und ihre Lebensbedingungen. Der Architekt der ehemaligen franzsischen Gesandt-schaft am Immerwhrenden Reichstag zu Regensburg, Emanuel Joseph von Herigoyen, begegnetemir zum ersten Mal whrend meines Studiums in den Vorlesungen zur Architekturgeschichte.Als spterer Oberbaukommissar in Mnchen war er unmittelbarer Vorgnger Leo von Klenzesund ein bedeutender Vertreter des frhen Klassizismus. Zwar waren die Architekten des Klassi-zismus nicht unbedingt die Idole eines jungen Architekturstudenten, jedoch blieb bei mir immerdas Gefhl des Besonderen, das die ruhigen und im groen Ganzen doch unprtentisen Gebudedieser Zeit ausstrahlten.

    Ansicht Neubau, Animation 2012, Karl und Probst

    Im Foyer des JUNGEN THEATERS Mittelalter und Moderne

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    Aber auch hinsichtlich der technischen Ausstattung mit modernster Elektrotechnik, Beheizungund Belftung wurden hohe Qualitten umgesetzt. Auch hier war es bei der Umsetzung der Anforderungen wichtig fr Leitungen und Kanle keine Bausubstanz zu zerstren oder zu vern-dern. So wurde in den meisten Rumen vor den Auenwnden auf Hhe der Fensterbrstungeneine umlaufende Brstungsverkleidung aus lackiertem Holz angeordnet und darin die fr dieRume erforderliche Technik integriert. Ebenso wird damit die Mglichkeit erffnet, ohne groeEingriffe in Zukunft auch neue Techniken nachzursten.

    Neben dem beschriebenen sichtbaren Miteinander von Alt und Neu waren natrlich auch vielebautechnische Eingriffe in die Bausubstanz unumgnglich. So waren mehrere der alten Decken-balken am Auflager stark geschdigt oder insgesamt in ihrer Tragfunktion eingeschrnkt. Solcheund vergleichbare Problemstellungen wurden weitestgehend nach dem Prinzip Erhalten vor Aus-tauschen gelst. Die Holzbalken wurden nicht erneuert, sondern am Ort belassen und mit neuenStahltrgern untersttzt. hnliche Herangehensweisen wurden bei allen historisch wertvollen,aber geschdigten Bauteilen, wie Wand- oder Deckenputzen, dem Holzdachstuhl oder Mauerwerkgewhlt.

    Hchstes Augenmerk wurde selbstverstndlich auf die Restaurierung der alten, originalen Bau-elemente gelegt. Ein besonderer Schwerpunkt dieser Restaurierungen war hier das erste Ober-geschoss, die sogenannte Beletage. Waren durch die zahlreichen Umbauten des vergangenenJahrhunderts viele ursprngliche Ausbauten bereits verloren, so konnten hier noch viele originaleTren, Supraporten (Wandgemlde ber den Tren), wertvolle Parkettbden, Stuckdecken- undWandputze sowie Spiegel und Kamingesimse vorgefunden werden. Diese Elemente wurden durchdie Hand fachkundiger Restauratoren unter Verwendung der alten Handwerkstechniken und Materialien sorgfltig restauriert.

    Wiederbelebung und Weiterentwicklung

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    Auch der Glassteg im zweiten Obergeschoss, der den West- mit dem Ostflgel verbindet, sprichtdie Sprache des Dialoges zwischen Alt und Neu. Insbesondere das pltzliche Heraustreten ausden vornehmen Rumen des Palais auf die glserne Brcke ermglicht unvermittelt einen weiteren Blick auf die Innenfassade des Denkmals und zeigt somit auf besondere Weise die groeSpannweite der zeitgeschichtlichen Entwicklung des Bauwerkes. Hier wird sprbar, dass wir unsnicht in einem baulichen Museum, sondern in einem Gebude befinden, das auf selbstverstnd-liche Art Geschichte und Gegenwart verbindet. Naturgem verlangt die neue Nutzung in einem Jahrhunderte alten Gebude auch Anpassun-gen, teilweise auch Zugestndnisse an die heutigen Anforderungen. Selbstverstndlich sind dabeidie, fr ein ffentlich genutztes Gebude festgelegten Anforderungen an die Barrierefreiheit, diedeshalb als ein wichtiger Aspekt bei allen Planungen eine zentrale Rolle spielte. Ebenso sind dieAnforderungen an die Sicherheit und den Brandschutz von entscheidender Bedeutung fr die Errichtung eines Schulgebudes. Um nicht in die Gefahr zu geraten, Kompromisse zwischenBrand- und Denkmalschutz schlieen zu mssen, wurde unter Anderem eine flchendeckendeBrandmeldeanlage installiert, die im ganzen Gebude einen mglichen Brand rechtzeitig erken-nen lsst.Ein Haus der Musik ist natrlich mit unterschiedlichen Klngen und Lauten gefllt. An die Qualittder Raumakustik in den einzelnen bungs- und Konzertrumen muss dabei ein hoher Anspruchangelegt werden. Ebenso ist es erforderlich, die einzelnen Rume akustisch mglichst voneinanderzu trennen. Ein Altbau, mit Holzbalkendecken und vielen aus Denkmalschutzgrnden nicht ver-nderbaren Oberflchen und Konstruktionen stellte dabei die Planer vor besondere Herausfor-derungen. Durch die Entwicklung abgekoppelter, schwingend gelagerter Bodenkonstruktionen,Dmmung und Dmpfung von Wandoberflchen, aber auch mit dem Einsatz hochwirksamerSchallabsorber, konnte am Ende ein hoher Standard, der hier gegebenen Anforderungen, erflltwerden.

    Wiederbelebung und Weiterentwicklung

    Die neue Stahltreppe im Ostflgel Der restauerierte Museumsraum mit modernen Leuchten

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    Wiederbelebung und Weiterentwicklung

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    Als die mit der Ausfhrungsplanung, Ausschreibung und Bauleitung bedachten Architekten hatten wir den Staffelstab der Planung nach der Entwurfsplanung von den Architekten desAmtes fr Hochbau- und Gebudeservice bernommen. Diese bergabe der Planungszustndig-keit war aus heutiger Sicht kein Bruch, der ggf. bei unterschiedlichen Herangehensweisen ent-standen wre. Ganz im Gegenteil konnten wir im Laufe des Planungsprozesses feststellen, dassunsere Philosophien, was den Umgang mit dieser besonderen Bauaufgabe anging, weitgehend deckungsgleich waren. So entwickelte sich ein intensives Miteinander, das mehr durch die Konkurrenz der Ideen geprgt war, als durch unterschiedliche Zielvorstellungen. In der Diskussionder beiden Architektenteams gab es so am Ende nie eine Entscheidung eines einzelnen, sondernimmer einen gemeinsamen Entschluss.

    Neben der konstruktiven und befruchtenden Zusammenarbeit mit dem Amt fr Hochbau- undGebudeservice, waren natrlich auch viele Ingenieure und Planungspartner und insbesonderedie fachliche Untersttzung der denkmalpflegerischen Fachbauleitung eine wichtige Hilfe -stellung.

    Wir hatten trotz oftmals anstrengender Phasen, bei der Beschftigung mit dem besonderen Bau-denkmal, an der Planung und der Umsetzung der uns gestellten Aufgabe groe Freude. Wir hoffenund sind berzeugt, dass die zuknftigen Nutzer der Gebude ebenso viel Freude in ihrer neuenWirkungssttte empfinden werden. Wir empfinden es als besondere Qualitt dieses Projektes,dass die darin ttige Jugend, neben der Musik und dem Theater auch die Baukunst als wesent -lichen Bestandteil unserer gemeinsamen Kulturgeschichte erleben wird.

    Wiederbelebung und Weiterentwicklung

    Wiederbelebung der Enfilade (Betonung der Raumflucht mittels gegenberliegender Trffnungen)

    Moderene Einbauten in der Beletage

    Das Glas-Stahl-Dach ber dem historischen Dachstuhl. Aufenthaltsraum im ersten Obergeschoss

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    Baugeschichtlicher berblick

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    Baugeschichtlicher berblickLena Stecker

    Das Prsidialpalais Lage von 920 bis heuteIm Jahr 920 erfolgte unter Herzog Arnulf die erste Stadterweiterung, die so genannte Neustadt.Die nova urbs wurde von einer Mauer mit gedecktem Wehrgang und Mauertrmen umgeben. Diese erste Stadterweiterung um 920 reichte nach Westen hin bis zur Achse Weigerbergraben,Arnulfsplatz, Bismarckplatz, Beraiterweg.Zwischen Bismarckplatz (nrdlich) und Beraiterweg (stlich) liegt heute das Prsidialpalais. Einmchtiger Graben dieser neuen Befestigung verlief genau unter dem heutigen Arnulfsplatz, wiearchologische Ausgrabungen unter dem Stadttheater zeigten.Um 1700 befanden sich dort die Vorgngerbauten des Prsidialpalais in ihrer berkommenenForm aus dem 16. Jahrhundert.1805 wurde das Prsidialpalais durch Emanuel Joseph von Herigoyen in der heute berkommenenForm erbaut. Die Vorgngerbauten wurden bernommen und umgebaut.

    Vorgngerbau des Prsidialpalais. ArnulfingscheStadtbefestigung um 920 (weie, gepunktete Linie).Der Bereich des Arnulfgrabens lag westlich vor derStadtbefestigung. Plan: Museum Stadt Regensburg

    Grabenquerschnitt. Amt fr Archiv u. Denkmalpflege

    N

    340 m

    335 m

    330 m Bismarckplatz

    Vorgngerbau des PrsidialpalaisRatisbona zwischen 1660 und 1706. Frederik de Wit(1610-1698). Bayerische Staatsbibliothek

    VorgngerbautenDas ehem. Prsidialgebude hat Vorlufer aus mindestens zwei Zeitepochen. Wie bereits in mehreren Regensburger Chroniken bemerkt, hie die leichte Anhhe, auf der das Gebude steht,im 12. und 13. Jahrhundert Rinderphel; es drfte sich also um einen unbebauten Platz gehandelthaben, auf dem entweder Rinder weideten oder verkauft wurden. Dieser Gelndebereich war bereits in rmischer Zeit in Form einer zivilen Lagervorstadt (canabae) besiedelt gewesen, befand sich jedoch noch unmittelbar vor der unter Herzog Arnulf um 920 begonnenen Stadt -befestigung in Form eines grabenbewehrten Doppelwalls, der ber den Bismarckplatz fhrte unddann vermutlich etwa dem Lauf des heutigen Beraiterwegs folgte; die Bodenerhebung hie deshalb Rinderphel vor Burg.

    Bereits 1273 hatte das 1229 neugegrndete und dem Prsidialgebude stlich benachbarte Dominikanerkloster vom Stift St. Emmeram eine Hofstatt erworben, die sich bis in eine Gasse andie alte Stadtmauer, wo sich heute das Prsidialgebude befindet, erstreckte. Der junge Ordens-konvent vermehrte in der Folge mit groer Energie seinen Besitz um weitere Hofsttten. Offenbarbefrchtete das Schottenkloster deshalb wohl nicht zu Unrecht , das Dominikanerkloster werdeversuchen, noch weitere Grnde unmittelbar vor den Toren von St. Jakob an sich zu bringen. 1284legte Abt Macrobius von St. Jakob in einer Urkunde fest, dass der vom Kloster mit einer eigenenMauer umgebene Bezirk des Rinderphels nicht von den Predigern (also den Dominikanern)in Besitz genommen werden und niemals mit einem Gebude bebaut werden drfe. Allerdingsgelang es ca. 70 Jahre spter der Stadt Regensburg offenbar, das Schottenkloster St. Jakob zu einerleibgedingsweisen berlassung dieses Grundstckes zu bewegen.

    Vorgngerbau des Prsidialpalais. Stadtplan von Regensburg nach 1700. BSB Cod.icon. 400 (Ausschnitt)

  • Whrend der Regensburger Regierungszeit des Frstprimas Carl Theodor von Dalberg erlebte dieStadt in einzelnen Bereichen eine stdtebauliche Erneuerung. Dies trifft ganz besonders auf denJakobshof/Jakobsplatz zu, der unter Dalberg eine weitgehende Neugestaltung erfuhr.

    1804 lie Dalberg durch Emanuel Joseph von Herigoyen zunchst das Theater anstelle des altenZeughauses an der Nordseite des Platzes errichten, ehe er sofort anschlieend fr den franzsi-schen Gesandten am Immerwhrenden Reichstag, Thobald Jacques Justin Baron de Bacher, dasalte Manggebude und den ehemaligen Marstall zu einem Gesandtschaftsgebude umbauenlie. Die Planungsphase durch dHerigoyen war offenbar kurz und doch bezeichnend fr das Aus-einanderklaffen von Anspruch und dem Spardiktat des beginnenden 19. Jahrhunderts.

    Textauszge Archivforschung Sabine John, Dr. Stefan Nagler, 2011

    Die Befunduntersuchung und die dendrochronolgischen Untersuchungen des Gebudes konnten die Vorgngerphasen verifzieren, zumindest gesichert die des Neubaus um 1569 sowiesptere Vernderungen.

    Inwieweit noch ltere Substanz aus der Zeit des 15. und 14. Jahrhunderts bereits bei der Erbauungdes Getreidekastens tradiert wurde, konnte der Befund nicht aufklren, da die Befundffnungenvor allem im ersten Obergeschoss aufgrund der vorhandenen berkommenen Fassungen derAusstattungen ab 1805 so reduziert als mglich gehalten wurde.

    1358/59 lie die Stadt, die offensichtlich bestrebt war, die Niederlassung jeglicher Art von Gewerben zu frdern, hier fr 464 Pfd. ein Manghaus vor Burch fr die Tuchmacher und Frbererrichten.Das 1414 erbaute Kornhaus vor Burg, das immer wieder als Vorlufer des Prsidialgebudes angenommen wurde, war in Wirklichkeit ein Vorgngerbau des Zeughauses bzw. des spteren,1804 ebenfalls durch dHerigoyen errichteten Theaters.1534 schlielich verkauft Abt Hieronymus von St. Jakob die Gerechtigkeit auf dem Mang Hauan die Stadt Regensburg, wofr sie jedoch jhrlich 4 fl. an das Kloster zu bezahlen hatte. Damithatte die Stadt einen weiteren Schritt zur bernahme des damals offenbar immer noch im Eigentum des Klosters stehenden Manghauses getan.1548 kaufte die Stadt ein frei auf dem Jakobshof stehendes Haus dem Eigentmer Lamprecht abund lie es abbrechen.1559 verlegte die Stadt die Mang, ber der sich damals bereits ein Getreidekasten befand, zur Bleiche an den unteren Whrd. Die Verlegung der Mang war die Voraussetzung fr den zehn Jahrespter folgenden Neubau. Das Erbauungsjahr 1569 ist auch durch eine Inschriftentafel sowie durch die Jahreszahl am Sturzdes Hoftores belegt. Im folgenden Jahr wurde der offenbar bereits vorher existierende, weit -gehend aus Holz errichtete Marstall eingewlbt; dabei drfte es sich wohl um die gewlbtenRume des Sdwesttraktes handeln.

    Das Aussehen der ganzen Anlage zeigt uns die Vogel-schauansicht von 1614 von Hans Georg Bahre im Histori-schen Museum der Stadt Regensburg; auffllig ist, dassder kleine Zwischenbau, der heute den Hof auf der Sd-seite begrenzt, hier noch nicht zu sehen ist, whrend erauf der spteren, 1645 ebenfalls von Hans Georg Bahre angefertigten Ansicht deutlich zu erkennen ist. Mgli-cherweise zeigt die frhere Ansicht Bahres von 1614 alsonoch den Zustand vor 1606, als die Stallungen erweitertwurden.1606 wurde der Marstall am Manggebude erweitert.1766 mussten nach einem Blitzeinschlag in den Mang -kasten erneut grere Dachreparaturen vorgenommenwerden; auerdem wurde ein neues Tor eingebaut. In derBauamtschronik wird der Mangkasten nun erstmals alsfrstliche Stallung bezeichnet; sptestens ab diesemZeitpunkt wurde der bis dahin stdtische Marstall nm-lich durch die aus dem Hause Thurn und Taxis stammen-den Prinzipalkommissare angemietet (die offiziellen Ver-treter des Kaisers am Reichstag). Die stdtischen Pferdewurden nun offenbar an anderer Stelle untergebracht.

    1770 fand eine umfangreichere Reparatur fr ber 200 fl.am Mangkasten statt, bei der offenbar auch eine (Teil-)Er-neuerung des Dachstuhles ausgefhrt wurde; da hier voneinem neuen Zimmer die Rede ist, kme eventuell dieheute gebruchliche Bedeutung des Wortes Zimmerbzw. auch eine Aufstockung des Mitteltraktes in Frage.

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    Baugeschichtlicher berblick

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    Baugeschichtlicher berblick

    Prsidialgebude in RegensburgSituationsplan 1890StAAm, Landbauamt Regensburg 174 1864-1925 12

    NEhemaliger Garten um 1805

    (ehemals Marstall)

    Bausubstanz Vorgngerbau 16. Jh., um 1805 berformt, Dachstuhl 1805mit Reparaturen des 19. und 20. Jh.; berformungen des weiteren 19.Jahrhunderts nur in der Ausstattungsowie des 20. Jahrhunderts im Innenbereich

    Bausubstanz Vorgngerbau 16. Jh.,um 1805 berformt, 1847 verndert

    Bausubstanz Vorgngerbau 16. Jh.,1951 Dachstuhlabbruch, Aufstockungund neuer Dachstuhl 1951

    Bausubstanz um 1805 als Ersatz fr ltere Bausubstanz; eventuellehemalige Holzkonstruktion

    Bausubstanz 1970 nach Abtrag derSubstanz um 1805, welche eventuellauch ltere Substanz in sich trug(kein Nachweis mehr mglich)

    Einfaches Schema der Baukrper und ihrer Substanz vor Beginn der Arbeiten

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    gngerbaus und deren Dachsthle wurden wohl abgetragen; in der Dachkonstruktion um 1805knnen jedoch noch teilweise Hlzer auch der Bauphase des 16. Jahrhunderts in Zweitver -wendung angetroffen werden. Der Dachstuhl des sdwestlichen Gebudes wurde erst im 20.Jahrhundert abgetragen und das Gebude aufgestockt. Der sdliche Zwischenbau wurde bereits1847 verndert (siehe Dachsthle). Das reprsentative Treppenhaus vom Erdgeschoss in das ersteObergeschoss mit einer Treppe aus Grndsandstein wurde in den nrdlichen Zwischenbau ein-gefgt, ein weiterfhrendes greres Treppenhaus gab es westlich anschlieend an den nrd -lichen Trakt (Lage auch der heutigen westlichen Treppe in die weiteren Obergeschosse) und imstlichen Baukrper westlich mit einer kleineren Trepenanlage und einem Durchgang zum sd-lichen Baukrper. Auch hier heute die neue Treppenanlage (siehe Treppenanlagen).

    Die grten Eingriffe erfolgten im Inneren, da dort bis auf den Erhalt einiger tragender Wndeeine grundstzliche neue Innenraumdisposition durch den Einbau von Holzriegelwnden undgroen Kaminzgen geschaffen wurde. Herigoyen wollte eine typische Enfilade in der Beletageverwirklichen, welche sich aber der bernommenen Bausubstanz, vor allem in Teilbereichen mitmangelnder Breite, stark unterordnen mute. Auch die Gestaltung des herrschaftlichen Treppen-aufganges litt letztendlich sehr unter der Beschrnkheit des Platzes, in welchen sie sich einfgenmute.

    Baugeschichtlicher berblick

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    Bauphase unter Emanuel Joseph von Herigoyen um 1804/05Die ursprngliche Bausubstanz des Getreidekastens um 1569, vor allem die der Auenwnde undteilweise der tragenden Wnde wurde weitgehend verwendet, dies konnte neben dem mecha-nischen Befund, der dendrochronologischen Befunduntersuchung (Deckenbalkenlagen) auch dieweitere Dokumentation der Mauerwerks- und Deckensubstanz whrend der Sanierung nach -weisen.

    Im sdlichen Bereich des Ostbaukrpers im Erdgeschoss sowie im Erdgeschoss des sdwestlichenTeilbaukrpers wurden die Gewlbe der Zeit um 1569 erhalten, ebenso die Kellergewlbe im nord-westlichen Bereich des Westbaukrpers. Der originale Zugang zum Keller vom Innenhof wurdeim 19. Jahrhundert zugesetzt und durch einen innenliegenden Abgang ersetzt.

    Vollkommen berformt wurden die Fassaden. Die kleinen ursprnglichen Fensterffnungen wurden zugesetzt, die heute vorhandenen Fensterffnungen neu gebrochen und mit Grndsand-steingewnden gesetzt. Der Portikus ist eine Zugabe um 1805 vor der berkommenen Substanz.Nur zum Innenhof verblieb ein ursprngliches Werksteingewnde mit der Datierung 1569 insitu. Im Ostbaukrper wurden auch Deckenbalkenlagen ber dem Erdgeschoss und dem 1. Ober-geschoss in situ belassen, in den anderen Bereichen konnte entweder kein Nachweis erzielt wer-den, da die Bereiche aufgrund historischer Bden nicht geffnet werden konnten, oder es warenauch ausgetauschte Balken oder Balken in Zweitverwendung anzutreffen. Die Giebel des Vor -

    Baugeschichtlicher berblick

    Sdwestlicher Teilbau Gewlbe, 17. Jahrhundert Sdwestlicher Teilbau Gewlbe von oben

    Westfassade des sdwestlichen Gebudes. Die Grnsandsteingewnde des 17. Jahrhunderts im Erdgeschoss understen Obergeschoss sind erhalten.

    Ostbaukrper Gewlbe, 17. Jahrhundert Innenhof Westfassade des OstflgelsWerksteinbogen mit Datierung 1569

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    Die DachsthleDie Giebelscheiben der Vorgngerbauten wurden abgebrochen und anstatt der Satteldachsthlemit gemauertem Giebel ein Walmdach aufgesetzt. Der Dachstuhl von 1805 ist in weiten Teilensehr gut erhalten und ist nur im nordwestlichen Bereich einer grundlegenden Sanierung des spten 20. Jahrhunderts zum Opfer gefallen. Er wurde in der Deckenbalkenlage ausbetoniert, dieSparren unsensibel gekrzt und neu verlngert. Ein weiterer grerer Reparatureingriff um 1871konnte nachgewiesen werden.

    Nach den dendrochronologischen Untersuchungen ist festzustellen, dass der heutige Dachstuhlauf dem Hauptgebude in seiner Gnze dem Umbau um 1805 entstammt, aber in einigen Bereichen zeigen sich ebenfalls Hlzer in Zweitverwendung aus der Bauphase vor 1600.

    Das Pultdach ber dem sdlichen Zwischen-baukrper weist zwar behauene Balken auf,auch hier ist davon auszugehen, dass dieseBalken in Zweitverwendung eingebaut sind.Das frhere Pultdach scheint tiefer gesetztworden zu sein. Diese Tiefersetzung ist je-doch nicht bereits 1805 erfolgt, sondern ineiner spteren Bauphase des 19. Jahrhun-derts um 1847.

    Der Dachstuhl ber dem sdwestlichen Bau-krper, welcher ein eingewlbtes Erdge-schoss aus dem 16. Jahrhundert aufweist,sowie aufgehendes Mauerwerk dieser Zeitbis Hhe Decken balkenlage ber dem Ober-geschoss, besa ursprnglich einen Dach-stuhl direkt ber dem 1. Obergeschoss. DieserDachstuhl wurde 1951 abgebaut, das Ge-bude um ein Geschoss aufgestockt und einneuer Dachstuhl aufgebracht.

    Baugeschichtlicher berblick

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    Baugeschichtlicher berblick

    1860. Lngsschnitt durch den Ostflgel und Querschnitt durch den NordflgelStAAm, Landbauamt Regensburg 174 1864-1925 07

    1951. Aufstockung des Sd-West-FlgelsAnsicht und SchnittStAAm, Landbauamt Regensburg 174 1943-1956 07

    1864. Schnitt sdlicher Zwischenbaukrper (links)1890. Lngsschnitt WestflgelStAAm, Landbauamt Regensburg 1741864-1925 21

    TreppenanlagenDie originale Werkstein-Treppe (Kreide-Grnsandstein, scharriert mit Kopfprofilen) konnte zu-mindest, was den mittigen Lauf vom Erdgeschoss bis zum Podest, wie den nach West gehendenLauf zum ersten Obergeschoss angeht, whrend der Baumanahme aufgedeckt werden. Der Laufin stlicher Richtung ist leider abgngig.

    Die Haupttreppe vom 1. Obergeschoss ins 2. Obergeschoss und den Dachstuhlbereich mssen wiruns im Westbaukrper im Bereich des in den 70er Jahre erneuerten, jetzt abgerissenen und wieder aufgebauten Treppenhauses West als grozgige zweilufige Treppenanlage vorstellen.

    Ebenso gab es im Ostflgel im ebenfalls in den 70er Jahren zerstrten und neu gebauten, nunwieder abgetragenen und aufgebauten Treppenhauses im Ostflgel eine zustzliche schmale,zweilufige Treppe zu den weiteren Obergeschossen.

    Sdlicher Flgel eines zweiflgligen Tores aus der 1. Hlfte des 19. Jahrhunderts. Ursprngliche Lage zu Werk-steinbogen (dat. 1569) in der Westfassade des Ostflgels. Tannenholz, zwei ursprngliche Fassungen erhalten. Reinigung, Konservierung und Ergnzung 2014. Hngung museal in der Einfahrt zum Westflgel

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    auch besonders aus stdtebaulichen Grnden welche den am Bau Beteiligten gebot, alle zur Verfgung stehenden Mglichkeiten der Untersuchung und der Abstimmung auszuschpfen.Der Untersuchungs- und Entscheidungsprozess mit Anlage von zunchst kleineren Musterflchenan Fassaden, daraus resultierender Musterachse ber die gesamte Fassadenhhe sowie Detail-zeichnungen und Musterflchen fr Dach, Fenster und Tren zog sich daher 2013 ber beinaheein Dreivierteljahr hin, in welchem sich wohl mancher Brger, der vorbeiging, seine Gedankendarber machte, was man denn da so ausbrten werde.

    Umsicht und Genauigkeit waren hier vor allem auch aufgrund der Problematik um die letzte Renovierung des Gebudes geboten. Im Jahre 1984 erregte die Neufassung des Prsidialpalais ineinem hellem Wassergrn die Gemter und rief die Denkmalpflege auf den Plan, welche schondamals eine mechanische Befunduntersuchung beauftragte, die dann auch augenscheinlich eineganz anders gelagerte Erstfassung fr das Gebude nachwies. Die damalige Befunduntersuchungergab eine khle einheitliche Ockerfarbe analog Sandstein, welche Fassadenflchen, alle Archi-tekturgliederungen und Stuckelemente fasste.

    Fast 20 Jahre danach stand uns auer Archivforschung und mechanischer Befunduntersuchungder Fassaden auch noch eine weitere Methodik, die Querschliffanalyse von Putz- und Anstrich-proben zur Verfgung, so dass wir die Befunde auch wissenschaftlich untermauern konnten.Grundvoraussetzung fr die Art der Untersuchungen war der durchgehende Erhalt aller ber-kommenen Renovierungen und Fassungen. Zudem mussten die diversen Farbfassungen und putztechnischen berarbeitungen deshalb auch bezglich ihres Aufbaus und des Farbfassungs-systems, wie auch eine mgliche Belastung durch Salze oder Befall von Pilzen etc. untersucht werden, um die bestmgliche Behandlung der rezenten Substanz zu gewhrleisten. Die mecha-nische Befunduntersuchung sollte auch aus diesem Grund nur als eine reine fassungstechnischeUntersuchung mit begrenzten kleinen Befundstellen ausgefhrt werden und keine tiefer -gehenden Ergebnisse zur Bauhistorie liefern, welche grere Befundffnungen und somit grereFehlstellen im berkommenen Bestand hervorgerufen htte, die wiederum erheblich auf -wendigere Ausbesserungsarbeiten nach sich gezogen htten.

    Untersuchungsergebnisse und UmsetzungenFassadenflchen, Architekturgliederung und Giebelrelief

    Die mechanische Befunduntersuchung konnte im Groen und Ganzen mit kleinen Abweichungenin spteren Fassungen den Befund aus dem Jahre 1984 besttigen. An allen Fassaden, auch im Innenhofbereich zeigte sich identisch dieselbe Erstfassung mit Grundierung auf allen Bereichendes Originalputzes von 1805; ebenso auf allen Stuckflchen, wie auch dem Wappenstein und denKapitellen aus Grnsandstein. Allein auf den Werksteinsulen und ihren Sockeln konnten keinelteren Fassungen nachgewiesen werden. Die Erstfassung in Kalktechnik berzieht also als ein-heitliche Fassung Fassadenflchen, Gliederungselemente, Giebel, Stuckatur und Wappen in einemhellen beinahe sandsteinfarbigen Tone, welche Pigmente von brauner und grner Erde mit feinstverteiltem Gelben Ocker aufweist. Sie liegt auf einer weien kalkhaltigen Grundierung und zeigteinen deutlichen Alterungshorizont. In Bereichen, in denen die Fassung dunkler erscheint, z. B. inexponierterer Lage (Gesimse, Stuckprofile, etc.), also der Witterung mehr ausgesetzt wurde, isteine dunkle Kruste aus Calciumoxalat mit etwas Gips in der Analyse nachweisbar. Auerdem istsie teilweise stark nachgedunkelt durch sptere berfassungen, welche, wie z. B. die gelb-brauneFassung 2, durchgeschlagen haben und in die Rissigkeit ihrer Oberflche eingedrungen sind.

    Farb- und Fassadenkonzept

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    Farb- und FassadenkonzeptLena Stecker

    Die neunachsige Schaufassade des Prsidialpalais mit vorgesetztem sechssuligem korinthischenPortikus mit reliefgeschmckten Dreiecksgiebel und mittigem Wappenfeld beherrscht noch heuteden zum Stadttheater nach Nord hin abfallenden Bismarckplatz (ehemals: Oberer Jakobsplatz)und ist so eine der dominanten Fassaden in Regensburg.

    Das Palais und besonders seine Fassaden haben eine groe Bedeutung fr die Kunstgeschichteals Beispiel fr die Architektur des frhen 19. Jahrhunderts in Regensburg und werden als Vertreterdes eigentlichen Klassizismus in Regensburg angesehen.So kommt der Nordfassade vor allem, aber auch der Ost- und der Westfassade auch heute nocheine Wichtigkeit zu nicht nur aus rein denkmalpflegerischen und kunsthistorischen, sondern

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    Alle weiteren beim mechanischen Befund gefundenen aufliegenden Fassungen lieen sich analogmit der wissenschaftlichen Methode der Querschliffanalyse besttigen.

    Auszug Querschliffanalyse Probe 1 NordfassadeWeie Grundierung (Schichtdicke 30-110 m), die unmittelbar auf den Putz aufgetragen wurde. Bindemittel: Kalk (Calcit) mit einergeringen Menge an dolomitischen Bruchstcken. Etwas Oxalat. Ein hauchdnner Karbonatisierungshorizontauf dem Putz, das eigene Schwindrissmuster und der geringfgige Oxalatgehalt sprechen eher fr einen Auftraga secco, der jedoch zeitnah aufgebracht worden sein muss. Bei Probe 2 geht der Anstrich teilweise in eine Kalk-schlmme ber.

    Helle Braunfassung (Schichtdicke 50-100 m), einlagiger, gleichmig durchgefrbter und einige grobe Pigmente enthaltender Farbauftrag. Bindemittel: Kalk (Calcit) mit organischem Zusatz (Protein). Leitpigmente: Grne und Braune Erde(Korngren bis 40 m); feinst verteilter Gelber Ocker.Der Anstrich lst sich stellenweise von der Grundierung und zeigt ein Schwindrissmuster mit Neigung zur Schsselbildung. Die Oberflche ist gealtert und durch Oxalateinlagerung berformt; Gips ist kaum enthaltenund das Rissnetz von Pilzen bewachsen (Alterungshorizont).

    Auch die Querschliffanalyse aller Proben ber Wandrcklagen, Pfeilervorlagen, Kapitelle, Giebel-stuck, Giebelrcklagen und Wappen ergab wie schon der mechanische Befund eine Einheitlichkeitder Gestaltung der Erstfassung ber alle Flchen. Einzig bei der Analyse der Probe der Sulen-schfte konnte, wie bereits im mechanischen Befund diese Erstfassung nicht gesichert nachge-wiesen werden. Dies ist darauf zurckzufhren, dass die Sulen nachweislich 1904 abgestocktwurden und Fassungen vor dieser Zeit daher kaum bzw. nur in minimalsten Resten anzutreffensind. Mglicherweise standen die Grnsandsteinsulen aber in der Urfassung auch naturstein-sichtig und witterten deshalb ber die fast 100 Jahre Standzeit so stark ab, dass man 1904 be-schloss, die Oberflchen abzustocken, also stark zu berarbeiten.

    Die Untersuchung der Ausfhrungstechnik der letzten Farbfassungen ergab eine durchgehendeberfassung in KEIM-Silikattechnik seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert, in der letzten Fassungvon 1984 mit Dispersionszusatz, so dass das System ebenfalls sinnvollerweise fr die nun anste-hende berfassung gewhlt wurde.

    Farb- und Fassadenkonzept

    48

    Farb- und Fassadenkonzept

    Befundstelle Nordfassade, Wandrcklage im Bereich des Vorbaus, erste Achse von West (Probe 1)

    Befundstelle am oberen Fensterrahmungsprofil(Erstfassung)

    Farbprobe einer Konsole am Portikus, Giebelfeld(zahlreiche aufliegende Fassungen)

    Farbmuster am Objekt Anstrichmuster entsprechend dem optischen undwissenschaftlichen Befundergebnis

    Probe 1. Putz (um 1805) mit weier Grundierung undbraunen bis braungrnen Anstrichen. Die Oberflche istbehandelt (dunkle Bezirke)

    Probe 1. Querbruch. Eine recht krftige weieSchicht mit einzelnenSchwindrissen berzieht diePutzoberflche (Pfeil)

    Probe 1. Anschliff. Die ersten beiden Schichtenhaben ein unterschiedlichesRissmuster, gehren aber zusammen (Pfeile)

    Probe 1. Anschliff. Eine weie Schicht wird berlagert von zwei mit Grn- und Braunpigmentversetzten Schichten

    Auszug aus dem Bericht zur Querschliffanalyse Drewello und Weimann.

  • 51

    Der Befund ergab als Erstfassung ein dunkleres Grn(siehe Befundfoto) und ein dunkles, schwach ge -sttigtes Grn (Farbtonbezeichnung etwa Tannen-grn oder hnlich einer grnen Patina auf Kupfer/Bronze) sowie weitere darber liegende Grn-, Braun-und Weifassungen.Auszug und Fotos Jens Wagner, BLfD(links Befundfoto, rechts Querschliff)

    Die Befundlage zumindest eines folgenden Grnes selbst konnte durch einen archivalischenNachweis um 1857 untermauert werden, so dass man hier von einer gewissen Farbkontinuittder ersten sechs Jahrzehnte ausgehen kann: 1857 folgten neuerliche Fassadenreparaturen (v. a.an der Hoffassade) sowie eine farbige Neutnchung aller Auenfassaden. Auerdem erhielten95 Fensterstcke sowie acht zweiflgelige Fensterlden (Anm. Erdgeschoss Ost) einen lfarb -anstrich, sowie 19 Fenstergitter einen ebensolchen Anstrich in bronzegrn. (Auszug Dr. StefanNadler, Mnchen)Das Restaurierungskonzept fr die Behandlung der Fenstergitter um 1805 wurde festgelegt undentsprechend der Befundlage wurde der nach der Restaurierung aufzubringende Neuanstrichentsprechend Erstbefund ausgefhrt.

    Giebelverdachung, Fallrohre, Dachrinnen und RinnenkstenDie im 20. Jahrhundert aufgebrachte letzte Verblechung des Giebels sollte ausgetauscht werden.Zur Verblechung des Giebels findet sich in den Archivalien der Hinweis auf eine Verblechung desGiebels mit zweifach mit lfarbe gestrichenen Schwarzblech nach Abnahme der defekten ber-kommenen Scharschindeldeckung.1851 erhielt der Giebelvorbau erstmals eine zweimal mit lfarbe gestrichene Schwarzblech -eindeckung, nachdem sich die alte Scharschindelabdeckung als zu anfllig erwiesen hatte; durchdie undichte Dachdeckung war es erneut zu greren Schnden an den auf Holzbalken stuckier-ten Giebelgesimses gekommen. (Auszug Dr. Stefan Nadler, Mnchen)

    1877 wurde die Verblechung nochmals erneuert, ebenso im 20. Jahrhundert. Einem Austauschstand deshalb nichts entgegen. Fr die Giebelverdachung, wie Fallrohre, Dachrinnen und Rinnen-ksten wurden heutigen Anforderungen entsprechend nach mehrfacher Bemusterung patiniertesKupferblech gewhlt.

    Farb- und Fassadenkonzept

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    Analysen zur Salzbelastung wiesen teilweise in Sockelbereichen eine erhebliche Belastung, vorallem auf Streusalz zurckfhrbar, nach. Da diese Bereiche aber ohnehin ber die Jahrzehntemehrmals ausgetauscht worden waren, vor allem zementhaltig waren, und sich keine oder nurgeringste Reste Originalsubstanz in diesen Bereichen fand, wurde hier der Putz ausgetauscht.

    Risse im Fassadenputz wurden geffnet, gesichert und wie andere Fehlstellen neu verputzt undHohlstellen hinterspritzt. Um das Aussehen eines ursprnglichen Kalkanstriches zu erhalten, entschied man sich nach Anlage mehrerer Musterflchen schlielich fr einen Anstrich im Erstfassungston mit einer aufgelegten Lasur in einem leicht abgetnten Farbton auf den Haupt-fassaden.

    Die Innenhoffassaden sowie sdliches und sdwestliches Rckgebude wurden nur im Ton derErstfassung ohne Lasur gestaltet, um hier eine klare Differenzierung zwischen Schaufassaden desHauptbaukrpers und Fassaden zweiter Ordnung zu erzielen.

    FenstergitterAm Objekt waren Fenstergitter der Bauphase um 1805 wie auch jngere Fenstergitter der 1. Hlftedes 20. Jahrhunderts anzutreffen. Dem Wunsch des Bauherrn auf Aufgabe der Fenstergitter der1. Hlfte des 20. Jahrhunderts aus sthetischen Grnden, konnte nach intensiver Abwgung derBefundlage entsprochen werden. Die Fenstergitter um 1805 wurden erhalten.

    Es wurde eine Untersuchung bauseits sowie eine Befundung durch die Restaurierungswerk -sttten des Landesamtes fr Denkmalpflege durchgefhrt mit dem Ziel auch hier eine Quer-schliffanalyse zu erstellen. Beide Untersuchungen kamen zu einem einheitlichen Ergebnis:

    Farb- und Fassadenkonzept

    Fenstergitter um 1805, Ostfassade Fenstergitter aus der 1. Hlfte des 20. JahrhundertsGiebelverblechung Portikus vor den Arbeiten

    Neuverblechung Giebeldachrinne

    Neuverblechung Ablaufkasten

  • 53

    FensterDer in der zweiten Hlfte des 20. Jahrhunderts erneuerte Fensterbestand des Objektes lie keineRckschlsse auf die ehemals vorhandene Situation zu. Auch die Archivforschung konnte uns keinerlei Hinweise auf die Fensterkonstruktionen des Objekts um 1805 liefern.

    Eine berprfung, ob die rezenten Verbundfenster, welche sich noch in einem guten Zustand befanden, auf die heutigen gltigen Normen umrstbar seien, zeigte ein negatives Ergebnis. Anforderungen an Schall- und Wrmeschutz mussten mit den Vorgaben der Denkmalpflege in Einklang gebracht werden. Eine Ausfhrung als Kastenfenster war bereits vorab ausgeschlossenworden. Nach eingehenden Vorbesprechungen wurde unter Einbeziehung der zustndigen Restaurierungswerksttten des Landesamtes in Anlehnung an die berkommenen Fenster einFensterdetail fr ein zweiflgeliges Isolierglasfenster mit Kmpfer und Oberlicht mit Sprossen-teilung entwickelt. Als Material wurde in Absprache mit den Restaurierungswerksttten Fichten-holz gewhlt. Der gewnschten Optik entsprechend frherer mundgeblasener Fensterscheiben,konnte durch den Einsatz von Goethe-Glasscheiben Rechnung getragen werden.

    Im zweiten Schritt war die Farbigkeit der Fenster in der Fassadenansicht zu bestimmen. Da keinberkommenes Fenster aus der Bauzeit um 1805 mehr vorhanden war, konnten nur die Archivlageoder die vergleichende Forschung herangezogen werden. Die Archivunterlagen, auf die bereitsbei den Fenstergittern eingegangen wurde, verweisen um 1857 auf einen Grnton auch an Fenstern und Fensterlden, welche frher im Erdgeschoss vorhanden waren. Die Befundlage anden Fenstergittern konnte uns hier ebenfalls Hinweise geben, war doch historisch gesehen, dieAusfhrung der Fenstergitter und der Fenster im gleichen Farbton, wenn auch nicht in der gleichen Wertigkeit, bei vielen anderen Objekten nachweisbar und deshalb auch fr dieses Objektdenkbar. Allerdings wurden zunchst auch andere fr die Zeit um 1805 typische Farben, wie z. B.verschiedene Grautne in Erwgung gezogen.

    Nach mehrfacher Bemusterung im Zusammenhang mit der Musterachse der Fassadengestaltungkonnte schlielich auch hier der zur Ausfhrung kommende Farbton gefunden werden, welcherauch auf dem Befund der Fenstergitter von 1805 aufbaut.

    Farb- und Fassadenkonzept

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    Verblechungen der Architekturelemente Gesimse, Fensterbedachungen etc.

    Im Bestand fanden sich teilweise ltere, teilweise erneuerte Verblechungen; ein Hinweis auf dieursprnglichen Verblechungen, und ob es diese denn berhaupt um 1805 bereits gegeben hatte,lie sich nicht mehr finden. Die Archivalien lieferten einen Hinweis ber eine Neuverblechungum 1904.1904 kam es zu einer neuerlichen Fassadeninstandsetzung, bei der u. a. nahezu der gesamte Putzan der Nord- und Westfassade erneuert, die Sulen des Vorbaus von der Tnche befreit und durchSteinmetze gestockt, alle Gesimse mit Blech abgedeckt und die Fassaden durch die RegensburgerFirma Theodor Wagner mit Keimfarbe gestrichen wurden. (Auszug Dr. Stefan Nadler, Mnchen)

    In Abstimmung mit dem Landesamt fr Denkmalpflege wurde zusammen mit den Restaurie-rungswerksttten festgelegt, smtliche Bleche zu erhalten, neue Bleche, wo notwendig einzuar-beiten oder alte Bleche umzuarbeiten und diese entsprechend der Fassadenfarbigkeit mit einemLeinlanstrich zu fassen.

    Farb- und Fassadenkonzept

    Nordfassade, Bedachung eines Fensters

    Fenster Nordfassade, Erdgeschoss

  • 55

    GaubenDie berkommenden Gauben um 1805, die sich in relativ gutem Zustand befanden, konnten unterEinsetzen nur weniger Vierungen und Ausspnen der Hlzer restauriert werden. Zwei verschie-dene Typen von Gauben um 1805 waren anzutreffen, auf den Auendachflchen Satteldach -gauben mit Giebelaufsatz, auf den Innenhofdachflchen Schleppgauben. Beide Typen der Gaubenum 1805 wiesen verputzte Gaubenspiegel auf.

    Der Bestand der Gauben der 50er Jahre (Nordfassade Hauptgebude) des 20. Jahrhunderts konnteebenfalls erhalten werden. Diese Gauben wurden wie im Bestand wieder verblecht. Die Verble-chung wurde erneuert und durch patiniertes Kupferblech ersetzt. Die Walmdachgauben der Auf-stockung der 2. Hlfte des 20. Jahrhunderts am sdwestlichen Rckgebude wurden ebenfallssaniert.

    Alle Gauben wurden im dunklen Holzton des Bestandes lasiert bzw. eingestimmt, die Gauben-fenster entsprechend der erarbeiteten Musterfenster angefertigt.

    Farb- und Fassadenkonzept

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    Haupteingangstre Nord und Einfahrtstor WestDie Hauteingangstre Nord mit verglastem Oberlicht, welche aus der zweiten Hlfte des 19. Jahr-hunderts stammt, wurde im 20. Jahrhundert bereits mehrfach berarbeitet und aufgedoppelt.Die lteste Zeichnung, die erhalten ist, auf der eine hnliche Eingangstre nachzuweisen ist, isteine Zeichnung von 1860.

    Diese Eingangstre wurde erhalten, restauriert und den heutigen Anforderungen entsprechendnachgearbeitet. Einen Hinweis auf die ehemals originale Haustre knnte man nur noch in derAnsicht von Heinrich Klonke von 1829 finden. Stilistisch wrde die rautierte Aufdoppelung in dieZeit um 1805 passen. Leider ist der durchgehende Wahrheitsgehalt der Ansicht Klonkes aber anzu-zweifeln, da der Fassadenbefund fr diese Zeitstellung auch eine andere Fassaden farbigkeit nach-weist, wenn man davon ausgeht, dass Klonke hier eine wirklich weie Fassade darstellen wollte.Weder Sockelbnderung noch Giebelfeld entsprechend hier der tatschlichen Ausfhrung.

    Das westliche Einfahrtstor, eine Konstruktion der zweiten Hlfte des 20. Jahrhunderts wurde auf-grund seines guten Zustandes erhalten und nur entsprechend der anderen Trbauteile berfasst. Ein originales Tor konnte nicht mehr nachgewiesen werden. Entsprechend einer denkbaren rautiert aufgedoppelten Haustre knnte man sich aber auch hier das Tor von 1805 in einer rautierten Version vorstellen; eine klassizistische Variante wre original auch denkbar.

    Farb- und Fassadenkonzept

    Nordfassade Haupteingangstre (Ausschnitt)1860

    NordfassadeAquarellausschnittHeinrich Klonke 1829

    Nordfassade Haupteingangstre 19. Jahrhundert

    Ostdachflche, sdlich rekonstruierte Gaube, nrd-lich originale Gaube um 1805 mit Gaubenspiegel in Ziegelmauerwerk und in diesem Fall darauf zu erneuernder Verputzung

    Gaube der 50er Jahre whrend der Restaurierung;diese Gauben wurden seitlich verblecht

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    In Archiven berlieferte Ansichten des Gebudes

    Farb- und Fassadenkonzept

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    DacheindeckungAnstatt des Rundbogenschnittziegels wurde ein Ziegel mit Segmentbogenschnitt ausgewhlt,welcher der Optik des Klassizismus besser entspricht. Die Einfachverlegung wurde in Zweifarbig-keit der Ziegel im Verhltnis 80:20 ausgefhrt, um eine lebendige Oberflche zu erzielen. Grateund Firste wurden aufgemrtelt. Der Portikus wurde mit patiniertem Kupferblech mit Stehfalzeingedeckt.

    Farb- und Fassadenkonzept

    Ostdachflche mit Reihung der Gauben nach FertigstellungIm Vordergrund die rekonstruierte Gaube, dann nach Nord folgend die historischen Gauben von 1805

    Musterflche zur Dacheindeckung mit Segmentschnittziegeln

    Aufgemrtelte Gratziegel am Nordostgrat

    Einschnitt des verblechten Satteldaches des Portikus in die Ziegeldachflche Nord

    1829 Heinrich Klonke Hist. Mus. d. Stadt Regensburg, G 1951-37,7

    1880 Stadt Regensburg, Bilddokumentation, 4497-14

  • 59

    Farb- und Fassadenkonzept

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    Farb- und Fassadenkonzept

    1890 Nordfassade StAAm, Landbauamt Regensburg 174 1864-1925 18

    1900 Stadt Regensburg, Bilddokumentation, 11225-15

    1928 Stadt Regensburg, Bilddokumentation, 9628-14

    1970 Stadt Regensburg, Bilddokumentation, 4498-40

  • 61

    Von der Gesandtenresidenzzum Haus der MusikDenkmalpflegerische Anmerkungen zu Nutzungsnderung und Gesamtsanierung

    Eugen Trapp

    EinfhrungAls der ab 1803 in Regensburg amtierende Kurfrst und Reichserzkanzler Carl Theodor von Dalbergseinem Hofarchitekten Emanuel Joseph von Herigoyen 1804 den Auftrag erteilte, ein Palais fr den Gesandten Napoleons zu errichten, wusste der international erfahrene Baumeister, was erzu tun hatte. Er entwarf eine Botschafterresidenz mit einer reprsentativen, von einem sechs -suligen Giebelportikus dominierten und mit einem antikisierenden Relieffries geschmcktenHauptfassade. Deren fr Regensburg vllig neuartige Architektursprache war ungeachtet der

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    Farb- und Fassadenkonzept

    2012 Stadt Regensburg, Presse- und ffentlichkeitsarbeit

    Archivforschung: Dr. Stefan Nadler, Sabine John, Mnchen

    Befunduntersuchung und denkmalpflegerische Bauleitung:Lena Stecker, Regenstauf unter Mitarbeit von Bettina Kamann, Undorf

    Detaillierungen: Architekturbro Karl und Probst, Mnchen

    Musterachs Fassade: Andreas Richter, Regenstauf

    Querschiffanalysen: Drewello und Weissmann, Bamberg Hauptfassade mit Giebelportikus und antikisierendem Relieffries

  • 63

    Bereits whrend der ersten konzeptionellen berlegungen zum Raumprogramm zeigte sich, dassdenkmalfachlich verbindliche Aussagen zur Bau- und Ausstattungsgeschichte des Palais nur sehreingeschrnkt mglich waren. Die in der Graphischen Sammlung des Historischen Museums auf-bewahrten Entwrfe aus der Hand Herigoyens lieen lediglich den Schluss zu, dass es schon whrend der Entwurfsphase 1804 zu konomisch motivierten Plannderungen gekommen war.Vor allem mit Blick auf die Hauptfassade hatte die kunsthistorische Literatur diese Diskrepanzzwischen Entwurf und Ausfhrung in den letzten Jahrzehnten bereits mehrfach beschrieben.4Was jedoch das Innere des Gebudes betraf, musste man sich auf die allgemeine Feststellung beschrnken, dass Herigoyen Teile der Vorgngerbauten eines Getreidekastens und eines Marstalls stehengelassen hatte, um die Baukosten niedrig zu halten.5 ber Umfang und Be-schaffenheit dieser mittelalterlichen und frhneuzeitlichen Altsubstanz konnte man nur spekulieren. Vor allem infolge der hoheitlichen Nutzung des Anwesens war zumindest auf stdtischer Ebene die Kenntnis ber die im 19. und 20. Jahrhundert durchgefhrten Ver-nderungsma nahmen ausgesprochen mager.

    Um dennoch mglichst bald belastbare denkmalfachliche Aussagen treffen zu knnen, fordertedas Bayerische Landesamt fr Denkmalpflege 2011, ergnzend zu den blichen restauratorischenBefunduntersuchungen auch eine gro angelegte Archivalienrecherche zur Bau- und Ausstat-tungsgeschichte durchfhren zu lassen. Die Auftrge gingen an die Restauratorin und ArchitektinLena Stecker sowie an den Kunsthistoriker Dr. Stefan Nadler.6 Dank dieser zweigleisigen Methodelie sich die mit den Mitteln der Bauforschung aufgestellte relative Chronologie der einzelnenBau- und Ausstattungsphasen mit konkreten Jahreszahlen und zum Teil auch mit Personen inVerbindung bringen.Angesichts der Dimension der Manahme erschien es aus denkmalpflegerischer Sicht unerlss-lich, fr die Zeit des laufenden Baubetriebs eine restauratoische Fachbauleitung zu installieren.Diese wurde ebenfalls Lena Stecker bertragen. So entstand durch die whrend der Sanierungkontinuierlich fortgeschriebene und im Bedarfsfall durch entsprechende Spezialisten vertiefteBefunddokumentation letztlich ein Raumbuch, dessen Tiefenschrfe das Anwesen Bismarckplatz 1zu einem der am besten erforschten profanen Baudenkmler Regensburgs macht.

    KonzeptionDas von Nutzerseite entwickelte Raumprogramm war hinsichtlich seiner Kompatibilitt mit denbestehenden rumlichen Gegebenheiten fr Planer und Denkmalpfleger gleichermaen eineHerausforderung. Als problematisch erwiesen sich insbesondere der Bedarf an einem groenbungssaal fr Chor und Orchester, die Notwendigkeit eines Aufzugs, der Wunsch nach einemTonstudio und nicht zuletzt die architektonische Anbindung des am Beraiterweg projektiertenNeubaus an die Sdfassade des Ostflgels. Andererseits erlaubte es gerade dieser Erweiterungs-bau, flchenmig groe Einheiten (JUNGES THEATER) aus dem Baudenkmal herauszunehmen.Dessen Raumdisposition kam sogar dem Bedarf an berwiegend kleinflchigen bungsrumenentgegen. Und die Vorstellung, den im ersten Obergeschoss des Ostflgels gelegenen historischenBallsaal nach Entfernung einer 1871 eingefgten Zwischenwand in annhernder Nutzungs-kontinuitt als Konzertsaal wieder mit musikalischem Leben erfllen zu knnen, hatte Charme.7

    Von der Gesandtenresidenz zum Haus der Musik

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    etwas schlichteren Ausfhrung als monumentale Hul-digung an den Kaiser der Franzosen zu verstehen.1Unterstrichen wurde der reprsentative Anspruch durchdie Wahl des Bauplatzes am sdlichen, leicht erhhtenEnde des damaligen Oberen Jakobsplatzes (seit 1885 Bismarckplatz), genau gegenber dem damals ebenfallsim Auftrag Dalbergs errichteten Theater und Gesell-schaftshaus. Die pendantartige Positionierung der bei-den Gebude fand ihre konsequente stadtplanerischeErgnzung in der Anlegung einer von doppelten Baum-reihen gesumten Promenade. Damit wurde die Resi-denz des franzsischen Botschafters stdtebaulich insneue kulturelle und gesellschaftliche Zentrum Regens-burgs eingegliedert. Wer den Musentempel verlie,sollte im Gesandtenpalais einen realen und im franzsi-schen Kaiser einen ideellen Fluchtpunkt erkennen.

    Die Fakten der Geschichte sind bekannt. Das Heilige Rmische Reich endete 1806, die napoleonische Neuord-nung Europas und damit auch der Dalbergstaat erwie-sen sich als kurze Episoden. Das mit seinen korinth-ischen Kolossalsulen imperial gestimmte Palais standsptestens 1807 leer.2 Erst zehn Jahre spter erhielt eswieder eine gemessen an den neuen politischen Rah-menbedingungen adquate Nutzung. Mit dem Regie-rungsprsidenten des Regenkreises zog nun der Re-prsentant der bayerischen Krone ein. Diese ra als sogenanntes Prsidialpalais dauerte immerhin bis 1932,

    als das Anwesen der Gendarmerie zur weiteren Nutzung bergeben wurde. Als Sitz des Polizei-prsidiums Niederbayern/Oberpfalz konnte das Palais nach dem Zweiten Weltkrieg wenigstensbegrifflich noch dem architektonischen Anspruch seiner Platzfassade gerecht werden.

    Als sich im Laufe des Jahres 2010 die Plne der Stadt Regensburg konkretisierten, die nach demAuszug der Polizei zum Verkauf stehende staatliche Immobilie zu erwerben und nach einer Ge-neralsanierung als Haus der Musik zu nutzen, reagierten Kunsthistoriker und Denkmalpflegerzurckhaltend bis skeptisch. Gewiss, das Schreckgespenst einer eigentumsrechtlichen Zersplitte-rung schien damit gebannt, und die Vision einer kulturellen Nutzung durch die Stadtgesellschaftwar verlockend. Andererseits bestanden erhebliche Zweifel, ob die geplante Unterbringung derstdtischen Sing- und Musikschule in dem hochkartigen klassizistischen Palais denkmalvertrg-lich zu bewerkstelligen sei. Man dachte dabei an die Kleinteiligkeit der Innenrume, an die freinen gleichzeitigen Lehr- und Probenbetrieb zu erfllenden Schallschutz-Anforderungen, an einebarrierefreie Erschlieung und nicht zuletzt an regen Publikumsverkehr und die davon ausge-hende Belastung historischer Fubden und Tren.3

    Von der Gesandtenresidenz zum Haus der Musik

    Pendantartige Positionierung: Theaters und Gesandtenpalais

    1) Hierzu grundlegend Hermann REIDEL, Emanuel Joseph von Herigoyen. Kgl. bayer. Oberbaukommissar 17461817, Mnchen/Zrich 1982,S. 64-66. Zum Aspekt der monumentalen Huldigung ausfhrlich auch Hans-Christoph DITTSCHEID, Die Freiherren von Dalberg als Bau-herren in Mainz, Herrnsheim bei Worms und Regensburg, in: Peter SCHMID/Klemens UNGER (Hg.), 1803. Wende in Europas Mitte. Be-gleitband zur Ausstellung im Historischen Museum Regensburg 29. Mai bis 24. August 2003, Regensburg 2003, S. 104-134, hier: 130-134.

    2) Sabine JOHN/Stefan NADLER, Ehem. Regierungsprsidialgebude bzw. ehem. Polizeiprsidium in Regensburg (Bismarckplatz 1). Doku-mentation zur Bau-, Ausstattungs- und Restaurierungsgeschichte (2011), S. 20 u. 76.

    3) Vgl. Hermann REIDEL, Das Prsidialpalais die ehemalige franzsische Gesandtschaft in Regensburg. Geschichte und mgliche Zukunfteines Baudenkmals, in: Regensburger Almanach 2010, Regensburg 2010, S. 52-59, bes. S. 58; dazu Christian ECKL, Gegen Pauken und Trom-peten im Edel-Palais, in: wochenblatt v. 13.10.2010. Vgl. auch Mittelbayerische Zeitung v. 11.11.2010.

    4) REIDEL 1982 (wie Anm. 1), S. 65; DITTSCHEID (wie Anm. 1), S. 132f.; REIDEL 2010 (wie Anm. 3), S. 55f. 5) Vgl. REIDEL 1982, S. 64.6) Lena STECKER, Stadt Regensburg, Bismarckplatz 1, Prsidialpalais Lit. C 6-7 Fl.Nr. 448, Berichte/Dokumentationen (2011); JOHN/NADLER

    (wie Anm. 2).7) Die Unterteilung des Saales dokumentiert in Staatsarchiv Amberg, Baubehrde Regensburg I, 69; dazu JOHN/NADLER (wie Anm. 2), S.

    144 u. 148.

  • Im Oktober 2012 wurden Werksteinstufen entdeckt, die noch derklassizistischen Bauphase von 1805 angehren (oben), aus Sicher-heitsgrnden wurde die Treppe aber neu aufgebaut (unten).

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    Neben der Verbesserung der Erschlieungssituation war der Bedarf an einem bungssaal frChor und Orchester von Anfang an eines der wesentlichen Kriterien fr die Eignung des Palais alsHaus der Musik. Denkmalpflegerisch vertretbar war die Schaffung einer solch groflchigenrumlichen Einheit lediglich im Mezzanin des Nordflgels, da dessen Binnengliederung bereits1971 grundlegend verndert worden war.9 Ein Problem ergab sich allerdings aus der geringen Geschosshhe dieser ursprnglich untergeordneten, fr Nebenrume bestimmten Etage. DieDenkmalbehrden stimmten einem Rckbau der Decke zu, um die lichte Raumhhe zu ver -grern. Der von Nutzer- und Planerseite formulierte Wunsch nach einer raumhaltigen Plafond-ffnung mit freiem Blick in die Dachkonstruktion war denkmalfachlich jedoch nicht zu vertreten.Denn dies htte bedeutet, die von Herigoyen entwickelte, am Fensterformat klar ablesbare Hier-archie der Geschosse zu ignorieren. Auch htte sich dadurch ein Raumeindruck ergeben, der unszwar aus reichsstdtischen Speicherbauten durchaus vertraut ist, mit der Architekturspracheeines klassizistischen Palais aber nichts zu tun hat. Um den akustischen Anforderungen trotzdementgegenzukommen, einigte man sich auf den Kompromiss, mittels einer schalldurchlssigenGaze-Bespannung den Raum zumindest optisch auf die ihm angemessene Hhe zu beschrnken.Dass diese jetzt freilich in einem eigenwilligen Verhltnis zur Grundflche steht, ergibt sich aus dem beschriebenen Zwang, eine Raumeinheit dieser Dimension in das Baudenkmal zu inte-grieren.

    Ein besonderes Augenmerk der Denkmalpflege lag auf derHaustechnik- und Akustikplanung. Hier galt es, im Konsens mitArchitekten und Projektanten die Eingriffe in den historischenBestand zu minimieren. Sofern es nicht mglich war, bereits be-stehende Leitungstrassen oder Kamine zu nutzen, wurden inden denkmalgeschtzten Bereichen smtliche Installationenvor der Wand verlegt. Dass sich dadurch die Wandansichten teil-weise empfindlich verndert haben, war der Preis fr diese dieSubstanz schonende Methode.

    Angesichts der in den meisten Rumen erheblich reduziertenhistorischen Anmutung erschien es umso wichtiger, punktuellPrimrdokumente frherer Bau- oder Ausstattungsphasen zuzeigen. Ein besonders interessanter Einblick kndigte sich an derWestwand des kleinen Konzert- bzw. ehemaligen Ballsaales an,die 1872 aus statischen Grnden durch eine vorgestellte Fach-werkwand verstrkt wurde. Hinter dieser Hilfskonstruktionhatte sich die Wandfassung der 1860er Jahre (blaugrne Kas-settierung mit brauntonigen, floralen Ranken; Querband indunklem Rot und hellem Beige) groflchig erhalten. Leiderkann jedoch dieser interessante Befund nicht gezeigt werden,da die Wand ungeachtet der 1872 errichteten Hilfskonstruktioneiner weiteren statischen Ertchtigung bedurfte. Diese wurdein Form einer saalseitig eingefgten Holzstnderwand erzielt.

    Von der Gesandtenresidenz zum Haus der Musik

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    Die vom Amt fr Hochbau und Gebudeservice entwickelte Planung erwies sich aus denkmal-pflegerischer Sicht als schlssig. Eine wichtige Voraussetzung hierfr war die Entscheidung, dieRume im ersten Obergeschoss des Nordflgels fr Schulleitung und Verwaltung vorzusehen.Denn dadurch gelang es, die Beletage mit ihrer relativ dichten historischen berlieferung demnutzungsintensiven Schul- und Probenbetrieb zu entziehen. Das nordstliche Eckzimmer, in demsich anschauliche Zeugnisse einer ansonsten nur noch rudimentr fassbaren, ab 1888 durchge-fhrten Neorokoko-Ausstattung erhalten hatten, bo