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52 / WINTERT 2013 www.inRide.de / 53 Sie nennen ihn den Künstler. Doch er bezeichnet lieber seine Pferde als solche. Ein Besuch bei Miguel Barrionuevo. VON GABRIELE METZ s klingt wie das Klap- pern von Kastagnet- ten. Ein rhythmi- scher Klang, der stimmungsvoll mit dem Zir- pen der Singzikaden ver- schmilzt. Klack-klack-klack. Das Geräusch hallt vom Reit- platz herüber, der sich – wie eine Aussichtsplattform – hoch über einem malerischen andalusischen Tal erhebt. Beim Näherkommen offen- bart sich eine weitere Klang- Facette: die gleichmäßig auf- und abfußenden Hufe des schneeweißen Hengstes trommeln sanft auf den Sandboden. Nicht stamp- fend, sondern dezent. Doch wo sind die Kastagnetten? Reiter und Pferd verharren, um die Gäste zu begrüßen. Ein Blick in das sonnenge- gerbte Gesicht des Spaniers verrät, dass hier ein Mann mit Lebensart und ganz viel Gefühl im Sattel sitzt. Seine dunklen Augen funkeln un- ternehmungslustig. Jede Mi- mikfalte erzählt eine ganz eigene Geschichte. Miguel Barrionuevo wird von vielen „der Künstler“ genannt. Doch er selbst bezeichnet seine Pferde als solche. Sie liebt er seit frühster Kindheit. „Ich saß im Sattel, bevor ich Lau- fen konnte“, schmunzelt er. Pferde reiner spanischer Rasse, Pura Raza Española, und portugiesische Lusitanos liegen ihm am Herzen. Für ihn verkörpern sie das per- fekte Pferd. Perfekt für seine eigenen Ansprüche, die sich um Leichtigkeit und Harmo- nie beim Reiten drehen. So sind es die Barocken Reit- meister und die Lehren der Klassischen Reitkunst, die Barrionuevo beflügeln. Hin- zu kommt die Suche nach dem Künstler im Pferd. „Ist sie erfolgreich, wandelt sich das Pferd vom Rohdiaman- ten zum Schmuckstück“, weiß der Spanier. Dressur und Reitkunst seien nur dann in Vollendung zu erleben, wenn sie auf Liebe und Re- spekt zum Pferd basierten. Den Pferden zuhören und da- durch mit ihnen kommuni- zieren, das lernte Barri- onuevo selbst in jahrlanger Ausbildung, bei den Großen der Reitkunst. Angefangen bei Don Luís Ramos Paul in Sevilla, über den portugiesi- schen Reitmeister Nuño Oli- veira bis hin zum Mestre-Pi- cador der Portuguese School of Equestrian Art, Luís Filipe Duarte Valença Rodrigues. Nach dieser Schule der Mei- ster fühlt sich der Spanier reif, eine Reiterakademie zu eröffnen. Dort unterrichtet auch sein Sohn Alejandro (30) Schüler in der spanischen Arbeitsreit- weise Doma Vaquera und in Lektionen bis zur Hohen Schule. Mit dem unweit von Marbella gelegenen Centro Equestre Artequus erschuf er ein Zentrum der klassischen Reitkunst, dessen Ambiente einzigartig ist. An den in Habsburger Gelb leuchten- den Wänden der Stallungen und rund um den Außenreit- platz prangen Azulejos, wert- volle Schmuckfliesen, die Szenen mit alten französi- schen Reitmeistern zeigen. In der Sattelkammer trifft man auf Dokumentationen des deutschen Reitmeisters Gus- tav Steinbrecht und eine überwältigende Sammlung verschiedenster Sättel und Gebisse. Hier wird Reitkunst gelebt, das ist in jedem Win- kel der geschmackvollen An- lage zu spüren. Doch Ruhe und Ausgleich findet Barrionuevo woan- ders. Viel weiter oben, in den Bergen unweit des weißen Dorfes Monda, zwischen Má- REITEN MIT RHYTHMUS REITLUST Fotos Gabriele Metz Die Pferde bewegen sich mit tänzerischer Leichtigkeit und sprü- hen dabei vor Energie. Miguel Barrionuevos Art zu Reiten ist un- verwechselbar. Was auffällt, ist die starke Hankenbeugung und der deutlich angeho- bene Widerrist. Das hohe Maß an Ver- sammlung beflügelt die Wendigkeit des Pferdes und lässt es bei allen Lektionen majestätisch wirken. Anspannung und Entspannung wechseln sich dabei stets ab, damit Partner Pferd auch motiviert bei der Sache bleibt. TÄNZERISCHE LEICHTIGKEIT Versammlung am losen Zügel. Die seitlich gedreh- ten Ohren signalisieren höchste Konzentration auf den Reiter. Der Blick des Hengstes ist fokus- siert, dabei ruhig und vertrauensvoll. Und auf Schwerstarbeit folgt gleich wieder eine Entspannungspause. Kommunikativ Konzentriert E

REIT UST REITEN MIT RHYTHMUS · sind es die Barocken Reit-meister und die Lehren der Klassischen Reitkunst, die Barrionuevo beflügeln. Hin-zu kommt die Suche nach dem Künstler im

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52 / WINTERT 2013 www.inRide.de / 53

Sie nennen ihn den Künstler. Doch er bezeichnet lieber seine Pferde alssolche. Ein Besuch bei Miguel Barrionuevo. VON GABRIELE METZ

s klingt wie das Klap-pern von Kastagnet-ten. Ein rhythmi-scher Klang, der

stimmungsvoll mit dem Zir-pen der Singzikaden ver-schmilzt. Klack-klack-klack.Das Geräusch hallt vom Reit-platz herüber, der sich – wieeine Aussichtsplattform –hoch über einem malerischenandalusischen Tal erhebt.Beim Näherkommen offen-bart sich eine weitere Klang-Facette: die gleichmäßig auf-und abfußenden Hufe desschneeweißen Hengstestrommeln sanft auf denSandboden. Nicht stamp-fend, sondern dezent. Dochwo sind die Kastagnetten?Reiter und Pferd verharren,um die Gäste zu begrüßen.Ein Blick in das sonnenge-gerbte Gesicht des Spaniersverrät, dass hier ein Mannmit Lebensart und ganz vielGefühl im Sattel sitzt. Seinedunklen Augen funkeln un-ternehmungslustig. Jede Mi-mikfalte erzählt eine ganzeigene Geschichte. MiguelBarrionuevo wird von vielen„der Künstler“ genannt. Docher selbst bezeichnet seinePferde als solche. Sie liebt erseit frühster Kindheit. „Ichsaß im Sattel, bevor ich Lau-fen konnte“, schmunzelt er.Pferde reiner spanischerRasse, Pura Raza Española,und portugiesische Lusitanosliegen ihm am Herzen. Fürihn verkörpern sie das per-fekte Pferd. Perfekt für seineeigenen Ansprüche, die sichum Leichtigkeit und Harmo-nie beim Reiten drehen. Sosind es die Barocken Reit-meister und die Lehren der

Klassischen Reitkunst, dieBarrionuevo beflügeln. Hin-zu kommt die Suche nachdem Künstler im Pferd. „Istsie erfolgreich, wandelt sichdas Pferd vom Rohdiaman-ten zum Schmuckstück“,weiß der Spanier. Dressurund Reitkunst seien nur dannin Vollendung zu erleben,wenn sie auf Liebe und Re-spekt zum Pferd basierten.

Den Pferden zuhören und da-durch mit ihnen kommuni-zieren, das lernte Barri-onuevo selbst in jahrlangerAusbildung, bei den Großender Reitkunst. Angefangenbei Don Luís Ramos Paul inSevilla, über den portugiesi-

schen Reitmeister Nuño Oli-veira bis hin zum Mestre-Pi-cador der Portuguese Schoolof Equestrian Art, Luís FilipeDuarte Valença Rodrigues.Nach dieser Schule der Mei-ster fühlt sich der Spanierreif, eine Reiterakademie zueröffnen. Dort unterrichtet auch seinSohn Alejandro (30) Schülerin der spanischen Arbeitsreit-weise Doma Vaquera und inLektionen bis zur HohenSchule. Mit dem unweit vonMarbella gelegenen CentroEquestre Artequus erschuf erein Zentrum der klassischenReitkunst, dessen Ambienteeinzigartig ist. An den inHabsburger Gelb leuchten-den Wänden der Stallungen

und rund um den Außenreit-platz prangen Azulejos, wert-volle Schmuckfliesen, dieSzenen mit alten französi-schen Reitmeistern zeigen. Inder Sattelkammer trifft manauf Dokumentationen desdeutschen Reitmeisters Gus-tav Steinbrecht und eineüberwältigende Sammlungverschiedenster Sättel undGebisse. Hier wird Reitkunstgelebt, das ist in jedem Win-kel der geschmackvollen An-lage zu spüren.

Doch Ruhe und Ausgleichfindet Barrionuevo woan-ders. Viel weiter oben, in denBergen unweit des weißenDorfes Monda, zwischen Má-

REITEN MITRHYTHMUS

REITLUST

Fotos Gabriele Metz

Die Pferde bewegensich mit tänzerischerLeichtigkeit und sprü-hen dabei vor Energie.Miguel BarrionuevosArt zu Reiten ist un-verwechselbar. Wasauffällt, ist die starkeHankenbeugung undder deutlich angeho-bene Widerrist. Dashohe Maß an Ver-sammlung beflügeltdie Wendigkeit desPferdes und lässt es bei allen Lektionenmajestätisch wirken.Anspannung und

Entspannung wechselnsich dabei stets ab,damit Partner Pferdauch motiviert bei der

Sache bleibt.

TÄNZERISCHE LEICHTIGKEIT

Versammlung am losenZügel. Die seitlich gedreh-ten Ohren signalisierenhöchste Konzentrationauf den Reiter. Der Blickdes Hengstes ist fokus-siert, dabei ruhig und vertrauensvoll. Und auf Schwerstarbeit folgt gleich wieder

eine Entspannungspause.

Kommunikativ

Konzentriert

E

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laga und Marbella. Dort hater sich mit seiner zweitenFrau, der Deutschen Susan-na Reich (42), ein von duf-tenden Pinienwäldern umge-benes Reich geschaffen. Das perfekte Zuhause für denzweijährigen Sohn Miguel,liebevoll Miguelito genannt,und der perfekte Rahmen fürdas stimmungsvolle Ausle-ben der Reitkunst. Und hierist es, wo die Bilder, Gefühleund Zauberwelten des Rei-ters, der seit gut 30 Jahrenweltweit in großen Pferde-shows begeisterte, Wirklich-keit werden. „Shows sind derbeste Kanal, um die Kunstder klassischen Reiterei aus-zudrücken“, versichert Bar-rionuevo, der mit Apassio-nata und der Royal HorseGala in Deutschland auf Tourwar. Bei einer Tournee lernteer auch die studierte Kunst-historikerin Susanna kennen,die aus Barsbüttel in Schles-wig-Holstein stammt. Klack-klack-klack – da ist eswieder, dieses Kastagnetten-klappern. Miguel Barrio-nuevo passagiert davon undsein Hengst bewegt dazurhythmisch die Kiefer. Keinverbissenes Zähneklappern,wie es harte Reiterhände pro-vozieren, sondern ein ent-spannender Ausgleich derhohen Konzentration undkörperlichen Anforderung,die der Künstler seinenKünstlern bei allem Respektabverlangt.

REITLUSTFotos Gabriele Metz

www.inRide.de / 55

Vaterstolz:Söhnchen Miguelito hältsich mit seinenzwei Jahrenschon gut imSattel – Levadestatt Schaukel-pferd – wie essich für denSohn eines Reit-meisters ge-hört. Foto links:Miguel Barrio-nuevo EhefrauSusanne Reich.

Herrlich. Der Blick über andalusische Täler und dabeiganz tief den Duft der Pinien einatmen. Da wird Reitengleich doppelt zum sinnlichen Erlebnis.

Märchen aus Tausend-undeiner Nacht: dasWohnhaus des Künstlers.

Maurische Bögen undduftende Blüten um-spielen den Stalltrakt.

Barocke Reitkunst trifft andalusisches Flair im Centro Equestre Artequus.

Pforte zur Reiter-Akade-mie. Hier lehrt Miguelklassische Reitkunst.

AKTIVES NICHTSTUN

Studienlehrgang Rehatrainer MRS

DIE REITANLAGE

Der Wiener Tierarzt, Reiter und Ausbilder Dr. Robert Stodulka ist ein langjähriger Freund Miguel Barrionuevos. Er erklärt, was es mit demAbsenken der Hand auf sich hat: „In dem Moment,in dem das Pferd ein Maximum an Versammlung erreicht und sich somit in vollkommener Balancebefindet, senkt der Reiter die Hand ab, der Zügelhängt leicht durch und das Pferd vollendet seineLektion eigenständig. Dieses aktive Nichtstun isteine Belohnung des Pferdes, weil sie zuvor auf-gebauten Druck wegnimmt. Wobei auch in diesemMoment eine leichte Verbindung zwischen Reiter-hand und Pferdemaul besteht. Auch wenn es sowirkt, als würde der Zügel durchhängen.“ (Siehe auch inRide Ausgabe Herbst 2013)

FroheWeihnachten

Wollmütze

LangeUnterhose

Schal

Wohltuende Wärmefür kalte Tage

Rollkragensweatshirt

Einlegesohlen

Tel. 02841 [email protected]

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Tipp für Reiter, Ausbilder, Physiothe-rapeuten, Tierärzte und Pferdewis-senschaftler, die mehr über diebioenergetische und körperliche Ba-lance ihrer Pferde lernen wollen: Derösterreichische Tierarzt, Buchautorund erfolgreiche Ausbilder Dr. Ro-bert Stodulka bietet nächstes Jahrzwei Studienlehrgänge zum Reha-trainer MRS (MRS = MedizinischeReitlehre nach Dr. Stodulka) in

Deutschland an. An insgesamt acht Wochenendenvermittelt Stodulka fundiertes Wissen über die klas-sische Reitkultur, Anatomie und Physiologie desPferdes. Dabei stellt er die Natur des Pferdes unterEinbindung neuester wissenschaftlicher Ergebnissein den Fokus. Im praktischen Reitunterricht erarbei-tet er individuelle Lösungen für jedes Pferd-Reiter-Team. Das erfolgreiche Bestehen der theoretischenund praktischen Prüfungen ist Voraussetzung fürdas Führen der nach IGI-Vet-Standard zertifiziertenBezeichnung „Rehatrainer MRS“. Infos/Anmeldun-gen per Mail an: [email protected]