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881 Stahlbau 78 (2009), Heft 11 Dissertationen / Habilitationen / Rezensionen Hansen, H.-G., Rauck, H. (Hrsg.): Von Ideen und Erfolgen. 40 Jahre MAN TECHNOLOGIE. Dasing: Paartal- Verlag 2008. 468 S., zahlr. Bilder, Geb., 23 × 32 cm. ISBN 978-3-00-025030-9 39,— € Bezugsquelle: Paartal-Verlag, Taitinger Straße 62, D-86453 Dasing. Aus Anlaß des 250. Geburtstages des MAN-Konzern im Jahre 2008 legten die Wirtschaftshistoriker Johannes Bähr, Ralf Banken und Thomas Flemming eine Mo- nographie vor, welche die Entwicklung der Gutehoffnungshütte (GHH) (gegrün- det 1758), der MAN (gegründet 1840) und der Integration des GHH-Konzerns unter dem Dach der MAN (1985) bis 2007 aus industriehistorischer Perspek- tive nachzeichnet. Den Autoren ist es gelungen, den Beitrag der MAN zur Ge- schichte der Technik wirtschaftshisto- risch verständlich herauszuarbeiten. Von besonderem Interesse für den Konstruk- tiven Ingenieur sind die Kapitel 3 bis 7, wo die Entstehung des Dieselmotors und der Brückenbau (Ludwig Werder, Heinrich Gerber, Anton von Rieppel) der MAN bis zum I. Weltkrieg bespro- chen werden. In die Vorkriegsperiode fällt auch die durch den Brückenbauer Anton von Rieppel betriebene Fusion der Maschinenfabriken Augsburg und Nürnberg zur MAN (1908). Dabei brachte die Maschinenfabrik Nürnberg die 1860 begründeten Brückenbauwerkstätten Gustavsburg in die MAN ein. Das MAN- Werk Gustavsburg bildete bis zur Auf- gabe der Stahlbaufertigung im Zuge der Umorganisation des MAN-Konzerns in den 1980er Jahren die wichtigste Innova- tionsmanufaktur des deutschen Stahlbaus [1, S. 108]. Der Stahlbau aus Gustavs- burg war nicht nur technisch, sondern auch wirtschaftlich ein Schwergewicht: Von ca. 12000 Arbeitern der drei MAN- Werke Augsburg, Nürnberg und Gustavs- burg beschäftigte 1913/14 Letzteres ein gutes Viertel. Dies änderte sich erst als die GHH unter Paul Reusch 1922 die Aktienmehrheit der MAN erwarb und die Schwerindustrie ihr wirtschaftliches Übergewicht in die Waagschale warf. Dies, obwohl zum Stahlbau der GHH in Sterkrade noch der Gustavsburger Stahl- bau dazu kam und der GHH-Konzern rein numerisch über die größten Stahl- baukapazitäten Deutschlands verfügte. Hinzu kam noch der Stahlbau aus der 1920 besiegelten Eingliederung der Maschinenfabrik Eßlingen (zum Stahl- bau der Maschinenfabrik Eßlingen s. [2, S. 623—628]) in den GHH-Konzern. Gleichwohl agierten die unter dem Dach des GHH-Konzerns vereinigten Stahl- bauer weiterhin unabhängig voneinander. Die Stahlbauwerkstätten in Sterkrade, die unter dem Direktorat Reinhold Krohns in den 1890er Jahren einen enor- men Aufschwung erfuhren [3, S. 742—743] werden auf knapp zwei Druckseiten ge- streift (S. 110–112). Nach dem II. Welt- krieg verlor der Brückenbau im Rahmen der Konzernaktivitäten weiterhin an re- lativer Bedeutung, obwohl das MAN- Werk Gustavsburg aber auch das GHH- Werk Sterkrade im Brückenbau auf dem internationalen Stahlbaumarkt große Erfolge erzielen konnte. Übrig blieben Sondergebiete des Stahlbaus wie etwa der Antennen- und Teleskopbau, der nach Schließung der Stahlbaufertigung in Gustavsburg in die vor nunmehr 41 Jahren gebildete MAN Neue Technologie AG eingebracht wurde. Die Geschichte Der MAN Technolo- gie AG beschreiben 43 ehemalige und noch aktive Mitarbeiter in der von Hans- Georg Hansen und Horst Rauck heraus- gegebenen Monographie mit großartigem Engagement. Der Maschinenbauer Dipl.- Ing. H. Rauck wirkte von 1986 bis 2002 im Vorstand der MAN Technologie AG und war spiritus rector des vorliegenden Buches. Der zweite Herausgeber, H.-G. Hansen, leitete viele Jahre den Bereich „Betriebswirtschaft und Personal“ der MAN Technologie AG. Aus der Fülle der bei MAN Technologie AG entstandenen Innovationen, die im Buch dokumentiert sind seien nur einige herausgegriffen: Boostergehäuse für die ARIANE 5, Gas- zentrifugen zur Urananreicherung, Kraft- Wärme-Kopplung, Wärmepumpen, Solar- und Windenergietechnik und Teleskop- technik. Da die MAN-Konzernleitung Mitte 2005 beschloß, sich künftig nur noch auf den Fahrzeug-, Motoren- und Turbinenbau zu konzentrieren wurden die Raumfahrtaktivitäten in Gestalt der MT Aerospace AG im selben Jahr an die OHB Technology AG (70 %) und Apollo Capital Partners GmbH (30 %) verkauft. Zu diesen Aktivitäten zählt auch die Te- leskoptechnik, einem Bereich auf dem die Firma international führend ist (s. a. [4]) und der von Hans Jürgen Kärcher zusammenfassend beschrieben wurde (S. 321–328). Das von H.-G. Hansen und H. Rauck herausgegebene Buch ist aus der Sicht des Ingenieurs geschrie- ben, zieht eine Bilanz der Innovationen der 40jährigen Geschichte der MAN Technologie AG und ergänzt auf ideale Weise die Industriegeschichte des MAN- Konzerns. [1] Kurrer, K.-E.: Genius loci des Stahl- baus: Mainz, Gustavsburg und der Deutsche Stahlbautag 2008. Stahlbau 78 (2009), H. 2, S. 108–123. [2] Kurrer, K.-E.: Hermann Maier-Leib- nitz (1885–1962): Wegbereiter des In- dustriebaus der klassischen Moderne. Stahlbau 74 (2005), H. 8, S. 623—634. Bähr, J., Banken, R., Flemming, Th.: Die MAN. Eine deutsche Industriege- schichte. München: Verlag C. H. Beck 2008. 624 S., 77 Bilder, Geb., 16 × 24 cm. ISBN 978-3-406-57762-8 38,— € Rezensionen

Rezension: Stahlbau 11/2009

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881Stahlbau 78 (2009), Heft 11

Dissertationen / Habilitationen / Rezensionen

Hansen, H.-G., Rauck, H. (Hrsg.):Von Ideen und Erfolgen. 40 JahreMAN TECHNOLOGIE. Dasing: Paartal-Verlag 2008. 468 S., zahlr. Bilder, Geb.,23 × 32 cm. ISBN 978-3-00-025030-939,— €Bezugsquelle: Paartal-Verlag, TaitingerStraße 62, D-86453 Dasing.

Aus Anlaß des 250. Geburtstages desMAN-Konzern im Jahre 2008 legten dieWirtschaftshistoriker Johannes Bähr, RalfBanken und Thomas Flemming eine Mo-nographie vor, welche die Entwicklungder Gutehoffnungshütte (GHH) (gegrün-det 1758), der MAN (gegründet 1840)und der Integration des GHH-Konzernsunter dem Dach der MAN (1985) bis2007 aus industriehistorischer Perspek-tive nachzeichnet. Den Autoren ist esgelungen, den Beitrag der MAN zur Ge-schichte der Technik wirtschaftshisto-risch verständlich herauszuarbeiten. Vonbesonderem Interesse für den Konstruk-tiven Ingenieur sind die Kapitel 3 bis 7,wo die Entstehung des Dieselmotorsund der Brückenbau (Ludwig Werder,Heinrich Gerber, Anton von Rieppel)der MAN bis zum I. Weltkrieg bespro-chen werden. In die Vorkriegsperiodefällt auch die durch den BrückenbauerAnton von Rieppel betriebene Fusionder Maschinenfabriken Augsburg undNürnberg zur MAN (1908). Dabei brachtedie Maschinenfabrik Nürnberg die 1860begründeten BrückenbauwerkstättenGustavsburg in die MAN ein. Das MAN-Werk Gustavs burg bildete bis zur Auf-gabe der Stahlbaufertigung im Zuge derUmorganisation des MAN-Konzerns inden 1980er Jahren die wichtigste Innova-tionsmanufaktur des deutschen Stahlbaus[1, S. 108]. Der Stahlbau aus Gustavs-burg war nicht nur technisch, sondernauch wirtschaftlich ein Schwergewicht:Von ca. 12000 Arbeitern der drei MAN-Werke Augsburg, Nürnberg und Gustavs -burg beschäftigte 1913/14 Letzteres eingutes Viertel. Dies änderte sich erst alsdie GHH unter Paul Reusch 1922 dieAktienmehrheit der MAN erwarb unddie Schwerindustrie ihr wirtschaftlichesÜbergewicht in die Waagschale warf.Dies, obwohl zum Stahlbau der GHH inSterkrade noch der Gustavsburger Stahl-bau dazu kam und der GHH-Konzernrein numerisch über die größten Stahl-baukapazitäten Deutschlands verfügte.Hinzu kam noch der Stahlbau aus der1920 besiegelten Eingliederung der Maschinenfabrik Eßlingen (zum Stahl-bau der Maschinenfabrik Eßlingen s. [2, S. 623—628]) in den GHH-Konzern.Gleichwohl agierten die unter dem Dachdes GHH-Konzerns vereinigten Stahl-bauer weiterhin unabhängig voneinander.Die Stahlbauwerkstätten in Sterkrade,

die unter dem Direktorat ReinholdKrohns in den 1890er Jahren einen enor-men Aufschwung erfuhren [3, S. 742—743]werden auf knapp zwei Druckseiten ge-streift (S. 110–112). Nach dem II. Welt-krieg verlor der Brückenbau im Rahmender Konzernaktivitäten weiterhin an re-lativer Bedeutung, obwohl das MAN-Werk Gustavsburg aber auch das GHH-Werk Sterkrade im Brückenbau auf deminternationalen Stahlbaumarkt großeErfolge erzielen konnte. Übrig bliebenSondergebiete des Stahlbaus wie etwader Antennen- und Teleskopbau, dernach Schließung der Stahlbaufertigungin Gustavsburg in die vor nunmehr 41Jahren gebildete MAN Neue TechnologieAG eingebracht wurde.

Die Geschichte Der MAN Technolo-gie AG beschreiben 43 ehemalige undnoch aktive Mitarbeiter in der von Hans-Georg Hansen und Horst Rauck heraus-gegebenen Monographie mit großartigemEngagement. Der Maschinenbauer Dipl.-Ing. H. Rauck wirkte von 1986 bis 2002im Vorstand der MAN Technologie AGund war spiritus rector des vorliegendenBuches. Der zweite Herausgeber, H.-G.Hansen, leitete viele Jahre den Bereich„Betriebswirtschaft und Personal“ derMAN Technologie AG. Aus der Fülle derbei MAN Technologie AG entstandenenInnovationen, die im Buch dokumentiertsind seien nur einige herausgegriffen:Boostergehäuse für die ARIANE 5, Gas-zentrifugen zur Urananreicherung, Kraft-Wärme-Kopplung, Wärmepumpen, Solar-und Windenergietechnik und Teleskop-technik. Da die MAN-KonzernleitungMitte 2005 beschloß, sich künftig nurnoch auf den Fahrzeug-, Motoren- undTurbinenbau zu konzentrieren wurdendie Raumfahrtaktivitäten in Gestalt derMT Aerospace AG im selben Jahr an dieOHB Technology AG (70 %) und ApolloCapital Partners GmbH (30 %) verkauft.Zu diesen Aktivitäten zählt auch die Te-leskoptechnik, einem Bereich auf demdie Firma international führend ist (s. a.[4]) und der von Hans Jürgen Kärcherzusammenfassend beschrieben wurde(S. 321–328). Das von H.-G. Hansenund H. Rauck herausgegebene Buch istaus der Sicht des Ingenieurs geschrie-ben, zieht eine Bilanz der Innovationender 40jährigen Geschichte der MANTechnologie AG und ergänzt auf idealeWeise die Industriegeschichte des MAN-Konzerns.

[1] Kurrer, K.-E.: Genius loci des Stahl-baus: Mainz, Gustavsburg und derDeutsche Stahlbautag 2008. Stahlbau78 (2009), H. 2, S. 108–123.

[2] Kurrer, K.-E.: Hermann Maier-Leib-nitz (1885–1962): Wegbereiter des In-dustriebaus der klassischen Moderne.Stahlbau 74 (2005), H. 8, S. 623—634.

Bähr, J., Banken, R., Flemming, Th.:Die MAN. Eine deutsche Industriege-schichte. München: Verlag C. H. Beck2008. 624 S., 77 Bilder, Geb., 16 × 24 cm. ISBN 978-3-406-57762-838,— €

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[3] Kurrer, K.-E.: The History of theTheory of Structures. From Arch Analysis to Computational Mechanics.Berlin: Ernst & Sohn 2008.

[4] Kärcher, H. J.: Telescope structuresworldwide. Steel Construction — Design and Research 2 (2009), No. 3,pp. 149–160.

Dr.-Ing. Karl-Eugen Kurrer, Berlin